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ID0306300200

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    Deutscher Bundestag 63. Sitzung Bonn, den 20. Februar 1959 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Meyer-Laule 3383 A Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Privatisierung des Bundesvermögens (Drucksache 617) Dr. Atzenroth (FDP) . . 3383 B, 3407 A Dr. Lindrath, Bundesminister . . . 3386 C Dr. Bleiß (SPD) . . . . 3391 A, 3398 B, 3405 B, C, 3406 A Dr. Hellwig (CDU/CSU) . 3395 A, 3398 B, 3404 D, 3405 C Dr. Steinmetz (DP) 3400 C Dr. Burgbacher (CDU/CSU) 3402 C, 3406 A Jacobi (SPD) . . . . . . . 3404 B, D Katzer (CDU/CSU) 3406 B Nächste Sitzung 3407 D Anlage 3409 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 63. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1959 3383 63. Sitzung Bonn, den 20. Februar 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 4. 4. Dr. Arndt 1. 3. Dr. Bärsch 28. 3. Dr. Barzel 20. 2. Bazille 20. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 9. 3. Berendsen 12 3. Dr. Besold 20. 2. Frau Beyer (Frankfurt) 20. 2. Birkelbach 20. 2. Dr. Birrenbach 20. 2. Blachstein 20. 2. Börner 27. 3. Dr. Brecht 20. 2. Caspers 20. 2. Dr. Deist 8. 3. Diel (Horressen) 23. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 28. 2. Eilers (Oldenburg) 20. 2. Dr. Furler 20. 2. Gaßmann 20. 2. Geiger (München) 20. 2. Frau Geisendörfer 20. 2. Gleisner (Unna) 20. 2. Dr. Götz 15. 3. Dr. Greve 11. 4. Dr. Gülich 31. 3. Günther 20. 2. Freiherr zu Guttenberg 12. 3. Hahn 20. 2. Hamacher 26. 2. Heinrich 16. 5. Hermsdorf 31. 3. Hesemann 20. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 4. 4. Illerhaus 20. 2. Jacobs 31. 3. Dr. Jaeger 20. 2. Jahn (Frankfurt) 31. 3. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jordan 20. 2. Knobloch 20. 2. Kramel 7. 3. Dr. Kreyssig 20. 2. Krüger (Olpe) 20. 2. Kunst 21. 4. Kurlbaum 8. 3. Leber 20. 2. Dr. Leiske 20. 2. Leukert 20. 2. Lohmar 20. 2. Lünenstrauß 20. 2. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 4. Mattick 20. 2. Frau Dr. Maxsein 20. 2. Mensing 20. 2. Dr. Meyer (Frankfurt) 16. 3. Frau Meyer-Laule 20. 2. Murr 28. 2. Müser 24. 2. Neuburger 20. 2. Odenthal 20. 2. Dr. Oesterle 21. 2. Pietscher 14. 3. Dr. Pflaumbaum 20. 2. Pöhler 20. 2. Probst (Freiburg) 20. 2. Rademacher 20. 2. Ramms 28. 2. Reitzner 20. 2. Frau Rösch 14. 3. Scheel 21. 2. Schmidt (Hamburg) 20. 2. Schneider (Hamburg) 20. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 20. 2. Schröder (Osterode) 31. 3. Schwarz 2. 4. Seuffert 20. 2. Dr. Starke 20. 2. Theis 20. 2. Dr. Weber (Koblenz) 20. 2. Weinkamm 7. 3. Wendelborn 20. 2.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage, die ich heute für meine Fraktion zu begründen habe, haben wir schon am 5. November vergangenen Jahres eingebracht. Wir bedauern außerordentlich, daß wir erst nach mehr als einem Vierteljahr Gelegenheit haben, diese Anfrage zu begründen und die Antwort der Bundesregierung zu erhalten. Wenn wir die Anfrage erst heute hätten einbringen können, dann wäre die eine oder andere Frage vielleicht etwas anders gestaltet worden. Trotzdem aber werden Sie aus unserer Anfrage bereits ersehen, daß es uns im wesentlichen um die Grundsatzfrage geht: um die Frage, ob sich die öffentliche Hand in der Wirtschaft betätigen solle und dürfe.
    Am 30. Oktober 1957 hat der Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes im Bulletin Nr. 208 folgendes verkündet — ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren —:
    Ich bin allerdings der Auffassung, daß man in einer sozialen, freien Marktwirtschaft doch danach trachten sollte, die aus der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand resultierenden Spannungen dadurch zu mindern, daß man jedem das Seine gibt. Man sollte der Wirtschaft lassen, was der Wirtschaft gebührt und gehört. Der Staat sollte sich nicht bemühen, als Konkurrent der freien Wirtschaft aufzutreten. Er soll sich befleißigen, hier doch etwas abzustoßen, möglichst alles.
    Diese Worte enthalten ein Programm, das die Freie Demokratische Partei seit einem Jahrzehnt hier im Bundestag verkündet. Unsere heutige Anfrage wäre überflüssig gewesen, wenn diesen Worten des Herrn Ministers auch die Taten gefolgt wären. Das ist nach unserer Meinung — und ich glaube, sie kann nicht bestritten werden — nicht geschehen. Alles das, was in letzter Zeit unter dem Deckwort „Privatisierung" an Maßnahmen angekündigt — nicht durchgeführt — worden ist, hat im Grunde mit unserer Grundsatzforderung nur sehr wenig zu tun. Von der Antwort der Bundesregierung wird es daher für uns abhängen, ob wir unseren Gesetzentwurf, der die Frage der Betätigung der öffentlichen Hand grundsätzlich regeln soll, wieder einbringen werden, wie es im 2. Bundestag schon geschehen ist.
    Warum ist nichts geschehen? Wir unterstellen ohne weiteres, daß Herr Minister Lindrath seine Worte ehrlich gemeint hat und den ernsten Willen hat, seine Ansichten durchzusetzen.

