Rede:
ID0310214900

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3102

  • date_rangeDatum: 17. Februar 1960

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:03 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:53 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Vizepräsident Dr. Becker: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 0

  • subjectLänge: 103 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 81
    1. der: 6
    2. und: 4
    3. die: 4
    4. daß: 3
    5. Redner: 3
    6. in: 3
    7. zu: 3
    8. Es: 2
    9. auch: 2
    10. Grundsätze: 2
    11. Meine: 1
    12. Damen: 1
    13. Herren!: 1
    14. liegen: 1
    15. noch: 1
    16. sechs: 1
    17. Wortmeldungen: 1
    18. vor.: 1
    19. Ich: 1
    20. darf: 1
    21. wohl: 1
    22. als: 1
    23. allgemeine: 1
    24. Ansicht: 1
    25. feststellen,: 1
    26. alle: 1
    27. bisherigen: 1
    28. kommenden: 1
    29. sich: 1
    30. daran: 1
    31. halten: 1
    32. sollten,: 1
    33. ersten: 1
    34. Beratung: 1
    35. nur: 1
    36. über: 1
    37. allgemeinen: 1
    38. sprechen: 1
    39. ist.: 1
    40. ist: 1
    41. keineAusnahme: 1
    42. davon,: 1
    43. wenn: 1
    44. an: 1
    45. Hand: 1
    46. von: 1
    47. Einzelbeispielen: 1
    48. erörtert: 1
    49. werden.: 1
    50. Aber: 1
    51. es: 1
    52. besteht: 1
    53. ebensowohl: 1
    54. Eindruck,: 1
    55. durch: 1
    56. zahlreiche: 1
    57. Zwischenrufe: 1
    58. Zwischenfragen: 1
    59. gezwungen: 1
    60. wird,: 1
    61. Einzelheiten: 1
    62. gehen,: 1
    63. um: 1
    64. Fragen: 1
    65. beantworten.: 1
    66. Das: 1
    67. führt: 1
    68. uns: 1
    69. dann: 1
    70. doch: 1
    71. mehr: 1
    72. das: 1
    73. Stadium: 1
    74. Ausschußverhandlungen: 1
    75. zweiten: 1
    76. Lesung.Das: 1
    77. Wort: 1
    78. hat: 1
    79. Abgeordnete: 1
    80. Dr.: 1
    81. Bärsch.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 102. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1960 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Wittmann und Dr. Böhm . . . . 5485 A Fragestunde (Drucksache 1609) Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Filme antideutscher Tendenz im amerikanischen und kanadischen Fernsehen Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5485 C Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen): Verhalten des Konsuls Karl Julius Hoffmann in New York Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5485 D, 5486 A Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5486 A Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Vorlage des Europäischen Übereinkommens zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten an den Bundestag Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5486 B Frau Dr. Hubert (SPD) 5486 D. Frage des Abg. Dr. Bucher: Besetzung der deutschen Botschaft in Paris Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5487 A Frage des Abg. Lohmar: Äußerung des Abg. Gradl in der außenpolitischen Debatte des Bundestages am 10. Februar Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5487 A Lohmar (SPD) . . . . . . . . . 5487 B Frage des Abg. Dr. Werber: Nichtseßhaftenfürsorge Dr. Schröder, Bundesminister 5487 C, 5488 A Dr. Werber (CDU/CSU) . . . . . 5487 D Frage des Abg. Lohmar: Verhalten des Publizisten Schlamm Dr. Schröder, Bundesminister . . 5488 A, B Lohmar (SPD) . . . . . . . . 5488 A, B Frage des Abg. Dr. Arndt: Förderung Münchens als bayerische Landeshauptstadt durch dein Bund Lücke, Bundesminister 5488 C Frage des Abg. Baier (Mosbach): Erstellung von Kinderspielplätzen Lücke, Bundesminister . . 