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ID0301100400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 11. Sitzung Bonn, den 13. Februar 1958 Inhalt: Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Beseitigung der Mängel der Rentenneuregelung (Drucksache 28) Frau Korspeter (SPD) 481 B Blank, Bundesminister . . . 484 D, 511 B, 526 A, 528 B Dr. Schellenberg (SPD) 494 A, 527 C, 529 A Stingl (CDU/CSU) 501 D Walpert (SPD) 511 D Weber (Georgenau) (FDP) 513 C Storch (CDU/CSU) 514 D Frau Kalinke (DP) 515 D Reitzner (SPD) 523 B Scharnowski (SPD) 526 C Antrag der Fraktion der SPD auf Gewährung des vollen Kostenersatzes an die gesetzliche Krankenversicherung (Drucksache 123) Rohde (SPD) 529 C Horn (CDU/CSU) 531 B Mischnick (FDP) 531 C Entwurf eines Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik zu den europäischen Versammlungen (Drucksache 130) — Erste Beratung — 531 D Nächste Sitzung 531 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 533 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Februar 1958 481 11. Sitzung Bonn, den 13. Februar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr.
  • folderAnlagen
    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Barzel 24. 2. Bauer (Wasserburg) 22. 2. Bazille 14. 2. Dr. Bechert 14. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 15. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 15. 2. Blachstein 14. 2. von Bodelschwingh 13. 2. Frau Brauksiepe 14. 2. Dr. Brecht 14. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 17. 2. Dopatka 15. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Even (Köln) 15. 2. Faller 7. 3. Felder 31. 3. Frau Friese-Korn 28. 2. Gedat 22. 2. Gerns 14. 2. Günther 14. 2. Hahn 14. 2. Hansing 13. 2. Hellenbrock 14. 2. Dr. Höck 21. 2. Frau Dr. Hubert 28. 2. Jacobs 12. 3. Jürgensen 28. 2. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kemmer 14. 2. Keuning 14. 2. Kiesinger 14. 2. Frau Kipp-Kaule 13. 2. Köhler 14. 2. Dr. Kopf 15. 2. Kühlthau 14. 2. Kunze 15. 2. Dr. Leiske 22. 2. Lenz (Brühl) 14. 2. Dr. Leverkuehn 14. 2. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31. 3. Mellies 8. 3. Mengelkamp 14. 2. Meyer (Wanne-Eickel) 13. 2. Dr. Meyers (Aachen) 8. 3. Muckermann 14. 2. Ollenhauer 14. 2. Paul 28. 2. Pelster 14. 2. Frau Pitz-Savelsberg 13. 2. Ramms 14. 2. Schmidt (Hamburg) 13. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 14. 2. Dr. Siemer 14. 2. Stahl 14. 2. Dr. Weber (Koblenz) 22. 2. Frau Welter (Aachen) 13. 2. Dr. Wilhelmi 13. 2.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Theodor Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Korspeter bemängelte, daß die Bundesregierung erst so spät die Große Anfrage der SPD-Fraktion beantwortet. Die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, schon im vergangenen Monat die Große Anfrage zu beantworten. Daß die Geschäftslage dieses Hohen Hauses erst heute zuläßt, daß wir uns mit der Materie beschäftigen, hat die Bundesregierung billigerweise nicht zu vertreten.
    Und nun darf ich die Antwort der Bundesregierung auf Ihre Große Anfrage geben. Zum allgemeinen Teil der Frage 1:
    Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Härten und Ungerechtigkeiten zu beseitigen, die bei der Neuregelung des Rechts der Rentenversicherungen der Arbeiter, der Angestellten und der Knappschaft aufgetreten sind?
    gebe ich folgende Antwort.



    Bundesarbeitsminister Blank
    Ein Teil der Erörterungen über die Ergebnisse der Rentenreform und auch der Inhalt dieser von mir zu beantwortenden Anfrage könnten in der Öffentlichkeit bei unzureichend unterrichteten Personen den Eindruck erwecken, die Ergebnisse der Rentenreform seien unbefriedigend. Demgegenüber kann und muß mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß die Rentenreform in ihrer ersten Durchführung das Ziel erreicht hat, das bei der Verabschiedung der Rentenneuregelungsgesetze erstrebt wurde. Es sollte eine fühlbare Aufbesserung der bereits laufenden Renten erfolgen. Das Ausmaß der Aufbesserung sollte in der Arbeiterrentenversicherung und in der Angestelltenrentenversicherung im Durchschnitt zwischen 60 und 70 % der bisherigen Rentenzahlbeträge liegen.
    Nach der Umstellung der laufenden Renten in der Arbeiterrentenversicherung und in der Angestelltenrentenversicherung hat sich ergeben, daß die tatsächlichen Rentenerhöhungen dieser Plansetzung entsprechen. Sie betragen im Durchschnitt bei der Arbeiterrentenversicherung rund 62 % und bei der Angestelltenversicherung rund 69 %. Für die knappschaftliche Rentenversicherung liegen verwertbare Zahlenergebnisse noch nicht vor, da bei diesem Versicherungszweig die Umstellung der Renten — die ja alle individuell umgestellt werden — noch nicht abgeschlossen ist.
    Die Durchschnittsrenten haben sich in folgendem Umfang erhöht: In der Arbeiterrentenversicherung stiegen die Versichertenrenten von 90,24 DM auf 143,20 DM, die Witwenrenten von 55,28 DM auf 96,60 DM und die Waisenrenten von 32,40 DM auf 50,30 DM. In der Angestelltenversicherung haben sich die Versichertenrenten von 137,52 DM auf 227,20 DM, die Witwenrenten von 73,70 DM auf 139,10 DM und die Waisenrenten von 38,40 DM auf 53,90 DM erhöht.
    Durchschnittsrente bedeutet in diesem Zusammenhang die Rente, die sich ergibt, wenn der Gesamtaufwand für eine bestimmte Rentenart durch die Anzahl der Bezieher dieser Art von Rente geteilt wird. Sie bezeichnet nicht die absolute Häufigkeit ihres Vorkommens. Infolge der Unterschiedlichkeit der Versicherungsdauer und der Höhe der Versichertenentgelte, insbesondere durch den Einfluß der nur zeitweise und meist niedrig versicherten freiwillig Versicherten liegen die tatsächlichen Renten unter oder über den Durchschnittswerten. Die Männerrenten liegen sehr oft erheblich über dem Durchschnitt und die Frauenrenten vielfach wegen der kürzeren Versicherungsdauer und des geringeren Arbeitsentgelts nur beim Durchschnitt oder darunter.
    Die Gesamtaufwendungen für die Renten der Arbeiterrentenversicherung und der Angestelltenversicherung sind nach Inkrafttreten der Neuregelungsgesetze am 1. 1. 1957 erheblich gestiegen, obwohl im Jahre 1957 noch nicht alle Zahlungen bewirkt werden konnten, die in diesem Jahre zu leisten gewesen wären. Die Ist-Ausgaben für Rentenleistungen im Jahre 1957 werden in der Arbeiterrentenversicherung und Angestelltenversicherung zusammen mindestens 10,8 Milliarden DM betragen.
    Die in der Erledigung noch rückständigen Rentenanträge und die noch nachkommenden Neuanträge auf Renten, die zum größten Teil rückwirkend ab 1. 1. 1957 zu Rentenleistungen führen, werden noch einen Betrag von rund 800 Millionen DM als weitere Rentenbelastung für 1957 vermutlich zur Folge haben.
    Es wird der für 1957 in der für die dritte Lesung der Rentenneuregelungsgesetze aufgestellten Berechnung des Rentenaufwands angegebene Betrag von 11,57 Milliarden DM mit größter Wahrscheinlichkeit erreicht, wenn nicht überschritten werden. Damit würde der Mehraufwand der Arbeiter- und der Angestelltenrentenversicherung allein bei den Rentenausgaben im Jahre 1957 gegenüber 1956 insgesamt 5,1 Milliarden DM, und wenn man die für 1956 auf die Rentenreform bereits gezahlten einmaligen Vorschußleistungen abzieht, 4,3 Milliarden DM betragen.
    In diesem gewaltigen Ausmaß sind die Leistungen der Arbeiterrentenversicherung und der Angestelltenversicherung verbessert worden. Diejenigen Rentner, für die die Rentenreform sozialpolitisch gerechtfertigt war, haben eine gerechte Aufbesserung erhalten.
    In der Kritik an den Ergebnissen der Rentenreform werden Meinungen geäußert, denen widersprochen werden muß. Es war nicht das Ziel der Rentenreform, jedem Versicherten, der in der Vergangenheit einen Rentenanspruch erworben hat, aus der Versicherung einen Leistungsanspruch in solcher Höhe zu geben, daß damit sein Lebensunterhalt in der Zukunft in vollem Umfange sichergestellt sei.

