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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 124. Sitzung Bonn, den 28. September 1960 Inhalt: Nachruf auf die Abg. Dr. Becker, Jahn und Rasch 7159 A Die Abg. Rodiek, Freiherr von Kühlmann-Stumm und Altvater treten in den Bundestag ein 7159 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. von Haniel-Niethammer, Brand, Frau Welter, Heye, Dr. Steinmetz, Felder, Dr. Königswarter, Dr. Burgbacher, Keller und Dr. Atzenroth . . . . . . . . 7160 A Begrüßung einer Delegation des Irischen Parlaments 7173 B Übertritt der Abg. Frau Kalinke, Dr. von Merkatz, Dr. Preiß, Dr. Preusker, Probst (Freiburg), Dr. Ripken, Dr.-Ing. Seebohm, Dr. Schild und Dr. Steinmetz von der Fraktion der Deutschen Partei zur Fraktion der CDU/CSU 7173 C Konstituierung der Gruppe Deutsche Partei 7173 C Wahl des Abg. Dr. Dehler zum Vizepräsidenten Dr. Mende (FDP) . . . . . . . 7174 A Begrüßung einer Delegation des Parlaments von Ghana . . . . . . . . . . . 7180 A Fragestunde (Drucksachen 2077, zu 2077) Frage des Abg. Dr. Arndt: Unterbringung des Bundesverfassungsgerichts Dr.-Ing. Balke, Bundesminister . . 7162 B Frage des Abg. Ritzel: Steuerverpflichtungen deutscher Benzingesellschaften Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7162 D, 7163 A, B Ritzel (SPD) . . . . . . . . 7163 A, B Frage des Abg. Dr. Fritz (Ludwigshafen) : Zollbescheide für Mineralöl Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7163 B Frage des Abg. Dr. Fritz (Ludwigshafen) : Beförderungsmöglichkeiten im mittleren Dienst der Zollverwaltung Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7163 C, 7164 A, B Brück (CDU/CSU) . . . . . . . 7164 A Lulay (CDU/CSU) . . . . . . . 7164 B Frage des Abg. Dr. Kohut: Zahl der Beamten und Angestellten der Arbeitsämter Blank, Bundesminister 7164 C, D, 7165 A Dr. Kohut (FDP) . . . . 7164 D, 7165 A Frage des Abg Dr. Arndt: Rechtsansprüche der Witwe des Generalmajors Hellmuth Stieff Blank, Bundesminister . . . . 7165 B Dr. Arndt (SPD) 7165 B Frage des Abg. Kalbitzer: Geldbuße wegen Herausschmuggelung eines Fremdenlegionärs Dr. Seiermann, Staatssekretär . 7165 C, D, 7166 A Kalbitzer (SPD) . . . . 7165 D, 7166 A Frage des Abg. Hackethal: Bundesbahnstrecken in den Zonenrandgebieten Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 7166 B, C Ritzel (SPD) 7166 C Frage des Abg. Baur (Augsburg) : Auflösung einer Schiffswerft am Bodensee Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 7166 C Frage des Abg. Kreitmeyer: Verwendung von vorfabrizierten Häusern im Wohnungsbau für Bundesbedienstete Lücke, Bundesminister 7166 D, 7167 B, C Kreitmeyer (FDP) . . . . . . 7167 A, B Frage des Abg Dr. Brecht: Rechtsverordnung über die Berechnung der Mietbeihilfen Lücke, Bundesminister . . . . 7167 C, D, 7168 A, B, C Dr. Brecht (SPD). . 7167 D, 7168 A Wittrock (SPD) . . . . . . . 7168 B, C Frage des Abg. Dr. Brecht: Kosten der „Wohnfibeln" Lücke, Bundesminister . . . . 7168 C, D, 3169 A, B, C, D, 7170 A Dr. Brecht (SPD) . . . . . . . . 7168 D Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 7169 A Seuffert (SPD) . . . . . . . . 7169 B Wittrock (SPD) . . . . . . . . 7169 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7169 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7169 D Neumann (SPD) . . . . 7169 D, 7170 A Dr. Czaja (CDU/CSU) 7170 A Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Unterbringung der Deutschen Botschaft in Wien 7170 A Fragen des Abg. Seuffert: Gaskammer im KZ Dachau Dr. Carstens, Staatssekretär 7170 B, C, D, 7171 A, B, C, D Seuffert (SPD) . . . . 7170 D, 7171 A Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 7171 A von Lindeiner-Wildau (CDU/CSU) . 7171 B Graf Adelmann (CDU/CSU) . . . . 7171 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 7171 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Amtspflichtverletzungen von Notaren Schäffer, Bundesminister . . . . 7171 D Frage des Abg. Müller-Hermann: Reform des Verkehrsstrafrechts Schäffer, Bundesminister . . . . . 7172 A Frage des Abg. Neumann: Strafverfahren gegen Staatssekretär Klopfer Schäffer, Bundesminister . . 7172 B, C, D Neumann (SPD) 7172 B, C Jahn (Marburg) (SPD) 7172 C Frage des Abg Jahn (Marburg) : Doppelte Akten bei Untersuchungshaft Schäffer, Bundesminister . 7172 D, 7173 B Jahn (Marburg) (SPD) 7173 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7173 B Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 1800) — Erste Beratung —; in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 III Entwurf eines Notdienstgesetzes (Drucksache 1806) — Erste Beratung — und Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesleistungsgesetzes (Drucksache 2045) — Erste Beratung — Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7174 D, 7185B, 7215 C Dr. Schäfer (SPD) . . . 7180 A, 7223 B Dr. Kanka (CDU/CSU) . . 7185 D, 7224 A Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 7190 D Dr. Arndt (SPD) . . . . 7194 A, 7222 B Dr, Werber (CDU/CSU) 7198 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 7203 B Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . 7209 B Frau Schanzenbach (SPD) . . . 7210 D Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU) 7212 B Jahn (Marburg) (SPD) 7224 B Rasner (CDU/CSU) 7225 A Erler (SPD) 7225 C Dr. Jaeger (CDU/CSU) 7226 D Entwurf eines Gesetzes zur Einfügung eines Artikels über die Luftverkehrsverwaltung in das Grundgesetz (Drucksache 1534) ; Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 1961) — Zweite und dritte Beratung — Wittrock (SPD) 7214 C Entwurf eines Gesetzes über die Entschwefelung flüssiger und gasförmiger Brennstoffe (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal], Bading, Margulies, Dr. Schild, Geiger [München] u. Gen.) (Drucksache 1980) — Erste Beratung — 7227 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes (Drucksache 1910) — Erste Beratung — . . . . . 7227 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und des Gerichtskostengesetzes (Drucksache 1892) — Erste Beratung — 7228 A Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebenengesetzes (SPD) (Drucksache 1974) — Erste Beratung — . . . . . . . . 7228 B Entwurf eines Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei Menschen (Bundes-Seuchengesetz) (Drucksache 1888) — Erste Beratung — 7228 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes (Abg. Dr. Jaeger, Merten, Lenze [Attendorn], Matzner u. Gen.) (Drucksache 1990) — Erste Beratung — 7228 B Entwurf eines Gesetzes zu der Erklärung vom 29. Mai 1959 über den vorläufigen Beitritt Israels zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache 1993) — Erste Beratung — 7228 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Neunten Protokoll vom 22. November 1958 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Finnland) (Drucksache 1994) — Erste Beratung — 7228 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drittes Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksache 2044) — Erste Beratung — 7228 D Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts (Drucksache 2052) — Erste Beratung — . . . . . 7228 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. März 1960 mit der Französischen Republik über den Schutz von Herkunftsangaben usw. (Drucksache 2061) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . 7228 D Entwurf eines Gesetzes über Zuständigkeiten in der Luftverkehrsverwaltung (Drucksache 1535) ; Berichte des Haushaltsausschusses und des Verkehrsausschusses (Drucksachen 2075, 2002) — Zweite und dritte Beratung - . . . . . . . 7229 A Antrag betr. Rüdesheimer Verkehrsproblem (Abg. Arndgen, Mischnick, Wittrock, Schmitt-Vockenhausen, Müller-Hermann, Dr. Willeke u. Gen.) (Drucksache 1985) 7229 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1958 (Drucksache 1922) . 7229 C Entwurf einer Vierundzwanzigsten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Wälzlagerstahl usw.) (Drucksache 2025) 7229 D IV Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung eines bundeseigenen Teilgrundstücks des ehemaligen Heeresverpflegungsamtes in Frankfurt (Main) (Drucksache 2013) 7229 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft der ehem. Walterwerke, Ahrensburg in Holstein (Drucksache 2033) 7229 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des ehem. Luftwaffenübungsplatzes Ahrbrück (Drucksache 2036) 7230 A Nächste Sitzung 7230 C Anlagen........... 7231 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 7159 124. Sitzung Bonn, den 28. September 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 28. 9. Altmaier * 30. 9. Dr. Atzenroth 28. 9. Balkenhol 30. 9. Bauer (Würzburg) * 30. 9. Frau Bennemann 30. 9. Berger 28. 9. Berkhan 30. 9. Birkelbach 30. 9. Fürst von Bismarck * 30. 9. Blachstein * 30. 9. Corterier * 30. 9. Dr. Dahlgrün 30. 9. Dr. Dollinger 28. 9. Dowidat 30. 9. Enk 30. 9. Dr. Friedensburg 30. 9. Dr. Furler * 30. 9. Gerns,* 30. 9. Dr. Gossel 28. 9. Haage 30. 9. Hackethal 28. 9. Hahn 30. 9. Dr. Harm * 30. 9. Dr. Hesberg 30. 9. Höfler * 30. 9. Frau Dr. Hubert * 30. 9. Hübner 28. 9. Jacobs * 30. 9. Keller 30. 9. Dr. Kliesing (Honnef) * 30. 9. Kriedemann 28. 9. Kühn (Bonn) 28. 9. Kühn (Köln) * 30. 9. Lücker (München) 30. 9. Maier (Freiburg) 30. 9. Maucher 28. 9. Frau Dr. Maxsein * 30. 9. Dr. Mende * 30. 9. Dr. Meyer (Frankfurt) * 30. 9. Paul * 30. 9. Peters 30. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Dr. Preusker 30. 9. Frau Dr. Rehling * 30. 9. Frau Renger * 30. 9. Rimmelspacher 28. 9. Ruhnke 30. 9. Schröder (Osterode) 30. 9. Schultz 30. 9. Schütz (München) * 30. 9. Seidl (Dorfen) * 30. 9. Dr. Serres * 30. 9. Dr. Toussaint 28. 9. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Wacher 28. 9. Wagner 30. 9. Dr. Wahl * 30. 9. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) * 30. 9. Wehner 28. 9. Werner 28. 9. Wilhelm 28. 9. Dr. Zimmer * 30. 9. Zoglmann 30. 9. Zühlke 30. 9. b) Urlaubsanträge Bals 15. 10. Bauer (Wasserburg) 29. 10. Dr. Böhm 22. 10. Frau Brauksiepe 9. 10. Demmelmeier 7. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 9. 10. Draeger 9. 10. Dr. Gradl 9. 10. Frau Herklotz 9. 10. Heye 9. 10. Höcherl 9. 10. Jürgensen 31. 10. Dr. Kempfler 9. 10. Dr. Kopf 9. 10. Krammig 31. 10. Lermer 15. 10. Majonica 9. 10. Dr. Menzel 22. 10. Merten 9. 10. Pohle 31. 10. Reitzner 9. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) 15. 10. Schmidt (Hamburg) 9. 10. Schneider (Bremerhaven) 9. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 4. 10. Struve 9. 10. Wienand 9. 10. Frau Wolff 10. 10. Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn a. Rh., 1. Juli 1960 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Bundeskanzleramt Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 221. Sitzung am 1. Juli 1960 beschlossen * für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates. 7232 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 hat, hinsichtlich des vom Deutschen Bundestag am 24. Juni 1960 verabschiedeten Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1960 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1960) einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen. Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließung gefaßt: „Der Verzicht des Bundesrates auf eine Antragstellung gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes beinhaltet keine Anerkennung der Richtigkeit des Ausweises der Rücklage der Kreditanstalt für Wiederaufbau ,aus Mitteln des ERP-Sondervermögens', wie sie in der als Anlage beigefügten Zusammenstellung der Vermögenswerte und Verpflichtungen des ERP-Sondervermögens per 31. März 1959 (Aktiva C ,Sonstige Forderungen', Ziffer 4, ,gegen die Kreditanstalt für Wiederaufbau — Sondereinlage —) enthalten ist." Dr. Röder Bonn, den 1. Juli 1960 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Bundeshaus Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 24. Juni 1960 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers des Innern auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Pusch, betreffend Rückgabe der in Westdeutschland lagernden Bücher der ehemals Preußischen Staatsbibliothek an Berlin (Fragestunde der 121. Sitzung vom 29. Juni 1960, Drucksache 1957) : Auf den Zeitpunkt der Rückführung der zur Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" gehörigen Kulturgüter nach Berlin hat die Bundesregierung keinen Einfluß. Die Entscheidung trifft der Stiftungsrat. Ich habe in der letzten Fragestunde über den Stand der Bund-Länder-Verhandlungen über das Inkrafttreten der Satzung für die Stiftung berichtet. In Vertretung: Dr. Anders Anlage 4 Schriftliche Begründung der Abgeordneten Frau Korspeter zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 1974). Meine Fraktion legt dem Hause den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Regelung des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes vor, in dem die Bestimmungen über die Anerkennung der aus der SBZ geflüchteten Deutschen als Sowjetzonenflüchtlinge festgelegt sind. Während im Bundesvertriebenengesetz allen Vertriebenen ein eindeutiger Status gegeben wurde, nach dem jeder, der die Vertreibungsgebiete verlassen muß, auch als Vertriebener anerkannt wird und Rechte und Vergünstigungen als Vertriebener in Anspruch nehmen kann, ging man bei den Deutschen, die aus der Zone in die Bundesrepublik flüchteten, im Gegensatz zu dem allgemeinen Vertriebenen-Schicksal vom Einzel-Schicksal aus. Diese Betrachtungsweise führte dazu, daß die Fluchtgründe für die Anerkennung als SBZ-Flüchtling maßgeblich wurden und daß diese Fluchtgründe einer Bewertung unterzogen wurden. Im § 3 des Bundesvertriebenengesetzes wird daher bestimmt, daß nur solche Deutschen als SBZ-Flüchtlinge anzuerkennen sind, die aus der Zone flüchten mußten, „um sich einer von ihnen nicht zu vertretenden und durch die politischen Verhältnisse bedingten besonderen Zwangslage zu entziehen", mit der Ergänzung durch die Novelle zum Bundesvertriebenengesetz vom 18. 8. 1957, daß „eine besondere Zwangslage auch bei einem schweren Gewissenskonflikt gegeben ist." Nach dieser Begriffsbestimmung gelten nur die Deutschen aus der Zone als SBZ-Flüchtlinge in eigentlichen Sinne, die die Anerkennung nach § 3 des Bundesvertriebenengesetzes erhalten, und nur sie können Rechte und Vergünstigungen aus der Flüchtlingsgesetzgebung in Anspruch nehmen. Dabei war die Absicht unverkennbar, nur einen relativ eng begrenzten Personenkreis als SBZ-Flüchtlinge im engeren Sinne anzuerkennen und ihnen die Vergünstigungen, die sich aus der Flüchtlingsgesetzgebung ergeben, zuzugestehen. Jedenfalls sind von den rund 4 Millionen Deutschen, davon 21/2 Millionen seit 1950, die aus der Zone in die Bundesrepublik gekommen sind, nur rund 560 000 anerkannte SBZ-Flüchtlinge. Schon bei den Beratungen des Bundesvertriebenengesetzes waren diese Bestimmungen umstritten und konnten nicht befriedigen. Sehr bald nach Erlaß des Bundesvertriebenengesetzes zeigte sich, daß man mit diesen gesetzlichen Regelungen den tatsächlichen Gegebenheiten der seit Kriegsende ununterbrochenen Flucht aus der SBZ in keiner Weise Rechnung tragen konnte. Darüber hinaus hat die Fassung der gesetzlichen Bestimmungen, die eine Anzahl unbestimmter Rechtsbegriffe enthält — wie die Begriffe „nicht zu vertreten", „durch die politischen Verhältnisse bedingt", „besondere Zwangslage" —, dazu geführt, daß die über die Anerkennung als Sowjetzonenflüchtlinge entscheidenden Verwaltungsbehörden vielfach überfordert wurden und demzufolge Entscheidungen treffen mußten, die häufig weder der Entwicklung der Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 7233 politischen Verhältnisse in der SBZ noch den persönlichen Schicksalen des einzelnen ausreichend gerecht werden. Auch die Rechtsprechung zum § 3 ist in den vergangenen Jahren einen Weg gegangen, der dieser Entwicklung nicht immer Rechnung trug und der häufig mit der Absicht des Gesetzgebers kaum noch im Einklang zu sein scheint. Einige Auszüge aus neueren und neuesten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts machen es deutlich. Dort heißt es z. B.: „Der Sowjetzonenflüchtling hat in der Regel die besondere Zwangslage zu vertreten, die für ihn durch einen bewußten Verstoß gegen wirtschaftslenkende Vorschriften entstanden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Vorschriften etwa wegen der Art ihres Zustandekommens oder ihrer Anwendung oder ihrer wirtschaftspolitischen Zielsetzung rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht entsprechen." „Für die Entscheidung der Frage, ob die Folgen eines solchen Verstoßes zu vertreten sind, ist es unerheblich, ob die Strafe, die durch die Vorschriften angedroht wird oder die durch den Verstoß im Einzelfall erwartet werden muß oder die bereits verhängt worden ist und verhältnismäßig hoch oder aus sonstigen Gründen mit rechtsstaatlichen Begriffen nicht vereinbar ist." „Das Bundesvertriebenengesetz mutet es also der mitteldeutschen Bevölkerung zu, diese Verhältnisse in Kauf zu nehmen und ihrer ungeachtet in der sowjetischen Besatzungszone zu bleiben." „Dem Gesetzgeber war die politische, wirtschaftliche und soziale Bedrängnis bekannt, die auf ihnen (den Bewohnern der SBZ) lastet; gleichwohl hat er durch die Fassung des § 3 BVFG der Erwartung Ausdruck gegeben, daß die Bevölkerung die Opfer und Einschränkungen, ,die mit dieser allgemeinen Bedrängnis verbunden sind, auf sich nimmt und am bisherigen Wohnsitz ausharrt." „Eine solche Tat mag ihr (der Klägerin) in menschlicher Hinsicht zur Ehre gereichen; dennoch hat sie deren Folgen zu vertreten. Da, wie gesagt, dem Bundesvertriebenengesetz der Gedanke zugrunde liegt, daß die Bewohner der sowjetischen Besatzungszone grundsätzlich in ihrer Heimat bleiben sollen, widerspricht seinen Zielen auch ein — oder unter Strafandrohung verbotenes — Verhalten, .das 'zwar nach rechtsstaatlichen Maßstäben rechtmäßig und vielleicht sogar menschlich erfreulich ist, bei dem aber der angestrebte und erreichbare Erfolg in offenbarem Mißverhältnis zu dem Umstande steht, daß der Täter wegen dieses Verhaltens mit großer Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen zu erwarten hat, die ihn zur Flucht nötigen werden." Es mag dahingestellt bleiben, ob und inwieweit man der Verwaltung oder der Rechtsprechung einen Vorwurf ,dahingehend machen kann, daß sie den Willen des Gesetzgebers nicht ausreichend berücksichtigt habe. Zweifellos, das muß mit allen Nachdruck gesagt werden, ist diese Entwicklung nicht zuletzt auf die Problematik der Bestimmun gen des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes selbst zurückzuführen. Es kann unseres Erachtens keinem Zweifel unterliegen, daß die derzeitigen Bestimmungen des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes nicht mehr dier Entwicklung der politischen Verhältnisse zwischen den beiden Teilen Deutschlands entspricht. Insbesondere erscheint es uns heute weder menschlich, noch sozial, noch politisch vertretbar, jene Deutschen, die auf Grund der Entwicklung in der SBZ und der dortigen allgemeinen Zwangslage Zuflucht in der Bundesrepublik suchen, unterschiedlich zu behandeln; das heißt etwa, sie praktisch fast alle über das Notaufnahmeverfahren als „Flüchtlinge" aufzunehmen, aber dann später, wenn sie in der Bundesrepublik Aufnahme gefunden haben, nur eine geringe Zahl von diesen „Flüchtlingen" als Sowjetzonenflüchtlinge anzuerkennen. Dies gilt um so mehr, als die Bundesrepublik grundsätzlich den Standpunkt der Freizügigkeit zwischen beiden Teilen Deutschlands vertritt und den Deutschen aus der SBZ im Grundsatz die gleichen Rechte gewährt, wie 'den in der Bundesrepublik ansässigen Deutschen. Der § 3 des Bundesvertriebenengesetzes sollte deshalb eine Fassung erhalten, die sicherstellt, daß jeder Deutsche aus der SBZ, der in der Bundesrepublik Zuflucht sucht, als Sowjetzonenflüchtling anerkannt wird. Eine solche Fassung würde nicht nur dem Grundsatz der Freizügigkeit zwischen beiden Teilen Deutschlands und der Gleichberechtigung dieser Deutschen entsprechen, sondern gleichzeitig auch eine Gleichstellung mit jenen Vertriebenen herbeiführen, die nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen als Aussiedler aus den Vertreibungsgebieten in die Bundesrepublik kommen und hier entsprechende Aufnahme finden. Selbstverständlich wird dabei nicht außer Acht gelassen werden dürfen, daß unter den aus der sowjetischen Besatzungszone geflohenen Deutschen sich, wenn auch in verhältnismäßig geringer Zahl, Personen befinden, die dem totalitären Regime in der SBZ in erheblicher oder bedenklicher Weise Vorschub geleistet, oder die in der SBZ gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben oder aber die SBZ nur verlassen haben, um sich dort den Folgen einer auch nach rechtsstaatlicher Auffassung strafbaren Handlung zu entziehen. Für solche Fälle geht unser Antrag in der Neufassung der Bestimmungen des § 3 davon aus, eine Versagung der Anerkennung als Sowjetzonenflüchtling festzulegen. Eine Neufassung des § 3 mit dem Ziel der Anerkennung der großen Masse aller jener Deutschen ais Sowjetzonenflüchtlinge, die aus achtenswerten Gründen die Zone verlassen haben, wird schließlich auch berücksichtigen müssen, ob und in welchem Umfang allen diesen Deutschen jetzt noch die besonderen materiellen Vergünstigungen gewährt werden können, die für Sowjetzonenflüchtlinge vorgesehen sind. Obwohl diese Vergünstigungen an sich nicht übermäßig umfangreich sind, würde jedoch zum Beispiel die nachträgliche Gewährung etwa der Hausratshilfe aus dem Härtefonds des § 301 7234 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 LAG an alle Sowjetzonenflüchtlinge im Sinne der erstrebten Änderung des § 3 BVFG nicht nur einen erheblichen finanziellen Aufwand erfordern, sondern in einer großen Zahl von Einzelfällen auch nicht mehr als berechtigt erscheinen, und zwar in jenen Fällen, in denen diese Sowjetzonenflüchtlinge bereits aus eigener Kraft oder durch andere Hilfen einen erträglichen Lebensstandard erzielt haben. Es ist deshalb vorgesehen, daß derartige Leistungen noch nicht in das wirtschaftliche und soziale Leben in einem nach ihren früheren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen zumutbaren Maße im Sinne des § 13 des Bundesvertriebenengesetzes eingegliedart sind. Wir hoffen sehr, daß von keiner Seite in der Richtung argumentiert wird, daß eine solche Änderung des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes unausweichlich eine Sogwirkung zur Folge haben könne. Ich möchte von vornherein bereits darauf hinweisen, daß sich aus Veröffentlichungen des Bundesministeriums eindeutig ergibt, daß sich der Zustrom aus der SBZ nach Wegfall der hohen Ablehnungsquote im Aufnahmeverfahren keineswegs verstärkt hat, und daß eine graphische Darstellung des Bundesministeriums für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte die Flucht aus der SBZ als eine Folge der dortigen politischen und sozialen Verhältnisse dargestellt hat. Damit hat das Ministerium selbst dokumentiert, daß die Fluchtzahlen nicht auf besseren Betreuungsmaßnahmen in der Bundesrepublik beruhen, sondern von Maßnahmen innerhalb der Zone abhängig sind. Wir sollten deshalb in dieser Zeit auf Grund der politischen Entwicklung und der Erfahrungen damit aufhören, von einer Sogwirkung zu sprechen. Die Forderung, eine Änderung der gesetzlichen Grundlage für den Flüchtling anzustreben, wird in immer stärkerem Maße von vielen Seiten seit langer Zeit gefordert. Wir bedauern, daß dem Hause von Seiten des zuständigen Ministeriums bislang noch keine Reformvorschläge vorgelegt wurden. Mit Verwaltungsmaßnahmen, mit Verordnungen, mit Richtlinien und Anweisungen können wir dieses Problem nicht entscheidend beeinflussen, können wir auch den Menschen aus der Zone, die auf Grund ,der politischen Entwicklung — und ich möchte noch einmal sagen, auf Grund der politischen Zwangslage, in der sich alle Menschen in der Zone befinden — nicht mehr gerecht werden. Wir sollten endlich damit aufhören, die unnatürliche Aufteilung in die große Masse der nicht Anerkannten und die kleine Gruppe der Anerkannten fortzusetzen, weil sie nicht nur als unbefriedigend angesehen werden muß, sondern weil sie von den Betroffenen als ungerecht empfunden und weil sie auch der politischen Situation nicht gerecht wird. Die Situation zwingt deshalb zu neuen grundsätzlichen Überlegungen des Problems und zwingt uns zu einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen des bestehenden Flüchtlingsrechtes. Frau Korspeter
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)


