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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 136. Sitzung Bonn, den 14. Dezember 1960 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Wittmer-Eigenbrodt, Nieberg und des Vizepräsidenten Dr. Dehler 7751 A, 7793 C 85. Geburtstag von Paul Löbe Vizepräsident Dr. Schmid . . 7751 B Abg. Rommerskirchen tritt für den ausgeschiedenen Abg. Brüns in den Bundestag ein 7751 C Änderung der Tagesordnung 7751 C Fragestunde (Drucksachen 2301, 2311) Frage des Abg. Dr. Atzenroth: Paris-Reisen aus Mitteln des Verteidigungshaushalts von Eckardt, Staatssekretär . 7752 A, B, C Dr. Atzenroth (FDP) . . . . . 7752 B, C Frage des Abg. Dr. Kohut: Anleihe für Jugoslawien Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 7752 D Frage des Abg. Dr. Imle: Voraussetzungen für die Einstellung als Sozialattaché Dr. Carstens, Staatssekretär 7752 D, 7753 A Dr. Imle (FDP) 7753 A Frage des Abg. Dr. Imle: Entsendung von Sozialattachés in die Entwicklungsländer Dr. Carstens, Staatssekretär . . 7753 A, B Dr. Imle (FDP) 7753 A, B Frage des Abg. Dr. Bucher: Diplomatische Beziehungen zu Jugoslawien Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 7753 B Fragen der Abg. Dr. Bucher, Schneider (Bremerhaven) und Hansing: Aufbringung deutscher Schiffe, u. a. des Frachters „Weißesee", durch französische Streitkräfte Dr, Carstens, Staatssekretär . . . 7753 C, 7754 A, B, C, D, 7755 A, B, C, D Dr. Bucher (FDP) . . . 7754 A, 7755 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 7754 A, 7755 B Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 7754 B, C Hansing (SPD) . . . . . . . 7754 C, D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 7754 D Blachstein (SPD) 7754 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 7755 A- Heye (CDU/CSU) 7755 C Frage des Abg. Werner: Tbc-Untersuchungen Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7755 D, 7756A Dr. Huys (CDU/CSU) . . . . . 7756 A II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 Frage des Abg. Werner: Röntgenlogische Untersuchungen von Lehrern Dr. Schrader, Bundesminister . . 7756 B Frage des Abg. Spitzmüller: Konserven aus dem Fleisch von Singvögeln Dr. Schröder, Bundesminister . . 7756 C, D. Spitzmüller (FDP) 7756 C, D Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus; Sicherheitsbestimmungen im Bundesministerium des Innern Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7756 D, 7757 A, B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 7757 A Dr. Bucher (FDP) 7757 B Dr. Schäfer (SPD) 7757 C Frage des Abg. Bühler: Zollfreie Einfuhr von Kaffee an der Schweizer Grenze Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 7757 C, D, 7758 A, B Bühler (CDU/CSU) . . 7757 D, 7.758 A Faller (SPD) . . . . . . . . . 7758 B Frage des Abg. Dr. Atzenroth: Steuerbegünstigung bei der Umsatzsteuer für Weinkommissionäre Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7758 C Frage des Abg. Dr. Mommer: Nachversteuerung im Lohnsteuerverfahren Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7758 C Frage des Abg. Spitzmüller: Ausbeutesätze gemäß § 122 der Brennereiordnung Dr. Hettlage, Staatssekretär 7758 D, 7759 B Spitzmüller (FDP) 7759 B Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Kriegssachschäden von Seeleuten Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 7759 B, C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 7759 C, D Frage des Abg. Ritzel: Abwicklung der Wiedergutmachungsansprüche Dr. Hettlage, Staatssekretär 7759 D, 7760 B Ritzel (SPD) 7760 A Frage des Abg. Dr. Arndt: Beteiligung an den Weltausstellungen in New York und Moskau Dr. Westrick, Staatssekretär 7760 C, 7761 A Dr. Arndt (SPD) . . . . . . . . 7760 D Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Gutachten betr. Entschwefelung des Mineralöls Dr. Westrick, Staatssekretär . . 7761 A Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Sinkende Primärenergiepreise Dr. Westrick, Staatssekretär . . 7761 C, D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7761 D Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (SPD, CDU/CSU) (Drucksache 2313) — Erste Beratung -- 7762 A Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über Zuständigkeiten in der Luftverkehrsverwaltung (Drucksache 2305) Dr. Klein, Senator des Landes Berlin 7762 B Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Notarrechts (Drucksache 2306) Seidl (Dorfen) (CDU/CSU) . . . . 7763 A Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über die Statistik der Wirtschaftsrechnungen privater Haushalte Brand (CDU/CSU) . . . . . . . 7764 A Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 2308) Arndgen (CDU/CSU) 7764 D Große Anfrage der SPD betr. Gemeindefinanzen (Drucksache 2164 [neu]); in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (FDP) (Drucksache 2118) — Erste Beratung -- und dem Antrag der Fraktion der FDP betr. Gemeindefinanzen (Drucksache 2282) Keuning (SPD) 7765 C Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 7772 D Dr. Imle (FDP) 7777 C Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 III Eilers (Oldenburg) (FDP) 7778 C, 7797 A Dr. Willeke (CDU/CSU) . . . . 7783 A Jacobi (SPD) 7786 B Dr. Stecker (CDU/CSU) 7790 B, 7793 C Wienand (SPD) . . . . . . . . 7793 D Dr. Toussaint (CDU/CSU) . . . . 7798 B Dr. Dr. h. c. Dresbach (CDU/CSU) . 7799 C Dr. Dollinger (CDU/CSU) . . . . 7801 B Dr. Starke (FDP) . . . . . . . 7803 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 7804 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7805 D, 7806 B Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 7806 C Entwurf eines Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) (Drucksache 38); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache 2272) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 7807 B Sammelübersicht 28 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen zu Petitionen (Drucksache 2297) . . . . . 7807 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ergänzung des § 64 des Landbeschaffungsgesetzes vom 23. Dezember 1958 (Drucksache 2188) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache 2269) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . . 7807 D Entwurf eines Gesetzes zu der Erklärung vom 29. Mai 1959 über den vorläufigen Beitritt Israels zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache 1993); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 2273) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 7808 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes (Sechstes Zolländerungsgesetz) (Drucksache 2184) ; Mündlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 2303) Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 7808 C Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Artikels 10 Absatz 2 des in Rom am 25. März 1957 unterzeichneten Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache 2187); Mündlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 2304) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . . . 7808 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Neuordnungsgesetzes (SPD, FDP) (Drucksache 2229) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . 7809 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 18. März 1960 mit dem Königreich Griechenland über Leistungen zugunsten griechischer Staatsangehöriger, die von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen worden sind (Drucksache 2284) — Erste Beratung — . . 7809 B Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit Düngemitteln (Düngemittelgesetz) (Drucksache 2258) — Erste Beratung — 7809 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. März 1960 über die Aufstellung eines Teils des Gemeinsamen Zolltarifs betr. die Waren der Liste G in Anhang I des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache 2276) — Erste Beratung — . . 7809 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Mühlengesetzes (Abg. Bauknecht, Kriedemann, Walter, Logemann. u. Gen. (Drucksache 2265) — Erste Beratung — 7809 D Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Vierundzwanzigsten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Wälzlagerstahl usw.) (Drucksachen 2025, 2274) 7809 D Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Dritten Verordnung zur ..nderung des Deutschen Zolltarifs 1960 (geräucherte Heringe usw.) (Drucksachen 2132, 2281) . . . . 7810 A Entschließungen der 49. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union (Drucksache 2240) 7810 A Wahl eines stellvertretenden Mitglieds im Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost 7810 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 7810 C Anlagen 7811 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 7751 136. Sitzung Bonn, den 14. Dezember 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 14.05 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Bauer (Wasserburg) 17. 12. Dr. Besold 16. 12. Dr. Böhm 31. 12. Demmelmeier 17. 12. Dopatka 17. 12. Even (Köln) 14. 12. Funk 16. 12. Dr. Furler 16. 12. Gerns 14. 12. Dr. Dr. Heinemann 16. 12. Dr. Höck (Salzgitter) 14. 12. Höfler 17. 12. Dr. Hoven 14. 12. Dr. Jaeger 17. 12. Krammig 14. 12. Dr. Kreyssig 16. 12. Kurlbaum 14. 12. Leber 16. 12. Dr. Leiske 14. 12. Lermer 14. 12. Dr. Lindenberg 16. 12. Lohmar 17. 12. Lücker (München) 14. 12. Maier (Freiburg) 31. 12. Margulies 16. 12. Mattick 14. 12. Frau Dr. Maxsein 14. 12. Dr. Menzel 31. 12. Neubauer 31. 12. 011enhauer 14. 12. Paul 14. 12. Pelster 14. 12. Pohle 31. 12. Pöhler 14. 12. Dr. Preusker 16. 12. Rademacher 16. 12. Ruhnke 17. 12. Scheel 16. 12. Dr. Schmidt (Gellersen) 14. 12. Schmidt (Hamburg) 14. 12. Frau Schmitt (Fulda) 14. 12. Schüttler 14. 12. Stenger 31. 12. Wehner 14. 12. Weinkamm 14. 12. Wullenhaupt 14. 12. Dr. Zimmermann 17. 12. Zoglmann 31. 12. Anlage 2 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Dr. Willeke zu der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Gemeindefinanzen (Drucksache 2164 [neu]), zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (Drucksache 2118) und dem Antrag der Fraktion der FDP betreffend Gemeindefinanzen (Drucksache 2282). Anlagen zum Stenographischen Bericht Steuerverbund Höhe der Verbundmasse: Baden-Württemberg: 20 v. H. des dein Lande nach Abzug des Bundesanteils in jedem Rechnungsjahr verbleibenden Aufkommens an der Einkommen- und Körperschaftsteuer, außerdem 10 v. H. des Kraftfahrzeugsteueraufkommens für die kommunalen Träger der Wegebaulast (Ziff. 10). Bayern: 9 v. H. des dem Lande im vorangegangenen Kalenderjahr verbliebenen Istaufkommens an Einkommen- und Körperschaftsteuer (Schlüsselmasse). Außerdem sind die Landkreise und Gemeinden mit 20 v. H. am Kraftfahrzeugsteueraufkommen beteiligt (vgl. Ziff. 10). Hessen: 18,5 v. H. der dem Lande verbleibenden Einnahmen an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer. Maßgebend sind die Einnahmen des Kalenderjahres, das dem Ausgleichsjahr vorangeht. Die Einnahmen erhöhen oder vermindern sich um die Beträge, die das Land im gleichen Zeitraum im Finanzausgleich unter den Ländern erhalten oder gezahlt hat. Niedersachsen: 15 v. H. des dem Lande in jedem Rechnungsjahr verbleibenden Isst-Aufkommens an Einkommen- und Körperschaftsteuer. In den Steuerverbund sind auch die Einnahmen des Landes aus dem Länderfinanzausgleich einbezogen. Nordrhein-Westfalen: 15,61 v. H. des Landesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer und der übrigen Steuereinnahmen des Landes; das Aufkommen ermäßigt sich um die Abführungsbeträge im Finanzausgleich unter den Ländern und um die an den Lastenausgleichsstock abzuführenden Anteilsbeträge der Vermögensteuer. Rheinland-Pfalz: 15,5 v. H. des Ist-Aufkommens aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer, das dem Lande in dem dem Rechnungsjahr vorangegangenen Kalenderjahr verbleibt, sowie des Ist-Aufkommens aus dem Länderfinanzausausgleich des vorangegangenen Kalenderjahres. Schleswig-Holstein: 21 v. H. des dem Lande im laufenden Kalenderjahr verbleibenden Ist-Aufkommens aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie des Aufkommens aus folgenden Landessteuern: Erbschaftsteuer, Grunderwerbsteuer, Kapitalver- 7812 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 kehrsteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Versicherungsteuer, Rennwettsteuer, Lotteriesteuer, Sportwettsteuer, Wechselsteuer, Biersteuer. Erhält das Land für die dem Finanzausgleichsjahr 1955 folgenden Jahre auf Grund des Länderfinanzausgleichsgesetzes von den übrigen Ländern mehr oder weniger als für das Finanzausgleichsjahr 1955, so erhöht oder vermindert sich die Finanzausgleichsmasse um 21 v. H. des Unterschieds. Anlage 3 Schriftlicher Bericht der Abgeorldneten Frau Beyer (Frankfurt) zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Art. 10 Abs. 2 des in Rom am 25. März 1957 unterzeichneten Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache 2187). Bei der Drucksache 2187 handelt es sich um eine Auflage aus dem EWG-Vertrag, die zur Ausführung des Art. 10 Abs. 2 des in Rom am 25. März 1957 unterzeichneten Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erforderlich ist. Die Bestimmungen ides Gesetzentwurfs sind eine Auflage der Kommission der BWG, die am 28. Juni 1960 bestimmt hat, daß Hundertsätze der Zollsätze des Gemeinsamen Außentarifs :festgesetzt werden sollen. Die Entscheidung betrifft den Verkehr von Waren, die im Rahmen des sogenannten Veredelungsverkehrs in )den meisten Staaten völlig zollfrei sind oder Zollvergünstigungen unterliegen. Diese Vergünstigungen verfälschen den Wettbewerb dann, wenn bei der Herstellung Erzeugnisse aus dritten Ländern verwendet werden, es sei denn, es erfolgt die Erhebung eines anteiligen Zolls. Die Gefahr war in der ersten Phase der Zwanzigsten Zollsenkung nicht groß. Nachdem jedoch mit Ende dieses Jahres eine weitere Senkung der Zölle zwischen den Mitgliedstaaten vorgenommen worden ist, wurde von den Regierungsvertretern der Mitgliedstaaten beschlossen, gleichzeitig eine erste Angleichung der für den größten Teil der Waren gegenüber dritten Ländern anwendbaren Zollsätze vorzunehmen. In dem Bericht der Kommission heißt es: Es ist ziweckmäßig, einen einheitlichen Satz für diesen anteiligen Zoll Festzusetzen, und es ist unter den vorgenannten Umständen gerechtfertigt, diesen Satz für den Zeitabschnitt zwischen dem Zeitpunkt, zu dem alle Mitgliedstaaten die zusätzliche Herabsetzung durchgeführt haben werden, und dem 31. Dezember 1961 auf 25 vom Hundert der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs festzusetzen. Der Finanzausschuß empfiehlt dem Parlament die Annahme mit der Maßgabe, daß das in § 12 eingesetzte Datum „1. Dezember 1960" durch „1. Januar 1961" ersetzt wird. Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Bazille für die Fraktion der SPD zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Neuordnungsgesetzes (Drucksache 2229) . Die Drucksache 2229 sollte ursprünglich als gemeinsamer Initiativentwurf aller Fraktionen dem Hohen Hause vorgelegt werden, nachdem 'die Mitglieder des Kriegsopferausschusses sich darüber klar geworden waren, daß ,das Fehlen ,der Rechtsverordnungen zum Ersten Neuregelungsgesetz in der Kriegsopferversorgung nicht nur zu einer Rechtsunsicherheit bei den betroffenen Kriegsopfern führen muß, sondern auch die Verwaltungen der Länder durch den Eingang einer Flut von Anträgen stark belastet würden. Unverständlicherweise hat es aber der Bundesarbeitsminister, offensichtlich aus Prestigegründen, für richtig befunden, die Mehrheitsfraktion des Hauses von der Unterstützung ,dieses Entwurfs abzubringen, um eine reichlich späte Initiative ,der Bundesregierung an dessen Stelle zu setzen. Der dem Bundesrat überhastet zugeleitete Regierungsentwurf trägt den Gegebenheiten in keiner Weise Rechnung. Er bringt zwar zwei notwendige materiell-rechtliche Änderungen des Ersten Neuordnungsgesetzes, ändert aber nichts an der Sechsmonatsfrist, innerhalb derer Anträge zu stellen sind, wenn die Ansprüche rückwirkend ab 1. 6. 1960 für ,die Versorgungsberechtigten wirksam werden sollen. Durch die Rechtsunsicherheit sind die Kriegsopfer veranlaßt, Anträge zu stellen, um vermeintliche Nachteile abzuwenden. Solche Anträge gehen bereits waschkorbweise bei den Versorgungsbehörden ein und führen mit Sicherheit zu einem erheblichen sinnlosen Verwaltungsaufwand. Dieser Zustand ist nur zu ändern und ,die Verschwendung erheblicher Steuergelder ist nur zu verhindern, wenn der Kriegsopferausschuß des Bundestages unverzüglich die Drucksache 2229 berät und seinen Bericht so rechtzeitig ,dem Plenum zuleitet, daß das Gesetz in der Sitzung vom 16. 12. 1960 in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden kann. In die Verantwortung für die eingetretene Verzögerung und die sich daraus ergebenden Nachteile, welche Steuerzahler und Versorgungsberechtigte gleichermaßen treffen, haben sich Bundesregierung und Mehrheitsfraktion zu teilen. Anlage 5 Umdruck 729 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 2164 [neu]) betreffend Gemeindefinanzen. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. vor der Beratung eines Gesetzentwurfs zur Änderung der Gewerbesteuer im Bundestag mit den Landesregierungen über gemeinsame Rege- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 7813 Lungen von Bund und Ländern zu verhandeln, durch die den Gemeinden der Ausgleich des sie treffenden Steuerausfalles gewährleistet wird, und das Ergebnis der Verhandlungen dem Bundestag bis zur ersten Beratung des Gesetzentwurfs vorzulegen; 2. dem .Bundestag bis zum 31. März 1961 einen Bericht über das Ergebnis der Vorarbeiten der Bundesregierung zur Neuordnung des gemeindlichen Steuersystems, die die Gemeinden zur Erfüllung der ihnen vom Grundgesetz übertragenen Aufgaben in die Lage versetzen soll, vorzulegen. Bonn, den 14. Dezember 1960 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 730 Antrag der Abgeordneten Heiland, Dr. Willeke, Spies (Emmenhausen), Corterier und Genossen zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 2164 [neu]) betreffend Gemeindefinanzen. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. vor der Beratung eines Gesetzentwurfs zur Änderung der Gewerbesteuer im Bundestag mit den Landesregierungen über Regelungen zu verhandeln, durch die den Gemeinden ein wirksamer Ausgleich des sie treffenden Steuerausfalles gewährleistet wird. Das Ergebnis ,der Verhandlungen soll dem Bundestag mit der Einbringung des Gesetzentwurfs vorgelegt werden; 2. dem Bundestag bis zum 1. Juli 1961 Vorschläge für eine umfassende Neuordnung des gemeindlichen Steuersystems vorzulegen. Bonn, den 14. Dezember 1960 Heiland Dr. Willeke Spies (Emmenhausen) Corterier Dr. Pflaumbaum Brese Wienand Herold Schröder (Osterode) Gehring Dr. Storm (Duisburg) von Bodelschwingh Schulze-Pellengahr Weltner (Rinteln) Lücke (Osnabrück) Glüsing (Dithmarschen) Giencke Kuntscher Dr. Frey Hesemann Dr. Gossel Goldhagen Könen (Düsseldorf) Hellenbrock Seither Hermsdorf Regling Dr. Tamblé Haage Dr. Kreyssig Bauer (Würzburg) Bals Behrisch Lange (Essen) Heide Schmitt-Vockenhausen Ritzel Dr. Brecht Keuning Frau Bennemann Berlin Frau Kettig Büttner
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dietrich Keuning