    (Anhaltende Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich bitte, dem Redner doch etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Es müssen wohl Widerstände von anderer Seite dazu geführt haben, daß eben praktisch noch nichts geschehen ist. Leider halten sich die Kreise, von denen der Widerstand ausgeht, verborgen im Hintergrund. Daß die SPD eine andere Meinung vertritt, ist offensichtlich. Aber dieser Widerstand wäre ja für Sie, meine Herren von der regierenden Partei, kein Hindernis, die Absichten Ihres Ministers durchzusetzen. Die Hindernisse müssen also wohl in erster Linie bei der CDU selbst liegen.
    Wir haben seinerzeit sehr bedauert, daß der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung zu der Frage der Betätigung der öffentlichen Hand auf



    Dr. Atzenroth
    dem gewerblichen Sektor keine Stellung genommen hat, obwohl unter seiner Führung von der CDU das Schlagwort „Privatisierung" im letzten Wahlkampf ausgiebig — und wir haben den Eindruck: auch mit Erfolg — verwendet wurde.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es hieß: „Eigentum für jeden", nicht „Privatisierung"!)

    — O nein! Wenn Sie wüßten, in wieviel Versammlungen mit dem Schlagwort „Privatisierung" hausieren gegangen worden ist — so darf ich das jetzt wohl nennen —, würden Sie meine Ausführungen bestätigen.
    Es wird uns also interessieren, ob uns heute die Bundesregierung verbindlich erklären kann, daß der Herr Bundeskanzler die Auffassung des Herrn Ministers Lindrath teilt.
    Wenn es nicht vermessen wäre, in der deutschen Bundesrepublik einen Willen noch über den des Bundeskanzlers zu stellen,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    dann möchte ich aber vermuten, daß der Hauptgegner der Pläne des Ministers Lindrath in der hohen Ministerialbürokratie zu suchen ist, die es schon in der Ära Schäffer verstanden hat, alle Privatisierungspläne geschickt zu vereiteln.
    Wir werden aus Ihrer Antwort also die Gründe hören, die dafür sprechen, daß die öffentliche Hand nicht als Konkurrent der freien Wirtschaft auftreten soll, und wir sind sicher, daß wir bei den Begründungen, die Sie für Ihre Ansicht geben, Herr Minister, mit Ihnen übereinstimmen werden. Für uns beginnt sich erst ganz langsam das Dunkel zu lichten, das über dem gewerblichen Bundesvermögen liegt. Sie alle wissen, wie schwer es war, von Herrn Minister Schäffer auch nur einen Anfang von Angaben zu erhalten. Man mußte sie mit Zangen aus ihm herausziehen, und auch dann erfuhr man nur das Allernotwendigste.