    (Hört! Hört! in der Mitte.)


    (Erneut Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)


    (Unruhe bei der SPD)

    — Herr Kollege Ritzel, über Weimar und heute ist manches zu sagen. Wir sprechen hier von brauchbaren Instrumenten für bestimmte Situationen. Ich befinde mich jetzt gerade bei dem ganz kurzen geschichtlichen Rückblick.
    Art. 48 als Gesetzgebungsersatz, wenn ich mich einmal so ausdrücken soll, ist nur deswegen überhaupt möglich geworden, weil die politische Kraft des Reichstags zu zersplittert war, um seinem Gesetzgebungsauftrag noch genügen zu können.
    Und schließlich: Der oft besprochene Mißbrauch des Art. 48 besonders im Februar 1933 — ich sage wohlgemerkt: im Februar 1933 — kann hier völlig außer Betracht bleiben; denn die nationalsozialistische „Machtergreifung" — um diesen Terminus zu gebrauchen — ist ohne den Art. 48 erfolgt, nicht etwa mit dem Art. 48. Ich glaube, diese Dinge muß man doch etwas gerecht im Bewußtsein wägen, wenn man nicht Legenden verfallen will.
    Nun komme ich zu unseren heutigen Vorschlägen, und ich denke, ich bin nun bei dem Einwand des Herrn Kollegen Ritzel. Verglichen mit Idem Art. 48 wird ,das von uns vorgeschlagene Inkraftsetzen des Ausnahmezustandes an wesentlich schärfere Voraussetzungen geknüpft. Bei Art. 48 wurde nur eine erhebliche Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlangt. Bei uns heißt es: „eine drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche Grundordnung ,des Bundes oder eines Landes", und zwar eine Gefahr, die über das hinausgeht, was mit den Mitteln des Art. 91 des Grundgesetzes bewältigt werden kann. Wohlgemerkt haben wir auch hier bereits dieselbe Formel gewählt, die der Parlamentarische Rat selbst für den von ihm ins Auge gefaßten begrenzteren schwierigen Zustand gewählt hat.
    Nun komme ich zu dem Kern der Sache. Den Kern dieser Sache wird man dann verstehen, wenn man sich klarmacht, wo nun eigentlich, abgesehen von den Voraussetzungen, der Unterschied in der Anwendung des Art. 48 und der von uns vorgeschlagenen Bestimmungen liegt. Beim Art. 48 der Weimarer Verfassung ist der Reichspräsident Herr des Verfahrens, Herr des Verfahrens so weit, daß er unter Umständen während der Anwendung des Art. 48 gerade mit diesem Art. 48 das Parlament auflöst und nach Hause schickt. Hier ist es ganz anders. Nach unseren Vorschlägen wird der Bundestag der Herr des Verfahrens, erst in zweiter Linie subsidiär der Bundespräsident. Es ist ganz klar, daß der Bundestag hier als Herr des Verfahrens gewählt ist, und damit wird, glaube ich, ein ganz großer Unterschied zu jener früheren Situation markiert.
    Was heißt das nun: der Bundestag als Herr des Verfahrens? Das heißt, der Bundestag beschließt einmal über die Verkündung des Ausnahmezustandes, und er ist darüber hinaus jederzeit in der Lage, den Ausnahmezustand und/oder die während dieser Zeit getroffenen Maßnahmen wiederaufzuheben. Das Entscheidende, was man im Auge behalten muß, ist, daß am Anfang und am Ende, sicherlich am Ende dieses Verfahrens tatsächlich der Bundestag steht. Das hält von vornherein die Dinge in einem Rahmen, der alle Bedenklichkeiten, die frühere Bestimmungen ausgelöst haben mögen, auf ein wesentlich geringeres Maß zurückzuführen geeignet ist.
    Die Bundesregierung soll im Ausnahmezustand das Recht erhalten, gesetzesvertretende Verordnun-