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus hat sei langer Zeit bei vielen Gesetzesvorlagen immer wieder lebhafte Debatten über die Belastungen der Gemeinden und über ihre Finanzgrundlagen geführt, zuletzt noch anläßlich der Rede des Herrn Bundesfinanzministers zum Haushaltsgesetz 1961. Wir alle haben dabei ein eindrucksvolles Zahlenspiel erlebt. Ich will mich bemühen, mit wenigen Zahlen auszukommen, weil ich annehme, daß sie weithin bekannt sind. Trotzdem wird es nicht ganz ohne Zahlen gehen.
    Wenn wir über Gemeinden sprechen, steht die ganze Skala der Gemeinden vor uns: die Großstädte, die Mittel- und Kleinstädte wie auch die Landgemeinden mit sehr geringer Einwohnerzahl. Wir wissen, daß Großstadt nicht gleich Großstadt und Landgemeinde nicht gleich Landgemeinde ist, sondern daß die finanziellen Grundlagen je nach der Struktur der Gemeinden sehr unterschiedlich sein können.
    In der großen Debatte um den Art. 106 des Grundgesetzes im März 1956 gebrauchten einige Mitglieder dieses Hauses den Ausdruck: Heute erleben wir eine Feierstunde der Gemeinden. In dieser damaligen Debatte war sehr viel Hoffnung, daß es nun vorwärtsgehen und daß nun bald eine grundlegende Änderung stattfinden würde. Aber ich mache kein Hehl daraus, daß schon bald nach dieser Debatte eine große Enttäuschung um sich griff, weil die an die Änderung geknüpften Erwartungen durchaus nicht erfüllt wurden.

    (Beifall bei der SPD.)

    In der damaligen Debatte wurde gesagt, daß durch die in Aussicht genommene Änderung die Gemeinden als die dritte Säule im Staate sichtbar würden, daß den Gemeinden endlich das gegeben würde, was ihnen nach dem Gesetz zustehe, und daß sie damit zum Mitträger dieses Staates werden sollten. Dabei ist es aber auch geblieben. Die Kritik hat nach dieser Debatte nicht aufgehört. Nicht lange danach ist das Memorandum der kommunalen Spitzenverbände erschienen, das sich sehr eingehend mit der finanziellen Notlage der Gemeinden beschäftigte.
    7766 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960
    Keuning
    Dieses Memorandum ist bis heute noch nicht beantwortet.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Sehr richtig!)

    Als Antwort auf dieses Memorandum wurde dann sicher ein Gutachterkreis, der sogenannte Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium, eingesetzt. Damals wurde versprochen, daß dieses Gutachten möglichst bald zur Debatte gestellt werden solle und daß die entsprechenden Schlußfolgerungen möglichst in gemeinsamer Arbeit gezogen werden sollten. Nun, es ruht, es macht einen langen, langen Winterschlaf. Wir haben noch nichts wieder davon gehört. Aber in den Gemeinden geht die Unruhe weiter, und der Wunsch nach einer baldigen Neuordnung wird immer stärker, zumal in den letzten Jahren eine noch weitere Einengung der Gemeindefinanzen erfolgt ist.
    Ich will durchaus anerkennen, daß in diesem Hohen Hause über alle Parteiunterschiede hinweg bei Diskussionen um Gemeindefinanzen immer wieder Abgeordnete aufgestanden sind und darauf aufmerksam gemacht haben, wie wichtig es ist, daß die Gemeinden eine entsprechende finanzielle Grundlage haben. Bei einigen Gesetzen haben wir es auch erlebt, daß dieser Gedanke seinen Niederschlag in Zahlen fand. Ich denke dabei an die letzte Debatte über ,das Straßenbaufinanzierungsgesetz, an den Gemeindepfennig, der noch so in letzter Minute mit hineingeschoben wurde. Das sollten wir dabei auch einmal sehen: er wurde in letzter Minute hineingeschoben, weil man wußte, daß die Gemeinden die Lasten, die durch den Straßenbau auf sie zukommen, einfach nicht würden tragen können, wenn ihnen nicht eine kräftige Hilfe von hier her gegeben würde.
    Bei diesen Debatten — zuletzt auch noch wieder anläßlich der Rede des Herrn Bundesfinanzministers — ist uns immer wieder gesagt worden: Die Gemeinden befinden sich doch eigentlich gar nicht in einer so schlechten Finanzlage; im Gegenteil, wir können doch feststellen, daß große Städte heute zum Teil nicht mehr wissen, wohin mit den Steuern, ja, daß sie sogar dazu übergehen, Luxusbauten zu errichten. Dabei wurde die Schwimmoper Wuppertal immer wieder als das Objekt angeführt, ,das hierfür beispielhaft sei.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Eines von vielen!)

