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ID0305300800

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    4. Herr: 1
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    Deutscher Bundestag 53. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1958 Inhalt: Glückwunsch zum 71. Geburtstag des Abg. Nieberg 2909 A Erweiterung der Tagesordnung 2909 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes (Frenzel, Dr. Böhm, Dr. Dehler u. Gen.) (Drucksache 706) — Erste Beratung — . 2909 C Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1959 (Drucksache 650) — Fortsetzung der ersten Beratung —, Entwurf eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1958 an (Drucksache 703) — Erste Beratung — Schoettle (SPD) . . . . . . . . 2909 D Dr. Vogel (CDU/CSU) 2920 B Lenz (Trossingen) (FDP) 2929 B Niederalt (CDU/CSU) 2933 B Dr. Schild (DP) . . . . . . 2938 A Etzel, Bundesminister 2942 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Altsparergesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP, DP) (Drucksache 484); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Drucksache 690) — Zweite und dritte Beratung — Seuffert (SPD) 2943 C Antrag der Fraktion der SPD betr. Änderung und Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 366); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Drucksache 695); Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (FDP) (Drucksache 631) — Erste Beratung — Zühlke (SPD) 2944 C Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . 2945 B Kuntscher (CDU/CSU) . . . . 2945 D Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des § 64 des Landbeschaffungsgesetzes (Drucksache 601); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache 700) — Zweite und dritte Beratung — Eilers (Oldenburg) (FDP) . . . . 2946 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Eignungsübungsgesetzes (Drucksache 705) — Erste, zweite und dritte Beratung — 2947 B Entwurf eines Gesetzes zu den internationalen Betäubungsmittel-Protokollen von 1946, 1948 und 1953 (Drucksachen 453, zu 453) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen (Drucksache 701) — Zweite und dritte Beratung — 2947 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vierten Zusatzabkommen vom 1. 11. 1957 zum Zollvertrag mit der Schweizerischen Eid- II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 genossenschaft (Drucksache 524); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 689) — Zweite und dritte Beratung — 2947 D Entwurf einer Achtzehnten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 523); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 688) Junghans (SPD) . . . . . . . 2948 B Entwurf einer Verordnung des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Durchführung und Ergänzung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 3 über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer (Drucksache 655) ; Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 714) 2948 C Antrag des Bundesministers für wirtschaftlichen Besitz des Bundes betr. Veräußerung bundeseigener Grundstücke im Bereich Alter Postplatz, Rotebühl- und Fritz-Elsas-Straße in Stuttgart an die Stadt Stuttgart (Drucksache 694) . . . . 2948 C Antrag der Fraktion der SPD betr. Kriegsopferversorgung (Drucksache 621) . . 2948 D Nächste Sitzung 2948 D Anlagen 2949 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 2909 53. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Altmaier 13. 12. Frau Beyer (Frankfurt) 11. 12. Birkelbach 12. 12. Frau Dr. Bleyler 13. 12. Brand 13. 12. Cramer 13. 12. Dr. Dittrich 31. 12. Dr. Eckhardt 12. 12. Frau Eilers (Bielefeld) 31. 12. Engelbrecht-Greve 12. 12. Even (Köln) 11. 12. Faller 11. 12. Fuchs 13. 12. Dr. Furler 12. 12. Heinrich 31. 12. Höfler 13. 12. Jahn (Frankfurt) 31. 12. Kalbitzer 12. 12. Keuning 11. 12. Kiesinger 12. 12. Kramel 31. 12. Kriedemann 31. 12. Kühn (Köln) 11. 12. Leber 12. 12. Lohmar 31. 12. Dr. Maier (Stuttgart) 13. 12. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 13. 12. Margulies 13. 12. Mengelkamp 15. 12. Müser 13. 12. Neubauer 12. 12. Dr. Preiß 31. 12. Pütz 13. 12. Reitzner 31. 12. Richarts 12. 12. Scheel 13. 12. Scheppmann 13. 12. Dr. Schmidt (Gellersen) 11. 12. Schneider (Hamburg) 12. 12. Dr. Schneider (Saarbrücken) 31. 12. Schultz 13. 12. Frau Dr. Steinbiß 12. 12. Storch 12. 12. Frau Strobel 12. 12. Dr. Wahl 13. 12. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 16. 12. Winkelheide 11. 12. Wullenhaupt 11. 12. Anlage 2 Umdruck 194 Änderungsantrag der Abgeordneten Seuffert, Scharnberg, Zühlke und Dr. Lindenberg zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Altsparergesetzes (2. ÄndG ASpG) (Drucksachen 484, 690). Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Nr. 5 wird Buchstabe c (Einfügung in § 5 Abs. 4 des Altsparergesetzes) gestrichen. Bonn, den 11. Dezember 1958 Seuffert Scharnberg Zühlke Dr. Lindenberg Anlage 3 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Pohle zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend Kriegsopferversorgung (Drucksache 621). Die tiefe Enttäuschung, die sich in den Kreisen der Kriegsopfer nach den Erklärungen des Herrn Bundesministers Blank über seine Vorstellungen zur Neuordnung der Kriegsopferversorgung gezeigt hat, ist in diesem Jahr nicht mehr zu beheben. Es ist seitens der Bundesregierung weder der Versuch gemacht worden, im Wege einer Überbrückungszahlung dem veränderten Preisgefüge seit Verabschiedung der 6. Novelle zum BVG zu begegnen, noch kann mit der Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung in nächster Zeit gerechnet werden. Unter diesen Umständen muß der Bundestag initiativ werden. Mit der Vorlage des Antrages Drucksache 621 soll bewirkt werden, daß der Bundestag die Regierung auffordert, eine Vorlage über eine Überbrückungszahlung einzubringen. Der Termin, der in dem Antrag gesetzt ist, wird nicht innegehalten werden können, doch erwarten meine Freunde, daß der Kriegsopferausschuß und der Bundestag sich mit einem Termin bis spätestens 30. Januar 1958 einverstanden erklären. Die Bundesregierung ist in der dritten Legislaturperiode jetzt über ein Jahr im Amt. Nach der Regierungserklärung soll das Werk der Sozialreform fortgeführt werden. Ein Jahr hindurch hat man wirklich Zeit und Gelegenheit gehabt, für das Gebiet der Kriegsopferversorgung innerhalb der Sozialreform Gedanken und Vorstellungen zu entwickeln, die jetzt in einer Gesetzesvorlage ihren Niederschlag finden müssen. Diese Vorlage erwarten wir spätestens zum Ausklang des ersten Vierteljahres 1959. Wir hoffen zuversichtlich, daß sich der Bundestag in seiner Mehrheit diesen unseren Vorstellungen anschließt. In Kriegsopferfragen bedarf es keiner großen Worte. Es bedarf der menschlichen Anteilnahme mit unserem leidenden Bruder, der Hilfe für die Witwen und die Waisen. Wir haben hier die Hilfsmöglichkeiten zu prüfen und auszuschöpfen. Diesem Ziele dient der Antrag der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion. Ich bitte um Ihre Zustimmung, daß er dem Kriegsopferausschuß überwiesen wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans Lenz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ein weiterer Gesichtspunkt. Die „Finanzpolitik der Strenge und der Kargheit", wie man sie am letzten Dienstag selbst so schön genannt hat, könnte einem etwas Kummer verursachen, wenn man mit den Erfahrungen langjähriger Tätigkeit im Haushaltsausschuß die Ansätze auf der Ausgabenseite prüft. Eine Politik der Strenge und der Kargheit wäre weiß Gott auf vielen Gebieten gut. Wie wäre es, wenn wir einmal die Bezüge unserer Europa-Bediensteten „durchforsten" würden? Aber sie wird ja nur so verkündet; sie ist ja in Wirklichkeit gar nicht streng und karg. 3000 Stellenhebungen — wenn man richtig gezählt hat — sprechen eine mehr ,als deutliche Sprache, und auch die sonstige personelle Ausstattung deutet kaum auf eine große Strenge hin. Auch die Subventionen deuten, wie der Herr Finanzminister selber eingestanden hat, kaum auf Strenge und Kargheit hin.
    Wie uns hier scheint, hat der Herr Bundesfinanzminister in seinen Ausführungen seinem Arger Luft gemacht, wie man es eben tut, wenn man sich nicht hat durchsetzen können. Nun, verehrter Herr Finanzminister: unsere Unterstützung haben Sie bei
    2932 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958
    Lenz (Trossingen)

