Rede:
ID0300809400

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Bundesminister: 1
    6. Dr.: 1
    7. Lindrath.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 8. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1958 Inhalt: Amtliche Mitteilungen 239 A Fragestunde (Drucksache 142) : Frage 1 des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Zulassung unfallverschärfender Fahrzeuge Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 239 B Frage 2 des Abg. Schmidt (Hamburg) : Panzerübungen im Naturschutzpark in der Lüneburger Heide Strauß, Bundesminister 240 B Schmidt (Hamburg) (SPD) 240 D Frage 3 des Abg. Schmidt (Hamburg) : Zuleitung der Jahresabschlüsse der Deutschen Bundesbahn an den Bundestag Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 241 B Schmidt (Hamburg) (SPD) 241 D Frage 4 des Abg. Dr. Bucher: Bezeichnung der Regierung von Formosa als Regierung der Republik China Dr. von Brentano, Bundesminister . . 242 A Frage 5 des Abg. Jacobs: Freilassung des im tschechoslowakischen Gewahrsam befindlichen Generalmajors a. D. Richard Schmidt Dr. von Brentano, Bundesminister . . 242 C Frage 6 des Abg. Kalbitzer: Verteuerung der Hermes-Exportkreditversicherung Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister . . 242 D Frage 7 des Abg. Ritzel: Einsetzung von Bahnbussen auf der Odenwaldstrecke Weinheim—Mörlenbach—Wahlen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 243 A Ritzel (SPD) 243 B Frage 8 des Abg. Ritzel: Verurteilung des Schützen Seifert Strauß, Bundesminister . . . . 243 D, 245 A Ritzel (SPD) 245 A Frage 10 des Abg. Dr. Werber: Einführung der Todesstrafe bei Mord Schäffer, Bundesminister 245 B Frage 11 des Abg. Dr. Mommer: Freigabe beschlagnahmter deutscher Vermögen Dr. von Brentano, Bundesminister . . 246 A Dr. Mommer (SPD) 246 B Frage 12 des Abg. Brück: Anrechnung des freiwilligen Arbeitsdienstes auf den öffentlichen Dienst Dr. Anders, Staatssekretär 246 D Brück (CDU/CSU) 246 D II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1958 Frage 13 des Abg. Brück: Verkehrsunfälle durch Aufprallen auf Straßenbäume Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 247 A Brück (CDU/CSU) 247 C Frage 14 des Abg. Meyer (Wanne-Eickel) : Erfahrungsbericht über die Auswirkungen der Fünften Berufskrankheiten-Verordnung Blank, Bundesminister 248 A Frage 15 des Abg. Wendelborn: Eindämmung der Kriminalfälle Schäffer, Bundesminister 248 B Frage 16 mit Frage 9 der Abg. Ritzel und Schneider (Bremerhaven): Geltungsdauer der Sonntagsrückfahrkarten mit Einführung der 5-Tage-Woche Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . .249 A Frage 17 des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Besteuerung des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke und Gebäude im Zuge von Aussiedlungsverfahren Hartmann, Staatssekretär 249 B Frage 18 des Abg. Dr. Menzel: Schikanen bei der Wahrnehmung staatsbürgerlicher Ehrenämter bei der Preussag Dr. Lindrath, Bundesminister 249 C Frage 19 der Abg. Frau Renger: Schutz maßnahmen an der ostholsteinischen Küste Dr. Sonnemann, Staatssekretär . . . 250 A Frau Renger (SPD) 250 B Frage 20 des Abg. Seuffert: Geschwindigkeitsbegrenzung an Autobahn-Baustellen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 250 C, 251 A Seuffert (SPD) 251 A Ubersicht 2 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Bundestagsausschüssen zu Petitionen, Stand vom 15. 1. 1958 (Drucksache 121) 251 A Entwurf eines Gesetzes über die Regelung der Rechtsverhältnisse bei der Volkswagenwerk-GmbH, Uberführung der Anteilscheine in private Hand (Drucksache 102); Antrag der Abg. Dr. Deist u. Gen. betr. Errichtung einer „Stiftung Deutsches Volkswagenwerk" (Drucksache 145) Dr.-Ing. E. h. Arnhold (CDU/CSU) . 251 C Kurlbaum (SPD) 254 C Hellwege, Ministerpräsident, Niedersachsen 257 B Dr. Hellwig (CDU/CSU) . . . . 257 D, 284 C Dr. Atzenroth (FDP) 263 C Dr. Elbrächter (DP) 266 B Dr. Deist (SPD) 269 A, 289 A Dr. Mommer (SPD) 277 A Häussler (CDU/CSU) 277 B Dr. Lindrath, Bundesminister . . . 279 A Dr. Preusker (DP) 281 A Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt zu den Zusatzübereinkommen vom 7. 9. 1956 über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlichen Einrichtungen und Praktiken (Drucksache 115) . 291 D Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Drucksache 128) 291 D Entwurf eines Gesetzes über die Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiete der gewerblichen Wirtschaft (Drucksache 129) Dr. Deist (SPD) 292 A Dr. Atzenroth (FDP) 292 D Dr. Hellwig (CDU/CSU) 293 A Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung des Bundesamtes für zivilen Bevölkerungsschutz (Drucksache 131) 293 C Fünfzehnte Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 108) 293 D Nächste Sitzung 293 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten .295 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1958 239 8. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 15 Uhr.