    (Abg. Horn: Sehr richtig!)

    Das war nur für diejenigen als Ziel gesetzt, die ein volles Arbeitsleben als Versicherte hinter sich haben.

    (Abg. Horn: Sehr richtig!)

    Die Rentenversicherung ist eine Versicherung, aufgebaut auf der Solidarität der in ihr zusammengeschlossenen Versicherten. Sie hat nicht die Aufgabe und kann sie auch nicht übernehmen, persönliche Schicksale ihrer Mitglieder auszugleichen, soweit sie nicht, wie bei vorzeitiger Invalidität, in das Versicherungsrisiko eingeschlossen sind. Die Rentenversicherung kann nicht einem Mitglied, das nur einige Jahre Mitglied war und nur kurze Zeit Beiträge gezahlt hat, eine Leistung gewähren, als ob es Zeit seines Lebens Mitglied gewesen wäre. Sie kann auch nicht für Personen, die erst nachträglich auf Grund von besonderen Ereignissen, wie Krieg, Vertreibung, Währungsumstellung, in die Versicherung eingetreten sind und auf Grund der allgemeinen Vorschriften nur eine geringe Rentenleistung aus der Rentenversicherung zu erwarten haben, einen Ausgleich aus der Versicherung auf Kosten der während ihres ganzen Arbeitslebens versicherten Mitglieder gewähren. In solchen Fällen einzutreten, ist Sache anderer Hilfseinrichtungen: der Kriegsopferversorgung, des Lastenausgleichs und der Fürsorge. Man kann ruhig sagen, daß in dieser Beziehung den Rentenversicherungen schon



    Bundesarbeitsminister Blank
    sehr viel an Belastung aufgebürdet worden ist. Ein Mehr ist untragbar. Überlegt man diese Zusammenhänge richtig, so wird man erkennen, daß sehr viele der angeblichen Härten und Ungerechtigkeiten der Rentenreform keine Härten und Ungerechtigkeiten dieser Reform sind, sondern Folgen von Tatbeständen, für die nicht die Rentenversicherung, sondern die Allgemeinheit der Bevölkerung durch anderweitige Hilfseinrichtungen einzustehen hat.

    (Abg. Horn: Sehr richtig!)

    Es ist aber noch ein weiterer Gesichtspunkt bei der Beurteilung der Ergebnisse der Rentenreform zu beachten. In der Arbeiterrentenversicherung und der Angestelltenversicherung waren 61,/2 Millionen laufende Renten auf das neue Rentensystem umzustellen, und die Umstellung sollte im Interesse der Rentner sofort erfolgen. Diese gewaltige Aufgabe war nur mit besonderen Verfahren zu bewältigen, die eine pauschale Berücksichtigung bestimmter Tatbestände und die Verwendung von Tabellen ermöglichten. Bei solchen Verfahren können die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles nicht in gleicher Weise berücksichtigt werden, wie dies bei der Neufestsetzung einer Rente beim Vorhandensein aller Unterlagen aus der Vergangenheit möglich ist, ohne daß man deshalb grundsätzlich von Ungerechtigkeit oder Härte in bezug auf das Ergebnis sprechen kann.
    Die Ergebnisse der Umstellung der laufenden Renten der Arbeiterrentenversicherung und Angestelltenversicherung können zur Zeit zutreffend überhaupt nur in ihrem vorhin angeführten Gesamtergebnis gewertet werden, weil die Umstellung der laufenden Renten gerade jetzt zum Abschluß kommt und Einzeluntersuchungen bisher noch nicht durchgeführt werden konnten. Es ist heute noch verfrüht, über die tatsächlichen Auswirkungen der Neuregelungsbestimmungen zu urteilen

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    — ich komme auf diesen Tatbestand später noch einmal zurück —, weil eine entsprechende Auswertung der Ergebnisse noch nicht vorliegt und auch noch nicht vorliegen kann. Wenn die weiteren Erfahrungen und die vorzunehmenden Untersuchungen wirkliche Mängel und Ungerechtigkeiten der Rentenneuregelung ergeben sollten, so wird die Bundesregierung Vorschläge zu ihrer Beseitigung machen.
    Auf die Einzelfragen der Großen Anfrage gebe ich folgende Antwort.
    Die Frage 1 a lautet:
    Ist die Bundesregierung bereit, Entwürfe für eine Gesetzesänderung vorzulegen, die vor allem gewährleisten, daß die Härten, die sich aus der Anrechnung der Renten auf andere Sozial- und Versorgungsleistungen ergeben haben, beseitigt werden?
    Ich möchte darauf wie folgt antworten. Die Anrechnung von Renten aus der Rentenversicherung auf andere Sozial- und Versorgungsleistungen ist kein Problem der Rentenversicherung. Diese gewährt ihre Leistungen einschließlich der durch die Neuregelungsgesetze bestimmten Erhöhungen ohne jeden Abzug, wenn man von den Fällen absieht, in denen Renten aus der Rentenversicherung mit Renten aus der Unfallversicherung zusammentreffen und die besonders geregelt sind. Andere Gesetze dagegen, wie das Bundesversorgungsgesetz, das Lastenausgleichsgesetz, das Bundesentschädigungsgesetz, das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung und die Bestimmungen über die öffentliche Fürsorge schreiben die Anrechnung von Einkünften, zu denen auch die Renten aus der Rentenversicherung gehören, auf die sonstigen Sozial- oder Versorgungsleistungen in bestimmten Fällen vor. In den Verhandlungen in den gesetzgebenden Körperschaften wurde von der Bundesregierung und von der Mehrzahl der Abgeordneten des Bundestags die Auffassung vertreten, daß, abgesehen von einer Übergangszeit von Januar bis April 1957, die entsprechenden Regelungen über die Anrechnung nur in den genannten anderen Gesetzen zu treffen seien und daß diese Regelungen grundsätzlich nach Ablauf der erwähnten Übergangszeit auch für die Fälle des Zusammentreffens mit Renten Geltung behalten müßten. Die Bundesregierung ist nach wie vor dieser Auffassung.
    Die Bundesregierung hat aber inzwischen aus den Ergebnissen der Durchführung der Rentenneuregelungsgesetze festgestellt, daß sich bei der Anrechnung der Rentenleistungen auf die anderen sozialen Leistungen in gewissen Fällen Härten ergeben haben, die weder im Sinne der Rentenneuregelungsgesetze noch in dem der anderen sozialen Gesetze liegen. Es haben sich Fälle ergeben, in denen Kriegerwitwen durch die Erhöhung der Rente aus einem Zweig der Rentenversicherungen nicht nur die Ausgleichsrente, sondern auch das vom Bezug der Ausgleichsrente abhängige Kindergeld verloren.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Unter Umständen konnte dies dazu führen, daß die Gesamteinkünfte niedriger wurden als vor der Rentenerhöhung durch die Rentenneuregelungsgesetze. Auch bei einem Teil der Pflegezulageempfänger ergeben sich durch die besondere Behandlung der Kinderzuschläge aus der gesetzlichen Rentenversicherung vereinzelt Unstimmigkeiten. Zur Beseitigung dieser Härten habe ich gemäß § 89 des Bundesversorgungsgesetzes allgemein einen Ausgleich zugelassen.
    Im übrigen ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Anrechnungsbestimmungen verschiedener Gesetze wegen ihrer Anwendbarkeit auf die Rentenerhöhung nach den Rentenneuregelungsgesetzen nicht grundsätzlich als Härten betrachtet werden können, weil sie auch auf die Bezieher anderer Einkommen, die nicht aus Renten bestehen, Anwendung finden.