    — Nein, das ist immer wieder angeführt worden. Sonst hat man sich sehr allgemein ausgedrückt und von Luxusbauten gesprochen. Man hat auch noch von den Rathäusern gesprochen. Aber bereits bei der Frage „Wo?" mußte man sagen: Hier stock' ich schon, und auch nach der Schwimmoper kam ein allgemeines Stocken. Ich wünschte, jeder, der dieses Beispiel angeführt hat, nähme einmal die Gelegenheit wahr, sich diese Schwimmoper anzusehen. Es wäre doch unverständlich, wenn wir in dieser Zeit nicht mit den Mitteln unserer Zeit für unsere Zeit bauen würden,

    (Beifall bei der SPD)

    mit dem Blick nach vorwärts bauen würden.
    Blicken Sie einmal zurück! Rathäuser sind mit erwähnt worden. Wir sind heute als Deutsche stolz, daß hier und dort noch eines diesr Rathäuser so erhalten ist, wie es einmal gebaut wurde. An ihnen kann man erkennen, daß sie nicht nur für den Tag gebaut wurden; in ihnen kam der Bürgerstolz zum Ausdruck. Wollen Sie es den Bürgern dieser Tage absprechen, in dieser Zeit für die Zeit mit dem Blick nach vorwärts zu bauen? Das sollte man berücksichtigen, wenn man davon spricht, daß Luxusbauten gebaut würden, weil man nicht wisse, was man mit den Steuereinnahmen anfangen solle.
    Wie sieht es denn mit den Steuereinnahmen aus, mit denen man nichts anzufangen weiß? Ist es nicht so, daß gerade in den letzten Jahren eine Flut von Steuernachzahlungen auf die Städte zugekommen ist, Steuern, die ,den Städten jahrelang vorenthalten worden waren, Steuern, die hohe Millionenbeträge ausmachen, Steuern, mit denen die betreffenden Unternehmen über viele Jahre — das war das billigste Kapital — gearbeitet haben? Die Gemeinden waren in jenen Jahren gezwungen, Darlehen aufzunehmen und dafür hohe Zinsen zu zahlen, um die notwendigsten Aufgaben zu erledigen. Ich könnte Beispiele nennen, mit deren Hilfe man sich ausrechnen kann, wieviel Millionen D-Mark Verluste den Gemeinden dadurch ,entstanden sind. Die allgemeine Konjunktur hat auch den Städten das gebracht, was Bund und Länder bekommen haben. Ich bitte, dabei aber nicht nur die Städte zu sehe.
    Man sollte sehen, daß diese Steuer, die immer wieder in der Diskussion ist, praktisch das eine Bein ist, auf dem die Gemeindefinanzen stehen: die Gewerbesteuer.

    (Abg. Burgemeister: Das dickste Bein!)

    Es stiebt doch so aus: Große Gemeinden haben Angst und Sorge, morgen könne es ihnen infolge einer Änderung der Konjunkturlage nicht mehr möglich sein, ihre Aufgaben weiter zu erfüllen. Bei einem Gespräch in Bad Godesberg, an dem auch der Herr Bundeskanzler teilgenommen hat, wurde von dem Vertreter einer großen Stadt darauf aufmerksam gemacht, daß 75 °/o aller Steuereinnahmen dieser Stadt von noch nicht einmal 4 % der Steuerpflichtigen — Gewerbesteuerpflichtigen —aufgebracht würden.

    (Abg. Burgemeister: Das ist das Bedauerliche!)

    Dabei machte der Herr Bundeskanzler die Bemerkung, er würde nicht mehr ruhig schlafen können, wenn er heute an der Spitze solch eines Gemeinwesens stände.
    Bei dieser Einengung, die wir sehen müssen, kommen die Gemeinden in die Gefahr, ihre Finanzautonomie zu verlieren. Die Entwicklung allein bei der Gewerbesteuer sei noch einmal kurz aufgezeigt. 1953 wurde die Freigrenze von 3000 auf 6000 DM erhöht. 1956 wurde der Freibetrag erhöht und die Verdoppelung der Stufen eingeführt. 1958 wurde die Gewerbesteuer bestimmten Betrieben teilweise erlassen.
    Die Vorschläge aus dem Hause und auch von der Regierung, die heute hier debattiert werden müs-
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 7767
    Keuning
    sen, haben die große, im ganzen Lande spürbare Unruhe ausgelöst. Niemand kann im Moment sagen, wie das Ergebnis aussehen wird. Aber jeder kann sagen: Bei einer Verwirklichung der Pläne in der Form, wie sie augenblicklich diskutiert werden, dürfte es für viele Gemeinden als Folge der weiteren Einengung keine Finanzautonomie mehr geben, und um die Selbstverwaltung ist es dann auch geschehen.
    Auch in der Besprechung in Godesberg trat ein Bürgermeister auf — ich will die Stadt nicht mit Namen nennen —, der darauf hinwies, daß schon jetzt die fortdauernden Ausgaben nicht mehr durch die fortdauernden Einnahmen gedeckt werden, sondern daß das nur Nachzahlungen ermöglichen. Das könnte beliebig weiter fortgesetzt werden. Im Norden wie im Süden der Bundesrepublik sind solche Situationen feststellbar, in Städten und kleinen Gemeinden.
    Ich sagte eben, daß wir auch die kleinen Landgemeinden meinen. Dazu nur zwei Hinweise. Bei einer Landgemeinde mit 25 000 Einwohnern würde ein Verlust von 25% der bisherigen Einnahmen eintreten. Das heißt, daß morgen praktisch keine Bewegungsmöglichkeit mehr vorhanden ist. Bei Gemeinden mit 2- bis 3000 Einwohnern tritt ein Verlust von über 50 % der bisherigen Einnahmen ein. Bitte, nur das Nennen der Zahlen zeigt auf, daß diese Gemeinden nicht mehr in der Lage sind, sich weiterhin zu bewegen.
    Dann hört man, daß das Ganze, was jetzt debattiert wird, eine Hilfe für die Mittelschichten sein soll. Dagegen haben wir durchaus nichts einzuwenden. Meine Fraktion 'hat sich jahrelang immer wieder für die Mittelschichten eingesetzt und gefordert, daß ihnen geholfen wird. Über die Wege müßte man sich unterhalten. Aber wenn man jetzt hier erklärt, daß man den Mittelschichten Hilfe geben will, dann kann man wohl sagen: Sie helfen den Mittelschichten dadurch, daß Sie den kleineren und mittleren Gemeinden das Wasser abgraben!

