Rede:
ID0300402100

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3004

  • date_rangeDatum: 5. November 1957

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 10:01 Uhr

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    Vokabeln: 6
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    6. Bundeskanzler.: 1
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. November 1957 4. Sitzung Bonn, den 5. November 1957 Inhalt: Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung vom 29. Oktober 1957 . . . . 31 A Dr. Krone (CDU/CSU) 31 A Ollenhauer (SPD) . . . 41 A, 86 D, 88 B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . . 55 B Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 66 D Höcherl (CDU/CSU) . . . . 77 C, 79 C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 81 B, 90 A, 97 B, 97 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 84 B, 93 D, 94 D Dr. Deist (SPD) . . . 79 C, 90 D, 94 D Dr. Hellwig (CDU/CSU) 88 A Margulies (FDP) 95 A Erler (SPD) 96 A Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 97 D Glückwunsch zum 65. Geburtstag des Abg. Schröter (Berlin) 77 C Nächste Sitzung 98 C Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 99 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. November 1957 31 4. Sitzung Bonn, den 5. November 1957 Stenographischer Bericht Beginn: 10.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bauer (Wasserburg) 6. 11. Bauknecht 6. 11. Birkelbach *) 9. 11. Birrenbach *) 9. 11. Bühler 6. 11. Conrad*) 9. 11. Dr. Deist*) 9. 11. Dr. Dollinger *) 9. 11. Ehren 6. 11. Freiherr von Feury 6. 11. Frehsee 5. 11. Frenzel 10. 11. Frau Friese-Korn 1. 12. Dr. Furler*) 9. 11. Gaßmann 10. 11. Haage 5. 11. Höfler 6. 11. *) für die Teilnahme an der Tagung der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Illerhaus 9. 11. Jahn (Frankfurt) 6. 11. Dr. Jordan 6. 11. Kalbitzer 5. 11. Dr. Kopf *) 9. 11. Dr. Kreyssig*) 9. 11. Lenz (Brühl) *) 9. 11. Dr. Leverkuehn 6. 11. Metzger *) 9. 11. Dr. Oesterle *) 9. 11. Pelster *) 9. 11. Dr. Philipp*) 9. 11. Rademacher 6. 11. Ramms 6. 11. Dr. Seume 16. 11. Walpert 5. 11. Frau Wolff (Berlin) 16. 11. Zoglmann 5. 11. b) Urlaubsanträge Frau Albrecht 2. 12. Fürst von Bismarck 20. 12. Kühlthau 25. 11. Scheel 15. 12.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Erich Ollenhauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich habe Ihnen ja vorher gesagt, es sind Untersuchungen notwendig. Ich habe hier nur festgestellt, daß, wenn der Herr Bundeswirtschaftsminister die These vertritt und den Eindruck zu erwecken versucht, als sei in den sozialdemokratisch geführten Ländern die Lage der Menschen am schlechtesten, das objektiv nicht richtig ist,

    (Zustimmung bei der SPD)