    Bundesminister Dr. Schröder
    gen zu erlassen oder — ich kann statt dessen einen
    anderen Terminus wählen und mit dem Bundesrat
    sagen: Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen.
    Das notwendige Ziel all dieser Bestimmungen ist, die Gesetzgebung im Notstandsfall zu vereinfachen und zu beschleunigen. Für die Dauer des Ausnahmezustandes besteht die Möglichkeit, einzelne Grundrechte einzuschränken, im Notfall auch die Streitkräfte einzusetzen.
    Ist die Bundesregierung selbst am Handeln gehindert oder sind die Verbindungen von den Ländern her zu ihr unterbrochen, so treten an ihre Stelle in einem bestimmten Umfang die Ministerpräsidenten oder nach ihnen die Regierungspräsidenten, die leitenden Beamten der Landkreise und der kreisfreien Städte. Auf diese Weise ist ein geschlossenes System erdacht, das tatsächlich den verschiedensten Möglichkeiten Rechnung zu tragen geeignet ist.
    Das ist der Kern der vorgesehenen Regelung.
    Ich möchte nun gleich, da ich zur Frage der Mehrheitsverhältnisse komme, darauf hinweisen, daß sich die vergleichbare Regelung, durch dieses Haus beschlossen, in dem neuen Art. 59 a bei der Feststellung des Verteidigungsfalls findet.
    Ich deutete schon die Frage nach den Mehrheitsverhältnissen oder richtiger: nach dem Mehrheitserfordernis für den Beschluß über den Ausnahmezustand an. Dabei ist in der Diskussion — wie sollte es anders sein; immer wenn von Mehrheiten gesprochen wird, wird das so sein — die Frage aufgetaucht, ob man nicht eine größere Mehrheit des Bundestages, etwa eine Zweidrittelmehrheit, wählen müsse.
    Die Auffassung der Bundesregierung ist in diesem Fall verneinend. Auf den Art 59 a habe ich bereits hingewiesen. Der entscheidende Grund ist folgender. Nach unserer Meinung müssen sowohl die Verkündung als auch die Aufhebung an das gleiche Mehrheitserfordernis gebunden werden. Es besteht nun gerade ein Interesse daran, die Aufhebung des Notstandes, also die Aufhebung sowohl des ganzen Ausnahmezustandes als auch einzelner Maßnahmen, nur an das Erfordernis einer einfachen Mehrheit zu binden. Ich glaube, wenn man die Sache einmal von daher beleuchtet, wird man gewiß andere Gedanken haben als den, daß eine Zweidrittelmehrheit am Anfang etwa ein geeignetes Instrument sein könnte.
    Soll nun — das ist die nächste Frage — die Beschlußfassung über den Ausnahmezustand nur gemeinsam vom Bundestag und Bundesrat erfolgen können? Wie Sie wissen, ist das ein Wunsch des Bundesrates.
    Die Antwort muß auch hier verneinend lauten, Auf den Art. 59 a habe ich bereits hingewiesen. Aber die Beteiligung von 11 Landesregierungen via Bundesrat im Ernstfall für die Feststellung des Ausnahmezustandes erscheint praktisch schlechthin ausgeschlossen, wenn das Instrument wirksam sein soll.
    Nun ist ein anderer Gedanke aufgekommen, und zwar der, nicht den Bundestag und auch nicht den
    Bundesrat, sondern in einem Ersatzfalle überhaupt nur einen neu zu schaffenden Ausschuß zu nehmen, der aus 11 Mitgliedern des Bundestages und 11 Mitgliedern des Bundesrates bestehen sollte. Meine Damen und Herren, so schön und einfach sich eine solche Sache vielleicht auf dem Papier lesen mag, so unbrauchbar ist sie für die Praxis, und wir können deswegen einer solchen Regelung nicht zustimmen.
    Die Ausnahmesituation ist die Stunde der Exekutive, weil in diesem Augenblick gehandelt werden muß und in diesem Augenblick nicht mehr die Möglichkeit besteht, etwa — wie dieser Wunsch vorgetragen worden ist — das ganze Verordnungswerk, das unter Umständen binnen weniger Stunden erlassen werden muß, erst komplizierten Beratungen in wenn auch noch so verkleinerten Ausschüssen zu unterbreiten.
    Da ich aber ganz sicher bin, daß gerade dieser Punkt eine gewisse Rolle spielen wird — mindestens in den Ausschußberatungen —, möchte ich folgendes sagen: Die Nachprüfung und Aufhebung aller Bestimmungen, sowohl eines verkündeten Ausnahmezustandes als auch aller einzelnen Maßnahmen, ist sowieso Sache des Bundestages. Wenn nun statt des Bundestages ein Ausschuß etwa vorbereitend tätig wird, mag das durchaus möglich sein und ins Auge gefaßt werden können. Jedenfalls ist soviel sicher, daß selbstverständlich die Bundesregierung gerade auch im Ausnahmefall auf engen Kontakt mit dem Bundestag und selbstverständlich auch dem Bundesrat bedacht sein wird.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang einen zweiten wesentlichen Hinweis geben. Das ist der, daß nach unseren Vorstellungen die Verfassungsgerichtsbarkeit während des Ausnahmezustandes nicht etwa eingeschränkt oder gar aufgehoben, sondern absolut in Kraft bleiben soll, so daß das normale System unserer rechtsstaatlichen Garantien nach wie vor funktionieren soll.
    Meine Damen und Herren! Wenn ich nun die Einwände, die ich wenigstens kurz angedeutet habe, zusammenfassend würdige, so komme ich zu dem Ergebnis, daß der Grundriß des Instruments, wie er in unserer Vorlage enthalten ist, uns als unverzichtbar erscheint, wobei wir keineswegs ausschließen wollen, daß gewisse, hier jetzt nicht weiter zu erörternde, Nuancen anders gesetzt werden mögen. Das hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu den Vorschlägen des Bundesrates bereits angedeutet. Aber, meine Damen und Herren — und das ist ein Punkt, über den wir keinen Zweifel aufkommen lassen dürfen —, die Bundesregierung kann nicht zustimmen, daß weiter zum Teil in der Diskussion oder gar in der Praxis so getan wird, als ob... Die Philosophie des Als-Ob, meine Damen und Herren, ist zwar ein deutscher Beitrag zur Geistesgeschichte gewesen. Das Prinzip des Als-Ob eignet sich jedoch nicht, um brauchbare rechtliche Handhaben zu schaffen. Um es in einem Bilde auszudrücken: Eine akute Lungenentzündung — und nur von diesem möglichen Vergleich sprechen wir in erster Linie — wird nicht dadurch bekämpft, daß ein Ärztekongreß nach längeren Vorbereitungen einberufen wird, sondern dadurch, daß der nächst-



    Bundesminister Dr. Schröder
    erreichbare Arzt, möglichst der Hausarzt, Penicillin verordnet, und zwar sofort.

    (Zuruf des Abg. Könen [Düsseldorf].)

    — Herr Kollege Könen, es besteht kein Anlaß, Penicillin jetzt gerade in diesem Augenblick zur Anwendung zu bringen. Aber Sie werden mit mir darin übereinstimmen, daß, wenn Sie sich selbst in die Lage des verehrten Kranken versetzen, Ihnen an dem Ärztekongreß, der demnächst, möglichst noch in Düsseldorf, tagen soll, nicht so viel liegen wird wie an dem griffbereiten Hausarzt mit der Penicillinspritze. Denn der wird Ihr Leben retten, und der Ärztekongreß spricht vielleicht nur noch über die Ursachen Ihrer heftigen Erkrankung.
    Meine Damen und Herren! Sicher wird in diesem Hause die Frage nach einer qualifizierten Mehrheit für die Verabschiedung der Vorlage sehr schnell in den Vordergrund gerückt werden. Ich spreche darüber ohne jede Polemik, ohne jede Unterstellung und ohne jeden Angriff gegen irgend jemand; ich schildere nur, wie wir die Lage sehen.
    Die Bundesregierung hat die von ihr entwickelten Vorschläge niemals einseitig gesehen, sie hat sie niemals als eine Handhabe gerade für diese Regierung gesehen, sondern sie hat sich nur — und das tut sie pflichtgemäß — in die Lage jeder denkbaren künftigen Regierung versetzt, und deshalb sind ihre Vorschläge nicht etwa speziell für die heutige, sondern für jede künftige Regierung geeignet. Deswegen stammt diese Vorlage aus einem wahrhaft überparteilichen Geist, und ich habe die Hoffnung, daß sie in demselben Geist aufgenommen werden wird.

    (Zuruf des Abg. Jahn [Marburg].)

    — Herr Kollege Jahn, wenn Sie sich bisher noch nicht davon überzeugt haben, dann glaube ich sicher, daß ein vertieftes Studium und eine hinreichende Aussprache darüber — es wird dazu Gelegenheit sein — Sie von diesem wahrhaft überparteilichen Geist überzeugen wird. Leider sind — das muß ich sagen, und Sie selbst geben gerade ein Beispiel dafür — die bisherigen Äußerungen der Opposition enttäuschend. Trotzdem habe ich die Hoffnung, daß die weitere öffentliche Diskussion. des Projekts und die Beratungen in den Ausschüssen uns hier weiterführen und zu diesem überparteilichen Geist bei der Behandlung der Sache kommen lassen werden.
    Meine Damen und Herren! Ich habe früher oft genug hervorgehoben, daß die Schaffung von Ergänzungen des Grundgesetzes immer für die Parlamente in ihrer laufenden praktischen Arbeit eine ungeheure Anforderung darstellt. Das ist mir völlig klar; denn es ist eine völlig andere Atmosphäre, die bei dem Verfassungsgesetzgeber herrscht, der sozusagen mehr den idealen Umriß schafft, auf dem sich das Verfassungsleben entwickeln soll, als die, die bei einem Parlament herrscht, das in zahlreichen praktischen Fragen, manchmal von geringerer Bedeutung, in seinen Meinungen notgedrungen geschieden ist. Sich einerseits um ganz konkrete Interessenpunkte streiten zu müssen und dann sozusagen gleichzeitig, im selben Augenblick oder kurz danach, die Höhenlage des Verfassungsgesetzgebers zu besteigen, ist für ein Parlament eine schwierige Aufgabe. Jeder, der sich in diese Situation hineindenkt, wird das zugeben müssen. Trotzdem, meine Damen und Herren, bleibt uns keine andere Wahl, als diese schwierige Aufgabe zu lösen, uns sowohl miteinander auseinanderzusetzen als auch einen Verfassungsgesetzgeber von etwas gehobener Struktur — im Sinne von etwas distanzierter Struktur — darzustellen.
    Auf jeden Fall aber — und damit möchte ich meine Betrachtung über diesen Punkt abschließen — hält es die Bundesregierung für ihre Pflicht, ihr Programm für die Bewältigung der Krise vorzulegen und dem deutschen Volk klar zu sagen, welche Handhabe sie braucht, um eine Krise meistern zu können.
    Nun einige wenige Bemerkungen zu den beiden anderen Gesetzentwürfen! Beide sind — das hebe ich hervor — einfache Notstandsgesetze. Sie stoßen also nicht auf die gerade zuletzt erörterten Schwierigkeiten. Beide Gesetze dienen ausschließlich den Zwecken der Verteidigung. Sie sollen Vorbereitungen ermöglichen, die im Ernstfall nicht mehr getroffen werden könnten, für die es im Ernstfall einfach zu spät wäre.
    Ich darf mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen, daß das Ausland uns hier weit voraus ist. Die meisten Länder der freien Welt haben eine umfassende nationale Gesetzgebung, die den zivilen Verwaltungen die erforderlichen Verteidigungsmaßnahmen erlauben.
    Das Notdienstgesetz will für einen möglichen Verteidigungsfall die nichtmilitärischen Dienstleistungen so organisieren, daß Leben und Gesundheit eines möglichst großen Teiles des Volkes gerettet werden können. Das Notdienstgesetz und auf seiner Basis die Helfer werden gebraucht, um vor allem unsere Frauen und Kinder vor den Gefahren moderner Vernichtungswaffen retten zu können.
    Der Personalbedarf auf den hier in Betracht kommenden Gebieten ist groß, vor allen Dingen der Bedarf an Ärzten und Pflegepersonal für Krankenhäuser, an Hilfskräften für Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke und zur Aufrechterhaltung des Personen- und Güterverkehrs sowie zur notwendigen Verstärkung des Luftschutzhilfsdienstes.
    Man muß sich darüber klar sein, daß selbst die kleineren Länder eine Notdienstpflicht kennen, so Schweden, Norwegen, Finnland, die Niederlande, Portugal, Griechenland und die Türkei, um nur diese zu nennen.

