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    Deutscher Bundestag 31. Sitzung Bonn, 13. Juni 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Volksbefragung wegen einer atomaren Ausrüstung der Bundeswehr (SPD) (Drucksache 303) — Zweite Beratung — Metzger (SPD) 1695 B Dr. Schröder, Bundesminister . 1708 D, 1742 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 1712 D Dürr (FDP) . . . . . . . . . 1717 A Euler (DP) 1718 D Dr. Mommer (SPD) 1721 B Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . . 1734 A Dr. Wilhelmi (CDU/CSU) 1737 A Dr. Arndt (SPD) . . . . . . . . 1738 A Erler (SPD) 1743 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 1746 A Namentliche Abstimmung 1746 C Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht: Antrag der Bundesregierung gegen die Regierung des Landes Hessen wegen Verletzung der Pflicht zur Bundestreue; Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 437); Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht: Antrag der Bundesregierung auf verfassungsrechtliche Prüfung des hamburgischen Gesetzes betr. die Volksbefragung über Atomwaffen; Mündlicher Beruht des Rechtsausschusses (Drucksache 438) Hoogen (CDU/CSU) 1748 A Wittrock (SPD) 1748 B Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 1749 D Dr. Wilhelmi (CDU/CSU) 1750 B Nächste Sitzung 1752 C Anlage 1753 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 31. Sitzung, Bonn, Freitag, den 13. Juni 1958 1695 31. Sitzung Bonn, den 13. Juni 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Graf Adelmann 30. 6. Bading 13. 6. Dr. Bärsch 15. 6. Baur (Augsburg) 13. 6. Berendsen 13. 6. Berger 13. 6. Frau Berger-Heise 30. 6. Bergmann 13. 6. Birkelbach 13. 6. Dr. Birrenbach 14. 6. Fürst von Bismarck 13. 6. Dr. Bucerius 13. 6. Burgemeister 3. 7. Demmelmeier 13. 6. Dr. Deist 13. 6. Deringer 13. 6. Frau Döhring (Stuttgart) 21. 6. Döring (Düsseldorf) 13. 6. Eilers (Oldenburg) 13. 6. Etzenbach 13. 6. Frehsee 13. 6. Dr. Frey 21. 6. Dr. Friedensburg 13. 6. Dr. Furler 21. 6. Gaßmann 21. 6. Geiger (München) 14. 6. Glüsing (Dithmarschen) 13. 6. Dr. Gossel 13. 6. Hackethal 13. 6. Häussler 30. 6. Dr. Dr. Heinemann 13. 6. Hübner 13. 6. Illerhaus 13. 6. Jahn (Marburg) 14. 6. Kalbitzer 13. 6. Dr. Kempfler 13. 6. Dr. Königswarter 13. 6. Dr. Kopf 13. 6. Frau Dr. Kuchtner 14. 6. Kühlthau 16. 6. Kühn (Köln) 13. 6. Kunze 15. 6. Leber 13. 6. Lenz (Brühl) 13. 6. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 6. Dr. Maier (Stuttgart) 13. 6. Margulies 13. 6. Marx 16. 6. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Maxsein 13. 6. Mensing 28. 6. Frau Meyer-Laule 14. 6. Müller-Hermann 14. 6. Nieberg 13. 6. Frau Niggemeyer 12. 7. Oetzel 13. 6. Ollenhauer 14. 6. Frau Dr. Pannhoff 14. 6. Paul 14. 6. Peters 13. 6. Pietscher 16. 6. Frau Pitz-Savelsberg 15. 6. Dr. Preiß 30. 6. Pütz 13. 6. Ramms 21. 6. Rasch 25. 6. Frau Dr. Rehling 13. 6. Ruf 30. 6. Sander 20. 6. Scheel 13. 6. Dr. Schellenberg 14. 6. Scheppmann 13. 6. Dr. Schmid (Frankfurt) 13. 6. Schneider (Hamburg) 13. 6. Dr. Schneider (Saarbrücken) 13. 6. Schoettle 19. 7. Dr. Schranz 13. 6. Schultz 13. 6. Dr. Serres 13. 6. Seuffert 13..6. Siebel 20. 6. Simpfendörfer 13. 6. Spies (Brücken) 13. 6. Dr. Starke 13. 6. Stauch 13. 6. Stierle 13. 6. Dr. Storm (Duisburg) 13. 6. Storm (Meischenstorf) 13. 6. Sträter 30. 6. Struve 30. 6. Wagner 13. 6. Dr. Wahl 13. 6. Walpert 13. 6. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 13. 6. Weber (Georgenau) 13. 6. Dr. Weber (Koblenz) 13. 6. Wehner 14. 6. Weimer 17. 6. Dr. Werber 13. 6. Dr. Winter 13. 6. Dr. Wolff (Denzlingen) 13. 6. Zoglmann 13. 6.
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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vorredner hat eine ganze Reihe von geradezu unqualifizierbaren Angriffen gegen die Bundesregierung, den Herrn Bundeskanzler und mich erhoben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Ich werde auf diese Angriffe, soweit sie im öffentlichen Interesse eine Antwort verlangen, im Laufe der Debatte eingehen, und ich hoffe, daß ich das mit größerer Höflichkeit als der tun werde, mit der diese Angriffe plaziert worden sind.
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 31. Sitzung, Bonn, Freitag, den 13. Juni 1958 1709
    Bundesminister Dr. Schröder
    Ich möchte mich jetzt zunächst nicht so sehr der verfassungsrechtlichen Seite der Volksbefragungsaktion widmen,

