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ID0220004200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    -2. Deutscher Bundestag — 200. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. März 1957 11327 200. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. März 1957. Erklärung der Bundesregierung 11327 D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 11327 D Dr. Deist (SPD) 11334 C, 11338 A, 11361 D, 11363 C, D Dr. Hellwig (CDU/CSU) 11338 A, 11361 A, D, 11363 C, D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 11342 B Dr. Furler (CDU/CSU) 11345 B Margulies (FDP) 11350 C Dr. Elbrächter (DP [FVP]) 11355 D Stegner (GB/BHE) 11366 B Dr. Arndt (SPD) 11370 A Zur Geschäftsordnung: Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU) . . 11372 D Dr. Bucher (FDP) 11373 A Schoettle (SPD) 11373 B Überweisung des Entschließungsantrags der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftspolitik und Euratom (Drucksache 3311) an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 11373 B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (Drucksache 3282) 11373 C Dr. h. c. Veit, Stellv. Ministerpräsident und Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, Berichterstatter 11373 C, D Abstimmung 11375 A Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Euratom (Drucksache 3101) . . . . 11375 B Dr.-Ing. Drechsel (FDP) 11375 B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 11379 C Mellies (SPD) 11379 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 11379 D Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung: Dr. Bucher (FDP) 11380 A Nächste Sitzung 11380 C Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 193. Sitzung 11380 Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 11381 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftspolitik und Euratom (Drucksache 3311) 11381 C Anlage 3: Stellungnahme der Bundesregierung zu der Anfrage der Fraktion der FDP (Drucksache 3101) betr. Euratom . . 11382 A Die Sitzung wird um 14 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 193. Sitzung Es ist zu lesen: Seite 11010 C Zeile 7 von oben „(Zuruf von der Mitte: Siehe Antrag!)" statt „(Abg. Dr. Czaja: Siehe Antrag!)". Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Baade 22. 3. Bauer (Wasserburg) 22. 3. Becker (Hamburg) 12. 4. Dr. Becker (Hersfeld) 23. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 21. 3. Blachstein 22. 3. Brandt (Berlin) 22. 3. Brese 22. 3. Brookmann (Kiel) 22. 3. Dr. Bucerius 22. 3. Dr. Bürkel 21. 3. Caspers 22. 3. Cillien 23. 3. Dr. Conring 21. 3. Dr. Dehler 21. 3. Demmelmeier 22. 3. Dr. Dollinger 22. 3. Ehren 21. 3. Feldmann 6. 4. Franke 21. 3. Dr. Friedensburg 21. 3. Glüsing 22. 3. Dr. Greve 23. 3. Häussler 22. 3. Heiland 22. 3. Höfler 21. 3. Horn 22. 3. Illerhaus 21. 3. Kahn 21. 3. Kalbitzer 3. 5. Keuning 21. 3. Klingelhöfer 30. 3. Dr. Kähler 30. 4. Frau Korspeter 22. 3. Kunze (Bethel) 21. 3. Dr. Leverkuehn 24. 3. Frau Lockmannn 23. 3. Mauk 21. 3. Dr. Menzel 21. 3. Moll 1. 4. Morgenthaler 30. 4. Müller (Worms) 21. 3. Frau Nadig 30. 3. Ollenhauer 26. 3. Onnen 23. 3. Pelster 20. 4. Raestrup 31. 3. Frau Dr. Rehling 21. 3. Dr. Reif 22. 3. Sabel 22. 3. Dr. Schild (Düsseldorf) 21. 3. Schmücker 22. 3. Schneider (Hamburg) 22. 3. Dr. Schöne 29. 4. Frau Schroeder (Berlin) 31. 5. Frau Dr. Schwarzhaupt 21. 3. Dr. Serres 31. 3. Frau Dr. Steinbiß 21. 3. Unertl 6. 4. Wacher (Hof) 21. 3. Wagner (Ludwigshafen) 22. 3. Dr. Welskop 21. 3. Frau Welter (Aachen) 21. 3. Wittrock 21. 3. Frau Wolff (Berlin) 21. 3. Anlage 2 Drucksache 3311 C (Vgl. S. 11372 C) Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Euratom. Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag begrüßt die Anstrengungen, durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Euratom zu einer Zusammenfassung der europäischen Wirtschaftsräume in einem Gemeinsamen Markt und zur gemeinsamen Entwicklung der Atomwirtschaft zu gelangen. Er begrüßt, daß die Zusammenarbeit nicht mehr auf einzelne Wirtschaftszweige beschränkt bleiben soll, sondern versucht wird, die gesamte Wirtschaft der beteiligten Staaten zu umfassen, daß eine Koordinierung der Wirtschaftspolitik vorgesehen ist, daß die Europäische Atomgemeinschaft ausschließlich der Entwicklung der Atomwirtschaft für friedliche Zwecke dienen soll und daß das öffentliche Eigentum am spaltbaren Material als Voraussetzung für eine wirksame Kontrolle und damit für die Sicherheit der Menschen gewährleistet wird. Der Bundestag erwartet, 1. daß die Mitgliedstaaten zu einer Politik der Steigerung des allgemeinen Lebensstandards, der ständigen Ausweitung der Wirtschaft und der Vollbeschäftigung verpflichtet werden und zu diesem Zweck eine gemeinsame Währungs- und Wirtschaftspolitik entwickeln, insbesondere die Grundlage für eine planmäßige Investitionspolitik und für eine wirksame Konjunkturpolitik schaffen; 2. daß der freie Handelsverkehr und eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten, die sich zunächst der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft nicht anschließen, durch die Bildung einer Freihandelszone, die zu gleicher Zeit wie die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft in Kraft treten sollte, gesichert werden; 3. daß die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft alle Maßnahmen trifft, um eine stetige Vergrößerung des Handelsverkehrs mit den übrigen Ländern der Welt - insbesondere durch Senkung der Zölle und Abbau sonstiger Handelsbeschränkungen - zu ermöglichen; 4. daß der gemeinsame Außenzoll nicht zu einer Erhöhung der Lebenshaltungskosten in der Bundesrepublik Deutschland führt; 5. daß klare vertragliche Abmachungen getroffen werden, die sicherstellen, daß die Zonengrenze nicht zur Zollgrenze wird und die freie Entwicklung des innerdeutschen Handelsverkehrs keinen Bindungen durch die Partnerstaaten und die Organe der Gemeinschaft unterliegt; 6. daß jede Belastung durch die Kolonialpolitik abgelehnt, die Selbstbestimmung der überseeischen Gebiete im Sinne der Satzung der UNO gefördert und die Hilfe für die Entwicklungsländer der übrigen Welt nicht beeinträchtigt werden; 7. daß die Bundesregierung rechtzeitig alle Vorkehrungen trifft, um Arbeitnehmer vor den un- günstigen Auswirkungen der durch den Gemeinsamen Markt zu erwartenden Umschichtungen zu schützen, ihre Beschäftigung zu sichern und ihren sozialen Stand zu erhalten; 8. daß bei dem Aufbau der Organe und der Regelung ihrer Zuständigkeiten die Grundsätze der parlamentarischen Demokratie beachtet werden, insbesondere der Ministerrat auf Fragen der Koordinierung beschränkt wird, der Europäischen Kommission die Exekutivbefugnisse der Gemeinschaft übertragen und der parlamentarischen Versammlung wirksame Entscheidungs- und Kontrollrechte gegeben werden. Der Bundestag verlangt, daß die Entscheidungsfreiheit des wiedervereinigten Deutschland über seine Zugehörigkeit zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und zur Europäischen Atomgemeinschaft ausdrücklich vertraglich anerkannt wird. Bonn, den 20. März 1957 Mellies und Fraktion Anlage 3 (Vgl. S. 11379 C) Stellungnahme der Bundesregierung zu der Großen Anfrage der Fraktion der FDP (Drucksache 3101) betreffend Euratom. Die Bundesregierung nimmt zu den vorgelegten Fragen Stellung wie folgt: 1. Welche Organisationsform soll Euratom haben? Die Bundesrepublik verpflichtet sich durch den vorgesehenen Vertrag zur Beteiligung an einer Gemeinschaft teils übernationalen, teils zwischenstaatlichen Rechts. Die Verfassung dieser Gemeinschaft wird in ihren wesentlichen Teilen im Vertrag niedergelegt sein. Für notwendige Ergänzungen und Änderungen ist Raum. Zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben wird 'die europäische Atomgemeinschaft über 4 Hauptorgane — eine Versammlung — einen Rat (Ministerrat) — eine Kommission — einen Gerichtshof verfügen. Der Rat und die Kommission werden durch einen Wirtschafts- und Sozialausschuß mit beratender Funktion unterstützt werden. Ferner steht ihnen ein Beirat für Wissenschaft und Technik — ebenfalls mit beratender Funktion — zur Verfügung. Zur Versorgung der Verbraucher innerhalb der Gemeinschaft mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderem spaltbarem Material wird eine Agentur geschaffen, welche Rechtspersönlichkeit hat und finanziell unabhängig ist, jedoch der Aufsicht der Kommission untersteht. 