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ID0312710400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 127. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1960 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Funk 7297 A Vizepräsident Dr. Preusker legt sein Amt nieder 7297 A Begrüßung einer Delegation des kanadischen Senats . . . . . . . . . . . 7344 C Fragestunde (Drucksachen 2085, 2093) Frage des Abg. Faller: Wehrdienst von deutsch-französischen Doppelstaatern Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 7297 B, D, 7298 A, B, C Faller (SPD) . . 7297 C Dr. Mommer (SPD) . . . 7297 D, 7298 A Dr. Schäfer (SPD) . . . . . , 7298 B, C Frage des Abg. Dr. Kohut: Aburteilung von Straftaten nach dem NATO-Truppenstatut Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 7298 D, 7299 A Dr. Kohut (FDP) . . . . 7298 D, 7299 A Frage des Abg. Dr. Kohut: Übergriffe amerikanischer Soldaten im Kirchenkreis Gelnhausen Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 7299 A Frage der Abg. Frau Nadig: Untersuchungsstellen für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln . . . 7299 C Frage des Abg. Kroll: Informationstrupps des sowjetzonalen Rundfunks in der Bundesrepublik Dr. Schröder, Bundesminister . , 7299 C, D, 7300 A Kroll (CDU/CSU) . . . . . . . 7299 D Bausch (CDU/CSU) . .. . . . . 7299 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7300 A Frage des Abg. Dürr: Zahl der mit der Liquidation des Vermögens der verbotenen Kommunistischen Partei beschäftigten Personen Dr. Schröder, Bundesminister 7300 B, C, D Dürr (FDP) . . . . . . . . . . 7300 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7300 C Frage des Abg. Wittrock: Ersetzung von Gerichtsakten durch Mikrofilme Schäffer, Bundesminister . 7300 D, 7301 A Wittrock (SPD) . . . . . . . . 7301 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Unterlagen für die letzte Besoldungserhöhung Etzel, Bundesminister 7301 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den, 5. Oktober 1960 Frage des Abg. Lohmar: Abgrenzung des Truppenübungsplatzes in der Senne Strauß, Bundesminister . . . . . 7301 B Lohmar (SPD) . . . . . . . . . 7301 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Einsatz von Schrottfahrzeugen auf den Baustellen der Bundesautobahn Appenweier—Neuenburg Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 7301 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7302 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Überprüfung der FernsprechgebührenOrdnung Stücklen, Bundesminister . . . 7302 B, D, 7303 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 7302 B, C Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 7302 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 7303 A Frage der Abg. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders: Kosten der Umstellung der Telefon- bücher Stücklen, Bundesminister . . . 7303 B, C Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . 7303 B, C Wahl eines Vertreters und eines Stellvertreters der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates 7303 C Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1961 (Haushaltsgesetz 1961) (Drucksache 2050) — Erste Beratung — Schoettle (SPD) . . . . . . . . 7303 D Dr. Vogel (CDU/CSU) 7312 B Lenz (Trossingen) (FDP) 7322 A Niederalt (CDU/CSU) 7328 A Heiland (SPD) . . . . . . . 7333 C Dr. Starke (FDP) 7337 C Dr. Conring (CDU/CSU) 7344 D Etzel, Bundesminister 7348 C Ritzel (SPD) . . . . . . . . 7353 C Kurlbaum (SPD) 7355 A Entwurf eines Gesetzes über eine Untersuchung der Konzentration in der Wirtschaft (Drucksache 1884) — Erste Beratung — Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 7355 C Schmücker (CDU/CSU) . . . . . 7356 B Dr. Atzenroth (FDP) 7357 C Kurlbaum (SPD) 7358 A Antrag betr. Strukturprogramm für die Zonenrandgebiete (SPD); Schriftlicher Bericht des Gesamtdeutschen Ausschusses (Drucksachen 479, 1417); in Verbindung mit Antrag betr. kulturelle Förderungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (SPD); Schriftlicher Bericht des Gesamtdeutschen Ausschusses (Drucksachen 588, 1418) Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . . 7360 C Höhmann (SPD) . . . . . . . . 7360 D Wacher (CDU/CSU) . . . . . . 7363 A Dr. Huys (CDU/CSU) . . . . . . 7367 A Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 7369 C Dr. Starke (FDP) . . . . . . . . 7370 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drittes Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksache 2044); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 2094) — Zweite und dritte Beratung — 7371 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Realkredits (Drucksache 1771); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache 2088) — Zweite und dritte Beratung — 7371 D Entwurf eines Gesetzes über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Drucksache 1808); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache 2089) — Zweite und dritte Beratung — . . 7372 A Entwurf eines Gesetzes über die einheitliche Ausbildung der Steuerbeamten (Steuerbeamtenausbildungsgesetz — StBAG) (Drucksache 2048) — Erste Beratung — Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7372 C Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7373 A Dr. Miessner (FDP) 7373 A Nächste Sitzung 7373 C Anlagen 7375 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den. 5. Oktober 1960 7297 127. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich. a) Beurlaubungen Bals 15. 10. Bauer (Wasserburg) 29. 10. Behrisch 7. 10. Frau Bennemann 7. 10. Dr. Birrenbach 5. 10. Dr. Böhm 22. 10. Börner 7. 10. Frau Brauksiepe 9. 10. Dr. Brecht 7. 10. Dr. Bucerius 7. 10. Demmelmeier 7. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 9. 10. Dowidat 5. 10. Draeger 9. 10. Eberhard 7. 10. Eilers (Oldenburg) 7. 10. Erler 7. 10. Fuchs 5. 