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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag —3. Wahlperiode — 5. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1957 I 5. Sitzung Bonn, den 28. November 1957 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Hübner und Dr. Friedensburg 101 A Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP betr. Einsetzung von Ausschüssen (Drucksache 18) 101 B Wahl der Schriftführer (Drucksache 21) . . 101 B Vierzehnte Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 12) . . . 101 C Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlepreiserhöhung (Drucksache 2) Dr. Bleiß (SPD) 101 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 104 D, 129 A, 152 B Dr. Achenbach (FDP) 112 B Dr. Preusker (DP) 114 A Dr. Deist (SPD) 117 C, 146 D Dr. Hellwig (CDU/CSU) 131 C Margulies (FDP) 140 B Dr. Friedensburg (CDU/CSU) 143 A Dr. Kreyssig (SPD) 144 D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Untersuchung der Erzeugungs- und Absatzbedingungen der deutschen Kohlewirtschaft (Drucksache 19) 154 A Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Selbstverwaltungs- und Krankenversicherungsangleichungsgesetzes Berlin — SKAG Berlin (Drucksache 14) .....154 A Stingl (CDU/CSU) 154 B Büttner (SPD) . . . . . 155 C Frau Kalinke (DP) 156 B Dr. Will (FDP) 157 C Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 159 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 5. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2B. November 1957 101 5. Sitzung Bonn, den 28. November 1957 Stenographischer Bericht Beginn: 14 Uhr.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albrecht 2. 12. Fürst von Bismarck 20.12. Dr. Brecht 29.11. Freiherr von Feury 28.11. Dr. Frey 28.11. Frau Friese-Korn 1.12. Geiger (München) 28.11. Gerns 28.11. Gibbert 28.11. Dr. Götz 28.11. Dr. Gülich 30.11. Dr. Dr. Heinemann 29.11. Hellenbrock 28.11. Höfler 28.11. Jacobs 28.11. Kirchhoff 29.11. Knobloch 28.11. Kramel 28.11. Lenz (Brüht) 28.11. Mensing 28.11. Dr. Meyers (Aachen) 30.11. Paul 28.11. Scheel 15.12. Dr. Schneider (Saarbrücken) 28.12. Schreiner 28.11. Spies (Brücken) 28.11. Dr. Starke 28. 11. Stierle 29. 11. Wehr 28.11. Frau Welter (Aachen) 28.11. Zoglmann 28.11. Zühlke 28.11. b) Urlaubsanträge Dr. Atzenroth 15.12. Bauer (Wasserburg) 8.12. Bauknecht 15.12. Dr. Becker (Hersfeld) 18.12. Dr. Birrenbach 11.12. Brand 10.12. Drachsler 11.12. Gedat 6.12. Dr. Höck 12.12. Dr. Jordan 13.12. Kühn (Köln) 10.12. Kurlbaum 31.12. Dr. Leverkuehn 14.12. Merten 11.12. Frau Renger 11.12. Dr. Schild 14.12. Dr.-Ing. Seebohm 14.12.
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    Rede von Dr. Ludwig Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich habe den Wortlaut der Erklärungen der Herren Abgeordneten Schöne und Kreyssig hier natürlich nicht parat.

    (Aha! bei der SPD.)

    Aber Sie werden nicht bezweifeln wollen, daß gerade von seiten dieser beiden Herren — und nicht von ihnen allein, wie ich zugebe — beklagt worden ist, daß sich die nationalen Regierungen im Bereich von Kohle und Stahl in die Preisbildung einschalten und jedenfalls Maßnahmen dieser Art treffen wollten. Das ist unbestreitbar. Ich selber habe in Rom und in Luxemburg darauf hingewiesen, daß mir im Montanvertrag hier ein logischer Bruch zu liegen scheint; denn ein Wirtschaftsminister, der die Verantwortung für die ganze Wirtschaftspolitik, d. h. für den Gesamtbereich der Volkswirtschaft trägt, kann aus der Verantwortung für so wichtige Zweige wie Kohle und Stahl nicht völlig entlassen werden. Hier muß mindestens eine sehr starke Koordinierung Platz greifen, und aus diesem Grunde drücke ich mich auch nicht um die Verantwortung. Ich stehe



    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard
    für das, was bei der Kohle und beim Stahl sich ereignet hat, selbstverständlich im Rahmen der mir
    zur Verfügung stehenden Einflußmöglichkeiten ein.
    Eben wird mir gesagt, der Abgeordnete Schöne habe in der Sitzung der Gemeinsamen Versammlung vom 26. Juni 1957 Regierungsinterventionen auf dem Preisgebiet mit folgenden Worten verurteilt:
    Herr Präsident! Meine Herren! Ein Bericht über die Beseitigung von Schwierigkeiten und Hemmnissen in der Übergangszeit auf dem Wege zum Gemeinsamen Markt wäre unvollständig, wollte man dabei nicht gleichzeitig ins Auge fassen — und man kann es auf Grund des Berichts der Hohen Behörde —, daß in derselben Zeit neue Schwierigkeiten und neue Hemmnisse entstanden sind. Damit meine ich die vielen Ausführungen in dem Bericht über Regierungsinterventionen auf dem Preisgebiet. Ich verweise insbesondere auf die Ziffern soundso . . .