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist viel über die Verschuldung der Städte gesprochen und es sind eindrucksvolle Zahlen genannt worden. Man weiß heute, daß eine Verschuldung von 13 Milliarden DM vorhanden ist. Das ist eine sehr globale Zahl, das ist eine Statistik. Aber wenn man genauer hinschaut und untersucht, wie das für die einzelne Stadt aussieht, dann ist es nicht mehr Statistik, dann stellt man die Unmöglichkeit fest, weitere Aufgaben zu erledigen. Diese Gemeinden werden zu Verwaltungszentren degradiert.
    Meine Damen und Herren, wir alle sprechen immer wieder gern davon, daß die Gemeinden die Keimzellen der Demokratie sind. Wir sollten bemüht sein und sind bemüht, diese Keimzellen lebendig zu erhalten. Wir wissen aber, daß uns von der ganzen Finanzmasse insgesamt heute kaum 10 % im Schnitt frei zur Verfügung stehen. Auch daran wird der enge Spielraum erkennbar.
    Wenn wir von der Keimzelle der Demokratie sprechen, müssen wir doch fragen: wo lebt denn dieser demokratische Staat? Lebt er auf der Bundesebene? Lebt er nicht unten in den Gemeinden? Da ist das pulsierende Leben in unserem Staat. Da wird das Staatsbewußtsein durch ein entsprechendes Verhalten so oder so geformt.
    Der Herr Bundesfinanzminister sagte hier in seiner Rede, daß wir verpflichtet seien, mehr die kulturellen Aufgaben zu sehen. Meine Damen und Herren, wo werden denn die kulturellen Aufgaben erfüllt? Meint man etwa, daß die Gewährung von Stipendien oder auch bestimmter Mittel für wissenschaftliche Institute, wie wir sie hier beschließen, schon das ausmacht, was man unter kulturellen Aufgaben versteht? Unten in den Gemeinden müssen sie geleistet werden und werden sie geleistet. Von dort geht die Kraft aus, die diesen Staat mit trägt oder nicht trägt, meine Damen und Herren. Ich meine, wir haben es in unserem Staat nötiger, als es irgendwo anders der Fall ist, das Staatsbewußtsein zu fördern. Gerade in unserer Zeit der Massengesellschaft ist die Aufgabe gestellt, die Bevölkerung dort, wo es möglich ist, zum Staat hinzuführen.
    Daraus wird schon erkennbar, wie umfangreich die Aufgaben sind, die es in den Gemeinden zu lösen gilt, um das zu erreichen, was im Grundgesetz, in den Länderverfassungen und in den Gemeindeordnungen mit wohlklingenden Formulierungen festgelegt ist: daß die Bürger ihre Angelegenheiten im gemeindlichen Bereich in freier Selbstverwaltung regeln usw.
    Angesichts dessen, was in den Gemeinden wirklich geschieht, muß man fragen — Ziffer 2 unserer Anfrage —:
    Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um zu ermöglichen, daß die Gemeinden die Aufgaben, mit denen sie sich im Rückstand befinden, beschleunigt durchführen, nachdem der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium den Umfang dieser Aufbaurückstände und die Dringlichkeit ihrer Beseitigung ausdrücklich festgestellt hat?
    Zunächst einige Worte darüber, worin diese „Aufbaurückstände" bestehen. In der Regel denkt man nur an die Schäden des letzten Krieges. Aber wir müssen lauch berücksichtigen, was 'die Zeit nach ,dem ersten Weltkrieg gebracht hat: Revolution, Inflation, passiver Widerstand in Teilen unseres Vaterlandes. Die Weimarer Republik brachte nur eine kurze Blütezeit. Mit Beginn der großen Krise im Jahre 1929 wurde nur noch das Notdürftigste +getan; Aufgaben zum Wohle der Allgemeinheit konnten kaum noch gelöst werden. Daraus ergibt sich, daß auch das, was im letzten Krieg nicht vernichtet wurde, zu einem großen Teil überholungs- und erneuerungsbedürftig ist.
    Ein Beispiel: Man spricht allgemein von der Notwendigkeit, den Schulbau zu fördern, um möglichst bald die Schulraumnot zu beseitigen. Darüber darf man aber nicht vergessen, daß sich die Schulen, die stehengeblieben sind, in einem Zustand befinden, der nicht mehr den pädagogischen Anforderungen unserer Zeit entspricht. Wir hören sehr eindrucksvolle Zahlen über Idas, was auf dem Sektor des
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    Keuning
    Schulbaus noch zu tun ist; man spricht von einem Zehnjahresprogramm, in dessen Verlauf 20 Milliarden DM für den Schulbau aufgebracht werden sollen. Ich halte den Gedanken für unerträglich, daß wir uns noch 10 Jahre mit der Schulraumnot herumschlagen müssen. Der Mangel, dem mit diesem Programm abgeholfen werden soll, ist doch von ganz besonderer Art! Hier geht es um junge Menschen, die in Schulen gehen müssen, in denen sie nicht das Rüstzeug bekommen können, das sie für das Leben brauchen. Darum bin ich der Ansicht, die Vorstellung, daß noch 10 Jahre zur Beseitigung der Schulraumnot benötigt werden und daß ,es mindestens noch sechs bis sieben Jahre Schichtunterricht geben wird, ist unerträglich. Das sollte uns anspornen,alle Kraft daranzusetzen, daß man auf diesem Gebiet schneller vorwärtskommt, als gegenwärtig vorgesehen ist.
    Ich ,denke auch an das, was auf dem Sektor des Krankenhausbaues geschehen soll und geschehen muß. Auch hier gilt: Was stehenblieb, ist in solch einem Zustand, daß es kaum verantwortet werden kann, die kranken Menschen in diese Häuser zu schicken, weil sie dort gar nicht die Behandlung erfahren können, die heute möglich ist.
    Ich denke an die Sanierung der alten Stadtteile. Was aus dieser Aufgabe auf die Gemeinden zukommt, ist kaum zu übersehen. Wir wissen, daß das mit großen finanziellen Belastungen verbunden ist.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat hier am
    30. September in seiner Rede erklärt, die Entwicklung der Gemeindefinanzen zeige doch deutlich, daß schon jetzt die Zahlenerreicht seien, die eigentlich erst 1964 hätten erreicht werden sollen, daß also die für 1964 vorgesehenen Steuererhöhungen für die Gemeinden schon jetzt erreicht seien. Was will man damit sagen, daß man solche Zahlen einfach anführt und erklärt: wir haben 1959 schon erreicht, was eigenttich 1964 erst erreicht werden sollte? Gilt denn Idas nur für die Gemeindefinanzen? Gilt die Aussage, daß sich das Aufkommen von 1956 über 1957, 1958, 1959 bis 1960 grundlegend geändert hat, nicht auch für die weiten Gebiete der öffentlichen Finanzwirtschaft? Oder will man eventuell damit sagen, daß die Wünsche, die von den Gemeinden geäußert wurden, hierdurch mehr als erfüllt sind? Hätte nicht korrekterweise auch etwas zur Ausgabenseite gesagt werden müssen? Hätte man nicht, wenn man die Einnahmeseite erwähnt,sagen müssen, daß von 1957 bis heute die Baupreise um 20 Punkte, um rund 18 % gestiegen sind?
    Wenn ein Gutachten erwähnt wird, dem Zahlen aus den Jahren 1957/58 zugrunde liegen, dann ist allein schon unter Hinweis auf den Bau-Index festzustellen, daß diese Zahlen um 20% erhöht werden müssen, wenn sie in den damals gesehenen Zusammenhängen noch real bleiben sollen. Oder weiß man nicht, was in der Zwischenzeit auf dem Gebiete der Löhne und Gehälter geschehen ist? Wir haben uns hier doch einige Male damit beschäftigt. Hier sind doch heute Millionen über Millionen an Mehrbeträgen von den Gemeinden aufzubringen. Ich meine also, wir hätten von dem Bundesfinanzminister erwarten können, daß er auch diese Seite mit erwähnte.
    Wer heute in die Städte, in die großen Gemeinden schaut, der weiß, daß Aufgaben mit einer Wucht auf uns zugekommen sind, die vor Jahren niemand aus diesem Kreis vorausgesehen hat. Ich meine das, was auf dem Gebiete des Verkehrs auf uns zukommt. Wenn man den Verkehr des Jahres 1938 gleich Hundert setzt, muß man heute die Zahl 600 dafür einsetzen. Das bedeutet, daß heute gegenüber dem Jahre 1938 in unseren Gemeinden der sechsfache Verkehr festzustellen ist mit all den Problemen, die damit auftauchen.
    Meine Damen und Herren, es genügt doch nicht, zu sagen: wir müssen die Straßen breiter machen und die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Man muß sich vorher ein Bild von dem machen, was an finanzieller Belastung entsteht.
    Wie sieht das denn in der Gemeinde aus, wenn man sagt: die Straßen müssen breiter gemacht werden? Es ist ja nicht so, daß die Straßen auf grünen Wiesen liegen und man nur 15 Meter danebenliegendes Gelände abzustecken braucht um dort die Straße zu bauen. Bei den innerstädtischen Straßen sieht es so aus, daß beide Seiten bebaut sind, daß man die Grundstücke, die Häuser, kaufen, abreißen und daß man neu bauen muß, daß man Versorgungsleitungen neu legen muß. Und wenn man die Trauben an den Nahverkehrsmitteln sieht, weiß man, daß das nicht mehr tragbar ist. Sie alle wissen, meine Damen und Herren, wie ernst und unter welchem Druck heute darüber diskutiert wird, daß es nötig ist, den Verkehr in verschiedene Ebenen zu lenken. Große Städte haben schon Vorstellungen davon, wie es in etwa sein könnte. Sie wissen aber auch, wieviele Millionen nötig sind, um diese Maßnahmen durchzuführen. Die Verwirklichung des Planes der Stadt München erfordert eine Summe von 350 Millionen DM. All das muß man sehen, wenn man davon spricht, was an Aufgaben vor den Gemeinden liegt und was noch getan werden müßte.
    Ich will nicht noch einmal die Tabelle anführen, die mein Freund Heiland hier bei der letzten Aussprache über dieses Thema erwähnte. Sie erinnern sich an die von den kommunalen Spitzenverbänden zusammengestellte Tabelle, in der aufgezeigt wurde, wofür die Gemeinden in den letzten Jahren das ihnen zur Verfügung stehende Geld verwendet haben. Daraus ist leicht erkennbar, daß das, was hier so oft in der Mitte der Diskussion steht, draußen, in der Praxis, lange nicht in der Mitte steht. Rathäuser, kulturelle Bauten usw. sind mit so geringen Prozentsätzen in der Gesamtsumme vertreten, daß sie eigentlich nicht mit Recht in die Mitte der Diskussion gestellt werden können, wie es leider so oft geschieht.
    Ich sagte eben, daß ich diese Zahlen nicht nennen will. Es ließe sich leicht eine stattliche, eindrucksvolle Reihe von Zahlen nennen, die im Zusammenhang mit den Aufgaben zu sehen wäre, von denen ich einige wenige angedeutet habe. Ich sagte, wir dürften eigentlich nicht den Gedanken ertragen, daß noch zehn Jahre lang Schulraumnot sein soll. Ich bitte Sie, dieser Frage Ihre besondere Aufmerk-
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    samkeit zu schenken. Der Schichtunterricht wird u. a. nur dadurch beseitigt werden können, daß in den Schulen auch der letzte verfügbare Raum als Klassenraum benutzt wird. Die Räume für Sonderklassen stehen selbst in den neuerrichteten Volksschulen einfach nicht für diesen Zweck zur Verfügung, sondern sie müssen als Klassenräume benutzt werden, um schneller von dem Schichtunterricht wegzukommen. In der Hauptstadt dieses Landes Nordrhein-Westfalen, des Landes, in dem das Parlament der Bundesrepublik tagt, sind heute noch 25 % aller Schüler in Schichtunterricht, meine Damen und Herren, und im Lande Bayern — so habe ich noch vor wenigen Tagen lesen können — sind es heute noch 800 000 Kinder.
    Ich möchte noch eine andere Aufgabe erwähnen. Sie alle haben den „Goldenen Plan" bekommen. In Ihren internen Besprechungen haben Sie zum Ausdruck gebracht — das hat man immer wieder lesen und hören könen —, daß er volle Förderung erfahren sollte. Das bedeutet aber doch — auch wenn die vorgesehenen Anteile auf die Gemeinden entfallen —, daß die Mittel für diesen Zweck in doppelter Höhe wie bisher, ja in mehr als doppelter Höhe zur Verfügung gestellt werden müssen.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat sich in seiner Rede auch mit den Rücklagen bei den Gemeinden beschäftigt. Dabei hat er eine ganz feine Unterscheidung gemacht, und ich meine, daß dies nicht ohne Absicht geschehen ist. Er hat beim Bund und bei den Ländern von den „allgemeinen Deckungsmitteln" gesprochen, bei den Gemeinden jedoch nur von den „Deckungsmitteln". Die Gemeinden sind in den letzten Jahren von den Aufsichtsbehörden verstärkt dazu angehalten worden, die gesetzlichen Rücklagen zu bilden. Sie haben das getan, und Gemeinden, auf die dieser Strom an Steuergeldern zufloß — es läßt sich nicht abstreiten, daß das zum Teil geschehen ist; ich habe ja eben geschildert, unter welchen Umständen —, sind dazu übergegangen, das Geld nicht zu „verbraten", wie man so sagt, sondern sie haben Rücklagen gebildet, um in Krisenzeiten etwas fester zu stehen. Sie tun damit etwas, was die Bank deutscher Länder den Gemeinden sehr empfiehlt: diese unrentierlichen Investitionen möglichst nicht aus Mitteln zu bestreiten, die auf dem Kapitalmarkt aufgenommen werden. Das sagt die Bank deutscher Länder, das sagt der Wissenschaftliche Beirat des Herrn Bundesfinanzministers, den ich soeben erwähnt habe, ja das sagt sogar der Bund der Steuerzahler. Es ist also eine weithin anerkannte Auffassung, daß jetzt die Möglichkeiten, wo sie gegeben sind, genutzt werden sollen, diese Rücklagen zu bilden, auch um billiger bauen zu können. Denn jedes Bauwerk, jede Schule, die errichtet wird, kostet ungefähr die doppelte Summe, wenn sie aus Mitteln des Kapitalmarkts erstellt wird, als wenn sie aus Mitteln des Ordentlichen Haushalts erstellt würde.
    Ich habe damit einige der großen Aufgaben herausgestellt. Dann drängt sich auch sofort die Frage auf: wie soll denn das Große, das hier erkennbar ist und das auf uns zukommt, möglich gemacht werden?
    Damit gehe ich zu der Frage 3 über:
    Welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung zur Wiederherstellung eines gerechten gemeindlichen Steuersystems?
    Bis jetzt ist leider trotz aller Bemühungen der kommunalen Spitzenverbände, trotz aller Debatten, aller Gespräche auf allen Ebenen keine befriedigende Lösung vorgeschlagen oder gefunden worden. Es ist ,auch nicht bekanntgeworden, was die Regierung zu dieser Frage sagt. Bis heute ist die vom Bundeskanzler geforderte und vom Bundesfinanzminister mehrmals in Aussicht gestellte Denkschrift über die Lage der kommunalen Finanzen nicht vorgelegt worden.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Sehr richtig!)

    Im Rahmen der neuen Debatten, die eine Einengung der Finanzautonomie der Gemeinden zum Ziel haben, hat man noch nicht einmal eine Besprechung mit denen geführt, die so stark davon betroffen werden, ich meine: mit den Gemeinden. Ohne geringste Fühlungnahme mit denen, denen man rund — gut aufgerundet, will ich hier einmal sagen
    — 2 Milliarden DM wegnehmen will nach den Vorlagen, die jetzt in etwa in der Diskussion sind, — —

    (Abg. Burgemeister: Wer sagt denn das?)

    — Die jetzt in der Diskussion sind! Wenn sich das in den letzten Tagen geändert hat — das ließe sich leicht ausrechnen —, wenn der Betrag auch weniger wäre —, ich habe davon gehört, aber offiziell ist nichts anderes bekannt geworden als das, was vor einiger Zeit in der Diskussion war. Danach handelt es sich um zirka 1,8 Milliarden DM.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nein, nein! — Das ist das Ergebnis von drei Zeitungen, die Sie nacheinander gelesen haben! — Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren! Wir hätten erwarten können, daß man mit denen, denen man diese Beträge nehmen will, vorher Fühlung genommen hätte.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Wer sagt denn, daß das nicht geschehen ist? — Abg. Schmitt-Vockenhausen: Man hat ja auch mit anderen verhandelt!)

    — Es ist nicht 'geschehen!
    Bei der Forderung nach der Wiederherstellung eines gerechten Gemeindesteuersystems drängt sich die Frage auf: Was ist ein gerechtes System? Hat es ein solches gerechtes System gegeben? Die alten Fachleute in diesem Hause haben Jahre unter solchen Bedingungen gelebt, in denen die verschiedensten Finanzsysteme für die Gemeinden Gültigkeit hatten.
    Ich schaue einmal weit zurück in die Zeit, in der die erste Grundlage für die Gemeinden geschaffen wurde, in die 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts
    in die Zeit, in der das Miquelsche Finanzsystem Grundlage der Gemeindefinanzen wurde. Da waren
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    es die Realsteuern, die den Gemeinden als Grundlage gegeben wurden, und dazu ein wichtiger Zusatz: der Zuschlag zur Einkommensteuer.