    (Zuruf von der SPD: Warum?)

    sondern vielmehr einige Streiflichter auf ihren Hintergrund richten. In diesen Tagen hat der Dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofes gegen den früheren Bundestagsabgeordneten Walter Fisch eine aufschlußreiche öffentliche Verhandlung geführt. Aus den bei Fisch vorgefundenen Dokumenten geht hervor, daß sich die westdeutschen Kommunisten in ihrer Untergrundtätigkeit neben dem Aufbau eines geheimen Parteiapparats in erster Linie die Verhinderung der Atomaufrüstung und der Errichtung von Raketenabschußbasen, die Entfachung einer sozialen Unzufriedenheit unter der Arbeiterschaft und schließlich die Durchsetzung der SPD mit KPD-Leuten zum Ziel gesetzt haben.

    (Hört! Hört! in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Das können Sie der SPD doch nicht zum Vorwurf machen! — Weitere Zurufe links.)

    Das Urteil gegen Fisch ist vor einer Stunde in Karlsruhe verkündet worden. Er ist wegen hochverräterischen Unternehmens zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Prozeßverlauf hat wieder einmal einen tiefen Einblick in die kommunistische Zielsetzung und die kommunistische Arbeitsweise gewährt. Wir alle, meine Damen und Herren, tun gut daran, die Lehren aus diesem Prozeß ernst zu nehmen.
    Ich glaube, daß sich ein wirkliches Urteil über die Gefährlichkeit der Volksbefragungsaktion nur dann gewinnen läßt, wenn man den Hintergrund kennt, auf dem sie sich abspielt. Das erfordert einen kurzen Blick auf die kommunistische Vorgeschichte dieser Aktion. Zur Taktik der kommunistischen Parteien gehört es, zur Erreichung ihrer strategischen Ziele, nämlich des Umsturzes der Gesellschaftsordnung in den nichtkommunistischen Staaten und der Errichtung der Diktatur des Proletariats, breite Volksschichten für begrenzte politische Ziele zu gewinnen. Für diesen Zweck benutzt die Kommunistische Partei Hilfsorganisationen, die bestimmte Aufgaben auf einzelnen Interessengebieten erfüllen sollen.

    (Zurufe von der SPD. — Abg. Erlen Eine Zwischenfrage!)

    — Ich bedaure, daß ich während dieses Vortrages keine Zwischenfrage zulassen kann.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Mommer: Das glaube ich, Sie unverschämter Bursche! — Weitere erregte Zurufe von der SPD: Das glauben wir!)