5488 D, 5489 B Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 5489 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Februar 1960 Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Steuerfreiheit bei Abwicklung von Geschäften über Gesellschaften mit dem Sitz in Vaduz Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5489 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5489 C Frage des Abg. Dr. Ratzel: Förderung des Ausbaus eines Ferngasnetzes durch die Bundesregierung Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 5489 D Frage des Abg. Ludwig: Kündigung von 350 deutschen Arbeitern des französischen Militärbetriebs BRM zum Jahresende 1959 Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5490 B Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Vorlage des Bundeswaffengesetzes für den zivilen Bereich durch die Bundesregierung Dr. Westrick, Staatssekretät 5490 D, 5491 A Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 5491 A Frage des Abg. Dr. Bechert: Aufklärung der Käufer von Freibankfleisch Schwarz, Bundesminister . 5491 B, 5492 A Dr. Bechert (SPD) . . . 5491 C, 5492 A Frage des Abg. Seidel (Fürth): Weiterführung von Karteikarten aus der Zeit vor 1945 bei der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Blank, Bundesminister . . . . . 5492 B Seidel (Fürth) (SPD) 5492 C Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Veröffentlichung von Urteilen im Bundesversorgungsblatt Blank, Bundesminister . 5492 D, 5493 A Jahn (Marburg) (SPD) 5493 A Frage des Abg. Brück: Beeinträchtigung des Königsforstes durch die geplante Bundesstraße 55 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 B Frage des Abg. Brück: Linienführung der Umgehungsstraße von Bensberg zur B 55 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 C Frage des Abg. Schmitt (VOckenhausen): Einführung von Parkscheiben Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 D Frage des Abg. Baier (Mosbach) : Unfälle auf der Autobahn Frankfurt— Mannheim und Mannheim—Heidelberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5494 B Frage des Abg. Hübner: Einrichtung einer 1. Klasse im Flugverkehr zwischen Berlin und dem Bundesgebiet Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5495 C Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Besetzung der Radargeräte im Bereich der Bundesanstalt für Flugsicherung Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5495 D, 5496 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 5496 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Neuregelung der sozialen Krankenversicherung (Drucksache 1298); verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetz — KVNG) (Drucksache 1540) — Erste Beratung — Rohde (SPD) 5497 A Blank, Bundesminister . 5498 D, 5527 A Stingl (CDU/CSU) 5508 B Dr. Schellenberg (SPD) 5517 B Dr. Stammberger (FDP) 5527 D Frau Kalinke (DP) 5532 C Dr. Franz (CDU/CSU) 5545 A Frau Dr. Hubert (SPD) 5547 C Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) 5550 B Dr. Bärsch (SPD) . . . . . . . 5554 C Mischnick (FDP) . . . . . . . 5558 D Geiger (Aalen) (SPD) 5560 C Frau Korspeter (SPD) 5566 B Frau Döhring (Stuttgart) (SPD) . . 5568 A Ruf (CDU/CSU) . . . . . . . 5569 B Börner (SPD) 5571 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . 5572 D Anlage 5573 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Februar 1960 5485 102. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 29. 2. Bauereisen 19. 2. Behrisch 18. 2. Benda 19. 2. Dr. Birrenbach 19. 2. Brand 19. 2. Brüns 2. 7. Deringer 19. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 19. 2. Even (Köln) 29. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Geiger (München) 19. 2. D. Dr. Gerstenmaier 17. 2. Glüsing (Dithmarschen) 19. 2. Dr. Greve 17. 2. Dr. Gülich 16. 4. Haage 19. 2. Dr. von Haniel-Niethammer 19. 2. Hellenbrock 19. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 19. 2. Hübner 19. 2. Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Illerhaus 17. 2. Jacobs 7. 3. Jahn (Frankfurt) 23. 4. Dr. Jordan 19. 2. Kalbitzer 19. 2. Frau Klemmert 15. 5. Koch 19. 2. Leukert 19. 2. Dr. Lindenberg 19. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Metzger 18. 2. Mühlenberg 19. 2. Müser 20. 2. Probst (Freiburg) 17. 2. Ramms 19. 2. Scheel 17. 2. Schlick 20. 2. Schultz 17. 2. Dr. Starke 19. 2. Dr. Steinmetz 19. 2. Wehr 23. 4. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3. b) Urlaubsanträge Frau Berger-Heise 27. 2. Dr. Leverkuehn 25. 2. Spitzmüller 8. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Georg Schneider