    (Zuruf des Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach.)

    — Ja, Herr Dr. Dresbach, ich hätte es auch von mir aus gesagt; das kann man nicht übersehen, wenn man von Miquel spricht. Ich will sogar bekennen, daß 1913 in den Gemeinden aus diesem Zuschlag fast 50 % der Ausgaben gedeckt waren. Aber das war in der Zeit bis nach dem ersten Weltkrieg. Der verlorene Krieg brachte große Sorgen und Aufgaben für das Reich. Dann kam die Zeit der Erzbergerschen Finanzreform, ein Suchen, dem Reich eine größere Fülle, eine größere Ausstattung zu geben, aber dabei doch Gemeinden und Länder leben zu lassen. Wir diskutieren heute soviel über Umsatzsteuer und andere Steuern. Es ist sehr interessant, daß das Reich die Länder damals an der Einkommen- und Körperschaftsteuer beteiligte und daß die Länder den Gemeinden weiter Anteile übergeben mußten. Für Preußen wurde die Regelung so gefunden, daß es von seinem Anteil an der Umsatzsteuer 50% und an der Körperschaftsteuer 45 % den Gemeinden zubilligte. Damit ist erkennbar — nur darum erwähne ich es —, welche Möglichkeiten es gibt.
    Wir haben dann die Zeit des „Tausendjährigen Reiches" gesehen, kurz vorher die furchtbare Zeit der Bürgersteuer, der „Negersteuer", wie man sie nannte.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Herr Kollege, nehmen Sie doch nicht Schlagworte der Nazis auf!)

    — Es waren nicht nur solche, Herr Dr. Dresbach. Ich habe ja auch gesagt: „wie man sie nannte". Die Gemeinden selbst waren damals mit dieser Methode nicht glücklich, Herr Dr. Dresbach.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Aber es war doch keine „Negersteuer"!)

    — Aber so hat man sie genannt!

    (Abg. -Dr. Dr. h. c. Dresbach: Die Nazis haben sie so genannt!)

    Das lag daran, daß man das Ganze sehr uniform behandelte. Das war kurz vor ,der Zeit, in der die Gemeinden praktisch völlig ausgeschaltet wurden, in der 'ihnen ihre eigene Finanzgrundlage entzogen wurde. So blieb es bis nach 1945.
    Ich erwähne das, weil ich meine, es ging den Gemeinden gut, als die größtmögliche Nähe an das örtliche Steueraufkommen vorhanden war, eine ziemlich nahe Beteiligung an dem, was sich in der Gemeinde bewegte. Das war nicht so einseitig aufgebaut, wie es heute ist.
    Wenn wir von den Steuern sprechen, dann fällt auf — und damit leite ich zu Punkt 4 über —, daß eine dieser wichtigen Realsteuern, die Grundsteuer, den Gemeinden sehr eingeengt wurde. Die Grundsteuer, von der man allgemein als von einer Einheit spricht, besteht praktisch aus drei Elementen: aus dem Einheitswert, dem Steuermeßbetrag und dem Hebesatz. Die beiden ersten Elemente unterliegen nicht dem Einfluß der Gemeinde. Die Einheitswerte sind seit 25 Jahren festgefroren. An den Steuermeßbeträgen ist ebenfalls nichts geändert worden.
    Wir haben heute, was die Gemeinden angeht, den Zustand, daß der Bund auf Grund von Bundesgesetzen in den Gemeinden hohe Steuerausfälle dadurch verursacht, daß für den Wohnungsbau Grundsteuervergünstigungen gewährt werden.

    (Abg. Rösing: Die fließt ja jetzt!)

    — Die Vergünstigungen klingen langsam ab, ich weiß es. Das Abklingen erfolgt allerdings sehr langsam. Es ist heute so — auch da will ich nicht die Zahlen für alle nennen; das ist wieder Statistik —, daß für eine mittelgroße Stadt aus diesen Steuervergünstigungen ein Ausfall von rund 30 Millionen DM, in diesem Jahr fast 6 Millionen DM, entsteht.
    ,(Abg. Rösing: Die Gewerbesteuer ist dadurch aber gestiegen!)

    — Andere Steuern sind auch nicht gestiegen. Denken Sie an die erste Rede, die der Bundesfinanzminister hier hielt. Dabei klang so durch: Wenn es eben geht, dann werde ich diesen Etat nicht über 40 Milliarden DM steigen lassen. Wenn Sie mir also etwas von der Gewerbesteuer erzählen wollen, dann denken Sie doch bitte auch an solche Aussprüche, die einmal getan wurden.
    Mittlerweile sind ja einige Milliarden D-Mark mehr eingesetzt worden. Wir leben in einer Zeit, in der der Blick nur auf das eine gerichtet ist.
    Ich wollte also sagen, wenn man dafür war und noch dafür ist, daß Wohnungen mit sozial tragbaren Mieten vorhanden sind, dann darf das nicht nur auf Kosten der Grundsteuer angestrebt werden. Es gibt auch noch andere Möglichkeiten. Man könnte in größerem Maße eine zinsverbilligte oder sogar zinslose Finanzierung vornehmen. Diese Maßnahmen müßten aber von der Ebene aus vorgenommen werden, auf der solche Gesetze beschlossen werden. Das ist die Bundesebene. Hier hätte so etwas mitbeschlossen werden müssen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Im Jahre 1958 sind durch die erwähnten Maßnahmen den Gemeinden bis zu 30 % des jährlichen Aufkommens der Grundsteuer B ausgefallen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was haben sie dafür erhalten?)

    Wir sind der Meinung, daß es eine gerechte Sache wäre, den Gemeinden diese Last abzunehmen. Es müßte darüber gesprochen werden, wie das geschehen soll. Unter den heutigen Umständen wäre die Finanzzuweisung eine solche Möglichkeit. In dem Gesamtzusammenhang der Neuverteilung, über die jetzt in allen möglichen Debatten gesprochen wird, sollte auch diese Frage angesprochen werden.
    Ich komme nun zu Punkt 5 unserer Großen Anfrage:
    Ist die Bundesregierung bereit, die gemeindliche Finanzmasse durch eine gesetzliche Beteiligung der Gemeinden an anderen Steuern zu verbessern?
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    Ich habe vorhin auf die Möglichkeiten in der Vergangenheit hingewiesen. Man sollte versuchen, in möglichst große Nähe an das zu kommen, was in den Gemeinden aufkommt. Ich weiß, daß wir hier auf Grund unserer Verfassung Schwierigkeiten haben. Ich möchte jedoch darauf aufmerksam machen, daß damals die Änderung des Art. 106 des Grundgesetzes mit einer großen Mehrheit — beinahe möchte ich sagen: fast einstimmig — im Bundestag beschlossen wurde. Über eine Grundgesetzänderung würden sich also solche Möglichkeiten bieten.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Es liegt am Bundesrat!)

    — Die Bundesregierung und die dafür zuständigen Kreise sollten sich darüber ernsthafte Gedanken machen, wie man die Beteiligten zusammenbekommen kann. Die Kommunalfreundlichkeit hat sich bei der Änderung des Art. 106 des Grundgesetzes bemerkbar gemacht. Leider ist von dieser Änderung nicht das ausgegangen, was sich viele davon versprochen haben, Herr Dr. Dresbach. Ich habe das soeben schon einmal erwähnt.
    Ich darf in diesem Zusammenhang einmal unser Nachbarland Österreich erwähnen. Im Jahre 1959 wurde dort eine sehr bemerkenswerte Regelung gefunden, um den Säulen dieses Staates die Möglichkeit zu geben zu existieren. In dieser Regelung geht es um zwei große Gruppen: einmal um die direkten Gemeindeabgaben, die Realsteuern, von denen hier auch schon einige Male gesprochen worden ist,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gewerbesteuer aber nur teilweise!)

    und dann weitere kleine Steuern, die auch bei uns zum Teil vorhanden sind. Wenn ich auf dieses Beispiel hinweise, so möchte ich damit nicht sagen, daß man alles schematisch übernehmen sollte. In Osterreich ist eine ganz andere Verfassung vorhanden. Ich wollte diese Beispiele nur als Möglichkeiten erwähnen, die man diskutieren sollte. Bemerkenswert ist auch, daß die Regelung für diese beiden großen Gruppen, die direkten Gemeindeabgaben und die Gemeideanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben mit festen Anteilen für Bund, Länder und Gemeinden, für einen Zeitabschnitt von fünf Jahren getroffen wurde. Also eine weit vorausschauende Arbeit, die da sichtbar wird. Dabei tauchen auf die Einkommensteuer, die Lohnsteuer, die Kapitalertragssteuer, die Umsatzsteuer, die Biersteuer, die Weinsteuer, die Mineralölsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer. Wie oft sind allein die beiden letzgenannten Steuern von den Gemeinden in die Diskussion einbezogen worden, wie oft ist von ihnen geltend gemacht worden, daß sie hier eigentlich die größte Berechtigung hätten, beteiligt zu werden.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Herr Kollege, Sie haben eben für die Gemeindegetränkesteuer votiert. Verderben Sie es nicht mit den Gastwirten! — Heiterkeit.)

    — Herr Dr. Dresbach, Sie kommen, glaube ich, aus einem Gebiet, wo in nächster Nähe die Gemeindegetränkesteuer abgeschafft wurde. Der Erfolg für den Verbraucher war gleich Null. Ich erwähne das nur im Zusammenhang mit dem, was ich soeben schon herausgehoben habe: daß wir hier nicht stur nur auf eine Möglichkeit sehen sollten, die vielleicht sehr schwer zu verwirklichen wäre. Ich wollte aufzeigen, daß es eine große Fülle von Möglichkeiten gibt, ernsthaft geprüft werden muß: Was ist für uns tragbar, was ist für uns aus unserem staatlichen Aufbau heraus auch zu verantworten?
    Das Wichtigste für uns in dieser Debatte ist aber doch das, was in dem § 15 dieses Finanzausgleichsgesetzes festgelegt ist. Meine Damen und Herren, und Herr Dr. Dresbach, 'darf ich einen Moment um Ihre Aufmerksamkeit bitten. Ich weiß ja, —

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Ich habe dem Kollegen Heiland zugerufen: wenn von Alkohol die Rede ist, dann sollte er den Mund halten! — Heiterkeit.)