    (Zuruf von der SPD: Und die anderen?)

    — Ich stelle hier das dar, was mir, verehrte Frau Kollegin, in diesem Zusammenhang vergleichbar und beachtlich erscheint. Deswegen habe ich gerade auf die kleineren Länder verwiesen. Nicht zuletzt habe ich Schweden an die Spitze gesetzt, weil Schweden sich gerade bei Ihnen — möglicherweise bei uns allen — einer ganz besonderen Wertschätzung erfreut; ich dachte, damit vielleicht leichter ein offenes Ohr zu finden.
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 7179
    Bundesminister Dr. Schröder
    In erster Linie appellieren wir natürlich an die Freiwilligen. Aber die Zahl der Freiwilligen reicht unter gar keinen Umständen aus — ich könnte darüber nur sehr betrübliche Erfahrungen mitteilen —, und die Freiwilligkeit muß daher durch gesetzliche Möglichkeiten ergänzt werden. Das hat zum Beispiel auch die gute Folge, daß die förmliche Heranziehung von Freiwilligen diesen einen besseren, gesicherten rechtlichen Status gibt. Es wird hier so sein — das zeigen die Erfahrungen, die auf anderen vergleichbaren Gebieten gesammelt werden konnten —, daß in demselben Moment, in dem es eine Dienstpflicht gibt, ein sehr gesunder und nützlicher Stimulus auf die Freiwilligkeit ausgelöst wird. Dafür gibt es andere Beispiele. Ich glaube also, daß das etwas ist, was den praktischen Erfahrungen entspricht.
    In diesem Zusammenhang will ich ganz kurz eine sicher etwas empfindliche Frage anschneiden: das ist das Problem der Frauen bei dem Notdienstgesetz. Wir sind uns darüber klar, daß viele der in Betracht kommenden Aufgaben nur von Frauen gelöst werden können. Das gilt ganz besonders auf dem Gebiet der Krankenpflege.
    Der Entwurf ist sich dessen vollkommen bewußt, daß es zugunsten der Frauen, vor allen Dingen derjenigen, die Familie und Kinder zu betreuen haben, einer Reihe von Privilegien bedarf. Der Bundesrat hat in einigen Punkten eine Erweiterung vorgeschlagen; darüber wird in den Ausschüssen zu sprechen sein. Ich glaube nicht, daß das entscheidende Schwierigkeiten machen dürfte.
    Eine Sache muß man ganz klar unterscheiden. Wir müssen zwischen der Ausbildung von Frauen für die ¡genannten Aufgaben und der Heranziehung von Frauen im Ernstfalle unterscheiden. Da für die Ausbildung natürlich nur ein relativ geringer Teil der Frauen in Betracht kommt, besteht die Möglichkeit weitestgehender Berücksichtigung der Familienverhältnisse und die Möglichkeit einer Rücksichtnahme auf diese. Das Problem der Beanspruchung der Frauen stellt sich also in der Vorbereitungszeit ganz anders als im Ernstfall. Daß für die Ausbildung jüngere unverheiratete Kräfte den Vorrang vor älteren haben, liegt ¡auf der Hand. Ich möchte aber noch einmal hervorheben, daß es sich bei dieser zivilen Dienstpflicht nur um Dienstleistungen nichtmilitärischer Art handelt. Für die Frauen werden hier nach dem Willen der Bundesregierung nur solche Dienstleistungen in Frage kommen, die sich mit idem Wesen und der Würde der Frau vereinbaren lassen.
    Lassen Sie mich zu dem Notdienstgesetz zusammenfassend folgendes sagen. Der Kern des Gesetzes in Friedenszeiten sind die Bereithaltungsbescheide und die Heranziehung zu Ausbildungsveranstaltungen. Der Bereithaltungsbescheid erlaubt eine vernünftige Planung. In Friedenszeiten begründet er nichts weiter als die Verpflichtung, einen Wohnsitzwechsel anzuzeigen. Die Heranziehung zu Ausbildungsveranstaltungen beschränkt sich auf 100 Stun. den oder 14 Tage im Jahr. Die genauen Aufgabengebiete werden später durch Rechtsverordnung festgelegt werden.
    Meine Damen und Herren, einige ganz wenige Worte zur Änderung des Bundesleistungsgesetzes. Diese Änderung hat das Ziel, den Sachbedarf der öffentlichen Hand im Verteidigungsfalle oder beim drohenden Verteidigungsfall rechtzeitig decken zu können. Auch hier sind uns die verbündeten Staaten mit ihren gesetzgeberischen Maßnahmen zum Teil weit voraus. Das Bundesleistungsgesetz trug bisher dem Umstand, daß Maßnahmen bereits in Friedenszeiten getroffen oder vorbereitet werden müssen, nicht genügend Rechnung.
    Als wesentliche Neuerung wird der Bereitstellungsbescheid eingeführt mit dem Ziel, es den öffentlichen Bedarfsträgern zu ermöglichen, ihren Sachbedarf für den Spannungs- und Verteildigungsfall schon in Friedenszeiten sicherzustellen. Dazu sind eine Reihe von Verfahrensänderungen gegenüber dem bisherigen Gesetz nötig, die hier einstweilen unerörtert bleiben können.
    Beide Gesetze sind, wie gesagt, einfache Gesetze und stoßen also nicht auf die Schwierigkeiten, die ich bei dem ersten Punkt behandelt habe. Bei diesen beiden genannten Gesetzen unterstützt der Bundesrat die Auffassung der Bundesregierung in allen wesentlichen Punkten. Die Länder wissen, daß sie die notwendigen Vorbereitungsarbeiten für die zivile Verteidigung nur treffen können, wenn die jetzt vorgeschlagenen Bestimmungen tatsächlich Gesetz werden.
    Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir nur ganz wenige kurze Schlußbemerkungen. Diese Vorlagen werden in einem Augenblick größter politischer Spannung behandelt. Wir brauchen keine Gefahren an die Wand zu malen, sondern die Gefahren liegen für jedermann offen. Der Blick auf Berlin in diesem Zusammenhang ist geradezu symbolisch.
    Von vielen Seiten sind über die Verteidigung der Freiheit starke, kräftige Erklärungen abgegeben worden. Das gilt ganz besonders auch für die Bedrohung der Freiheit Berlins als des exponiertesten Vorpostens der freien Welt. Viele Erklärungen haben wir darüber gehört, manche sind von unserer Seite abgegeben worden, wie entschlossen und tatkräftig man zur Verteidigung Berlins handeln will oder andere handeln sollten.
    Ich habe dabei immer wieder die besorgte Frage gestellt — und jeder verantwortliche Politiker wird es tun müssen —, ob alle diese Erklärungen Schecks mit voller Deckung sind. Was unsere alliierten Freunde angeht, so vertrauen wir auf die Deckung ihrer Schecks und auf ihre Bündniszusage. Darüber will ich kein weiteres Wort in diesem Zusammenhang verlieren.
    Was uns aber angeht, so haben wir selbst die Deckung für unsere Schecks beizubringen. Das ist eine ernste, sehr ernste Sache. In diesem Sinne bitte ich das Hohe Haus, an diese Gesetzentwürfe heranzugehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)






Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ehe ich das Wort zur allgemeinen Aussprache erster Lesung erteile, heiße ich eine Delegation des Parlaments von Ghana willkommen, die in diesem Augenblick unser Haus betritt.

(Anhaltender Beifall.)