    Wir haben in der letzten Zeit zwar eine gewisse Zahl von Angaben erhalten, aber völlige Klarheit besitzen wir noch immer nicht. Wir hoffen nun von Ihnen, Herr Minister Lindrath, daß Sie uns bereitwilliger Auskunft geben als Ihr Vorgänger. Es handelt sich ja nicht nur um den Direktbesitz, sondern auch um die Beteiligungen und die durch Kredite oder sonstige Abhängigkeiten gebundenen Unternehmungen.
    Leider besteht nämlich die große Befürchtung, daß sich der Bundesbesitz nicht verringert, sondern noch vergrößert. In der Presse habe ich vor einigen Tagen gelesen, daß der Anteil der öffentlichen Hand an der Steinkohlenproduktion, der 1954 nur 18,4 % betrug, jetzt auf beinahe 29 % gestiegen ist.

    (Abg. Dr. Hellwig: Durch den Zugang der Saargruben!)

    — Durch die Saargruben; gut. Aber immerhin, der Besitz der öffentlichen Hand insgesamt ist gestiegen. Auch in der Rohstahlerzeugung, in der Aluminiumproduktion — und damit hat die Saar nichts zu tun — und in der PKW-Produktion hat sich der
    Anteil der öffentlichen Hand erhöht. Das, Herr Minister, müßten Sie doch in erster Linie verhindern, wenn Sie schon nicht an den Abbau herangehen. Eine Erweiterung des öffentlichen Besitzes müßte doch von Ihrer Seite trotz aller Widerstände zu verhindern sein.
    Das Deutsche Industrieinstitut schätzt heute den Wert der Bundesbeteiligungen auf 7,7Milliarden DM. Als ich vor zwei Jahren die Zahl 5 Milliarden nannte, hat Herr Schäffer das entrüstet zurückgewiesen. Sie sehen jetzt, daß meine Zahl doch näher an der Wahrheit lag als die Zahlen, die Herr Schäffer damals angegeben hat.
    Da drängt sich der Vergleich mit einem anderen Bundesvermögen auf, nämlich mit dem ERP-Vermögen, das ungefähr die gleiche Größenordnung hat. Wieviel wirkungsvoller aber ist dieses Vermögen als das Wirtschaftsvermögen des Bundes! Sämtliche Gewerbebetriebe des Bundes bringen heute, nachdem die sogenannte Übergangszeit doch wohl vorüber ist, dem deutschen Steuerzahler, also dem wirklichen Eigentümer, insgesamt jährlich ganze 80 Millionen DM ein. Davon müssen wir aber noch 30 bis 40 Millionen DM abziehen, die der Staat verliert, da keine Vermögensteuer gezahlt wird. Denn wenn es keine Betriebe der öffentlichen Hand wären, hätten sie je nach dem Kapital 30 bis 40 Millionen DM Vermögensteuer zahlen müssen. Das müssen wir also von den Erträgen abziehen. Dann bleibt etwa 1/2 % Ertrag übrig. Das ist die Leistung des Bundesvermägens nach einer Übergangszeit von zehn Jahren!
    Wie andere, private Betriebe diese Übergangszeit genutzt haben, zeigen die Bilanzen, die die Aktiengesellschaften in Deutschland — —

    (Abg. Pelster: Die Vermögensteuer haben sie doch auch von der Einkommensteuer oder der Körperschaftsteuer abgezogen!)