    — Ich will da nicht mitsprechen, — ich weiß aber, wie sehr Ihnen diese Sache am Herzen liegt, Herr Dr. Dresbach; darum meine ich, daß dies Ihre Aufmerksamkeit auch verdient.
    In § 15 ist festgelegt worden, Herr Staatssekretär,
    — der Herr Minister ist leider heute nicht anwesend, Krankheit hinderte ihn; ich glaube, wir sollten ihm bei dieser Gelegenheit eine baldige Gesundung wünschen —,

    (Beifall)

    daß der Bund v o r Inangriffnahme steuerpolitischer Maßnahmen, die für die Gebietskörperschaften mit einem Ausfall an Steuern verknüpft sein können, Verhandlungen mit den beteiligten Gebietskörperschaften einzuleiten hat. Ich meine, daß das auch an die Adresse gerichtet werden muß, an die ich es soeben von mir aus gerichtet habe. Ich habe soeben Zahlen über die Riesenbeträge genannt, die den Gemeinden weggenommen werden sollen, und darf Ihnen dazu sagen, daß vorher keine Fühlungnahme mit den Gemeinden stattgefunden hat. Es wäre sicher für alle Beteiligten besser, wenn man Fühlung genommen, wenn man dieses Gebot der Fairneß erfüllt hätte.
    Ich sagte zu Anfang, daß dieses Hohe Haus viele bemerkenswerte Debatten über die notwendige Finanzgrundlage der Gemeinden erlebt hat. Wir haben dabei viel über die Bedeutung der Gemeinden hören können. Ich habe das schon hervorgehoben. Wir müssen aber auch immer wieder darauf hinweisen, daß 'den Gemeinden, wenn sie diese Aufgaben erfüllen sollen, auch eine entsprechende Finanzgrundlage gegeben werden muß. Die jetzige einseitige Finanzgrundlage, meine Damen und Herren, ist ungenügend und ist ungesund. Sie ist eine Gefahr für die Selbstverwaltung in vielen, vielen Gemeinden, aber auch, möchte ich sagen, eine Gefahr für den Staat, der noch nicht im Bewußtsein genügend vieler Bürger dieses Staates verankert ist, in den großen Städten wie auch in den kleinen, aber auch auf dem sogenannten flachen Lande; denn das gehört mit dazu. Ich las vor einiger Zeit, daß ein Kollege aus unserem Kreise hier — ein Mitglied der CDU — auf einer Veranstaltung des Landkreistages — ich hoffe, daß ich das richtig in Erinnerung
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    habe — schilderte, daß bei der letzten Bundestagswahl die Bürger einer Gemeinde gestreikt haben, weil ihr jahrelanger Kampf um bessere Straßen erfolglos geblieben sei. Ich will das in diesem Zusammenhang nicht vertiefen.
    Meine Damen und Herren! Die Ungeduld wächst, in den großen Städten wie auch in den finanzschwachen Gemeinden. Ich will hier an die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 29. Oktober 1957 erinnern. Er sagte damals:
    Ausdrücklich möchte ich in diesem Zusammenhang auch sagen, daß die Bundesregierung in der kommunalen Selbstverwaltung das Fundament des demokratischen Staatsaufbaues sieht. Es wird eine ihrer vornehmsten Aufgaben sein, zur Förderung der Gemeinden beizutragen.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat sich hier am 30. September beklagt, daß die Bundesregierung keine direkte Einwirkung auf die Ausgabengebarung der Länder und der Gemeinden habe. Er hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß der Senator Nolting-Hauff im Bundesrat das Problem der Ausgaben nicht nur ein verfassungsmäßiges Problem, sondern auch ein Problem des Gesamtplanes genannt habe. Damit will ich nochmals auf das zurückblenden, was ich soeben in diesem Zusammenhang sagte. „Wenn dem so ist, muß der Gesamtplan von uns auch mitdiskutiert werden können, sonst sind wir in einer schlechten Assiette", — so sagte der Herr Bundesfinanzminister. Denken Sie an den § 15 des österreichischen Finanzausgleichsgesetzes, den ich soeben erwähnte. Das Gespräch mit den Gemeinden muß zur rechten Zeit aufgenommen werden. Die Aushöhlung der Gemeindefinanzen durch den sogenannten unsichtbaren Finanzausgleich muß aufhören. In dem Finanzwissenschaftlichen Institut der Universität Köln ist unter dem Professor Schmölders eine sehr interessante wissenschaftliche Arbeit gemacht worden, die sich mit diesem „unsichtbaren Finanzausgleich" beschäftigt. Damit ist gemeint, daß der Staat den Gemeinden Aufgaben zuschiebt, die für diese zu verminderten Steuereinnahmen, aber auch zu vermehrten Ausgaben führen. Das Ergebnis dieser wissenschaftlichen Untersuchung ist, daß heute nahezu 10% des Aufkommens aus den wichtigsten Steuern der Gemeinden diesen verlorengehen. Im Mittelpunkt der Untersuchung haben Bundessteuern sowie Landessteuern gestanden.
    Meine Damen und Herren, ich habe soeben schon den Herrn Bundeskanzler in Verbindung mit der Tagung in Bad Godesberg erwähnt. Bei der Debatte über die Finanzgrundlagen der Gemeinden wurde erkennbar, daß die Gemeinden große Aufgaben vor sich haben und daß sie praktisch sozusagen auf einem Bein, auf dem Bein „Gewerbesteuer", stehen. Der Herr Bundeskanzler sagte damals:
    Bei den Gemeinden liegen die wesentlichsten Aufgaben. Sie müssen in ihren Einnahmequellen frei verantwortlich bleiben. Mir wäre nicht wohl, wenn ich unter diesen Umständen Leiter eines großen Gemeinwesens wäre.

    (Abg. Ritzel: Hört! Hört!)

    Die Teilnehmer dieses Gesprächs, die aus dem kommualen Bereich kamen, gingen mit dem Gefühl nach Hause: Nun werden weitere Belastungen nicht mehr kommen; sie werden abgewehrt; es wird etwas geschehen, damit die Gemeinden von dem einen Bein herunterkommen. Nichts von alledem bis jetzt! Jetzt soll sogar dieses eine Bein noch angesägt werden, es soll geschwächt werden.

    (Zurufe von der SPD.)

    Warum geht man nicht daran, mit Sicherheit erkennbare Komplikationen — vorher! — auszuräumen?

    (Vorsitz :. Vizepräsident Dr. Dehler.)

    Hinterher wird man sagen: Die Operation ist gut verlaufen — der Patient ist tot. Ich will nicht übertreiben, aber in diesem Fall heißt „tot" ganz klarer Verlust der Selbstverwaltung vieler, vieler Gemeinden, weil ihnen die Finanzgrundlage entzogen wird. Sie werden Verwaltungsstellen. Bei den Bürgern verkümmert das Gefühl, daß sie Mitwirkende, Mittragende dieses Staates sind. Das aber kann und sollte niemand wollen, der es in diesem Hause und in der Regierung mit unserem demokratischen Staatsaufbau ernst meint.
    Das steckt hinter der Großen Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion. Wie ernst meint man es mit der Demokratie, wenn man ihre Keimzelle verkümmern läßt? Gemeindenot ist Bürgernot, ist Not der Demokratie!

    (Beifall bei der SPD. — Zustimmung des Abg. Eilers [Oldenburg].)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage hat Herr Staatssekretär Hettlage.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für den erkrankten Herrn Bundesminister der Finanzen beantwortete ich namens der Bundesregierung die große Anfrage der Fraktion der SPD über den Stand der Gemeindefinanzen.
    Würde man die Finanzlage der Gemeinden nach der Entwicklung der gesamten Ausgaben und der Steuereinnahmen aller Gemeinden und Gemeindeverbände beurteilen, so könnte sie nur günstig genannt werden. Die gesamten Gemeindeausgaben sind von 13,6 Milliarden DM in 1955 auf schätzungsweise 20,9 Milliarden DM in 1960 gestiegen. Der gesamte Finanzrahmen der Gemeinden ist in fünf Jahren um rund 53 v. H. gewachsen.
    Noch günstiger ist die Entwicklung der allgemeinen Deckungsmittel, vor allen Dingen der Steuern. Diese stiegen von 5 Milliarden DM in 1955 auf schätzungsweise 8,5 Milliarden DM in 1960, d. h. in fünf Jahren um 72 v. H.
    Mit dieser außerordentlich großen Zunahme der Steuereinnahmen liegen die Gemeinden weit über dem Bund; sie werden allerdings noch von den gewaltigen Steuermehreinnahmen der Länder über-
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 136. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1960 7773
    Staatssekretär Dr. Hettlage
    troffen. Der Zuwachs für die gleiche Zeit ist beim Bund auf 52 v. H., bei den Ländern auf 85 v. H. zu schätzen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Ein wirklich zutreffendes Urteil über die Entwicklung der Gemeindefinanzen ist aber ,an Hand solcher Gesamtzahlen für alle Gemeinden und Gemeindeverbände nicht möglich.

    (Abg. Heiland: Nicht einmal für einzelne!)