    Ihren Bemühungen, solche verfälschenden Staatsleistungen zurückzuschieben.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir haben immer davon gesprochen — und zwar davon gesprochen, als es vielleicht noch Zeit gewesen wäre. Zu wem haben Sie hier in diesem Hohen Haus gesprochen?

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir haben immer gewarnt. Auch unsere Landwirte haben immer bedauert, daß man an diese Probleme nicht vom kostendeckenden Preis her angegangen ist.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Und nun stecken wir mitten darin, mit all unseren Nachbarn in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, und nun kommen wir nicht mehr heraus, weil auch die anderen ihre Subventionen in einer Weise erhöht haben, daß sie damit sogar die Agrarprodukte für ihren Export subventionieren. So ist es zu einer gewissen Diskriminierung der Landwirtschaft gekommen — ich muß es schon einmal so nennen —, die nicht notwendig gewesen wäre.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Ich bin kein Agrarpolitiker und verstehe an sich von der Sache nichts. Aber sicher ist es ein Unrecht, nun hier Vorwürfe zu machen, anstatt einem ehrlichen Preisgefüge das Wort zu reden. Verehrter Herr Finanzminister, hier müssen Sie sich einmal zunächst in Ihrem eigenen Kollegenkreise durchsetzen. Unsere Unterstützung haben Sie dann.
    Der Finger, der auf Vorratshaltung, Milch, Düngemittel, Bundesbahn gelegt wurde, scheint uns besonders wichtig. Wann endlich erhält unser wertvollstes Verkehrsmittel — ich sehe es ein wenig anders als Sie, Herr Kollege Vogel —, die Bundesbahn, eine klare Zielrichtung und die nötige Energie, sie auch bei sich selbst einzuführen? Daß die Bundesbahn sich bei ihren Einnahmen verschätzt hat, wollen wir ihr nicht so sehr übelnehmen. Sie befindet sich da in der besten Gesellschaft, nämlich der der Bundesregierung.

    (Heiterkeit bei der FDP und der SPD.)

    Sie hat eben denselben Optimismus gezeigt. Auch die Auswirkungen der Tariferhöhung und der Kohlenkrise gehören nicht unbedingt in ihr Stammbuch. Allein ihre Verkehrspolitik ist die Ursache für den allgemeinen Ärger, ihre Unklarheit, ihre Unentschlossenheit, das ständige Zuspätkommen wichtiger Maßnahmen. Ist es nicht eine Blamage für alle Organe der Bundesbahn, daß der berühmte Siebenerausschuß eingesetzt werden mußte? Hat nicht ihr Präsident seinerzeit gesagt, es gebe kein Unternehmen, das er zu leiten sich nicht zutraute?

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Nun, nicht die Bahn selbst, sondern die Kohle hat es geschafft, daß nun doch die halbe Milliarde Mark gegeben werden mußte, die zunächst verweigert wurde. Wir sind nicht dagegen, wir werden uns freuen, weil wir nur in einer hochleistungsfähigen, technisch und kaufmännisch hervorragend geleiteten Schienenbahn eine feste Stütze im Verkehrchaos
    der Gegenwart und Zukunft sehen. Also Schluß mit den unrentablen Linien und den vielen sonstigen Anhängseln!
    Von den Subventionen ganz allgemein kann man sagen, daß jeder in diesem Hohen Hause, daß alle fünf Fraktionen dieses Hauses gegen solche Subventionen sind.