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Verehrte Frau Kollegin Kalinke, in die Falle gehe ich nicht; dazu bin ich ein viel zu schlauer Fuchs! Ich weiß schon, warum Sie die Frage gestellt haben. Ich habe nicht von einer Veränderung des gegenwärtigen Zustandes der Ersatzkassen gesprochen, sondern ich habe nur davon gesprochen, daß wir nicht die Gliederung beseitigen sollten. Ich sehe eine weitgehende Beseitigung der gegliederten Krankenversicherung durch den hier vorliegenden Entwurf voraus.

    (Zuruf: Wo steht denn das?)

    Ich meine im Gegenteil, wir sollten die Gliederung noch vervielfachen, weil ein praktisches Bedürfnis dafür vorhanden ist. In dem Zusammenhang habe ich die Frage aufgeworfen, ob man nicht im Zuge der Neuzulassung solcher Kassen dann auch die früher sehr bewährten genossenschaftlichen Kassen zulassen sollte. Das ist die klare Antwort auf die Frage, die Sie gestellt haben. Ich habe also nicht von den jetzigen Kassen gesprochen, sondern von neuen Kassen, die nach meinem Wunsch wieder entstehen sollten.
    Da aber sage ich Ihnen gleich: ich werde mich dagegen wehren, daß solche Kassen unbedingt den Rechtsstatus einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft haben sollen. Wenn sie ihn durchaus haben wollen, meinetwegen! Aber es sollte dann dem beteiligten
    Personenkreis überlassen sein, welchen Status er wählt. Ich könnte mir nach den Erfahrungen mit den früheren Rechtsformen der Angestellten-Krankenversicherung denken — ich denke jedoch nicht allein an die Angestellten, sondern an den Gesamtkreis der Versicherten —, daß man diese sehr bewährte Form wählt.
    Ich komme zum Schluß meiner Ausführungen.

    (Zuruf von der SPD: Bravo!)

    — Sie können sich nicht beklagen; ich war einer der kürzesten Redner. Ich rede seit zwei Jahren heute zum erstenmal wieder im Plenum. Ich bin einer der „sparsamsten" Redner hier im Plenum. Also mir brauchen Sie solche Zwischenrufe nicht zu machen; sie sind nicht gerade sehr artig.
    Ich komme also zum Schluß und stelle nochmals heraus: begrüßenswert sind an dem Gesetzentwurf die ganz offensichtlichen Leistungsverbesserungen für die langfristig Kranken, nicht allein für die Schwerkranken, sondern für die langfristig Kranken; des weiteren ist begrüßenswert, daß das Vakuum zwischen Krankheit und Rentenbezug beseitigt wird; des weiteren, daß nunmehr die ganze Familie von der Krankenversicherung erfaßt wird — ein ganz gewaltiger Fortschritt —; des weiteren, daß nunmehr alle Ärzte zugelassen werden und daß sich der Versicherte nunmehr in einer echten freien Arztwahl den Arzt seines Vertrauens aussuchen kann.
    Begrüßenswert sind ,die nunmehr als Pflichtleistung vorgesehenen Vorsorgeuntersuchungen. Ich übersehe allerdings nicht, daß viele Kassen solche Vorsorgeuntersuchungen schon praktiziert haben; aber das waren Kann-Leistungen. Nunmehr ist es eine Pflicht-Leistung, und jeder Versicherte kann von dieser Pflicht-Leistung Gebrauch machen. Ich denke dabei auch an die Wohltat des vollen Zahnersatzes,

    (Abg. Dr. Schellenberg: Notwendiger Zahnersatz!)

    der unter bestimmten Bedingungen gewährt wird. — Herr Professor Schellenberg, Sie sind ja kein Demagoge; Sie werden zugeben müssen: es sind ganz gewaltige Verbesserungen des Leistungsrechts der Krankenversicherung.

