Rede von
Hans
Lenz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ein weiterer Gesichtspunkt. Die „Finanzpolitik der Strenge und der Kargheit", wie man sie am letzten Dienstag selbst so schön genannt hat, könnte einem etwas Kummer verursachen, wenn man mit den Erfahrungen langjähriger Tätigkeit im Haushaltsausschuß die Ansätze auf der Ausgabenseite prüft. Eine Politik der Strenge und der Kargheit wäre weiß Gott auf vielen Gebieten gut. Wie wäre es, wenn wir einmal die Bezüge unserer Europa-Bediensteten „durchforsten" würden? Aber sie wird ja nur so verkündet; sie ist ja in Wirklichkeit gar nicht streng und karg. 3000 Stellenhebungen — wenn man richtig gezählt hat — sprechen eine mehr ,als deutliche Sprache, und auch die sonstige personelle Ausstattung deutet kaum auf eine große Strenge hin. Auch die Subventionen deuten, wie der Herr Finanzminister selber eingestanden hat, kaum auf Strenge und Kargheit hin.
Wie uns hier scheint, hat der Herr Bundesfinanzminister in seinen Ausführungen seinem Arger Luft gemacht, wie man es eben tut, wenn man sich nicht hat durchsetzen können. Nun, verehrter Herr Finanzminister: unsere Unterstützung haben Sie bei
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Lenz
Ihren Bemühungen, solche verfälschenden Staatsleistungen zurückzuschieben.
Wir haben immer davon gesprochen — und zwar davon gesprochen, als es vielleicht noch Zeit gewesen wäre. Zu wem haben Sie hier in diesem Hohen Haus gesprochen?
Wir haben immer gewarnt. Auch unsere Landwirte haben immer bedauert, daß man an diese Probleme nicht vom kostendeckenden Preis her angegangen ist.
Und nun stecken wir mitten darin, mit all unseren Nachbarn in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, und nun kommen wir nicht mehr heraus, weil auch die anderen ihre Subventionen in einer Weise erhöht haben, daß sie damit sogar die Agrarprodukte für ihren Export subventionieren. So ist es zu einer gewissen Diskriminierung der Landwirtschaft gekommen — ich muß es schon einmal so nennen —, die nicht notwendig gewesen wäre.
Ich bin kein Agrarpolitiker und verstehe an sich von der Sache nichts. Aber sicher ist es ein Unrecht, nun hier Vorwürfe zu machen, anstatt einem ehrlichen Preisgefüge das Wort zu reden. Verehrter Herr Finanzminister, hier müssen Sie sich einmal zunächst in Ihrem eigenen Kollegenkreise durchsetzen. Unsere Unterstützung haben Sie dann.
Der Finger, der auf Vorratshaltung, Milch, Düngemittel, Bundesbahn gelegt wurde, scheint uns besonders wichtig. Wann endlich erhält unser wertvollstes Verkehrsmittel — ich sehe es ein wenig anders als Sie, Herr Kollege Vogel —, die Bundesbahn, eine klare Zielrichtung und die nötige Energie, sie auch bei sich selbst einzuführen? Daß die Bundesbahn sich bei ihren Einnahmen verschätzt hat, wollen wir ihr nicht so sehr übelnehmen. Sie befindet sich da in der besten Gesellschaft, nämlich der der Bundesregierung.
Sie hat eben denselben Optimismus gezeigt. Auch die Auswirkungen der Tariferhöhung und der Kohlenkrise gehören nicht unbedingt in ihr Stammbuch. Allein ihre Verkehrspolitik ist die Ursache für den allgemeinen Ärger, ihre Unklarheit, ihre Unentschlossenheit, das ständige Zuspätkommen wichtiger Maßnahmen. Ist es nicht eine Blamage für alle Organe der Bundesbahn, daß der berühmte Siebenerausschuß eingesetzt werden mußte? Hat nicht ihr Präsident seinerzeit gesagt, es gebe kein Unternehmen, das er zu leiten sich nicht zutraute?
Nun, nicht die Bahn selbst, sondern die Kohle hat es geschafft, daß nun doch die halbe Milliarde Mark gegeben werden mußte, die zunächst verweigert wurde. Wir sind nicht dagegen, wir werden uns freuen, weil wir nur in einer hochleistungsfähigen, technisch und kaufmännisch hervorragend geleiteten Schienenbahn eine feste Stütze im Verkehrchaos
der Gegenwart und Zukunft sehen. Also Schluß mit den unrentablen Linien und den vielen sonstigen Anhängseln!