    und diese Feststellung können Sie mit Ihrer Frage doch nicht entkräften.
    Nun will ich aber den Rest meinem Freunde und Kollegen Dr. Deist überlassen, damit er auch noch seinen Spaß hat. Ich möchte noch einige Worte zu dem sagen, was der Herr Bundeskanzler ausgeführt hat.
    Herr Bundeskanzler, wir sind uns einig in der Beurteilung der Bedeutung der Familie und ihrer Förderung. Ich habe heute vormittag — es tut mir leid — mit Rücksicht auf das Hohe Haus einige Partien meiner Rede hier nicht verlesen. Ein Kapitel darin bezieht sich auf die Familie, und Sie können aus dem Text, den die Presse in vollem Umfange bekommen hat, ersehen, daß ich gerade auch gesagt habe, daß die Familie die Lebensgrundlage des Staates ist. Darum geht es. Unsere Kritik am Familienministerium und an der Familienpolitik des Familienministers richtet sich in erster Linie darauf, daß wir in den vier Jahren in bezug auf die Schaffung von konkreten Voraussetzungen für die Heranbildung einer gesunden Familie so wenig oder nichts erfahren haben.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    In der Regierungserklärung von Herrn Bundeskanzler Dr. Adenauer ist dazu auch nur ein Satz gesagt. Wenn dieses Ministerium seine Aufgabe richtig erkannt und die Bedeutung dieses Bereichs unseres gesellschaftlichen Lebens gesehen hätte, dann hätte es die Pflicht und die Möglichkeit gehabt, bei Beginn dieser dritten Arbeitsperiode des Bundestags ein konkretes Familienförderungsprogramm vorzulegen. Das haben wir vermißt, und dieses Bedürfnis ist auch durch die allgemeine Bemerkung des Herrn Bundeskanzlers über die Bedeutung der Familie in keiner Weise befriedigt worden.
    Zweiter Punkt. Der Herr Bundeskanzler hat es etwas beklagt, daß wir ihm nachsagen, daß seine Politik die Wiedervereinigung Deutschlands verhindert oder erschwert, und er hat hinzugefügt, er gebe zu, und jeder andere, der es gewissenhaft untersuche, müsse auch zugeben, es sei außerordentlich schwer, heute konkrete Vorstellungen über die Realisierung dieses zentralen deutschen Problems zu entwickeln.
    Der Herr Bundeskanzler hat dann einige Bemerkungen aus der „Welt" zitiert über einige Äußerungen, die ich seinerzeit in New-Delhi gemacht habe. Ich habe nicht recht gesehen, was mit diesem Zitat bewiesen werden sollte. Denn, meine Damen und Herren, die Sozialdemokratie hat in der Frage der Wiedervereinigung niemals die Behauptung aufgestellt, wir hätten das Wunderrezept, und die Regierung wende es nur nicht an.
    Die Differenz liegt ganz woanders: sie liegt in zwei Punkten, und da muß ich sagen, daß diese Differenz auch nach den heutigen Bemerkungen vom Bundeskanzler ja offensichtlich geworden ist. Der erste liegt darin — ich habe versucht, das heute morgen noch einmal klarzumachen —: so wie sich die internationale Situation entwickelt hat, bedeutet das Bestehen der Bundesrepublik auf der Mitgliedschaft in der NATO die Verhinderung von erfolgreichen Verhandlungen mit der vierten Macht über die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands. Das ist die Realität, und das zeigt ja auch die Entwicklung der letzten Jahre, seitdem die Bundesrepublik solche Bindungen eingegangen ist, die der Herr Bundeskanzler auf keinen Fall aufgeben will.
    Der zweite Punkt, in dem wir leider durch die Unterhaltung nicht nähergekommen sind, ist der: Der Herr Bundeskanzler ist auch nicht bereit, andere Möglichkeiten und Wege mit der Opposition in diesem Hause auch nur zu diskutieren. Eine solche Unterhaltung hat bisher nie ernsthaft stattgefunden, und ich sehe nicht, wie die Politik der Bundesregierung über den toten Punkt in der Frage der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands hinwegkommen will, wenn die Bundesregierung unter Führung des Herrn Bundeskanzlers auf der hier noch einmal unterstrichenen eindeutigen und einseitigen Betonung ihrer außenpolitischen Linie bleibt. Es ist das Recht der Bundesregierung, eine solche Po-



    Ollenhauer
    sition zu beziehen. Aber es ist das Recht auch der Opposition, immer wieder ihre Bedenken und Zweifel und Besorgnisse über die Konsequenzen dieser Politik für den Frieden und für die Einheit Deutschlands zum Ausdruck zu bringen, und darum geht es.
    Der Herr Bundeskanzler hat sich schließlich beklagt, daß ich seine Bemerkungen über mögliche gemeinsame Überlegungen und Vorstellungen in den wichtigsten nationalen Fragen so skeptisch beurteilt habe. Mehr habe ich nicht getan. Allerdings, ich habe einige Bemerkungen über die Art und Weise gemacht, in der der Herr Bundeskanzler von seiner Seite zuerst den Wahlkampf gegen die Sozialdemokratie geführt hat, und ich habe davon nichts zurückgenommen. Der Herr Bundeskanzler hat hier eine Rede vom 12. August zitiert, die ich in Hannover gehalten habe. Nun, ich habe sie gehalten, und ich habe sie gehalten — ich möchte sagen — in der bitteren Erkenntnis, daß der Chef der Regierung, der Herr Bundeskanzler, durch seine Nürnberger Rede acht Millionen deutsche Männer und Frauen außerhalb der nationalen Gemeinschaft gestellt oder zu stellen versucht hat.

