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ID0301100900

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    Deutscher Bundestag 11. Sitzung Bonn, den 13. Februar 1958 Inhalt: Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Beseitigung der Mängel der Rentenneuregelung (Drucksache 28) Frau Korspeter (SPD) 481 B Blank, Bundesminister . . . 484 D, 511 B, 526 A, 528 B Dr. Schellenberg (SPD) 494 A, 527 C, 529 A Stingl (CDU/CSU) 501 D Walpert (SPD) 511 D Weber (Georgenau) (FDP) 513 C Storch (CDU/CSU) 514 D Frau Kalinke (DP) 515 D Reitzner (SPD) 523 B Scharnowski (SPD) 526 C Antrag der Fraktion der SPD auf Gewährung des vollen Kostenersatzes an die gesetzliche Krankenversicherung (Drucksache 123) Rohde (SPD) 529 C Horn (CDU/CSU) 531 B Mischnick (FDP) 531 C Entwurf eines Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik zu den europäischen Versammlungen (Drucksache 130) — Erste Beratung — 531 D Nächste Sitzung 531 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 533 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Februar 1958 481 11. Sitzung Bonn, den 13. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr.
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Barzel 24. 2. Bauer (Wasserburg) 22. 2. Bazille 14. 2. Dr. Bechert 14. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 15. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 15. 2. Blachstein 14. 2. von Bodelschwingh 13. 2. Frau Brauksiepe 14. 2. Dr. Brecht 14. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 17. 2. Dopatka 15. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Even (Köln) 15. 2. Faller 7. 3. Felder 31. 3. Frau Friese-Korn 28. 2. Gedat 22. 2. Gerns 14. 2. Günther 14. 2. Hahn 14. 2. Hansing 13. 2. Hellenbrock 14. 2. Dr. Höck 21. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Jacobs 12. 3. Jürgensen 28. 2. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kemmer 14. 2. Keuning 14. 2. Kiesinger 14. 2. Frau Kipp-Kaule 13. 2. Köhler 14. 2. Dr. Kopf 15. 2. Kühlthau 14. 2. Kunze 15. 2. Dr. Leiske 22. 2. Lenz (Brühl) 14. 2. Dr. Leverkuehn 14. 2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31. 3. Mellies 8. 3. Mengelkamp 14. 2. Meyer (Wanne-Eickel) 13. 2. Dr. Meyers (Aachen) 8. 3. Muckermann 14. 2. Ollenhauer 14. 2. Paul 28. 2. Pelster 14. 2. Frau Pitz-Savelsberg 13. 2. Ramms 14. 2. Schmidt (Hamburg) 13. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 14. 2. Dr. Siemer 14. 2. Stahl 14. 2. Dr. Weber (Koblenz) 22. 2. Frau Welter (Aachen) 13. 2. Dr. Wilhelmi 13. 2.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    im Zusammenhang mit diesen Gesetzen werden sich 400 Millionen DM Einsparungen in anderen Bereichen des Bundeshaushalts ergeben. Jetzt hat man einen ersten Überblick, und ein vorsichtiger Überblick zeigt u. a., daß die Einsparungen mindestens um 200 Millionen höher sein und 600 Millionen DM betragen werden. Es ist bedauerlich, daß der Herr Bundesarbeitsminister zu der Auswirkung einer Einsparung von dieser Größenordnung nicht Stellung genommen hat.
    Ich muß noch einmal zitieren, was der Herr Bundeskanzler sagte: „Es muß unter allen Umständen vermieden werden, daß die vorgesehenen Verbesserungen durch eingehende Anrechnungsbestimmungen in vielen Fällen kaum zur Auswirkung gelangen." Ich frage nochmals die Regierung: was gedenkt sie zu tun, um diese Zusage des Herrn Bundeskanzlers zu verwirklichen?



    Dr. Schellenberg
    Drittens: Die Komplizierung des Rechtes durch die Neuregelung. Es ist sehr interessant, sich heute im Zusammenhang einmal zu vergegenwärtigen, was die Bundesregierung vor Inkrafttreten der Gesetze erklärt hat. Herr Kollege Storch erklärte laut Bulletin am 17. März 1956:
    Das neue Gesetz wird eine wesentliche Vereinfachung und übersichtlichere Gestaltung des Rechtes der Rentenversicherung bringen.
    Soweit die Erklärung des damals verantwortlichen Ministers.

    (Abg. Ruf: In mancher Beziehung ja!)

