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ID0308800200

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    Deutscher Bundestag 88. Sitzung Bonn, den 6. November 1959 Inhalt: Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität sowie die Veränderungen des Volkseinkommens je Erwerbstätigen und über die Finanzlage der Rentenversicherungen (Sozialbericht 1959) (Drucksache 1255) ; in Verbindung mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen aus Anlaß der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage für das Jahr 1959 (Zweites Rentenanpassungsgesetz —2. RAG) (Drucksache 1325) — Erste Beratung — Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Angestelltenversicherungsgesetzes und des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (FDP) (Drucksache 1276) — Erste Beratung — Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung und des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (FDP) (Drucksache 1277) Antrag betr. finanzielle Verpflichtungen des Bundes gegenüber den Trägern der Rentenversicherung (SPD) (Drucksache 1333) Blank, Bundesminister 4771 C, 4777 D Frau Friese-Korn (FDP) . . . . . 4774 B Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 4777 A Dr. Schellenberg (SPD) 4777 B, 4778 A Arndgen (CDU/CSU) . . . . . . 4777 B Horn (CDU/CSU) . . . . . . . . 4781 C Mischnick (FDP) . . . . . . . . 4784 C Frau Kalinke (DP) . . . 4777 C, 4786 D Frau Korspeter (SPD) . . . . . . 4793 A Meyer (Wanne-Eickel) (SPD) . . 4794 B Killat (Unterbach) (SPD) 4796 C Stingl (CDU/CSU) . . . . . . 4798 A Dr. Starke (FDP) 4802 A Erklärung gemäß § 36 GO Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 4803 C Nächste Sitzung 4803 D Anlage 4805 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode 88. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. November 1959 4771 88. Sitzung Bonn, den 6. November 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Graf Adelmann 25. 11. Dr. Atzenroth 7. 11. Berberich 6. 11. Dr. Besold 6. 11. Birkelbach 6. 11. Fürst von Bismarck 7. 11. Börner 7. 11. Dr. Brecht 6. 11. Dr. Bucerius 6. 11. Dr. Burgbacher 25. 11. Dr. Deist 6. 11. Dr. Dittrich 6. 11. Dr. Dollinger 6. 11. Drachsler 6. 11. Eilers (Oldenburg) 6. 11. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 6. 11. Geiger (Aalen) 6. 11. Dr. Gleissner 6. 11. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 15. 12. Haage 6. 11. Hahn 28. 11. Dr. Dr. Heinemann 6. 11. Dr. Hellwig 6. 11. Dr. Graf Henckel 6. 11. Heye 25. 11. Hilbert 1. 12. Frau Dr. Hubert 6. 11. Illerhaus 6. 11. Jacobs 15. 11. Jahn (Frankfurt) 15. 12. Josten 15. 11. Junghans 7. 11. Kisters 28. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 25. 11. Dr. Kohut 28. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kreitmeyer 25. 11. Leber 6. 11. Dr. Leiske 6. 11. Lenz (Trossingen) 6. 11. Lücker (München) 7. 11. Maier (Freiburg) 15. 12. Matthes 15. 11. Muckermann 6. 11. Müller-Hermann 6. 11. Müser 7. 11. Pietscher 6. 11. Prennel 6. 11. Dr. Preusker 6. 11. Probst (Freiburg) 25. 11. Dr. Ratzel 7. 11. Richarts 6. 11. Dr. Rutschke 6. 11. Scharnowski 6. 11. Dr. Schild 6. 11. Dr. Schmidt (Wuppertal) 6. 11. Frau Schmitt (Fulda) 25. 11. Schneider (Hamburg) 6. 11. Schüttler 6. 11. Dr. Seffrin 7. 11. Seuffert 6. 11. Stahl 6. 11. Stierle 7. 11. Dr. Vogel 25. 1.1. Wacher 6. 11. Wagner 6. 11. Walpert 12. 11. Wehking 6. 11. Weinkamm 7. 11. Dr. Willeke 6. 11. Wittrock 6. 11. b) Urlaubsanträge Blachstein 12. 11. Finckh 1. 12. Storch 14. 11.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Theodor Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat den gesetzgebenden Körperschaften alljährlich bis zum 30. September über die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherungen, über die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität sowie über die Veränderungen des Volkseinkommens je Erwerbstätigen im voraufgegangenen Kalenderjahr zu berichten. Sie hat das Gutachten des Sozialbeirates vorzulegen und Vorschläge für eine etwaige Anpassung der laufenden Renten zu machen. Diese Verpflichtung hat die Bundesregierung mit der Vorlage des Sozialberichts 1959, dem das Gutachten des Sozialbeirates beigefügt ist, und dem vorgelegten Entwurf eines Zweiten Rentenanpassungsgesetzes erfüllt.
    Die Bundesregierung schlägt vor, die Renten, die auf einem Versicherungsfall im Jahre 1958 oder früher beruhen, um 5,94 v. H. zu erhöhen, also um den Prozentsatz, um den sich die allgemeine Bemessungsgrundlage von 1958 auf 1959 erhöht hat. Hierzu möchte ich ausdrücklich feststellen, daß dieser Vorschlag keine schematische Fortsetzung der Regelung des Vorjahres bedeutet, durch die die Renten ebenfalls in Höhe der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlagen angepaßt wurden. Der Vorschlag beruht vielmehr auf einer erneuten eingehenden Prüfung sämtlicher Tatsachen, die bei der Entscheidung über die Rentenanpassung zu berücksichtigen sind. Das Gesetz verlangt, daß in jedem Jahr erneut die wirtschaftliche und finanzielle Vertretbarkeit der Anpassung geprüft wird. Das Ergebnis der diesjährigen Prüfung ist im Sozialbericht 1959 niedergelegt.
    In Teil A des Berichts wird über die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik im Jahre 1958 mit einem Ausblick auf die Jahre 1959 und 1960 berichtet. Teil B enthält die Darstellung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherungen; mit der Beurteilung der Gesamtlage im Hinblick auf die