10. Geiger (München) 7. 10. Gontrum 7. 10. Dr. Gradl 9. 10. Dr. Greve 7. 10. Frau Herklotz 9. 10. Dr. Hesberg 7. 10. Heye 9. 10. Hilbert 7. 10. Höcherl 9. 10. Dr. Höck (Salzgitter) 5. 10. Frau Dr. Hubert 7. 10. Huth 7. 10. Dr. Imle 5. 10. Jaksch 7. 10. Jürgensen 31. 10. Dr. Kempfler 9. 10. Dr. Königswarter 7. 10. Dr. Kopf 9. 10. Krammig 31. 10. Kraus 5. 10. Leber 5. 10. Lenz (Brühl) 5. 10. Lermer 15. 10. Majonica 9. 10. Meis 5. 10. Dr. Menzel 22. 10. Merten 9. 10. Müller-Hermann 5. 10. Pohle 31. 10. Dr. Preusker 7. 10. Reitzner 9. 10. Scheel 5. 10. Dr. Schild 7. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) 15. 10. Schmidt (Hamburg) 9. 10. Schneider (Bremerhaven) 9. 10. Schneider (Hamburg) 7. 10. Schultz 5. 10. Dr. Seffrin 7. 10. Dr. Serres 9. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht (C) Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Steinbiß 8. 10. Storch 5. 10. Struve 9. 10. Wegener 9. 10. Wienand 9. 10. Wilhelm 7. 10. Dr. Will 7. 10. Frau Wolff 10. 10 b) Urlaubsanträge Eberhard 15. 10. Goldhagen 20. 10. Maier (Freiburg) 31. 10. Dr. Ripken 10. 10. Dr. Stammberger 17. 10. Stenger 15. 11. Anlage 2 Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Realkredits (Drucksache 2088). Das vorliegende Gesetz hat den Zweck, gewisse Fristen im Bereich des Rechts der Hypothekenbanken, der Schiffspfandbriefbanken und der öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten zu verlängern, deren Ablauf am 31. Dezember 1960 bevorsteht. Durch das Gesetz über eine vorübergehende Erweiterung der Geschäfte der Hypotheken- und Schiffspfandbriefbanken vom 5. August 1950 (Bundesgesetzbl. I S. 353) ist es diesen Instituten zunächst bis zum 31. Dezember 1953 und nach zweimaliger Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 1960 gestattet worden, zusätzlich zu den nach dem Hypothekenbankgesetz und dem Schiffsbankgesetz erlaubten Geschäften sogenannte Globaldarlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau und (mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden) bei anderen Kapitalsammelstellen aufzunehmen, um auf diese Weise in weiterem Umfange Mittel für die Gewährung von hypothekarisch gesicherten Darlehen und Kommunaldarlehen beschaffen zu können. Weiterhin hat das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet des Realkredits vom 18. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 925) bis zu dem gleichen Zeitpunkt den Hypotheken- und Schiffsbanken sowie den öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten die Möglichkeit gegeben, in begrenztem Umfange Schuldverschreibungen auf der Grundlage einer Deckung durch gewisse Wertpapiere der öffentlichen Hand und durch Geld anstatt durch Hypotheken und Kommunaldarlehen auszugeben (sogenannte primäre Ersatzdeckung) sowie unter gewissen Voraussetzungen Geldbeträge, die als Ersatzdeckung dienen, bei Kreditinstituten anzulegen. Der Zweck dieser befristeten Maßnahmen bestand darin, durch Anpassung gewisser nicht mehr zeitgemäßer Regelungen des Hypotheken- und Schiffs- 7376 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1960 bankrechts an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse den Finanzierungsbedürfnissen insbesondere des Wohnungsbaus und Schiffsbaus Rechnung zu tragen, ohne jedoch hierbei der Entscheidung darüber vorzugreifen, wie diese Fragen bei der in Aussicht genommenen umfassenden Reform des Hypotheken- und Schiffsbankrechts endgültig geregelt werden sollen. Diese umfassende Reform kann erst durchgeführt werden, wenn die gesetzliche Neuregelung des Kreditwesens durch das neue Kreditwesengesetz vorliegt. Da sich die Erwartung, das neue Kreditwesengesetz könne noch vor dem 31. Dezember 1960 in Kraft gesetzt werden, voraussichtlich nicht erfüllen wird und die Gründe, die seinerzeit für den Erlaß der genannten Vorschriften maßgebend waren, fortbestehen, ist eine nochmalige Verlängerung der genannten Fristen um zwei Jahre, wie in der Regierungsvorlage vorgesehen, geboten. Die Regierungsvorlage sieht dagegen keine Verlängerung der durch die Gesetze vom 30. April 1954 und vom 18. Dezember 1956 getroffenen Regelung vor, durch die befristet bis zum 31. Dezember 1960 die sogenannte Umlaufgrenze der Hypotheken- und Schiffsbanken für die Ausgabe von Pfandbriefen allgemein erweitert worden ist. Für eine Verlängerung dieser Frist, die von den Verbänden des Kreditwesens gleichfalls erbeten wurde, besteht keine Veranlassung. Die Erweiterung der Umlaufgrenze, deren Höhe bei den einzelnen Instituten jeweils von der Höhe des Grundkapitals zuzüglich der Reserven abhängig ist, wurde seinerzeit mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse am Kapitalmarkt vorgenommen und hatte lediglich Übergangscharakter; eine Übernahme dieser Maßnahmen als endgültige Regelung stand niemals in Frage. Die Gründe für die getroffene Übergangsregelung sind nunmehr weggefallen, nachdem es den betroffenen Realkreditinstituten unter den heutigen Verhältnissen am Kapitalmarkt ohne weiteres möglich ist, eine zur Erhöhung der Umlaufgrenze des Instituts etwa erforderlich werdende Kapitalerhöhung unter zumutbaren Bedingungen vorzunehmen. Das Gesetz soll am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten. Der Wirtschaftsausschuß empfiehlt dem Deutschen Bundestag, dem Gesetz in der Fassung der Regierungsvorlage zuzustimmen. Der Ausschuß teilt dabei die Auffassung der Bundesregierung, daß das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf. Dr. Gerhard Fritz (Ludwigshafen) Anlage 3 Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (16. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Drucksache 1808). Das vorliegende Gesetz faßt Statistiken im Bereich der Eisen- und Stahlwirtschaft, Nichteisen-und Edelmnetallwirtschaft, Mineralölwirtschaft, Textilwirtschaft, Lederwirtschaft und Tabakwirtschaft zusammen, die bisher auf Grund von Rechtsverordnungen nach § 6 Abs. 2 ides Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke vom 3. September 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1314) durchgeführt wurden. Vier dieser Rechtsverordnungen verlieren ihre Gültigkeit mit Ablauf dies 30. September 1960. Da die unveränderte Fortführung dieser Statistiken aus wirtschaftspolitischen Gründen sich als unerläßlich erwiesen hat, entspricht es dem § 6 Abs. 1 des Statistikgesetzes, daß langfristig benötigte Bundesstatistiken durch Gesetz angeordnet werden. Das Gesetz soll mit Wirkung vom 1. Oktober 1960 in Kraft treten, um die Fortführung der genannten Statistiken zu sichern. Lediglich auf idem Gebiet der Mineralölwirtschaft wird wegen der gewachsenen wirtschaftspolitischen Bedeutung eine neue Rechtsgrundlage füreine Erhebung über die Vorratsbewegang zur Aufstellung einer Mineralölbilanz notwendig. Während das Gesetz über die Allgemeine Statistik in der Industrie und im Bauhauptgewerbe vom 15. Juli 1957 für die gesamte Industrie einheitliche Tatbestandsmerkmale festlegt, soll das vorliegende Gesetz darüber hinaus Vorgänge statistisch beleuchten, die sich aus der besonderen Lage der genannten Wirtschaftszweige mit ihrer engen rechtlichen und wirtschaftlichen internationalen Verflechtung ergeben. Dies gilt für die Eisen- und Stahlindustrie als Schlüsselindustrie, bei der statistische Unterlagen sowohl für die amtlichen Stellen der Bundesrepublik als auch für die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl über den üblichen Rahmen hinaus dringend benötigt werden. Über die einfuhrabhängige Nichteisenmetallwirtschaft muß das Bundesministerium für Wirtschaft kurzfristig und in spezifizierter Weise unterrichtet sein, um Marktstörungen rechtzeitig vermeiden zu können. Außerdem bestehen internationale Vereinbarungen über den Austausch entsprechender statistischer Unterlagen. Die Entwicklung des Mineralölmarktes in Verbindung mit der gesamten Energieversorgung macht es nötig, Verbrauchs- und Bestandszahlen zu ermitteln. Die Einfuhrabhängigkeit an Rohstoffen und die strukturellen Wandlungen der deutschen Textilwirtschaft erfordern, daß umfangreiches statistisches Material besonders für die internationalen Verhandlungen verfügbar ist. In gleicher Weise ist die ledererzeugende Industrie in großem Umfange von ihrer Rohstoffversorgung abhängig. Aus handelspolitischen Gründen müssen die amtlichen Stellen laufend unterrichtet sein. Der Bundesrat hat deshalb die Weiterführung einer monatlichen Meldung vorgeschlagen. In ihrer Stellungnahme stimmte die Bundesregierung dem Vorschlag zu. In § 6 Abs. i des vorliegenden Gesetzes soll daher das Wort „vierteljährlich" durch das Wort „monatlich" ersetzt werden. In Übereinstimmung mit der bisherigen Verordnung über die Durchführung einer Lederstatistik vom 24. Sep- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1960 7377 fernher 1957 (Bundesanzeiger Nr. 186 vom 27. September 1957) muß vor dem Wort „Absatz" das Wort „Erzeugung" wieder eingefügt werden, um eine monatliche Bilanz erstellen zu können. Der in der Bundesrepublik bearbeitete Rohtabak wind zu etwa 80 v. H. ans mehr als 35 Ländern eingeführt. Daher ist eine umfassende Unterrichtung über die Bestandsbewegung des Rohtabaks in sortenmäßiger Hinsicht bei der Tabakindustrie und dem Rohtabakhandel bei Abnahme und Unterstützungszusagen gegenüber Lieferländern von Wichtigkeit. In § 11 dieses Gesetzes ist einzufügen, daß die zwischenzeitlich erlassene Verordnung über die Durchführung einer Eisen- und Stahlstatistik vom 4 August 1960 (Bundesanzeiger Nr. 154 vom 12. August 1960) außer Kraft zu setzen ist. Namens dies Wirtschaftsausschusses bitte ich, dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Drucksache 1808 mit den vorgesehenen Änderungen die Zustimmung zu geben. Dr. Burgbacher Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Schröder auf die Mündliche Anfrage II — der Abgeordneten Frau Nadig — (Fragestunde der 127. Sitzung vom 5. 10. 1960, Drucksache 2085) : Ist die Bundesregierung bereit, nach den Erfahrungen, die mit der Einfuhr französischer Fleischkonserven und von Känguruhfleisch gemacht worden sind, jetzt Untersuchungsstellen für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln einzurichten? Die Einrichtung einer allgemeinen Einfuhruntersuchung für Lebensmittel ist bereits anläßlich der Beratung der Novelle zum Lebensmittelgesetz im Gesundheitsausschuß des Bundestages eingehend erörtert worden. Der Ausschuß gelangte damals zu der Auffassung, daß die Lebensmittelüberwachung z. Z. weder über die technischen noch personellen Möglichkeiten für eine allgemeine Importkontrolle verfügt. Die gleichen Schwierigkeiten bestehen auch heute noch. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, besteht eine Untersuchungspflicht bei der Einfuhr bestimmter Lebensmittel. Einschlägige Vorschriften finden sich z. B. im Fleischbeschaugesetz, im Weingesetz und in der Verordnung zum Schutze gegen Infektion durch Erreger der Salmonella-Gruppe in Eiprodukten. Auch Futtermittel tierischer Herkunft, die oftmals Salmonellen enthalten, werden bei der Einfuhr untersucht. Meinem Hause ist nicht bekannt, daß mit der Einfuhr französischer Fleischkonserven ungünstige Erfahrungen gemacht worden sind. Eine Untersuchungspflicht für Fleischkonserven wird jedoch in absehbarer Zeit allgemein angeordnet werden. Bei den gelegentlich in Känguruhfleisch nachzuweisenden Parasiten handelt es sich um Fadenwürmer, wie sie vereinzelt im Fleisch aller Tierarten vorkommen. Sie sind für den Menschen unschädlich. Die Einfuhren von Känguruhfleisch sind z. Z. stark rückläufig. Pressemitteilungen zufolge bemüht man sich in Australien um die Einrichtung einer Exportkontrolle.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein.
    Ich unterbreche die Sitzung his 15 Uhr.