    (Abg. Dr. Schellenberg: 5 % des gesamten Leistungsaufwandes!)

    — Wenn wir von Solidarität sprechen, dürfen wir
    nicht sagen: „Weil nur 5 Prozent praktisch eine Leistungsverbesserung bekommen, wollen wir" usw.

    (Zurufe von der SPD.)

    Das ist der soziale Gedanke in der Krankenversicherung und auch in der Rentenversicherung, daß einer für alle und alle für einen einstehen. Daran wollen wir nicht rütteln. Sie könnten auch mit den ein bis zwei Prozent langfristig Kranken kommen; da könnte man auch sagen: „Wegen dieser ein bis zwei Prozent langfristig Kranken machen wir einen Radau!" Jawohl, die anderen haben für die Leute einzustehen. Das wollen Sie ja auch. Nur bin ich der Meinung, man sollte dann für diesen Zweck



    Schneider (Hamburg)

    nicht den Beitrag für die kranken Versicherten, man sollte ihn dann für alle Versicherten erhöhen. Das wäre versicherungsgerecht. Der hier vorgesehene Weg — da komme ich wieder auf die Beteiligung zurück — ist nicht mehr versicherungsgerecht, sondern nach meinem Gefühl versicherungsungerecht. Nicht den Kranken darf ich den Beitrag erhöhen, sondern den Versicherten. Dann verteilt sich die Last auf sehr viele.
    Es sind, wie gesagt, noch Forderungen zu erheben. Ich möchte sie am Schluß noch einmal zusammenfassen.
    Die Aufbringung der erhöhten Kasten sollte nicht zentralistisch erfolgen. Überlasse man das einmal den Selbstverwaltungen, die in all den Jahrzehnten mit diesem Problem fertiggeworden sind. Mir hat kürzlich eine Kasse gesagt: „Wir brauchen keine Beitragserhöhung; wir übernehmen alle diese Lasten. Wir brauchen es nicht." Wie sie es verkraften, ist ihre Sache.
    Des weiteren sollten wir aus dem Gesetzentwurf alles beseitigen, was weniger Selbstverwaltung bedeutet. Ja, wenn es geht, sollten wir den Umfang der Selbstverwaltung noch erweitern.
    Die bewährte weitgehende Gliederung unserer Krankenversicherung sollten wir nicht aufgeben, nicht abstoppen; wir sollten sie nach Möglichkeit sogar noch erweitern.
    Des weiteren sollte den Krankenkassen ein voller Ersatz von Staats wegen gegeben werden für alle Auftragsleistungen. Ich denke da an den Mutterschutz und an alles, was mit der Unfallversicherung zusammenhängt; ich denke dabei auch an die Rentnerversicherung. Alles, was nicht echte Aufgabe der Krankenversicherung, sondern Auftragsangelegenheit ist, sollte den Krankenkassen voll erstattet werden.
    Noch einen allerletzten Satz, weil der Sachverhalt in der Offentlichkeit entweder demagogisch dargestellt worden oder aber ein falscher Eindruck entstanden ist: Es handelt sich bei dem, was bisher umkämpft ist, um einen Entwurf der Bundesregierung. Es ist die Pflicht der Bundesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Aber dazu, das Gesetz zu machen, ist der Bundestag, sind wir da. Ich bin überzeugt, daß der Bundestag auch bei dieser Gesetzesmaterie unter Beweis stellen wird, daß er völlig frei, daß er in souveräner Weise — ohne Rücksicht auf die Meinung der Bundesregierung, wenn er seine Meinung als die richtigere erkennt — ein Gesetz schaffen wird, mit dem wir am Ende alle einverstanden sein werden, dem am Ende auch die SPD wird zustimmen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Es liegen noch sechs Wortmeldungen vor. Ich darf wohl als allgemeine Ansicht feststellen, daß alle bisherigen Redner und auch die kommenden Redner sich daran halten sollten, daß in der ersten Beratung nur über die allgemeinen Grundsätze zu sprechen ist. Es ist keine