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Dies scheint also einwandfrei festzustehen.
    Im übrigen habe ich — weil ich mit manchen Einwendungen des Herrn Abgeordneten Bleiß sachlich übereinstimme — bei der Hohen Behörde selbst angeregt, sie möge unter allen Umständen das Preisgebaren des Ruhrkohlenbergbaus bzw. der Zechen einer Kontrolle unterziehen, was in der Zwischenzeit auch erfolgt ist. Damit ist ja dann der auch von Ihnen genannte Betrag von 1,50 DM zustande gekommen. Soweit zu den einleitenden Worten von Herrn Bleiß.
    Nun zu der Großen Anfrage selbst. In den vergangenen Wochen ist Ihnen allen wohl der Ablauf der Vorgänge im Zusammenhang mit der am 1. Oktober erfolgten Kohlepreiserhöhung mit allen Einzelheiten bekanntgeworden. Ich darf mich daher wohl auch darauf beschränken, als Einleitung meiner Antwort die einzelnen Punkte noch einmal herauszustellen.
    1. Ich muß dabei bleiben, daß das Verhalten des Steinkohlenbergbaus in der Kohlepreisfrage angesichts der klar zutage liegenden politischen und wirtschaftspolitischen Umstände einen bedauerlichen Mangel an Verständigungsbereitschaft zeigte.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nahezu ohne Ausnahme ist von der gesamten Öffentlichkeit dies Verhalten des Ruhrbergbaus kritisiert worden.
    2. In der Konferenz in Essen am 1. Oktober suchte ich den Vertretern der Zechengesellschaften vergeblich das Anliegen der Bundesregierung verständlich zu machen, die Entscheidung über eine Kohlepreiserhöhung um einen Monat zu verschieben, damit in der Zwischenzeit geprüft werden könne, welches das wirklich notwendige Ausmaß dieser Preiserhöhung sei. Die Bundesregierung glaubte, zu dieser Forderung um so mehr berechtigt zu sein, als in den vergangenen Jahren Entscheidendes zugunsten des Ruhrkohlenbergbaus getan wurde, ob es sich nun um die Unterstützung berechtigter Wünsche des Steinkohlenbergbaus bei den von der Alliierten Hohen Kommission betriebenen Entflechtungsmaßnahmen handelte oder um die Zuleitung erheblicher Marshallplangelder, um das Investitionshilfegesetz und die damit zusammenhängenden Abschreibungsmöglichkeiten, um die Abgabe für den Bergarbeiterwohnungsbau, um die Einführung der Bergmannsprämie, die in erheblichem Maße zu einer Steigerung der Förderung und damit der Ertragskraft der Unternehmungen beitrug, um eine günstige Regelung gewisser Bewertungsvorschriften für Unter-Tage-Anlagen durch das Land Nordrhein-Westfalen oder um die steuerliche Regelung von Abschreibungen für UnterTage-Anlagen mit dem Ziel, eine bergbaugerechte Besteuerung zu erreichen.
    In groben Zahlen ausgedrückt, stellen sich die eben genannten Maßnahmen wie folgt dar. Bis heute sind dem Bergbau an verschiedenen zentral steuerbaren Kapitalmarktmitteln rund 2 Milliarden DM zugeführt. Auf Grund von Sonderabschreibungen konnten Investitionen in Höhe von 2 Milliarden DM vorgenommen werden. In dieser Sonderabschreibung stecken Steuerersparnisse in Höhe von mehr als 1 Milliarde DM. Für die Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaus wurde 1 Milliarde DM aufgebracht. Außerdem ist der Bergbau durch Übernahme eines Teils des Arbeitgeberbeitrags zur Knappschaftsrentenversicherung in Höhe von 400 Millionen DM entlastet worden. Zur Lösung des Arbeitskräfteproblems im Bergbau haben Bund und Länder durch die Bergmannsprämie bisher 400 Millionen DM aufgewandt. Durch die in diesem Jahr eingeführte steuerliche Regelung von Abschreibungen für Unter-Tage-Anlagen werden für den Bergbau in Zukunft Beträge aufgebracht werden, die denen der bisherigen Abschreibungen auf Grund des § 36 des Investitionshilfegesetzes nicht viel nachstehen dürften.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    3. Mit den eben genannten Zahlen sind nicht zu verwechseln die Beträge, die der Bergbau seit dem Jahre 1949 für Investitionen aufgebracht hat. Der Bergbau beklagt sich immer wieder, daß in der Vergangenheit der Kohlepreis stets wie ein politischer Preis behandelt und ihm dadurch die Möglichkeit genommen worden sei, ausreichende Investitionen vorzunehmen. Hierzu möchte ich nur eine Zahl nennen. Die Investitionen im deutschen Steinkohlenbergbau haben in der Zeit von 1949 bis 1956 einen Betrag von fast 5 Milliarden DM erreicht. Wenn man die voraussichtliche Summe für 1957 in Höhe von 700 bis 800 Millionen DM hinzurechnet, dann ergibt sich ein Betrag von mehr als 5 1/2 Milliarden DM, der seit 1949 für Investitionen aufgewandt werden konnte. Nicht diese Investitionen zuletzt haben den Bergbau in die Lage versetzt, seine Förderung im gleichen Zeitraum von 103 Millionen t auf 134 Millionen t zu steigern; im Vergleich dazu ist in den übrigen Ländern der Montangemeinschaft die Steinkohlenförderung im gleichen Zeitraum nur von 106 auf 115 Millionen t gestiegen, d. h. rund 30 % gegen 10 %.



    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard
    4. Nach dem Montanvertrag ist die Hohe Behörde auf dem Gebiete der Kohle- und Stahlpreise zuständig. Aber die Bundesregierung kann und darf sich hinter diese Verantwortung der Hohen Behörde nicht zurückziehen. Dem Kohlepreis wird nun einmal eine große Bedeutung in der Öffentlichkeit und der Wirtschaft beigemessen. Da die Verantwortung für die gesamte Wirtschaftspolitik bei der Bundesregierung liegt, hat sie daraus auch eine Verantwortung gegenüber der deutschen Öffentlichkeit, auf die Entwicklung der Kohlepreise zu achten. Eine große Anzahl von Briefen, die an mich in diesen Wochen von allen Zweigen der Wirtschaft, Handwerkern, Arbeitern und Rentnern gerichtet wurden, haben mir das noch besonders nahegebracht. Ich habe diese Dinge bei der Tagung des Ministerrats der Montanunion in Luxemburg am 8. Oktober offen ausgesprochen, und ich habe den Eindruck, daß ich damit viel Verständnis gefunden habe.
    Ich darf nun zur Beantwortung der einzelnen Punkte der Großen Anfrage der SPD übergehen.
    Die erste Frage lautet:
    Hält die Bundesregierung die Preiserhöhung für gerechtfertigt?
    Die Bundesregierung hält eine Preiserhöhung in dem am 1. Oktober vorgenommenen Ausmaß nicht für gerechtfertigt. Allerdings ist zuzugeben — das ist auch den Vertretern des Steinkohlenbergbaus von Anfang an erklärt worden —, daß gewisse Auswirkungen der auf den Bergbau zugekommenen Kostenmehrbelastungen auf den Kohlepreis anzuerkennen sind. Das gleiche hat im übrigen auch der Vorsitzende der IG Bergbau getan. Weil ich nicht davon überzeugt war, daß die zu verzeichnenden Kostensteigerungen eine so beträchtliche Erhöhung der Kohlepreise erforderlich machten, gerade deshalb habe ich mich so sehr darum bemüht, die Entscheidung über eine Preiserhöhung zunächst bis zum 1. November hinauszuschieben, um nach einer in diesem Zeitraum erfolgten Klärung des notwendigen Ausmaßes der Kohlepreiserhöhung die Durchführung in zwei Etappen, und zwar am 1. November und am 1. April nächsten Jahres, zu erreichen, wobei insbesondere konjunkturpolitische Überlegungen eine Rolle spielten. Ich bedaure, daß ich mit meinen Bemühungen keinen Erfolg gehabt habe.
    Ich gebe zu, daß die in diesem Jahre für den Steinkohlenbergbau eingetretenen Kostensteigerungen erheblich waren. Im Juli und August sind die Löhne für die Übertagearbeiter und die Gehälter im Steinkohlenbergbau erhöht worden. Außerdem wurde für alle Bergarbeiter die Zahlung eines Bergmannswohnungsgeldes vereinbart. Vor allem aber haben die im vorigen Bundestag mit großer Mehrheit beschlossenen Sozialgesetze zu einer beträchtlichen Erhöhung der Arbeitskosten geführt. Dabei handelt es sich — außer um den Zuschuß zum Krankengeld auf Grund des Gesetzes über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle — um die Erhöhung der Beiträge zur Unfallversicherung,
    zur knappschaftlichen Rentenversicherung,
    zur knappschaftlichen Krankenversicherung — verbunden mit einer Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze —
    und zur Durchführung des Kindergeldgesetzes.
    Wenn auch diese Sozialgesetze als ein Markstein des sozialen Fortschritts in der Bundesrepublik angesehen werden müssen, so darf das nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie Geld kosten, daß sie aber besonders viel Geld in einem Wirtschaftszweig kosten, der, wie der Steinkohlenbergbau, nun einmal unabänderlich in sehr hohem Maße auf die menschliche Arbeitskraft angewiesen ist. Ich möchte das ganz besonders betonen und bei dieser Gelegenheit mahnen, diese Zusammenhänge für die künftige Entwicklung immer zu berücksichtigen.
    Dazu möchte ich noch ergänzend bemerken: Etwa gleichzeitig mit der Einführung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle haben sich im Steinkohleinbergbau die auf Unfall und Krankheit beruhenden Fehlschichten beachtlich erhöht. Sie stiegen im August 1957 auf 11 % im Vergleich zu 8,5 % im August des Vorjahres, und sie erhöhten sich im September 1957 sogar auf 17,3 % im Vergleich zu 8,7 % des Vorjahres. Sicherlich ist das zu einem wesentlichen Teil auf die Hitzeperiode im Juli und die Grippewelle im August/September zurückzuführen. Es ist nicht meine Aufgabe, zu prüfen, ob und wieweit der hohe Krankenstand zum Teil auch als eine ungewollte Auswirkung des Gesetzes über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle angesehen werden muß. Aber es sollte doch ernsthaft untersucht werden, welche Zusammenhänge hier bestehen.
    Im arbeitsintensiven Steinkohlenbergbau hat jedenfalls der Anstieg des Krankenstandes zunächst zu einem erheblichen Förderungsrückgang und daher zu einer fühlbaren Schwächung der Ertragskraft der Unternehmungen geführt. Die direkten Auswirkungen der Sozialgesetze werden vom Bergbau mit 1,75 DM je Tonne Absatz angegeben. Die indirekten Auswirkungen wegen erhöhten Krankenstandes wurden in der Mehrkostenrechnung auf 87 Pf je Tonne beziffert. Die Mehrbelastungen aus der Erhöhung der Löhne für Übertagearbeiter und der Gehälter sowie aus der Zahlung eines Bergmannswohnungsgeldes ergeben weitere 1,75 DM je Tonne Absatz. Der Bergbau hat jedoch auch noch andere Posten in seiner Belastungsrechnung aufgeführt, gegen die ich Einwendungen erhoben habe.
    Inzwischen lassen die von der Hohen Behörde vorgenommenen Prüfungen, die aber noch nicht abgeschlossen sind, ebenfalls erkennen, daß die vom Bergbau vorgenommene Kohlepreiserhöhung nicht in vollem Umfang kostenmäßig gerechtfertigt war. Einem gestern eingetroffenen Schreiben der Hohen Behörde entnehme ich. daß nach ihrer Ansicht die Preiserhöhung um 1,50 DM/t hätte niedriger sein können. Hierüber werden noch Verhandlungen zwischen der Hohen Behörde, der Bundesregierung und dem Ruhrbergbau stattfinden.