    (Unterbrechung der Sitzung von 13.05 Uhr bis 15.01 Uhr.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Die Sitzung wird fortgesetzt mit der Beratung des Tagesordnungspunktes 3. Das Wort hat Herr Abgeordneter Heiland.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf-Ernst Heiland


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich mit der Frage der Gemeindefinanzen, die der Herr Bundesfinanzminister in seiner Rede behandelt hat, etwas näher auseinandersetzen. Ich glaube, daß der Herr Minister in dem — wenn auch sehr kurzen — Abschnitt seiner Darlegungen über die Gemeindefinanzen wesentliche Dinge, die die Gemeinde draußen heute interessieren, außer acht gelassen hat. Man muß einmal ein klein wenig Rückschau halten, Herr Minister.
    Das Wesentliche ist, daß die Kommunen damals bei der Schaffung des Grundgesetzes und der Bundesrepublik angesichts ihrer wirklichen Funktion zu kurz gekommen sind. Die Ausstattung der Gemeinden als dritter Säule in unserem staatlichen Leben ist bei der Schaffung des Grundgesetzes nicht genügend beachtet worden. Die Frage, ob die Verteilung der öffentlichen Finanzmassen auch den Gemeinden gegenüber gerecht erfolgt, kann man nicht so beurteilen, wie es jetzt in einer in Ihrem Ministerium erarbeiteten Unterlage geschieht, in der man nachweisen will, daß das, was Länder und Gemeinden in Deutschland mit den 48 % bekommen, viel höher sei als in zahlreichen anderen benachbarten Ländern. Ob die Gemeinden, die Länder und der Bund am öffentlichen Finanzabkommen gerecht beteiligt sind, kann man nur an einem messen, nämlich daran, wie die einzelnen Aufgaben auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt sind. Ich bin deswegen der Meinung, daß wir bei der Behandlung aller Fragen der Gemeindefinanzen uns erst einmal anschauen müssen, was wir bei der Aufteilung der Aufgaben den Gemeinden zugeteilt haben.
    Sie haben in Ihrer Rede darauf hingewiesen, daß im Jahre 1960 gegenüber 1956 die Ausgaben beim Bund um 41 %, die allgemeinen Deckungsmittel aber nur um 35 % gestiegen seien, bei den Ländern die Ausgaben um 39 % und die Deckungsmittel um 47 % und bei den Gemeinden die Ausgaben um 35 % und die Deckungsmittel um 50 %. Mit der Betonung dieses Gesichtspunktes allein, Herr Minister, schürft man nach meiner Meinung nicht tief genug. Man muß bei den Gemeindefinanzen berücksichtigen, daß die Gemeinden einen Teil ihrer Gewerbesteuer, die ihnen schon in früheren Jahren zustand, erst in diesen Jahren bekommen haben. Ihnen wird wie mir bekannt sein, daß erhebliche Zahlungen, die schon früher fällig waren, durch die späte Veranlagung erst jetzt geleistet wurden, so daß dies gar kein Vergleich ist.
    Wenn Sie sich die Einnahmen des ersten Vierteljahres — April bis Juni — des laufenden Haushaltsplans ansehen, dann stellen Sie fest, daß bei den Gemeindesteuern eine Steigerung von 10,6 % zu verzeichnen ist, bei den Einnahmen des Bundes eine solche von 14,8 % und bei den Einnahmen der Länder eine solche von 20,3 %. Das geht aus einem Bericht der Deutschen Bundesbank hervor, und ich glaube, wir werden beide seine Richtigkeit anerkennen.
    Worauf kommt es den Gemeinden denn jetzt wirklich an? Hier muß einmal etwas in aller Klarheit gesagt werden. Man redet heute in Deutschland soviel von der Selbstverwaltung. Bei vielen Ge-
    7334 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den, 5. Oktober 1960
    Heiland
    meinden besteht aber die Gefahr, daß ihre Selbstverwaltung an Wirksamkeit verliert, weil es ihnen an den notwendigen Finanzmitteln für die Ausübung der Selbstverwaltung fehlt.

