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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 26. Sitzung Bonn, den 25. April 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Volksbefragung wegen einer atomaren Ausrüstung der Bundeswehr (Drucksache 303) — Fortsetzung der Ersten Beratung — Dr. Greve (SPD) 14F° B Dr. Wilhelmi (CDU/CSU) 1467 D Dr. Dr. Heinemann (SPD) 1476 D Dr. Schröder, Bundesminister 1480 D, 1503 A, 1506 C Dr. Arndt (SPD) 1489 A Heiland (SPD) 1505 A Ollenhauer (SPD) 1506 D Dr. Mommer (SPD) 1508 B Hoogen (CDU/CSU) 1508 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Viehzählungsgesetzes (Drucksache 298) — Erste Beratung — 1509 B Entwurf eines Gesetzes über Bodenbenutzungserhebung und Ernteberichterstattung (Drucksache 323) —Erste Beratung— 1509 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und Ergänzung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Dr. Schmidt [Wuppertal], Ruhnke, Margulies, Dr. Elbrächter u. Gen.) (Drucksache 301) — Erste Beratung — 1509 D Entwurf eines Vierten Bundesgesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Drucksache 318) — Erste Beratung — . . . . 1509 D Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Drucksache 317) — Erste Beratung — 1510 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 24. 9. 1956 mit dem Königreich Belgien über eine Berichtigung der deutschbelgischen Grenze und andere die Beziehungen zwischen beiden Ländern betreffende Fragen (Drucksache 315) — Erste Beratung — 1510 B Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 324) — Erste Beratung — 1510 B Schreiben des RA Josef Jösch, Frankfurt am Main betr. Genehmigung des Strafverfahrens gegen den Abg. Vogt; Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses (Drucksache 286) und Schreiben des Bundesministers der Justiz betr. Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen Dr. Fritz Rauhut, Würzburg; Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses (Drucksache 176) Jahn (Marburg) (SPD), Berichterstatter 1510 C Schreiben des Bundesministers der Justiz betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. von Brentano; Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses (Drucksache 287) Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 1511 C Nächste Sitzung 1511 D Anlage 1512 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 26. Sitzung, Bonn, Freitag, den 25. April 1958 1459 26. Sitzung Bonn, den 25. April 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9 Uhr.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albrecht 31. 5. Altmaier 26. 4. Bauer (Wasserburg) 26. 4. Bauereisen 26. 4. Bauknecht 10. 5. Dr. Bechert 26. 4. Dr. Becker (Mönchen-Gladbach) 25. 4. Frau Berger-Heise 3. 5. Birkelbach 25. 4. Dr. Birrenbach 25. 4. Frau Bleyler 26. 4. Blöcker 25. 4. Dr. Böhm 26. 4. Brese 25. 4. Frau Dr. Brökelschen 26. 4. Conrad 25. 4. Dr. Dehler 25. 4. Dr. Deist 25. 4. Diel (Horressen) 5. 5. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 30. 4. Dr. Dittrich 26. 4. Dr. Eckhardt 30. 4. Eichelbaum 3. 5. Eilers (Oldenburg) 25. 4. Dr. Elbrächter 25. 4. Engelbrecht-Greve 26. 4. Erler 25. 4. Felder 30. 4. Dr. Frey 26. 4. Dr. Friedensburg 30. 4. Frau Friese-Korn 31. 5. Gaßmann 26. 4. Geiger (München) 26. 4. Frau Geisendörfer 23. 5. Geritzmann 25. 4. Gontrum 25. 4. Dr. Gülich 26. 4. Hahn 25. 4. Hamacher 25. 5. Dr. von Haniel-Niethammer 26. 4. Häussler 30. 4. Heinrich 15. 5. Heix 25. 4. Frau Herklotz 1. 5. Höcherl 10. 5. Höcker 25. 4. Dr. Hoven 25. 4. Frau Dr. Hubert 17. 5. Hufnagel 26. 4. Iven (Düren) 26. 4. Jacobs 25. 4. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jordan 25. 4. Kalbitzer 25. 4. Keuning 25. 4. Frau Kipp-Kaule 26. 4. Frau Korspeter 26. 4. Dr. Kreyssig 25. 4. Kriedemann 25. 4. Kunze 15. 5. Kurlbaum 25. 4. Leber 25. 4. Dr. Leverkuehn 25. 4. Dr. Lindenberg 25. 4. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 6. Ludwig 25. 4. Dr. Maier (Stuttgart) 26. 4. Margulies 25. 4. Mattick 26. 4. Frau Dr. Maxsein 25. 4. Mellies 23. 5. Memmel 25. 4. Meyer (Oppertshofen) 26. 4. Neuburger 25. 4. Frau Niggemeyer 30. 4. Priebe 25. 4. Frau Dr. Probst 25. 4. Rademacher 25. 4. Rasch 25. 4. Frau Renger 10. 6. Richarts 25. 4. Frau Rösch 26. 4. Ruf 25. 4. Scharnberg 26. 4. Scharnowski 26. 4. Scheel 25. 4. Scheppmann 2. 5. Schlee 25. 4. Dr. Schmid (Frankfurt) 26. 4. Schneider (Hamburg) 25. 4. Dr. Schneider (Saarbrücken) 25. 4. Frau Dr. Schwarzhaupt 25. 4. Seidl (Dorfen) 25. 4. Dr. Seume 25. 4. Dr. Starke 25. 4. Storch 25. 4. Sträter 31. 5. Frau Strobel 25. 4. Struve 7. 5. Dr. Wahl 15. 5. Wegener 25. 4. Weimer 31. 5. Dr. Zimmer 26. 4. b) Urlaubsanträge Rasner 25. 5.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren, aus dem Meer dieser Debatte heraus sehe ich Land. Bis jetzt sind noch drei Redner gemeldet, von denen zwei erklärt haben, daß sie zurücktreten,