    (Abg. Horn: Sehr richtig!)

    Die Tatsache, daß der Bundestag in Kenntnis der Auswirkung der Rentenneuregelungsgesetze in der Sechsten Novelle zum Bundesversorgungsgesetz keine Änderung der Anrechnungsbestimmungen vorgenommen hat, sondern die Leistungsverbesse-



    Bundesarbeitsminister Blank
    rungen der Kriegsopferversorgung grundsätzlich durch eine Erhöhung der keiner Anrechnung unterliegenden Grundrenten durchgeführt hat, ist für die Bundesregierung Anlaß, ihre Beurteilung des gesamten Problems der Anrechnung bestimmter Sozialleistungen auf andere Sozialleistungen zurückzustellen, bis über die künftige Gestaltung derjenigen sozialen Leistungen, deren Neuordnung noch bevorsteht, insbesondere über die Neuordnung der Kriegsopferversorgung, entschieden wird.
    Für die Beurteilung des erörterten Problems sind nach Auffassung der Bundesregierung zudem zwei Tatsachen entscheidend zu berücksichtigen. Der größte Teil der Rentner, die mit ihrer Rentenerhöhung unter die Anrechnungsbestimmungen fielen, hat durch die nach der Rentenreform verabschiedeten Novellen zum Bundesversorgungsgesetz und zum Lastenausgleichsgesetz Aufbesserung auch dieser Bezüge erhalten, die die erfolgte Anrechnung der Rentenleistung ganz oder teilweise wettmacht, während den Fürsorgeempfängern bereits die Rentenneuregelungsgesetze die Mindesterhöhungen anrechnungsfrei gelassen haben.
    Außerdem ist von besonderer Wichtigkeit, daß die sich aus den Anrechnungen ergebenden Beträge nicht zugunsten des Bundeshaushalts eingespart worden sind, sondern, wenn auch unter Anwendung eines anderen Verteilungsschlüssels, unter erheblicher Erhöhung der Gesamtsumme zu Leistungsverbesserungen für die Kriegsopfer und Lastenausgleichsberechtigten verwendet worden sind.

    (Abg. Horn: Sehr gut!)

    Bei Berücksichtigung dieses Sachverhalts wird man nach Durchführung des von mir zugesagten Härteausgleichs in den erwähnten Fällen von einer ungerechten Benachteiligung der Rentenempfänger nicht sprechen können.

    (Zustimmung in der Mitte.) Die Frage 1 b lautet:

    Ist die Bundesregierung bereit, einen Entwurf für eine Gesetzesänderung vorzulegen, die gewährleistet, daß Rentenempfänger nach einem Arbeitsleben nicht mehr auf laufende Unterstützungen der öffentlichen Fürsorge angewiesen sind?
    Ich darf die Frage wie folgt beantworten.
    Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß eine Bindung der Höhe der Renten aus den Rentenversicherungen an die Fürsorgerichtsätze — darauf läuft der Sinn der gestellten Frage hinaus — nicht vorgenommen werden sollte.

    (Zustimmung in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    — Hören Sie bitte meine Begründung. Nach den Neuregelungsgesetzen errrechnet sich die Rente nach der Dauer der Versicherung und den Arbeitsentgelten des Versicherten, von denen Beiträge entrichtet wurden. Kurze Versicherungsdauer bringt nur eine entsprechend geringe Rente. Ebenso führen niedrige Arbeitsentgelte, von denen auch nur
    niedrige Beiträge entrichtet sind, zu einer niedrigen Rente. Nach einem vollen Arbeitsleben als Versicherter, von dem man sprechen kann, wenn der Versicherte — unter Berücksichtigung der sehr großzügig geregelten Anrechnung von Ersatz-, Ausfall- und Zurechnungszeiten — eine Versicherungsdauer von etwa 40 Jahren aufzuweisen hat, erhält der Versicherte als Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrente 60 % der nach seinem Arbeitsentgelt zu berechnenden Rentenbemessungsgrundlage. Für den Durchschnittsversicherten, der während seines Arbeitslebens immer den Durchschnitt aller Versicherten verdient hat, beträgt diese Rente im Jahre 1958 60 % der Bemessungsgrundlage von 378,50 DM, also 227,10 DM monatlich.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Theorie!)

    — Das ist keine Theorie, das können Sie ja selber nachrechnen.
    Diese monatliche Rente liegt wesentlich über den durchschnittlichen Fürsorgerichtsätzen des Bundesgebiets. Im Durchschnitt des Bundesgebietes beträgt der Fürsorgerichtsatz für eine aus zwei Personen bestehende Haushaltsgemeinschaft einschließlich eines Mietzuschlags von 35 DM und eines Sonderzuschlages für alte oder in der Erwerbsfähigkeit geminderte Personen in Höhe von 20 % des einfachen Richtsatzes insgesamt 161 DM monatlich. Wohlgemerkt: der Durchschnittsrichtsatz; es gibt Gebiete in Deutschland, die darunter liegen. Diesen Betrag überschreiten mit ihrer Rente nach einem vollen Arbeitsleben nicht nur alle Versicherten, die mit ihrem Entgelt im Durchschnitt ihres Arbeitslebens den Durchschnitt aller Versicherten aufweisen oder darüber liegen, sondern auch ein großer Teil der Versicherten, die mit ihrem Entgelt unter diesem Durchschnitt liegen. Noch der Versicherte, der mit seinem Entgelt immer 25 % unter dem Durchschnitt aller Versicherten lag, erhält heute nach einem vollen Arbeitsleben eine Rente, die über dem vorhin genannten Fürsorgerichtsatz liegt. Es kann nicht befürwortet werden, die grundsätzliche, als richtig anerkannte Regelung der Rentenreform auch nur für eine Übergangszeit durch eine dem System widersprechende Bindung der Renten an die Fürsorgerichtsätze zu durchbrechen und damit — denn darauf läuft eine solche Bindung hinaus — die durch die Neuregelungsgesetze bewußt beseitigte Mindestrente wieder einzuführen.
    Neben den Erfahrungen der Vergangenheit über die ungerechtfertigten Auswirkungen der früheren Mindestrente sprechen folgende Gesichtspunkte gegen jede Art von Mindestrente.
    Erstens. Die Konstruktion der freiwilligen Versicherung, die den Versicherten die Wahl von Zahl und Höhe der Beiträge freistellt, schließt die Einführung einer Mindestrente für diesen Personenkreis aus.
    Zweitens. Aber auch für den Kreis der Pflichtversicherten widerspricht eine Mindestrente dem durch die Rentenreform mit guten Gründen wieder verstärkt zur Geltung gebrachten Versicherungsprinzip und der Gerechtigkeit im Verhältnis zwi-