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 22. 1. Dr. Baade 24. 1. Dr. Barzel 24. 2. Bazille 25. 1. Dr. Becker (Hersfeld) 8. 2. Berendsen 31. 1. Blachstein 24. 1. Dr. Brönner 20. 2. Dr. Bucher 22. 1. Dr. Bucerius 22. 1. Dr. Dresbach 22. 1. Eschmann 22. 1. Faller 7. 2. Felder 31. 1. Franke 22. 1. Dr. Frey 22. 1. Gleisner (Unna) 24. 1. Graaff 23. 1. Dr. Gülich 24. 1. Heinrich 22. 1. Heye 31. 1. Huth 22. 1. Dr. Jaeger 8. 2. Dr. Jordan 23. 1. Josten 31. 1. Kalbitzer 25. 1. Kühn (Bonn) 27. 1. Kühn (Köln) 22. 1. Leber 22. 1. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 31. 1. Majonica 15. 2. Merten 22. 1. Meyer (Wanne-Eickel) 24. 1. . Müller-Hermann 15. 2. Oetzel 22. 1. Paul 28. 2. Dr. Preiß 31. 1. Probst (Freiburg) 5. 2. Rademacher 25. 1. Ramms 24. 1. Rasch 24. 1. Frau Dr. Rehling 22. 1. Rehs 27. 1. Scharnowski 24. 1. Scheel 24. 1. Dr. Schneider (Saarbrücken) 22. 1. Schoettle 24. 1. Schröder (Osterode) 31. 1. Schultz 22. 1. Dr. Serres 31. 1. Stierle 31. 1. Theis 24. 1. Wacher 3. 2. Dr. Wahl 10. 2. Dr. Weber (Koblenz) 22. 1. b) Urlaubsanträge Abgeordneter) bis einschließlich Bauer (Würzburg) 31. 1. Bettgenhäuser 30. 1. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 1. Hoogen 2. 2. Ruhnke 31. 1. Spies (Brücken) 8. 2.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Erwin Häussler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes über die Regelung der Rechtsverhältnisse bei der Volkswagenwerk GmbH und die Überführung der Anteilsrechte in private Hand hat hier die Geister des Widerspruchs herausgefordert. Es ist deshalb sicher richtig, die Vorteile dieses Gesetzentwurfs auch in dieser ersten Lesung noch einmal herauszustellen.
    Wir halten daran fest, daß dieser Gesetzentwurf den Eigentumsgedanken zweifellos mit Durchschlagskraft versehen wird und daß er vor allem den unteren Einkommensbeziehern direkte Vorteile vermittelt.
    Zum zweiten möchten wir betonen, daß die Einzahlungen gut gesichert sind durch die Aktien wie auch durch die Forderungen gegen die Kreditnehmer.
    Ferner werden hier Mittel für Investitionen in kreditarme Zweige der Wirtschaft geschaffen.
    Wir wissen auch, daß eine vorzugsweise Verwendung für die Arbeitnehmer mitwirken wird an dem Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit.
    Wenn in der Diskussion gesagt wurde, die gewissermaßen klassischen Sparformen reichten für den kleinen Mann aus, so ist dem entgegenzuhalten: mit dem vorliegenden Gesetzentwurf möchten wir den Anfang machen, daß eine neue Sparform mit besonderen Anreizen, wie sie der Gesetzentwurf bietet, neben die Sparkasse, neben die Bausparkasse tritt.
    Wir wissen, daß im nationalsozialistischen Staat eine staatliche Kapitalbildung den Vorrang vor den Lohnwünschen der Arbeitnehmer gehabt hat, und wir können sagen, daß in den vom Bund aus der Kriegs- und Rüstungswirtschaft zweier Weltkriege übernommenen Staatsbetrieben Schweiß und Arbeitslohn der deutschen Arbeitnehmer stecken. Die Forderung, daß im Zuge der Privatisierung dem Arbeitnehmer Preisabschläge beim Erwerb von Kapitalanteilen eingeräumt werden, erscheint uns daher sinnvoll.
    Sicher ist es ein gegenüber allen blassen Theorien brauchbarer Vorschlag, Kapital für die kapitalmäßig ausgeblutete Zone für den Tag der Wiedervereinigung zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, daß dies ein Schritt über den bloßen Antikommunismus hinaus ist. Wir glauben auch, daß in der Sowjetzone eine für die dortigen Machthaber unangenehme Reaktion zu verspüren ist. Wir haben doch erlebt, daß in der Sowjetzone zur gleichen Zeit das Gegenteil praktiziert wurde, nämlich die zielbewußte Herbeiführung der Eigentumslosigkeit aller. Das war der Sinn des kürzlichen Geldumtauschs. Mit Berechnung naben die Machthaber drüben das freie Eigentum auf 300 Mark beschränkt, um den Menschen die mühsam angesammelten Reserven wieder wegzunehmen und sie somit wieder ausweglos vor ihren Wirtschaftskarren spannen zu können. Deswegen wollen wir mit diesem Gesetzentwurf den ersten Schritt gehen und den Unterschied der Wirtschaftsgesellschaftsauffassung von Ost und West mit nicht zu überbietender Deutlichkeit herausstellen, ebenso aber auch die Richtigkeit des Satzes: Eigentum ist die Basis der Freiheit.
    Die CDU/CSU schlägt vor, die aus der Privatisierung des Volkswagenwerks sich ergebenden Erlöse einem besonderen Vermögensstock zuzuführen, dessen Mittel als langfristiges und revolvierendes Kapital für Rationalisierungsinvestitionen im Bereich der mittelständischen Wirtschaft und der Landwirtschaft bereitgestellt werden sollen. Der Vorschlag dient also dem erkennbar besten Zweck. Wie der Gesetzentwurf ausweist, sollen nach der Wiedervereinigung die anfallenden Verkaufserlöse und die Rückflüsse der bereits in der Bundesrepublik ausgegebenen Kredite für den Wiederaufbau der mittelständischen Wirtschaft vor allem der Zone umgelegt werden. Somit, glaube ich, ist dargetan, daß für uns die Wiedervereinigung kein rhetorisches, sondern ein Herzensanliegen ist.
    Die Kapitalbereitstellung für den Tag X ist eine praktische Tat, und darauf kommt es uns bei diesem Gesetzentwurf an. Bei vernünftiger Überlegung



