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ID0303101800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 31. Sitzung Bonn, 13. Juni 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Volksbefragung wegen einer atomaren Ausrüstung der Bundeswehr (SPD) (Drucksache 303) — Zweite Beratung — Metzger (SPD) 1695 B Dr. Schröder, Bundesminister . 1708 D, 1742 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 1712 D Dürr (FDP) . . . . . . . . . 1717 A Euler (DP) 1718 D Dr. Mommer (SPD) 1721 B Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . . 1734 A Dr. Wilhelmi (CDU/CSU) 1737 A Dr. Arndt (SPD) . . . . . . . . 1738 A Erler (SPD) 1743 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 1746 A Namentliche Abstimmung 1746 C Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht: Antrag der Bundesregierung gegen die Regierung des Landes Hessen wegen Verletzung der Pflicht zur Bundestreue; Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 437); Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht: Antrag der Bundesregierung auf verfassungsrechtliche Prüfung des hamburgischen Gesetzes betr. die Volksbefragung über Atomwaffen; Mündlicher Beruht des Rechtsausschusses (Drucksache 438) Hoogen (CDU/CSU) 1748 A Wittrock (SPD) 1748 B Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 1749 D Dr. Wilhelmi (CDU/CSU) 1750 B Nächste Sitzung 1752 C Anlage 1753 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 31. Sitzung, Bonn, Freitag, den 13. Juni 1958 1695 31. Sitzung Bonn, den 13. Juni 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Graf Adelmann 30. 6. Bading 13. 6. Dr. Bärsch 15. 6. Baur (Augsburg) 13. 6. Berendsen 13. 6. Berger 13. 6. Frau Berger-Heise 30. 6. Bergmann 13. 6. Birkelbach 13. 6. Dr. Birrenbach 14. 6. Fürst von Bismarck 13. 6. Dr. Bucerius 13. 6. Burgemeister 3. 7. Demmelmeier 13. 6. Dr. Deist 13. 6. Deringer 13. 6. Frau Döhring (Stuttgart) 21. 6. Döring (Düsseldorf) 13. 6. Eilers (Oldenburg) 13. 6. Etzenbach 13. 6. Frehsee 13. 6. Dr. Frey 21. 6. Dr. Friedensburg 13. 6. Dr. Furler 21. 6. Gaßmann 21. 6. Geiger (München) 14. 6. Glüsing (Dithmarschen) 13. 6. Dr. Gossel 13. 6. Hackethal 13. 6. Häussler 30. 6. Dr. Dr. Heinemann 13. 6. Hübner 13. 6. Illerhaus 13. 6. Jahn (Marburg) 14. 6. Kalbitzer 13. 6. Dr. Kempfler 13. 6. Dr. Königswarter 13. 6. Dr. Kopf 13. 6. Frau Dr. Kuchtner 14. 6. Kühlthau 16. 6. Kühn (Köln) 13. 6. Kunze 15. 6. Leber 13. 6. Lenz (Brühl) 13. 6. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 6. Dr. Maier (Stuttgart) 13. 6. Margulies 13. 6. Marx 16. 6. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Maxsein 13. 6. Mensing 28. 6. Frau Meyer-Laule 14. 6. Müller-Hermann 14. 6. Nieberg 13. 6. Frau Niggemeyer 12. 7. Oetzel 13. 6. Ollenhauer 14. 6. Frau Dr. Pannhoff 14. 6. Paul 14. 6. Peters 13. 6. Pietscher 16. 6. Frau Pitz-Savelsberg 15. 6. Dr. Preiß 30. 6. Pütz 13. 6. Ramms 21. 6. Rasch 25. 6. Frau Dr. Rehling 13. 6. Ruf 30. 6. Sander 20. 6. Scheel 13. 6. Dr. Schellenberg 14. 6. Scheppmann 13. 6. Dr. Schmid (Frankfurt) 13. 6. Schneider (Hamburg) 13. 6. Dr. Schneider (Saarbrücken) 13. 6. Schoettle 19. 7. Dr. Schranz 13. 6. Schultz 13. 6. Dr. Serres 13. 6. Seuffert 13..6. Siebel 20. 6. Simpfendörfer 13. 6. Spies (Brücken) 13. 6. Dr. Starke 13. 6. Stauch 13. 6. Stierle 13. 6. Dr. Storm (Duisburg) 13. 6. Storm (Meischenstorf) 13. 6. Sträter 30. 6. Struve 30. 6. Wagner 13. 6. Dr. Wahl 13. 6. Walpert 13. 6. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 13. 6. Weber (Georgenau) 13. 6. Dr. Weber (Koblenz) 13. 6. Wehner 14. 6. Weimer 17. 6. Dr. Werber 13. 6. Dr. Winter 13. 6. Dr. Wolff (Denzlingen) 13. 6. Zoglmann 13. 6.
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    Rede von August-Martin Euler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben innerhalb weniger Minuten erlebt, daß der Kollege Metzger den Bundeskanzler als einen verhängnisvollen Politiker, als ein Unglück für unser Volk bezeichnete und daß die sozialdemokratische Fraktion diesen Saal verließ, nur weil der Herr Bundesminister Schröder nicht bereit war, eine Frage des Kollegen Erler zu beantworten.