    (Bravo! in der Mitte) falls nicht weitere Meldungen kommen.

    Der antragstellenden Partei steht nach § 93 Abs. 3 der Geschäftsordnung das Recht des Schlußwortes zu. Dazu ist auch der Redner schon gemeldet.
    Wird das Wort noch weiter gewünscht? — Das ist anscheinend nicht der Fall. Dann ist die Rednerliste — bis auf den Redner, der das Schlußwort hat — geschlossen.
    Das Schlußwort hat Herr Abgeordneter Dr. Arndt.

    (Abgeordnete der CDU/CSU verlassen den Sitzungssaal. — Abg. Metzger: Jetzt gehen sie hinaus! — Zurufe von der SPD: Mahlzeit!)

    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 26. Sitzung, Bonn, Freitag, den 25. April 1958 1489
    Vizepräsident Dr. Becker
    — Meine Damen und Herren, wenn Sie schon den Saal verlassen wollen, dann bitte ich, es doch so zu tun, daß die Aufmerksamkeit nicht von dem Redner abgelenkt wird.
    Bitte, Herr Kollege Arndt!


Rede von Dr. Adolf Arndt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Ich hatte auch gar nicht die Absicht, anzufangen, bevor diejenigen, die das Mittagessen für wichtiger halten als die atomare Frage, den Saal verlassen haben.

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Dr. Kliesing: Wo sind denn Ihre Kollegen?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Verlaufe dieser Aussprache haben Redner der Unionspartei wiederholt ausgeführt, daß sie während des Wahlkampfes 1957 der deutschen Wählerschaft in der Bundesrepublik reinen Wein über die Frage der atomaren Ausrüstung eingeschenkt hätten. Das ist eine sehr wesentliche Behauptung. Denn man wird den Sinn und die Bedeutung des von uns vorgelegten Gesetzentwurfs nicht verstehen, wenn man nicht auf die Vorgänge zurückgeht, die namentlich durch den Wahlkampf 1957 und das, was sich damals ereignet hat, dazu geführt haben.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()


    Ich darf sagen: Es gilt hier in aller Deutlichkeit herauszustellen, daß die Frage der Ausstattung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen — wobei sowieso nur amerikanische Produktion in Betracht käme — überhaupt nicht zur Debatte steht.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das ist die eine Erklärung.