Ausnahme davon, wenn die Grundsätze an Hand von Einzelbeispielen erörtert werden. Aber es besteht ebensowohl auch der Eindruck, daß durch zahlreiche Zwischenrufe und Zwischenfragen der Redner gezwungen wird, in Einzelheiten zu gehen, um die Fragen zu beantworten. Das führt uns dann doch mehr in das Stadium der Ausschußverhandlungen und der zweiten Lesung.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bärsch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Siegfried Bärsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin zunächst in der glücklichen Lage, Ihnen gegenüber eine freundlich Bemerkung machen zu können. Wir sind in bezug auf die geistige Freiheit in der günstigen Situation, Ihnen nicht nachstehen zu müssen. Der Zufall hat es gefügt, daß ich nach dem Herrn Kollegen Schneider spreche, und ich bin auch ein „Wilder".
    Ich will versuchen, nichts von dem zu wiederholen, was bereits angesprochen worden ist, sondern ein Thema erörtern, das vielleicht auf den ersten Blick etwas abseits liegt, das aber, wenn Sie sich die Mühe nehmen wollen, mir zu folgen, Ihnen als sehr aktuell und bedeutsam erscheinen wird. Wenn man davon ausgeht, daß einer der Hauptzwecke der sozialen Krankenversicherung die ärztliche Versorgung der Versicherten ist, wird man einsehen, daß ein zentraler Punkt der ganzen Frage, um die es hier geht, das ist, was wir Arzt-Patient-Verhältnis nennen. Dieses Verhältnis ist von großer Bedeutung, und seine Qualität hängt sowohl von den Bedingungen ab, unter denen der Patient ärztliche Leistungen entgegennehmen kann, als auch von den Bedingungen, unter denen der Arzt ärztliche Leistungen gewährt, als auch von den Bedingungen, die zwischen den Vertragspartnern, den Kassen auf der einen Seite und den Kassenärzten auf der anderen Seite, herrschen. Das ist das, was wir mit einem Terminus aus der sozialen Krankenversicherung als Arztrecht bezeichnen.
    Erlauben Sie mir, daß ich, um das, was ich hier darlegen will, zu verdeutlichen, etwas in die Vergangenheit zurückgehe und in kurzen Strichen die Entwicklung dieses Rechts darstelle. Diese Entwicklung des Arztrechts hat von der ursprünglich rein privatrechtlichen Beziehung zwischen dem Arzt und seinem Patienten, wie er heute noch in der Privatversicherung erhalten ist, über die privatrechtliche Beziehung des einzelnen Arztes zu den verschiedenen Trägern der sozialen Krankenversicherung geführt, nachdem die soziale Krankenversicherung am Ausgang des letzten Jahrhunderts eingeführt worden war, schließlich bis zur jetzigen öffentlich-rechtlichen Rahmenregelung des Verhältnisses zwischen den Trägern der sozialen Krankenversicherung einerseits und den Vereinigungen der Kassenärzte andererseits, die sich im Laufe dieser Entwicklung gebildet haben. Den vorläufigen Abschluß hat diese Entwicklung mit der einstimmigen Verabschiedung des sogenannten Kassenarztrechts im Bundestag im Jahre 1955 gefunden.
    Es ist nicht schwer, die Analogie zu dieser Entwicklung bei den Arbeitnehmern und Arbeitgebern