    — Was heißt: von der Körperschaftsteuer abgezogen? Sie haben aber ihre Erträge den Eigentümern zugeführt. Wir sind Eigentümer des Bundesvermögens, und wir erhalten als Ertrag 1/2 %. Das ist doch nicht zu bestreiten. Das ist keine wirtschaftliche Ausnutzung. Ich bin mir völlig klar darüber, daß diese Unternehmungen viel mehr verdienen. Aber sie geben das, was sie verdienen, nicht an den Eigentümer ab; und Eigentümer sind wir, sind die deutschen Steuerzahler. An den Eigentümer sollte der Ertrag abgeführt werden, und er sollte nicht dort — —

    (Zuruf des Abg. Pelster.)

    — Ach, Herr Pelster, gerade Sie gehören doch zu den Kreisen, die gegen die Eigenfinanzierung sprechen! Was geschieht denn dort? Dort geschieht nichts anderes als Eigenfinanzierung.
    Aus dem ERP-Vermögen fließt jedenfalls weitaus mehr als das Zehnfache an Erträgen in die Bundeskasse. Ich bin der Meinung, eine solche Verwendung des Bundesvermögens ist wesentlich besser und dient auch viel mehr der Erfüllung wirtschaftspolitischer Ziele. Dazu ist das starre Betriebsvermögen keineswegs geeignet.



    Dr. Atzenroth
    Ich darf noch kurz auf das Hindernis zu sprechen kommen, das nach unserer Meinung allen Privatisierungsplänen am meisten entgegensteht. Das ist, wie ich vorhin schon sagte, der Widerstand, der aus der Gruppe der in den Aufsichtsräten tätigen Ministerialbeamten und — für uns etwas unverständlich — auch aus den Reihen der Direktoren dieser Bundesunternehmungen kommt. Nach unseren Privatisierungsplänen haben doch diese Herren in ihren Posten nichts zu befürchten. Für sie würde sich doch, wenn sie tüchtig sind — und nur dann können sie dort bleiben —, nur sehr wenig ändern. Also der Widerstand von dieser Seite ist ganz besonders unverständlich.
    Hier, bei den Beamten der Ministerien, ist aber eine Zusammenballung wirtschaftlicher Macht entstanden, die der Öffentlichkeit immer wieder verheimlicht wird. Man spricht von Zusammenballung wirtschaftlicher Macht in der privaten Sphäre. Man spricht aber nicht von der Zusammenballung wirtschaftlicher Macht in der öffentlichen Sphäre; und die ist wesentlich größer als die in der privaten Sphäre.

    (Abg. Pelster: Hände weg von Sontra!)

    — Sontra? Da haben wir die Hände drangehabt, Herr Pelster, und endlich hat in Sontra die Vernunft gesiegt. Wir haben uns jahrelang darum bemüht, dieser Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen. Endlich ist es gelungen, Herr Pelster! Wir sind stolz darauf.

    (Abg. Pelster: Sie waren aber dagegen!)

    - Aber Herr Pelster, ich war der Vorkämpfer für die Stillegung von Sontra! Fragen Sie doch bitte einmal Ihre Kollegen!
    Es ist besonders bedauerlich, daß diese Macht, die eigentlich dem Wirtschaftsminister zustehen sollte
    — der doch die Wirtschaftspolitik des Bundes zu vertreten hat —, häufig in einer Weise genutzt wird, die seinen eigenen wirtschaftspolitischen Ideen entgegensteht, weil hier Ressortstreitigkeiten hineinspielen. Das eine Ressort erhebt Anspruch auf diese Gruppe von Unternehmungen, das andere Ressort auf jene Gruppe usw. Wir können daher einen Betrieb erst dann als privatisiert ansehen, wenn kein Beamter oder Beauftragter der öffentlichen Hand mehr in den entscheidenden Gremien tätig ist.
    Das, Herr Minister, führt mich zu einer kurzen Behandlung der Pläne, die Sie in letzter Zeit in der Öffentlichkeit angekündigt haben. Zunächst war von der Privatisierung des Volkswagenwerks die Rede. Dann verfiel dieser Plan sehr schnell in eine kleinere Aktion zur Schaffung „breitesten Eigentums". Das war schon keine Privatisierung mehr.
    Wir sind nicht gegen die Veräußerung der Bundesanteile in möglichst breiter Streuung, wenn wir die Konzessionen, die Sie an gewisse Kreise Ihrer Partei machen müssen, auch nicht für besonders glücklich halten. Aber schließlich ist es so weit gekommen, daß das Volkswagenwerk nicht mehr zur Debatte steht.