    Und was erklärt heute die Spitzenorganisation der Rentenversicherung? Ich zitiere wörtlich:
    Die Berechnung einer Rente nach der neuen Rentenformel ist zeitraubend und beansprucht trotz weitgehender Benutzung moderner Büro- und Rechenmaschinen den dreifachen Zeitaufwand gegenüber dem früheren.

    (Zurufe von der SPD: So ist es! — Zuruf der Abg. Frau Kalinke.)

    — Das ist jetzt der Tatbestand; woraus er sich ergibt, können wir im einzelnen erörtern.

    (Abg. Frau Kalinke: Das tun wir!)

    Aber wir haben Vorschläge gemacht, es einfacher zu gestalten.

    (Abg. Frau Kalinke: Wir auch!)

    Ich kann Ihnen aus meinem Material vorlesen, was die Experten der Spitzenorganisation der Rentenversicherung erklärt haben. Sie haben gesagt, der sozialdemokratische Gesetzentwurf sei wesentlich einfacher als die Regelung der Bundesregierung. Das ist nicht zu bestreiten.

    (Beifall bei der SPD.)

    In Zusammenhang mit der Komplizierung der Rentenberechnung hat sich die Zahl der Rückstände, .die Zahl der Menschen, die auf Rente warten, wesentlich erhöht. Frau Kollegin Korspeter hat vorhin von 500 000 Wartenden gesprochen. Das war das Ergebnis, das letzte Woche bekannt war. Heute liegen die letzten „Arbeits- und sozialstatistischen Mitteilungen" vor, und heute wissen wir, daß es schon 606 000 Menschen sind, die auf die Bearbeitung ihrer Anträge warten. Wenn der Herr Minister sagt, die durchschnittliche Bearbeitungsdauer betrage sechs Monate, so ist das reichlich optimistisch. Das trifft für einen Teil der Fälle zu, aber bei einem größeren Teil dauert die Bearbeitung leider neun Monate und manchmal noch länger. Es ist nicht richtig, wenn der Herr Minister vorgetragen hat, das liege daran, daß die Zahl der Neuanträge so gewaltig gestiegen sei. Ein Vergleich der Zahl der Neuanträge für die ersten drei Quartale von 1956 und die ersten drei Quartale von 1957 — nur das Material liegt heute vor — zeigt, daß 1957 genausoviel Neuanträge wie 1956 gestellt worden sind.
    Die lange Bearbeitungsdauer der Rentenanträge hat also andere Ursachen. Es gibt viele Ursachen dafür. Wir haben nur die zu erörtern, für die die
    Bundesregierung und die Regierungsparteien die Verantwortung tragen.
    Der eine Grund ist die Komplizierung des Rentenrechts. Frau Kollegin Korspeter hat dargelegt, wie während der Beratung von den Regierungsparteien immer neue Änderungsanträge eingebracht wurden, weil in Kreisen der Regierungsparteien noch keine klare Konzeption vorlag.
    Eine weitere Ursache ist die, daß die verantwortlichen Männer innerhalb des Bundesarbeitsministeriums die Probleme, die in Zusammenhang mit dem neuen Recht auftauchen, verniedlicht haben. Ich möchte Ihnen auch in dieser Hinsicht ein Zitat vorlesen. Der Herr Generalsekretär für die Sozialreform erklärte wörtlich:
    Die neue Rentenformel ist so einfach, daß man sich seine Rente selbst ausrechnen kann. Das läßt sich durch tabellarische Übersichten ohne weiteres für den Handgebrauch jedes einzelnen Arbeiters, Angestellten und Rentners ermöglichen.
    Die Regierung hielt diese Erklärung für so bedeutsam, daß sie sie im Bulletin veröffentlichen ließ.
    Der Herr Bundesarbeitsminister hat vorhin erklärt, er könne mir die neue Rentenberechnung in einer Viertelstunde klarmachen. Demgegenüber, Herr Bundesarbeitsminister, muß ich noch einmal wiederholen, was ich Ihnen in meinem Zwischenruf sagte: machen Sie es nicht mir klar, sondern machen Sie es den Millionen Angestellten, Arbeitern und Rentnern klar! Das ist eine wichtige Aufgabe.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es hat — und das ist der politische Vorwurf, den wir erheben müssen — im Bundesarbeitsministerium eine Fehlbeurteilung der Lage vorgelegen. Deshalb hat man nicht rechtzeitig auch die verwaltungstechnischen Voraussetzungen getroffen, um die Sache zu meistern. Jetzt wird einiges getan. Wir haben mit Interesse und Dankbarkeit die Mitteilung des Herrn Ministers zur Kenntnis genommen, er habe Besprechungen geführt, und es solle dies und jenes getan werden. Aber diese Besprechungen hätten vor Erlaß der Gesetze vorbereitend geführt werden müssen, damit die Voraussetzungen geschaffen wurden, daß die Sache mit Inkrafttreten der Gesetze klappte. Das ist leider nicht geschehen.
    Der Herr Minister hat — und wir haben ihm zugestimmt — den Dank an die Angestellten und Beamten, die in der Sozialverwaltung tätig sind, ausgesprochen.
    Aber, meine Damen und Herren, wir müssen in dieser Hinsicht klar sehen, damit dem begegnet wird, was aus Kreisen Ihrer Partei in die Öffentlichkeit gebracht wurde. Gewisse Kreise wollten die Verantwortung auf die Verwaltungsstellen schieben. — Ja, Herr Kollege Ruf, Sie müssen doch den Deutschland-Union-Dienst lesen. Daraus will ich Ihnen etwas zitieren. Da heißt es folgendermaßen:
    Was die Fehlerquellen — seien sie nur technischer Art oder auf menschliche Unzulänglich-