    (Zurufe.)

    Ja, fünf! Sie vergessen, daß das Hohe Haus im nächsten halben Jahr fünf Fraktionen haben wird, nämlich auch die „Fraktion Haushaltsausschuß".

    (Heiterkeit und Beifall.)

    Der Abgeordnete ist für die Subventionen lediglich dann, wenn sie ihn, seinen Stand, seinen Wahlkreis oder sein Land betreffen. Damit möchte ich meine Meinung zu den Aussichten äußern, sie zu beseitigen. Aus den Bundessubventionen ist Niedersachsen ,ausgeschert, weil es im horizontalen Finanzausgleich saturiert ist. Die Mittel an Schleswig-Holstein sind stark dezimiert. Nun, meine Damen ,und Herren, wir werden uns in einigen Monaten wiedersehen, und wir werden sehen, was von den Versuchen einer Einschränkung übriggeblieben ist. Sofern ies sich um Darlehen handelt, die zusätzlich gegeben werden, muß man sich doch wirklich fragen, was es für einen Sinn haben soll, daß der Bund sich verschuldet, obwohl die Länder es am Kapitalmarkt unmittelbar tun können. Wir treten — ich glaube, das ist immer so gewesen — für gesunde, finanzkräftige Länder ein und sollten daher den Ländern geben, was sie brauchen, um gesund und finanzkräftig zu sein oder zu werden. Wir halten nichts von den Einzelhilfen, die immer wieder — das haben wir doch alle erlebt und werden es weiter erleben — Neid und Mißgunst säen. Alle sollten gleichmäßig an allem profitieren. Dieses Prinzip der Ausgewogenheit würde dem Ziel, daß alle Bürger dieselbe Chance haben sollen, eher gerecht als das jetzige System der Zuschüsse an arme Länder und der sogenannten gezielten Einzelhilfen.
    Wir halten es auch für unverständlich, wenn man sagt, Millionen von Bürgern seien aus der Steuerpflicht entlassen und zusätzliche Steuern würden nicht erhoben, obwohl im gleichen Atemzug den Gemeinden die Einführung neuer Steuern empfohlen wird. Nun, darüber wird an anderer Stelle zu reden sein. Aber: wenn keine neuen Steuern, dann auch keine neuen Gemeindesteuern!

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Im Sozialhaushalt des neuen Entwurfs fällt das Fehlen der Kosten der bevorstehenden Kriegsopfernovelle auf. Jeder von uns weiß — Sie haben es ja angedeutet, Herr Dr. Vogel —, daß sie kommen wird. Der Herr Finanzminister hat gesagt, daß die Mittel besonders beschafft werden müßten. Die Vorstellung, daß irgendwo im Haushalt, sagen wir, eine viertel oder eine halbe Milliarde verborgen sein könnte, ist höchst merkwürdig. Denn wenn ich richtig unterrichtet bin, steht in der Verfassung, daß alle Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsplan stehen müssen.
    Zum Schluß noch ein Appell an Sie, Herr Bundesfinanzminister. Bieten Sie Ihren ganzen Einfluß ,auf
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 2933
    Lenz (Trossingen)

    und, soweit Sie ihn haben, dehnen Sie diesen Einfluß auf den Herrn Bundeskanzler aus, damit alles getan wird, um die Riesenzahl von Organisationen und Institutionen des neuen Europas einigermaßen sinnvoll zu koordinieren. Wir sind allein in Paris, wenn ich richtig unterrichtet bin, siebenmal vertreten. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft scheint sich kein Gewissen daraus zu machen, Grundsätze auf ihre Verwaltungen anzuwenden, gegen die ständig im Haushaltsausschuß und hier in diesem Hohen Hause anzukämpfen wir ehrlich bemüht sind.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD.)

    Führen Sie eine Abklärung der sechs Haushaltsausschüsse in Brüssel herbei und lassen Sie den Aufbau der europäischen Verwaltungen nicht zu einem Chaos werden!
    Meine Damen und Herren! Ich habe von dem Recht der Opposition, von der Pflicht der Opposition zur Kritik Gebrauch gemacht. Ich möchte noch einmal versichern, daß wir über die Grundsätze, die am vergangenen Dienstag hier vorgetragen worden sind, alles in allem einig sind. Wir haben nur eine starke Diskrepanz zwischen Wollen und Vollbringen aufzudecken versucht. Wir werden uns aber bemühen, diesen Grundsätzen im Haushaltsausschuß und später in den Beratungen dieses Hohen Hauses zum Durchbruch zu verhelfen.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Niederalt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alois Niederalt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu einigen Haushaltsproblemen Stellung nehme, möchte ich mit ein paar Sätzen auf die Schlußbemerkungen eingehen, die Herr Kollege Schoettle über den Bundeskanzler und über Bundesminister Schäffer gemacht hat.
    Es gibt keinen Zweifel, daß überall im Wahlkampf, hüben und drüben, harte Worte fallen. Da können wir aufrechnen, meine Damen und Herren. Das passiert überall. Mögen diese harten Formulierungen auf der Ebene zurückgewiesen werden, auf der sie gebraucht werden.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Jedenfalls sollten sie nicht dazu führen, daß hier in bezug auf den Bundeskanzler von ,,Altersstarrsinn" gesprochen wird.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Ein hartes, ungutes und nicht gerade geschmackvolles Wort.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Oho!-Rufe von der SPD.)

    — Ein Wort, das von uns, der Fraktion der CDU/ CSU, zurückgewiesen wird; ein Wort, das aber auch zurückgewiesen wird — und darauf bitte ich doch etwas zu achten — von der ganzen Welt, die
    die einmaligen physischen Leistungen dieses Mannes bewundert,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    und nicht zuletzt zurückgewiesen wird und immer
    wieder deutlich zurückgewiesen wurde vom deutschen Wähler. Das paßt Ihnen am allerwenigsten.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und Zurufe von der SPD. — Abg. Metzger: Siehe die letzten Wahlen in Berlin!)