    (Abg. Katzer: Nein, keineswegs!) In der Öffentlichkeit wird davon nicht mehr gesprochen. Es wird nur noch von den Schwierigkeiten gesprochen, die zwischen Niedersachsen und dem Bund bestehen.

    In einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses — ich weiß nicht, ob Sie daran teilgenommen haben, Herr Burgbacher — hat der Herr Minister Lindrath uns das dicke Exposé über die Rechtslage vorgelegt und ausgeführt, damit sei die Rechtslage geklärt. Die andere Seite ist zwar anderer Meinung. Gut, wenn man der Meinung ist, daß die Rechtslage geklärt ist, muß man diese Meinung auch weiterhin vertreten und durchsetzen. Wir würden uns jedenfalls freuen, wenn es anders wäre, aber wir hören nichts mehr von der Privatisierung des Volkswagenwerks. Der Gesetzentwurf jedenfalls, der schon im 2. Bundestag von den Abgeordneten Dr. Adenauer und Dr. Erhard
    — das war ja die schöne Form, die Sie gefunden haben — eingebracht worden ist, ruht nach wie vor im Ausschuß. Ich habe an keiner Ausschußsitzung teilnehmen können, die sich mit dieser Frage beschäftigt hat. Leider! Ich wäre bestimmt dagewesen.
    Dann kam das Problem Howaldtswerft. Hier hat man den unglücklichen Weg weiterverfolgt, den Herr Schäffer seinerzeit begonnen hatte. Das war nicht unser Weg, das war nicht unser Gedanke. Er ist mit Recht von vielen Seiten kritisiert worden. Dieser Weg war nämlich der sicherste, die Privatisierung zu verhindern. Ein besseres Mittel hätte man gar nicht finden können. Hoffentlich warten Sie bei der Howaldtswerft nicht so lange, bis der Wert dieses Unternehmens erheblich gesunken ist. Die beste Zeit für die Veräußerung einer Werft ist schon vorüber.

    (Abg. Katzer: Nein, steigt!)

    — Woher kommen denn die Klagen der Werften?
    Jetzt ist schließlich die Preußag an der Reihe. Das, was wir von Ihren Absichten bisher gehört haben, hat mit Privatisierung, wie ich schon sagte, wenig zu tun. Es ist im wesentlichen die Auflage einer Anleihe zugunsten eines bestimmten Bevölkerungskreises. Dann muß man es auch Anleihe nennen, Aktie ist eigentlich ein völlig falscher Begriff für das Papier, das man diesen Leuten geben will. Der Bund behält nicht nur die große Mehrheit des Aktienbesitzes, sondern auch die uneingeschränkte Verfügungsgewalt, denn irgendeinen Einfluß auf die Unternehmung können diese „Aktionäre" nicht ausüben.
    Eigentum und Wohlstand werden durch Arbeit und Sparen erworben. Sobald man diesen Grundsatz verläßt, entsteht Gefahr für unsere Rechtsordnung, die sich auf den Eigentumsbegriff stützt. Auch wir wollen einer möglichst großen Zahl von Menschen zu Eigentum verhelfen, wir meinen aber, daß der hier vorgesehene Weg nicht zweckmäßig ist.
    Herr Minister Schäffer hat uns früher einmal den Vorwurf gemacht, daß wir mit unseren Plänen eine Verschleuderung des Bundesvermögens betreiben wollten. Ist es nicht auch so, daß ein Teil des Vermögens der Preußag — ich möchte das Wort nicht gern gebrauchen, aber es bleibt mir nichts anderes