    (Stürmische Zustimmung bei der SPD. — Widerspruch bei der CDU/CSU.)

    — Meine Damen und Herren, ich weiß, es ist Ihnen peinlich. Wir haben diesen Nachklang zum Wahlkampf heute nicht provoziert, aber ich sage Ihnen, wenn Sie es haben wollen — —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat denn angefangen?)

    Ich habe es für ein großes Unglück für das Volk gehalten, daß der Herr Bundeskanzler in einem so frühen Stadium des Wahlkampfes seine Position gegen die Sozialdemokratie mit der Behauptung bezogen hat, ein Sieg der Sozialdemokratie wäre der Untergang Deutschlands.

    (Pfui-Rufe von der SPD. — Zuruf von der SPD: Giftmischer!)

    Meine Damen und Herren, es gibt keine Äußerung von meiner Seite — der Herr Bundeskanzler kann sich in seinem hervorragenden Archiv über solche Äußerungen davon überzeugen —, in der ich vor dieser Diffamierung der sozialdemokratischen Schichten in diesem Volke irgendeine persönliche oder in der Sache auch nur annähernd so scharfe Bemerkung gemacht habe wie in Hannover.

    (Abg. Schneider [Bremerhaven] : SPD-Pressedienst!)

    Wenn Sie dachten, das gehe so vorbei, dann haben Sie sich geirrt. Die Sozialdemokratie hat sich weder gestern noch wird sie sich heute oder morgen auf diese Weise an die Wand manövrieren lassen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich füge folgendes hinzu. Ich hätte gewünscht, daß der Herr Bundeskanzler seine Bemerkungen über die Notwendigkeit oder die Wünschenswertigkeit einer gemeinsamen Überlegung in dieser schwierigen Lage mit einem Wort der Erklärung
    und der Entschuldigung begonnen hätte. Manches wäre dann leichter gewesen.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.)

    Der Herr Bundeskanzler hat in diesem Zusammenhang ein sehr merkwürdiges und bemerkenswertes Wort gesagt. Er hat gemeint, es sei doch unmöglich, daß wir immer wieder in dieser Weise die Wiedervereinigungspolitik seiner Partei und der Mehrheit angreifen und damit das Vertrauen der Bevölkerung in der Zone zur Bundesregierung erschüttern. — Meine Damen und Herren, was ist denn das für eine Demokratie?

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Natürlich, es ist unser Recht und unsere Pflicht, die Politik der Regierung und der Mehrheit anzugreifen, wenn wir sie aus nationalen Gründen für falsch und bedenklich halten.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Wir werden uns unter keinen Umständen daran hindern lassen. Und bitte, Herr Bundeskanzler, bringen Sie die 17 Millionen Deutschen nicht in das Spiel einer solchen Diskussion!

    (Abg. Dr. Menzel: Sehr gut!)