    Bundesarbeitsminister Blank
    Frage der Rentenanpassung, wie sie sich aus Teil A und B ergibt, schließt der Bericht in seinem Teil C. Ich darf auf folgende Einzelheiten eingehen:
    I. Im ersten Teil des Sozialberichtes ist die wirtschaftliche Entwicklung im Jahre 1958 dargestellt.
    Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Produktivität und das Volkseinkommen je Erwerbstätigen nahmen auch im Jahre 1958 zu. Allerdings zeigte sich, daß das wirtschaftliche Wachstum langsamer war als in den voraufgegangenen Jahren und, wie erkennbar wird, auch langsamer als im laufenden Jahr. Diese für das vergangene Jahr typische konjunkturelle Atempause, verbunden mit strukturellen Anpassungsvorgängen, führte in einzelnen Wirtschaftsbereichen — so besonders in der Montan- und in der Textilindustrie — zu Produktionsrückgängen, die indessen durch Produktionssteigerungen in nahezu allen anderen Bereichen mehr als aufgewogen wurden. Als besondere Merkmale der wirtschaftlichen Entwicklung des vergangenen Jahres lassen sich die Stabilität der Preise bei abermals gestiegenen Masseneinkommen und die erneute beachtliche Zunahme der privaten Spartätigkeit anführen.
    Der Sozialbericht 1959 geht im einzelnen auf die folgenden, im Zusammenhang mit der Rentenanpassung bedeutsamen wirtschaftlichen Tatbestände ein, die ich in wenigen Sätzen zusammenfassen darf:
    Die Wohnbevölkerung und die Zahl der Erwerbspersonen und der Beschäftigten nahmen 1958 nur geringfügig zu; lediglich der Anteil der beschäftigten Frauen stieg wie in den voraufgegangenen Jahren überdurchschnittlich. Die Arbeitslosigkeit hielt sich im Mittel auf dem schon 1956 und 1957 erreichten niedrigen Stand.
    Die Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die auch 1958 konkret zu einer Wohlstandsmehrung aller Schichten der Bevölkerung führte, spiegelt sich in der Wertzunahme des Sozialprodukts um rund 6 v. H. wider. Das mengenmäßige Wachstum des Sozialprodukts betrug knapp 3 v. H. (gegenüber 5 v. H. im Jahre 1957). Nachhaltige Preisänderungen hat es 1958 nicht gegeben. Der Maßstab für den Wert, den die Mark in der Hand der Hausfrau hat, der Preisindex für die Lebenshaltung, hat am Jahresende nur eine geringe Erhöhung um einen Punkt gegenüber dem Beginn des Jahres angezeigt. Ich erwähne das besonders, weil sich die Rentenreform erst im Jahre 1958 voll ausgewirkt hat; wie sich zeigte, ohne daß die von manchen Kreisen befürchteten Störungen eintraten. Seit der Jahresmitte 1958 kam es sogar — vor allem bei gewerblichen Konsumgütern — zu spürbaren Verbilligungen, obwohl die Masseneinkommen durch Lohn- und Rentenerhöhungen um über 8 v. H. gestiegen sind. Der besonnene Verbrauch der erhöhten Einkommen, vor allem die Tatsache, daß beträchtliche Teile davon gespart wurden, bewirkten jedoch, daß Preissteigerungstendenzen nicht aufkamen. Die schon 1957 einsetzende hohe Spartätigkeit verstärkte sich; von den verfügbaren privaten Einkommen wurden 1958 nicht weniger als knapp 9 v. H. gespart. Rund ein Drittel der gesamtwirtschaftlichen Vermögensbildung wurde auf diese Weise durch private Ersparnisse finanziert, wodurch der Rückgang der Kapitalbildung durch die gesetzlichen Rentenversicherungen mehr als wettgemacht wurde.