    (Abg. Kiesinger: Das ist aber lange her!)

    Die andere Erklärung, die der Kanzler selber abgegeben hat, in derselben Sitzung, lautet folgendermaßen:
    Noch ein Wort zu der Frage der atomaren Aufrüstung der Bundeswehr. Wenn man das hört, sollte man glauben, morgen oder übermorgen werde unsere ganze Bundeswehr mit Atomwaffen bis dorthinaus bewaffnet. Keine Silbe ist von einer solchen Vorstellung richtig.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Frage ist überhaupt noch nicht spruchreif;

    (Abg. Kiesinger: Richtig!) sie hat sich noch gar nicht gestellt.


    (Abg. Kiesinger: Richtig!)

    Und dann heißt es:
    Ich wiederhole und sage das auch der deutschen Öffentlichkeit: Die Frage, ob wir Atomwaffen bekommen werden oder ob wir sie nicht bekommen werden, ist noch gar nicht spruchreif.

    (Abg. Kiesinger: Sehr richtig!)

    — Ich komme darauf, Herr Kiesinger, verlassen Sie sich darauf!
    Dann kam der Wahlkampf, der ja auf Grund dieser Regierungserklärungen geführt wurde, ein Wahlkampf, der, jedenfalls von der Unionspartei, geführt worden ist nach dem Satz: Je weniger wir sagen, um so mehr haben wir — vermeintlich — freie Hand. Man hat alles mögliche gesagt, was nicht zur Sache gehört. Ich bedaure, daß ich heute darauf kommen muß, nachdem hier — zuletzt durch den Herrn Bundesinnenminister, auf dessen Ausführungen ich im einzelnen noch eingehen werde —
    solche, na, es gibt kaum einen parlamentarischen Ausdruck, solche, ich will einmal sagen, Unterstellungen gegen die Sozialdemokratische Partei Deutschlands gerichtet worden sind, immer nach dem alten Wilhelminismus: Einmal waren es „vaterlandslose Gesellen", dann sind es die Leute, die das deutsche Volk wehrlos machen wollen, und jetzt denkt man schon in kommunistischen Kategorien. Das ist immer ein und dasselbe. Und dann ist die Rede von den „nichtbewältigten Komplexen der Vergangenheit". Aber im Wahlkampf — das weiß jeder unserer Sprecher, und das ist mir in jedem Dorf und in jeder Stadt geschehen, in die ich gekommen bin —, da hat man ganz in dem Stil, den Herr Barzel bedauerlicherweise hier für richtig hielt, gesagt, in der Weimarer Zeit hätten 14 Jahre lang die Sozialdemokraten regiert, und das Ergebnis sozialdemokratischer Weimarer Regierungszeit von 14 Jahren seien Massenarbeitslosigkeit und Hitler gewesen;

    (Abg. Wehner: Genau das!)

    jetzt regiere Adenauer acht Jahre, und wir hätten Vollbeschäftigung und Wirtschaftswunder. — Das ist eine Volksvergiftung gewesen unerhörtester Art!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Wehner: Das war eine andere Art unbewältigter Vergangenheit!)

    Es gibt noch eine Sache im Untergrund, auf die wir auch einmal zu sprechen kommen. Es hat zwischen Flensburg in Schleswig und Rosenheim in Bayern nicht eine Stadt, nicht eine Gemeinde gegeben, in der man nicht erzählt hat, daß Erich Ollenhauer Jude oder „Halbjude" sei, genau das, und die Unionspartei hat das mitgemacht.

    (Erregte Zurufe von der CDU/CSU: Das ist nicht wahr! — Das ist die Unwahrheit! — Abg. Kiesinger: Das ist eine unglaubliche Verleumdung!)

    — Herr Kiesinger, die Strafprozesse laufen doch, in die Unionsmitglieder verwickelt sind.