Meine Damen und Herren, der Deutsche Bundestag heißt Sie herzlich willkommen in seinem Haus und freut sich über den Besuch, den uns das ghanaeische Parlament hiermit erweist. Wir danken Ihnen für die Ehre dieses Besuches.
Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zur allgemeinen Aussprache der ersten Lesung. Ich gebe das Wort zunächst dem Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf namens der sozialdemokratischen Fraktion zu dem Gesetzentwurf über die Ergänzung des Grundgesetzes Stellung nehmen. Die Sozialdemokratische Partei und die sozialdemokratische Fraktion haben nie einen Zweifel daran gelassen, daß die Fragen der Ergänzung des Grundgesetzes Fragen der gesamtpolitischen Verantwortung dieses Hauses sind. Der Bundestag steht heute hier stellvertretend für eine Verfassunggebende Versammlung und muß unter diesem Gesichtspunkt dieses außerordentlich wichtige Gebiet betrachten und behandeln.
    Aus dieser allgemeinen Verantwortung heraus entsteht für alle politisch Verantwortlichen die Verpflichtung, die angeschnittenen Fragen ernsthaft zu prüfen, zu prüfen, ob das Grundgesetz, ob die Landesverfassungen, ob die anderen Gesetze ausreichen, um im Falle eines Notstandes mit den notwendigen Mitteln und der notwendigen Schnelligkeit die erforderlichen Abwehrmaßnahmen zu treffen. Diese Verantwortung trifft uns alle gleichermaßen.
    Aus dieser Verantwortung heraus betrachten wir auch das Angebot der CDU/CSU-Fraktion Ende des letzten Jahres, mit uns in Gespräche einzutreten, um so, wie es richtig ist, aus dem Parlament heraus zu prüfen, wie man eventuellen Notständen schon von vornherein begegnen könne. Das heißt also, daß sich alle Kräfte dieses Parlaments von vornherein zusammensetzen, um die Fragen zu prüfen, und dann den Mut und den Willen haben, auch die entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen.
    Wir haben es begrüßt, daß die CDU/CSU-Fraktion offensichtlich gleichen Geistes auf uns zugekommen ist in dem Bewußtsein der Verantwortung des Gesamtparlaments. Störend empfanden wir, daß unmittelbar nach Beginn der Gespräche das Kabinett seinen Gesetzentwurf verabschiedete und daß der Herr Bundesinnenminister offensichtlich meinte, es sei richtig, daß sein Gesetzentwurf sozusagen schon die Unterlage für diese Gespräche bilde. Ich meine, daß eine solche wesentliche Grundgesetzänderung eigentlich nur auf Grund eines Initiativantrags aus diesem Hause zustande kommen darf. Das heißt, wir können das Initiativrecht der Regierung zwar nicht beschränken, wir können es ihr nicht absprechen, aber hier ist es nicht recht am Platze. Die Regierung müßte etwas ganz anderes tun und hätte das in der Vergangenheit schon tun müssen. Daß sie es nicht getan hat, ist ein echtes Versäumnis. Sie hätte die Fraktionen mit Material ausstatten müssen, mit Material — ich nehme doch an, daß im Ministerium eine ganze Sammlung von Fällen vorhanden ist – , aus idem sich nach Meinung des Ministeriums und des Kabinetts der Anlaß zu einer etwaigen Grundgesetzänderung ergebe. Nichts davon ist erfolgt. Bei den recht vorsichtigen Besprechungen mit den Vertretern des Ministeriums hat man uns nicht einmal ein Schriftstück in die Hand gegeben; man hat uns nicht einmal den Gesetzentwurf in die Hand gegeben, so streng geheim hat man ihn behandelt. Man verhandelt mit uns, gibt uns aber keine Schriftstücke in die Hand, geschweige denn die eigentlichen echten Unterlagen, die allein es ermöglichen, die Einzelverhältnisse zu prüfen, die jeden Vernünftigen dazu zwingen müssen zu sagen: Hier muß etwas geschehen. Deshalb hätte man als erstes die eventuellen Tatbestände sammeln und sie den Fraktionen zuleiten müssen.
    Aber ich darf gleich unseren Antrag ankündigen, den ich nachher noch im einzelnen begründen werde. Wir sind der Auffassung — ich deutete es schon an —, daß die Initiative zu einer eventuell notwendigen Änderung des Grundgesetzes aus diesem Hause kommen muß und daß die Ausschüsse dafür nicht die geeigneten Plätze sind.
    Kommen wir zu der Feststellung, daß es Situationen gibt, denen nicht ,ernsthaft und nicht schnell genug begegnet werden kann, dann müssen wir, unserem Prinzip der geschriebenen Verfassung und dem rechtsstaatlichen Prinzip gemäß, auch den Mut haben, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen, um — ich spreche von der Verfassungsänderung, nicht von der gegenwärtigen Regierung —, keine Regierung in die Situation zu vernetzen, daß sie aus sogenanntem übergesetzlichem Notstand, geradezu aus Pflichtbewußtsein heraus Rechte für sich in Anspruch nehmen muß, um den Bestand der Bundesrepublik zu sichern. Das sind wir willens zu tun, wenn wir bei ,der Prüfung der Verhältnisse zu der Feststellung kommen, daß eis Tatbestände gibt, die eine Änderung des Grundgesetzes notwendig machen.
    Der Herr Bundesinnenminister hat in seiner Begründung noch einmal auf dien Art. 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages verwiesen. Ich bin etwas überrascht, daß es das getan hat. Aber ich freue mich, daß ich da ganz einig mit ihm bin. Der Art. 5 Abs. 2 ist vielleicht ein Anlaß, .die Dinge zu prüfen, aber er dürfte nicht der entscheidende Anlaß sein. Vielmehr müssen wir ,es tun — mit oder ohne den Art. 5 —, wenn wir zu der Feststellung kommen, daß es notwendig ist.
    Noch eine Bemerkung zu diesem Art. 5. Darüber sollte kein Zweifel bestehen, daß sich die Bestimmung des Art. 5 Abs. 2 nur auf den sogenannten äußeren Notstand, ja sogar nur auf den Verteidigungsfall beschränkt. Unser hochverehrter Herr Kollege Dr. Furler hat damals Ausführungen dazu gemacht und festgestellt:



    Dr. Schäfer
    Es wird aber von den drei Mächten nur verlangt, diese Vollmacht für Fälle zu geben, in denen die öffentliche Ordnung und Sicherheit und ,damit die Sicherheit der ausländischen Streitkräfte auf Grund eines Angriffs oder einer äußeren Bedrohung der Bundesrepublik gefährdet ist.
    Der Herr Bundeskanzler selbst hat in der 61. Sitzung des 2, Bundestages dazu ausgeführt:
    Um allen Mißverständnissen zu begegnen, stellt die Bundesregierung ausdrücklich fest, daß sie nicht die Einführung einer fast unbeschränkten Gewalt nach dem Muster des Art. 48 der Weimarer Verfassung beabsichtigt.
    Er fährt nachher fort:
    Es handelt sich demgemäß in erster Linie um Vollmachten für den Fall einer Bedrohung der Bundesrepublik von außen oder eines Angriffs auf die Bundesrepublik.
    Das zur Klarstellung darüber, daß der Art. 5 nur insoweit eine Verpflichtung enthält, ,die Fragen des äußeren Notstands zu regeln.
    Wenn man an die Neufassung einer Verfassungsbestimmung herangeht, hat der Verfassungsgesetzgeber selbstverständlich nicht nur die Pflicht, zu prüfen, was für Vollmachten gegeben werden müssen, sondern er hat auch die Pflicht, zu prüfen, was für Mißbrauch damit getrieben werden kann. Wir würden viele Bestimmungen nicht brauchen, wenn wir bei der Aufstellung der Verfassung von vornherein davon ausgingen: Na ja, die Behörden werden es schon recht machen. Nein, es handelt sich um Verfassungsgarantien, und nur mit dem entsprechenden Mißtrauen darf und muß man an diese Dinge herangehen.
    Den Anschauungsunterricht in dieser Hinsicht gibt die Bundesregierung, die von Zeit zu Zeit Dinge tut — jetzt zum Beispiel beim Fernsehstreit

    (Beifall bei der SPD)

    unter Führung des Bundeskanzlers und, man muß schon sagen, unter Mittäterschaft des Herrn Justizministers sowie unter Assistenz des Verfassungsministers —, die man nicht billigen kann.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP. — Zuruf von der CDU/CSU: Die Sie nicht billigen!)

    Es geht hier um die Verteidigung des demokratischen Staates, es geht um die Verteidigung der demokratischen Grundordnung. Da sind wir der Auffassung, daß man nicht in Erwägung ziehen darf, Mittel zu wählen, die mit der Verfassung nicht im Einklang stehen. Man kann die Verfassung und die Freiheit nicht dadurch verteidigen, daß man die Freiheit unterjocht. Man kann sie nicht dadurch verteidigen, daß man Mittel wählt, die mit der Verfassung nicht vereinbar sind.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Wir meinen also, daß die Regelung, wenn wir zu
    der Feststellung kommen, daß eine solche notwendig
    ist, innerhalb des Rahmens gesucht werden muß,
    den unser Grundgesetz uns als rechtsstaatliche Grundordnung gesetzt hat.
    Man muß, auch wenn man den Entwurf als indiskutabel ablehnt, doch auf einige grundsätzliche Überlegungen eingehen, die in dem Entwurf ihren Niederschlag gefunden haben. Da ist zunächst gesagt — ich darf es zusammenfassen —: Wenn die Polizeikräfte nicht ausreichen, um die demokratische Grundordnung zu garantieren, kann der Bundestag den Ausnahmezustand beschließen. Eine etwas gewagte und gefährliche Argumentation, denn das heißt nichts anderes, als: Wenn die Exekutive nicht in der Lage ist, die Grundordnung zu garantieren, dann muß die Bundesregierung soviel Rechte bekommen, wie sie nachher für sich global in Anspruch nimmt. Dieser Argumentation können wir nicht folgen.
    Die Bundesregierung nimmt hier Rechte für sich in Anspruch — ich brauche sie nicht im einzelnen aufzuzählen —, die weit über die Rechte des Art. 48 hinausgehen. Der Herr Bundesinnenminister hat einige Ausführungen zum Art. 48 gemacht. Ich glaube, diese Ausführungen sind ergänzungsbedürftig.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Man muß immer darauf hinweisen, daß auf Grund des Art. 48 der Staatsstreich vom Juli 1932 durchgeführt wurde und daß auf Grund des Art. 48 die berüchtigte Notverordnung vom 28. Februar 1933 möglich war, die zur Einrichtung der Konzentrationslager und zu all den Freiheitsbeschränkungen über die ganze Zeit hinweg geführt hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber der Art. 48 hat auch — und das müssen wir uns als Parlament sagen — eine ganz gefährliche andere Wirkung gehabt, und deshalb hat man seine Regelung im Parlamentarischen Rat bewußt nicht übernommen. Man wollte nicht dem Parlament einen Fluchtweg offenlassen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Das Parlament hat sich zu seiner Verpflichtung zu bekennen, das Parlament darf vor seiner Verpflichtung nicht ausweichen. Es darf sich nicht in die Anonymität flüchten und sagen: Die Regierung, der Herr Reichspräsident, der Herr Bundespräsident, sie werden es schon machen, und nachher sehen wir dann weiter. — Nein, das wollte man bewußt nicht! In Art. 111 des Herrenchiemseer Entwurfs war eine solche Regelung vorgesehen. Der Parlamentarische Rat hat diese Notstandsregelung einstimmig, also mit ,den Stimmen der CDU-Abgeordneten, gestrichen, ausgehend von dem dominierenden Gesichtspunkt, daß das Parlament sich zu seiner Aufgabe zu bekennen hat, da ,die schlechten Erfahrungen mit dem Art. 48 schrecken.
    Deshalb darf es keinen neuen Art. 48 geben. Der Herr Bundeskanzler hat ja — ich habe es vorhin zitiert — die gleiche Auffassung vertreten: er wolle nicht einen neuen Art. 48. Ich nehme deshalb an, daß die Bundesregierung und die CDU bereit sind, uns auf diesem Wege zu folgen.