    Bundesarbeitsminister Blank
    schen den Versicherten untereinander. Es ist nicht als Aufgabe der Rentenversicherungen zu betrachten, auf Kosten eines Teils der Versicherten durch die Rentengestaltung rückwirkend Unzulänglichkeiten der früheren Lohngestaltung in bestimmten Erwerbszweigen auszugleichen.
    Drittens. Aber selbst, wenn man sich etwas Derartiges zum Ziele nähme, würde eine gerechte und befriedigende Lösung praktisch nicht durchführbar sein. Niedrige Entgelte können auf niedrigen Tarifsätzen, aber auch auf einer — gemessen an der üblichen — kürzeren Arbeitszeit wie Halbtagsarbeit, Stundenbeschäftigung und dergleichen beruhen. Es ist bekannt, daß das letzte für einen ins Gewicht fallenden Teil der Versicherten, insbesondere der weiblichen Versicherten, zutrifft. Verkürzte Arbeitszeit in der Rente durch eine Mindestrente auszugleichen, wäre ungerechtfertigt. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, daß die Versicherungsunterlagen weder bezüglich der Vergangenheit noch in der Zukunft Aufschluß über solche Verhältnisse geben können. Es würde verwaltungsmäßig praktisch unmöglich sein, beim Eintritt des Versicherungsfalles auf Jahrzehnte zurück — es kommen bis zu 50 Jahren und mehr in Frage — entsprechende Feststellungen zu treffen.
    Die Beibehaltung einer irgendwie gearteten Mindestrente ist deshalb vom Bundestag bei der Rentenreform mit guten Gründen abgelehnt worden. Die Sonderbestimmungen, die damals für solche Versicherte Vergünstigungen brachten, die bisher in ihrer Rentenhöhe durch zu niedrige Bewertung des freien Unterhalts und von Sachbezügen benachteiligt waren — nämlich die in der Landwirtschaft, in der Hauswirtschaft und in Heimen und Krankenanstalten Beschäftigten —, stellen die Grenze dar, die in diesem Zusammenhang verantwortet werden kann.
    Die Frage 1 c lautet:
    Ist die Bundesregierung bereit, einen Entwurf für eine Gesetzesänderung vorzulegen, die gewährleistet, daß die Zeiten des Militärdienstes, der Arbeitslosigkeit, der Krankheit sowie der Schul- und Berufsausbildung bei allen Rentnern voll rentensteigernd berücksichtigt werden?
    Da die Neuregelungsgesetze die rentensteigernde Anrechnung der genannten Ersatz- und Ausfallzeiten für Neuzugänge vorschreiben, hat die Bundesregierung die gestellte Frage auf den am 1. Januar 1957 vorhanden gewesenen Bestand an Renten bezogen, also auf die rund 6,5 Millionen umgestellten Renten. Ich betone noch einmal: Die Frage ist für die Zukunft durch das Neuregelungsgesetz ein für allemal geregelt. Ich kann sie daher nur auf die umgestellten Renten beziehen. Die Umstellung dieser Renten erfolgte aber unter Gewährung eines Sonderzuschlages von 15 % als Berücksichtigung noch nicht angerechneter Ersatz- und Ausfallzeiten, und zwar pauschal nach Tabellen. Dabei wurde in die Umstellungsfaktoren neben dem erwähnten 15%igen Zuschlag auch die Berücksichtigung der Inflationszeit nach dem ersten Weltkrieg, die bisher nicht rentensteigernd angerechnet wurde, eingebaut. Die Anfrage zielt darauf ab, die pauschale Umstellung durch eine individuelle, die genauen Verhältnisse des Einzelfalles berücksichtigende Umrechnung zu ersetzen.
    Die pauschale Berücksichtigung der genannten Zeiten bei laufenden Renten hatte zur Folge, daß
    — wie das bei jeder Pauschalregelung der Fall ist
    — ein Teil der Versicherten weniger, ein Teil mehr bekommt, als ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen zukäme. Dieser Umstand ist bei der Verabschiedung der Gesetze durchaus gesehen worden. Die Pauschalregelung wurde vom Bundestag gewählt — ich sage mit Bedacht: gewählt —, weil
    a) nur auf diese Weise eine schnelle Umstellung der 6,5 Millionen laufender Renten möglich war, während eine individuelle Umrechnung der Renten mehrere Jahre in Anspruch genommen hätte, weil
    b) nicht damit gerechnet werden konnte, daß in sehr vielen Fällen Nachweise über Ersatz- und Ausfallzeiten bis zu 50 Jahren zurück überhaupt noch erbracht werden können, und weil c) man nicht vertreten wollte, daß die Berücksichtigung vom Zufall der Nachweisbarkeit abhängig gemacht wurde, wodurch besonders Vertriebene, Flüchtlinge, Evakuierte, Ausgebombte und in ähnlicher Lage befindliche Personen ungünstig betroffen worden wären.
    In den bisherigen Rentenbeträgen der laufenden Renten waren Steigerungsbeträge für einen Teil der Ersatzzeiten wie Wehrdienst nach 1935, Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft, Zeiten der NS-Verfolgung und ähnliches bereits enthalten. Diese haben mit zu einer entsprechenden Rentenerhöhung geführt. Der zu den laufenden Renten gewährte Zuschlag von 15 % wirkt sich, berechnet auf die durchschnittliche Versicherungszeit der Bezieher von laufenden Renten, so aus, als ob viereinhalb Jahre Versicherungsdauer zusätzlich angerechnet würden. Einschließlich der zusätzlichen Berücksichtigung der Inflationszeit mit durchschnittlich rund eineinhalb Jahren ist damit den Rentnern des Bestandes durchschnittlich eine Vergünstigung zugekommen, die einer Versicherungsdauer von sechs Jahren entspricht. Nach den bisherigen Erfahrungen der Versicherungsträger bei Neufestsetzung von Renten kann dieses Ergebnis nicht als ungerecht bezeichnet werden.
    Als Folgen einer etwaigen nachträglichen individuellen Umrechnung der laufenden Renten würden zu bedenken sein.
    a) Dem Teil der Rentner, der durch die pauschale Umstellung zuviel erhalten hat, wird das Zuviel belassen bleiben müssen, da eine nachträgliche Kürzung dieser Renten wohl kaum vertretbar wäre. Dadurch würde die finanzielle Auswirkung einer individuellen Umrechnung sehr erheblich sein.
    b) Die nachträgliche individuelle Umrechnung der laufenden Renten würde eine außergewöhnliche, durch die Schwierigkeiten der Beweiserhebung besonders erschwerte Verwaltungsarbeit für die Versicherungsträger zur Folge haben. Eine solche Arbeit würde vorerst überhaupt nicht durchgeführt werden können, weil zunächst die sozialpolitisch wichtigere Aufarbeitung der unerledigten neuen