    Dr. Atzenroth
    übrig — verschleudert wird? Wenn man nämlich Bundesvermögen zu einem allzu niedrigen Preis abgibt, liegt der Gedanke, es werde verschleudert, nicht mehr sehr fern. Auf jeden Fall handelt es sich nicht um Privatisierung, also Übertragung der Verfügungsberechtigung von der öffentlichen Hand auf die privaten Besitzer.
    Der Bundeswirtschaftsminister soll, wie ich gehört habe, konkrete Pläne über eine volle Privatisierung im Zusammenhang mit dem Investmentsparen besitzen. Wissen Sie etwas davon, Herr Minister? Es wäre für uns interessant, auch diese Vorschläge zu hören und eventuell zu untersuchen.
    Jetzt möchte ich noch kurz auf ein spezielles Teilproblem eingehen. Eine der Gesellschaften mit der unübersichtlichsten Gestaltung ist die Industrieverwaltungsgesellschaft mbH. Wir haben schon im Jahre 1953 gefragt, welche Entwicklung dieses Unternehmen genommen hat und welche Werte das Vermögen der jetzigen Industrieverwaltungsgesellschaft ausmachen. Die Antwort, die wir damals von Herrn Minister Schäffer erhalten haben, war völlig unbefriedigend. Es wurde so dargestellt, als ob zum Eigentum der Gesellschaft nur Industriegrundbesitz gehöre, der vor dem Jahre 1945 erworben wurde. Tatsächlich werden aber von dieser Gesellschaft auch so ertragreiche Unternehmen wie die Vereinigte Tanklagergesellschaft und die Fahrzeug- und Maschinenbau-GmbH. Watenstedt verwaltet. Wir würden es begrüßen, wenn dem Deutschen Bundestag gerade über dieses Unternehmen in allernächster Zeit einmal ausführlich Rechenschaft abgelegt würde.
    Ein Vorfall, der sich in der Aufsichtsratssitzung vom 26. Januar dieses Jahres abgespielt hat, Herr Minister, ist uns besonders interessant. Wir hören, es sei beabsichtigt, daß Herr Staatssekretär Hartmann den Vorsitz im Aufsichtsrat dieser Gesellschaft niederlegt, und gerade der Vertreter Ihres Ministeriums hat vorgeschlagen, daß Herr Staatssekretär Dr. Rust neuer Vorsitzender wird. Was bedeutet das? Bekanntlich ist Herr Rust Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Warum soll der Staatssekretär im Verteidigungsministerium Vorsitzender des Aufsichtsrates dieser Gesellschaft werden? Bahnt sich hier ein neuer staatlicher Rüstungskonzern an? Wir sind sehr hellhörig geworden, als wir diese Nachricht erhielten. Wir befürchten, daß die undurchsichtige IVG dem Herrn Bundesverteidigungsminister die Möglichkeit geben soll, gewisse Rüstungsaufträge so abzuwickeln, daß dem Bundestag darüber keine Rechenschaft abgelegt zu werden braucht. Wir erwarten hierüber eine eingehende und klare Auskunft.
    Ich brauche die in unserer Anfrage gestellten Fragen hier nicht zu verlesen. Ich wiederhole nur, daß es uns heute darum geht, die Grundhaltung der Bundesregierung kennenzulernen. Bisher haben wir feststellen können, daß Sie, Herr Minister Lindrath, die öffentliche Hand aus dem Wirtschaftsleben verbannen wollen, daß Sie aber Angst vor der eigenen Courage haben, da die Einwendungen aus Ihrer Partei zu stark sind. Das muß vor der Öffentlichkeit klargestellt werden. Von Privatisierung sollte in der Öffentlichkeit nur derjenige sprechen, der sie ehrlich meint und ehrlich erstrebt. Wir werden hören, wieweit das bei Ihnen der Fall ist.

    (Beifall bei der FDP.)