    Sie erlauben bestenfalls eine stark verallgemeinernde Beurteilung nach Durchschnittsgrößen. Solche Durchschnittszahlen für 24 000 Gemeinden, davon 17 000 unter 1000 Einwohnern, haben wegen der allzu großen örtlichen Unterschiede nur einen recht bedingten Aussagewert. Von einer geordneten und guten Finanzlage der Gemeinden und Gemeindeverbände kann dann gesprochen werden, wenn die unabweisbaren Aufgaben aller Gemeinden und Gemeindeverbände aus eigenen und zugewiesenen Deckungsmitteln ordnungsgemäß erfüllt werden können.
    Besonders kennzeichnend für die Lage der Gemeindefinanzen ist der ständig steigende Umfang der gemeindlichen Investitionen, die in wachsendem Maße aus Überschüssen der laufenden Rechnung — einschließlich der Zweckzuweisungen aus Landesmitteln — gedeckt werden. Die aus diesen Deckungsmitteln, also ohne Kreditmarkt-Verschuldung finanzierten Investitionen sind von rund 3 Milliarden DM in 1955 auf rund 4 Milliarden DM in 1958 gestiegen und werden wahrscheinlich rund I 6 Milliarden DM in 1960 betragen. Das bedeutet, daß die nicht aus Krediten finanzierten Investitionen der Gemeinden sich in fünf Jahren etwa verdoppelt haben.
    Unzweifelhaft wächst der legitime und großenteils auch unabweisbare Investitionsbedarf der Gemeinden von Jahr zu Jahr. Das hängt mit der Entwicklung unserer gesamten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ordnung zusammen. Bei wachsenden privaten Ansprüchen an die Lebenshaltung wachsen naturgemäß auch die Ansprüche, die die Bürger mit Recht an die Befriedigung öffentlicher Gemeinschaftsbedürfnisse stellen. Im Zuge dieser Entwicklung weitet sich nicht nur der Aufgabenbereich der Gemeinden, gleichzeitig steigen die Ansprüche an die Art und die Güte der öffentlichen Einrichtungen und damit die Kosten. Dies führt zu einem entsprechenden, teilweise sprunghaften Wachstum des Gemeindefinanzbedarfs, vor allem für Bauten und sonstige Investitionen.
    Unter diesen gemeindlichen Aufgabenbereichen ragen der Schulbau, der Straßenbau und der Krankenhausbau besonders hervor. Deshalb möchte ich mit wenigen Worten darauf eingehen.
    Der Finanzbedarf für Schulbauten ist Gegenstand sorgfältiger Untersuchungen gewesen. Eine Denkschrift der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Lehrerverbände, bearbeitet von den Herren Edding und Albers, hat die Größe der Schulausgaben von 1960 bis 1970 untersucht. Sie geht davon aus, daß in diesen zehn Jahren für die allgemeinbildenden Schulen unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände ein zusätzlicher Schulraumbedarf von etwa 130 000 Klassen entsteht. Dieser Bedarf von etwa 13 Milliarden DM, einschließlich der Stadtstaaten, umfaßt nicht nur den eigentlichen Fehlbestand an Klassen und die notwendigen Ersatzbauten, sondern darüber hinaus auch den Mehrbedarf infolge der weiteren Zunahme der Schülerzahl, der Einführung eines neunten Schuljahres, eines verstärkten Überganges zu den weiterführenden Schulen und nicht zuletzt auch einer erheblichen Senkung der hohen Klassenfrequenzen. Dieser Schulraumbedarf kann nach unseren Feststellungen im wesentlichen mit den Mitteln, die in den kommenden Jahren voraussichtlich für den Schulbau verfügbar sind, ohne zusätzliche allgemeine Finanzierungsmaßnahmen aus Gemeindemitteln und aus ergänzenden Ländermitteln gedeckt werden. Der Schichtunterricht kann in wenigen Jahren beseitigt werden.
    Diese allgemeinen Feststellungen mögen hierzu genügen. Sie werden durch sorgfältige Erhebungen und Berechnungen des Bundesministeriums der Finanzen bestätigt.
    Der Straßenbau nimmt unter den gegenwärtigen und künftigen Aufgaben der Gemeinden eine Sonderstellung ein. Hier sind zusätzliche Deckungsmittel zur Erfüllung der ,sprunghaft wachsenden Anforderungen an den Straßen- und Städtebau unentbehrlich. Aus diesem Grunde hat das Straßenbaufinanzierungsgesetz von 1960 für die Gemeinden zusätzliche Einnahmen in beträchtlicher Höhe erschlossen, die dem gemeindlichen Straßenbau jährlich ,etwa 400 Millionen DM mehr als bisher zuführen. Eine Einwirkung auf die Verteilung dieser zusätzlichen Deckungsmittel ,auf die einzelnen Gemeinden und Gemeindeverbände in den Ländern ist dem Bundesgesetzgeber nach der Verfassung im allgemeinen leider verwehrt. Bei der Verabschiedung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes und bei seinem zwischenzeitlichen Vollzug beanspruchen die Länder die alleinige Zuständigkeit, über die zweckmäßige Verwendung ,dieser Mittel für den gemeindlichen Straßenbau zu entscheiden. Unmittelbare Finanzhilfen gewährt der Bund im Rahmen des Straßenbaufinanzierungsgesetzes deshalb nur für den Ausbau der Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen und neuerdings auch für andere gemeindliche Straßenbauten, die mit dem Ausbau des Bundesstraßennetzes in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Von dem Gemeindeanteil an den Mehreinnahmen nach dem Straßenbaufinanzierungsgesetz entfallen .auf diese letzte Zweckbestimmung 100 Millionen DM. Diese Mittel werden in den kommenden Jahren weiter erhöht werden.
    Die Mehreinnahmen aus dem Straßenbaufinanzierungsgesetz, die in Iden nächsten Jahren weiter ansteigen, gestatten es, die Aufwendungen der Gemeinden für den Straßenbau in den kommenden vier Jahren um etwa 50 v. H. zu erhöhen. Trotz 'dieser beträchtlichen Vermehrung der Deckungsmittel werden dringende Erfordernisse des Straßen- und Städtebaues an vielen Steilen noch nicht ausreichend finanziert sein. Hier ist es nach dem Willen des Grundgesetzes in erster Linie Aufgabe der Län, der, Idurch geeignete Maßnahmen im Rahmen des
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    Staatssekretär Dr. Hettlage Gemeindefinanzausgleichsgesetzes, beispielsweise durch den Steuerverbund bei der Kraftfahrzeugsteuer, zusätzliche Deckungsmittel dorthin zu bringen, wo sie vordringlich benötigt werden.
    Weitere Schwerpunkte der gemeindlichen Investitionstätigkeit, wie z. B. der Krankenhausbau, können aus eigenen Einnahmen, vor allem in den großen Städten, in steigendem Maße gefördert werden. Auch die Zweckzuweisungen der Länder zum Ausbau der gemeindlichen Krankenhäuser sind beachtlich erhöht worden.
    Der Finanzbedarf für die Wasserversorgung und vor allem für die Abwasserbeseitigungsanlagen ist besonders groß. Die Finanzierung dieser Investitionen wind jedoch wesentlich dadurch erleichtert, daß es sich hier um Gebührenanstalten handelt.
    Um eine möglichst zuverlässige Grundlage zur Beurteilung des unabweisbaren gemeindlichen Investitionsbedarfs in den nächsten zehn Jahren zu bekommen, hat das Bundesfinanzministerium vor einiger Zeit ein Gutachten seines Wissenschaftlichen Beirats erbeten. Dieses Gutachten steht zu Ihrer Verfügung. Das Gutachten, das im Juli 1959 abgeschlossen wurde, kommt zu dem Ergebnis, daß der unabweisbare zusätzliche Investitionsbedarf der Gemeinden aus dem alljährlichen Anwachsen des Überschusses der vermögensunwirksamen Rechnung, h: überwiegend aus den. Steuereinnahmen, gedeckt wäre, wenn das Bruttosozialprodukt im Durchschnitt der nächsten zehn Jahre jährlich um 3,5 v. H. wachsen würde. Ein zusätzlicher Finanzbedarf ergibt sich nach Auffassung des Wissenschaft-lichen Beirats nur wegen der ungleichmäßigen Verteilung der Gemeindefinanz masse. Tatsächlich alber ist . das Bruttosozialprodukt schon in 1959 um 8,2 v. H. und in 1960 wahrscheinlich sogar um 11 v. H. gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Als Folge dieser Entwicklung haben die Steuereinnahmen der Gemeinden schon im Jahre 1959 den Jahresbetrag überschritten, der nach den Feststellungen des Wissenschaftler-Gutachtens als durchschnittliche Steuereinnahme für die Jahre 1958 bis 1967 angenommen wunde und der nach ihrer Meinung bei besserer Verteilung der Gemeindefinanzmasse bereits zur Deckung der steigenden Investitionsausgaben der Gemeinden ausreichen würde.
    Das zentrale Problem der gesamten gemeindlichen Finanzwirtschaft liegt heute und auf absehbare Zeit nach der Meinung des Bundesministeriums der Finanzen nicht mehr in erster Linie darin, daß die Deckungsmittel dem wachsenden Bedarf nur unzureichend folgen, sondern darin, daß die ständig wachsende Gemeindefinanzmasse sehr ungleichmäßig und unzureichend auf die ,einzelnen Gemeinden und Gemeindeverbände verteilt ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die richtige Lösung dieses Problems einer Neuordnung des Gemeindefinanzausgleichs entscheidet nach unserer Meinung über die künftige Entwicklung des Gemeindewesens in unserem Lande und damit über eine kraftvolle örtliche Selbstverwaltung.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.) Die Unterschiede in der Finanzausstattung der einzelnen

    Gemeinden und Gemeindeverbände haben sich seit dem Kriegsende wesentlich vergrößert. Der Anteil der eigenen gemeindlichen Steuereinnahmen und der Finanzzuweisungen der Länder an den Gesamteinnahmen hat sich in den letzten Jahren bei wachsendem Gesamtvolumen der Gemeindehaushalte zwar kaum verändert, jedoch ist innerhalb der Steuereinnahmen — wie allgemein bekannt — eine grundlegende Verschiebung eingetreten. Der Anteil der Gewerbesteuer, der schon während des Krieges eine überragende Stellung im Gemeindesteuersystem hatte, ist von 59 v. H. in 1951 auf 75 v. H. in 1959 und wahrscheinlich auf 77 v. H. in 1960 angewachsen. Gleichzeitig ist 'der Anteil der Grundsteuer, der auf den Werten von 1935 beruht, von 32 v. H. in 1951 auf 18 v. H. in 1959 zurückgegangen.
    Dieses Übergewicht der Gewerbesteuer hat zu Unterschieden in der örtlichen Steuerkraft geführt, die mit den bisherigen Methoden und Maßstäben des Gemeindefinanzausgleichs kaum noch hinreichend ausgeglichen werden können. Die Steuerausstattung je Einwohner zwischen den kleinen Landgemeinden und den kreisfreien Städten erreicht mit dem Vierfachen eine Spannweite, wie sie früher nie bestanden hat. Solche Unterschiede in der örtlichen Finanzausstattung können auf die Dauer nicht hingenommen werden, well sich die Ansprüche der Bürger an die örtliche Verwaltung in Stadt und Land immer mehr angleichen. Es ist auf die Dauer nicht vertretbar, daß die Schulen oder die Straßen oder sonstige Gemeindeeinrichtungen deshalb weniger gut sein sollen, weil die betreffende Gemeinde steuerschwächer ist als eine andere.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Hier liegt die wichtigste Zukunftsaufgabe für die Gesetzgebung über den gemeindlichen Finanzausgleich.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das heißt in den Ländern!)

    Ein intensiverer Gemeindefinanzausgleich soll selbstverständlich nicht die Finanzausstattung aller Gemeinden auf einen einheitlichen Kopfbetrag ausgleichen. Der echte Finanzbedarf der Gemeinden und Gemeindeverbände ist nach Gemeindegrößengruppen recht verschieden und wird es immer bleiben. Diese Unterschiede sind der Ausdruck einer verschiedenen Wirtschafts- und Sozialstruktur, die auch in Zukunft zwischen Stadt und Land und zwischen den Städten bestehenbleiben wird. Eine nivellierende Angleichung von Bedarf und Deckung bei allen Gemeinden würde auch die Lebenskraft des Selbstverwaltungsgedankens aushöhlen und damit zu einer Verarmung des politischen Lebens führen.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Sehr richtig!)

    Jedoch muß das Ausmaß der heutigen Unterschiede der Finanzausstattung auf die Dauer verringert werden. Der Gemeindefinanzausgleich muß hier die Folgerungen aus der allgemeinen Veränderung der Wirtschafts- und Sozialstruktur und aus dem Wandel der Gemeinschaftsbedürfnisse in Stadt und Land ziehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

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    Staatssekretär Dr. Hettlage
    Unter diesen Gesichtspunkten sind auch die Maßnahmen zu sehen, die im Zuge der geplanten Erleichterung bei der Gewerbesteuer zugunsten finanzschwacher Gemeinden ergriffen werden müssen,
    Herr Abgeordneter Keuning, der Ausfall an Gewerbesteuer bei einem Steuerfreibetrag von 7200 DM bei Gewerbeerträgen bis 50 000 DM beträgt etwa 530 Millionen DM jährlich, nicht 1,8 Milliarden DM. Ich möchte auf diese berühmte — —

    (Abg. Keuning: Aus dieser Summe werden dem Bund 45 Millionen DM und den Ländern 90 Millionen DM zufließen, und das aus Mitteln, die den Gemeinden genommen werden!)

    — Die Mehreinnahmen bei der Einkommensteuer würden, beim Bund etwa 40 Millionen und bei den Ländern ungefähr 80 Millionen DM ausmachen.
    Bei den meisten Gemeinden würde die beabsichtigte Erhöhung des Freibetrages auf 7200 DM bei einem Gewerbeertrag bis 50 000 DM nicht zu einer unzumutbaren Minderung des Gewerbesteueraufkommens führen; vielmehr würde nur das weitere Ansteigen des Gewerbesteueraufkommens gebremst. Bei einer Reihe von finanzschwachen Gemeinden würde der Ausfall jedoch besondere Ausgleichsmaßnahmen erfordern. Diesen Ausgleich zu schaffen ist nach der Verfassung Aufgabe der Länder. Die Finanzlage der Länder hat sich in den beiden letzten Jahren ungewöhnlich günstig entwickelt und wird sich weiter verbessern. Die Einnahmen der Länder wuchsen 1959 um 2,3 Milliarden DM. Sie werden 1960 abermals um 3 Milliarden DM steigen,

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Nach neuesten Schätzungen werden sie 1961 sogar 3,8 Milliarden DM mehr als im Vorjahr erreichen. Das bedeutet, daß die Steuereinnahmen der Länder in drei Jahren insgesamt um 9,1 Milliarden DM gestiegen sind.

    (Abg. Wienand: Und die des Bundes?)

    — Die Einnahmen des Bundes sind in der gleichen Zeit um etwas über 10 Milliarden DM gestiegen. Unter diesen Umständen können die erforderlichen Maßnahmen zum Ausgleich eines unzumutbaren Gewerbesteuerausfalls, der mit etwa 250 Millionen DM geschätzt wird, von den Ländern nach unserer Meinung ohne besondere Schwierigkeiten getroffen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Bei ihrer Gewerbesteuerinitiative geht die Bundesregierung davon aus, daß bei der Verabschiedung des Gesetzes der Ausgleich eines unzumutbaren Gewerbesteuerausgleichs für finanzschwache Gemeinden durch die Länder gesichert sein muß. Entsprechende Verhandlungen mit den Landesregierungen sind eingeleitet worden.
    Das Grundgesetz verwehrt es dem Bundesgesetzgeber leider — ich sage ausdrücklich „leider" —, diese Fragen zu lösen. Die Regelung des Gemeindefinanzausgleichs ist nach dem Grundgesetz ausschließlich der Landesgesetzgebung vorbehalten.
    Angesichts der untrennbaren Verflechtung von Wirtschaft und Steuern und angesichts der finanzwirtschaftlichen Einheit der Haushalte des Bundes, der Länder und der Gemeinden erscheint diese Entscheidung des Grundgesetzes im Hinblick auf die zwischenzeitliche und künftige Entwicklung nicht sinnvoll.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Ein großer Finanz- und Steuerverbund zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden, wie ihn die Weimarer Reichsverfassung mit einem wohlausgewogenen Überweisungs- und Ausgleichssystem kannte, würde den heutigen und künftigen Bedürfnissen besser dienen. Er gäbe den Gemeinden ihre Stellung als dritte selbständige Gruppe im System der bundesstaatlichen Finanzverfassung zurück.

