Ja, Herr Kollege, ich habe Ihre Ausführungen sehr sorgfältig gehört. Wie würde ich das nicht tun, wenn Sie in einer Debatte das Wort nehmen! Aber das ändert nichts daran, daß die Standpunkte in dieser Sache nach meiner Meinung möglichst von Damen und Herren aus dem Hause vertreten werden sollten, die das Problem mit jener Unbefangenheit ansehen, mit der es ein unbefangenes Haus und mit der es die unbefangene Regierung tut.
Dann ist hier noch einmal an die Langwelle erinnert worden. Immer wenn ich das wieder höre, kommt mir jene Berliner Sitzung ins Gedächtnis, in der ich mich damals mit Rücksicht auf die besonderen Berliner Bedingungen sehr zurückhaltend ausgedrückt habe. Ich halte es für eine Tatsache, daß das, was wir auf diesem Gebiete redlicherweise gewollt und betrieben haben, sehr geschickt verhindert worden ist, und zwar aus mehr oder weniger — ja, wie soll ich diese Interessen bezeichnen? —, jedenfalls aus Interessen, die nicht der Förderung der Sache dienlich waren. Diejenigen, die diese Vorgänge etwas genauer kennen, werden das bestätigen. Aber das ist auch etwas, was sich vielleicht einmal einer ausführlicheren Darstellung im Ausschuß zugänglich erweisen wird.
Ich habe Sie, Herr Kollege Kühn, mit großem Bedacht bezüglich ihrer zugrunde liegenden Tendenz zitiert, Rundfunk und Fernsehen seien Machtinstrumente, um die gekämpft werde, offenbar zwischen den politischen Gruppen gekämpft werde.
Wenn man die Politik etwas kennt und wenn man die grundsätzlichen Auffassungen kennt, die gerade in Ihren Kreisen über Machtpolitik gang und gäbe sind, stellt man fest, daß sie sich sehr eng mit der Personalpolitik verquickt, in einer Weise, die ich immer für ganz abträglich gehalten habe. Deswegen habe ich mit großem Vorbedacht ganz deutlich gesagt: das gilt ohne Rücksicht auf und
ohne Ansehen von politischen Gruppen, und ich tue niemandem wehe und etwas zuleide. Ich bin der festen Überzeugung, das sage ich seit Jahren, daß ein Parteienproporz gänzlich ungeeignet ist, für Unabhängigkeit und Neutralität Gewähr zu leisten. Das ist er seiner Natur nach nicht.
Ich beziehe mich hier gerade auf ein Land, von dem doch viele von uns der Überzeugung sein werden, daß es sicher ein demokratisches Land mit einer sehr langen Erfahrung auf diesem Gebiete ist. Dort wird das Thema, was die Partei- und Personalpolitik angeht, völlig anders behandelt und, wie ich glaube, mit glänzendem Ergebnis. Die Parteien sollen sich in den Anstalten gar nicht engagieren. Die Parteien sollen gar nicht in die Lage kommen, die Anstalten etwa hier oder sonstwo vertreten zu müssen; sondern die Politiker gehören an die politische Arbeit, sie gehören nicht in die Leitung solcher Anstalten. Das ist ein Grundsatz, der vielleicht auf Ihrer Seite wenig Billigung findet, der vielleicht auch gar nicht einmal in allen anderen Reihen des Hauses geteilt wird. Aber glauben Sie mir: das ist ein Grundsatz, der mit unserer Verfassung, richtig aufgefaßt, in vollendetem Einklang steht.
Sie haben auf den Auftrag hingewiesen, den die Parteien im Grundgesetzt bekommen haben. Gerade um diesen Auftrag nicht zu gefährden, um die Parteien nicht in die Lage zu bringen, in der Wahrnehmung bestimmter Funktionen mit finanziellen Interessen belastet zu werden, halte ich es für richtig, daß man den Parteienproporz und die Beteiligung der Parteien an all diesen Gremien vermeidet. Ich berufe mich dafür auf ein, wie ich glaube, hervorragendes demokratisches Beispiel.
Sie haben mir eine Zensur erteilt hinsichtlich des, wie nannten Sie das so schön, Instinktes für die Macht, den Sie bei mir mit einem gewissen Kurswert einsetzen wollten. Um das Problem handelt es sich nicht, wie ich glaube vorher ausgeführt zu haben; hier handelt es sich um nichts weiter als dies: daß wir eine gute demokratische, tolerante und unabhängige Ordnung für Anstalten brauchen, die der Gesamtheit dienen sollen.
Wir sind nämlich der Überzeugung, Herr Kollege Kühn — und das wird Sie vielleicht wundern —, daß wir damit weitaus am besten fahren. Wir sind der Überzeugung — und ich glaube, daß dieses Problem die britische Regierung genauso sieht; wir haben ja vielleicht Gelegenheit, wenn der Besuch in Großbritannien stattfindet, uns darüber zu unterhalten —, mit unabhängigen Anstalten, die nicht die Komplikationen hervorrufen, mit denen wir leider sehr viel zu tun haben, fährt man besser, fährt aber nicht nur die Regierung besser, sondern fährt das ganze deutsche Volk besser.