Rede von
Erwin
Lange
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre nützlich gewesen, Herr Kollege Scheppmann, wenn Sie bei Ihren Ausführungen über die Sonntagsarbeit darauf verwiesen hätten, daß Sie effektiv 22 verkaufsoffene Sonntage statt der bisherigen 16 in den Kur- und Erholungsgebieten einführen wollen.
Es hat doch keinen Zweck, hier Versteck zu spielen. Sicher ist doch eines, meine Damen und Herren: Ausnahmen von einer seit Jahrzehnten existierenden Regelung der Ladenöffnungs- oder Ladenschließungszeit in bezug auf einige Warengruppen hat es immer gegeben. Sie sind nur beseitigt worden im Zusammenhang mit diesem Gesetz. Ich weise noch einmal darauf hin, daß wir von vornherein einige Warenausnahmen von diesem Gesetz gewollt hatten. Das ist nicht möglich gewesen, und damit ist dann einiger Unsinn gemacht worden. Außerdem kann man hier nicht sagen, daß Bestimmungen, die auf den § 17 bezogen sind oder sich aus § 17 ableiten, verletzt würden.
Dann muß ich den Kollegen des Ausschusses für Arbeit hier noch einmal zu Gemüte führen, daß die beiden mitberatenden Ausschüsse, der Wirtschaftsausschuß und der Ausschuß für Mittelstandsfragen, empfohlen haben, diese Warenausnahmen auch unter diesem Gesichtspunkt zu prüfen; und wenn man geglaubt hätte, dort noch einige Sicherheiten einbauen zu können, hätte — was die abhängig Beschäftigten betrifft — kein Mensch gegen solche Sicherheitsbestimmungen etwas einzuwenden gehabt. Die Begründung aber, daß hier Arbeitsschutzbedenken und ähnliches beständen, ist bei dem Charakter der überwiegenden Zahl dieser Betriebe — und das sind fast 95 % der hier in Betracht kommenden Betriebe — nicht möglich. Arbeitsschutzbedenken spielen hierbei keine Rolle.
Außerdem kommt noch eines hinzu; und insoweit gehe ich noch über die Nr. 6, die Sie hier begründet haben, Herr Kollege Scheppmann, zwangsläufig hinaus, weil ja das Äquivalent für die Streichung von Nr. 6 in Ihrer Ziffer 2 enthalten sein soll. Sie haben hier wieder den Begriff „Andenken" weggelassen. Sie haben nur die Waren hinzugenommen, die für diese Orte kennzeichend sind.
Das bedeutet gegenüber dem Begriff „Andenken" oder „Reiseandenken" eine Einengung; es bedeutet, daß das Warensortiment, das heute unter „Reiseandenken" läuft, dadurch verändert - sprich: eingeengt — wird.
— Die Strohhüte sind kein besonderes Charakteristikum der Ahr, die können auch anderswo getragen werden. Also das ist nicht drin. Außerdem sollte, glaube ich, niemand so vermessen sein, mit Hilfe eines Gesetzes über Ladenöffnungs- oder Ladenschlußzeiten Geschmackszensuren einzuführen. Über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten; oder: über Geschmack sollte man nicht streiten. Was da allenthalben, nicht nur unter der Marke „Reiseandenken", sondern überhaupt im gesamten Warensortiment, dem Verbraucher entgegentritt, läßt ja in dieser Hinsicht manches zu wünschen übrig. Aber das kann doch nicht Gegenstand der Überlegungen für den Gesetzgeber sein.
Sie machen hier wiederum das, worauf ich im Zusammenhang mit der Begründung unseres § 20 a hingewiesen habe: Sie ruinieren hier in der Tat einen Geschäftszweig, einen Gewerbezweig, obwohl Sie doch immer wieder erklären, daß Sie insbesondere den Selbständigen zu helfen bereit sind. Ich muß hier wiederholen, was ich schon bei der Verabschiedung der Vierten Novelle zur Gewerbeordnung gesagt habe: Sie sind der Auffassung, daß eine bestimmte Größenordnung von Selbständigen — Idas sind die Kleinen, um nicht zu sagen: die Kleinsten für Sie einfach kein Diskussionsgegenstand mehr sind, für Sie einfach nicht mehr förderungswürdig und nicht mehr anerkennensberechtigt als Selbständige sind. Dieser Eindruck muß doch entstehen; und Sie haben alles zu tun, um diesen Eindruck zu verhindern. Mit § 10 bleibt dieser Eindruck weiterhin bestehen; denn jeder wird Ihnen vorrechnen können, was sich hier an ungerechtfertigten Einschränkungen in der Tat ergibt.
Ich würde also genau wie Herr Bucher hier sagen, daß sich eine solche Einschränkung nach unserer Überzeugung nicht rechtfertigen läßt und man den § 20,a so bestehen lassen sollte, wie er hier vorgesehen ist. Alles andere, verehrte Kolleginnen und Kollegen, führt zu einer Begünstigungderjenigen Gruppen, die im Grunde eine Förderung und Begünstigung in .diesem Umfange nicht brauchen. Die Wettbewerbssituation, die für die betreffenden Gruppen so kritisch ist, wird damit genauso kritisch bleiben, ja mit Ihrer Formulierung noch kritischer werden und damit zu einer ernsthaften Existenzgefährdung führen.