    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard Die zweite Frage lautet:
    Trifft es zu, daß die Bundesregierung bereits im Juli 1957 von den bevorstehenden Preiserhöhungen unterrichtet wurde?
    Im Juli dieses Jahres hat, wie dies von Zeit zu Zeit geschieht, ein Meinungsaustausch zwischen Sachverständigen des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau und Referenten meines Ministeriums über die Kostenentwicklung im Steinkohlenbergbau stattgefunden. Die Auswirkungen der neuen Sozialgesetze und der Lohn- und Gehaltsregelungen boten hierzu den Anlaß. Dabei hat der Unternehmensverband Zahlen über die mutmaßlichen Auswirkungen dieser Faktoren auf die Kostenrechnung der Zechen genannt. Gemessen auch an früheren ähnlichen Vorgängen konnte dieser Meinungsaustausch im Juli auf Referentenebene nur als eine Art Vorbesprechung angesehen werden.
    Der Unternehmensverband Ruhrbergbau hat die Bundesregierung danach mit Schreiben vom 27. Juli 1957 lediglich auf eine beabsichtigte Kohlepreiserhöhung hingewiesen,

    (Zurufe von der SPD: Na also!)

    ohne auf frühere Besprechungen zu verweisen und ohne Ausmaß und Zeitpunkt der beabsichtigten Preiserhöhung zu nennen. Ich darf hier hinzufügen, daß auch bei früheren Kohlepreiserhöhungen die Lohnerhöhung und die Kohlepreiserhöhung nicht zusammengefallen sind, sondern daß immer jeweils zwischen der Lohnanhebung und der Preisanhebung Besprechungen und Untersuchungen stattgefunden haben. Dieses von mir zitierte Schreiben enthält nur einen allgemeinen Hinweis, daß die Kostenmehrbelastungen, die vor allem durch die Sozialgesetzgebung entstanden seien, eine Erhöhung der Kohlepreise unumgänglich machten.
    Ich darf auch hier noch hinzufügen: Sie können gar nicht überrascht sein, daß der Kohlepreis auch in diesem Jahr eine Anhebung erfahren mußte. Denn wie oft haben wir uns darüber unterhalten, daß angesichts des geringeren Produktivitätsfortschritts im Ruhrkohlenbergbau, verbunden mit der These, der Bergarbeiter unter Tag müsse an der Spitze der Lohnpyramide stehen, zwangsläufig und tendenziell eine Erhöhung der Kohlepreise notwendig ist.

    (Abg. Dr. Deist: Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie taten doch so, als wenn Sie überrascht gewesen wären!)