    (Abg. Kiesinger: Das ist eine unglaubliche Verleumdung!)

    1490 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 26. Sitzung, Bonn, Freitag, den 25. April 1958
    Dr. Arndt
    Das ist eines der entscheidendsten Untergrundereignisse im Wahlkampf gewesen.

    (Abg. Kiesinger: Das können wir nicht stehen lassen! — Zuruf von der CDU/CSU: Einen einzigen CDU-Politiker soll er nennen! — Abg. Schütz [München] : Herr Kollege Arndt, können Sie mir aus meinem Wahlkreis, der 206 Gemeinden zählt, eine Gemeinde nennen, in der ein CDU-Mann diese Behauptung aufgestellt hat? — Zurufe von der CDU/CSU: Fragen Sie mal Herrn Dr. Willeke! — Abg. Schütz [München] : Zwischen Flensburg und Rosenheim sind auch die 206 Gemeinden! — Zuruf von der SPD: Fragen Sie Herrn Dr. Preiß! — Anhaltende Zurufe und Gegenrufe.)

    — Ich kann alle meine Parteifreunde als Zeugen dafür benennen, daß uns dieses Gerücht im Wahlkampf die größten Schwierigkeiten gemacht hat.
    Der Herr Kollege Jahn führt einen Rechtsstreit als Verteidiger,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Einen!) wo zwei Angehörige der CDU


    (Zuruf von der CDU/CSU: Zwei!)

    das in der gar nicht seltenen Weise gemacht haben: Sie kommen in das Restaurant, da ist eine sozialdemokratische Versammlung, und da sagen sie: „Ach, wie ist denn das, es gibt doch so Gerüchte über Herrn Ollenhauer." — „Ach, Gerüchte gibt es? Was für Gerüchte gibt es denn?" — „Ja, also Herr Ollenhauer, der soll doch Halbjude oder Jude sein, und da kann man doch eigentlich so einen Mann nicht zum Bundeskanzler wählen." — Ich glaube Ihnen die Empörung gern. Ich bin auch überzeugt, daß ein großer Teil der hier anwesenden Unionsparteiler oder vielleicht Sie alle nichts davon wissen.

    (Abg. Schmidt [Hamburg): Nein, nicht alle!)

    Aber Sie wissen manches nicht aus den Unterkleidern Ihrer eigenen Partei.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie wissen noch viel weniger!)

    Aber ich komme jetzt zurück auf die besondere Rolle, die die atomare Ausrüstung der Bundeswehr im Wahlkampf gespielt hat. Es ging davon aus, daß wir am 10. Mai, der letzten Atomwaffen-Debatte vor der Bundestagswahl, diese ganz dezidierten Regierungserklärungen hatten. So ist es dann auch im Wahlkampf erklärt worden. Ich habe hier vorliegen „Fragenkatalog, Bundestagswahl 1957; Herausgeber: Bundesgeschäftsstelle der CDU, Bonn, Nassestraße 2". Ich darf annehmen, daß der Herr Präsident mir das wörtliche Zitieren erlaubt. Da gibt es einen Abschnitt, der heißt:
    Wehrpolitik, allgemeine Wehrpflicht.
    Die SPD fordert: Schluß mit der Wehrpflicht! Wollt ihr Mütter, daß eure Söhne wieder Soldat werden und in den Krieg müssen?
    Dann heißt es weiter :
    Frage: Auch andere NATO-Länder wie z. B. Großbritannien schaffen die allgemeine Wehrpflicht ab.
    Antwort:
    — das ist die Antwort des CDU-Redners —
    Großbritannien schafft die allgemeine Wehrpflicht ab im Zusammenhang mit der Umstellung der Ausrüstung der Armeen von konventionellen Waffen auf Atomwaffen. Die Bundeswehr dagegen wird ohne Atomwaffen ausgerüstet.

    (Hört! Hört! bei der SPD.) Und das ist gesperrt gedruckt!