    Die gesamtwirtschaftliche Produktivität hat sich auch 1958 erhöht, und zwar um rund 2 v. H. In der Industrie, wo die Voraussetzungen für Produktivitätserhöhungen besonders günstig sind, wurde eine Produktivitätsverbesserung von knapp 3 v. H. gemessen. Gleichzeitig wurde die Arbeitszeit in der Industrie um über 2 v. H. verkürzt. Pro Arbeitsstunde ergab sich somit eine Produktivitätserhöhung von mehr als 5 v. H. Ich sehe in dieser erfreulichen Entwicklung einen Beweis dafür, daß Möglichkeiten, die Produktion zu steigern, auch dann gegeben sind, wenn Arbeitskraftreserven nur noch sehr beschränkt zur Verfügung stehen.
    Das Volkseinkommen je Erwerbstätigen nahm 1958 um rund 41/2 v. H. zu. Die im Herbst dieses Jahres beobachteten wirtschaftlichen Daten lassen erwarten, daß die kräftige Belebung der Wirtschaftstätigkeit, die Anfang dieses Jahres eingesetzt hat, auch weiter anhalten wird. Auftragseingänge, Beschäftigung, Produktion und Außenhandel — vor allem die Einfuhr — erreichten neue Höchststände. Das mengenmäßige Wachstum des Sozialprodukts im Jahre 1959 wird auf 5 v. H. geschätzt, womit die Zunahme des Vorjahres erheblich überschritten wird. Die Produktivität wird nach vorläufigen Schätzungen um 3 1/2 v. H. steigen. Die Nachfrage der Endverbraucher hat sich dagegen bisher weiter sehr zurückhaltend entwickelt, so daß von da her keine Bedrohung des Geldwertes zu erwarten ist. Auch aus einer Rentenerhöhung würde sich keine spürbare Ausweitung des Verbrauchs ergeben. Die Verbrauchszunahme würde weniger als 1/2 v. H. des Gesamtverbrauchs ausmachen.
    Im zweiten Teil des Sozialberichts, der die Finanzlage der Rentenversicherungen behandelt, sind die Rechnungsergebnisse in den Rentenversicherungen im Jahre 1958 dargestellt und dann die Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherungen im Jahre 1959 vorausgeschätzt worden.
    Durch die Rechnungsergebnisse sind die Vorausschätzungen, die im vorjährigen Sozialbericht über die Einnahmen und Ausgaben in den Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten im Jahre 1958 enthalten waren, im wesentlichen bestätigt worden. Die Vorausschätzungen der Einnahmen und Ausgaben im Jahre 1959 im neuen Sozialbericht führen zu einem etwas günstigeren Endergebnis als die Vorausschätzungen für 1959 im vorigen Sozialbericht. Deshalb können aus dem vorjährigen Sozialbericht auch die Vorausschätzungen für den ganzen ersten Deckungsabschnitt, die sich auf die Einnahmen- und Ausgabenrechnung des Jahres 1958 stützen, grundsätzlich beibehalten werden. Es können ohne eine ins Gewicht fallende Unterschreitung des für das Ende des ersten Deckungsabschnitts — 1966 — vorgesehenen Rücklagesolls in der Rentenversicherung der Arbeiter noch drei weitere Rentenanpassungen ab