    (Beifall bei der SPD und FDP. — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist dringend notwendig!)

    Herr Abgeordneter Keuning, vor etwa anderthalb Jahren haben wir geprüft, ob eine Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer möglich sei. Die Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer war zur Weimarer Zeit das wichtigste Ausgleichsinstrument zwischen Reich, Ländern und Gemeinden. Es wäre erwünscht, wenn unser heutiges Finanzsystem eine ähnliche Überweisungssteuer mit Ausgleichsfunktionen hätte.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Wir haben damals mit den Ländern Fühlung genommen, um festzustellen, ob 'die erforderliche Verfassungsänderung Aussicht auf Annahme habe. Die Länder haben uns erklärt, daß sie einer solchen Verfassungsänderung, die eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Gemeinden herstellen würde, nicht zustimmen würden.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Eine umfassende kommunale Finanz- und Steuerreform, deren Programm nicht durch die Schranken der gegenwärtigen Finanzverfassung begrenzt werden darf, sollte daher alsbald in Angriff genommen werden. Sie setzt ein Zusammenwirken aller politischen Kräfte in Bund und Ländern voraus. Eine solche Reform muß sorgfältig vorbereitet werden und nimmt unvermeidlich längere Zeit in Anspruch. Da aber ein verstärkter Steuerkraftausgleich unter den Gemeinden nicht länger hinausgeschoben werden kann, sind Übergangsmaßnahmen der Länder auf dem Gebiet des gemeindlichen Finanzausgleichs im Rahmen der geltenden Finanzverfassung in der Zwischenzeit nicht zu entbehren.
    Der Gemeindefinanzausgleich der Länder entspricht in seinen Grundzügen noch dem Schlüsselsystem der Vorkriegszeit und ist auf wesentlich geringere Steuerkraftunterschiede unter den Gemeinden abgestellt, als sie heute bestehen. Eine stärkere Ausrichtung des gesamten Gemeindefinanzausgleichs in den Ländern auf die Deckung des Finanzbedarfes der ,steuerschwachen Gemeinden ist deshalb - notwendig. Darüber hinaus muß erwogen werden, die steuerstarken Gemeinden, deren Finanzkraft weit über dem Durchschnitt ihrer Ge-
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    Staatssekretär Dr. Hettlage
    meindegruppe hinausgeht, zur Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben anderer Gemeinden und Gemeindegruppen heranzuziehen. Dieser Gedanke eines zwischengemeindlichen Finanzausgleichs kann nicht durch unmittelbare Zahlungen der steuerstarken an die steuerschwachen Gemeinden verwirklicht werden. Hierzu bedarf es vielmehr besonderer Einrichtungen der Länder, wie z. B. des Ausbaues einer Landesumlage, die in einigen Ländern schon zur Verstärkung der Landesfinanzmasse und damit mittelbar auch zugunsten einer größeren Ausgleichsmasse im Gemeindefinanzausgleich erhoben wird.
    Ein Wort noch zu der Entwicklung der gemeindlichen Verschuldung. Sie kann ebenso wenig summarisch beurteilt werden wie die Entwicklung der allgemeinen Deckungsmittel. Die Schuldenlast der Gemeinden insgesamt hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Das allein wäre Grund genug, die Entwicklung sorgfältig zu beobachten. Dabei fällt auf, daß der Zuwachs der Verschuldung im allgemeinen keineswegs bei den steuerschwachen Gemeinden und Städten am größten ist; vielmehr weisen gerade steuerstarke Städte eine außerordentlich hohe Verschuldung auf. Das mag darauf zurückzuführen sein, daß hohe Steuereinnahmen den Verschuldungsrahmen erweitern und die Verschuldungsgrenze hinaufschieben. Bei manchen finanzstarken Städten wäre es jedoch erwünscht, wenn sie sich bei der Neuaufnahme von Schulden stärkere Zurückhaltung auferlegen würden, weil die besonders konjunkturempfindlichen Gewerbesteuermehreinnahmen nicht in vollem Ausmaß als sichere Dekkung für den Schuldendienst angesehen werden können. Auch die Aufsichtsbehörden der Länder sollten bei der Genehmigung von Gemeindedarlehen in dem gleichen Sinne wirken. Es kann jedenfalls nicht allgemein gesagt werden, daß höhere Steuereinnahmen zur Verminderung der Kreditaufnahmen führen würden, weil die erhöhten Einnahmen zugleich die Möglichkeit geben, höhere Aufwendungen für den Schuldendienst zu leisten.
    Die Schulden der Gemeinden betrugen am :31. März 1960 rund 12,4 Milliarden D-Mark. Die Bedeutung dieser Zahl wird dadurch beleuchtet, daß die vermögensunwirksamen Einnahmen der Gemeinden im Rechnungsjahr 1959 15,8 Milliarden D-Mark betrugen. Für die Gesamtheit der Gemeinden ist das Verhältnis zwischen Schuldenstand und einem Jahres-Soll der ordentlichen Deckungsmittel nicht zu beanstanden. Auch hier liegen aber die Verhältnisse örtlich außerordentlich verschieden. Bei nicht wenigen Gemeinden hat der Schuldenstand bereits eine kritische Höhe erreicht. Wo diese kritische Höhe im Einzelfall liegt, läßt sich nicht allgemein bestimmen. Einen gewissen Anhalt bietet das Verhältnis der jährlichen Nettoaufwendungen für den Schuldendienst zu den ordentlichen Dekkungsmitteln. Im Jahre 1958 haben die Gemeinden für den Schuldendienst rund 650 Millionen D-Mark aufgewendet, d. h. 4,5 v. H. ihrer ordentlichen Dekkungsmittel. Der Schuldendienst hat sich im Jahre 1958 gegenüber dem Vorjahr zwar um 200 Millionen D-Mark erhöht, jedoch entfallen davon 160 Millionen d. h. 80 v. H. auf höhere Tilgungsleistungen.
    Unbeschadet begründeter Besorgnisse bei einzelnen Gemeinden gibt der gesamte Schuldenstand der Gemeinden noch keinen Anlaß zu allgemeinen Besorgnissen. Die Entwicklung muß jedoch von den hier verantwortlichen Landesregierungen und Gemeindeaufsichtsbehörden sorgfältig beobachtet werden.
    Diese allgemeinen Überlegungen und Feststellungen über Stand und Entwicklung der Gemeindefinanzen lassen sich in Beantwortung der einzelnen Fragen der Großen Anfrage wie folgt zusammenfassen:
    1. Die Gesamtentwicklung der Gemeindefinanzen ist günstig. Es besteht kein Anlaß zu der Befürchtung, daß die finanzielle Eigenverantwortung der Gemeinden von der Finanzentwicklung her beeinträchtigt würde. Auch ist das Anwachsen der gemeindlichen Verschuldung im Hinblick auf die ständige Steigerung der ordentlichen Deckungsmittel, vor allem der Steuern, im allgemeinen nicht beunruhigend.
    2. In Übereinstimmung mit den Feststellungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium darf erwartet werden, daß die Gemeinden ihre vermehrten und unaufschiebbaren Aufgaben, vor allem ihre Investitionen, ohne Erhöhung ihres Anteils am gesamten Steueraufkommen erfüllen können. Die Bundesregierung ist jedoch der Meinung, daß die bedenkliche Zunahme der Steuerkraftunterschiede unter den Gemeinden und Gemeindeverbänden schnelle und wirksamere Ausgleichsmaßnahmen der Länder im Rahmen des Gemeindefinanzausgleichs erfordert.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Eine teilweise Umschichtung der Steuereinnahmen zwischen den Gemeinden scheint dazu unentbehrlich. Das Grundgesetz versagt dem Bundesgesetzgeber und der Bundesregierung, selbst Maßnahmen zu ergreifen, um dieses Ziel zu erreichen.
    3. Die Ausgewogenheit des Gemeindesteuersystems ist heute durch den übergroßen Anteil der Gewerbesteuer an den Deckungsmitteln und durch das Zurückbleiben der Grundsteuer gestört. Diese Entwicklung ist nicht nur durch das Ansteigen der Gewerbeerträge, sondern wesentlich auch dadurch bestimmt, daß die Einheitswerte für das Grundvermögen seit 1935 nicht neu festgesetzt sind.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Sehr richtig!)

    Im Rahmen eines neuen Bewertungsgesetzes ist eine Neubewertung des Grundbesitzes dringlich.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Dabei werden die besonderen Verhältnisse beim landwirtschaftlichen Grundbesitz zu würdigen sein. Inwieweit neue Einheitswerte zu einem höheren Grundsteueraufkommen führen, wird unter den Gesichtspunkten einer gerechten Steuerbelastung besonders zu prüfen sein. Der Entwurf eines neuen
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    Staatssekretär Dr. Hettlage
    Bewertungsgesetzes sollte zu Beginn der neuen Legislaturperiode alsbald eingebracht werden.

    (Zurufe von der SPD.)

    Die Neubewertung des Grundbesitzes sollte nach der Auffassung der Bundesregierung eine allgemeine Überprüfung des gemeindlichen Steuersystems einleiten. Dabei wird der veränderten Stellung der Gemeinden im gesamten öffentlichen Aufgabenbereich Rechnung zu tragen sein. Das wichtigste Ziel einer umfassenden Neuordnung des gemeindlichen Steuersystems sollte sein, die Eigenverantwortung der Gemeinden für ihre Aufgaben und Ausgaben und deren Deckung in größtmöglichem Umfang zu gewährleisten.
    4. Eine Erstattung des Einnahmeausfalles, der den Gemeinden aus der Grundsteuerbefreiung für den sozialen und den steuerbegünstigten Wohnungsbau erwächst, ist nicht gerechtfertigt. Die Förderung des Wohnungsbaues ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Für die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaues sind in den Jahren 1950 bis 1959 aus öffentlichen Quellen insgesamt 28,7 Milliarden D-Mark aufgewendet worden. Davon entfallen 18,7 Milliarden D-Mark auf den Bund — einschließlich Lastenausgleich und Kohlenabgabe —, 6,8 Milliarden D-Mark auf die Länder und 3,2 Milliarden D-Mark auf die Gemeinden und Gemeindeverbände. Die Mindereinnahmen der Gemeinden an der Grundsteuer werden für den gleichen Zehnjahreszeitraum auf etwa 1,5 Milliarden
    D-Mark geschätzt. Diese zeitlich begrenzten Mindereinnahmen bei der Grundsteuer stellen einen Beitrag der Gemeinden zur Förderung des Wohnungsbaues dar, der angesichts der Leistungen des Bundes für den gleichen Zweck zumutbar scheint.
    5. Artikel 106 des Grundgesetzes gestattet dem Bund nicht, die Gemeinden am Aufkommen von Bundessteuern zu beteiligen. Nach geltendem Verfassungsrecht können die Gemeinden nur an Landessteuern beteiligt werden; dabei ist der Gemeindeanteil durch Gesetz festzulegen. Nach der Grundkonzeption unserer heutigen Finanzverfassung soll es keinen vertikalen Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geben. Eine Änderung dieser Grundkonzeption haben die Länder mehrfach, vor allem bei der Neuordnung der Finanzverfassung im Jahre 1955, entschieden abgelehnt.
    Der Bundesminister der Finanzen hat in seinen Haushaltsreden mehrfach darauf hingewiesen, daß die heutige Finanzverfassung den künftigen finanziellen und politischen Bedürfnissen des Bundes nicht entspricht. Die Zwischenlösung der Finanzverfassung von 1955 kann nicht als endgültig anerkannt werden. Eine Neuordnung der Finanzverfassung ist unausweichlich. Eine grundlegende kommunale Finanz- und Steuerreform muß ein wesentlicher Bestandteil dieser umfassenderen Neuordnung sein. Sie ist jedoch noch nicht verhandlungs- und entscheidungsreif. Außerdem fehlen zur Zeit die politischen Voraussetzungen für ihre Verwirklichung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP.)