Von den Subventionen ganz allgemein kann man sagen, daß jeder in diesem Hohen Hause, daß alle fünf Fraktionen dieses Hauses gegen solche Subventionen sind.
Ja, fünf! Sie vergessen, daß das Hohe Haus im nächsten halben Jahr fünf Fraktionen haben wird, nämlich auch die „Fraktion Haushaltsausschuß".
Der Abgeordnete ist für die Subventionen lediglich dann, wenn sie ihn, seinen Stand, seinen Wahlkreis oder sein Land betreffen. Damit möchte ich meine Meinung zu den Aussichten äußern, sie zu beseitigen. Aus den Bundessubventionen ist Niedersachsen ,ausgeschert, weil es im horizontalen Finanzausgleich saturiert ist. Die Mittel an Schleswig-Holstein sind stark dezimiert. Nun, meine Damen ,und Herren, wir werden uns in einigen Monaten wiedersehen, und wir werden sehen, was von den Versuchen einer Einschränkung übriggeblieben ist. Sofern ies sich um Darlehen handelt, die zusätzlich gegeben werden, muß man sich doch wirklich fragen, was es für einen Sinn haben soll, daß der Bund sich verschuldet, obwohl die Länder es am Kapitalmarkt unmittelbar tun können. Wir treten — ich glaube, das ist immer so gewesen — für gesunde, finanzkräftige Länder ein und sollten daher den Ländern geben, was sie brauchen, um gesund und finanzkräftig zu sein oder zu werden. Wir halten nichts von den Einzelhilfen, die immer wieder — das haben wir doch alle erlebt und werden es weiter erleben — Neid und Mißgunst säen. Alle sollten gleichmäßig an allem profitieren. Dieses Prinzip der Ausgewogenheit würde dem Ziel, daß alle Bürger dieselbe Chance haben sollen, eher gerecht als das jetzige System der Zuschüsse an arme Länder und der sogenannten gezielten Einzelhilfen.
Wir halten es auch für unverständlich, wenn man sagt, Millionen von Bürgern seien aus der Steuerpflicht entlassen und zusätzliche Steuern würden nicht erhoben, obwohl im gleichen Atemzug den Gemeinden die Einführung neuer Steuern empfohlen wird. Nun, darüber wird an anderer Stelle zu reden sein. Aber: wenn keine neuen Steuern, dann auch keine neuen Gemeindesteuern!
Im Sozialhaushalt des neuen Entwurfs fällt das Fehlen der Kosten der bevorstehenden Kriegsopfernovelle auf. Jeder von uns weiß — Sie haben es ja angedeutet, Herr Dr. Vogel —, daß sie kommen wird. Der Herr Finanzminister hat gesagt, daß die Mittel besonders beschafft werden müßten. Die Vorstellung, daß irgendwo im Haushalt, sagen wir, eine viertel oder eine halbe Milliarde verborgen sein könnte, ist höchst merkwürdig. Denn wenn ich richtig unterrichtet bin, steht in der Verfassung, daß alle Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsplan stehen müssen.
Zum Schluß noch ein Appell an Sie, Herr Bundesfinanzminister. Bieten Sie Ihren ganzen Einfluß ,auf
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und, soweit Sie ihn haben, dehnen Sie diesen Einfluß auf den Herrn Bundeskanzler aus, damit alles getan wird, um die Riesenzahl von Organisationen und Institutionen des neuen Europas einigermaßen sinnvoll zu koordinieren. Wir sind allein in Paris, wenn ich richtig unterrichtet bin, siebenmal vertreten. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft scheint sich kein Gewissen daraus zu machen, Grundsätze auf ihre Verwaltungen anzuwenden, gegen die ständig im Haushaltsausschuß und hier in diesem Hohen Hause anzukämpfen wir ehrlich bemüht sind.
Führen Sie eine Abklärung der sechs Haushaltsausschüsse in Brüssel herbei und lassen Sie den Aufbau der europäischen Verwaltungen nicht zu einem Chaos werden!
Meine Damen und Herren! Ich habe von dem Recht der Opposition, von der Pflicht der Opposition zur Kritik Gebrauch gemacht. Ich möchte noch einmal versichern, daß wir über die Grundsätze, die am vergangenen Dienstag hier vorgetragen worden sind, alles in allem einig sind. Wir haben nur eine starke Diskrepanz zwischen Wollen und Vollbringen aufzudecken versucht. Wir werden uns aber bemühen, diesen Grundsätzen im Haushaltsausschuß und später in den Beratungen dieses Hohen Hauses zum Durchbruch zu verhelfen.