    Schon aus diesem Grunde kann eine Wehrmacht, die nur aus Freiwilligen besteht, nicht genügend Soldaten zur Verfügung stellen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ganz klar aus dem Fragenkatalog.
    Aber es gibt ein weiteres Dokument; es heißt „Christlich-Demokratische Union Deutschlands, Sonderrednerdienst: Außenpolitik im Wahlkampf — Ein außen- und wehrpolitischer Leitfaden für den Gebrauch im Bundestagswahlkampf 1957; CDU-Bundesgeschäftsstelle Bonn, Nassestraße 2". Dort kommt man dreimal auf die Atomrüstung. Auf Seite 29 werden dann Äußerungen aus dem sozialdemokratischen Pressedienst vorn 20. Mai und eine Äußerung meines Parteifreundes Fritz Erler zitiert. Und dann kommt die Antwort der CDU:
    Antwort:
    Die Bundesregierung beabsichtigt keine Bewaffnung der Bundeswehr mit atomaren Waffen. Das ist in der Regierungserklärung vom 10. Mai 1957 im Bundestag deutlich gesagt worden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    An der Eindeutigkeit und Klarheit dieser Antwort der CDU im CDU-Sonderrednerdienst kann ja eigentlich kein Zweifel sein. Es wird dann noch dagegen polemisiert, daß man ja nicht — wie die SPD es gewollt habe — einen Vorausverzicht für alle Zeiten aussprechen könne. Aber das ist etwas Theoretisches, Platonisches. Die Antwort für die Bundestagswahl ist ganz eindeutig: „Die Bundesregierung beabsichtigt keine Bewaffnung der Bundeswehr mit atomaren Waffen."

    (Zuruf von der SPD: Wahlschwindel!)

    Es geht dann weiter auf Seite 31 dieses Sonderrednerdienstes. Da wird wiederum folgendes gesagt:
    Keine Wehrpflicht — SPD-Behauptung. In der Antwort der CDU heißt es:
    Wenn der Westen den 170 mit herkömmlichen Waffen ausgerüsteten sowjetrussischen Divisionen keine ebenbürtige konventionelle Streitmacht entgegenstellen kann — und ohne eine starke deutsche Bundeswehr ist das unmöglich —, dann steht er vor der ausweglosen Situa-
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 26. Sitzung, Bonn, Freitag, den 25. April 1958 1491
    Dr. Arndt
    tion: Kapitulation oder Atomkrieg. Um eine solche sowjetrussische Spekulation zu verhindern, muß die Bundeswehr genügend groß sein. Nur die allgemeine Wehrpflicht kann aber die dafür erforderliche Anzahl gut ausgebildeter Soldaten als Reserve zur Verfügung stellen. Wenn darauf hingewiesen wird, daß z. B. England die allgemeine Wehrpflicht auch abschafft, so ist dazu zu sagen: England stellt seine Armee von der herkömmlichen auf Atombewaffnung um. Die Bundeswehr dagegen wird ohne Atomwaffen ausgerüstet. Daher muß sie genügend groß sein, um auch ohne diese einen starken Schutz zu bilden.
    Das ist Ihr Sonderrednerdienst; und das deckt sich also mit dem, was auch im Fragenkatalog steht. Im Fragenkatalog kommt dann noch eine andere Stelle, die ich eben überschlagen habe. Die heißt: „Wehrpolitik — atomare Bewaffnung"; und dann steht links ausgerückt:
    „Die SPD behauptet:
    Die CDU bereitet systematisch die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen vor."
    Und dann kommt:

    Die Wahrheit:
    — also die Wahrheit, wie die CDU sie versteht —
    Das trifft keineswegs zu. Im Gegenteil sagte Bundeskanzler Dr. Adenauer am 10. Mai 1957 vor dem Bundestag:
    — und nun kommt das Zitat —
    Ich möchte sagen, daß die Bundesregierung keine atomaren Waffen gefordert hat, daß sie entschlossen ist, an der Erklärung festzuhalten, die sie seinerzeit auf der Londoner Konferenz im Oktober 1954 abgegeben hat.
    Und dann geht es weiter:
    Antwort der CDU: Auf der Londoner Konferenz hat die Bundesregierung Verzicht auf die sogenannten ABC-Waffen geleistet, atomare, biologische und chemische Waffen. Die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen wird also
    — gesperrt gedruckt und fett gedruckt —
    nicht von der CDU angestrebt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    An diesen Dokumenten kommen Sie nicht vorbei.