    Bundesarbeitsminister Blank
    Rentenanträge zu leisten ist, für die die Versicherungsträger noch mindestens das ganze Jahr 1958 benötigen.
    Die individuelle Umrechnung der laufenden Renten würde, selbst wenn man sie von einem Antrag unabhängig machte, vermutlich nahezu den gesamten Bestand der Versicherten- und Witwenrenten betreffen und zeitlich drei bis vier Jahre und vielleicht noch mehr neben der Erledigung der laufenden Neuanträge benötigen.
    c) Die pauschale Umstellung der laufenden Renten mit Hilfe von nur vier Daten — Geburtsjahr des Versicherten, Rentenbeginn, bisheriger Steigerungsbetrag und Umstellungsfaktor laut Tabelle — hatte zur Folge, daß nicht nur die Berücksichtigung der zusätzlichen Ersatz- und Ausfallzeiten, sondern auch die Bewertung anderer Umstände pauschal erfolgten. Dadurch ist es in sehr vielen Fällen dazu gekommen, daß ein Rentner zwar bei der Berücksichtigung der Ersatz- und Ausfallzeiten schlechter weggekommen ist, als es seinen Verhältnissen entspricht, dafür aber durch die Festlegung der übrigen Elemente des Umrechnungsfaktors einen ungerechtfertigten Vorteil erfahren hat, z. B. weil sich seine Beitragsleistung nicht gleichmäßig auf die Versicherungsdauer verteilt, sondern im wesentlichen am Ende der Versicherungszeit liegt oder weil er noch nicht erwerbsunfähig ist und trotzdem den für die Umstellung maßgeblichen Steigerungssatz von 1,3 % statt 1 % erhalten hat. Wenn die laufenden Renten individuell umgerechnet werden müßten, würde man nicht den berechtigten Vorteil der Berücksichtigung von zusätzlichen Ersatz- und Ausfallzeiten gewähren dürfen und dabei die unberechtigten Vorteile der sonstigen pauschalen Umstellung bestehen lassen können. Das bedeutet, daß die laufenden Renten in vollem Umfange nach den neuen Bestimmungen neu berechnet werden müßten, und das wird in sehr vielen Fällen zur Folge haben, daß überhaupt keine höhere Leistung gerechtfertigt ist, oft sogar eine geringere Leistung festgesetzt werden müßte.
    Für die Beurteilung sind demnach folgende Gesichtspunkte entscheidend.
    1. Das Abgehen von der pauschalen Umstellung der laufenden Renten hätte unverantwortbare finanzielle und verwaltungsmäßige Folgen.
    2. Die individuelle Umrechnung würde mit Rücksicht auf die Beweisschwierigkeiten für einen Großteil der Betroffenen nur in sehr beschränktem Maße zu einer gerechten Regelung führen und gerade die auch in sonstiger Hinsicht schwer betroffenen Personenkreise wie Vertriebene, Flüchtlinge, Evakuierte, Häftlinge und Ausgebombte besonders benachteiligen. Sie würde überdies für einen weiteren großen Teil der Rentenbezieher durch den Ausgleich zwischen der Benachteiligung durch die nur pauschale Berücksichtigung zusätzlicher Ersatz- und Ausfallzeiten und den Vorteilen, die sonst in der pauschalen Umstellung für den Bezieher liegen, zu keinem günstigeren Endergebnis führen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Unruhe bei der SPD.)

    Die Bundesregierung ist deshalb der Auffassung, daß es bei der Pauschalumstellung der Renten sein Bewenden haben muß und daß eine individuelle Umstellung der Renten oder eine nachträgliche zusätzliche Berücksichtigung individueller Ersatz- und Ausfallzeiten bei diesen Renten nicht vertretbar ist.
    Die Frage 1 d lautet:
    Ist die Bundesregierung bereit, einen Entwurf
    für eine Gesetzesänderung vorzulegen, die gewährleistet, daß die Entrichtung von Versicherungsbeiträgen bei keinem Versicherten eine Verminderung bereits erworbener Rentenansprüche, sondern stets eine entsprechende Steigerung der Leistung bewirkt?
    Die Frage zeigt schon, daß hier ein Problem nicht richtig erkannt wird. Ein Rechtsanspruch entsteht natürlich erst im Versicherungsfall. Der Rechtsanspruch ist noch nicht in der Zeit gegeben, in der der Betreffende noch Beiträge leistet. Ich will versuchen, durch meine Antwort diese Unklarheit, die bei den Fragestellern offenbar vorliegt, ein für allemal zu beseitigen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Schellenberg.)

    — Herr Professor Schellenberg, vielleicht wird Sie meine Antwort befriedigen; noch schmeichele ich mich dessen.
    Kommen für die Vorausberechnung der zukünftigen Rente aus der Vergangenheit nur Beitragszeiten, d. h. Zeiten, für die Beiträge tatsächlich entrichtet sind, in Frage, so kann es sich nicht ergeben, daß zusätzliche Beiträge — und mögen sie, gemessen an den bislang entrichteten Beiträgen, auch noch so niedrig sein — zu einer Verminderung der Höhe der zukünftigen Rente führen, die der Betreffende erhalten hätte, wenn er seit dem Zeitpunkt, von dem an er niedrigere Beiträge bezahlt, überhaupt keine Beiträge mehr bezahlt hätte. — Es ist ein einfaches Rechenexempel, Herr Professor; ich zeige Ihnen demnächst einmal den Schnittpunkt beider Kurven.
    Zu einem anderen Ergebnis kann es führen, wenn in der Vergangenheit neben Beitragszeiten auch Ersatz- oder Ausfallzeiten zurückgelegt sind, die bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden müssen. Die Ersatz- und Ausfallzeiten werden bei der Rentenberechnung nur bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre, also der Versicherungsdauer, berücksichtigt. Sie werden daher praktisch so angerechnet, als hätte der Versicherte in diesen Zeiten ein Entgelt erzielt, das dem Durchschnitt seines gesamten Arbeitslebens entspricht. Diese Regelung wurde als die richtige um deswillen angesehen, weil sie Zufallsergebnisse ausschließt, d. h. die Anrechnung der Zeiten nicht davon abhängig macht, was der Versicherte gerade unmittelbar vorher oder gerade unmittelbar nachher verdient hat, und weil sie außerdem angemessen berücksichtigt, daß innerhalb eines solchen Zeitraums, wenn er von längerer Dauer ist, die Verhältnisse sich sehr wohl hätten ändern können, und zwar sowohl zugunsten als auch zuungunsten des



    Bundesarbeitsminister Blank
    Versicherten. Deshalb erfolgt die Berücksichtigung dieser Zeiten nach dem Durchschnitt des Arbeitslebens. Diese Regelung wirkt sich in der Mehrzahl der Fälle zugunsten der Versicherten aus, weil die hauptsächlichsten und ihrer Dauer nach ins Gewicht fallenden Zeiten dieser Art — Ausbildungszeiten, Militärdienstzeiten, Kriegsdienstzeiten und gleichgestellte Zeiten — zumeist in den Lebensabschnitt eines Versicherten fallen, in dem er noch ein niedrigeres Entgelt verdient hat als in den Jahren nach diesen Zeiten.

    (Zuruf des Abg. Dr. Schellenberg.)

    — Herr Dr. Schellenberg, vielleicht ist es klar, wenn ich jetzt sage: Wenn jemand sehr hohe Beiträge geklebt hat, keine Ersatz- und Ausfallzeiten hat, kann er, wenn er als freiwillig Versicherter auch nur die geringstmöglichen Beiträge zahlt, niemals eine niedrigere Rente bekommen, als er sie ohne diese zusätzliche Zahlung erhalten hätte. Anders aber liegt das Problem, wenn in seinen Zeiten große Ersatz- und Ausfallzeiten sind. Da diese Ausfallzeiten so behandelt werden, als hätte er Beiträge gezahlt, die dem Durchschnitt seiner Beitragsleistungen im ganzen Leben entsprechen, tritt natürlich eine Minderung des Gesamtdurchschnitts ein.
    Sie wollen mich etwas fragen, Herr Professor. Bitte schön!


Rede von Dr. Ernst Schellenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Kann nicht die gleiche Wirkung eintreten, gleichgültig ob der Versicherte nun den Mindestbeitrag von 14 DM im Monat oder einen solchen von 105 DM zahlt? Ist eine solche Regelung, bei der man mit einem unterschiedlichen Beitrag die gleiche Rentenleistung erhalten kann, nicht ungerecht?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Theodor Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, Herr Professor, sie ist nicht ungerecht, weil wir nämlich dem freiwillig Weiterversicherten mit voller Absicht die Möglichkeit eröffnen wollten, seine eigene Rente nach seinen Möglichkeiten zu regulieren und die Beiträge selber zu wählen.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Und die Pflichtversicherten?)