    Dr. Bärsch
    aufzuspüren. Ihr fehlt gewissermaßen nur die Anfangsphase des sich gleichberechtigt Gegenüberstehens. Die Entwicklung beginnt vielmehr dort mit der rechtlosen Stellung des einzelnen, nicht organisierten Arbeiters gegenüber dem Unternehmer, der aus dem Angebot auswählen und Lohn- und Arbeitsbedingungen diktieren kann.
    Es folgt der Zusammenschluß der Arbeiter in den Gewerkschaften, entsprechend den kassenärztlichen Genossenschaften, wenn Sie so wollen, und der Unternehmer in den Arbeitgeberverbänden, entsprechend den Krankenkassenverbänden. Am Ende der Entwicklung unterscheiden sich beide Sozialpartnerschaften insofern voneinander, als es sich bei den Gewerkschaften und Arbeitgebern um freie Vereinigungen handelt, während die Krankenkassen und die kassenärztlichen Vereinigungen Körperschaften öffentlichen Rechts sind. Für beide aber, glaube ich, gilt eins: für den sozialen Frieden ist das Gleichgewicht der Partner von großer Bedeutung; denn nur so ist echte Partnerschaft möglich und tragfähig.
    Welche Elemente des jetzt bestehenden Kassenarztrechts stellen nun dieses Gleichgewicht der Partner her und sichern ihre Selbstverwaltung? Lassen Sie mich kurz diese Rechtspositionen und die institutionellen Sicherungen darlegen.
    Erstens. Beide Partner sind Körperschaften öffentlichen Rechts und unterliegen der Staatsaufsicht. Ihr demokratischer Aufbau ist gesetzlich verbürgt.
    Zweitens. Der gesetzliche Auftrag an die Krankenkassen, gemäß § 182 RVO im Rahmen der Krankenhilfe unter anderem auch ärztliche Behandlung zu gewähren, hat im Kassenarztrecht seine Entsprechung gefunden in einem gesetzlichen Auftrag an die kassenärztlichen Vereinigungen, ihrerseits und in eigener Verantwortung die nach § 182 RVO den Krankenkassen obliegende ärztliche Versorgung sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die kassenärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Jaeger.)