    Häussler
    wild auch der Steuerzahler mit der vorgeschlagenen Verwendung dieser Verkaufserlöse einverstanden sein. Denn der Tag der Wiedervereinigung wird dem deutschen Volke mit der Wiederausrüstung der Zone mit Kapital eine große nationale Aufgabe stellen. Die Mittel hierfür müssen so oder so bereitgestellt werden. Erfolgt die Bereitstellung nicht auf dem hier vorgeschlagenen Wege einer Mobilisierung staatlicher Kapitalsubstanz, dann müßte sie aus dem laufenden Steueraufkommen erfolgen, und dies würde wiederum eine massive Steuererhöhung notwendig machen, noch dazu in einem Augenblick einer Anspannung der Wirtschaftskraft Deutschlands, wie sie die Wiedervereinigung zweifellos mit sich bringen wird.
    Nun möchte ich noch kurz einige Einwände beantworten. Zunächst haben wir in den Ausführungen der SPD-Sprecher einen Einwand vermißt, der noch im 2. Bundestag mit großer Schärfe vorgetragen worden ist, die CDU/CSU habe mit diesem Gesetzentwurf einen Wahlschlager vorbereitet. Ich glaube, dieser Einwand ist hinfällig; denn wir haben mit der erneuten Einbringung dieses Entwurfs dargetan, daß es uns hierbei nicht um einen Wahlschlager zu tun war.