    (Zurufe von der SPD: Das stimmt doch gar nicht! Sie wissen genau, weshalb!)

    Das zeigt auf der einen Seite eine geradezu krankhafte Überempfindlichkeit und auf der anderen Seite eine völlig falsche Einschätzung der persönlichen und politischen Realitäten, soweit sie Ihnen nicht angenehm sind.

    (Zuruf von der SPD: Das ist ja gar nicht wahr, Herr Euler!)


    Euler
    Damit verschaffen Sie sich keinen Nutzen, sondern Sie sorgen mit solchen Urteilen wie dem, daß der Bundeskanzler ein Unglück für unser Volk sei, gerade dafür, daß unser Volk gegen Sie jenes gesunde Mißtrauen behält, das erforderlich ist, damit Sie, solange Sie diese Meinungen haben, in diesem Hause nicht zur Mehrheit kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, unter diesem Gesichtspunkt kann man Ihre Urteile, Ihre Verstiegenheiten, wie Sie sie hier zum besten geben, durchaus begrüßen, wenn man nicht befürchten müßte,

    (Zurufe von der SPD)

    daß eben diese Urteile bei vielen Menschen innere
    Verwüstungen anrichten, die nicht im Sinne des
    Gemeinwohls liegen, und deshalb bedauern wir es.


Rede von Ludwig Metzger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Euler, haben Sie nicht gehört, warum ich den Herrn Bundeskanzler als ein Unglück für unser Volk bezeichnete? Haben Sie nicht die Äußerung gehört, die er vorher gemacht hat und die volksvergiftend wirken muß? Haben Sie das nicht zur Kenntnis genommen?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von August-Martin Euler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Natürlich, Herr Kollege Metzger, habe ich Ihre Begründung gehört. Aber gerade diese Begründung war ein Beweis dafür, wie verstiegen Ihr Urteil ist.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Denn die Einzelheiten, die Sie angeführt haben, sehr geehrter Herr Kollege Metzger, sind in Anbetracht der gesamten Regierungsleistung seit 1949 so ungewichtig, daß Sie keinerlei Aussicht haben, Ihr Urteil damit glaubhaft zu begründen. Das eben fühlt die gesamte Öffentlichkeit.