    — Ich stehe Ihnen anschließend zur Verfügung.

    (Anhaltende lebhafte Zurufe von der SPD: Unverschämte Verleumdung! — Alter Nazi! — Die SPD-Fraktion verläßt mit wenigen Ausnahmen den Saal. — Glocke des Präsidenten.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, wenn der Herr Bundesinnenminister von einem geschäftsordnungsmäßigen Recht Gebrauch macht, dann müssen Sie das akzeptieren. Ich bitte auf alle Fälle um Ruhe, damit wir die Sitzung fortführen können.

(Zuruf des Abg. Dr. Menzel. — Gegenrufe von der Mitte.)

— Herr Abgeordneter Dr. Menzel, ich darf auch Sie um Ruhe bitten.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Für diesen Zweck benutzt die Kommunistische Partei Hilfsorganisationen, die bestimmte Aufgaben auf einzelnen Interessengebieten erfüllen sollen, z. B. Friedensarbeit, Kulturarbeit und Frauenarbeit.

    (Zuruf von der SPD: Welche Organisationen?)

    Eine der wichtigsten und wirksamsten Organisationen dieser Art ist seit Jahren die kommunistische Weltfriedensbewegung, die den aufrichtigen Wunsch aller Menschen nach einem dauerhaften Frieden für kommunistische Zwecke ausnutzt und deshalb auch zuerst als Träger des Kampfes gegen die atomare Rüstung außerhalb Deutschlands vorgeschoben worden ist. Schon 1950 hat der kommunistische „Weltfriedensrat" eine großangelegte Kampagne für das Verbot der damals nur in amerikanischen Händen befindlichen Atomwaffen begonnen. Etwa gleichzeitig sind in fast allen Ländern der freien Welt nationale kommunistische Friedenskomitees entstanden, die sich dieser ersten Atomkampagne anschlossen. In der Bundesrepublik handelte es sich um das „Westdeutsche Friedenskomitee", später „Friedenskomitee der Bundesrepublik Deutschland" genannt. Diese kommunistische Friedensbewegung bezweckte, die kommunistischen Aggressionsabsichten zu tarnen und die westliche Abwehrbereitschaft zu schwächen. In Wahrheit lehnt die kommunistische Ideologie den Pazifismus — man muß hier betonen: im eigenen Machtbereich — als reaktionär ab. Die kommunistische „Weltfriedensbewegung" führte mehrere große Unterschriftensammlungen durch, die sich für das absolute Verbot aller Atomwaffen einsetzten. So die Appelle von Stockholm am 19. März 1950, von Berlin am 26 Februar 1951 und von Wien am 19. Januar 1955. Der kommunistische „Weltfriedensrat" veranstaltet im nächsten Monat in Stockholm einen „Kongreß für Abrüstung und internationale Zusammenarbeit". Dem Vorbereitungsausschuß dieser Stockholmer kommunistischen Veranstaltung gehört bedauerlicherweise ein evangelischer Kirchenpräsident aus der Bundesrepublik an.

    (Abg. Dr. Menzel: Namen nennen!)