2. Welche europäischen und außereuropäischen Staaten und Gebiete sollen beteiligt werden? Grundsätzlich findet der Vertrag auf die europäischen Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten Belgien — Deutschland — Frankreich — Italien — Luxemburg — Niederlande sowie auf die ihnen unterstehenden außereuropäischen Gebiete Anwendung. Der Vertrag findet darüber hinaus auf die europäischen Gebiete Anwendung, deren auswärtige Angelegenheiten ein Mitgliedstaat wahrnimmt. Jeder europäische Staat kann den Antrag stellen, Mitglied der Gemeinschaft zu werden. Die Gemeinschaft kann auf einstimmigen Beschluß des Rates mit einem dritten Staat, einem Zusammenschluß von Staaten oder einer internationalen Organisation Abkommen schließen, durch welche gegenseitige Rechte und Pflichten, ein gemeinsames Vorgehen oder besondere Verfahren begründet werden. 3. Welche Bindungen wird die Bundesrepublik im Rahmen des vorgesehenen Vertrages übernehmen, und welche finanziellen Belastungen werden für die Bundesrepublik damit verbunden sein? Verpflichtungen der Bundesrepublik aus dem vorgesehenen Vertrage werden — zusammengefaßt und ohne hier der künftigen Beratung der Einzelheiten in den Ausschüssen vorgreifen zu wollen — in Betracht kommen im Hinblick auf - die Förderung der Forschung und die Verbreitung der besonderen Kenntnisse auf dem Atomgebiet, — den Gesundheitsschutz für die mit der Entwicklung und Anwendung der Kernenergie betrauten Arbeitskräfte und für die Gesamtbevölkerung, — die Ermöglichung einer Förderung der Investitionen auf dem Kerngebiet durch die Gemeinschaft, — die Schaffung sich gegebenenfalls als notwendig erweisender gemeinsamer Unternehmen, — eine zentrale und nichtdiskriminatorische, zunächst für 7 Jahre festgelegte Versorgungsregelung für alle Verbraucher innerhalb der Gemeinschaft mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderem spaltbarem Material, — die Ermöglichung einer ausreichenden Sicherheitskontrolle im Interesse der Mitgliedstaaten und ihrer Bevölkerung durch die Gemeinschaft unter Mitwirkung der Mitgliedstaaten, - die Herstellung eines Gemeinsamen Marktes auf dem Gebiet der Kernenergie, — eine begrenzte Koordinierung der Außenbeziehungen, — eine Beteiligung an der Finanzierung der Aufgaben der Gemeinschaft. Der deutsche finanzielle Beitrag zum Verwaltungshaushalt der Gemeinschaft wird mit 28 %, der deutsche finanzielle Beitrag zum Forschungs-und Investitionshaushalt der Gemeinschaft wird 30 % der Gesamtbeiträge ausmachen. Die Stimmen der Mitglieder des Ministerrats werden entsprechend dem finanziellen Beitrag der Mitgliedstaaten gewogen. Ein erstes Forschungs- und Ausbildungprogramm der Gemeinschaft, welches sich über fünf Jahre erstreckt, wird auf 215 Millionen EZU-Rechnungseinheiten geschätzt. Die dafür bereitgestellten Mittel werden jährlich in den Haushalt der Gemeinschaft eingesetzt. 4. Welche Verpflichtungen wird die Bundesrepublik für die Betätigung der deutschen Wirtschaft in der Bundesrepublik und im Rahmen von Euratom übernehmen? Das Ziel der Gemeinschaft ist nicht eine Ersetzung oder Hemmung, sondern im Gegenteil eine Förderung der wirtschaftlichen Initiative auf dem Kerngebiet. Dieser wirtschaftlichen Initiative sollen durch den Vertrag keine anderen Schranken gesetzt werden, als diejenigen, welche im Interesse des Gesundheitsschutzes gegenüber den schädlichen Auswirkungen der Radioaktivität und wegen der bebesonderen Gefährlichkeit der zur Nutzung der Kernenergie verwendeten Stoffe erforderlich sind. Darüber hinausgehende Verpflichtungen dienen ihrer Zwecksetzung nach ausschließlich dazu, eine raschere und fruchtbringendere Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie im Gebiete der Gemeinschaft durch Zusammenwirken und Harmonisierung der beteiligten Kräfte zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für die Gebiete — Förderung der Forschung und Austausch der Kenntnisse, — Investitionen und gemeinsame Unternehmen, — Gemeinsamer Kernmarkt, zentrale Versorgung und Koordinierung gewisser Teile der Außenbeziehungen, soweit sie in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft fallen. Soweit auf diesen Gebieten Verpflichtungen der Bundesrepublik für die deutsche Wirtschaft eingegangen werden, geschieht dies auf der Grundlage der Gegenseitigkeit. 5. Wie soll ,die Zusammenarbeit zwischen Euratom und OEEC und im Rahmen sonstiger internationaler Abkommen gestaltet werden? Ausgehend von der Erkenntnis und dem Grundsatz, daß der engere Zusammenschluß der 6 Mitgliedstaaten von Euratom und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der OEEC auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung Kernenergie einander nicht ausschließen, sondern sich in sinnvoller Weise ergänzen und gegenseitig fördern, ist vorgesehen, daß die europäische Atomgemeinschaft eine enge Zusammenarbeit mit dem europäischen Wirtschaf tsrat herbeiführen soll. Die nähere Regelung soll im gemeinsamen Einvernehmen getroffen werden. Ein Verbindungsausschuß zwischen den beiden Verhandlungsgremien ist bereits tätig. 6. Beeinflussen die im Rahmen von Euratom zu übernehmenden Verpflichtungen den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur friedlichen Nutzung der Kernenergie? Zwischen den im Rahmen von Euratom zu übernehmenden Verpflichtungen und dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur friedlichen Nutzung der Kernenergiebestehen keine Unvereinbarkeiten. Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Kernenergie-Gesetzes würde im Falle seiner Annahme die Bundesregierung nicht nur an der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Euratom-Vertrag nicht hindern, sondern im Gegenteil die Erfüllung dieser Verpflichtungen ermöglichen. Soweit im Euratom-Vertrag Rechte und Pflichten für den einzelnen oder für Unternehmen statuiert sind, stehen dem die Bestimmungen des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs des Kernenergie-Gesetzes nicht entgegen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, wenn wir einen Sprecher hier haben, der nicht Mitglied des Hauses ist, muß das Haus unter allen Umständen besonders atemlos zuhören; dann muß die Geräuschkulisse wegfallen, an die wir sonst gewöhnt sind, wenn Mitglieder des Hauses sprechen.

