Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man sagt mir in der Presse manchmal nach, ich sei fleißig; dieser vielleicht angeborene Fleiß hat mich veranlaßt, während der Diskussion eine Antwortrede auf die Diskussionsbeiträge zu fertigen. Sie ist hier. Aber nun bin ich der Meinung, wir Männer sollten manchmal gute Ratschläge unserer Kolleginnen in diesem Hause entgegennehmen. Eine von mir sehr verehrte Kollegin hat mir im 1. Bundestag einmal etwas gesagt, was ich jetzt befolgen will. Sie hat nämlich gesagt: Mancher Mann verzichtet eher auf eine schöne Frau als auf eine vorbereitete Rede.
Ich meine also auf die vorbereitete Rede verzichten zu sollen.
— Die schöne Frau dafür ist noch nicht da.
Ich will also darauf verzichten, noch einen Diskussionsbeitrag zu leisten und damit vielleicht die ganze Debatte wieder aufklingen zu lassen. Ich will mich auf ein paar Schlußworte beschränken, Worte des Dankes — damit fange ich an — für die Kritik, die wir gefunden haben, so wie ich es vorgestern erbeten hatte, und natürlich auch Worte des Dankes für das Lob, das wir fanden.
Herr Kollege Schoettle, der leider nicht mehr hier sein kann, hat hier heute in seiner liebenswürdig-schwäbischen Art ein mildes Grollen durch dieses Haus gehen lassen — ich sage: ein mildes Grollen —, hinter dem, so glaubte ich vernehmen zu dürfen, doch einige Sympathie für das gestanden hat, was dieser böse Finanzminister tut. Ich bin ihm dafür dankbar, und ich möchte mich dem Wort anschließen, das Kollege Vogel gebrauchte: Wir sind sehr froh, daß er wenigstens im ersten Teil dieser Debatte wieder da sein durfte. Wir sind froh über sein Dasein in diesem Hause überhaupt.
Zu einer kleinen Sache möchte ich aber Stellung nehmen. Herr Kollege Schoettle hat heute gesagt, ich hätte eine negative Verbeugung vor der Vergangenheit gemacht, und er hat es der Phantasie des Hauses überlassen, auszudeuten, was damit gemeint sei.
Er hat weiter gesagt, ich hätte von finanzpolitischen Folgen der Vergangenheit gesprochen, und im Grunde genommen sei meine ganze Rede doch eine scharfe Kritik an der Politik der vergangenen Bundesregierung gewesen. Nun fiel mir gestern abend, als ich meine Pressemappen studieren mußte, eine Zeitung in die Hand, zu der Herr Kollege Schoettle, wie ich glaube, Beziehungen hat. Es waren die „Stuttgarter Nachrichten", als deren Herausgeber neben zwei anderen Herren Herr Erwin Schoettle erscheint. Da ist eine sehr witzige Anfangsbemerkung gemacht, die ich dem Hohen Hause nicht vorenthalten möchte.
In einem Leitartikel, überschrieben „Etzels Budget" steht:
Schäffer hatte seinen Haushalt mit vielen Geheimnissen umgeben. Seine Vorschätzungen des Steueraufkommens waren jahrelang zu pessimistisch. Schließlich glaubten ihm seine engsten Parteifreunde nicht mehr. Seine Kassenreserven weckten auch deren Begehrlichkeit. Vor der Bundestagswahl plünderten sie gemeinsam mit der Opposition aus Angst vor dem Wähler seinen Juliusturm.
Das scheint mir ein freundliches Eingeständnis zu sein gegenüber der Situation, wie sie war, nämlich die Erkenntnis: Wir waren allzumal Sünder. Wir sollten froh sein, wenn wir über dieses „allzumal Sünder" dahin kommen, gewisse Dinge, die wir in der Vergangenheit falsch gemacht haben, in Zukunft richtig zu machen. „Seine Freunde plünderten gemeinsam mit der Opposition" — das ist ein sehr nettes Wort gerade in diesem Augenblick in Erwin Schoettles Zeitung.
Lassen Sie mich noch ein Wort der Versöhnung sagen, weil ich glaube, hier und dort falsch verstanden worden zu sein, und zwar zu dem Problem der Subventionen. Das, was ich dort gesagt habe, meine sehr verehrten Freunde, nehme ich sehr ernst. Ich möchte aber nicht, daß jetzt, vor Weihnachten, viele Freunde unseres Hauses mit falschen Vorstellungen von hier weggehen. Subventionen sind überall dort, wo sie die Kosten verfälschen, vom Übel.
Aber ich habe in meiner Rede sehr eindeutig erklärt, daß der Staat — und da stimme ich mit meinem Freund Schoettle durchaus überein —, natürlich gewisse Aufgaben hat, zu denen man ein Ja
Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 2943
Bundesfinanzminister Etzel
sagen muß. Ich habe wörtlich gesagt — ich darf diese drei Sätze wiederholen --:
Theoretisch ist es zwar richtig, daß alle Subventionen den Grundsätzen der Marktwirtschaft widersprechen. Vereinbar mit ihr sind aber auch nach meiner Meinung solche Staatshilfen, die als Start- und Anpassungshilfen zur Erleichterung struktureller Umstellungen in den Erzeugungs- und Absatzbedingungen oder auch als Überbrückungshilfe bei akuten Notständen gewährt werden. Für solche gerechtfertigte, ja zum Teil notwendige Staatshilfen, die sachlich und zeitlich begrenzt sind, hat auch der Finanzminister volles Verständnis.
Ich meine diese Subventionen im breiten Raume, im gewerblichen und im landwirtschaftlichen Raum, und einige Deutungen, die ich gelesen habe, ich hätte mich als Gegner berechtigter Wünsche der Landwirtschaft dokumentiert, sind falsch. Ich möchte ausdrücklich erklären, daß der Bundesfinanzminister, der schon zum zweitenmal 2,4 Milliarden DM in seinem Haushalt für Zwecke der Landwirtschaft eingesetzt hat, ein ausgesprochener Freund der Landwirtschaft ist.
Aus strukturellen Gründen muß uns an einem gesunden landwirtschaftlichen Stand gelegen sein, und wir müssen und sollen ihm deshalb helfen. Mein Wunsch und Begehren gehen allerdings dahin, daß die hohen Beträge, die wir hier ausgeben, richtig, d. h. für strukturelle Maßnahmen ausgegeben werden, damit der Bauernstand eines Tages so gesund geworden sein wird, daß er aus sich selber existieren kann. Das soll unser allgemeines Ziel sein.
Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich mich an dieser Stelle dem eingangs wiedergegebenen Worte folgend mit einem nochmaligen Dank an Sie alle verabschieden.