    Dr. Schellenberg
    keit bei der einzelnen für die Feststellung der Rentenhöhe zuständigen Verwaltung zurückzuführen — angeht, so handelt es sich hierbei nicht um Mängel, die dem Gesetzgeber zur Last gelegt werden können.

    (Abg. Ruf: „Hierbei"!)

    Das heißt also praktisch: die Verwaltung ist schuld.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU. — Abg. Ruf: Lesen Sie bitte noch einmal!)

    — Was die technischen Mängel und menschlichen Unzulänglichkeiten angeht, so ist nicht der Gesetzgeber daran schuld, heißt es hier. Aber die Bundesregierung trägt die Verantwortung dafür, daß eine solche Komplizierung des Sozialrechts geschaffen wurde und daß 600 000 Menschen, die pünktlich ihre Beiträge gezahlt haben und zahlen mußten, sechs Monate und länger auf die ihnen zustehende, durch Beitragsleistung begründete Rente warten müssen. Das ist der Sachverhalt.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Horn: Meinen Sie, das wäre bei Ihrer Regelung anders gewesen?)

    Wir bedauern, daß der Herr Minister wenig konkrete Vorschläge zur Überwindung der Schwierigkeiten gemacht hat. Wir begrüßen es aber sehr, daß der Herr Minister unsere Anregung, mehr und beschleunigter Vorschußzahlungen leisten zu lassen, aufgegriffen hat.

    (Abg. Frau Kalinke: Darf ich Sie etwas fragen?)

    — Bitte schön, Frau Kollegin!


Rede von Margot Kalinke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ist Ihnen bekannt, Herr Kollege, daß die Selbstverwaltungsorgane der Versicherungsträger schon vorher angeregt hatten, soweit wie möglich Vorschüsse für Witwenrenten und für alle die Renten zu zahlen, bei denen die Unterlagen übersichtlich wären? Wenn es Sie interessiert, will ich Ihnen gerne die Vorlagen und die Beschlüsse zur Verfügung stellen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Schellenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Kollegin Kalinke, ich kenne Mitteilungen der Organisation der Rentenversicherungsträger, die drei Wochen, nachdem wir die Große Anfrage gestellt hatten, herausgegeben worden sind. Ich muß also der Auffassung sein, daß unsere Große Anfrage — was auch ihr Sinn ist — jetzt das Verfahren beschleunigt. Wir hoffen, daß auch die heutige Aussprache wenigstens in dieser Hinsicht segensreich sein wird.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Ruf: Sie trauen aber der Selbstverwaltung wenig zu!)

    — Aber lieber Kollege Ruf, nun kommen Sie doch nicht immer wieder mit der gleichen Methode! Erst verzögert die Regierung.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU.)