    Drittens. In Erfüllung dieser gesetzlichen Aufgaben schließen die Vertragspartner, Kassenärzte und Krankenkassen, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Verträge auf Bundes-, Länder- und Bezirksebene mit verbindlicher Wirkung für die Partner und ihre Mitglieder ab. In den Verträgen sind sowohl die Honorarfragen wie auch alle sonstigen Fragen der kassenärztlichen Versorgung der Versicherten zu regeln, soweit sie für eine verbindliche vertragliche Regelung reif sind. Damit füllt dieses Vertragsrecht, dessen Entwicklung sich über einen Zeitraum von fast vierzig Jahren erstreckt, die öffentlich-rechtliche Rahmenregelung aus und bietet die Möglichkeit laufender und elastischer Angleichung des Rechtsbodens, auf dem die Vertragspartner stehen und sich die kassenärztliche Versorgung vollzieht, an die Fortentwicklung auf medizinischem, sozialem und versicherungsrechtlichem Gebiet,
    Viertens. Sodann bestehen gemeinsame, paritätisch aus den Vertragspartnern zusammengesetzte Ausschüsse auf Bundes- und Landesebene, die Richtlinien im Sinne von Empfehlungen erlassen können, die von den Mitgliedern der Sozialpartner beachtet werden sollen. Auf diese Weise werden diejenigen Fragen geregelt, die einer verbindlichen vertraglichen Regelung noch nicht zugänglich sind, z. B. der Vorschlag, eine neue Heilbehandlung einzuführen oder ein neues Heilmittel probeweise in den Arzneimittelschatz aufzunehmen. Hier hat der Bundesarbeitsminister im Gegensatz zu dem eigentlichen Vertragsrecht ein Beanstandungs- und Ersatzvornahmerecht. Das heißt, er kann, was diese Ausschüsse als Empfehlung beschließen wollen, beanstanden und, wenn es nicht entsprechend geändert wird, die Richtlinie selbst erlassen.
    Fünftens. Kommt es zu keiner Einigung bei den Verhandlungen der Vertragspartner, tritt auf Antrag eines Partners die obligatorische Schlichtung durch Schiedsämter ein, die sich paritätisch — mit einem unparteiischen, unabhängigen Vorsitzenden an der Spitze — zusammensetzen und deren Zusammensetzung, Berufung und Befugnisse im Gesetz festgelegt sind.
    Ich fasse die derzeitige Rechtssituation zusammen: die Vertragspartner, Krankenkassen .und Kassenärztliche Vereinigung, stehen sich als öffentlichrechtliche Körperschaften mit einem gleichwertigen gesetzlichen Auftrag gegenüber: die ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewähren, § 182 RVO, bzw. diese ärztliche Versorgung ausschließlich und in eigener Verantwortung sicherzustellen, § 368 Abs. 2 RVO. Sie regeln ihre Beziehungen zum Zwecke der Durchführung dieses gesetzlichen Auftrages im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestimmungen der RVO in echter Selbstverwaltung mit Hilfe verbindlicher vertraglicher Vereinbarungen. Im Falle der Nichteinigung setzt eine obligatorische Schlichtung durch gesetzlich verankerte Schiedsgerichte ein, deren unparteiischer Charakter durch paritätische Zusammensetzung unter einem unabhängigen, überparteilichen Vorsitzenden gesichert ist.
    Meine Damen und Herren, verzeihen Sie bitte, daß ich dieses trockene Thema ausführlicher behandle. Es ist sehr bedeutsam, wie ich Ihnen in den weiteren Ausführungen noch darlegen zu können hoffe, wenn Sie die Güte haben wollen, mir aufmerksam zu folgen. Ich hoffe, Ihnen mit dieser Darstellung einen Eindruck davon vermittelt zu haben, daß hier eine lange und von Krisen nicht freie Entwicklung in einer echten und gesicherten gleichberechtigten Partnerschaft ihren vorläufigen Abschluß gefunden hat.
    Dabei wird man — das sei am Rande bemerkt — zwei Dinge festhalten müssen, die, glaube ich, die Einsicht der Ärzte in soziale Notwendigkeiten aufzeigen, nämlich einmal, daß sich die Ärzte im Interesse der ungestörten ärztlichen Versorgung der Versicherten einer obligatorischen Schlichtung unterworfen und auf Kampfmaßnahmen, welcher Art auch immer, verzichtet haben, und zweitens, daß die Ärzte aus sozialen Gründen in der Sozial-