    (Abg. Metzger meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Herr Kollege Metzger, es ist aussichtslos, daß Sie in diesem Punkt noch weitere Fragen an mich richten. Sie würden sich einen größeren Dienst leisten, wenn Sie anerkennten, daß die von den Regierungsparteien seit 1949 getragenen Regierungen Adenauer in Deutschland aus einem Nichts eine in der ganzen Welt respektierte Demokratie hergestellt haben, die Gott sei Dank so beständig ist, daß mit Fehlentwicklungen, wie wir sie in anderen Ländern immer wieder erlebt haben und erleben, nicht gerechnet zu werden braucht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Diese Regierungen Adenauer haben es fertiggebracht, Deutschland gleichberechtigt in die Völker der westlichen Welt einzubauen. Und wenn wir das Mißtrauen der anderen Völker, ja ihren Haß wenige Jahre nach dem Kriege restlos überwunden haben und man heute in den westlichen Ländern eine Stimmung findet — ob in Luxemburg, in Belgien, in Holland oder in anderen Ländern, die unter der Politik des „Dritten Reiches" schwer gelitten haben —, die nicht als deutschfeindlich, sondern
    als deutschfreundlich bezeichnet werden muß, dann ist das die Folge des Wirkens dieser Regierungen und des Ansehens, das sie der neuen deutschen Demokratie mit einer klaren, beständigen Regierungspolitik geschaffen haben, mit einer Politik, die keinerlei Mißverständnissen ausgesetzt war und die deshalb Vertrauen erzeugte, weil sie aus einem festen vertrauensvollen Bemühen kam. Nur diese Politik hat uns den Frieden bis heute gesichert, und sie wird ihn weiter sichern. Nur diese Politik hat uns den Freiheitszustand beschert, dessen wir uns heute zu erfreuen haben. Und nur sie hat einen Wohlstand geschaffen, von dem die SPD vor einigen Jahren noch überzeugt war, daß er durch eine liberale Politik überhaupt nicht zu erzielen sei.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren von der SPD, diese Gründe sind es, die klar sehen lassen, daß Sie sich durch nichts mehr schaden als mit Urteilen, mit denen Sie glauben, den Herrn Bundeskanzler abqualifizieren zu können. Aber der Fehler in Ihrem Denken geht ja sehr viel tiefer. Das allein ist die Ursache, warum wir in diesem Hause eine so verschiedene Sprache sprechen, daß man bald befürchten muß, es bestehen keine Verständigungsmöglichkeiten mehr.
    Man liest den Aufruf führender Sozialdemokraten der Schweiz, man liest die Auslassungen belgischer Sozialisten zu den Themen, die uns heute hier angehen, man liest die Äußerungen französischer und englischer Sozialisten, — sie sind allesamt von völlig anderen außen- und. wehrpolitischen Auffassungen als denen der SPD getragen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt Ihnen das eigentlich nicht zu denken? Zeigt sich da nicht, daß nicht wir, die Vertreter der Regierungsmehrheit, mit unseren Überlegungen und mit unserer Politik vereinsamt sind, sondern daß Sie gegenüber den Sozialisten der westlichen Welt jetzt schon in den Bereich einer hoffnungslosen Isolation gekommen sind?

    (Beifall bei den Regierungsparteien. Abg. Blachstein: Was Sie für Sorgen haben!)

    — Ja, was für Sorgen Sie nicht haben!
    Ich darf aus diesem Aufruf führender Sozialdemokraten der Schweiz, den die Mitglieder der Regierungsparteien in diesem Bundestag Wort für Wort unterschreiben können, noch einige wichtige Sätze vorlesen, weil sie die Probleme klarstellen, und zwar auch im Hinblick auf die Ausführungen des Kollegen Dürr von der Fraktion der Freien Demokraten. Wir müssen immer wieder klarstellen: das Problem, um das es geht, besteht nicht darin, daß der eine von uns den Frieden will, der andere nicht,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    daß der eine ohne Atombombe auskommen möchte, der andere nicht. Wir möchten gemeinsam erreichen, daß der Frieden sichergestellt bleibt und daß es einer deutschen Teilnahme an der atomaren Aufrüstung überhaupt nicht bedarf. Die Frage ist nur:
    1720 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 31. Sitzung, Bonn, Freitag, den 13. Juni 1958
    Euler
    Welches ist der richtige Weg, um dieses Ziel zu erreichen?

    (Zustimmung bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Sagen Sie es mal!)