    — Die Rentenneuregelung hat die Regierung verzögert. Erst verzögert die Regierung, dann schafft sie ein kompliziertes Recht, und dann sagt man: Die Verantwortung trägt die Selbstverwaltung, sie wird das schon in Ordnung bringen. In dieser Weise
    kann man die Dinge nicht abtun, Das ist gerade das, was wir nicht wollen, eine Verantwortung, die hier das Haus und die Regierung zu tragen haben, nun auf die Selbstverwaltung abzuschieben.
    Der Herr Minister hat zwar nicht direkt gesagt, aber es ging aus seinen Ausführungen indirekt hervor, daß die hohe Zahl der Rückstände sich gewissermaßen zwangsläufig aus der Neuregelung ergebe. Ich bin mit dieser Antwort in keiner Weise zufrieden.
    Die Komplizierung des Rechts wirkt sich selbs bei den engsten Mitarbeitern des Herrn Ministers bzw. seines Vorgängers — und der Herr Minister muß jetzt nachträglich eine Verantwortung für Dinge tragen, die er selbst nicht mitgestaltet hat — unerfreulich aus. Ich möchte Ihnen ein Schreiben aus dem Bundesarbeitsministerium an einen Versicherten vorlesen:
    Ich bitte um Verständnis, wenn ich von einer eingehenden Stellungnahme zu Ihrem Fall absehe und nicht auf Einzelheiten Ihres Schreibens eingehe. Meine starke Inanspruchnahme durch dringende gesetzgeberische Arbeiten sowie die Fülle der an mich gerichteten Anfragen, Anregungen und Beschwerden gestatten mir es nicht, jedes einzelne Schreiben ausführlich zu beantworten.

    (Abg. Ruf: Können Sie denn jedes Schreiben beantworten?)

    Wenn das Arbeitsministerium auf Beschwerden aus dem Volk so antwortet: Wir haben keine Zeit, wil haben größere Aufgaben — wahrscheinlich dachte man an den Entwurf der Durchführungsverordnung zum Fremdrentengesetz, auf die wir schon seit dem 30. Juni 1957 warten! —,

    (Beifall bei der SPD)

    ist das ein unerfreulicher, ein unhaltbarer Zustand.
    Die Komplizierung hat auch dazu geführt, daß das Bundesarbeitsministerium mit den Aufgaben, die ihm der Gesetzgeber auferlegt hat, leider nicht fertiggeworden ist. Ich denke hier an die Regelung für die Heimatvertriebenen, an das Fremdrentengesetz, denke aber auch an den Erlaß von Durchführungsbestimmungen für die Fälle derjenigen, die ihre Unterlagen durch Kriegseinwirkung verloren haben; das ist ein großer Teil unserer Versicherten. Dazu hat die Bundesregierung noch nicht die erforderlichen Durchführungsvorschriften erlassen.
    Oder ein anderes Beispiel: Im Gesetz ist festgelegt, daß Versicherte, die in West-Berlin gearbeitet und Beiträge gezahlt haben und im Osten wohnen, einen Zuschlag zu ihrer Ost-Rente erhalten, und zwar auf der Grundlage der Beiträge, die sie bei uns in West-Mark gezahlt haben. Die gesetzliche Regelung kann nicht durchgeführt werden, weil das Bundesarbeitsministerium bisher die entsprechenden Richtlinien nicht zustande gebracht hat Praktisches Ergebnis: 7000 Menschen, die im Ost-Sektor Berlins wohnen und früher im Westen ge arbeitet haben, warten noch auf den Zuschlag zi ihrer Ost-Rente. Das ist ein Versäumnis, dessen