    — Ich war überrascht erstens über die Methode und zweitens über das Ausmaß! Das habe ich hier mit aller Deutlichkeit ausgesprochen.
    Die zum 1. Oktober wirksam gewordene Preiserhöhung hat aber nicht nur diese Kostenfaktoren berücksichtigt, sondern darüber hinaus auch neue Auswirkungen auf die Kostenrechnung einbezogen, die sich aus den stark gestiegenen Fehlschichten und dem Absinken der Förderung ergaben. Im Juli waren diese neuen Auswirkungen überhaupt noch nicht zu übersehen.
    Ferner wurde geltend gemacht, daß die inzwischen eingetretene Änderung der Marktlage es nicht mehr gestatte, die Mehrkosten auf den gesamten Absatz abzuwälzen, sondern nur noch auf den Absatz im Gemeinsamen Markt. Dadurch ergab sich erneut ein zusätzlicher Betrag, der mit der Preiserhöhung abgegolten werden sollte. Diese Angaben zeigen, daß über die Berechtigung und das Ausmaß einer Kohlenpreiserhöhung erst gegen Mitte September gesprochen werden konnte.
    Die dritte Frage:
    Was hat die Bundesregierung getan, um eine Preiserhöhung zu verhindern?
    In meinen bisherigen Ausführungen dürfte schon genügend zum Ausdruck gekommen sein, daß die Bundesregierung unter den gegebenen Umständen und aus ihrer Gesamtverantwortung für die Wirtschaftspolitik alles in ihrer Macht Stehende getan hat, um den Ruhrbergbau in Besprechungen zu einer Begrenzung der Kohlenpreiserhöhung auf das wirklich notwendige Maß zu veranlassen. Diese Besprechungen haben die Kritik der Hohen Behörde ausgelöst, die darin einen Eingriff in ihre Zuständigkeit erblickt hat. Ich kann mir aber auch nicht versagen, darauf hinzuweisen — ich wiederhole das Gesagte —, daß Abgeordnete dieses Hauses in der Gemeinsamen Versammlung der Montanunion sich wiederholt dagegen gewandt haben, daß die Regierungen der Mitgliedstaaten in die Preisbildung für Kohle eingriffen, wobei sie auf die nach dem Vertrag bestehende Zuständigkeit der Hohen Behörde hinwiesen.
    Im übrigen möchte ich hier aber auch anführen, daß die Bundesregierung seit dem vergangenen Jahr eine Reihe wichtiger Maßnahmen durchgeführt hat, die die Grenzen für Steigerungen der inländischen Kohlepreise haben deutlich werden lassen. Hier ist die Abschaffung des Heizölzolls zu nennen sowie die Verlängerung der zulässigen Kontraktfristen für die Einfuhr von US-Kohle und Heizöl.
    Vierte Frage:
    Trifft es zu, daß der Bundeswirtschaftsminister vor der Freigabe der Kohlepreise eine Vereinbarung mit dem Kohlenbergbau getroffen hat, nach der Preiserhöhungen nur nach vorheriger Fühlungnahme mit ihm vorgenommen werden sollten?
    Ich weiß nicht, wollen Sie mich hier loben oder tadeln? In meinen Verhandlungen im Frühjahr vorigen Jahres zur Freigabe der Kohlepreise durch die Hohe Behörde wurde mir von den Vertretern des Steinkohlenbergbaues die Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, unbeschadet der Zuständigkeit der Hohen Behörde sich vor wirtschaftspolitischen Entscheidungen mit mir abzustimmen.
    Fünfte Frage:
    Was hat die Bundesregierung unternommen, um eine ausreichende Kontrolle der nach der Freigabe der Preise wiedergebildeten Kartellorganisationen an der. Ruhr sicherzustellen,



    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard
    damit unangemessene Preisfestsetzungen verhindert werden?
    Nach dem Montanunionsvertrag ist die Hohe Behörde ausschließlich zuständig, Vereinbarungen über den gemeinsamen Verkauf von Kohle zu genehmigen. Die Bundesregierung hat sich seinerzeit in Übereinstimmung mit dem Bundestag sowohl bei der Alliierten Hohen Kommission als auch später bei der Hohen Behörde der Montangemeinschaft dafür eingesetzt, daß eine Verkaufsorganisation des Ruhrbergbaus bestehenbleiben sollte. Die Hohe Behörde hat nach eingehender Prüfung und langwierigen Verhandlungen die Einrichtung von drei Ruhrkohleverkaufsgesellschaften bis zum 31. März 1959 genehmigt und ihnen gestattet, bis zu diesem Zeitpunkt durch Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter die Preise festzusetzen. Die Hohe Behörde ging dabei davon aus, daß die Voraussetzungen des Vertrags erfüllt seien, d. h. insbesondere, daß ein in dieser Weise organisierter Verkauf zu einer merklichen Verbesserung in der Erzeugung und Verteilung der Ruhrkohle führt.
    Auch die Aufsicht über die genehmigten Verkaufsgesellschaften ist ausschließlich Aufgabe der Hohen Behörde. Sie widerruft die Genehmigung oder ändert sie, wenn sie feststellt, daß infolge einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse die Vereinbarung nicht mehr den Voraussetzungen für die Genehmigung entspricht oder daß die tatsächlichen Folgen der Vereinbarung und ihrer Anwendung zu den für ihre Genehmigung erforderlichen Bedingungen in Widerspruch stehen. Die Hohe Behörde hat sich in den Genehmigungsentscheidungen ausdrücklich die Ausübung einer laufenden Kontrolle darüber vorbehalten, ob sich die Verkaufsgesellschaften im Rahmen der erteilten Genehmigungen halten. Ich habe die Hohe Behörde gebeten, die Beschlüsse der Verkaufsgesellschaften über die Preiserhöhungen zum 1. Oktober 1957 daraufhin zu überprüfen, ob sie mit den Bestimmungen des Vertrages in Einklang stehen. Die Hohe Behörde hat eine Prüfung vorgenommen. Über das Ergebnis der Prüfung werden zwischen der Hohen Behörde und der Bundesregierung Besprechungen stattfinden.
    Die sechste Frage lautet:
    Was hat die Bundesregierung getan, um sich eine ausreichende Kenntnis der tatsächlichen Kosten und der Ertragslage des Kohlenbergbaues zu beschaffen?
    Die Bundesregierung hat sich aus ihrer gesamtwirtschaftlichen Verantwortung heraus, ohne in alle Einzelheiten der Ertragsrechnung eindringen zu können, laufend über die allgemeine Kostenentwicklung des Bergbaus informiert. Über die Notwendigkeit der vorgenommenen Preiserhöhungen haben in der zweiten Septemberhälfte und noch am Vormittag des 1. Oktobers eingehende Erörterungen mit Vertretern des Ruhrbergbaus stattgefunden.
    Die siebente Frage:
    Billigt die Bundesregierung, daß die Hausbrandkohle wesentlich stärker verteuert wird als die Industriekohle?
    Es trifft zu, daß die Hausbrandkohle überdurchschnittlich im Preise erhöht wurde. Die Bundesregierung hat diese Differenzierung der Kohlepreiserhöhung zuungunsten der Hausbrandverbraucher nicht gebilligt. Sie hat auch die Hohe Behörde gebeten, sich dieser Frage anzunehmen. Hierzu steht das Ergebnis noch aus.
    Bei einem Vergleich der Belastungen, die die Verbraucher von Hausbrandkohle einerseits und die sonstigen Kohleverbraucher andererseits treffen, wird man allerdings auch folgendes beachten müssen. Nach den von der Hohen Behörde nicht beanstandeten Lieferplänen der Ruhrkohleverkaufsgesellschaften sollen im Jahre 1957/53 für den Hausbrand 105 % der Kohlenmenge zur Verfügung gestellt werden, die im vergangenen Kohlewirtschaftsjahr geliefert worden ist. Die übrigen Verbraucher von Ruhrkohle werden dagegen höchstens 90%, wahrscheinlich noch weniger, der Kohlenmenge erhalten können, die sie im vergangenen Kohlewirtschaftsjahr bezogen haben, und darum gezwungen sein, ihren Fehlbedarf zu im Durchschnitt höheren Preisen durch ausländische Kohle zu decken.
    Die achte Frage:
    Welche Auswirkungen hat nach Ansicht der Bundesregierung die Kohlepreiserhöhung auf das gesamte Preisniveau?
    Obwohl dem Kohlepreis zweifellos eine besondere volkswirtschaftliche Bedeutung zukommt, darf jedoch die kostenmäßige Auswirkung einer Kohlepreiserhöhung auch nicht überbewertet werden. Die Mehraufwendungen, die damit auf die privaten Haushaltungen und die kohleverbrauchende Wirtschaft zukommen, sind zwar bedauerlich; aber man sollte sie auch nicht über Gebühr dramatisieren. Wenn ich Ihnen beispielsweise sage, daß die Kohlepreiserhöhung, auf den Durchschnitt der gesamten Industrie bezogen, nur 15,5 Pf je 100 Mark Umsatzwert ausmacht, so vermittelt diese Angabe — bei allem Vorbehalt gegen solche Globalziffern — doch eine ungefähre Vorstellung über die unmittelbaren kostenmäßigen Auswirkungen im Bereich der kohleverbrauchenden Industrie.
    Nicht unterschätzt werden dürfen jedoch die mittelbaren Auswirkungen. Zunächst gehen die vergleichsweise geringfügigen Belastungen der kohleverbrauchenden Industrie, falls sie über die verschiedenen Verarbeitungsstufen kumulativ abgewälzt werden, schließlich auch zu Lasten der breiten Masse der Endverbraucher. Hierzu kommen mittelbare Auswirkungen für alle Abnehmergruppen, die sich dadurch ergeben, daß unter Umständen die Preise der aus Kohle gewonnenen Sekundärenergien Gas und Strom in gewissem Umfang ebenfalls angehoben werden. Die Bundesregierung hat sich sehr darum bemüht, diese Sekundärwirkungen so gering wie möglich zu halten. Sie hat deswegen Besprechungen mit bedeutenden Unterneh-