    Bundesarbeitsminister Blank
    1. Januar 1960, 1961 und 1962 erfolgen, in der Rentenversicherung der Angestellten noch die zweite Rentenanpassung ab 1. Januar 1960.
    Diese Feststellung könnte hinsichtlich der Rentenversicherung der Angestellten noch verbessert werden, wenn man den Saldo aus Mehreinnahmen und Mehrausgaben der Versicherungsträger berücksichtigte, die für die Zukunft zu erwarten wären, wenn das im Entwurf vorliegende Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz und die in Arbeit befindliche Verordnung über die Feststellung von Rentenleistungen bei verlorengegangenen Versicherungsunterlagen geregelt, die Erstattungen des Bundes nach dem ehemaligen § 90 des Bundesversorgungsgesetzes für die Zeit bis zum 31. Dezember 1956 endgültig abgerechnet und der Finanzausgleich in der Wanderversicherung zwischen der Rentenversicherung der Arbeiter und der Rentenversicherung der Angestellten abschließend geregelt sein werden. Unter diesen Voraussetzungen könnte in der Rentenversicherung der Angestellten noch eine dritte Rentenanpassung ab 1961 ohne eine ins Gewicht fallende Unterschreitung des Rücklagesolls durchgeführt werden.
    Nach dem Ergebnis der wirtschaftlichen Entwicklung, wie sie in Teil A des Sozialberichts 1959 dargelegt ist, läßt sich nach Auffassung der Bundesregierung eine Anpassung in Höhe von 5,94 v. H. verantworten, ohne daß dadurch eine Störung der wirtschaftlichen Entwicklung zu befürchten wäre. Die zusätzlichen Ausgaben für die Anpassung in Höhe von 770 Millionen DM jährlich fallen zwar in die Zeit einer gegenüber dem Vorjahr beschleunigten konjunkturellen Entwicklung. Anders als im Vorjahr kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, daß eine zusätzliche Nachfrage auf nicht ausgelastete Kapazitäten mit freien Arbeitskraftreserven stoßen würde. Die gegenüber dem Vorjahr geänderten konjunkturellen Bedingungen sind aber nach Auffassung der Bundesregierung, die sich mit der Auffassung des Sozialbeirats deckt, nicht so zu werten, daß die Anpassung um 5,94 v. H. nicht verantwortet werden könnte. Die 770 Millionen DM Mehrausgaben stellen 0,3 v. H. des für das Jahr 1960 zu erwartenden Brutto-Sozialprodukts von 250 Milliarden DM dar. Im Jahre 1957, als das Sozialprodukt niedriger war als heute und unter einem stärkeren Nachfragedruck stand, haben die Mehraufwendungen aus der Rentenreform in Höhe von mehr als 4 Milliarden DM zu keiner feststellbaren Veränderung der Angebots- und Nachfragerelationen und zu keinem Preisdruck geführt.
    Die finanzielle Seite der Anpassung bereitet demgegenüber größere Sorge. Aber auch hier steht fest: die vorgeschlagene Anpassung ist möglich, ohne daß das bis zum 31. Dezember 1966 vorgeschriebene Rücklagesoll unterschritten wird. Ich betone: die vorgeschlagene Anpassung; eine darüber hinausgehende Anpassung, insbesondere eine rückwirkende auch für das Jahr 1959 geltende Anpassung, ist im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Finanzlage der Rentenversicherungen nach Auffassung der Bundesregierung nicht vertretbar.