    Dr. Schellenberg
    Bedeutung weit über den Bereich der Sozialversicherung hinausgeht, das ist ein Versäumnis in bezug auf Gesamtdeutschland.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der Erlaß von Rechtsverordnungen ist nur ein Teil der Aufgaben. Das zentrale Anliegen ist die Vereinfachung des Sozialrechts. Der Herr Minister hat dazu einiges gesagt; aber Sie werden nicht den Eindruck gewonnen haben, daß uns eine neue Konzeption zur Vereinfachung des Sozialrechts geboten wurde. Namens der Sozialdemokraten erkläre ich: Wir werden uns mit dieser Sachlage nicht abfinden. Wir werden die Regierung und die Regierungsparteien mit allen parlamentarischen Mitteln immer wieder an ihre Pflicht erinnern, für eine Vereinfachung des Sozialrechts Sorge zu tragen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nun zu den sonstigen Mängeln in bezug auf die Rentenberechnung ! Wir wissen aus offiziellen Erklärungen, daß im Jahre 1957 der Kauf der Beitragsmarken zur freiwilligen Versicherung so gering war wie niemals seit der Währungsreform. Wir sind uns alle darin einig, daß es eine sinnvolle Regelung ist, wenn dem Versicherten die Möglichkeit gegeben wird, durch freiwillige Beiträge seine Altersversorgung zu verbessern. Es ist doch ein bedenkliches Zeichen, wenn das Ausmaß der freiwilligen Versicherung in so erschreckender Weise geringer geworden ist. Dafür gibt es viele Gründe; wir können sie im einzelnen untersuchen. Ich will hier keine versicherungstechnische Vorlesung halten. Aber zweifellos liegt einer der Gründe in der Tatsache, daß das Recht so kompliziert ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    — Aber, Herr Kollege, haben Sie denn niemals eine Zuschrift von Versicherten erhalten, die sich am Schluß des vergangenen Jahres überlegt haben, was sie nun an freiwilligen Beiträgen entrichten sollten?
    Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen, daß sich selbst Kollegen dieses Hauses, nicht nur Kollegen meiner Fraktion, darüber zu informieren versucht haben, wie sie denn die Weiterversicherung regeln könnten. Ich verweise auf die Klagen der Damen und Herren der Presse. Auch sie haben die größten Schwierigkeiten gehabt, eine Entscheidung zu treffen. Ich hatte die große Freude, mit meinem bescheidenen Wissen dem und jenem in dieser komplizierten Materie einen kleinen Rat zu geben. Aber die Weiterversicherung ist so kompliziert, daß der einzelne oft nicht weiß, was er zweckmäßigerweise an Beiträgen entrichten soll. Hierzu muß nämlich seine individuelle Bemessungsgrundlage festgestellt werden; und das herauszubekommen ist eine schwierige Sache. Das weiß doch jeder von uns mit Ausnahme derjenigen Kollegen, die nichts mit der Sozialversicherung zu tun haben. Es ist eine bedauerliche Folge dieser Komplizierung, daß Hunderttausende von Menschen es unterlassen haben, nun Marken der freiwilligen Versicherung zu kaufen und so zusätzlich etwas für ihre Alterssicherung zu tun.
    Aber nun zu den sonstigen Mängeln. Da muß ich mich ein wenig mit dem Herrn Minister in bezug auf die Versicherungstechnik auseinandersetzen. Wir werden sicher irgendwann Gelegenheit haben, das im Ausschuß genauer zu tun. Herr Minister, es ist nicht zu bestreiten, und Sie haben es auch nicht bestritten, daß es nach dem gegenwärtigen Recht möglich ist, eine gleiche Steigerung der Rentenleistung zu erhalten, gleichgültig ob der geringste Beitrag von 14 DM oder der höchste Beitrag von 105 DM gezahlt wird. Eine solche Wirkung ist doch unbefriedigend und ungerecht. Wie kann der Minister von „angeblichen Ungerechtigkeiten" sprechen, wenn man die gleiche Leistung erreichen kann; ob man nun im Monat 14 oder 105 DM zahlt? Ein solches Prinzip hat mit dem Grundsatz einer beitragsgerechten Rente wenig zu tun.
    Es ist falsch, was der Herr Minister gesagt hat: das treffe den freiwillig Versicherten und der solle sich um seine Sozialversicherung kümmern und sich den günstigsten Beitrag ausrechnen lassen. Die Sache trifft aber leider nicht nur den freiwillig Versicherten, sondern es trifft in dem gleichen Ausmaße auch den Pflichtversicherten. Dieser hat aber keine Möglichkeit, zu erklären: Ich zahle nur 14 DM Beitrag statt einen Beitrag entsprechend meinem Arbeitseinkommen. Der Pflichtversicherte ist nach dem Gesetz verpflichtet, Beiträge zu zahlen, von denen er nicht weiß, ob er durch sie seine Rente entsprechend steigert. Das halten wir für einen unmöglichen Zustand, und ich bedaure sehr, daß der Herr Minister nichts darüber gesagt hat, wie man diesem Übelstand beseitigen kann.
    Herr Minister, Sie haben sich dann weiter mit der Frage auseinandergesetzt, daß sich bei Ersatzzeiten de facto eine Senkung der Bemessungsgrundlage ergeben kann. Sie haben gesagt, die Sozialdemokraten hätten das juristisch falsch formuliert; wenn sie erklärten, ein Rentenanspruch könne sich vermindern, müsse dieser Anspruch doch zunächst einmal gegeben sein. — Herr Minister, wir wollen hier sozialpolitisch sprechen. Der Inhalt dessen, was gemeint ist, ist klar, und dieser Inhalt ist bedenklich. Er trifft die Menschen, die lange Kriegsdienstzeiten haben, und er trifft vor allen Dingen die älteren Menschen, die früher in einer höheren Gehaltsgruppe waren und später eine geringer bezahlte Tätigkeit angenommen haben. Frau Kollegin Kalinke, Sie wollen das noch erläutern? Ich bin Ihnen dankbar!