    — Moment, Herr Professor! Niemals kann dadurch hei richtiger Beitragswahl diese seine Rente geringer werden, als sie gewesen wäre, wenn er sich zu der freiwilligen Beitragszahlung nicht entschlossen hätte. Das und nur das galt es zu beweisen. Das ist das Falsche an Ihrer Behauptung.
    Diese Regelung, die der Bundestag getroffen hat, wurde als richtig angesehen, weil sie, wie ich eben schon sagte, Zufallsergebnisse ausschließen sollte und weil sie die Anrechnung der Zeiten nicht davon abhängig machen sollte, was der Versicherte gerade unmittelbar vor oder nach solchen Zeiten verdient und dementsprechend an Beiträgen geleistet hat. Die Zeiten sollten vielmehr so behandelt werden, als wären sie mit Beiträgen belegt, wie er sie im Durchschnitt erbracht hat.
    Die in den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen getroffene Regelung kann nun allerdings beim Zusammentreffen besonderer Umstände dazu führen, daß sich die Aussicht des Versicherten in bezug auf die Höhe der zukünftigen Rente verschlechtert. Dias ist dann der Fall, wenn er nach solchen Ersatz- und Ausfallzeiten Beiträge entrichtet, die wesentlich niedriger sind, als es seinem bisherigen Durchschnitt entspricht.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Na also!)

    Das habe ich doch eben schon dargetan. Er hat es ja in der Hand, das selber zu berechnen. Halten Sie denn einen Zustand, wo ein Versicherter, vor allen Dingen ein freiwillig Versicherter, auch genötigt ist, sich von Zeit zu Zeit einmal mit seiner Versicherung, mit seinen erworbenen Ansprüchen und mit seinen noch zu erbringenden Leistungen auseinanderzusetzen, für falsch? Ich halte das für richtig, auch damit die Rentenversicherung einmal nicht nur als etwas von Vater Staat angesehen wird, das eines Tages eine Rente bringt, sondern als eine Einrichtung, die den Versicherten selber gehört, über die man sich auch einmal den Kopf zerbrechen muß.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Dann braucht man einen Rentenberater! — Abg. Dr. Schellenberg: Herr Minister, das zu berechnen ist so schwierig, wie im Toto zu gewinnen!)

    — Herr Professor, ich bin gerne bereit, wenn es Ihre Zeit erlaubt und Sie mir oder ich Ihnen einen Besuch machen kann, Ihnen diese Berechnung in weniger als einer Viertelstunde so zu erklären, daß bei Ihnen keine Schwierigkeiten mehr auftreten.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Erklären Sie es lieber den Versicherten!)

    — Ich rechne Sie zu den Versicherten.
    Meine Damen und Herren, nicht die niedrigen Beiträge als solche sind es, die dieses Ergebnis herbeiführen, sondern die Tatsache, daß die Ersatz-und Ausfallzeiten, weil sie nach dem Durchschnitt der Beiträge im gesamten Arbeitsleben angerechnet werden, nicht in der Höhe berücksichtigt werden, wie es bei der Außerachtlassung der nach diesen Zeiten entrichteten niedrigen Beiträge der Fall wäre. Das Ergebnis einer Minderung der zukünftigen Rente kann allerdings nur dann eintreten, wenn sich, wie eben schon gesagt, an eine lange Ersatz- und Ausfallzeit eine längere sehr niedrige Beitragsleistung anschließt, die wesentlich unter dem Durchschnitt der bisherigen Beitragsleistung liegt. Es ist verständlich, daß die sich aus der derzeitigen Rechtslage in gewissen Fällen ergebenden Folgen, vom Standpunkt des betroffenen Versicherten betrachtet, nicht als befriedigend empfunden werden. Das wurde bereits in den Verhandlungen über die Rentenneuregelungsgesetze gesehen und führte damals zu der die Auswirkungen teilweise mildernden Vorschrift des § 1253 Abs. 2 letzter Halbsatz der Reichsversicherungsordnung.
    Eine technisch einfache Lösung des Problems wäre es, die Ersatz- und Ausfallzeiten bei der Ren-



    Bundesarbeitsminister Blank
    tenberechnung nicht nach dem Durchschnitt der gesamten Beitragszeiten zu werten, sondern so zu berücksichtigen, als wenn in diesen Zeiten Beiträge in der gleichen Höhe wie in der Zeit vorher entrichtet wären.
    Eine solche Lösung würde zwar verhindern, daß die nach den Ersatz- und Ausfallzeiten entrichteten niedrigen Beiträge die bisher erwartete Höhe der Rente herabmindern würden, dafür aber in sehr vielen anderen Fällen zu einer sehr viel niedrigeren Rente führen als bei der gegenwärtigen Regelung.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, daß der Gesetzgeber mit diesen Bestimmungen eine sehr gute Regelung getroffen hat; denn er hat damit den ganzen Streit aus der Welt geschafft, ob während dieser Ersatz- und Ausfallzeiten vermutlich geringeres oder höheres Einkommen erzielt worden wäre; er behandelt sie nach dem Einkommen im gesamten Durchschnitt. Ich halte eine solche Regelung für die gerechteste, die hier gefunden werden kann.
    Ich darf mich nunmehr der Frage 2 zuwenden:
    Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Neufestsetzung und Umrechnung der Renten zu beschleunigen?
    Neben verschiedenen, bei der Beantwortung der Frage 4 zu behandelnden Maßnahmen für eine Vereinfachung der Rentenberechnung wird die Bundesregierung im Zusammenwirken mit den Aufsichtsbehörden der Versicherungsträger jede ihr gebotene Möglichkeit wahrnehmen, auf die Beseitigung der Bearbeitungsrückstände hinzuwirken. Die Bundesregierung ist sich dabei der schweren Aufgabe bewußt, dieses Ziel zu erreichen. Die Arbeiten können wegen der Schwierigkeit der Materie, die in der Umstellung auf ein völlig neues Rentensystem liegt, nur von gut eingearbeiteten Fachkräften bewältigt werden.
    Die Versicherungsträger mußten neben der laufenden Bearbeitung der Neuanträge in den Monaten Februar bis April 1957 zusätzlich die Vorarbeiten für die von der Bundespost vorgenommene Umstellung der rund 6 Millionen Renten durchführen und anschließend außerdem rund 600 000 Sonderrenten durch Einzelberechnung umstellen.
    Daneben ist zu berücksichtigen, daß die Rentenneuregelungsgesetze einen Mehreingang an Neuanträgen zur Folge hatten. Am Ende des Jahres 1956 waren die Versicherungsträger, nachdem sie Ende 1955 und während des größten Teils des Jahres 1956 die Mehrbelastung durch Neuzugänge aus dem Gesetz vom 3. Oktober 1955 — Ausdehnung der Berechtigung für die Witwenrenten in der Arbeiterrentenversicherung — bewältigt hatten, auf einem Bearbeitungsstand angekommen, der als normal zu bezeichnen war. Die Rentenbearbeitungsfrist betrug damals im Durchschnitt drei Monate.
    Aus dem derzeitigen Bearbeitungsrückstand ergibt sich für den Augenblick eine Rentenbearbeitungsfrist von durchschnittlich 6 Monaten. Die Versicherungsträger haben sich bemüht, durch Ableistung von Überstunden in beträchtlichem Ausmaße, durch
    Gewinnung von zusätzlichen Arbeitskräften und durch Einführung arbeitssparender maschineller Verfahren dem Arbeitsanfall Herr zu werden. Alle diese Maßnahmen beginnen sich erst jetzt voll auszuwirken, nachdem die neuen Arbeitskräfte entsprechend geschult und die maschinellen Verfahren praktisch erprobt sind. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß diese Maßnahmen in den kommenden Monaten zu einem ständigen Sinken der Bearbeitungsrückstände führen werden. Die Versicherungsträger rechnen damit, daß, wenn ihnen nicht erneut zusätzliche Verwaltungsarbeit aufgebürdet wird, am Ende des Jahres 1958 im wesentlichen wieder ein normaler Arbeitsstand erreicht sein wird.
    Bei dieser Gelegenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich zum Ausdruck bringen, daß, wenn auch mancher Unmut bei Versicherten über die Verzögerung einer Rentenbearbeitung verständlich ist, den Bediensteten der Versicherungsträger, die schon länger als ein Jahr mit erheblichen Überstunden arbeiten, Anerkennung und Dank gebührt.