    Das verdienen sie nun wirklich nicht. Wir können uns hier darüber streiten, welches der beste Weg ist. Aber wenn wir an die Menschen da drüben denken, dann sollten wir uns immer überlegen, wie schnell und wie wirkungsvoll wir ihnen die Freiheit in der Einheit mit dem übrigen Volke wiedergeben können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Was die letzte Bemerkung über den Ernst der Lage angeht, so habe ich heute vormittag sehr nachdrücklich auf die Sorgen aufmerksam gemacht, die wir als Sozialdemokraten in bezug auf die außenpolitische Situation und vor allen Dingen auch auf die Fortsetzung des Wettrüstens haben. Wir haben es wirklich so gemeint, Herr Bundeskanzler, und es wäre mir lieber gewesen, wenn Sie sich hier nicht mit einem solchen Appell, den Ernst der Lage zu begreifen, an uns gewendet hätten — das war nicht nötig —, sondern wenn Sie einen oder zwei Sätze darüber gesagt hätten, wie Sie zu den konkreten Vorschlägen stehen, die die sozialdemokratische Fraktion heute gerade in bezug auf neue Versuche, in der Abrüstungsfrage zu einem Fortschritt zu kommen, gemacht hat, und ob Sie eine Möglichkeit sehen, eine solche Initiative zu ergreifen. Das ist die Tragik, daß wir hier solche Bekenntnisse und solche Appelle hören, aber nicht, daß diese Regierung bereit ist, konkrete Vorschläge der Opposition, die aus demselben Ernst und aus derselben Sorge geboren sind, auch nur mit einem Wort auf ihre Brauchbarkeit oder auf die Annahmemöglichkeit für die Regierung hin zu erwähnen. Da liegt es! Wenn das besser werden soll, wenn wir in der kommenden Zeit zu einem Gespräch kommen wollen, das wirklich Hand und Fuß hat, dann fängt es damit an, daß man hier nicht so mit einigen solcher billigen und zufälligen Bemerkungen polemisiert — ich meine das nicht im ab-



    Ollenhauer
    schätzigen Sinne, sondern so, wie es hier auch vorgetragen wurde —, sondern daß man sich bemüht, auch die Vorstellungen der Opposition ernst zu nehmen und ihre Durchführbarkeit mit allem Ernst und allem Gewicht, das die Regierung hat, zu prüfen oder zu verwirklichen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Es liegt mir fern, die Debatte zu verschärfen. Aber ich glaube, eine ehrliche Aussprache ist die beste Möglichkeit, zur Klarheit auch über die gesamte außenpolitische Situation zu kommen.
    Ich möchte Herrn Kollegen Ollenhauer, der gesagt hat, daß er erst durch meine Erklärung in Nürnberg dazu gekommen sei, diese Schärfe in den Wahlkampf zu bringen, folgendes ins Gedächtnis zurückrufen. Er hat in Wiesbaden, und zwar am 14. April, gesagt: Ein Mann mit einem solchen Maß von Arroganz und Überheblichkeit darf nicht an der Spitze des Volkes bleiben.

    (Zuruf von der SPD: Das stimmt ja auch! — Abg. Erler: Das war wegen der Atomforscher!)

    Nun, mich hat dieses Zitat nicht sehr gestört.

    (Abg. Erler: Das ist es ja eben!)

    Ich darf den Satz noch einmal wiederholen: Ein Mann mit einem solchen Maß von Arroganz und Überheblichkeit darf nicht an der Spitze des Volkes bleiben.

    (Abg. Dr. Menzel: Sagen Sie auch, warum er das gesagt hat!)

    — Das ist ja sein Geheimnis!

    (Abg. Schröter [Berlin] : Weil Sie die Atomforscher so schofel behandelt haben!)

    —Ich weiß nicht, ob das im Zusammenhang damit gesagt worden ist.

    (Abg. Erler: Jawohl, das war die Antwort darauf!)

    Ich kann Ihnen nur sagen, daß ich mit den Atomforschern in voller Übereinstimmung auseinandergegangen bin.

    (Lachen bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Erst später!)

    — Ja, meine Damen und Herren, es ist billig zu lachen, es ist das Allerbilligste.
    Aber ich möchte Ihnen weiter sagen, was ich in Nürnberg ausgeführt habe. In Nürnberg habe ich gesagt: Die sozialdemokratische Außenpolitik führt zum Austritt aus der NATO und damit zum Untergang Deutschlands. Das habe ich gesagt, und das ist nach wie vor meine Meinung, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Man stelle sich doch vor, bei der heutigen Weltlage würden wir den Geanken, aus der NATO auszutreten, nur in Erwägung ziehen; dann würden wir Chruschtschow noch einen weiteren Sieg verschaffen, einen Propagandasieg.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Widerspruch bei der SPD.)