    (Beifall.)

    Also, bei einem Sprecher des Bundesrats muß das ganz anders sein.
    Bitte, Herr Minister, fahren Sie fort.
    Dr. Veit, Stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, Berichterstatter: Die Gründe, die zu diesem Beschluß des Bundesrates geführt haben, sind in der Drucksache 3235 im einzelnen genannt.
    Die mit dem Gesetz verfolgten wirtschafts- und rechtspolitischen Zwecke haben den uneingeschränkten Beifall des Bundesrats gefunden, desgleichen mit gewissen Vorbehalten der Weg, auf dem diese Zwecke erreicht werden sollen. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung gewesen, daß die in § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzesbeschlusses dieses Hohen Hauses getroffene Regelung der Zuständigkeit für die Aufsicht über Kapitalanlagegesellschaften nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Er hat nicht anzuerkennen vermocht, daß die Schaffung einer selbständigen Bundesoberbehörde für die Beauf-


    (Staatsminister Dr. Veit)

    sichtigung von Kapitalanlagegesellschaften unbedingt erforderlich sei und daß bei den für eine Übergangszeit vorgesehenen Befugnissen des Bundesministers für Wirtschaft die notwendigen Voraussetzungen des überregionalen Verwaltungsaktes gegeben seien.
    Ferner hat der Bundesrat geglaubt, daß die auch nach seiner Ansicht richtige Tendenz zu verstärktem Schutz des Investmentsparers durch erhöhte Befugnisse der Aufsichtsbehörde nicht dazu zu führen brauche, von den bewährten Aufsichtsprinzipien des Kreditwesengesetzes so abzuweichen, wie es in dem Gesetz vorgesehen ist. Nach der Auffassung des Bundesrates sollen die Kapitalanlagegesellschaften ebenso wie die übrigen Kreditinstitute ihre geschäftlichen Entscheidungen grundsätzlich in eigener Verantwortung treffen, also keiner speziellen Genehmigung oder Bestätigung der Bankaufsichtsbehörde dafür bedürfen. Sie sollen aber verpflichtet sein, der Aufsichtsbehörde bestimmte Ereignisse von besonderem Gewicht und außerdem in regelmäßigen Intervallen den Bestand des Sondervermögens sowie ihre eigenen Vermögensanlagen anzuzeigen.
    Schließlich hat es der Bundesrat im allgemeinwirtschaftlichen Interesse für notwendig erachtet, den Kapitalanlagegesellschaften zur Pflicht zu machen, daß sie die mit dem Sondervermögen verbundenen Stimm- und Gläubigerrechte grundsätzlich selbst ausüben und sich nicht auf das allgemeine Depotstimmrecht zurückziehen, und ihnen hinsichtlich ihres Eigenkapitals das Halten einer bestimmten Liquiditätsreserve aufzuerlegen.
    Der Vermittlungsausschuß ist am 13. März 1957 zusammengetreten und hat sich mit den vom Bundesrat ausgesprochenen Änderungswünschen eingehend befaßt. Das Ergebnis seiner Beratungen ersehen Sie aus der Drucksache 3282 und der Anlage dazu.
    Mit den verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesrats gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 hat sich der Vermittlungsausschuß nicht auseinandergesetzt. Er hat geglaubt, darauf verzichten zu können, weil die Bundesregierung inzwischen mit der Drucksache 3264 den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vorgelegt hat. Der Vermittlungsausschuß hält es angesichts dieser Tatsache weder für notwendig noch für zweckmäßig, innerhalb des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften eine auch nur interimistische Sonderregelung für die Aufsichtskompetenz zu treffen. Er ist vielmehr der Meinung, daß auch in dieser Beziehung die Kapitalanlagegesellschaften nicht anders zu behandeln sind als die übrigen Kreditinstitute. Deshalb beantragt er, § 2 Abs. 1 Satz 2 zu streichen.
    Die vom Bundesrat zum Zwecke der Klarstellung vorgeschlagene Neufassung des § 2 Abs. 2 hat der Vermittlungsausschuß übernommen. Ferner hat er anerkannt, daß die in § 4 Abs. 1 bisher enthaltene Bestimmung über die besondere Qualifikation von mindestens der Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder höchstwahrscheinlich nicht praktikabel ist und daß die dort weiterhin normierte Bestätigung des Aufsichtsrats durch die Bankaufsichtsbehörde unsystematisch und rechtspolitisch bedenklich ist. Er beantragt deshalb, dem § 4 Abs. 1 die aus Ziffer 3 der Anlage zu Drucksache 3282 ersichtliche Fassung zu geben.