    (Abg. Arndgen: Sehr richtig!)

    Die Vorausberechnungen des Vorjahres, denen nur die Rechnungsergebnisse für das Jahr 1957 und für einen Teil des Jahres 1958 zugrunde gelegt werden konnten, sind — wie ich bereits erwähnte — durch die endgültigen Rechnungsergebnisse bestätigt worden. Die Vorausberechnungen im Sozialbericht 1959 bauen bereits auf einer breiteren Basis gesicherter Daten auf. Ich erwähne das, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, der Vorschlag der Bundesregierung stünde auf einem finanziell ungesicherten Boden. Die zukünftige Finanzlage der Rentenversicherungen, der unser besonderes Augenmerk gelten muß, wird aber entscheidend davon abhängen, welche Mehrbelastung die bevorstehende Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts und die in Vorbereitung befindliche Verordnung über die Feststellung von Leistungen bei in Verlust geratenen Versicherungsunterlagen bringen werden, ferner davon, welche Einnahmen die Versicherungsträger aus der noch durchzuführenden Abrechnung der Erstattungsforderungen — u. a. nach § 90 BVG — zu erwarten haben, und schließlich davon, wie zwischen Arbeiterrenten- und Angestelltenversicherung der Ausgleich wegen der Wanderversicherung geregelt wird. Ihre volle Berücksichtigung werden diese im Teil B des Sozialberichts berührten Probleme nach Ergehen der notwendigen Rechtsvorschriften allerdings erst in der versicherungstechnischen Bilanz zum Stichtag 1. Januar 1959 finden. Die versicherungstechnische Bilanz wird auch insofern ein sicheres Urteil über die. zukünftige Finanzlage zulassen, als sie auf den Ergebnissen besonderer statistischer Erhebungen wird aufbauen können, die zu diesem Zweck durchgeführt worden sind und noch durchgeführt werden.
    Der den gesetzgebenden Körperschaften zugleich mit dem Sozialbericht zugeleitete Entwurf des 2. Rentenanpassungsgesetzes bestimmt, daß an der Anpassung alle Bezieher von Versicherten- und Hinterbliebenenrenten teilnehmen, deren Rente nicht nach der allgemeinen Bemessungsgrundlage des Jahres 1959 berechnet ist. Dazu zählen vor allem sämtliche Renten, die auf Versicherungsfällen des Jahres 1958 und früher beruhen, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um umgestellte Renten alten Rechts oder um Renten handelt, die schon nach neuem Recht berechnet sind.
    Mit der Erhöhung der allgemeinen Bemessungsgrundlage von 1958 auf 1959 war ab 1. Januar 1959 auch eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze von 9000 auf 9600 DM jährlich verbunden. Als Folge dieser Erhöhung hat sich eine Erhöhung der Rentenhöchstbeträge ergeben, und deshalb sind diesmal in die Anpassung auch die Renten der Arbeiter- und Angestelltenversicherung einbezogen, die infolge des Erreichens oder Überschreitens der Rentenhöchstbeträge von der 1. Rentenanpassung ausgeschlossen waren. Das Gesagte gilt jedoch für die Renten aus der knappschaftlichen Rentenversicherung nicht, weil in diesem Versicherungszweig die