    (Beifall im ganzen Hause.)

    Sie haben sich bei der ihnen gestellten schwierigen Aufgabe der Überleitung auf ein ganz neues Rentensystem gut bewährt. Ihre Arbeit berechtigt zu der Überzeugung, daß die bestehenden Schwierigkeiten gemeistert werden.
    Hier sei mir noch ein Wort gestattet. Ich habe mit den Versicherungsträgern häufig über dieses Problem gesprochen. Ich habe auch gesprochen über die zusätzliche Entlohnung für die unglaublich viele Mehrarbeit, die die Bediensteten bei den Versicherungsträgern zu leisten haben. Ich kann nur Worte der Anerkennung für diese Leistungen finden. Aber ich wehre mich dagegen, wenn durch eine Anfrage der Eindruck erweckt werden soll, als sei durch eine Schuld der Bundesregierung die Bearbeitung der Anträge auf Neufestsetzung der Renten so langfristig. Wir wissen doch zunächst einmal genau, meine Herren Fragesteller, daß die Rentenversicherungsträger Selbstverwaltungskörperschaften sind. Sie wissen doch des weiteren, daß, wenn man nicht pauschale Umstellungen — über diese beschweren Sie sich —, sondern individuelle Umstellungen vorsieht — und diese fordern Sie damit eigentlich implizite —, die Rentner auf Jahre hinaus nicht mit der Umstellung und mit der Bearbeitung ihrer neuen Anträge zu rechnen hätten.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Bundesregierung wird die Entwicklung des Bearbeitungsrückstandes bei den Versicherungsträgern laufend beobachten und jede ihr mögliche Hilfe zur Überwindung noch bestehender Schwierigkeiten geben. Dabei ist insbesondere an die verwaltungsmäßige Beratung einzelner Versicherungsträger im Zusammenwirken mit den Aufsichtsbehörden und dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger gedacht.
    Hier muß ich noch eins erwähnen. Wenn ich mit den Versicherungsträgern über diese Rückstände spreche, erheben sie alle nur eine Bitte. Diese Bitte

    Bundesarbeitsminister Blank
    lautet: Lassen Sie uns um Gottes willen doch einmal für einige Zeit mit Änderungen dieses Gesetzes in Ruhe!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Denn wenn auch die noch dazukämen, würden wir überhaupt nicht in der Lage sein, mit der Arbeit fertig zu werden. Sie sehen, wie das eine Vorbringen das andere sehr häufig ausschließt.
    Und nun die Frage 3:
    Ist die Bundesregierung bereit, dafür zu sorgen, daß für die Zeit, in der aus verwaltungstechnischen Gründen eine rechtzeitige Bescheiderteilung nicht erfolgt, als Sofortmaßnahme an wartende Rentenberechtigte angemessene Vorschüsse auf die endgültige Rentenleistung gezahlt werden?
    Die Bundesregierung wird sich in Verfolg der schon bisher von ihr in dieser Frage vertretenen Auffassung in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit den Aufsichtsbehörden der Versicherungsträger dafür einsetzen, daß trotz und gerade wegen der Bearbeitungsrückstände bei den Versicherungsträgern angemessene Vorschüsse auf betragsmäßig noch nicht genau feststellbare Rentenleistungen in all den Fällen gewährt werden, in denen die Anspruchsberechtigung dem Grunde nach dargetan ist, auch wenn Einzelnachweisungen zur Feststellung der endgültigen Rentenhöhe noch fehlen. Besonderen Wert legt die Bundesregierung auf die Vorschußanweisung und beschleunigte, wenn auch vorläufige Rentenfestsetzung bei den Witwenrenten, insbesondere den Leistungen an Witwen während der ersten drei Monate nach dem Tode des Versicherten. In dieser Hinsicht schweben Verhandlungen zwischen dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, den Versicherungsträgern und der Deutschen Bundespost, die eine befriedigende Regelung erwarten lassen. Eine Reihe von Versicherungsträgern, darunter auch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, haben bereits Grundsätze für Vorschußzahlungen in ihrem Geschäftsbereich festgelegt. Auf Anregung der Bundesregierung sind die Versicherungsträger damit beschäftigt, gemeinsame Richtlinien für die Vorschußzahlungen auszuarbeiten, damit eine gleichmäßig für das Bundesgebiet geltende Regelung erfolgt. Die Bundesregierung wird auf einen der besonderen Gegenwartslage gerecht werdenden Inhalt der Richtlinien hinwirken und in Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden der Versicherungsträger die Durchführung der Richtlinien sicherstellen.
    Nun zur Frage 4, welche Pläne die Bundesregierung habe, um die Berechnung der Renten zu vereinfachen. Die Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze sind grundsätzlich auf eine Geltung in der Zukunft abgestellt. Für die Versicherungszeiten ab Inkrafttreten des Gesetzes enthält die Rentenberechnung keine besonderen Schwierigkeiten. Anders ist dies bezüglich der Herübernahme vergangener Versicherungszeiten und ihrer besonderen Umstände in die nach neuen Gedanken ausgerichtete Rentenberechnung. Dies gilt in besonderem Maße in bezug auf verschiedene vom Deutschen Bundestag in Änderung oder Ergänzung der Regierungsvorlage geforderte und beschlossene Berechnungsvorschriften, die einer dem Einzelfall gerechter werdenden Berechnung dienen sollen, aber durch den Zwang zu mehrfachen Vergleichen der Berechnung zu einer erheblichen Komplizierung der Rentenberechnung führen.
    Die Bundesregierung hat bisher schon durch ihre Rechtsverordnung nach § 1256 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung und § 33 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes, die eine Berechnung nach Tabellen für den schwierigsten Teil der Rentenberechnung ermöglicht, dazu beigetragen, die Berechnungsarbeit für die Versicherungsträger erheblich zu vereinfachen. Sie wird diesen Weg weiterverfolgen. Außerdem wird sie durch eine besondere Rechtsverordnung nach § 1256 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung und § 33 Abs. 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes vereinfachende Berechnungsvorschriften erlassen für alle die Fälle, in denen die für die Berechnung maßgebenden Tatbestände der Vergangenheit aus den Versicherungsunterlagen nicht erkennbar sind oder die Versicherungsunterlagen der Vergangenheit nicht mehr verfügbar sind. Die entsprechende Rechtsverordnung wird zur Zeit ausgearbeitet; sie wird die Verwaltungsarbeit der Versicherungsträger sehr erleichtern. Die Bundesregierung prüft ferner zur Zeit die Möglichkeit, die in den Neuregelungsgesetzen vorgeschriebenen Vergleichsberechnungen durch Aufstellung von Tabellen für Rentenwerte nach früherem Recht zu vereinfachen.
    Nun zur Frage 5:
    Wann wird die Bundesregierung endlich die
    zwingend vorgeschriebene Rechtsverordnung
    zum Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz
    — deren Fehlen die Frau Kollegin Korspeter bei der Begründung der Großen Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion besonders bemängelt hat —
    erlassen, damit die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge die ihnen zustehenden Renten erhalten?
    Die mit der Frage gemeinte, in den Neuregelungsgesetzen vorgeschriebene Anpassung der Tabellen der Anlagen 2 bis 6 zum Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz ist aus folgenden Gründen innerhalb der in den Gesetzen bestimmten Frist nicht erfolgt: Die Anpassung der Tabellen sollte bis zum 30. Juni 1957 erfolgen. In dem zwischen der Verkündung der Renten-Neuregelungsgesetze, Ende Februar 1957, und diesem Termin liegenden Zeitraum war das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung mit der Erstellung der Rechnungsgrundlagen und Textfassungen für die Anpassung des saarländischen Rentenrechts an die Neuregelungsgesetze im Bundesgebiet befaßt, von denen ursprünglich angenommen worden war, sie würden von der Regierung des Saarlandes erstellt werden. Mit Rücksicht auf die Sommerpause des saarländischen Landtages, vor deren Beginn das saarlän-