    Man muß die Fragen richtig formulieren.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Ja, ich will Ihre Neugierde befriedigen, indem
    ich aus dem Aufruf der führenden Sozialdemokraten
    der Schweiz mit Genehmigung des Herrn Präsidenten noch einige Sätze vorlese. Da heißt es:
    Wir nehmen für uns in Anspruch, sowohl den konventionellen wie den Atomkrieg nicht minder zu verabscheuen als andere. Wir verabscheuen ihn nicht minder als diejenigen, die sich in ihrem Wunschdenken den Tatsachen und Erfahrungen des Kalten Krieges verschließen. Diese Erfahrungen lehren uns, daß der völkerunterdrückende und weltherrschaftslüsterne Osten nur dann verhindert wird, neue Aggressionen auszulösen und die Wasserstoffbombe in die Waagschale der Entscheidung zu werfen, wenn ihm in der freien Welt — in der Bewaffnung der Vereinigten Staaten, Englands und der NATO — ein mindestens ebenbürtiges Kernwaffenpotential gegenübersteht.
    Und es heißt dann weiter:
    Wir lehnen ... den Versuch, die Frage der Bewaffnung der schweizerischen Armee den eidgenössischen Räten zu entziehen und sie zum Gegenstand gefühlsmäßig unterbauter politischer Feldzüge zu machen, entschieden ab. Vom Bundesrat und den zuständigen Organen der Armee erwarten wir, daß sie sich darüber aussprechen, wie sie sich angesichts der heutigen technischen Entwicklung die Ausrüstung der Armee vorstellen. Erachtet man die Landesverteidigung weiterhin als nötig — und wir tun es —, dann ist es unsere Pflicht, dem Soldaten diejenigen Abwehrmittel in die Hand zu geben, ohne die er zum vornherein sowohl psychologisch wie materiell verloren wäre. Wir verkennen — soweit es sich nicht um Kommunisten handelt — keineswegs die humanitären Motive derjenigen, deren Ansichten über die äußerst komplexe Atomfrage sich mit den unsern nicht decken. Aber wir sind nicht bereit, jenen totalitären Kräften Handlangerdienste zu leisten, deren unverhüllte Absicht es seit langem ist, den Westen in lähmende Furcht und im Gefolge davon in die selbstmörderische Resignation zu treiben.
    Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist genau die Betrachtungsweise, die wir hegen. Sie stimmt mit der unsrigen überein. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, diesen Realismus pflegten — den Sie als Regierungspartei pflegen müßten —, dann würden wir uns nicht so weit auseinander finden, wie das im Augenblick der Fall ist.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Wir wissen, daß unsere Auffassungen auf festem Grunde stehen. Wir wissen, daß Sie, falls Sie die
    Regierungsverantwortung bekämen, diese Auffassungen für Ihre praktische Politik übernehmen und nach ihnen handeln müßten. Wir sind dewegen weit von der Gefahr entfernt, uns durch dialektische Scheingründe in Verwirrung bringen zu lassen. Aber wir haben mehr zu tun, als dafür zu sorgen, daß wir nicht selbst der Verwirrung anheimfallen. Wir haben dafür zu sorgen, daß unser Volk nicht einer methodisch geschürten Verwirrung zum Opfer fällt. Darum geht es.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Ein Mittel der methodisch geschürten Verwirrung sind gerade die Volksbegehren, die Volksentscheide und die Volksbefragungen, die in Wahrheit nichts anderes sind als Volksentscheide unter einem neuartigen Namen, einem Namen, den es im Jahre 1948/49 noch nicht gab. Da hatte man Volksbefragungen noch nicht exerziert, während man Volksbegehren und Volksentscheide aus den verschiedensten Demokratien kannte.