    (Abg. Dr. Conring: Dann muß der Finanzausgleich zwischen dem Land und den Gemeinden verbessert werden!)

    — Das genügt nicht, Herr Conring. So billig können wir es nicht machen, daß wir die Behebung der Schwierigkeiten einer Regelung zwischen dem Land und den Gemeinden überlassen. Ich habe von dem öffentlichen Finanzaufkommen als Ganzes einerseits und den öffentlichen Aufgaben als Ganzes andererseits gesprochen und gesagt, daß die Verteilung des gesamten Finanzaufkommens der Verteilung der Aufgaben auf die öffentlichen Körperschaften der verschiedenen Ebenen entsprechen muß.

    (Zustimmung bei der SPD. — Abg. Dr. Conring: Das geht durch den Finanzausgleich!)

    — Das geht nicht durch den Finanzausgleich der Gemeinden, Herr Conring; ich werde Ihnen das an Hand von Zahlen darlegen.
    Eine der Zahlen, an denen man die finanzielle Belastung durch die zugewiesenen öffentlichen Aufgaben messen kann, ist die Neuverschuldung jeweils des Bundes, der Länder und der Gemeinden
    den zehn Jahren seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Neuverschuldung des Bundes beträgt ungefähr 1 Milliarde DM, die der Länder ungefähr 4 1/2 Milliarden DM und die der Gemeinden etwa 12 Milliarden DM.
    Wir kennen die Kritik an der Verwendung der Finanzmittel durch die Gemeinden. Dabei werden wenig ernsthafte, manchmal sogar leichtsinnige Argumente verwandt. So sucht man die Schuld für die gegenwärtige konjunkturelle Überhitzung allein den Gemeinden aufzubürden; die Gemeinden, so sagt man, ließen ein antizyklisches Verhalten vermissen und brächten in ihrer Eigenschaft als Baulastträger .die ganze Wirtschaft i;n Gefahr. — Demgegenüber darf ich Ihnen einige Zahlen nennen, die angeben, welche Anteile der von den Gemeinden ;aufgenommenen Darlehen für die verschiedenen Zwecke ausgegeben worden sind: Für den Straßenbau 25 %, für den Schulbau 20,9 %, für Kanalisation, Müllabfuhr, Feuerlöschwesen und Bäder 17,1 %, eigener Wohnungsbau für sozial Schwache aus Gemeindehaushalten 8,7 %, für Gesundheitspflege und Jugendsport 6,9 %, für wirtschaftliche Unternehmen 6,3 %. Erst danach kommt die immer wieder angegriffene Mittelverwendung für die allgemeine Verwaltung, die „großen Rathäuser": 3,2 %!

    (Hört! Hört! bei ,der SPD.)

    Ferner: Für Polizei, Wasserstraßen, Wirtschaftsförderung 2,9 %, für Trümmerbeseitigung 2,8 %, für Grundstückserwerb 2,6 %, für Fürsorgeeinrichtungen 1,9 %. Erst danach kommt an letzter Stelle der so gerne herausgestellte Bauaufwand für Theater und kulturelle Einrichtungen: 1,7 %!

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wenn die Wirtschaft überheizt ist, dann ist sie nicht von dorther überheizt.

    (Sehr richtig bei der SPD.)

    Dann sollte man endlich einmal auch den Investitionen im wirtschaftlichen Raum nachgehen, die nicht immer nur aus wirtschaftlichen Gründen, die sehr häufig zur Ausnutzung der Abschreibungsmöglichkeiten gemacht werden und nicht aus wirtschaftlicher Vernunft.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich möchte auch etwas über die Aufgaben der Gemeinden sagen. Es ist billig, sich immer wieder hinzustellen und zu sagen, die Gemeinden trieben einen zu großen Finanzaufwand.

    (Sehr richtig bei der SPD.)

    Heute morgen geht durch die Zeitungen, daß mittlerweile rund 25 % der Einwohner der Bundesrepublik Flüchtlinge sind. Das ist ein ernstes Problem, das uns in Bund, Ländern und Gemeinden beschäftigt. Aber wohnen müssen die 25 % der Bevölkerung das Bundesgebietes irgendwo in einer Gemeinde! Die Bevölkerung hat ,damit um insgesamt ein Drittel zugenommen. Für diese zusätzliche Bevölkerung müssen Wohnungen, Straßen, Schulen und alle öffentlichen Einrichtungen gebaut werden. Das hat ganz naturnotwendig einen öffentlichen Bauaufwand zur Folge. Da das Volumen der Wirtschaft, in diesem technischen Zeitalter — Gott sei Dank — stark gewachsen ist, muß man dann auch die öffentlichen Einrichtungen erstellen, um das Leben in der Gemeinde zu ermöglichen.
    Ich möchte noch einen Punkt herausgreifen. Der Schulbau in den Gemeinden ist heute immer noch im Rückstand. Es gibt in den sogenannten steuerstarken Städten — —

    (Abg. Dr. Conring: Und Landgemeinden!)

    — Sie können ruhig von Marl reden, Herr Conring.

    (Abg. Dr. Conring: Nein, ich meine die steuerstarken Landgemeinden!)

    — Darauf komme ich noch ganz besonders. Ich spreche jetzt einmal von den steuerstarken Städten. Es gibt steuerstarke Städte, die heute die Kriegsfolgelasten im Schulbau noch nicht überwunden haben und heute noch Schichtunterricht haben.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Weil sie zu üppig bauen! — Das ist traurig!)

    — Das ist gar nicht traurig. Das sollte ein Oberkreisdirektor, der die finanziellen Belastungen in den Gemeinden etwas besser kennen sollte, eigentlich nicht sagen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Daran sehen Sie nämlich, daß die Ausstattung der Gemeinden noch nicht gereicht hat. Sie haben nämlich ganz vergessen, daß die Gemeinden in dieser Zeit auch die Kriegsfolgelasten zu einem erheblichen Teil tragen mußten, deren Tragung nach der im Grundgesetz festgelegten Finanzstruktur eigentlich Aufgabe des Bundes ist.

    (Beifall bei der SPD.)




