Rede von
Dr.
Hans
Wilhelmi
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, eine große Rede zu halten, insbesondere nicht, auf die juristischen Ausführungen des Herrn Kollegen Metzger im einzelnen einzugehen. Denn ich glaube nicht, daß sie für uns, die wir uns mit den Dingen befaßt haben, etwas Neues gebracht haben. Es wäre sinnlos, unseren Standpunkt, den wir in der ersten Lesung vorgetragen haben, erneut darzulegen.
Der Grund, warum ich mich überhaupt zu Wort gemeldet habe, ist in den Ausführungen vom Kollegen Metzger zu finden, und zwar in einem der zahlreichen Angriffe, die er gegen den Herrn Bundesinnenminister gestartet hat. Er hat den Herrn Bundesinnenminister wegen der Erklärung angegriffen, die der Evangelische Arbeitskreis in Essen formuliert hat und in der von den Schwarmgeistern die Rede ist. Herr Kollege Metzger und seine Freunde sind — das habe ich in der kurzen Zeit, in der ich in diesem Parlament sein zu dürfen die Ehre habe, gemerkt — immer sehr empfindlich, wenn man etwas gegen sie sagt. Sie sind aber außerordentlich großzügig in den Beschuldigungen, die sie uns an den Kopf werfen.
So scheint es mir auch hier zu sein. Der Herr Kollege Metzger empfindet es als einen schweren Vorwurf, wenn die evangelischen Christen, die in der Frage der atomaren Bewaffnung seiner Aufassung sind, als Schwarmgeister bezeichnet werden. Ich möchte darauf hinweisen, daß wir damit diesen Christen jedenfalls nicht ihr Christentum absprechen, sondern uns nur auf den Standpunkt stellen, den wir allerdings aus Überzeugung einnehmen, daß die Christen, die diese Auffassung vertreten, die reale weltpolitische Lage nicht richtig beurteilen. Wir sind der Meinung, daß man bei einer realen Beurteilung der weltpolitischen Lage vom Ethischen, auch vom Christlichen her zu einer anderen Entscheidung kommen sollte als zu dieser.
Der Ausdruck „Schwarmgeister" ist übrigens nicht von dem Herrn Bundesinnenminister gewählt, sondern in der Versammlung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU einstimmig beschlossen worden.
Sehr verehrter Herr Kollege Metzger, es wird Ihnen und Ihren Parteifreunden bekannt sein, daß es Menschen gibt, die im Lande herumreisen und die die Leute, die unsere Auffassung vertreten, bezichtigen, sie glaubten an den Teufelskram, nämlich den Teufelskram der Atomwaffen, mehr als an den lebendigen Gott und daß sie damit die Existenz Gottes verneinen und, wenn sie sich auch tausendmal ein christliches Mäntelchen umhängen, Atheisten seien. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe in der Evangelischen Kirche bisher noch nicht gehört, daß sich jemand, sei es ein einzelner, oder seien es mehrere, wie in den Bruderschaften, oder sei es in einem kirchlichen Gremium, anmaßt, als Mensch darüber zu entscheiden, wer Christ und wer nicht Christ ist. Gott sei Dank gibt es da nur eine Entscheidung. Die aber liegt bei unserem Gott. Daß sich Menschen diese Entscheidung anmaßen und die Leute, die in einer ganz konkreten Frage anderer Ansicht sind, als Atheisten bezeichnen, sollte doch wohl auch der SPD zu denken geben, wenn sie sich auch sonst vielleicht nicht allzuviel mit diesen rein kirchlichen Fragen befaßt. Aber es gehört ja jetzt zu Ihrem Programm, sich mit diesen Dingen mehr zu befassen. Deshalb sollten Sie es auch tun und sollten diesen Leuten entgegentreten und ihnen verbieten, in diesen Ausschüssen, die Sie doch politisch agieren, derartige diffamierende Äußerungen gegen andere zu richten.
Ein solches Verhalten widerspricht im übrigen auch den kirchlichen Beschlüssen, auf die Sie, Herr Kollege Metzger, sich bezogen haben. Sie waren ja selbst mit in der Synode. Wir wissen ganz genau, daß wir nicht zu einer Einigung gekommen sind. Wir wissen ganz genau, daß jeder von uns, so seltsam es vielleicht für den kirchlich nicht Geschulten klingen mag, dem anderen vorwerfen kann, daß er Sünde begehe. Sie können es uns vorwerfen, und wir werfen es Ihnen vor und sehen die Sünde, die Sie begehen, darin, daß Sie die Verantwortung für das Volk nicht richtig kennen und tragen. Einen solchen Vorwurf können und müssen wir ertragen. Wir werden es uns aber in keiner Weise gefallen lassen, daß uns eine andere Partei diffamiert, indem sie behauptet, wir seien keine Christen, sondern Atheisten.
Das sollten Sie sich einmal überlegen, Herr Kollege Metzger. Sie haben sich darüber beschwert, daß man von „Schwarmgeistern" sprach. Es geht hier nicht um die Frage, ob Sie an Gott glauben und ob Sie Christ sind. Ich habe von den Aktionsausschüssen noch nie ein Wort in der Richtung gehört, daß sie sich gegen das Auftreten von Leuten gewandt hätten, die diejenigen, die unsere Auffassung vertreten, als Atheisten bezeichnen.
All das zeigt — und damit komme ich auf das Thema des heutigen Tages, Herr Kollege Metzger —, mit welcher Radikalität diese ganze Aktion
1738 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 31. Sitzung, Bonn, Freitag, den 13. Juni 1958
Dr. Wilhelm!
„Kampf dem Atomtod" durchgeführt wird, die, wie ich schon in der ersten Lesung ausführte, bereits im Namen eine Unwahrheit enthält.
Diese ganze Aktion ist nur dazu da, das Volk aufzuwiegeln, zu weiter gar nichts!