    Desgleichen halte ich auch die Bemerkung über den Minister Schäffer für eine derart maßlose Übertreibung, daß sie sich selbst richtet. Kein Wort mehr darüber!

    (Zuruf von der SPD: Weil Ihnen das nicht paßt!)

    Nun zum Thema des heutigen Tages. In Ergänzung der Ausführungen des Kollegen Vogel und in teilweisem Eingehen auf die Kritik des Kollegen Schoettle und auch des Kollegen Lenz möchte ich einiges über die Methoden des Haushaltsausgleichs ausführen. Es besteht kein Zweifel, daß die Mittel, zu denen der Bundesfinanzminister in diesem Jahr zum Haushaltsausgleich greifen mußte, nicht ideal sind. Kein Haushaltsfachmann kann sich darüber freuen. Auch der Herr Bundesfinanzminister hat daran keine Freude. Wer seine Haushaltsrede verfolgt hat und es etwas versteht, zwischen den Zeilen zu lesen, hat das wohl auch deutlich herausgefunden. Die gegebene Lage zwingt ihn eben dazu, diese Methode des Haushaltsausgleichs vorzuschlagen. Jede Schuld rächt sich auf Erden.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    -- Ich höre gern Ihr „Sehr wahr!" und werde darauf zurückkommen. Die Schuld, die sich hier rächt, besteht darin, daß wir, der, Deutsche Bundestag, Kassenmittel zweckentfremdet haben, daß wir in den vergangenen Jahren Kassenmittel nicht für die von uns beschlossenen und bewilligten Ausgabepositionen, sondern anderen Zwecken zugeführt haben.
    Nun zu Ihrem „Sehr wahr!", meine Damen und Herren von der SPD. Sie wissen das genausogut wie ich und haben da fest mit uns beschlossen. Wenn wir Ihren Anträgen gefolgt wären, wäre heute ein Haushaltsausgleich noch viel schwerer zu erreichen, ja ohne Steuererhöhung überhaupt unmöglich.
    Der Ansatz von 11 Milliarden DM im Verteidigungshaushalt hat seinen guten Grund. Jedermann im Inland und im Ausland soll der volle Umfang unserer finanziellen Belastungen, die wir für unsere Verteidigung und damit für unsere Freiheit auf uns nehmen, deutlich sichtbar gemacht werden. Wir haben keinen Grund, mit diesem Betrag zurückzuhalten. Auch daß die 2 Milliarden DM nicht gleich im Einzelplan 14, sondern im Einzelplan 60 bei der Allgemeinen Finanzverwaltung ausgebracht sind, hat seine Berechtigung, weil wir nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre annehmen können, daß nicht bloß im Einzelplan 14, sondern auch

    Niederalt
    bei anderen Ressorts wiederum Ausgabereste anfallen, wie dies seit Jahren der Fall ist.

    (Abg. Dr. Schäfer: Bei Einzelplan 60 ist nur vom Einzelplan 14 die Rede!)

    — Das ist nicht richtig, Herr Kollege Schäfer. Da haben Sie ein Exemplar des Haushaltsplans, das einmal war. Lesen Sie das neueste Exemplar durch!

    (Zuruf des Abg. Dr. Schäfer.) .

    — Nein, das ist das Exemplar, das die Mitglieder des Haushaltsausschusses vorweg bekommen haben.
    Meine Damen und Herren, bei aller Kritik an der Methode des Haushaltsausgleichs, für die ich — das möchte ich ganz deutlich sagen — ein gewisses Verständnis aufbringe, sollte aber -- und das sage ich vor allem unserem verehrten Kollegen Lenz — ein wichtiges Positivum in diesem Haushaltsplan nicht übersehen werden. Mit dem Ansatz von 4 Milliarden DM im Haushalt des Bundesverteidigungsministeriums zur Neudeckung von Ausgaberesten beschreiten wir einen neuen Weg, der geeignet ist, aus der unglücklichen und verwirrenden Misere der Haushaltsreste herauszuführen. Dafür, daß dieser Weg beschritten wurde, müssen wir dem Bundesfinanzminister dankbar sein. Wir alle können die Bundesregierung nur dringend auffordern, diesen Weg in den nächsten Haushaltsjahren unbeirrt fortzusetzen.

    (Abg. Dr. Schäfer: Die alten Fehler berichtigen!)