    Der § 4 Abs. 3 soll aus rechtssystematischen Gründen gestrichen und im übrigen unverändert als § 4 a in das Gesetz eingefügt werden. Den weitergehenden Vorschlag des Bundesrats, der Bankaufsichtsbehörde die Möglichkeit zu geben, Geschäftsleiter und Aufsichtsratsmitglieder einer Kapitalanlagegesellschaft aus wichtigem Grunde abzuberufen, hat der Vermittlungsausschuß nicht übernommen. Ebenso hat er sich dem Wunsche des Bundesrats versagt, in § 6 Abs. 3 Satz 2 die dort vorgesehene besondere Genehmigung der Bankaufsichtsbehörde zum Überschreiten der 5 %-Grenze zu streichen.
    In § 6 Abs. 6 soll das Wort „dürfen" durch das Wort „können" ersetzt werden. Dadurch wird klargestellt, daß Rechtsgeschäfte, die gegen diese Vorschrift verstoßen, schlechthin nichtig sind.
    Was die vorhin schon erwähnte Ausübung der mit dem Sondervermögen verbundenen Stimmund Gläubigerrechte betrifft, so hat der Vermittlungsausschuß den vom Bundesrat gemachten Anderungsvorschlag zu § 8 Abs. 1 grundsätzlich gebilligt. In der Fassung, die in Ziffer 6 der Anlage zur Drucksache 3282 vom Vermittlungsausschuß beantragt wird, kommt noch klarer als in der vom Bundesrat beschlossenen Formulierung zum Ausdruck, daß die Kapitalanlagegesellschaft regelmäßig verpflichtet ist, die mit dem Sondervermögen verbundenen Stimmrechte unter voller Wahrung der Interessen der Anteilinhaber selbst auszuüben. Wir können hoffen, daß diese Regelung ein erster Schritt zur praktischen Verbesserung der Stellung des Kleinaktionärs ist.
    Auch die zu § 10 Abs. 1 Satz 2 vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung hat der Vermittlungsausschuß übernommen. Er hat darüber hinaus beschlossen, dem § 10 Abs. 1 einen dritten Satz anzufügen, der klarstellt, welche Konsequenzen die Bankaufsichtsbehörde innerhalb einer bestimmten Frist aus einer ihr zugehenden Anzeige über die Auswahl und den Wechsel der Depotbank ziehen kann. Außerdem schlägt der Vermittlungsausschuß die Einfügung eines neuen Absatzes 2 in § 10 vor, der bestimmt, daß die Bankaufsichtsbehörde der Kapitalanlagegesellschaft einen Wechsel der Depotbank auferlegen kann. Diese Anträge des Vermittlungsausschusses finden Sie unter Ziffer 7 der Anlage zur Drucksache 3282.
    Hinter § 14 soll als § 14 a die Bestimmung eingefügt werden, daß die Kapitalanlagegesellschaft mindestens 20 % ihres Eigenkapitals in Bankguthaben oder in lombardfähigen Wertpapieren zu unterhalten hat. Der Vermittlungsausschuß hat der Auffassung des Bundesrats zugestimmt, daß es im Interesse einer möglichst stabilen Marktlage mindestens zweckmäßig erscheint, der Kapitalanlagegesellschaft eine gewisse Liquiditätsreserve vorzuschreiben, damit sie gegebenenfalls imstande ist, hiermit eine gelegentliche gehäufte Rückgabe von Anteilscheinen abzufangen, und nicht jeden derartigen Druck sofort an die Börse weitergeben muß.
    Schließlich hat der Vermittlungsausschuß auch die Berechtigung des Wunsches des Bundesrats anerkannt, daß der Kapitalanlagegesellschaft zur Pflicht zu machen ist, den Bestand des Sondervermögens in regelmäßigen Zeitabständen der Bankaufsichtsbehörde zu melden. Diese Anzeigepflicht entspricht dem bewährten Kontrollsystem des Kreditwesengesetzes. Sie belastet die Kapitalanlagegesellschaft auch nicht über Gebühr, da diese, um


    (Staatsminister Dr. Veit)

    den Bestimmungen des Gestzes zu genügen, sowieso den Bestand des Sondervermögens in täglicher Evidenz halten muß. Der Vermittlungsausschuß hat allerdings geglaubt, daß es ausreichen werde, wenn die Kapitalanlagegesellschaft diese Bestandsanzeige zweimal jährlich, nämlich am 10. Februar und am 10. August, erstattet, daß also die vom Bundesrat gewünschten zweimonatlichen Meldungen nicht erforderlich seien.
    Dies, meine Damen und Herren, sind die vom Vermittlungsausschuß beschlossenen sachlichen Änderungsanträge. Außerdem bedarf wegen der vorgeschlagenen Änderung des § 2 Abs. 2 der § 22 Abs. 3 Buchstabe b einer redaktionellen Berichtigung, indem dort die Worte „Buchstabe a und b" gestrichen werden.
    Ich bitte das Hohe Haus, diesen Anträgen des Vermittlungsausschusses entsprechend zu beschließen. Eine gemeinsame Abstimmung über die Änderungen ist nach dem gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung vom Vermittlungsausschuß gefaßten Beschluß nicht erforderlich.