    Heiland
    Ich habe bewußt davon gesprochen, daß, obwohl die Finanzkraft der Gemeinden gewachsen ist, sie nicht allen ihren Aufgaben nachkommen konnten. Ich möchte mich jetzt den Landgemeinden zuwenden, den Tausenden und aber Tausenden Gemeinden, deren Steuerkraft nicht in dem Maße gestiegen ist,. weil eine ihrer wichtigsten Realsteuern, die Grundsteuer, eingefroren ist. Die Gemeinden nehmen deshalb in einem viel geringerem Maße an der Zunahme der Finanzmasse in den öffentlichen Haushalten teil. Aber das Problem der Strukturwandlung unseres Lebens, wodurch der Schulbau auch in den Dörfern heute auf ein anderes Niveau gehoben werden muß,

    (Abg. Conring: So ist es!)

    wenn wir weiter aus den Schulen der Wirtschaft die notwendigen ausgebildeten Kräfte zuführen wollen, sollte bei dieser Gelegenheit nicht übersehen werden. Ich bin also der Meinung, daß wir uns mit den Fragen der Gemeindefinanzen auf allen drei Ebenen sehr ernsthaft auseinandersetzen müssen. Ich bitte, dabei zu bedenken, daß bei dieser Verschuldung, die enorm ist und bei vielen Gemeinden schon an die Grenze herangekommen ist — bei einem Großteil der Gemeinden kann sie gar nicht an diese Grenze herankommen, weil die Gemeinden nicht einmal die finanzielle Kraft haben, die aus den aufgenommenen Schulden entstehenden Zins- und Amortisationsbelastungen aus dem ordentlichen Haushalt zu tragen —, gerade die schwächsten Gemeinden am schlechtesten wegkommen.
    Sehen wir uns jetzt noch einmal an Hand der Statistik an, wie z. B. die Landschaftsverbände — ich spreche vom westfälischen Raum —, die Landkreisverwaltungen oder die Ämter ihre Mittel ausgegeben haben. Bei den Landschaftsverbänden wurden 32 % für das Gesundheitswesen, 12 % für das Fürsorgewesen und 21 % für die Elektrizitätsversorgung ausgegeben; bei den Landkreisverwaltungen 13 % für den Schulbau, 11 % für das Gesundheitswesen, 10 % für die allgemeine Verwaltung, 9 % für Grundvermögen ohne Wohngrundstücke, 16 % für Elektrizitätsversorgung und 8 % für die Wasserversorgung. Und so sieht es auch bei den Ämtern aus.
    Die Gemeinden müssen also — das ist das Problem — strukturell mit den erforderlichen Finanzmitteln versehen werden. Wir haben hier vor Jahren um den Grundgesetzartikel 106 gekämpft, um den Gemeinden eine eigene finanzielle Basis als Organ zu geben. Das kann nur den Sinn gehabt haben, die Gemeinden auch faktisch mit diesen Mitteln auszustatten; denn nur dann können sie die dritte Säule in unserem staatlichen Aufbau sein. Wir haben den Eindruck, daß dies heute bei vielen Gemeinden nicht mehr der Fall ist.
    Der Herr Minister hat in seiner Rede auch noch Steuersenkungen auf der Gemeindeebene angekündigt. Ich möchte in diesem Zusammenhang einige Zahlen nennen, die sich auf den Anteil von Bund, Ländern und Gemeinden am Steueraufkommen und am reinen Finanzbedarf des Jahres 1958 beziehen. Der Anteil des Bundes am Steueraufkommen des Jahres 1958 betrug 55,8 %, während der Anteil am reinen Finanzbedarf beim Bund 50,4 % betrug. Der Anteil der Länder am Steueraufkommen des Jahres 1958 betrug 29,1 %, während ihr Anteil am Finanzbedarf sich auf 28,3 % belief. Bei den Gemeinden klafft die Schere viel weiter: 15,1 % Anteil am Gesamtaufkommen und 21,3 % Anteil am Finanzbedarf. An diesen Zahlen können Sie ermessen, ob man das Steueraufkommen richtig oder falsch verteilt. Ich bin der Meinung, der Bund muß sich noch etwas einfallen lassen, um das Finanzaufkommen der Gemeinden in das richtige Verhältnis zu ihrem Finanzbedarf zu bringen.
    Es ist nicht so, daß das den Bund nichts anginge. Dem Bund steht auf diesem Gebiet zum Teil die Gesetzgebungsbefugnis zu. Im Jahre 1956/57 haben wir es erlebt, daß die Gewerbesteuersenkung die Gemeinden Geld kostete, während sie Bund und Ländern zum Teil wieder Geld einbrachte; denn das Einkommen von Bund und Ländern wurde, da die Gewerbesteuer bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer abzugsfähig ist, neuerdings erhöht. Mit dieser Frage müssen wir uns, glaube ich, auseinandersetzen.
    In den letzten Tagen ist von Herrn Minister Erhard gegenüber den Gemeinden ein böses Wort gesprochen worden. Er hat von den Gemeinden oder den Kommunen gesprochen, die nur die Oberkellner des Bundes seien und das servierten, was der Bund gekocht habe. Ich hoffe, daß die Herren Oberbürgermeister in der CDU/CSU-Fraktion das genauso ernst aufgenommen haben wie ich.

    (Abg. Dr. Vogel: Natürlich! Die Gemeindewahlen stehen ja vor der Tür!)

    — Deswegen ist es auch gesagt worden, Herr Dr. Vogel. Aber dadurch wird es nicht besser.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Woraus zitieren Sie das?)

    — Das zitiere ich aus der KAB-Tagung hier im Hause, auf der Herr Erhard gesprochen hat.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Die Protokolle liegen ja noch gar nicht vor! Aus Ihren sozialistischen Zeitungen zitieren Sie wahrscheinlich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Herr Stoltenberg, ich habe darin, nicht korrekt zu sein, bei Ihnen höchstens einiges zu lernen.

    (Abg. Dr. Vogel: Schöne Redensart!)