    — Ich komme gleich darauf, Herr Kollege Schäfer. Ich habe insoweit die gleiche Auffassung wie Sie.
    Wir befinden uns praktisch auf dem Weg, den guten alten § 75 unserer Haushaltsordnung wiederum zu Ehren kommen zu lassen, jenen Paragraphen, der bestimmt, daß das Defizit eines Haushalts spätestens im zweitnächsten Rechnungsjahr mit in den Haushalt aufgenommen werden muß. Nur auf diesem Wege kommen wir endlich einmal wieder zu jener Haushaltsklarheit, die wir brauchen und die jedem Abgeordnetem, auch dem, der sich nicht näher mit Haushaltsangelegenheiten befaßt, die Haushaltslage klipp und klar vor Augen führt.
    Diese Haushaltsklarheit, deren Notwendigkeit auch der Bundesfinanzminister betont hat, ist Voraussetzung dafür, daß jeder Staatsbürger, jeder Interessenverband und auch jeder Abgeordnete endlich einmal wieder den Zusammenhang zwischen Ausgaben und Einnahmen sieht. Es muß klarwerden, daß, wenn jemand von uns eine Forderung von 100 oder 500 Millionen DM durchsetzen will, das nur bedeuten kann: entweder in der gleichen Höhe Steuererhöhung oder aber in der gleichen Höhe Abzweigung aus einem anderen Ressort. Diese selbstverständliche Binsenweisheit ist uns allen, meine Damen und Herren, wegen gewisser Haushaltsreste der vergangenen Jahre in der Praxis verlorengegangen.
    Der Bundesfinanzminister hat erklärt, den Weg am Rande des Defizits der aber nicht ins Defizit führt — gehen zu wollen. Das ist eine schwierige Gratwanderung, bei der wir alle dem Bundesfinanzminister Hilfestellung leisten müssen.
    Nun noch einiges zu den Ausführungen des Kollegen Schoettle. Er hat kritisiert, daß in die Sozialausgaben wieder alles Mögliche hineingerechnet werde, was mit Sozialausgaben nichts zu tun habe. Diese Kritik war überflüssig. Herr Kollege Schoettle hätte nur den nächsten Absatz der Haushaltsrede zu lesen brauchen. Da steht klipp und klar: Die Sozialausgaben im engeren Sinne betragen 10 Milliarden DM. Also insoweit war jede Kritik überflüssig.
    Dann hat Herr Kollege Schoettle die Sonderlasten angesprochen, die wir im Nachkriegsdeutschland zu tragen haben, und gesagt, daß wir diese auch innerhalb der NATO angerechnet haben wollen. Das, meine Damen und Herren, ist auch unsere Auffassung, aber auch die Auffassung des Bundesfinanzministers. Auch das steht ganz klar und deutlich in der Haushaltsrede. Wenn Sie es nachlesen wollen — ich habe mir die Seitenzahl herausgeschrieben , es ist die Seite 27. Also auch insoweit liegt kein Anlaß zur Kritik vor.
    Was nun die gesamte Kritik anbelangt, daß wiederum die Sozialausgaben zu gering seien und daß auf der anderen Seite zuviel ausgegeben werde — ja nun, meine Damen und Herren, das ist das, was wir alljährlich bei den Haushaltsberatungen erleben. Darauf können wir immer wieder nur erwidern, was wir schon in den vergangenen Jahren sagten: Uns ist die äußere Sicherheit genauso wertvoll, für uns ist sie genauso notwendig wie die innere Sicherheit, und wir können — ich glaube, daß es sich heute bei dem Gedanken an Berlin fast erübrigt, darüber auch nur einen Satz zu sagen —nicht stets erwarten, daß die Alliierten immer und ewig für uns die Kastanien aus dem Feuer holen, und wir stehen daneben.

    (Abg. Dr. Menzel: Was heißt denn das?)

    Nun zu einem leidvollen Kapitel, zur Frage der Personalverwaltung! Ich möchte hier über dieses Kapitel in diesem Jahre nicht allzu viel sagen. Sie wissen, daß wir, die CDU/CSU-Fraktion, im vergangenen Jahr, d. h. beim Haushalt 1958, dem Hohen Hause eine Entschließung vorgelegt haben, nach der eine Vermehrung der Personalstellen nur noch gestattet sein soll, wenn sie die unvermeidliche Folge neuer gesetzlicher Aufgaben ist und der Bedarf durch personelle Umbesetzungen nicht gedeckt werden kann. Außerdem wird in der Entschließung gefordert, daß Stellenhebungen künftig, falls nicht eine wesentliche Veränderung des Arbeitsgebiets eingetreten ist, überhaupt nicht mehr zuzulassen sind. Der Sinn dieser Entschließung war, endlich einmal mit den allmählich zur Mode gewordenen ständigen Stellenvermehrungs- und Stellenhebungswünschen Schluß zu machen. Ich hatte gehofft, in diesem und im kommenden Haushaltsjahr über die Personalverwaltung kein Wort mehr verlieren zu müssen.
    Leider, leider ist dem nicht so. Der Haushaltsplan 1959 sieht — ohne die Bundeswehr — eine Mehranforderung von 1884 Stellen vor. Von diesen 1884 Stellen entfallen 650 auf die tarifliche Umgruppierung von bereits vorhandenen Arbeitern, so daß eine echte Stellenvermehrung um 1234
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1958 2935
    Niederalt
    Kräfte beantragt ist. Davon entfallen allein wiederum 250 Kräfte auf die Flugsicherung. Angesichts dieser Zahl wird von mir gern zugegeben, daß, offensichtlich unter dem Eindruck der Entschließung, hinsichtlich der Stellenvermehrungswünsche gegenüber den früheren Jahren eine Besserung eingetreten ist. Insoweit ist ein — allerdings mäßiger — Erfolg festzustellen, und wir werden im Haushaltsausschuß genau zu prüfen haben,

    (Zuruf von der SPD)

    inwieweit die neuen Stellen den Voraussetzungen unserer Entschließung entsprechen.
    Sehr enttäuscht bin ich allerdings hinsichtlich der Anträge auf Stellenhebungen. In diesem Haushalt werden wiederum Wünsche auf Hebung von weit über 2000 Stellen präsentiert, und das, nachdem die Verbesserung der Besoldungsordnung längst durchgeführt ist, nachdem sich die Bundesverwaltung längst konsolidiert hat und keinerlei wesentliche Aufgabenveränderungen mehr vorliegen. Soweit nicht, wie etwa bei der Zollverwaltung, möglichen Stellenhebungen auch entsprechende Einsparungen auf Grund von Rationalisierungsmaßnahmen gegenüberstehen, werden wir nach meiner Meinung die Anträge ohne lange Debatte einfach zurückweisen müssen.

    (Beifall.)

    Unsere Zeit muß uns zu kostbar sein, als daß wir uns ewig mit diesen Forderungen aufhalten. Wenn man sieht, daß bei vielen Stellenhebungsanträgen immer wieder die alten Wünsche kommen, die wir schon des öfteren abgelehnt haben, so ist man versucht zu fragen: Quo usque tandem, Catilina? Wie lange will man noch unsere Geduld in Anspruch nehmen?

    (Zuruf von der SPD: Wir kommen auf Sie zurück!)