    (Zuruf von der SPD: Dieser Beweis ist nicht schlüssig!)

    Dann möchte ich betonen, daß in § 12 Abs. 4 unseres Entwurfs eine Lösung vorgesehen ist, die dem Anliegen des Antrags der SPD bereits entspricht. Im übrigen sind wir verwundert, daß die SPD einen Gesetzentwurf zu torpedieren versucht, ler gerade dem Arbeitnehmer zweifellos Vorteile bringt. In diesem Gesetzentwurf ist die Tendenz zu breiterer Eigentumsstreuung doch unverkennbar. Wir fragen deshalb: Will die SPD eine Radikalkur, oder welche Form stellt sie sich überhaupt hinsichtlich der Privatisierung der Staatsbetriebe vor? Darauf war heute leider keine Antwort zu bekommen.
    Nachdem dieser Pessimismus hinsichtlich des Entwurfs zum Ausdruck gekommen ist, müßte man der Opposition mehr Mut zur Zukunft anraten; denn zweifellos gehört zu diesem wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Schritt einiger Mut.
    Ich bin nun der Meinung, daß die seitherigen Erfahrungen mit der Aktie nicht zu dem Pessimismus berechtigten, wie er hier gezeigt wurde. Zweifellos wird es ein schwieriger Weg sein, aber er soll ja nicht der einzige sein. Es werden im Laufe der kommenden Monate weitere Gesetzentwürfe eingebracht werden müssen, die vor allem auch ihre Rückwirkung auf das Gesellschaftsrecht haben werden.
    Herr Kurlbaum hat die schwierige Verwaltung angeführt. Ich glaube, wir können heute im Zeitalter der Automation solche Einwendungen nicht mehr mit voller Überzeugung aufrechterhalten. Wir möchten auch deutlich betonen, daß die Privatisierung mit diesem Entwurf nicht abgeschlossen ist. Sie soll gewissermaßen nicht auf einem Bein stehenbleiben. Die Überführung des Volkswagenwerks in privaten Kleinbesitz ist ein Anfang. Es sollen weitere öffentliche Besitztitel für solche Zwecke bereitgestellt werden.
    Herr Kollege Atzenroth hat darauf hingewiesen, daß die FDP bereits vor 11/2 Jahren einen Privatisierungsentwurf eingereicht hat. Ich möchte dazu sagen, daß unser Entwurf die Tendenz der breiten Streuung hat und daß diese Forderung zuerst von uns erhoben worden ist. Der Entwurf der FDP schlug keine Privatisierung in diesem Sinne vor; seine Durchführung hätte nur eine Umschichtung bewirkt, aber nicht die breite Streuung und die Art der Verwendung, wie wir sie vorschlagen.
    Nun hat auch Kollege Atzenroth mit Recht bedauert, daß ein Rückgang bei den Selbständigen festzustellen sei. Wir wissen, daß wir uns in der heutigen Massengesellschaft in einer schwierigen Lage befinden, aber wir wollen gerade mit diesem Gesetzentwurf, dem weitere folgen sollen, ein System entwickeln, das gewissermaßen zum mittelbaren Selbständigen in dieser Massengesellschaft führen kann.
    Es ist hier wiederum das Ahlener Programm zitiert worden. Ich möchte wie schon in der ersten Lesung des 2. Bundestags darauf hinweisen, daß dieses Ahlener Programm vom Februar 1947, dessen Geltung sich übrigens nur auf die britische Zone erstreckte, die Vergesellschaftung des Bergbaus und der eisenschaffenden Großindustrie vorsah. Daneben heißt es aber im gleichen Atemzug: „In Industrie, Handel, Handwerk und Gewerbe ist die private Unternehmertätigkeit zu erhalten und zu entwickeln." Und weiter steht dort: „Rechtmäßig erworbenes Eigentum ist zu schützen." Wenn wir hier nun einen Weg beschritten haben, um das Eigentum am Produktionsmittel Kapital nicht als ein Gruppen- oder Klassenvorrecht bestehen zu lassen, sondern gerade dem Arbeiter wie jedem anderen Bürger diesen Weg zu öffnen, dann deshalb, weil wir der Überzeugung sind, daß das eigene Kapitalvermögen die Grundlage seiner Existenz verbreitert. Die Verwirklichung der Forderungen „gesicherter Arbeitsplatz" und „Dauervollbeschäftigung" liegt dann auch mit in der Hand des Arbeitnehmers; denn Investitionswille und Kapitalbildung eines Volkes sind mitentscheidend für Wettbewerbsfähigkeit und gesicherten Absatz seiner Erzeugnisse am Weltmarkt.
    So soll angestrebt werden, einem möglichst hohen Prozentsatz unserer deutschen Bürger als Einzeleigentümer zu diesem Produktionsmittel Kapital zu verhelfen. Weil es uns klar war, daß die Sozialisierung nicht das Mittel sein wird und nicht sein kann, das Ziel „Eigentum für jeden" zu erreichen, haben wir heute mit diesem Antrag einen Anfang gemacht. Wir sind auch der Überzeugung — und damit möchte ich schließen —, daß es nicht Aufgabe des Staates sein kann, weiterhin erwerbswirtschaftliches Vermögen zu verwalten; es ist besser, wenn es sich in der Hand seiner Bürger befindet. Der Staat soll durch sein eigenes Beispiel und durch entsprechende Gesetze dazu verhelfen, daß seine bisher vom Kapitalmarkt ausgeschlossenen Bürger zu Eigentum gelangen, und damit eine gesunde wirtschaftsgesellschaftliche Ordnung ermöglichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, ,den 22. Januar 1958 279