    Dr. Bärsch
    versicherung ihre Dienstleistungen zu sozial gebundenen Tarifen zur Verfügung gestellt haben, und heute noch zur Verfügung stellen; sie sind jederzeit bereit, sie weiterhin auf dieser Basis zur Verfügung zu stellen.
    Das Ergebnis dieser im Jahre 1955 geschaffenen wirklichen Partnerschaft ist eine augenfällige Befriedung der Beziehungen zwischen den Vertragspartnern, ohne die die Versorgung der Versicherten auf die Dauer Schaden nehmen könnte.
    Nun komme ich zum Entwurf. Was macht der vorliegende Entwurf aus der gleichberechtigten Partnerschaft und aus dieser in Jahrzehnten organisch entwickelten, bewährten Selbstverwaltung? Er zerstört das Fundament, auf das die Gleichberechtigung der Partner gegründet ist, indem er den Kassenärzten bzw. ihren Vereinigungen den gesetzlichen Auftrag entzieht, die ambulante ärztliche Versorgung der Versicherten gegenüber den Kassen ausschließlich und in eigener Zuständigkeit und Verantwortung sicherzustellen. Auf diese Weise wird — oder es kann zumindest werden — aus den Kassenärzten als dem bisherigen Partner der Krankenkassen e i n Partner, das heißt ein Partner unter anderen Partnern. So werden die Kassenärzte auf eine schiefe Ebene gedrängt, auf der sie vom kaum gleichberechtigt gewordenen Partner zum mehr oder weniger geachteten Erfüllungsgehilfen der Sozialversicherung absinken, der sie durch viele Jahrzehnte hindurch gewesen sind.
    Recht deutliche Ansätze dieser Entwicklung finden Sie ohne Schwierigkeiten im vorliegenden Entwurf, z. B. in der uneingeschränkten Einbeziehung der Universitätspolikliniken und der Eigeneinrichtungen der Krankenkassen in die kassenärztliche Versorgung, wobei die Ausweitung und Vermehrung dieser Eigeneinrichtungen der Krankenkassen im vorliegenden Entwurf im Gegensatz zum bestehenden Recht auch ohne Zustimmung des ärztlichen Partners möglich gemacht wird. Und wenn es sich, meine Damen und Herren, in dem § 382 des vorliegenden Entwurfs nicht um einen Druckfehler handelt, in dem von „Universitäts- und Polikliniken", nicht von Universitätspolikliniken gesprochen wird, dann ist dadurch einer neuen Einrichtung die gesetzliche Grundlage geschaffen worden, nämlich der Poliklinik, die heute mit Ausnahme der Universitätspolikliniken noch nicht besteht. Denkt man hier vielleicht an einen Beitrag zur Sanierung der Krankenhäuser durch die Einrichtung von Polikliniken und deren Einschaltung in die kassenärztliche Versorgung? Durch die Aufhebung des gesetzlichen Auftrags an die Kassenärzte, die ambulante ärztliche Versorgung der Versicherten sicherzustellen, und zwar in eigener und ausschließlicher Verantwortung gegenüber dem Vertragspartner, ist diese Einbeziehung anderer Träger ärztlicher Dienste in die kassenärztliche Versorgung und — meine Damen und Herren, ich betone das in vollem Bewußtsein dessen, was ich sage — die Ablösung des freiberuflich tätigen Kassenarztes in der kassenärztlichen Versorgung zugunsten anderer Einrichtungen mit angestellten Ärzten zumindest möglich. Ich denke, meine Damen und Herren, daß das keine Bagatellen sind, für Ärzte nicht und für die Versicherten nicht. Unmittelbarer Anschauungsunterricht ist jedem von Ihnen möglich, allerdings nur durch einen Blick über die östlichen Grenzen der Bundesrepublik. In der westlichen Welt ist meines Wissens eine solche Entwicklung sonst noch nirgends in die Wege geleitet worden.

    (Abg. Ruf: Das ist genau die Platte aus Köln!)

    Ich will damit nicht behaupten, daß Sie eine solche Entwicklung im Auge haben. Ich darf Sie aber doch wohl bitten, ernsthaft zu versuchen, auf Grund des klipp und klar vorliegenden Textes des Gesetzentwurfs diese Frage mit uns zu prüfen; denn sie ist einfach zu ernst, als daß wir sie ungeprüft mit einer Handbewegung abtun können.
    Im Zusammenhang damit muß man auch eine weitere entscheidende Verschlechterung des bisherigen Rechts sehen, nämlich den Abbau der in vier Jahrzehnten in organischer Entwicklung geschaffenen Selbstverwaltung durch die weitgehende Beseitigung der bisherigen Möglichkeit, alle Fragen der kassenärztlichen Versorgung — soweit sie nicht in der RVO selbst geregelt sind — durch vertragliche Vereinbarung zwischen den Partnern zu regeln. Für solches Vertragsrecht gibt es lediglich noch eine einzige Materie, nämlich die Regelung des Prüfungswesens.

    (Zuruf von der Mitte: Und die Bundesausschüsse?)