    Ab 1950 haben die Kommunisten die Frage der deutschen Wiederbewaffnung zu einem Schwerpunkt ihrer Tätigkeit gemacht. Ausgerichtet auf die Linie der sowjetischen Außenpolitik und Propaganda sind auf allen Kongressen des Weltfriedensrats besondere Resolutionen gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik gefaßt worden. In diesem Sinne betätigte sich neben dem „Weltfriedensrat" die „Internationale kommunistische Wider-
    1710 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 31. Sitzung, Bonn, Freitag, den 13. Juni 1958
    Bundesminister Dr. Schröder standskämpferbewegung" FIR. Die kommunistischen Hilfsorganisationen in der Bundesrepublik bildeten 1951 den sogenannten „Hauptausschuß für Volksbefragung". Dort wurden führende Funktionäre und zahlreiche Mitglieder der kommunistischen Hilfsorganisationen der Bundesrepublik zusammengefaßt. Aus der Sowjetzone wurde diese Organisation mit allen möglichen Mitteln unterstützt.
    Meine Damen und Herren, ich habe bereits in der Bundestagsdebatte vom 24. April darauf hingewiesen, daß sich der Bundestag, dieses Hohe Haus schon vor fast genau sieben Jahren, nämlich am 26. April 1951 mit dieser kommunistischen Volksbefragungsaktion zu befassen gehabt hat. Ich habe damals vor allem den SPD-Abgeordneten Wehner zitiert, der 1951 die Ablehnung der KP-Aktion durch die SPD mit den Worten begründet hat: „Sehen Sie, eine Regierung ist doch verpflichtet, Leute, die Panik kaltblütig organisieren, in die Schranken zurückzuweisen."

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Damals, meine Damen und Herren, lebte allerdings Dr. Schumacher noch.
    Im Jahre 1954 hat der damalige 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die führenden Funktionäre des Hauptausschusses zu Gefängnisstrafen verurteilt.
    Als nun 1957 die Diskussion über eine mögliche atomare Bewaffnung der Bundeswehr begann, war das für die Kommunisten der Anlaß, mit all ihren Tarn- und Hilfsorganisationen eine großangelegte Agitation zu beginnen. Sie lief wieder parallel zu sowjetischen Erklärungen. Auf der 33. Tagung des ZK der SED im Oktober 1957 forderte Grotewohl dazu auf, eine Volksbewegung gegen die Atomrüstung zu gründen. Er erklärte:
    Von unaufschiebbarer Dringlichkeit ist die Entfaltung einer umfassenden Friedensbewegung, einer Volksbewegung gegen die atomare Aufrüstung. Dabei müssen die fortschrittlichen Arbeiter, alle Funktionäre und Organisationen der Arbeiterklasse in Westdeutschland die Initiative ergreifen. Und die Arbeiterklasse darf ein gebührendes und für den Erfolg entscheidendes Gewicht in dieser großen Kampfbewegung für die Sicherheit des Friedens einnehmen. Unsere Aufgabe besteht darin, diesen sich entfaltenden fortschrittlichen Kräften der Arbeiterklasse bei dieser Entwicklung zu helfen, sie zu kräftigen und zum Kampf zu befähigen.
    Die gleichen Forderungen wurden auf der 34. Tagung des Zentralkomitees der SED am 27. Dezember 1957 erhoben.
    Das Zentralkomitee der illegalen KPD rief am 18. Januar 1958 zu einer Volksbefragung gegen die atomare Aufrüstung auf. Am Vorabend der Bundestagsdebatte vom 23. Januar 1958 forderte Grotewohl zu einem Volksentscheid darüber auf, ob beide Teile Deutschlands einer atomwaffenfreien Zone angehören sollten. Max Reimann, der erste Sekretär des ZK der illegalen KPD erklärte am
    24. .Januar 1958 über den „Freiheitssender 904", die illegale KP werde diesen Vorschlag unterstützen, die atomare Aufrüstung der Bundesrepublik lasse sich nicht mehr allein durch parlamentarische Mittel verhindern.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Am 2. Februar hieß es im sogenannten Deutschlandsender:
    Es ist zweifellos zu erwarten, daß die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften ... gegen die Atomtodpolitik ... in allen Städten und Dörfern Sturm laufen und einen Volksentscheid organisieren.
    Auf der 35. Tagung des ZK der SED im Februar 1958 wurde erneut betont, daß die Organisationen der SBZ die „friedliebenden Kräfte" der Bundesrepublik dabei unterstützen müßten, eine Volksbefragung gegen die atomare Aufrüstung herbeizuführen.
    Die Losung „Volksentscheid" nahm in der kommunistischen Propaganda an die Adresse der SPD und der Gewerkschaften einen immer größeren Raum ein.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    In einem von der illegalen KP-Organisation in Düsseldorf herausgebrachten Flugblatt an die SPD wird bereits am 5. Februar 1958 eine örtlich begrenzte Volksbefragung angeregt. Von Ende Februar 1958 an griff die kommunistische Hetzaktion auf Industriebetriebe über. An verschiedenen Orten gab es kurze und wilde Streiks. Als Anstifter solcher Streiks konnten bei Henschel in Kassel, bei Büssing in Braunschweig und in einem Teilhafengebiet von Hamburg einwandfrei die dort tätigen illegalen KP-Betriebsgruppen festgestellt werden.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Wie wir wissen, meine Damen und Herren, ist vom Zentralkomitee der SED die grundsätzliche Weisung für die Führung dieser Kampagne ergangen, alle kommunistischen Hilfsorganisationen im Bundesgebiet hätten die Koordinierung der „Friedenskräfte" der Sowjetzone mit dem „Arbeitsausschuß Kampf dem Atomtod" der sozialdemokratischen Opposition sowie mit den von den kommunistischen Hilfsorganisationen gegründeten Aktionsgemeinschaften anzustreben. Neue derartige Aktionsgemeinschaften sollten auf Landes-, Kreis- und Ortsebene in der Bundesrepublik gebildet werden, damit — und das ist nun der politisch relevante Gesichtspunkt — „der Mann auf der Straße" nicht mehr zwischen den von der parlamentarischen Opposition und den von den kommunistischen Hilfsorganisationen gegründeten Ausschüssen unterscheiden könne.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Im Sinne dieser Weisung verstärkten seit Dezember 1957 alle kommunistischen Hilfsorganisationen ihre Agitation gegen eine atomare Bewaffnung der Bundesrepublik und bemühten sich, insbesondere Verbindungen zu den Sozialdemokraten, zu den Gewerkschaften aufzunehmen. Die von diesen Kräften
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 31. Sitzung, Bonn, Freitag, den 13. Juni 1958 1711
    Bundesminister Dr. Schröder
    eröffnete oder unterstützte Kampagne „Kampf dem Atomtod" sowie den Ende Februar 1958 veröffentlichten Appell von 44 Universitäts- und Hochschulprofessoren der Bundesrepublik an die Gewerkschaften versuchten die Kommunisten ihren Zielen nutzbar zu machen.
    Die am 30. März 1958 vorgenommene Gründung der „Aktionsgemeinschaft gegen die atomare Aufrüstung der Bundesrepublik" durch den „Fränkischen Kreis" ist in diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben. Andere kommunistische Hilfsorganisationen riefen im Laufe der Monate April und Mai ähnliche Ausschüsse ins Leben. Die soeben erwähnte „Aktionsgemeinschaft gegen die atomare Aufrüstung der Bundesrepublik" wurde vom „Fränkischen Kreis" Ende März in Frankfurt gegründet. Der „Fränkische Kreis" ist eine von dem kommunistischen „Demokratischen Kulturbund Deutschlands" (DKBD) finanzierte und gesteuerte Nebenorganisation.