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Bundesminister Dr. Lindrath.

(Abg. Dr. Mommer: Der Herr Bundesveräußerungsminister!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Lindrath


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir ein paar Worte zum bisherigen Ablauf dieser Debatte, die sich von der Debatte, die wir im Mai des vergangenen Jahres zum gleichen Thema hatten, doch recht wesentlich unterscheidet. Im vergangenen Mai ging es hauptsächlich um die Frage des Zeitpunktes: warum und weshalb gerade damals. Heute ist die Frage des Zeitpunkts des Einbringens aus Gründen, die meine Kollegen Häussler und Elbrächter vorhin bereits dargelegt haben, nicht erwähnt worden.
    Aber in einem anderen Sinne ist auch heute in einem gewissen Umfang von einem Zeitpunkt gesprochen worden. Es ist gefragt worden, warum sich die Bundesregierung nicht schon längst darauf besonnen habe, daß sie Eigentum breit streuen möchte. Insofern ist von einem gewissen Zeitpunkt gesprochen worden: Warum erst jetzt?
    Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Herr Bundeswirtschaftsminister, Herr Professor Erhard, tut nicht den zweiten Schritt vor dem ersten, sondern geht der Reihe nach.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Die Aufwärtsentwicklung auf wirtschaftlichem Gebiet, von der mein Kollege Dr. Hellwig sprach, war der erste Schritt, der vorausgehen mußte, ehe man die Voraussetzungen für die Bildung von Vermögen, nämlich das Sparen, schaffen konnte. Unter diesem Gesichtspunkt war jetzt der richtige Zeitpunkt, mit der Privatisierung des Bundesvermögens und der Überführung der Anteile in breite Schichten zu beginnen. Andere, private Betriebe — das ist schon gesagt worden — sind uns hierbei vorausgegangen: Bayer Leverkusen, Krupp, Demag, Mannesmann, BASF, auch Siemens-Halske und viele andere. Natürlich ist der Erfolg noch nicht so, wie wir ihn gern sehen möchten. Das liegt eben daran, daß sich die öffentliche Hand eine gewisse Zurückhaltung auferlegt hat.
    Heute ist die Diskussion von diesen Fragen der Zeitpunkte abgegangen .und hat sich mehr auf die grundsätzliche Frage nach den beiden Formen verlagert, in denen man ein solches Unternehmen wie das Volkswagenwerk führen könnte. Ich bin überrascht, mit wie wenig Aufmerksamkeit man Herrn Dr. Hellwig offenbar gefolgt ist; oder man hat ihn offensichtlich nicht verstehen wollen, weil man die Dinge immer anders dargestellt hat, als sie tatsächlich gewesen sind.
    Herr Dr. Hellwig hat eindeutig erklärt, daß er die Stiftung als eine mögliche Form der Unternehmensführung ansieht, daß aber eine Führung von derartigen Unternehmen in dieser Form bestimmte Voraussetzungen hat und bei uns die Ausnahme bildet. Das hat er gesagt, und er hat gerade das
    letzte an der Zeiss-Jena-Stiftung dartun wollen. Es ist völlig ungerechtfertigt, ihm dieserhalb einen Vorwurf zu machen.