    Bundesarbeitsminister Blank
    Beitragsbemessungsgrenze unverändert geblieben ist. Sie beträgt nach wie vor 12 000 DM jährlich oder 1000 DM monatlich.
    Die für die Rentenanpassung gewählte Technik stellt sicher, daß die Masse der anzupassenden Renten von den Rechnungsstellen der Bundespost mit Hilfe elektronischer Rechenautomaten umgerechnet werden kann, ohne daß die Versicherungsträger dabei eingeschaltet zu werden brauchen. Dem Berechtigten wird mit der Auszahlung der Rente für den" Monat März eine schriftliche Mitteilung über die Anpassung gegeben. Wenn das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet und im Bundesgesetzblatt verkündet wird, wird die Post in der Lage sein, die Erhöhungsbeträge für die Monate Januar, Februar und März im Laufe des Monats März 1960 auszuzahlen. Die laufende Auszahlung des neuen Rentenzahlbetrages kann dann ab April 1960 erfolgen.
    Ich darf zum Schluß noch mit einigen Worten auf die Arbeit des Sozialbeirats eingehen. Der Vorschlag der Bundesregierung deckt sich mit dem Vorschlag des Sozialbeirates. Der Beirat spricht sich ebenfalls für eine Anpassung um 5,94 v. H. mit Wirkung vom 1 Januar 1960 aus. Im Vorjahre hatte der Beirat zwar einen Vorschlag zur Anpassung gemacht, konnte sich aber nicht auf eine Begründung des Vorschlags einigen. Die Bedenken, die sich daraus gegen ihn und seine Aufgabe ergaben, können jedoch durch das Ergebnis seiner diesjährigen Beratungen als ausgeräumt gelten. Meine Zuversicht, daß die Mitglieder des Sozialbeirates sachlich und methodisch aus ihrer vorjährigen Zusammenarbeit so wertvolle Erfahrungen gewonnen hätten, daß sie bei Fortsetzung ihrer Tätigkeit in diesem Jahr nicht nur zu einem Beratungsergebnis, sondern auch zu einer gemeinsam erarbeiteten Begründung komme würden, hat sich zu unser aller Genugtuung bestatigt. Ich glaube auch im Sinne dieses Hohen Hauses zu handeln, wenn ich den Mitgliedern des Beirates für die geleistete verantwortungsvolle Arbeit danke.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort zur Begründung der unter c und d aufgeführten Entwürfe hat Frau Friese-Korn.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Lotte Friese-Korn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Atmosphäre, unter der wir gestern abend die Plenarsitzung beendeten, war nicht gut. Und nun ist es wieder genauso gekommen wie das letzte Mal, als wir sozialpolitische Fragen berieten: es ist wieder der letzte Tag der Woche, die Abgeordneten sind erschöpft, und wir sprechen vor einem leeren Haus. Wir sind der Ansicht, daß es im Interesse einer ordentlichen Behandlung der sozialpolitischen Anliegen nicht zweckdienlich ist, weiterhin so zu verfahren. Wir wären den Herren Geschäftsführern der Fraktionen sehr dankbar, wenn sie sich in Zukunft bei solchen permanenten Verschiebungen, wie sie gestern nachmittag wieder vorgenommen worden sind, auch einmal in die Lage derjenigen versetzten, die mit den folgenden Punkten der Tagesordnung befaßt sind. Wir mußten nach dem Verlauf der gestrigen Sitzung annehmen, daß unsere Materie erst in der nächsten Woche behandelt würde.
    Der Herr Minister hat heute sein Zweites Rentenanpassungsgesetz zum Teil fast mit den gleichen Argumenten vorgelegt, die er schon vor einem Jahr vorgebracht hat. Wir haben getreu einem Versprechen, das ich hier vor einem Jahr bei der dritten Lesung des Ersten Rentenanpassungsgesetzes abgelegt habe, eine Novelle zu den Rentenneuregelungsgesetzen eingebracht. Mit dieser Novelle wollen wir das Versprechen einlösen, daß wir uns nicht nur negativ zur Anpassung verhalten, sondern daß wir auch positive Vorschläge zur Regelung machen wollen.
    Wir haben im vorigen Jahr beanstandet, daß keine versicherungsmathematische Bilanz vorlag. Wir haben beanstandet, daß überhaupt keine klare Übersicht über die finanzielle Lage der Rentenversicherungsträger besteht — gar nicht bestehen kann —, bevor der Wanderversicherungsausgleich vorgenommen worden ist. Der Minister ist heute wieder darauf eingegangen und hat uns wieder einmal beruhigend gesagt, daß dieser Ausgleich nun kommt. Wie gesagt, genau dasselbe ist im vorigen Jahr gesagt worden.
    Wir hatten kein rechtes Vertrauen zu diesen Versprechungen. Daß' diese Haltung berechtigt war, zeigt uns der heutige Tag. Denn es ist inzwischen gar nichts geschehen. Es ist kein Bundesausgleich nach § 90 des Bundesversorgungsgesetzes erfolgt. Es ist kein Ausgleich nach § 72 dies Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der 131 er erfolgt, und es ist der Wanderversicherungsausgleich nicht erfolgt.
    Dabei handelt es sich um Beträge von solchen Ausmaßen, daß bei einer ,anderen Regelung, als sie in den Neuregelungsgesetzen ursprünglich vorgesehen war, die Eigenständigkeit der jetzt geltenden Rentenversicherung erheblich gefährdet werden könnte. Wenn man weiß, daß die Forderungen der Angestelltenversicherung aus dem Wanderversicherungsausgleich etwa 3 Milliarden betragen und daß, wie hier wieder betont wurde, eine Anhebung in den verschiedenen Rentenversicherungen — je nachdem, wie der Ausgleich vorgenommen wird — entweder bei der einen oder bei der 'anderen Versicherung früher zu einem finanziellen Fiasko führt, dann wird ganz deutlich, daß sich die Gefahr einer Nivellierung beider Gesetze abzeichnet. Unsere Befürchtung, daß auf Kosten der Angestelltenversicherung ein manipulierter Ausgleich vorgenommen werden könnte, trägt mit dazu bei, daß wir Ihnen heute unsere Novelle vorlegen.
    Wie gesagt: um 10 Monate ist der Termin überschritten, zu dem die versicherungsmathematische Bilanz erstellt werden sollte. Im vorigen Jahr haben Sie uns mit Recht gesagt, noch stehe die versicherungsmathematische Bilanz aus...