    — Herr Vogel, die haben Sie mir bis heute nicht vorwerfen können; wir sitzen zu lange im Haushaltsausschuß zusammen, als daß Sie mir eine bewußte Unkorrektheit oder irgend etwas unterstellen könnten.
    Lassen Sie mich dazu ruhig noch einiges sagen. Es ist eine Überheblichkeit, die Leistungen des deutschen Volkes zur Erreichung der wirtschaftlichen Veränderungen seit 1948 sich allein anzurechnen. Sie haben das in Ihrer heutigen Rede beachtlicherweise nicht getan, Sie haben vielmehr das Gegenteil unterstrichen. Ich möchte dem, was Sie gesagt haben, in aller Deutlichkeit zustimmen. Wir sollten in Deutschland eines begreifen lernen: Daß wir uns aus dem Tiefpunkt der wirtschaftlichen



    Heiland
    Zerschlagenheit nach dem Experiment des zweiten Weltkrieges haben erholen können, verdanken wir in erster Linie nicht unserer eigenen Leistung, sondern der Wirtschaftshilfe der Amerikaner. Wenn es diese Bluttransfusion in unserer Wirtschaft nicht gegeben hätte, hätten wir Millionen Tote durch Verhungern gehabt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das erkennt jeder ,an!)

    — Ich wollte jetzt folgerichtig weitergehen. Dann hat es einen zweiten ungeheuren Faktor gegeben: daß nämlich zunächst einmal auf der Gemeindeebene wieder staatliche Ordnung versucht wurde und daß wiederaufgebaut wurde, als es noch kein Land und keinen Bund geben konnte.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Dann gab es ein Drittes, was man nicht unterschlagen sollte: die Bereitschaft des ,deutschen Arbeitens, seine Wirtschaftswerkzeuge wieder in Ordnung zu bringen' ohne Rücksicht darauf, ob der Lohn nur eine Scheibe trocken Brot war.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn wir heute einen wirtschaftlichen Status erreicht haben, wie er zweifelsohne vor zehn Jahren . von keinem von uns, auch nicht von Ihnen, erwartet wurde, sind es viele Komponenten, die zusammengekommen sind; eine der wesentlichsten ist der ungeheure Fleiß des deutschen schaffenden Menschen.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU: Und einer guten Politik!)

    Ein weiterer Faktor dafür, daß die Betriebe in Ordnung kommen konnten, war, daß es in Deutschland eine große Zahl fähiger Komunalpolitiker gab, die die kommunalen Einrichtungen in Ordnung brachten, damit auch die wirtschaftlichen Einrichtungen funktionieren konnten. Ich halte ein solches Wort einfach für böswillig und lauch für so überheblich, wie man es, wenn man Wirtschaftsminister dieses Landes ist — sein Fleiß soll gar nicht bestritten werden —, eigentlich nicht nötig haben sollte. Man sollte es nicht nötig haben, auf ein solch tiefes Niveau herabzusteigen.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Seit wann spielt der Staat keine Rolle in der sozialistischen Gesellschaftsbetrachtung, Herr Heiland?)

    — Wenn ich Vorsitzender der Jungen Union der CDU wäre,

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Das hat damit nichts zu tun, Herr Heiland!)

    würde ich auch versuchen, bei diesen Betrachtungen jetzt mit einem solch billigen Einwurf dazwischenzukommen.

    (Zuruf: Ist der so billig? — Weitere Zurufe.)

    Meine Damen und Herren, die Gemeinden benötigen ein ausreichendes Gemeindesteuersystem und einen ausreichenden kommunalen Finanzausgleich.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Man kann nicht richtig diskutieren, wenn Sie das Niveau anschlagen, Herr Heiland!)

    — Das ist doch nicht neu bei Ihnen, Herr Stoltenberg. Wir kennen uns doch schon aus ,dem Haushaltsausschuß. Ich weiß, daß Sie sich manchmal Mühe geben müssen, sachlich zu bleiben. Aber mit zunehmendem Alter wird sich das auch bei Ihnen einstellen.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Nein, ich bin nur der Meinung, er ist noch bildungsfähig; ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Angesichts der in den Gemeinden durch Kriegs-und Nachkriegswirkungen sowie eine ausgesprochene Daseinsvorsorge ständig wachsenden Flut von kommunalen Aufgaben und im Hinblick auf die Steigerung der Gehälter und Löhne, der Sozialleistungen sowie ,der Preise und Entgelte für dein Sachbedarf muß man das gegenwärtige Gemeindesteuersystem als unzulänglich empfinden.
    Meine Damen und Herren, jetzt möchte ich mich noch einem anderen Thema in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers zuwenden. Er sprach davon, daß die Gewerbesteuer höchstwahrscheinlich noch in diesem Jahr einer gesetzlichen Revision unterzogen würde. Von der Gemeindeebene aus möchte ich sagen, daß wir zu einer Diskussion über die Gewerbesteuer, deren Entwicklung letztlich keinen befriedigt, absolut bereit sind. Eine Kürzung dieser Realsteuer der Gemeinden ist nur möglich — da bei dem augenblicklichen Stand mit jeder Kürzung vielen Gemeinden die Existenzgrundlage entzogen würde —, wenn vorher geklärt und beschlossen ist, was bei Verlust dieser Finanzmasse an anderer Stelle gewährt wird.
    Ich könnte Ihnen — da man diese Kürzung der Gewerbesteuer als Mittelstandshilfe offeriert — ein schneller wirksames Mittel als Hilfe für den Mittelstand anbieten: Sie brauchen nur das Kindergeldsystem in der Art und Weise umzustellen, wie wir es Ihnen seit langem vorschlagen, indem Sie nicht mehr das Beitragssystem verwenden, das jetzt den Mittelstand nicht nur finanziell, sondern auch verwaltungsmäßig in einmaliger Weise belastet. Wenn Sie diese Beiträge auf den Haushalt übernehmen — was viel vernünftiger wäre —, hätten Sie sofort die Lösung dieser Frage der Mittelstandshilfe.
    Ich darf bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen: Selbst wenn Sie den Gewerbesteuerfreibetrag auf nur 3600 DM erhöhen, bedeutet das, daß den Gemeinden eine Finanzmasse von 300 Millionen DM verlorengeht. Das bedeutet aber nicht, daß diese Finanzmasse den Gemeinden gleichmäßig in Höhe von 10 % der bisherigen Einnahmen verlorengeht, sondern es bedeutet, daß die Finanzmasse den kleinen Gemeinden mit kleinen Betrieben in einer Höhe von zum Teil bis zu 90 % verlorengeht. In einigen Gemeinden, die nur ganz große Betriebe haben, spürt man die Erhöhung des Freibetrags vielleicht gar nicht.
    Es wird aber weiter daran gedacht, den Gewerbesteuerfreibetrag sogar auf 7200 DM zu erhöhen. Das würde bei den heute geltenden Staffelungsbeträgen — einmal den ungünstigsten Fall angenommen —