    — Aber, Herr Kollege, Sie kennen mich; Sie dürfen ruhig auf mich zurückkommen.
    Auch der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Haushalt 1959 klar zum Ausdruck gebracht, daß eine auf Einschränkung des Personalbedarfs gerichtete Politik nur Erfolg haben kann, wenn sie längere Zeit folgerichtig durchgeführt wird, und hat deshalb empfohlen, den bisherigen Personalhaushalt unverändert zu belassen.

    (Abg. Dr. Conring: Auch im Einzelplan 3?)

    — Herr Conring, darauf komme ich jetzt. — Allerdings hat er vergessen, das, was er empfiehlt, für sein eigenes Haus anzuwenden, und er hat bei 31 Beamtenplanstellen insgesamt nicht weniger als 7 Stellenhebungen beantragt, obwohl sich im Aufgabengebiet des Bundesrats sicherlich seit Beginn seiner Tätigkeit keine Veränderung vollzogen hat und im übrigen schon in den früheren Jahren Stellenhebungen vorgenommen wurden.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Bei der Verabschiedung des Haushalts 1958 hat der gleiche Bundesrat — es war in seiner Sitzung vom 21. Juli 1958 — durch den Berichterstatter
    Kritik geübt, daß die von ihm vorgeschlagene Strenge auf dem Gebiet der Personalverwaltung vom Bundestag leider nicht voll angewandt worden sei. Im gleichen Atemzug hat er aber in einer unmittelbar folgenden Erklärung das Bedauern zum Ausdruck gebracht, daß sich der Bundestag über die Personalwünsche des Bundesrats hinweggesetzt habe.

    (Abg. Dr. Conring: Etwas widerspruchsvoll!)

    — Solches Verhalten ist sicher widersprüchlich, verehrter Herr Kollege Conring. Ich erinnere mich da an einen schönen Spruch aus meiner Heimat:
    O Heiliger Sankt Florian,
    verschon' mein Haus, zünd' andre an!
    Nein, meine Damen und Herren, so geht es nicht. Wenn wir mit unseren Bestrebungen, den ständigen Personalvermehrungs- und Stellenhebungswünschen Einhalt zu gebieten, Erfolg haben wollen und wenn wir bei diesem Bemühen ehrlich bleiben wollen, müssen wir selbst mit gutem Beispiel vorangehen, wir hier im Bundestag genauso wie, ich hoffe immer noch, das auch der Bundesrat in seinem Haus machen wird.
    Ich möchte mich nun, meine Damen und Herren, einem etwas freundlicheren Thema zuwenden. Eine große Freude, Herr Bundesfinanzminister, wurde mir zuteil, als ich vorgestern in Ihrer Haushaltsrede hörte, was Sie zur Frage der regionalen Wirtschaft sagten. Der modernen Industriewirtschaft, so sagten Sie, wohne die Tendenz inne, nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Menschen in einigen Räumen besonders stark zusammenzuballen, während andere Landesteile sich zu gleicher Zeit entvölkern und wirtschaftlich zurückbleiben. Diesen Tendenzen müsse planmäßig auf lange Sicht begegnet werden. Sie sprachen dann weiter von einem umfassenden Plan zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur bestimmter bisher zurückgebliebener Landesteile. Das waren wirklich goldene Worte, Herr Bundesfinanzminister, und das war Musik in meinen Ohren, der ich in den vergangenen Jahren von dieser Stelle aus für die CSU auf diese eminent wichtige Frage immer und immer wieder hingewiesen hatte. Es hat den Anschein, daß nunmehr die Saat aufgeht, die wir von der Landesgruppe der CSU in die Erde um den Bundesfinanzminister legten, obwohl uns diese Erde um den Bundesfinanzminister hinsichtlich dieser Frage manchmal Ödland zu sein schien, auf dem das beste Saatgut nicht gedeiht.

    (Zuruf von der SPD: Sie hatten doch einen CSU-Finanzminister ! )

    Wir sind dankbar, daß die Mittel für das regionale Förderungsprogramm trotz gewisser Schwierigkeiten vor einiger Zeit in vollem Umfang einhalten bleibt. Es steht feist, daß sich das regionale Förderungsprogramm des Bundes sehr segensreich ausgewirkt hat, vor allem in jenen Gebieten, die durch den Eisernen Vorhang in ihrem Wirtschaftsleben so schwer behindert wurden. Trotz gewisser Erfolge ist aber die Wirtschaftskraft in diesen Teilen unseres Landes noch weit unter dem Bundesdurch-
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    Niederalt
    schnitt, und nur die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor innrer- und außerhalb der Saison erheblich über dem Bundesdurchschnitt. Die übernormale Abwanderung aus diesen Gebieten hält vielfach noch an. Vor allem leidet ein Teil der Bevölkerung unter der Geißel der Arbeitsvermittlung nach auswärts. Es kann zu keinem guten Ende führen, wenn der Familienvater deshalb, weil er zu Hause beim besten Willen keine Arbeit findet, Jahr für Jahr auf lange Monate seine Frau und seine Kinder verläßt, um irgendwo in Baden-Württemberg oder sonstwo Arbeit zu suchen. Es ist höchste Zeit, daß wir uns dieses Problems energischer als bisher annehmen.
    Das regionale Förderungsprogramm allein, so wertvoll es ist, reicht, wie auch der Herr Bundesfinanzministerangedeutet hat, zur Behebung dieses Notstands nicht aus. Es bedarf einer Ergänzung durch einen umfassenderen Plan, der nach meiner Meinung vor allem auch Maßnahmen andere r Ressorts einbeziehen sollte. Ich denk e hier insbesondere an Maßnahmen im Rahmen des Bundesverkehrsministeriums. Der beschleunigte Ausbau der Lebensadern in diese revier- und verkehrsfernen Gebiete ist eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, daß kleinere und mittlere Betriebe sich nicht wie bisher immer nur in den Ballungsräumen festsetzen, sondern dort hingehen, wo noch Arbeitskräfte verfügbar sind.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich weise nur auf zwei solche Lebensadern hin weil sie mir für den bayrischen Raum besonders wichtig erscheinen, nämlich die Autobahn Frankfurt—Nürnberg—Regensburg und den Rhein-MainDonau-Kanal. Eis ist im Hinblick auf den Gesamtplan nicht einzusehen, warum der Ausbau der Autobahn Frankfurt —Nürnberg— Regensburg nicht schneller vonstatten gehen soll und kann, zumal man weiß, daß im Verkehrsetat immer noch, auch in diesem Jahr leider wieder, Ausgabereste anfallen. Warum verwenden wir die Ausgabereste nicht für diesen Zweck?