    (Beifall.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich danke dem Herrn Berichterstatter des Vermittlungsausschusses und schlage dem Hause vor, daß, obwohl der Vermittlungsausschuß eine gemeinsame Abstimmung für nicht erforderlich hält, das Haus gemeinsam abstimmt. Wird das Wort zu Erklärungen gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir stimmen ab. Wer den Änderungsvorschlägen des Vermittlungsausschusses in der vorliegenden Drucksache 3282 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung angenommen.
Dann, meine Damen und Herren, kehren wir zurück zu Punkt 2 der Tagesordnung. Ich rufe auf die
Große Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Euratom (Drucksache 3101).
Zur Begründung hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Drechsel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walter Drechsel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, die Große Anfrage der Freien Demokratischen Partei Drucksache 3101 betreffend Euratom zu begründen. Ich bedaure außerordentlich, daß wir mit dieser Begründung so spät in die Tagesordnung hineingekommen sind, und habe eigentlich den Eindruck, daß das Hohe Haus und der Großteil der Bevölkerung bei uns in Deutschland noch gar nicht so recht verstehen, welche Bedeutung diesem Euratom-Vertrag und der ganzen Entwicklung auf dem Gebiete der Kernenergie zukommt.

    (Abg. Sabel: Wo ist denn die FDP? Wo ist denn die?)

    — Sehr verehrter Herr Kollege Sabel, ich habe nicht etwa Sie allein angesprochen, sondern ich habe das Hohe Haus angesprochen. Dazu gehört auch die FDP. Ich habe gar nicht irgendwelche Unterschiede gemacht. Ganz allgemein wollte ich nur sagen, daß ich mir sehr im Zweifel bin, ob nicht die Auswirkungen von Euratom eher stärker sein könnten als die des Gemeinsamen Marktes.
    Der Sinn unserer Großen Anfrage vom 17. Januar war der, daß dem Parlament rechtzeitig die Möglichkeit gegeben werden sollte, zu einigen
    Fragen Stellung zu beziehen, die nach unserer Auffassung unbedingt berücksichtigt werden müssen, um eine auch von uns gewünschte internationale und europäische Zusammenarbeit sicherzustellen. Dabei haben wir allerdings den Wunsch, daß die deutschen Belange und Notwendigkeiten nicht eingeschränkt oder vernachlässigt werden.
    Es ist nicht zu bestreiten — es ist heute auch schon bei der Diskussion über den Gemeinsamen Markt zum Ausdruck gekommen —, daß die Bundesregierung das Recht hat, solche Vereinbarungen internationaler Art einzuleiten, auszuarbeiten und zur Abschlußreife zu bringen. Hier handelt es sich aber um einen ganz besonderen Vertrag, der sehr stark in die technischen Dinge hineingeht und der die Entwicklung sowie die Struktur der gesamten Atomwirtschaft für lange Zukunft festlegen wird. Wir meinen, daß ein solches Problem nicht nur in der Sphäre der Außenpolitik liegen kann, sondern daß eine rechtzeitige Einschaltung der Fachmeinung auch auf der ministeriellen Ebene und auch aus der Praxis selbst unerläßlich gewesen wäre. Gerade auf diesem Gebiet wäre es sinnvoller und zweckmäßiger gewesen, das rechtzeitig zu tun.
    In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 19. März haben wir lesen können, daß das Auswärtige Amt die Fachministerien etwa acht Tage vor der Unterzeichnung aufgefordert hat, eine Stellungnahme vorzulegen, wobei allerdings gleich gesagt worden ist, daß sie sachliche Änderungsvorschläge nicht mehr enthalten dürfe. Soweit man erfahren konnte, waren andere Delegationen hinsichtlich der Einschaltung der Fachmeinung besser zusammengesetzt. Bei uns scheint das nicht in genügendem Umfang geschehen zu sein. Seit Wochen und Monaten liegen die unterschiedlichsten Äußerungen aus den Partnerländern vor. In der Bundesrepublik dagegen konnte eine Diskussion eigentlich gar nicht stattfinden, weil die offizielle und grundsätzliche Stellungnahme der Bundesregierung unbekannt war.
    Meine Damen und Herren, ich möchte hier wiederholen, was schon in der Debatte über den Gemeinsamen Markt gesagt worden ist, daß es sich unserer Meinung nach für unsere Verhandlungsführung nur günstig ausgewirkt hätte, wenn man sich auf deutscher Seite rechtzeitig auf die Ansichten der deutschen Technik, der Wissenschaft und Wirtschaft und auch die grundsätzliche Auffassung der Volksvertretung hätte stützen können. Bei aller Bescheidenheit, die uns Technikern eigen ist — die Techniker sind in diesem Hause sowieso sehr spärlich vertreten; ich gehöre dazu —, sind wir sogar der Meinung, daß es sehr nützlich gewesen wäre, die technischen Auffassungen in dieses Vertragswerk mehr einzubauen, und wir bilden uns sogar ein, möchte ich sagen, daß damit das Vertragswerk stabiler und zukunftsträchtiger geworden wäre, als wenn man es immer auf die labile politische Liebe der einzelnen Partner, die wir kennen und die sehr wandelbar ist, abstützen muß. Schließlich wissen wir, mit wieviel Geschick und Erfolg sich die französische Regierung auf die Meinung der Volksvertretung gestützt hat.
    Wenn die Bundesregierung auch nicht verpflichtet ist, dem Parlament einen Vertragsentwurf zur Aussprache vorzulegen, so ist sie jedenfalls nicht daran gehindert, dies zu tun. Das möchte ich doch ausdrücklich feststellen.