    Heiland
    bedeuten, daß dann ein Ausfall von 900 Millionen bis 1,7 Milliarden eintreten würde. So groß ist die Differenz, wenn Sie den ungünstigsten Fall bei allen heute geltenden Staffelungsbeträgen annehmen. Das können die Gemeinden einfach nicht ertragen, selbst große Gemeinden nicht. Sogar bei großen Gemeinden würde die Gewerbesteuer dadurch um 10 % und darüber eingeschränkt werden. Wenn die Gemeindeautonomie, wenn die Gewerbesteuergarantie einen Sinn haben soll, dann müßten sie doch auch den Sinn haben, daß sie der Bundesgesetzgeber nicht nur als Organ, als Steuer garantiert, sondern er müßte diese Garantie doch eigentlich auch in dem materiellen Aufkommen effektiv machen. Wenn Sie über die Steuergesetzgebung die Gewerbesteuer, also die Realsteuergarantie aushöhlen und bei gewissen Gemeinden gar keine Realsteuer mehr anfallen lassen, dann ist die Realsteuergarantie in Art. 106 faktisch für einen Teil der Gemeinden nicht mehr wirksam, und es könnte sogar ein Verfassungsproblem daraus entstehen.
    Damit möchte ich schließen. Zusammenfassend möchte ich sagen: Was heute auf den Gemeinden als Aufgaben lastet, ist trotz der vollbrachten enormen Leistung noch ungeheuer. Allein der Schulbau stellt heute schon bei der achtklassigen Volksschule noch so viele ungelöste Probleme, und wir alle sind der Meinung, daß die neun- und zehnklassige Volksschule kommen muß. Ich verrate aber auch wohl kein Geheimnis, wenn ich feststelle, daß durch die weitgehende Technisierung unseres Lebens bis aufs Land — Gott sei Dank bis aufs Land — auch die ländlichen Gemeinden vor sehr schwierige Aufgaben — z. B. Wasserversorgung, Abwässerbeseitigung, Straßenbau — gestellt werden. Denn in dem Moment, wo man den Traktor und das Auto aufs Dorf bringt, kommt man mit dem alten Feldwegebau nicht mehr zurecht, und für diese Aufgaben muß man Geld zur Verfügung haben.
    Denken Sie daran, daß wir uns in diesem Jahrhundert wohl zwei Kriege geleistet haben — ich will hier nicht die Schuldfrage aufwerfen, sondern das ist einfach eine faktische Feststellung —, daß es uns aber in 50 Jahren nicht gelungen ist und erst nach dem Kriege möglich war, neue Krankenhäuser zu bauen — wir sind auf diesem Gebiet ein unterentwickeltes Land —;

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    denken Sie weiter daran, daß wir den Menschen infolge der veralteten Krankenhäuser nicht den Fortschritt der Medizin nutzbar machen können, daß immer noch der Krankenhaussaal mit seinen seelischen Belastungen vorherrscht und daß auf zahlreichen Gebieten, die erst viel später von dem zivilisatorischen Rhythmus der Welt erfaßt worden sind, weit größere Fortschritte zu verzeichnen sind. Es bleiben eben den Gemeinden so viele ungetane Aufgaben, daß man ihnen auch die Möglichkeit geben muß, die Vorhaben zu finanzieren, damit sie als selbständiges Organ in dem Dreiklang von Bund, Land und Gemeinden ihre Aufgaben erfüllen.
    Ich darf daran erinnern, daß der Grundsteuerausfall, der bei den Gemeinden allein durch die beiden
    Wohnungsbaugesetze in den zehn Jahren eingetreten ist, vier Milliarden DM beträgt.
    Von den festgefrorenen Grundsteuern habe ich bewußt nicht eingehend gesprochen. Wir werden uns mit diesem Problem höchstwahrscheinlich eines schönen Tages doch intensiv beschäftigen müssen. Eine Reduzierung der Gewerbesteuer — die Absicht war vielleicht Ihrer Rede zu entnehmen, Herr Bundesfinanzminister — ist deshalb für die Gemeinden einfach nicht tragbar, wenn man ihnen für den Verlust der Finanzmasse keinen Ersatz zur Verfügung stellt.
    Eins sollte man dort, wo man hohe Politik treibt, wirklich spüren: Wenn der Versuch, eine Demokratie in Deutschland aufzubauen, gelingen soll — ich spreche bewußt von einem Versuch, denn das kann in zehn Jahren nicht gelingen —, brauchen wir selbständig funktionierende Gemeinden, die auch in der finanziellen Ausstattung autonom sind. Den freien Staatsbürger werden Sie ohne freie Gemeinden nicht haben.

    (Beifall bei der SPD.)