    (Abg. Dr. Kanka: Wir sind Ihnen schon vorangegangen!)




    Dr. Schäfer
    Man spricht vorn inneren Notstand und vom äußeren Notstand. Ein paar Worte zum inneren Notstand! Die Situation 1920 und in den folgenden Jahren und die Situation heute sind vollkommen verschieden. Nach 1920 hatten wir ein Volk, das sehr viele Waffen im Besitz hatte. Wir hatten paramilitärische Verbände, wir hatten eine latente Bürgerkriegssituation. Das haben wir heute nicht. Ja, dieses Parlament hat auch Vorsorge getroffen, daß man Staatsfeinden rechtzeitig entgegentreten kann. Man hat vor nahezu 10 Jahren die dritte Strafrechtsnovelle geschaffen, ein sehr beachtliches Instrument, das die Grenze der Strafbarkeit sehr weit, beinahe bis an die Grenze des Verantwortlichen, vorverlagert. Man hat Verfassungsschutzämter geschaffen. Ich glaube, es ist hier auch einmal der Platz, dem Herrn Generalbundesanwalt in Karlsruhe, den ihm nachgeordneten Organen und all denjenigen, die sich mit dem Schutz unserer Grundordnung befassen, Dank und Anerkennung zu sagen für die sehr tüchtige und gute Arbeit, die sie geleistet haben.

    (Beifall bei der SPD und in der Mitte.)

    Sicher, es gibt da und dort im Verfassungsschutz und anderenorts Auswüchse, Erscheinungen, die uns nicht gefallen. Aber ich ,darf Ihnen sagen: Die Beamten, die in diesen Institutionen beschäftigt sind, freuen sich über eine sehr strenge Wachsamkeit des Parlaments, weil sie sich damit selber in der Wichtigkeit ihrer Aufgabe und der Richtigkeit der Durchführung bestätigt fühlen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der hier vorliegende Entwurf geht davon aus, daß die Polizei eventuell zu schwach wäre. Der Herr Bundesinnenminister hat seinerseits wiederholt festgestellt, daß die Polizei zu schwach ist. Wir haben es auch festgestellt. Nur haben wir daraus die Folgerungen gezogen, und wir stellten von diesem Platz aus den Antrag, den Bundesinnenminister in die Lage zu versetzen, die entsprechende Verstärkung der Polizei auf dem möglichen Wege zu erreichen. Der Herr Bundesinnenminister hat von diesem Platz aus dagegen gesprochen. Das stimmt doch einigermaßen verdächtig, nicht wahr? Da wird man doch hellhörig! Wir wollen ihm das Instrument geben, um einer möglichen Gefahr entgegenzuwirken, und er will nicht. Da muß man sich schon fragen: Warum will man denn nicht? Geht es doch vielleicht nicht um eine allgemeine Regelung? Geht es doch vielleicht nicht um die Behebung möglicher Notstände?
    Ich muß hier eine Begebenheit aus dem Innenausschuß erzählen. Der Herr Innenminister wurde gefragt, was er denn unter ,,innerem Notstand" verstehe. Er wußte nur eines anzuführen. Er sagte — ungefähr — wörtlich: Dann lesen Sie doch einmal die Rede, die der Vorsitzende der IG-Metall vor einigen Tagen gehalten hat. Dann wissen Sie, was wir darunter verstehen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Herr Bundesinnenminister und meine Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie werden mit mir einig sein, daß Sie nie das Einverständnis der Sozialdemokratie auf einem solchen Weg, zu einer solchen Regelung finden werden.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Man muß hier ein Wort zu den Gewerkschaften sagen. Es gehört zu dem Wesen eines demokratischen Staates, daß die politischen und geistigen Kräfte in ständiger Auseinandersetzung begriffen sind. Das ist das Wesen eines demokratischen Staates. Es gehört genauso dazu, daß die freien Sozialpartner — wir legen Wert darauf, daß es freie Sozialpartner sind — sich in ständigen Auseinandersetzungen um den entsprechenden Anteil am Sozialprodukt befinden. Im zitierten Falle hat der Vorsitzende einer Gewerkschaft in seiner Rede den höheren Anteil gefordert. Er hat seine Bereitschaft erklärt, dafür auch mit den zulässigen Mitteln des Arbeitskampfes zu streiten. Er nimmt damit ein Recht für sich in Anspruch, das ihm die Verfassung garantiert. Daraus kann kein Notstand konstruiert werden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, sprechen wir von den Gewerkschaften im ganzen. Nennen Sie uns doch einmal einen Fall aus den letzten 40 Jahren, wo die Gewerkschaften irgendwo auch nur den Verdacht hätten aufkommen lassen, daß sie nicht willens seien, unsere demokratische Grundordnung zu stützen und mit zu verteidigen. Sie sind doch eines der stärksten Bollwerke, das wir überhaupt haben.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Wer wäre denn in der Lage, unblutig einen eventuellen Putsch niederzuschlagen? Doch nur die Gewerkschaften und sonst gar niemand.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Deshalb, Herr Innenminister, darf man sie doch nicht zum selbstverständlichen, zum möglichen Gegner einer Notstandsregelung stempeln, sondern man muß sie umgekehrt geradezu als die Bollwerke, als die Mitverantwortlichen für diese Grundordnung behandeln.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die Gewerkschaften haben dem auch Rechnung getragen. Sie haben in ihren Bestimmungen über Arbeitskämpfe ausdrücklich in den §§ 6 und 7 von jeher die Bestimmung aufgenommen, ehe diese Fragen hier zur Debatte standen, daß angeordnete Notstandsmaßnahmen ohne Rücksicht auf den Streit durchgeführt werden müssen. Meine Damen und Herren, da schiene es mir schon richtiger, mit den Gewerkschaften über diese Dinge zu sprechen und in ihnen nicht von vornherein die Hauptgegner in einem inneren Notstand zu sehen.
    Ich habe aber den Eindruck, daß der Herr Innenminister, der sich um einen überparteilichen Geist bemüht — ich will anerkennen, daß er sich darum bemüht —, hier doch wieder zurückverfällt und seiner alten Einstellung getreu alle diejenigen, die nicht ganz genau so in seinem Trott und nach seinem Konzept marschieren, als Gegner, ja beinahe schon von vornherein als Staatsfreinde betrachtet.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)




    Dr. Schäfer
    Man muß hier auch ein Wort zum Bundesverfassungsgericht sagen. Der Herr Bundesinnenminister hat dazu angeführt, was er für nötig hielte. Aber das reicht meines Erachtens nicht. Das Bundesverfassungsgericht müßte in einer eventuellen Regelung nicht nur als Gericht, sondern in seiner Funktionsfähigkeit garantiert sein. Das bedeutet, daß die Gesetze, die Antragstellung und Verfahren regeln, auf jeden Fall garantiert werden müssen. Auch die personelle Besetzung muß garantiert werden. Wir haben da z. B. im italienischen Recht Vorgänge; von dort könnte man sich wirklich einige Beispiele holen.
    Der Entwurf verstößt gegen Grundsätze unseres Grundgesetzes, ausgerechnet gegen solche, die nach Art. 79 Abs. 3 unabänderlich sind; Art. 79 Abs. 3 besagt:
    Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.
    In Art. 20 ist der Grundsatz der Gewaltenteilung festgelegt. Es ist eine sonderbare Argumentation, zu sagen: Das wollen wir ja auch gar nicht berühren, aber um es zu garantieren, müssen wir es außer Kraft setzen. Dieser wirklich sonderbaren Argumentation können wir nicht folgen.
    Es ist doch sehr beachtlich, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, daß im Rechts- und im Innenausschuß des Bundesrates auch Ihre Länderminister der gleichen Auffassung waren, wie wir sie vertreten. Ich darf aus dem Bericht des Berichterstatters wörtlich zitieren:
    Die verfassungsrechtlichen, aber auch die verfassungspolitischen Bedenken gegen die Gesamtkonzeption wie gegen die Einzelbestimmungen des Entwurfs erschienen der Mehrheit des Rechtsausschusses
    — auch der des Innenausschusses —
    als so schwerwiegend, daß sie glaubte, den Regierungsentwurf als Ganzes ablehnen zu müssen.
    Wir meinen dasselbe und gehen mit dem Bundesrat den gleichen Weg. Dieser Entwurf ist nicht einmal eine Diskussionsgrundlage, die dazu dienen könnte, in den Ausschüssen darüber zu diskutieren und zu Gegenvorschlägen zu kommen. Er ist in seinem ganzen Aufbau falsch. Er ist falsch, weil er der Exekutive das Recht der Gesetzgebung geben will.
    Der Herr Bundesinnenminister sagte vorhin: Die Ausnahmesituation ist die Stunde der Exekutive. Meine Damen und Herren, das ist in dieser allgemeinen Formulierung nicht richtig. Die Ausnahmesituation ist ganz genauso die Stunde dieses Parlaments; es hat sie vorherzusehen und muß den Mut haben, das Entsprechende zu beschließen.

    (Beifall bei der SPD und FDP.)

    Ich habe den Eindruck, da kommt bei dem Herrn Bundesinnenminister wieder die grundsätzliche Einstellung zum Vorschein. Er lebt geistig in der Zeit, in der er geboren wurde, nähmlich im Jahre 1910:

    (Heiterkeit)

    im Zweifel ist immer der Monarch zuständig.

    (Beifall bei der SPD und Heiterkeit.)

    Herr Bundesinnenminister: Nur sind an die Stelle des Monarchen der Herr Bundeskanzler und Sie getreten.

    (Erneute Heiterkeit bei der SPD.)