    (Dr.-Ing. Drechsel)

    Es war der Zweck unserer Anfrage von Mitte Januar, rechtzeitig, d. h. noch vor Abschluß der Verhandlungen und erst recht vor der Unterzeichnung des Euratom-Vertrages, eine Aussprache im Bundestag herbeizuführen. Vielleicht können wir ein klein wenig für uns in Anspruch nehmen, daß die heutige Regierungserklärung, die sich allerdings leider nicht auch auf Euratom bezogen hat, doch etwas mit durch uns veranlaßt wurde, und wir hoffen — hier kann ich nur sagen: wir hoffen, obwohl Sie, Herr Kollege Stegner, dieses Wort nicht lieben —, daß die Bedenken, die ich jetzt noch vortragen werde und die vielleicht auch von anderer Seite vorgetragen werden, im Laufe der noch möglichen Verhandlungen vor der endgültigen Gestaltung des Euratom-Vertrages eine gewisse Berücksichtigung finden.
    Ich komme nun zu den einzelnen Punkten unserer Anfrage. Die Organisationsform von Euratom ist inzwischen bekanntgeworden, ebenso, welche europäischen und außereuropäischen Staaten und Gebiete einbezogen werden sollen. Grundsätzlich begrüßen wir gerade auf dem Gebiet der Atomwirtschaft eine internationale Zusammenarbeit. Wir halten das bei der Größe der Aufgaben auf dem Gebiete der Forschung und der Investitionen für unerläßlich. Es ist unmöglich, daß ein Staat allein diese Aufgaben meistern und damit die Voraussetzung schaffen kann, mit der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung Schritt zu halten. Noch mehr gilt das für einen Staat wie die Bundesrepublik, die seit Jahren beiseite gestanden hat. Wir brauchen einen Erfahrungsaustausch, wir brauchen Sicherheitsvorschriften, deren Geltung über die Grenzen der einzelnen Staaten hinausgehen muß.
    Es ist nur die Frage zu stellen, ob wir das, was notwendig ist, mit den Partnern, die sich nunmehr in Euratom zusammenschließen, erreichen und auch für die Zukunft sicherstellen. Bei aller Anerkennung nötiger Vorleistungen und Entsagungen als Voraussetzung jeder Partnerschaft entstehen hier Zweifel. In europäischer Sicht gesehen haben wir sehr zu beklagen, daß ein Land, das außerordentliche Erfolge auf dem Gebiete der friedlichen Nutzung der Kernenergie zu verzeichnen hat, nämlich England, nicht mit einbezogen ist. Wir wissen aber ebenso, daß andere europäische Staaten, die nicht zu Euratom gehören, heftig an der Arbeit sind. Es ist ein grundsätzlicher Mangel, daß der Rahmen einer Zusammenarbeit von vornherein nicht weiter gezogen worden ist. Ansätze hierfür sind über OEEC schon seit Monaten vorhanden. Ich meine, daß wir uns in dieser Richtung hätten mehr anstrengen und einsetzen sollen. Bei der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Atomwirtschaft sind doch wohl auch nicht solche Hemmungen vorhanden wie bei der Bildung eines größeren europäischen Wirtschaftsgebietes, beim Gemeinsamen Markt. Die Bundesregierung hätte bei ihren diesbezüglichen Bemühungen mehr Erfolge erzielen können, als es vielleicht jetzt beim Gemeinsamen Markt in Verbindung mit der Freihandelszone möglich gewesen ist. In ihren Bemühungen um eine Zusammenarbeit mit anderen Staaten, z. B. den führenden Mächten. USA und England, ist die Bundesregierung bereits zu guten zweiseitigen Vereinbarungen gekommen. Jetzt lassen wir uns eigentlich wieder in kleineuropäische Grenzpfähle zurückverweisen. Das scheint mir kein Fortschritt zu sein, vielmehr ein großer Schritt
    rückwärts. Gerade in Fragen, die mit der friedlichen Nutzung der Kernenergie zusammenhängen, ist eine weltweite und weltoffene Betrachtung der Zusammenhänge vonnöten, wenn man Fehlinvestitionen, böse Erfahrungen und Mißtrauen vermeiden will.
    In dem nunmehr gegebenen Fall von Euratom halten wir es für das wichtigste, daß sich diese Organisation nicht auf die sechs Staaten beschränkt, sondern daß alles getan wird, damit wir über die eigene oder eine andere Organisation zu einem umfassenderen, besser ausgewogenen Gebilde kommen.
    Unter Punkt 3 fragen wir nach den Bindungen und den finanziellen Belastungen, die die Bundesrepublik zu übernehmen gewillt ist. Wir wissen, daß auch bei Euratom eine Organisationsform vorgesehen ist, die einmal zu einem Perfektionismus und zu einer furchterregenden Bürokratie führt, die schon allein durch ihre Existenz unser Mißtrauen hervorrufen muß. Zum anderen aber ergibt sich aus den bisher vorliegenden Texten, daß die Bundesrepublik durch ein einfaches Gesetz wesentliche Hoheitsrechte an zwischenstaatliche Einrichtungen abgeben muß und daß man eigentlich schon Zweifel haben kann, ob diese Aushöhlung der Verfassung überhaupt noch zulässig ist. Hier liegen die Dinge wesentlich anders als bei den Übertragungen gewisser Rechte auf den Gemeinsamen Markt. Hier sind sie meiner Auffassung nach wesentlich schwerwiegender.
    Es besteht auch gar kein Zweifel, daß hier demokratische Rechte der Volksvertretung weitgehend ausgeschaltet werden, und zwar noch weitgehender als beim Gemeinsamen Markt. Wohl hat man ein Parlament vorgesehen, aber dieses tritt nur für kurze Zeit einmal im Jahr zusammen, und seine Einwirkungsmöglichkeit ist gleich null. Beispielsweise kann die Versammlung Änderungen der Haushaltspläne vorschlagen; der Rat kann sich aber dann, wenn auch mit qualifizierter Mehrheit, darüber hinwegsetzen. Die Mitglieder des Rates werden von den Regierungen entsandt, die ihrerseits auch das eigentliche Exekutivorgan, die Kommission, bestellen. Die Abstimmungen in diesem Gremium erfolgen dann selbstverständlich unter Berücksichtigung der Gewichtigkeit der Partnerländer, vertreten durch ihre Exekutive. Schon damit sind recht erhebliche Bindungen der Bundesrepublik an eine supranationale Organisation gegeben. Das kann gut gehen, aber es kann auch zum Nachteil eines Partners auslaufen. Gewiß gibt es dann die Anrufung des Gerichtshofes. Aber letzten Endes werden immer der Vertragstext und die dort vorgesehene und durch Unterschrift gebilligte Verfahrensweise ausschlaggebend bleiben.
    Über die finanziellen Belastungen, nach denen wir in diesem Punkt 3 auch gefragt haben, haben wir bisher noch sehr wenig Konkretes gehört. Es steht zu befürchten, daß die Bundesrepublik mit zum Hauptzahler, aber dafür wohl zum schwächsten Nutznießer werden wird. Ich vermag hier auf diesen Punkt nicht näher einzugehen. Das wird zu dem Zeitpunkt geschehen, zu dem die Verträge endgültig vorliegen. Heute sei nur darauf hingewiesen, daß offensichtlich für zentrale Forschungen und Investitionen im Rahmen von Fünfjahresplänen Mittel bereitgestellt werden müssen, an denen die Bundesrepublik mit einem Anteil von 30 O/o beteiligt ist. Dadurch werden unserem Haus-