    (Abg. Ritzel: Herr Kollege Niederalt, der 'hessische Teil ist fast fertig, jetzt liegt's an Bayern!)

    — Herr Kollege Ritzel, ich werde dieser Frage selbstverständlich nachgehen, und wenn wir wissen — bestimmt wissen, nicht nur nach Gerüchten, wie sie manchmal sehr schnell in die Welt gesetzt werden —, daß es an Bayern liegt, dann werden wir das Nötige veranlassen; darauf können Sie "sich verlassen.
    Zum Rhein-Main-Donau-Kanal auch nur ein ganz kurzes Wort. Der im Hauhaltsplan hierfür vorgesehene Betrag ist in diesem Haushaltsjahr um 2,5 Millionen DM gekürzt worden. An sich verdient eine solche Tatsache in der ersten Lesung keine Erwähnung; das ist Sache der Aussprache in der zweiten Lesung. Ich erwähne sie aber bei der ersten Lesung, weil ich in dieser Kürzungsmaßnahme eine Sünde wider den Geist der eben geschilderten Konzeption der Bundesregierung sehe. Auf der einen Seite wird gesagt, daß der Entvölkerung gewisser Landesteile planmäßig und auf lange Sicht begegnet werden muß, auf der anderen Seite werden die Mittel für eine Großschiffahrtsstraße wie den RheinMain-Donau-Kanal gekürzt, die im wesentlichen mit dazu beitragen soll, den Ausgleich der Standortnachteile revierferner Zonenrandgebiete zu bewirken. Einzelheiten brauchen wir hier nicht zu erörtern. Ich darf Ihnen, Herr Bundesfinanzminister, jetzt schon ankündigen, daß die CSU durch einen Antrag die Sache wieder auszugleichen versuchen wird.
    Viele Spannungen und Schwierigkeiten in unserem Wirtschaftsleben würden erheblich gemildert werden, hätten wir nicht so große Unterschiede in der Wirtschaftskraft einzelner Landesteile. Es ist heute vom Kollegen Schoettle, vom Kollegen Vogel und auch vom Kollegen Lenz wiederholt von der Not der Gemeinden und von den Forderungen der Gemeinden gegenüber dem Bund die Rede gewesen. Auch die Frage der Notlage der Gemeinden hängt weitgehend mit dem Problem der unterschiedlichen Wirtschaftsstruktur zusammen. Wir haben heute im großen und ganzen nur noch zwei Kategorien von Gemeinden, nämlich auf der einen Seite Gemeinden mit gewerblichen und Industriebetrieben und demgemäß auch entsprechenden GewerbesteuerEinnahmen und auf der anderen Seite, vor allem in unseren Notstandsgebieten allüberall, nicht bloß in Bayern, Gemeinden, die beim besten Willen nicht wissen, woher sie die Mittel nehmen sollen, um ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen. Es ist völlig falsch, von der Not der Gemeinden im allgemeinen zu sprechen.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Dort, wo Industriebetriebe sind, wo Gewerbebetriebe sind, geht es den Gemeinden vielfach sehr gut, und dort, wo das nicht der Fall ist, wissen, wie ich sagte, die Gemeinden nicht, wie sie auch nur das Wichtigste machen sollen.

    (Zustimmung bei der CDU CSU.)

    Sie sehen auch an diesem Beispiel, wie ungeheuer wichtig die Frage einer in etwa ausgeglichenen Wirtschaftsstruktur unserer Bundesrepublik ist, und deshalb habe ich immer wieder darauf hingewiesen. Herr Bundesfinanzminister, Sie dürfen sich darauf verlassen, daß ich diesen Satz aus Ihrer Haushaltrede niemals vergessen werde, daß ich jeden Tag daran denken und auch mit geeigneten Maßnahmen und Vorschlägen zu Ihnen kommen werde.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, als Sprecher der einzigen im Bundestag vertretenen Landespartei glaube ich, im Rahmen dieser gesamtpolitischen Aussprache noch ein paar Worte über das finanzielle Verhältnis zwischen Bund und Ländern sagen zu müssen. Zunächst dürfen wir wohl alle mit Befriedigung zur Kenntnis nehmen, daß es gelungen ist, das Gesetz über den horizontalen Finanzausgleich mit einer wesentlich intensiveren Leistung für die sogenannten nehmenden Länder zustande zu bringen. Sicher war bei diesem Gesetz die Erkenntnis der Länder maßgebend, und zwar auch auf Seiten der gebenden Länder, daß die Länder insgesamt in einem gemeinsamen Boot sitzen, das in
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    Niederalteiner manch recht unfreundlichen See se gelt.
    Und wenn der Ministerpräsident eines gebenden Landes nach Presseberichten gesagt haben soll, durch den Finanzbeitrag seines Landes werde die Staatsoper in München finanziert, so kann ich nur annehmen, daß diese Bemerkung von ihm selbst nicht ernst genommen werden will. Jeder, der über das Funktionieren eines föderativen Staates etwas nachgedacht hat, weiß, daß ohne Solidarität und ohne gegenseitige Hilfe der Länder das föderative System auf schwachen Füßen stände und daß es dann sehr leicht dazu kommen könnte, daß eines Tages von Ländern im Sinne des Grundgesetzes, wie wir sie jetzt sehen, nicht mehr die Rede wäre, weder von nehmenden noch von gebenden, weder von reichen noch von armen.
    Im finanziellen Verhältnis der Länder zum Bund spielt seit geraumer Zeit die Forderung der Länder auf Übernahme bestimmter Lasten, die sie bisher selbst getragen haben, eine Rolle. Es handelt sich dabei vor allem um die Übernahme der Kosten für die Wiedergutmachung. Von der Sache her hielte ich das Begehren der Länder für begründet. Die praktische Durchführung aber ist angesichts der Haushaltslage des Bundes, über die die Länderfinanzminister ohnedies auch Bescheid wissen, nur dann möglich, wenn die Länder mit einem finanziellen Ausgleich für die neue Belastung des Bundes einverstanden sind. Dies wäre denkbar im Rahmen des vertikalen Finanzausgleichs und vor allem aber — und damit greife ich, ich weiß es, ein heißes Eisen an — durch die Rückübernahme gewisser Leistungen, die dem Bund auf kulturellem Gebiet in der jüngsten Zeitaufgedrängt wurden.