    (Abg. Stingl: Das ist doch z u m 1. 1.!)

    — 1959!

    (Abg. Stingl: Das ist doch der Stichtag!)




    Frau Friese-Korn
    — Es sollte der Stichtag zum 1. 1. 1959 sein; es sind seitdem immerhin 10 Monate verstrichen. Ich verstehe, ich habe mich korrigiert. Der Regierungsentwurf veranlaßt jedoch noch einmal eine volle Anpassung ohne Vorlage der versicherungsmathematischen Bilanz.
    Nun, wie es auch sein mag: die Unruhe um die finanzielle Sicherheit der Rentenversicherungsträger hat viele Kollegen auch .aus Ihren Reihen erfaßt. Nicht also der Ehrgeiz, hier als erste Fraktion eine notwendige Novelle einzubringen, hat uns bewogen, diese Gesetzesnovelle vorzulegen. Es ist bedauerlich, daß der Ernst, der hinter diesem Anliegen steht, einfach mit dem Hinweis abgetan werden soll, für eine solche Novelle sei jetzt noch nicht die richtige Zeit. Wann ist denn die richtige Zeit? Wenn wir jetzt nicht bei der zweiten Anpassung warnen, haben wir wahrscheinlich auch vor einer dritten die notwendige Klarheit noch nicht.
    Auf welche Weise wollen wir mit der Novelle die Gefahren des Vermögensschwundes verringern? Das Hauptanliegen unseres Gesetzentwurfes ist die Forderung, die jährliche Feststellung der Bemessungsgrundlage durch Gesetz vorzunehmen. Während nach den jetzigen Gesetzesbestimmungen erst die Anpassung durch Gesetz erfolgt, halten wir es für notwendig, daß auch die Neufestsetzung der Renten durch Gesetz vorgenommen wird, und zwar unter Berücksichtigung derselben finanzpolitischen Faktoren, deren Beachtung bisher erst bei der Anpassung vorgeschrieben ist. Wir sehen darin eine doppelte Sicherung.
    Wir möchten aber noch eine weitere einbauen. Um in die Dynamik eine gewisse Bremse einzubauen, schlagen wir vor, daß die Erhöhung nur dann vorgenommen wird, wenn sich die Beitragsbemessungsgrundlage um mindestens 10 % erhöht hat.

    (Abg. Stingl: Das ist doch eine Statik, keine Dynamik!)