    (Dr.-Ing. Drechsel)

    halt beträchtliche Bindungen auferlegt. Es soll sich hierbei um 200 Millionen Dollar handeln. Damit kommen für uns Beträge heraus, die an den derzeitigen Etat des Atomministeriums heranreichen. Es ist sehr interessant, daß über solche internationalen Verträge solche langfristigen Bindungen an den deutschen Bundeshaushalt herangetragen und auch akzeptiert werden, während wir, wie Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, wissen, uns gerade auf dem Gebiete der Forschung, aber auch auf anderen Gebieten immer den Kopf darüber zerbrechen, wie wir wohl zu längerfristigen Finanzierungsplänen für unsere deutschen Belange kommen können, ohne mit dem Haushaltsrecht in Konflikt zu geraten. Über internationale Regelungen scheint das also ein recht praktikabler Weg zu sein. Wir sollten uns überlegen, ob wir nicht auch für unsere eigenen Forschungseinrichtungen auf diesem Wege längerfristige Zuschüsse bekommen können.
    Angesichts der im raschen Fluß befindlichen Entwicklung auf dem Gebiete der Kernenergieforschung und der Praxis der verschiedenen neuen Verfahren, die den bisherigen, vielleicht auch einmal wirtschaftlich überlegen sind, muß man bei den Projekten, die, wie man hört, die Euratomgemeinschaft vorhat, besonders vorsichtig sein. Das gilt beispielsweise auch für die vorgesehene gemeinsame Isotopentrennanlage, bei der meines Wissens Kostenschätzungen genannt werden, die sich in Größenordnungen bis zu einer Milliarde DM bewegen.
    Ich komme dann zum Punkt 4 unserer Anfrage. Es ist wohl nunmehr unbestritten, daß Euratom
    das Eigentum und die Nutzungsrechte an den besonderen Kernbrennstoffen oder besonderen spaltbaren Stoffen haben soll. Darüber hinaus soll es ein Optionsrecht auf allen Stufen der Aufbereitung und Verarbeitung vom Erz bis zum Kernbrennstoff selbst haben.
    Immer wieder wird die Vorlage eines Programms nach Art. 41 für alle Investitionsvorhaben verlangt. Selbst die Verwendung von Kernbrennstoffen für Forschungszwecke ist nicht ohne Investitionen möglich. Also fällt auch das unter die Vorlagepflicht. In dem gleichen Art. 41 befindet sich der Satz, daß der Rat dann auf Vorschlag der Kommission zu beschließen hat. Daraus muß doch wohl der Schluß gezogen werden, daß neben der Vorlage auch jederzeit eine Genehmigung erforderlich ist. Dieses Optionsrecht, nach dem Art. 57 ausgedehnt auf alle Zwischenstufen vom Erz, den unbearbeiteten Stoffen oder den besonderen spaltbaren Stoffen vor ihrer Verwendung, Übertragung oder Lagerung, bringt eine erhebliche Unsicherheit in die ineinandergreifenden technischen und wirtschaftlichen Prozesse und Planungen. Sie läßt für die Unternehmen, gleichgültig ob staatlicher oder privater Art, keine sichere Programmgestaltung zu. Eine doch recht notwendige Unternehmerinitiative wird sich so nicht entfalten können. Das alles ist zweifellos eine Folge der grundsätzlichen Einstellung von Euratom zur ganzen Eigentumsfrage. Es scheint uns das aber ein so wichtiger Gesichtspunkt zu sein, daß wir ihn in den Entschließungsantrag, der Ihnen vorliegt, mit aufgenommen haben.
    Sie wissen, daß wir hinsichtlich der Eigentumsfrage eine andere Vorstellung haben, als sie von Euratom übernommen worden ist. Wir haben dabei nicht zuletzt die Befürchtung, daß die jetzt gezeigte Haltung zu Weiterungen und zu einer Aufweichung des Eigentumsbegriffs überhaupt führen wird. Es wäre sofort zu fragen, mit welcher Berechtigung man einen Energieträger — und gerade den modernsten — in dieser Frage absondern will. Im Laufe der Entwicklung und des Zusammenspiels auf dem ganzen Gebiet der Energieversorgung muß das zu Unzuträglichkeiten führen. Wir sind der Auffassung daß die Bundesregierung hier eine Verpflichtung eingehen will, die ihrer wenigstens bisher gezeigten grundsätzlichen Einstellung zum Eigentum widerspricht und die von ihr nicht eingegangen werden dürfte. Kann man denn bei diesen Planungen, bei diesen Genehmigungsverfahren, bei diesem Dirigismus bei Euratom überhaupt noch von einer Marktwirtschaft sprechen?
    Man hält dagegen, daß wegen der gerade bei Kernbrennstoffen erforderlichen Beschränkungen der Nutzung, deren Notwendigkeit auch wir nicht bestreiten, ein Eigentum im eigentlichen Sinn gar nicht mehr vorhanden sein kann. Das scheint mir als Nichtjuristen eine etwas sehr jesuitische Auslegung zu sein. Meiner Ansicht nach gibt es noch erhebliche Unterschiede. Die Diskussion hierüber will ich aber dann lieber den Juristen überlassen.
    Eine Notwendigkeit für den Eigentumsentzug scheint mir nicht gegeben zu sein. Ich habe hierüber bereits in der Bundestagsdebatte am 22. Februar einige Ausführungen gemacht. Ich verweise auch darauf, daß z. B. bei dem Verkehr mit Sprengstoffen recht einengende Vorschriften bestehen. Davon wird aber die Eigentumsfrage selbst nicht berührt.
    Das wesentliche Charakteristikum von Euratom ist die so weitgehende Eingriffsmöglichkeit, beschlossen, gebilligt und durchgeführt von — nun, sagen wir — nicht immer unbedingt objektiven Organen im überstaatlichen Bereich. Wir hätten das dringende Anliegen, daß bei diesen Punkten die ganze Problematik von der Bundesregierung nochmals eingehend überprüft wird, bevor sie derartige folgenschwere Entscheidungen trifft. Herr Bundesminister Balke hat in seiner Rede vom 22. Februar vor diesem Hohen Hause die Eigentumsfrage besonders hervorgehoben. Wir stimmten damals diesen Ausführungen voll zu. Sollte man jetzt annehmen müssen, daß ihm etwa vier Wochen vor der Bekanntgabe der Verträge noch nicht einmal der wesentliche Grundsatz von Euratom bekannt war, daß die Bundesregierung ihre Fachministerien also so schlecht unterrichtet hat?
    Leider scheint dieses Auseinanderlaufen der Ansichten des Auswärtigen Amtes und des Fachministeriums auch heute noch nicht beseitigt zu sein; denn wir wissen, daß das Auswärtige Amt nach dem Abschluß des Euratom-Vertrags oder nach den Gedanken, die man damit hat, der Auffassung ist, daß nunmehr sämtliche Kernbrennstoffe von Euratom bezogen werden können und sollen, so daß eine inländische Förderung und Aufbereitung der Erze überhaupt unterbleiben könnte, obwohl das Bundesministerium für Atomfragen mit Zustimmung des Haushaltsausschusses schon erhebliche Mittel für die Entwicklung solcher Erzförderungen und die Ausgestaltung der Aufbereitung dieser Erze verausgabt.
    An dieser Stelle möchte ich noch auf einige besonders bedenkliche Formulierungen des Vertrages hinweisen. Nach dem Art. 84 erstreckt sich die