    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard
    men der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft geführt und diese veranlaßt, von den Möglichkeiten der Preiserhöhungen, die durch die Kohlepreisgleitklauseln in Sonderabnehmerverträgen gegeben sind, entweder überhaupt nicht oder nur in sehr beschränktem Maße Gebrauch zu machen. Ferner hat die Bundesregierung die Preisbehörden der Länder dringend gebeten, Anträge auf Erhöhung der Gas- und Stromtarife sehr sorgfältig zu prüfen. Bei Anträgen auf Gastariferhöhung sollte insbesondere berücksichtigt werden, daß die überdurchschnittliche Anhebung der Kokspreise zu einer Verbesserung der Ertragslage der Gaswerke führt, wodurch die höheren Kohleeinsatzkosten weitgehend ausgeglichen werden. Die kostenmäßigen Auswirkungen der Kohlepreiserhöhung dürften also keine ausreichende Begründung für eine allgemeine Anhebung der Preise für die Produkte der weiterverarbeitenden Industrie geben.
    Wenn sich die Bundesregierung trotzdem so intensiv des Problems der Kohlepreise angenommen hat, so auch deshalb, weil dem Kohlepreis immer wieder in fast übertriebener Weise der Charakter eines Barometers für die allgemeine Preisentwicklung beigemessen wird. So muß die Bundesregierung befürchten, daß von der Kohlepreiserhöhung Auswirkungen psychologischer Art auf die Wirtschaft ausgehen. Sie appelliert deshalb noch einmal sehr nachdrücklich an die verarbeitende Industrie, sich von dem Gedanken zu lösen, daß die Entwicklung der Kohlepreise ein Indikator der allgemeinen Preisentwicklung ist. Die verarbeitende Industrie soll es aus dem Gefühl der gesamtwirtschaftlichen Verantwortung heraus als ihre vordringlichste Aufgabe ansehen, die Kohlepreiserhöhung innerbetrieblich aufzufangen.
    Ich möchte mich indessen nicht allein auf die Beantwortung der hier gestellten Fragen beschränken. Die Frage nach der volkswirtschaftlichen Berechtigung der Kohlepreiserhöhung kann weder durch eine Nachprüfung der Kostensteigerung im Bergbau noch allein aus der konjunkturpolitischen Situation heraus befriedigend beantwortet werden. Es geht darum, die energiepolitische Situation und ihre Entwicklungstendenzen zu erkennen, aus denen sich die kohlepolitischen Probleme des Steinkohlenbergbaus ergeben.
    Auf unserer heutigen Stufe der Wirtschaftsentwicklung hängt der wirtschaftliche Fortschritt, die Stabilität der Konjunktur und die Verbesserung der Lebenshaltung unserer Bevölkerung ganz allgemein von der Steigerung der Produktivität ab. Hier zeigt sich aber deutlich, daß für die Erhöhung insbesondere der Arbeitsproduktivität eine ausreichende Versorgung mit möglichst billigerer Energie immer stärkere Bedeutung erlangt. Es wird mir auch niemand bestreiten, daß die Behauptung unserer Stellung am Weltmarkt nicht zuletzt niedrige Energiekosten voraussetzt.
    Die Sicherung einer möglichst wirtschaftlichen Energieversorgung gehört darum zu den wichtigsten Anliegen der Bundesregierung. Der Energiekreis des Bundesministeriums für Wirtschaft, in welchem das Bundesministerium für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft mitwirkt und dem maßgebliche Vertreter der einzelneniZweige der Energiewirtschaft und der IG Bergbau angehören, hat sich seit Beginn des Jahres 1956, also seit nunmehr fast zwei Jahren, eingehend der damit zusammenhängenden Fragen angenommen und wird dies auch weiterhin tun.
    Die Entwicklung auf dem Energiegebiet unterliegt seit wenigen Jahren einem tiefgreifenden Strukturwandel. In der Zusammensetzung des Energieangebots und der Energienachfrage zeichnen sich langfristige Veränderungen und Verlagerungen in einem Umfang ab, wie wir sie in den vergangenen Jahrzehnten niemals gekannt haben. Die Kohle aus den Vereinigten Staaten und das Öl haben in den letzten Jahren wie überall in Europa so auch in der Bundesrepublik dank ihrer Fähigkeit, sich einem rasch wachsenden Energiebedarf besonders gut und beweglich anzupassen, stark an Boden gewonnen. Auf dem Energiegebiet ist deshalb auch in Zukunft mit der Tendenz eines allmählich ansteigenden Einfuhrüberschusses zu rechnen, was jedoch in den vorausschätzbaren Größenordnungen insgesamt kaum störend auf unsere Zahlungsbilanz wirken kann. Die Ausdehnung der inländischen Energieerzeugung, die aus Gründen der Sicherung der Versorgung von Bedeutung ist, wird dort ihre Grenze finden, wo wirtschaftliche und preisgünstige Einfuhren möglich sind.
    Die Entwicklung der Energieeinfuhren macht andererseits deutlich, daß der inländische Steinkohlenbergbau eine ernstzunehmende und bleibende Konkurrenz erhalten hat. Die von uns geförderte Konkurrenz der Energieträger untereinander wird auf die Dauer zu einer besseren und wirtschaftlicheren Energieversorgung führen.
    Wenn ich mir die Entwicklung und den Stand unserer heutigen Energieversorgung ansehe, so glaube ich sagen au können, daß die Bundesregierung mit ihren abgewogenen und die zukünftige Entwicklung einbeziehenden Maßnahmen sehr wohl bestehen kann. Viel stärker als in den anderen Wirtschaftsbereichen müssen in der heutigen Energiewirtschaft die langfristigen Dispositionen bei den einzelnen Energieträgern beobachtet werden. Neben den erfreulicherweise umfangreichen Investitionsvorhaben beim inländischen Steinkohlenbergbau existieren weitreichende Programme der Mineralölwirtschaft, die schon in der allernächsten Zeit zu einer erheblichen Erweiterung der Raffineriekapazitäten im Bundesgebiet mit wesentlich vergrößertem Heizölausstoß führen werden. Von den Importeuren sind für die kommenden Jahre langfristige Kontrakte über die Einfuhr erheblicher Mengen amerikanischer Kohle geschlossen worden. Schließlich müssen wir uns heute bereits mit dem Gedanken vertraut machen, daß auch die Atomenergie in absehbarer Zeit eine wirtschaftliche Energiequelle sein wird. Der Steinkohlenbergbau wird es bei dieser unvermeidlich zunehmenden Konkurrenz anderer Energieträger in Zukunft nicht leicht haben. Der Anteil der Arbeits- und Sozialkosten an den Gesamtkosten beträgt im Ruhrbergbau 55 bis 60 % und kann infolge der geologischen