    (Abg. Schmitt [Vockenhausen] : „Aufgedrängt"?)

    — Aufgedrängt! Ich habe das Wort wohl erwogen. Gerade die Rückübernahme der finanziellen Leistungen des Bundes auf kulturellem Gebiet halte ich im Interesse einer sauberen Ordnung für wünschenswert. Das Grundgesetz hat nun einmal eine bestimmte Ordnung geschaffen, und nach dieser Ordnung sind die kulturellen Angelegenheiten, von Forschungsaufgaben abgesehen, Sache der Länder. Warum rütteln wir denn dauernd an dieser Ordnung, sei es de facto, sei es durch höchst zweifelhafte Verwaltungsabkommen? Wir schaffen doch nur an Stelle der Ordnung eine Unordnung! Die Erfahrung lehrt, daß durch eine Übernahme der kulturellen Leistungen auf den Bund meist eine recht komplizierte Verwaltungsapparatur mit gemeinsamen Kommissionen, Beiräten usw. aufgebaut werden muß, während die Länder die Aufgaben ohne jede zusätzliche Arbeitskraft meistern können. Außerdem weiß man doch zur Genüge, daß dann, wenn für eine Aufgabe zwei Behörden sich zuständig fühlen, mehr als die Hälfte der Arbeit auf die Herstellung des gegenseitigen Einvernehmens verwandt wird und daß an Stelle des Miteinander sehr häufig das Gegeneinander oder zumindest das Nebeneinander festzustellen ist.

    (Abg. Dr. Conring: Selbstbeschäftigung!)

    Die Übernahme der kulturellen Leistungen auf den
    Bund, wie sie in den letzten Jahren leider durchgeführt wurde, widerspricht also nicht bloß der Ordnung nach dem Grundgesetz, sondern auch jedem Grundsatz einer vernünftigen und einfachen Verwaltung. Deshalb sollte nach meiner Meinung der Bundesfinanzminister in Besprechungen mit den Länderfinanzministern diese Frage einmal vom Grundsatz her erörtern. Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, betone ich es noch einmal: ich gehe davon aus, daß durch eine solche Übernahme weder eine Verminderung der kulturellen Leistungen stattfinden noch eine zusätzliche Belastung auf den Bund zukommen darf, weil diese zusätzliche Belastung einfach, vom Haushalt her gesehen, nicht tragbar erscheint.
    Zum Schluß darf ich noch einen Gedanken haushaltspolitischer Art aussprechen. Niemand wird leugnen, daß die Haushaltsrede des Bundesfinanzministers ganz ausgezeichnete Gedanken enthält. Ebenso steht fest, daß die Aussprache in der ersten Lesung sowohl in diesem Jahr wie auch in früheren Jahren jeweils wertvolle Anregungen brachte. Und doch kommen mir alle diese Ausführungen, die wir hier machen, reichlich theoretisch vor. Auf Grund meiner bisherigen fünfjährigen Arbeit im Parlament muß ich das leider feststellen. Viele dieser wertvollen Gedanken finden nur sehr schwer Eingang in die Praxis des parlamentarischen Alltags. Woher kommt das wohl, meine Damen und Herren? Ein Grund dafür ist sicher der, daß viele von uns Abgeordneten im Bundestag nach dem sehr oberflächlich ausgelegten Grundsatz handeln: „Geben ist seliger als Nehmen" und sich deshalb mehr auf das Antragstellen konzentrieren als auf die Suche nach einer Deckungsmöglichkeit.

    (Abg. Hermsdorf: Das ist aber nicht nur im Parlament so, Herr Niederalt!)

    Das weiß ich, das ist auch draußen so. Aber unsere Aufgabe ist es, die Zusammenhänge herzustellen und klarzumachen.
    Ich sagte soeben, daß in diesem Falle der Satz „Geben ist seliger als Nehmen" nur sehr oberflächlich aufgefaßt wird, weil dabei nicht bedacht wird, daß, wenn ein Parlament gibt, auch das ein Nehmen ist, d. h. daß auch das Dem-Antrag-Stattgeben ein Nehmen bedeutet, nämlich ein Nehmen vom Steuerzahler.

    (Abg. Dr. Conring: Sehr richtig!)

    Hoffentlich gelingt es uns in den künftigen Jahren, den Grundsatz der Haushaltsklarheit noch mehr herauszuarbeiten als bisher, damit jeder von uns Abgeordneten, jeder Staatsbürger wie jeder Interessentenverband immer vor Augen hat, daß jeder finanzielle Antrag Auswirkungen hat, daß man also nicht nur gibt, sondern auch nimmt. Auch im Schoße der Bundesregierung muß das haushaltspolitische Denken noch mehr Fuß fassen, Das darf nicht eine alljährlich einmal wiederkehrende Sache aus Anlaß der ersten Lesung des Haushalts sein. Nur so wird es möglich sein, die schwierige Gratwanderung am Rande des Defizits, von der ich heute schon einmal gesprochen habe, glücklich zu vollenden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

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