Das Wort hat der Abgeordnete Lohmar.
Lohmar ; Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will Sie zu dieser späten Stunde nicht mit einem längeren Schlußwort konfrontieren, Ich möchte in nur wenigen Sätzen auf einige Punkte eingehen, zu denen der Herr Innenminister in seiner Schlußbetrachtung gesprochen hat.
Was den Wissenschaftsrat betrifft, so ist doch wohl trotz der Vereinbarung, die dort getroffen worden ist oder getroffen werden soll, in der Sache eine Regelung möglich, die der Anregung unseres Antrages entspricht. Wir möchten deshalb an dem Vorschlag festhalten, diesen Antrag an den zuständigen Ausschuß zur Beratung zu überweisen.
Einige Worte zu dem, was der Herr Innenminister über den Zusammenhang von Kulturetat und Wehretat ausgeführt hat. Uns geht es nicht darum, das eine oder das andere zu tun; uns geht es darum, eine vernünftige Relation zwischen dem Sozialetat, dem Kulturetat und dem Wehretat herzustellen. Die Frage, wo politisch und unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit für Deutschland die Prioritäten liegen, steht der Diskussion offen und darin werden wir uns wahrscheinlich nach wie vor sehr wesentlich unterscheiden.
Der Herr Bundesinnenminister hat weiterhin die Frage des Anteils der Arbeiterschaft am wissenschaftlichen Nachwuchs angesprochen. Ich schließe mich hier durchaus dem an, was Herr Kollege Zoglmann gesagt hat: daß dies auch eine Frage der Haltung sei. Aber eben darum geht es ja! Eine solche Fremdheit in der Beziehung zwischen Arbeiterschaft und Wissenschaft kommt ja nicht von ungefähr. Sie ist doch kein Naturereignis, gegen das man nichts tun kann, sondern wenn sich hier in breiten Schichten noch eine solche Fremdheit andeutet, ist es eine Aufgabe der Kulturpolitik in einer demokratischen Gesellschaft, diese Fremdheit zu beseitigen.
Wir können auch keinen Gegensatz zwischen der Verpflichtung zu einer individuellen Förderung des Studiums auf der einen Seite und der Bewertung des Studiums und der Förderung der Studierenden als einer Aufgabe der Gesellschaft auf der anderen Seite anerkennen. Das eine schließt das andere nicht aus. Ich bitte Sie einmal nachzulesen, was einer der bekanntesten Theoretiker des Subsidiaritätsprinzips dazu in einem Aufsatz in den „Stimmen der Zeit" — die Nummer weiß ich im Augenblick nicht — gesagt hat. Prof. von Nell-Breuning führt dort aus:
Nimmt die Gesellschaft eine Last ab, die nur drückt, die zu tragen die Kräfte nicht stählt, ... dann ist diese Hilfe dem Subsidiaritätsprinzip gemäß.
Vielleicht sollten wir diese Frage einmal in diesem Sinne eingehender miteinander diskutieren.
Der Herr Bundesinnenminister hat sich für eine gegliederte Gesellschaft ausgesprochen. Ich fürchte, daß wir bei dieser Frage in der Tat Anlaß zu einer ausführlichen Diskussion finden könnten. — Das Kopfschütteln oder das Kopfnicken bei einigen von Ihnen deutet auf ein für uns Sozialdemokraten bereits gewohntes Mißverständnis hin. — Herr Minister, ich würde lieber von einer differenzierten Gesellschaft sprechen, von einer nach Begabung und Leistung differenzierten Gesellschaft, aber einer differenzierten Gesellschaft ohne Vorrechte.
An diesem Punkt würde sich in der Tat eine Diskussion über das entzünden können, was wir konkret unter einer solchen differenzierten Gesellschaft verstehen.