    Es ist eine Tatsache, die schließlich auch Herr Kollege Metzger nicht bestreiten konnte, daß sich damals im Parlamentarischen Rat die Vertreter aller Parteien dahin einig gewesen sind, daß man der zukünftigen Demokratie erstens eine stabile Exekutive geben müsse und daß man zweitens den Demagogen die besonderen Mittel der Volksverwirrung, als die sich Volksbegehren und Volksentscheide gerade in der Weimarer Demokratie erwiesen hatten, entziehen müsse. Wenn wir die Zeit seit 1948 überblicken und die Motive unserer Verfassungsväter, die leider erst nach dem Scheitern der Weimarer Demokratie in die Lage kamen, eine fester gefügte Demokratie zu bauen, an Hand der Erfahrungen würdigen, die wir seit zehn Jahren in Deutschland gemacht haben und die in anderen Ländern mit, ich möchte sagen, chaotisch entarteten Formen der parlamentarischen Demokratie gemacht worden sind, dann müssen wir sagen: Die Männer, die uns 1948 eine Demokratie mit stabiler Exekutive gegeben haben, waren gut beraten, und wir wären ihrer nicht würdig, wenn wir heute davon abwichen und unsere guten Erfahrungen mit ihren guten Auffassungen verleugneten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben schon häufig erlebt, daß die SPD in diesem Hause in bestimmten Fragen mit Entschiedenheit die Aufassung vertreten hat, die Regierung irre nicht nur in ihrem politischen Wollen, sondern sie bediene sich staatsrechtlicher Begründungen, die verfassungswidrig seien, und sie erstrebe Zwecke, die mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen seien. Wir erinnern uns an zahlreiche Debatten, in denen die Sozialdemokratie die Bundesregierung mit größtem Nachdruck, noch ehe ein Prozeß vor dem Verfassungsgerichtshof ausgetragen war, der Verfassungswidrigkeit ihrer Auffassungen und ihrer praktischen Verhaltensweise bezichtigte. In den Prozessen unterlag die Opposition; die sozialdemokratischen Kritiker hatten nicht recht behalten. Sie hatten sich von dem Verfassungsgericht sagen lassen müssen, daß die Regierung nicht falsch beraten gewesen war.
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 31. Sitzung, Bonn, Freitag, den 13. Juni 1958 1721
    Euler
    Wir vertrauen auch in dieser Sache darauf, daß das Bundesverfassungsgericht einen Entscheid fallen muß, der nach allen Argumenten, die aus der Verfassung und aus der politischen Wirklichkeit zu entnehmen sind, kaum den Erwartungen der Opposition entsprechen wird. Die Auffassung der SPD war auch heute wieder ersichtlich schlecht begründet, wenn man auch der SPD zubilligen kann, daß sie alles in allem nach wochenlangen Bemühungen wohl die relativ besten Gründe hier hat vortragen lassen, die in dieser schlechten Sache überhaupt zu finden waren.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Wir wissen, was wir unserem Volke schuldig sind in einer Zeit, in der leider nicht allein wir, sondern alle Völker, die heute von sowjetischen Einflüssen frei sind, fortgesetzt in der Gefahr sind, nicht nur Gegenstand kriegerischer Aggressionen zu werden, sondern — was velleicht für die nächsten Jahre bedeutungsvoller wird — in den Ausstrahlungsbereich erpresserischer Taktiken zu kommen. Wir haben nicht nur zu beachten, daß der westdeutsche demokratische Staat, der repräsentativ für ganz Deutschland ist und auch die Menschen in Mitteldeutschland nach ihrem inneren Willen vertritt, nicht Opfer eines kriegerischen Angriffs der Sowjetunion wird, daß niemals eine Lage eintreten kann, in der sich die Sowjets einbilden dürfen, sie könnten eine Aggression mit geringem Risiko, mit geringen Kosten unternehmen. Nein, noch wichtiger ist es, zu verhindern, daß wir in den Bereich einer erpresserischen Politik der Sowjets ohne direkte kriegerische Aggression hineinkommen.
    Wir wissen, daß wir dieses Ziel nur erreichen werden, wenn wir in fester Geschlossenheit mit der gesamten westlichen Welt bleiben, wenn wir alles dafür tun, daß das westliche Abwehrbündnis zur Erhaltung des Friedens wirklich leistungsfähig bleibt. Wenn es nur auf diese Weise möglich ist, Westdeutschland in Frieden zu halten, sicher bewahrt vor sowjetischen Aggressionen und Erpressungen, dann ist es auch nur diese Politik, die eine friedliche Wiedervereinigung zu erzielen vermag.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)