    Bundesarbeitsminister Blank
    dische Einführungsgesetz verabschiedet werden sollte, mußten diese Arbeiten ebenfalls bis zum 30. Juni 1957 abgeschlossen sein. Deshalb wurde die Anpassung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts zurückgestellt, weil die hierfür erforderlichen Arbeiten nicht neben der Erstellung der sehr schwierigen und sachlich komplizierten Rechnungsgrundlagen und der Gesetzestexte für die Anpassung des saarländischen Rechts abgeschlossen werden konnten. Diese Entscheidung hatte die Tatsache zur Grundlage, daß die Regelung für das Saarland Voraussetzung war, den dortigen Rentnern überhaupt erst die Vorteile der Rentenreform zu gewähren, während es bei den Fremdrentnern — die durch Umstellung ihrer Renten grundsätzlich diese Vorteile bereits erhalten hatten — nur um eine zusätzliche Verbesserung ging.
    Die Fassung der Vorschrift über die Anpassung der Tabellen des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes, die in der dritten Lesung in die Neuregelungsgesetze eingefügt wurde — Sie erinnern sich noch dieses Umstandes —, läßt rechtliche Zweifel offen, was unter „Anpassung" an die Vorschriften des Neuregelungsgesetzes zu verstehen ist und wie weit die Ermächtigung zu einer Rechtsverordnung geht. Die Tabellenwerte an die Werte der Durchschnittsentgelte der Neuregelungsgesetze anzupassen kann nicht angehen, weil es sich bei den Tabellenwerten der Neuregelungsgesetze um die Durchschnittsverdienste sämtlicher Versicherten, bei den Werten der Tabellen zum Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz dagegen um Werte handelt, die den Individuallohn eines bestimmten Versicherten und seine Versicherungsdauer repräsentieren. Sie sind nach Berufsgruppen gegliedert und variieren deshalb, obwohl auch sie Durchschnittswerte darstellen, erheblich im Verhältnis zueinander und zu den Durchschnittsentgelten sämtlicher Versicherten. Die Anpassung könnte deshalb auf keinen Fall schematisch erfolgen; für eine sachgemäße völlige Umgestaltung der Tabellen würde aber die Ermächtigung des Gesetzes nicht ausreichen. Es würde vielmehr eine Gesetzesänderung erforderlich sein.
    Aus diesem Grunde schien es gerechtfertigt und geboten, die Anpassung der Tabellen mit der grundsätzlichen Neufassung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes zu verbinden. Dadurch wird zugleich eine zweimalige Neuberechnung der in Frage kommenden Renten vermieden. Die Neufassung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes, die die Angleichung an die Rentenversicherungsneuregelungsgesetze bringen soll, ist in Bearbeitung. Sie wird eher abgeschlossen sein, als eine auf die Tabellenrenten beschränkte Umrechnung durchgeführt werden könnte.
    Damit, meine Damen und Herren, habe ich die Große Anfrage der sozialdemokratischen Regierung, Verzeihung: Fraktion — —

    (Heiterkeit. — Abg. Dr. Schellenberg: Sie sprechen wohl von 1961, Herr Minister?)

    — Sehen Sie, ich bin so höflich, auch Ihnen einmal
    diese Chance einzuräumen. Denn ich weiß, daß Sie
    dann kein besseres Rentengesetz zustande brächten,
    als es die vergangene Regierung und die Regierungsmehrheit mit Ihrer Zustimmung hier in diesem Parlament erreicht haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Und nun, Herr Professor Schellenberg und meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ein paar kurze Schlußbemerkungen, obwohl ich Ihre Geduld schon über Gebühr in Anspruch genommen habe.
    Abschließend darf nochmals festgestellt werden, daß die Rentenreform ein voller Erfolg war.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Es sind 4,3 Milliarden DM mehr verausgabt worden, und wenn man die Sonderzulagen als Vorgriff auf die Rentenreform betrachtet, sogar 5,1 Milliarden DM. Diese Mehrausgaben sind vornehmlich solchen Rentnern zugute gekommen, die ein normales Arbeitsleben hinter sich haben. Wenn es daneben Fälle gibt, in denen die Verbesserungen nicht den gehegten Erwartungen entsprochen haben, so müssen auch einmal die Erwartungen auf ihre Berechtigung hin überprüft werden. Man wird sich stets vergegenwärtigen müssen, daß die Rentenreform ein Stück Gesellschaftsreform sein sollte. Sicherung des Arbeitnehmers in den Wechselfällen des Lebens war das Ziel. Es ist erreicht worden, daß die Rente nach einem normalen Arbeitsleben den Lebensunterhalt sicherstellt, und es ist ferner erreicht worden, daß der Rentner entsprechend seiner früheren Stellung im Arbeitsleben am wirtschaftlichen Fortschritt teilhat. Solche Ziele können nur erreicht werden, wenn man sich von Regelungen mit versorgungsähnlichem Charakter fernhält, denn dies würde zwangsläufig Tendenzen der Nivellierung und der persönlichen Inaktivität Vorschub leisten.
    Wenn man den Selbsthilfecharakter unserer vom Gedanken der Solidarität getragenen Sozialversicherung erhalten will, muß man es in Kauf nehmen, daß durch den Ausbau von Leistungen in diesem Bereich andere Leistungen entbehrlich werden, auf die bisher im Hinblick auf akute Notzustände leider nicht verzichtet werden konnte. Es ist nicht richtig, dabei von Härten zu sprechen; man könnte im Gegenteil sagen, daß Härten beseitigt worden sind, indem an die Stelle von Leistungen nach dem Bedürftigkeitsprinzip Leistungen mit gesichertem Rechtsanspruch getreten sind.
    Dies soll nicht heißen, daß die Arbeit am System der Rentenversicherung ein für allemal abgeschlossen wäre. Auf einige mögliche Verbesserungen in technischer Hinsicht wurde hingewiesen; an ihnen wird weiter gearbeitet. Im ganzen jedoch waren die grundsätzlichen Entscheidungen bei der Rentenreform richtig und die sozialpolitischen Auswirkungen dieser Entscheidung segensreich. Dies ist nicht nur in der deutschen Öffentlichkeit, sondern auch in Kreisen der Wissenschaft und auch von ausländischen Fachleuten anerkannt worden. Bei der weiteren Diskussion von Einzelfragen sollte dies, meine Damen und Herren, nicht in Vergessenheit geraten.

    (Beifall in der Mitte.)