    (Zuruf von der SPD: Wieviel Mitglieder haben denn die?)

    Nach außen hin zeichnet für diesen Kreis der Würzburger Universitätsprofessor Dr. Franz Paul Schneider, führendes Mitglied verschiedener kommunistischer Hilfsorganisationen, u. a. des „Weltfriedensrates". Um der Neugründung den Anschein politischer Neutralität und zugleich eine möglichst breite Grundlage zu geben, gewann man die Initiatorin des Appells der 44 Professoren an die Gewerkschaften, Professor Dr. Renate Riemeck, zur Mitarbeit. An der Gründungskonferenz nahmen 66 Personen teil. Die Hälfte davon wurden als Gewerkschaftsfunktionäre bezeichnet. Dem „Fränkischen Kreis" gelang es damit, seinen bisherigen Wirkungskreis — in Kreisen der Intelligenz — zu erweitern und auf die Arbeiterschaft auszudehnen, was ein alter Wunsch seiner kommunistischen Funktionäre war.

    (Zuruf von der SPD: Wieviel Mitglieder hat er?)

    Die Mitgliederliste des „Zentralen Arbeitsausschusses", der von der Aktionsgemeinschaft gebildet wurde, zeigt, daß es dem „Fränkischen Kreis" gelungen ist, namhafte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie ich annehme, irrezuführen. Die „Aktionsgemeinschaft" fungiert im übrigen als Träger des „Ständigen Kongresses gegen die Atomaufrüstung", der, wie es heißt, Intellektuelle, Betriebsräte, Bauern, Frauen und Jugendliche zu einer Tagung eingeladen hat, die am 14. und 15. dieses Monats in Gelsenkirchen stattfinden soll.
    Wie weit die Verwirrung gediehen ist, zeigt, daß das führende Blatt der Sozialdemokraten, der „Vorwärts", in seiner Ausgabe von heute in einem Aufsatz, der überschrieben ist „Aufstand des Gewissens" und sich auf Seite 5 findet, harmlos auf diese Veranstaltung hinweist.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Entsprechend den kommunistischen Absichten, zahlreiche neue Aktionsgemeinschaften zu bilden, damit nicht mehr zwischen den Arbeitsausschüssen, die die Sozialdemokraten gegründet haben, und den kommunistischen Organisationen unterschieden werden könne, wurden ins Leben gerufen: am 20. April 1958 in Hannover ein „Komitee Volkskunstschaffender gegen den Atomtod", Ende April in Köln, Düsseldorf, Duisburg und anderen Orten „Arbeitsgemeinschaften gegen die atomare Aufrüstung" vom „Bund der Deutschen", am 27. April die „Arbeitsgemeinschaft Bayern-Kampf dem Atomtod" vom kommunistischen Landesfriedenskomitee Bayern.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Ebenso wie die kommunistischen Hilfsorganisationen sind auch die kommunistisch beeinflußten neutralistischen und nationalistischen Kreise in die Aktion eingeschaltet. So führt zum Beispiel der „Deutsche Klub 1954" eine „Antiatomkampagne". Er hat nach dem Anlaufen der Aktion „Kampf dem Atomtod" seine Bemühungen verstärkt. Als Geschäftsführer ist Karl Graf von Westfalen und als Hilfskräfte sind die ehemaligen Funktionäre Paul Neuhöfer vom „Bund der Deutschen" und Hans Blank von der Kommunistischen Partei tätig. Der „Deutsche Klub 1954" wendet sich vor allem an bestimmte bürgerliche und kirchliche Kreise.
    Der unter sowjetzonalem Einfluß stehende und im wesentlichen auch von sowjetzonalen Stellen finanzierte „Bund für deutsche Einheit e. V.", der seinen Anhang hauptsächlich in nationalistischen Kreisen sieht, unterstützt seit April 1958 offen die Aktion „Kampf dem Atomtod".
    An der kommunistisch gesteuerten Atomtodkampagne beteiligen sich ferner die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN)", das „Friedenskomitee der Bundesrepublik Deutschland" — Herausgeber des weit gestreuten Blaubuchs gegen die Atomrüstung in Westdeutschland —, die „Westdeutsche Frauenfriedensbewegung" und der eben erwähnte „Bund der Deutschen" . Hinzu kommt eine große Anzahl von Neugründungen — Komitees, Arbeitsgemeinschaften, Ausschüsse usw. — auf Bundes-, Landes- und Kreisebene.
    Vor dem Hintergrund dieser kommunistisch gelenkten Großaktion gewinnt ein kleiner Einzelfall symptomatische Bedeutung. Die Gemeindevertretung in F. — ich begnüge mich mal mit dem Anfangsbuchstaben des Ortes — hat beschlossen, eine Volksbefragung gegen die atomare Aufrüstung unter allen Umständen durchzuführen, und zwar auch gegen anderslautende Weisung der Aufsichtsbehörde; ein Verhalten, das zeigt, wie sich die kommunistischen Aufstandsparolen auszuwirken beginnen. Es wurde festgestellt, daß der Anstoß zu diesem Vorgehen von einem örtlich bekannten Kommunisten ausgegangen ist.