    (Zuruf von der SPD: Kann er sich nicht selbst verteidigen?)

    — Das wird er wahrscheinlich noch tun. Ich sage es aber, um noch weiter zu der Frage der Stiftung zu sprechen.
    Sie sind der Auffassung — das haben Sie, Herr Dr. Deist, vorhin wiederholt ausgeführt —, daß die Stiftung ein besonders gutes Mittel ist, um die Marktpolitik zu fördern und die Wettbewerbswirtschaft aufrechtzuerhalten. Ich bin der Meinung, daß hier die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens verschoben wird, Herr Dr. Deist; sie wird unecht gemacht, wenn wir das in Form einer solchen Stiftung tun, wie Sie es hier vorschlagen.
    Überhaupt möchte ich noch darauf hinweisen, daß der Gedanke der Stiftung, der immer wieder erörtert wird, zum Teil so verworren vorgetragen wird, daß man immer erst fragen muß, was eigentlich damit gemeint ist. Dabei möchte ich nicht auf den Antrag Bezug nehmen, der hier vorgelegt ist; hier ist es eindeutig gesagt. Aber in der gesamten Diskussion — Herr Kollege Dr. Deist, das werden Sie mir zugeben — wird häufig von einer Stiftung gesprochen, ohne daß gesagt würde, ob diese Stiftung der Kapitalträger des Unternehmens sein soll, wie es in Ihrem Antrag der Fall ist, oder ob er nur teilweise Kapitalträger sein oder ob er neben dem Kapitalträger bestehen soll. Auch diese Lösung haben wir für akzeptabel erklärt; wir würden sie eventuell annehmen. — Das sind Dinge, die unklar sind.
    Weiterhin ist in der Diskussion über die Stiftung sehr häufig unklar, was man eigentlich für die Zwecke der Stiftung aufwenden will, den Erlös oder die Erträge. Das geht häufig sehr arg durcheinander. Beispielsweise geht es auch sehr stark bei den Vorschlägen durcheinander, die wir in „Christ und Welt" finden usw. Auch da sind die Dinge nicht ganz klar dargestellt.

    (Abg. Kurlbaum: W i r haben doch alles klar gesagt!)

    — Sicher, Sie haben es in Ihrem Antrag klar gesagt. Um die von Ihnen vorgeschlagene Form völlig klar darzustellen, habe ich die abweichenden Vorschläge einmal erörtert, weil ich Ihre Vorschläge noch etwas prägnanter herausstellen wollte.
    Allerdings wird durch diese Form der Stiftung eigentlich das Unternehmen der öffentlichen Kontrolle entzogen. In der Stiftung wird das Unternehmen allein von den 21 Verwaltungsratsmitgliedern beherrscht. Sonst hat niemand irgend etwas zu sagen, und das Unternehmen besteht dann als ein Unternehmen für sich allein. Niemand kann hineinreden. Auf der anderen Seite aber — und das ist unlogisch — wird gerade von Ihnen eine viel stärkere Publizität gefordert. Die stärkere Publizität kann bei der Form der Stiftung überhaupt nicht erreicht werden.

    (Zustimmung in der Mitte.)


    Dr. Lindrath
    Darüber hinaus sagen Sie, die Stiftung ist auch marktpolitisch gesehen günstiger. Verschieben wir aber bei Ihrer Stiftung nicht die Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit? Ihre Stiftung, Herr Kollege Dr. Deist, ist in der Form, wie Sie sie formuliert haben, eine gemeinnützige Stiftung.

    (Widerspruch bei der SPD.) — Hier steht ganz deutlich:

    Zweck der Stiftung ist es, das Volkswagenwerk im Dienste des Gemeinwohls zu führen.

    (Abg. Kurlbaum: Das ist nicht gemeinnützig! — Weitere Zurufe von der SPD.)