    (Abg. Schmidt [Hamburg] : Das Volk beschwindelt und begaunert!)

    Das ist das, worum sich der Wahlkampf abgespielt hat, bei dem Sie jetzt hinterher behaupten wollen, das deutsche Volk im Westen habe gewußt, daß es Ihnen hier eine Generalvollmacht gebe, auch die atomare Bewaffnung durchzuführen.
    Und nun komme ich auf das, was Herr Kollege Kiesinger mir in einem Zwischenruf sagen wollte; nämlich jetzt kommt die Ausrede: ja, aber danach seien die Londoner Abrüstungsverhandlungen gescheitert. — Nun, Herr Kiesinger, Sie wissen genauso gut wie ich, wie das mit den Londoner
    Abrüstungsverhandlungen war. Das ist nicht — wie es heute so dargestellt zu werden pflegt — irgendeine Gipfelkonferenz gewesen; das ist ein Unterausschuß des Abrüstungsausschusses der UN gewesen, ein Unterausschuß, der aus fünf Mitgliedern bestand, vier aus dem Westen und einem Sowjetunion-Mann — oder Sowjet-Mensch nennen die sich ja wohl —, der beauftragt war, Vorschläge zu machen über etwas, was Sie jetzt ja selbst nicht wollen, nämlich den berühmten ersten Schritt und nur diesen ersten Schritt, den Sie selbst in den letzten Regierungserklärungen ausdrücklich immer wieder abgelehnt haben; Sie sagen: Es gibt keinen ersten Schritt. Sie, Herr Kiesinger, haben erklärt: Wir müssen beim ersten Schritt eine Automatik machen, bei der wir auch den letzten Schritt wissen; einen ersten Schritt allein gibt es nicht. Also er hat nur über etwas geredet, was nach Ihrer Auffassung gar nicht irgendwie bedeutungsvoll oder relevant war. Er hat über Inspektionszonen geredet, über Inspektionszonen in der Arktis und nachher über Inspektionszonen in Europa, um dem Ausschuß für Abrüstung Vorschläge zu machen, und dann erst sollte es an die Vereinten Nationen kommen.
    Also da waren keine Entscheidungen zu treffen dergestalt, daß Sie sagen könnten: Jetzt hat sich die ganze Weltlage verändert; wir waren damals, am 10. Mai, und als wir diese Wahlschriften herausgaben, des Glaubens, eine Einigung mit der Sowjetunion bei einer Gipfelkonferenz über Abrüstung stehe unmittelbar bevor, und weil diese unsere Erwartungen so bitter enttäuscht worden sind, haben wir auf einmal das Steuer herumgeworfen. Das ist doch einfach nicht richtig. Wenn es nicht zu Vorschlägen gekommen ist oder jedenfalls nicht zu Vorschlägen, die Aussicht auf Annahme hatten — und ich empfehle Ihnen, zu lesen, was Herr von Senger und Etterlin über die beiderseitige Unehrlichkeit bei diesen Vorschlägen schreibt —, so wissen Sie ja auch, daß, vielleicht nicht ganz ohne Zutun der Bundesregierung und der Bundesrepublik, der letzte Vorschlag der war: die Inspektionszone, dieser offene Himmel, den wir für einen sehr guten ersten Schritt halten, sollte so gestaltet werden, daß zwar nach Osten hin die gesamte Sowjetunion einen offenen Himmel haben müßte, aber nach Westen hin die amerikanischen Stützpunkte in Spanien, Portugal und Nordafrika von dem offenen Himmel ausgenommen sein sollten.

    (Abg. Wehner: Sehr wahr!)