    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard Abbaubedingungen nicht wesentlich verringert werden. Die Arbeit der Bergleute ist schwerer und gefährlicher als in fast allen Wirtschaftszweigen.
    Die Produktivität des Bergbaus nimmt nicht so rasch zu wie diejenige anderer Wirtschaftszweige. Wenn aber von diesen anderen von Natur aus mehr begünstigten Zweigen der Wirtschaft Lohnbewegungen ausgehen, dann müssen dem die Lohnbedingungen im Steinkohlenbergbau angepaßt werden, um hier eine ausreichende Belegschaft zu sichern. Das gleiche gilt auch für die Arbeitsbedingungen. Diese Zusammenhänge müssen klar erkannt werden. Andere Energieträger dürften sich in einer besseren Lage befinden.
    Damit mag einigermaßen deutlich werden, daß der heimische Steinkohlenbergbau in den kommenden Jahren vor großen und. schwierigen Anpassungsaufgaben steht. Zu ihrer Lösung wird es aller unternehmerischen Initiative und aller Weitsicht auf seiten der Zechengesellschaften sowie der IG Bergbau bedürfen. Die Bundesregierung wird diese Entwicklung mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen und das Ihrige dazu tun.
    Nun muß ich Ihnen sagen, daß die letzten Kohlepreisgespräche mit den Vorständen der Zechengesellschaften des Ruhrbergbaus bei mir den Eindruck hinterließen, daß die Kosten- und Preispolitik im Ruhrbergbau von einer recht starren Grundlage getragen ist.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Ich habe einige Sorge wegen der im Ruhrkohlenbergbau angewendeten Durchschnittskostenrechnung. In dieser Rechnung gehen nämlich die unwirtschaftlichen Zechen mit ihren schlechten Zahlen voll ein, auch dann, wenn sie ihre Förderung ganz oder zum großen Teil an blühende und ertragsstarke Werkselbstverbraucher liefern. Dies führt zu Durchschnittspreisen, die für alle Beteiligten auf längere Sicht aus Marktgründen recht problematisch sein können.
    Auch bin ich der Ansicht, daß es in den kommenden Jahren sehr darauf ankommen wird, den Zusammenschluß kleinerer und schwächerer Zechengesellschaften untereinander oder in Verbindung mit größeren Gesellschaften auf privatwirtschaftlicher Ebene zu fördern. Auf diese Weise wird eine fortschreitende Bereinigung des Problems der Grenzzechen auf lange Sicht und damit eine verbesserte Anpassung des Steinkohlenbergbaus im Wettbewerb mit anderTen Energieträgern erreicht werden können.
    Die Gestaltung der Investitionen wird immer wieder die zentrale Frage für den Steinkohlenbergbau sein. Die Bundesregierung begrüßt es, wenn eine rege Investitionstätigkeit im Steinkohlenbergbau vorherrscht und wenn möglichst viel inländische Kohle gefördert wird. Bundestag und Bundesregierung haben dazu gute Voraussetzungen geschaffen. Nach unserer Meinung werden wir auch in aller Zukunft die deutsche Kohle brauchen. Unsere langfristigen Überlegungen zur Entwicklung des Energiebedarfs und der Energiebedarfsdeckung sind in der Bundestagsdrucksache 3665, die dem 2. Deutschen Bundestag vorgelegt worden ist, niedergelegt; sie werden in ständiger Arbeit ergänzt und gegenwartsnah gehalten werden.
    Einen energiewirtschaftlichen Protektionismus und eine zunehmende Subventionswirtschaft im Steinkohlenbergbau werden wir uns einfach nicht leisten können. Herr Dr. Deist allerdings hat in einer Pressemitteilung der SPD-Fraktion vom 19. August 1957 erklärt, daß öffentliche Mittel und andere öffentliche Stützungsmaßnahmen in großem Umfange für eine erforderliche große Kapizitätsausweitung im Steinkohlenbergbau notwendig seien. Die Befolgung dieses Vorschlags würde jedoch bedeuten, durch in die Milliarden gehende öffentliche Subventionen des Staates, die aber letztlich natürlich vom Steuerzahler aufgebracht werden müssen, Investitionsentscheidungen im Steinkohlenbergbau von der realen wirtschaftlichen Grundlage loszulösen.
    Demgegenüber wünscht die Bundesregierung einen wirtschaftlich gesunden Steinkohlenbergbau, der sich auf der Grundlage eines freien und selbstverantwortlichen Unternehmertums im Energiewettbewerb bewährt. Darin liegen auch die echte Sicherung des Steinkohlenbergbaus und die Arbeitsplatzsicherung des Bergmanns. Die Bundesregierung ist bestrebt, zur Erreichung dieses Ziels nach Kräften beizutragen, indem sie den Wettbewerb fördert und Anpassungsvorgänge erleichtert.
    Das Bundeswirtschaftsministerium ist bemüht, eine Angleichung der unterschiedlichen Bahnfrachttarife für Ruhrkohle und Kohle aus Ländern außerhalb der Montanunion vorzunehmen. Diese Angleichung der Bahnfrachttarife verdient unter energiepolitischen Gesichtspunkten und wegen ihrer Breitenwirkung als Sofortmaßnahme den Vorzug. Sie wird die Konkurrenzfähigkeit der Kohle aus Ländern außerhalb der Montanunion in weiten Gebieten fördern und damit in wünschenswerter Weise zur weiteren Auflockerung des Energiemarktes beitragen.
    In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung die Empfehlung des 2. Deutschen Bundestags, die Umsatzausgleichsteuer für Einfuhrkohle wegfallen zu lassen, geprüft. Die Hohe Behörde hat ihrerseits gegen die Verwirklichung dieses Plans rechtliche Einwendungen erhoben, die vom Deutschen Bundestag seinerzeit noch nicht berücksichtigt werden konnten. Zur Zeit werden noch Besprechungen mit der Hohen Behörde über diese Frage geführt mit dem Ziele, diese Maßnahme bald zu verwirklichen.
    Beim Heizöl ist in den allerletzten Wochen eine laufende und schließlich recht scharfe Abwärtsentwicklung der Preise eingetreten. Infolgedessen hat in weiten Teilen des Bundesgebiets das Heizöl augenblicklich die volle Wettbewerbsfähigkeit mit der heimischen Steinkohle erlangt. Da noch nicht zu übersehen ist, wie weit vorübergehende oder dauerhafte Faktoren einen Druck auf die Heizölpreise ausgeübt haben, und nicht vorausgesehen werden kann, wann und in welcher Höhe sich wieder ein



    Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard dauerhaftes Preisniveau für Heizöl einspielt, erscheint mir der gegenwärtige Zeitpunkt nicht geeignet für eine Entscheidung, ob die Umsatzausgleichsteuer für Heizöl beseitigt werden soll.
    Abschließend möchte ich noch einige Worte zur Atomenergie sagen. Wir müssen damit rechnen, daß diese neue Energiequelle auf längere Sicht eine nachhaltige Beeinflussung des künftigen Energiepreisniveaus mit sich bringen wird. Mit ihr entsteht ein neuer Faktor, der eine elastische, auf das Ziel größter Wirtschaftlichkeit gerichtete Energiepolitik ermöglicht. Dies gilt um so mehr, als die Atomenergie praktisch als heimische Energiequelle angesehen werden kann. Es wird eine wichtige energiepolitische Aufgabe sein, die Entwicklung und den Einsatz der Kernenergie durch ausreichende und rasch wirkende Starthilfen zu fördern. Nur dadurch kann eine breite Entfaltung der Privatinitiative auf dem heute noch mit überdurchschnittlichen Risiken belasteten Atomgebiet ermöglicht werden.
    Meine Damen und Herren, es ging mir darum, mit meinen energiepolitischen Ausführungen klarzumachen, daß wir uns auf dem Energiegebiet in seiner Gesamtheit heute einer gewandelten Situation gegenübersehen. Die zu erwartenden Veränderungen und Verlagerungen werden vom Steinkohlenbergbau eine hohe Anpassungsfähigkeit fordern. Die vor uns liegenden Aufgaben des Steinkohlenbergbaus sollten in enger Zusammenarbeit zwischen Hoher Behörde, Bundesregierung, Bergwerksgesellschaften und IG Bergbau gelöst werden. Auf diese Weise wird es möglich sein, gemeinsam Mittel und Wege zur Erhaltung und zum Ausbau eines gesunden Steinkohlenbergbaus auch weiterhin zu finden, zum Besten unserer gesamten Wirtschaft.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Große Anfrage ist beantwortet. Ich frage an, ob eine Besprechung gewünscht wird. — Das ist der Fall. Der Antrag ist genügend unterstützt.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Achenbach.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Achenbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf an den Anfang meiner Ausführungen ein Wort stellen, für das ich allerdings nicht die geistige Urheberschaft in Anspruch nehme, nämlich das Wort: „Meine Damen und Herren, die Lage war noch nie so ernst wie heute."

    (Heiterkeit.)

    Dieses Wort, das der Herr Bundeskanzler

    (Zuruf von der SPD: Plagiat!)

    in der Vergangenheit sehr häufig gebraucht hat,

    (Abg. Mellies: In der Gegenwart auch!)

    obwohl es nach unserer Meinung nicht immer gestimmt hat, dieses Wort ist heute richtig. Wenn Sie die Weltpresse verfolgen und die Nachrichten lesen, dann könnte man die Lage durch das Wort charakterisieren: Der Preisspiegel steigt und der Vernunftspiegel fällt.
    Ich hatte den Eindruck, daß der Vernunftspiegel auch bei den für mein Gefühl überflüssigen Polemiken um die Kohlepreiserhöhung ein bißchen gefallen ist. Ich muß aber dem Herrn Bundeswirtschaftsminister sagen, daß er heute im Ton schon recht erheblich zurückgesteckt hat, und ich beglückwünsche ihn dazu.

    (Abg. Wehner: Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben! —Heiterkeit bei der SPD.)

    Es ist natürlich richtig: die Bundesregierung hat bereits im Juli gewußt, daß infolge der neuen Sozialgesetze, die sie vorgelegt hat und die hier angenommen worden sind, eine Preiserhöhung auf uns zukam. Nun wird der Herr Bundeswirtschaftsminister sicherlich nicht zugestehen wollen, daß sein Ministerium weniger schnell als die Ruhrkohlegesellschaften arbeitet, so daß er also doch wissen mußte, in welchem Umfang eine Kohlepreiserhöhung notwendig werden würde.
    Daß nun diese Erhöhung erst nach den Wahlen kam, wird wohl, meine ich, seine Gründe haben.

    (Lachen bei der SPD.)

    Ich glaube, weder dem Herrn Bundeswirtschaftsminister noch dem Kohlenbergbau ist der Vorwurf zu ersparen, daß sie die notwendige Preisdiskussion aus außerwirtschaftlichen Gründen bis nach den Wahlen hinausgezögert haben. Ich möchte sagen
    — ohne nun besonders bösartig werden zu wollen —, daß diese Verschiebung der notwendigen Preisdiskussionen, wie sie auch auf ,anderen Gebieten des öffentlichen Lebens auf uns zukommen
    — und zwar letzten Endes deshalb, weil der Sozialstaat nun einmal teuer ist —, doch wohl als eine Irreführung der Wähler bezeichnet werden muß.

    (Zuruf von der SPD: Das kann man wohl sagen!)

    Auf der anderen Seite möchte ich aber gerade einen bestimmten Punkt in der Anfrage der Sozialdemokratischen Partei herausgreifen. Ich halte es nun wirklich für abwegig, daß Sie fragen, was die Bundesregierung getan hat, um die angeblich wiedererstandenen Kartellorganisationen an der Ruhr zu kontrollieren. Sie kennen den Montanunionsvertrag genau wie wir. Wir wissen, daß nach diesem Vertrag die Hohe Behörde — und sie tut es auch effektiv — eine Kontrolle über den Ruhrbergbau ausübt. Sie wissen, daß nach Artikel 61 des Vertrags die Hohe Behörde in der Lage ist, Höchstpreise anzuordnen, falls wirklich unangemessene Preisfestsetzungen vorkommen.
    Infolgedessen meine ich, daß die Fragestellung in diesem Punkt einer gewissen Sachlichkeit entbehrt, wie ich ja auch den Eindruck hatte, daß die Begründung, die der Sprecher Ihrer Partei, meine verehrten Kollegen von der Sozialdemokratie, dieser Anfrage gegeben hat, nicht frei von einer gewissen Polemik war.

    (Abg. Wehner: Ein Eiertanz, Herr Achenbach!)