    — Bei dem Vorschlag, den wir jetzt unterbreiten, bleibt die Lohnbezogenheit der Rente absolut erhalten, Herr Stingl; sie wird nur in einem gewissen Sinne gebremst.
    Außerdem würde dann — das ist ein wesentlicher Vorteil dieser Lösung — die Anpassung automatisch erfolgen können. Wenn die Vorsichtsmaßnahmen bei der Neufestsetzung eingebaut werden, dann kann die Anpassung automatisch erfolgen. Bisher konnte sie nur durch eine politische Automatik erreicht werden. Die Neu- und Altrenten dürfen sich nicht so weiter auseinanderentwickeln. Ich erinnere an die Anträge der SPD vom vorigen Jahre, die auf die sofortige Anpassung hinsteuerten. Bei der jetzigen Regelung wird die Entwicklung immer weiter auseinandergehen. Wir halten das nicht für gut. Unruhe und Unzufriedenheit unter den Rentnern ist um so verständlicher, je weiter sich die Alt- und Neurenten auseinanderentwickeln.
    Wir glauben, daß wir mit der von uns vorgeschlagenen gesetzlichen Umstellung zweierlei erreichen, einmal eine größere und dauernde Sicherheit für eine versicherungsgerechte Rente durch eine gesunde Entwicklung der finanziellen Lage der Versicherungsträger und zum anderen die gleichmäßige Entwicklung von Alt- und Neurenten.
    Der diesjährige Bericht des Sozialbeirats enthält die gleichen Warnungen wie der des Vorjahres. Danach kann die Anpassung nur noch ein Jahr für die Angestelltenversicherung und drei Jahre für die Rentenversicherung erfolgen. Das ist eine unglückliche Lösung, wenn man genau weiß — und es ist schon im Gesetz vorgesehen —, was zu geschehen hat, wenn ein Defizit droht. Alle drei für diesen Fall vorgesehenen Maßnahmen — entweder drastische Beitragserhöhung oder Leistungseinschränkung oder wesentliche Erhöhung des Bundeszuschusses — müssen wir gleichermaßen ablehnen.
    Meine Herren und Damen, eine drastische Beitragserhöhung können wir den Versicherten unmöglich zumuten. Wir können auch nicht einer Einschränkung der Leistungen zustimmen. Es ist ein ungeeignetes Mittel, die Illiquidität hiermit ausgleichen zu wollen. Wahrscheinlich wird keiner in diesem Raume eine Leistungseinschränkung für zweckdienlich halten. Aber eine Erhöhung des Bundeszuschusses würde steuerliche Maßnahmen nötig machen! — Oh, ich muß mit Bedauern feststellen, daß der Herr Finanzminister gar nicht anwesend ist. Bei der Behandlung eines Gesetzes mit so wesentlichen finanziellen Auswirkungen wäre die Anwesenheit des Herrn Finanzministers dringend erwünscht; das möchte ich hiermit feststellen.

    (Beifall bei der FDP und SPD.)

    Wir haben in unserer Gesetzesnovelle weitere Verbesserungen vorgesehen, Verbesserungen, die schon bei der Beratung des Gesetzes erörtert wurden. Daß sie nicht schon damals vorgenommen wurden, hat man inzwischen bedauert, und gerade die hier in Betracht kommenden Probleme haben seitdem oft die Sozialgerichte beschäftigt. Die Änderungen haben nicht einmal große finanzielle Auswirkungen, sind aber für die Versicherten von wesentlichem Interesse.

    (Unruhe.)

    Ich möchte zwei dieser vorgeschlagenen Änderungen herausgreifen. Wir halten es für notwendig, daß für alle unselbständig Beschäftigten, deren Einkünfte die Versicherungspflichtgrenze überschreiten, die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht bestehenbleibt, die bei Übergang zum Rentenneuregelungsgesetz möglich war. Wir möchten ferner, daß Versicherte, die erst nach Erreichung des 50. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, ebenfalls von der Versicherungspflicht auf Antrag befreit werden können, weil sie wohl nur in den seltensten Fällen noch eine befriedigende Versicherungsleistung erreichen können.

    (Anhaltende Unruhe.)

    — Herr Präsident, ich muß gestehen, es ist fast unmöglich, sich verständlich zu machen.