    (Zuruf von der SPD: Wieviel Prozent hatten denn die Kommunisten bei den letzten Wahlen? — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Bemerkenswert ist ferner, daß, nachdem Max Reimann am 24. März 1958 im „Freiheitssender 904"
    ausgerufen hatte: „Der nationale Notstand gebietet
    1712 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 31. Sitzung, Bonn, Freitag, den 13. Juni 1958
    Bundesminister Dr. Schröder
    den nationalen Widerstand", die Opposition im Bundestag — —

    (Abg. Dr. Menzel: Nennen Sie doch mal die Gemeinde! — Anhaltende Zurufe von der SPD.)

    — Es tut mir leid, den Satz muß ich wiederholen, weil er leider wegen der Störungen nicht allgemein verständlich war.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Bemerkenswert ist ferner, daß, nachdem Max Reimann am 24. März 1958 im „Freiheitssender 904" ausgerufen hatte: „Der nationale Notstand gebietet den nationalen Widerstand", die Opposition am 25. März eine Regierung des nationalen Notstands forderte.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Wiederum einen Tag später, am 26. März, schrieb der SPD-Pressedienst: „Das . . . Ja zur atomaren Bewaffnung ... ist der nationale Notstand".

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, ich möchte zusammenfassend folgendes feststellen:
    1. Der Kommunismus hat seit langem seine Absicht erkennen lassen, durch Verbreitung von atomarer Massenangst das Ordnungsgefüge der Bundesrepublik zu erschüttern und den Freiheitswillen unserer Bevölkerung zu lähmen. Die von den Kommunisten erdachten Schlagworte und Parolen werden nicht dadurch ungefährlich, daß sie auch von legalen Gegnern der Bundesregierung verwendet werden.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wer, meine Damen und Herren, ob bewußt oder unbewußt, gutgläubig oder bösgläubig, mit seinem Willen oder ohne seinen Willen in diese Kampagne verstrickt wird, spielt das Spiel unserer gemeinsamen Gegner.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Beifall, den die Volksbefragungskampagne im kommunistischen Machtbereich findet, muß doch ein Warnsignal für uns alle sein.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    2. Die Bundesregierung wehrt sich entschieden dagegen, daß durch die Volksbefragungsaktion eine Demontage der Verfassung durch die Hintertür eingeleitet wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Versuch, diese Aktion dahin zu verharmlosen, daß es sich ja nur um statistische Feststellungen —das ist in Hamburg gesagt worden - oder gar um demoskopische Meinungsforschung handele, muß als Irreführung abgelehnt werden.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    In der gefährdeten Lage, in der sich unser Vaterland befindet, gibt es kaum ein wichtigeres Gebiet als das der Stabilisierung der parlamentarischen Demokratie,

    (erneute Zustimmung in der Mitte)

    und zwar in der vom Grundgesetz geprägten repräsentativen Form.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Zerstörung der Autorität des gewählten Parlaments beschwört Entwicklungen herauf, denen wir unser junges Staatswesen unter keinen Umständen aussetzen dürfen.
    Deshalb richte ich noch einmal an diejenigen Träger der Volksbefragungsaktion, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und sich mit uns für die Verteidigung der grundgesetzlichen Ordnung verantwortlich fühlen, mit allem Ernst den Appell, die Volksbefragungskampagne einzustellen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es gibt in unserem Rechtsstaat genügend verfassungsmäßige Mittel der politischen Willensbildung und der Durchsetzung des politischen Willens in den vorgeschriebenen parlamentarischen Bahnen. Die Volksbefragungsaktion gehört aber nicht dazu.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Hier gilt es, den Anfängen zu wehren. Ich bitte das Hohe Haus, die Bundesregierung bei ihrer Verteidigung der verfassungsmäßigen Ordnung mit aller Kraft zu unterstützen.

    (Langanhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)