    Sie wissen, wir haben in unserer Wahlpropaganda

    (Abg. Wehner: Auf Sie kommt's an!)




    Dr. Achenbach
    von der Notwendigkeit einer gemeinsamen Außenpolitik gesprochen. Hier ist wirklich die Notwendigkeit einer gemeinsamen Kohlepolitik gegeben, die wir von Polemik frei halten sollten. Verehrter Herr Kollege Deist, Sie kennen ja auch die Meinung der IG Bergbau. Sie wissen, daß die Meinungen an der Ruhr gar nicht sehr verschieden voneinander sind. Sie wissen, daß gewisse Erhöhungen notwendig sind. Wir haben vom Herrn Bundeswirtschaftsminister gehört, daß der Kohlebergbau in der Tat nicht derartige Margen einer Produktivitätssteigerung wie andere Wirtschaftszweige hat. Nun, bei dieser Sachlage sollte es doch möglich sein, Herr Bundeswirtschaftsminister, sich in ruhiger und vernünftiger Form, wie Sie es ja — und ich begrüße das — am Schluß gesagt haben, um einen runden Tisch in Essen erneut zusammenzusetzen. Statt von einem neuen „Kohlenkrieg" zu sprechen, wie Sie es in Ihrem letzten Interview in der „Rheinischen Post" getan haben, empfehle ich Ihnen, sich mit den Vertretern der Hohen Behörde, mit der IG Bergbau und mit den Zechengesellschaften zusammenzusetzen. Ich bin überzeugt, daß bei einem guten Bergmannsschnaps vernünftige Lösungen gefunden werden. Das ist jedenfalls der Eindruck, den ich aus meinen Gesprächen in allen Kreisen des Ruhrgebiets gewonnen habe.
    Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie erlauben mir vielleicht diese Bemerkung — Sie stammen ja nicht da her, ich aber wohl —: In Westfalen gilt nun einmal der alte Satz: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus! Es fällt Ihnen und dem Bergbau kein Zacken aus der Krone, wenn Sie mal wieder nett miteinander sind.
    Ich möchte für die IG Bergbau ebenso wie für den Unternehmensverband sagen: Sie können beiden nicht einen Mangel an Verantwortung gegenüber dem Gemeinwohl vorwerfen; das haben beide in der Vergangenheit bewiesen. Man sollte auch nicht, weil die Entwicklung nach der Wahl Ihren sicherlich etwas dick aufgetragenen Wahlversprechungen nicht entsprochen hat, den Ruhrbergbau zum Sündenbock machen. Ich würde das für psychologisch falsch halten. Im übrigen schließe ich mich Ihrem Appell an die übrige Industrie an, nun nicht mit der Erhöhung des Kohlepreises überall anschließende Preiserhöhungen zu motivieren.
    Ich darf noch einmal an die Vernunft appellieren. Ich bin überzeugt, daß, wenn sich alle Beteiligten zusammensetzen, ein vernünftiges Ergebnis dabei herauskommt.
    Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben zum Schluß das Gemeinwohl in den Vordergrund gestellt. Dazu ist aber nötig, daß das unerläßliche Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und dem Ruhrbergbau nicht durch irgendwelche Gereiztheiten oder durch polemische Darstellungen von Tatbeständen getrübt wird.
    Sie haben ausgeführt, daß der Kohle von Hause aus demnächst ein Wettbewerb erwachsen wird. Das ist richtig. Nun glaube ich aber, daß es vielleicht gar nicht notwendig sein wird, diesen Wettbewerb extravagant zu fördern. Ich bitte daher um eine ganz sorgfältige Prüfung, damit sichergestellt ist, daß gewisse Maßnahmen nicht auf eine Gereiztheit zurückgehen, sondern auf ganz ruhige und sachliche Überlegungen. Herr Bundeswirtschaftsminister, wir dürfen angesichts des Ernstes der internationalen Lage und angesichts der Tatsache, daß in der Welt Entwicklungen eintreten können, auf die die Bundesrepublik keinen unmittelbaren Einfluß hat, nicht vergessen, was wir an diesem nationalen Reichtum an der Ruhr haben. Hier müssen, glaube ich, gewisse Gesichtspunkte außerwirtschaftlicher Natur berücksichtigt werden. Sie haben ja dadurch, daß sicherlich seitens des Herrn Bundeskanzlers, ich glaube, auch seitens Ihres Herrn Staatssekretärs, der Wunsch zum Ausdruck gebracht wurde, die Kohlepreiserhöhung nach Möglichkeit nicht vor den Wahlen geschehen zu lassen, bewiesen, daß Sie ein gewisses Verständnis dafür haben, daß auch wirtschaftliche Dinge nicht allein im Raum stehen, sondern in den Rahmen der allgemeinen Politik gehören. Bei dieser Situation werden Sie sicher Verständnis dafür haben, daß darauf geachtet werden muß, daß der Ruhrbergbau sich weiter gut entwickelt.
    Ich hatte die Absicht, Sie zu fragen, Herr Bundeswirtschaftsminister, ob Sie noch zu den Erklärungen stehen, die Sie in der Drucksache 3665 aus der 2. Wahlperiode des Bundestages unter dem 24. Juni 1957 dem Bundestag zugeleitet haben. Ihren Ausführungen habe ich entnommen, daß Sie noch dazu stehen. Auch die FDP bekennt sich zu den Grundsätzen, die dort niedergelegt sind. Nach unserer Meinung kann ein sorgsamer Hausvater aus allgemeinen politischen Gründen nicht damit rechnen., daß in der Welt alles so ruhig und nett bleibt, wie es in der Vergangenheit war. Daher muß neben einer gesunden Landwirtschaft unter allen Umständen ein gesunder Bergbau erhalten werden.
    Deshalb, meine Damen und Herren: Verzichten wir doch bitte allseitig auf Polemik! Über gewisse Dinge sind wir uns ja alle einig. Es ist nun einmal so, daß der Bergmann den höchsten Lohn haben muß; denn wenn er ihn nicht hat, finden sich nicht genug Leute, die ins Bergwerk einfahren. Ich habe mich persönlich von der Schwere der Arbeit des Bergmanns überzeugen können, als ich als Kriegsgefangener in einem Kattowitzer Kohlenpütt arbeiten mußte. Diese Gegebenheiten sind uns allen geläufig; und da sie uns allen geläufig sind, sollten wir nicht den Kohlenbergbau zum Sündenbock machen. Sie haben zwar — ich habe Verständnis dafür, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß Sie von Ihrem Standpunkt nicht gleich herunterklettern können — daran festgehalten, die Kohlenpreiserhöhung sei ungerechtfertigt; aber Sie haben doch so viele Einschränkungen gemacht, daß ich der Meinung bin, Sie werden in absehbarer Zeit wieder ein vernünftiges Verhältnis zum Kohlenbergbau finden.
    In diesem Sinne darf ich meine Ausführungen beschließen, meine Damen und Herren, und Ihnen, Herr Bundeswirtschaftsminister, ein herzliches Glückauf von der Ruhr zurufen.

    (Beifall bei der FDP.)