    So ist es offensichtlich nach Ihrer Gesamtkonzeption. Denn im Zweifel sind Sie zuständig. Sie selber sagen, der Bundestag solle Herr sein. — Auf dem Papier, aber doch nicht de facto nach Ihrem Entwurf! Im Endergebnis meinen Sie, daß in einer solchen Situation der Souverän entscheidet, nämlich Sie, so wie Sie es sich vorstellen. Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt. Sie sind befangen in den Vorstellungen des Gottesgnadentums, daß Sie sich als die letztlich verantwortliche und zuständige Instanz fühlen. In einer echten Demokratie ist das Parlament die letzte verantwortliche Instanz und muß sich dazu bekennen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nach dem Aufbau unserer Bundesrepublik sind die Länder gleichermaßen zu beteiligen. Wir meinen, dem könnte man — das stünde im Einklang mit der Verfassung —, wenn man zu einer Notstandsregelung kommt, dadurch Rechnung tragen, daß man etwa ein Notparlament in der Größe des Vermittlungsausschusses schafft. Die Länder wären beteiligt — Sie kennen diese Gedankengänge —, es wäre ein Gremium von ungefähr 22 Leuten mit einem Reservoir von 500 Leuten. Oder meinen Sie vielleicht, man bekomme die 22 Leute nicht zusammen? Die bekommt man so sicher zusammen wie ein Kabinett.
    Wir meinen nun sehr ernsthaft: Wenn eine solche Stunde kommt, darf auch nach außen hin nicht irgendwie der Eindruck entstehen, es sei Sache einer zufälligen Mehrheit in diesem Hause, diese Bundesrepublik zu verteidigen. Das ist vielmehr die Sache aller. Deshalb glauben wir, daß man eine Zweidrittelmehrheit braucht. Man braucht auch aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Zweidrittelmehrheit; denn man kann doch nicht mit einfacher Mehrheit einer Regierung mehr Rechte geben, als dieses Parlament auf Grund der Verfassung für sich selber in Anspruch nehmen darf. Man kann der Regierung doch nicht mit einfacher Mehrheit das Recht geben, später Grundrechte außer Kraft zu setzen. Das bedarf nach der Verfassung einfach der Zweidrittelmehrheit. Die Regelung ist in der Konstruktion falsch.
    Zu den Grundrechten eine sehr ernste Bemerkung. So geht es nicht, meine Damen und Herren, daß man wesentliche rechtsstaatliche Garantien aufhebt, sie mit einer Scheindeklarierung versieht, so nebenbei den Art. 104 Abs. 2 und 3 aufhebt und dann allerdings sagt, eine richterliche Überprüfung müsse erfolgen. Das Wesen der rechtsstaatlichen Garantie bei der Freiheitsentziehung besteht doch darin, daß eine Freiheitsentziehung über den nächstfolgenden



    Dr. Schäfer
    Tag hinaus überhaupt nicht ohne richterliche Entscheidung erfolgen darf. Ob in zwei oder drei Monaten eine Nachprüfung erfolgt, ist nicht das Entscheidende; das Entscheidende ist, ob der Betreffende überhaupt über die nächstfolgende Nacht hinweg der Freiheit beraubt werden darf. Solche Dinge stimmen uns sehr ernst und machen uns bedenklich. Sie sagten vorhin, Herr Bundesinnenminister, der Bundestag sei der Herr — ja, Sie sagten „der Herr"; das liegt Ihnen offensichtlich — des Verfahrens. Ich darf auf Abs. 2 hinweisen. Dort heißt es:
    Stehen der Beschlußfassung des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegen, so kann bei Gefahr in Verzug der Bundespräsident mit Gegenzeichnung des Bundeskanzlers den Ausnahmezustand anordnen und verkünden.
    Ich darf auf Ausführungen des Herrn Hessischen Ministerpräsidenten hinweisen, die er im Bundesrat gemacht hat. Der Herr Bundesinnenminister hat dem nicht widersprochen. Es steht im Entwurf nicht: „Stehen dem Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegen", so wie in Art. 59a, sondern es heißt hier: „stehen der Beschlußfassung ...". Das heißt, auch wenn dieser Bundestag nicht beschließen will, ja sogar, wenn er ablehnt — der Herr Bundesinnenminister hat dem nicht widersprochen! —, kann die Regierung unter Mitzeichnung des Bundespräsidenten den Ausnahmezustand verkünden.
    Will man denn dem Bundespräsidenten so viel Widerstandskraft zumuten und so viel Widerstandsfähigkeit gegen eine Regierung, die entschlossen ist, einen scheinlegalen Staatsstreich zu machen? Nein, da ist der Bundespräsident überfordert, das ist nicht seines Amtes, das schafft er nicht. Das wäre gar nichts anderes, als sich mit einer Scheinlegalität, die nur mit dem berüchtigten Ermächtigungsgesetz vom März 1933 zu vergleichen ist,

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Vollmachten geben zu lassen, mit denen man dann so wirtschaftet, wie man es in der Einzelsituation gerade für richtig hält. Damit können wir uns nie einverstanden erklären.
    Zudem, meine Damen und Herren, sind hier ganz allgemeine Vollmachten vorgesehen. Es ist nicht einmal umrissen, welche Vollmachten. Wenn man eine solche Entscheidung trifft, muß doch in den Vollmachten von vornherein das Ziel genannt sein. Sogar die sehr autoritäre Verfassung des Herrn Präsidenten de Gaulle von 1958 sieht in ihrem Art. 16 eine Zweckbindung vor. Dort heißt es:
    Diese Maßnahmen müssen von dem Willen durchdrungen sein, den verfassungsmäßigen öffentlichen Gewalten in kürzester Frist die Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu verschaffen. Dabei ist der Verfassungsrat anzuhören.
    Und vorher heißt es, daß nicht der Präsident, nicht die Regierung ermächtigt sind, sondern daß der Verfassungsrat — also in der Art, wie ich es vorhin zu erwägen gab —, ein neues Gremium diese Maßnahmen eventuell beschließt, die ,die Regierung
    ausführt, und nicht umgekehrt. Während der ganzen Zeit —auch das muß klargestellt werden —sind die Rechte dieses Hauses unbegrenzt zu erhalten. Es ist festzuhalten, daß der Bundestag und der Bundesrat mit dem erstmöglichen Termin wiederum zusammentreten müssen.
    Die Maßnahmen dürfen auch nicht Dauercharakter haben. Hier ist vorgesehen, daß der Bundestag sie aufheben kann. Nein, sie müssen zweckgebunden, zielgebunden ,auf die Wiederherstellung des Normalzustands gerichtet sein und dürfen nur weitergelten, wenn dieser Bundestag sie bestätigt. Andernfalls müssen sie automatisch außer Kraft treten.
    Wir meinen also, daß dieser Entwurf keine Diskussionsgrundlage gibt. Ich glaube, daß ich einige Punkte angeführt habe, die geeignet wären, uns in 'der Untersuchung und Prüfung dieser Materie weiterzuführen.
    Ich will noch auf einen weiteren Punkt hinweisen, der mit der Notstandsgesetzgebung in unmittelbarem Zusammenhang steht, die Frage der Regelung der Spannungszeit. In einigen anderen Gesetzen taucht dieser Begriff nunmehr auf und gibt, wenn die Spannungszeit festgestellt wird, der Regierung mehr Macht, dem betroffenen Bürger mehr Verpflichtungen. Spannungszeit festzustellen ist eine hochpolitische Angelegenheit, die nur mit Mobilmachung der früheren Zeit und der ganzen Gefahr der Kettenreaktion, die damit verbunden ist, zu vergleichen ist.
    Wir meinen also, die Regierung ist nicht die richtige Stelle, das Eintreten der Spannungszeit festzustellen; denn — ich sage das ohne jeden Schuldvorwurf; es ist ja niemand konkret damit angesprochen — wenn die Bemühungen einer Regierung nicht dazu geführt haben, eine Entspannung zu erreichen — ,das ist doch das Ziel; keine Regierung will doch die Spannung, keine Regierung will doch den Verteidigungsfall —, sie also selbst nicht erfolgreich war, dann ist es von ihr zuviel verlangt, daß sie selber in sich die eventuelle Schuld sucht. Dann ist es am besten, wenn sich ein anderes Gremium, das nicht mit den seitherigen Maßnahmen belastet ist, noch einmal dazwischenschiebt. Wir meinen also, daß man idas mit in Betracht ziehen muß, daß bei einer zukünftig eventuell notwendig werdenden Notstandsregelung auch diese Frage mit geregelt werden muß.
    Weiter: der Entwurf geht so schön theoretisch davon aus, daß die Zentrale, die Bundesregierung aktionsfähig ist. Natürlich, sie sieht auch vor, daß vielleicht die Nachrichtenübermittlung gestört ist.
    Ich glaube, das ist sehr optimistisch gesehen. Vielleicht muß man erwägen — ich sage nur erwägen —,. alle diese Maßnahmen umgekehrt aufzubauen, auf den Ländern aufzubauen, ja vielleicht auf den unteren Verwaltungsbehörden; denn die bleiben in der Großzahl am ehesten aktionsfähig, und sie alle auszuschalten ist doch viel schwerer, als eine Zentrale auszuschalten. Wir halten es für unzweckmäßig, nur der Zentrale, solange sie aktionsfähig ist, die gesamte Kompetenz zu

    Dr. Schäfer
    geben. Aber man darf dann Jauch nicht, wie der Entwurf idas tut, den Ministerpräsidenten schlechthin eine Generalvollmacht in Aussicht stellen; denn auch für sie gilt die gleiche Begrenzung, die ich vorhin schon angeführt habe.
    Unter diesen Gesichtspunkten stellen wir folgenden Antrag:
    Gemäß § 30 Abs. 2 der Geschäftsordnung wind die erste Lesung des Gesetzentwurfs zur Ergänzung des Grundgesetzes — Drucksache 1800 — unterbrochen und vertagt, damit die interfraktionellen Gespräche wieder aufgenommen und alsbald durchgeführt werden können, um eine gemeinsame Grundlage für eine Verfassungsgesetzgebung zu suchen.
    Vor wenigen Tagen las ich in der „Welt", daß der CDU-Bundesvorstand beschlossen hat, wieder Gespräche mit uns aufzunehmen. Wir haben uns aufrichtig darüber gefreut, auch wenn wir noch kein offizielles Angebot darüber haben. Wir haben den Eindruck, daß Sie offensichtlich die Dinge genauso beurteilen. Dieses Haus hier ist der zuständige Platz. Die Fraktionen, die politischen Kräfte sind die zuständige und richtige Stelle, um die Fragen zu prüfen und dann im Wege einer Initiative das Haus wieder damit zu befassen. Meine Damen und Herren, es liegt an Ihnen, ja zu sagen zu einer echten, gedeihlichen Arbeit und zur Prüfung dieser Fragen. Ich darf Sie darum bitten.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)