    (Dr.-Ing. Drechsel)

    Kontrolle von Euratom nicht auf die Stoffe, die der Landesverteidigung dienen. Eine Zuteilung von Kernbrennstoffen nach Art. 52 darf andererseits nur dann verweigert werden, wenn die Verwendung unzulässig ist. Bei der Nutzung der Kernbrennstoffe entstehen laufend sogenannte besondere Kernbrennstoffe, die dann für militärische Zwecke sehr interessant werden. Diese Stoffe werden von Euratom auch für solche militärischen Zwecke zugeteilt und fallen dann aus der Kontrolle von Euratom heraus. Die Folge dieses Verfahrens könnte sein, daß zum Beispiel in Deutschland entstehendes Plutonium in Frankreich zur Herstellung von Atomwaffen verwendet wird. Eine Beantragung von solchen Stoffen für die .militärischen Zwecke ist nur für die Bundesrepublik und wohl auch für Italien unzulässig.
    Die ganze Verflechtung oder auch der Zusammenstoß der friedlichen Nutzung mit der militärischen ist überhaupt sehr bedenklich. Zur Zeit besteht bei einem Vertragspartner ja schon die Möglichkeit der militärischen Nutzung. Das bedeutet meiner Auffassung nach eine ungeheuere Belastung für das ganze Vertragswerk. Es wird zweifellos schon den erwünschten Erfahrungsaustausch stark einschränken, wenn ein Partner militärische Gründe vorschieben kann, um dieser Verpflichtung zu entgehen. Wir meinen, daß auch diese Fragen noch einer besonderen Klarstellung bedürfen. Wir haben gar keine rechte Freude an einer Notiz der Londoner „Times", in der es heißt, daß es klar scheine, daß eine gemeinsame französisch-deutsche Atomwaffenerzeugung durch Euratom in Sicht gekommen sei.
    Daneben soll nicht ungenannt bleiben, daß gerade diese besonderen spaltbaren Kernbrennstoffe, die, wie gesagt, auch bei uns anfallen werden, das Ausgangsprodukt für hochwertige chemische Verfahren sind — die sogenannte heiße Chemie —, an der wir auch für unsere Industrie interessiert sein müssen. Diese Stoffe werden dann also für die friedliche Nutzung von uns dringend benötigt, um auf diesem Entwicklungsgebiet und in diesem Nutzungsgebiet nicht in den Hintergrund gedrängt zu werden.
    Es ist mir bisher nicht klar, was im Sinne des Vertrages alles unter militärischen Zwecken verstanden wird. Ich nehme Ian, daß hier noch eine Klarstellung vorgenommen wird. Beispielsweise ist international jede Entwicklung eines Antriebes, bei der Kernenergie eingesetzt werden soll — etwa Antriebe für Schiffe oder für Luftschiffe —, eine militärische Angelegenheit. Auch hier bedarf es der Klarstellung; denn solche Antriebe wollen wir doch auch entwickeln, und wir sind schon an diesen Entwicklungsarbeiten. Wir brauchen dabei nicht immer gleich an Kriegsschiffe oder Kriegsflugzeuge zu denken. Entweder kann dann aber in solchen Fällen Euratom diese besonderen Kernstoffe für militärische Zwecke herausziehen oder es kann Anforderungen mit der Begründung ablehnen, daß es sich um militärische Zwecke handeln könne. Das würde aber dann wieder nur bei einigen Partnern Geltung haben. Wir haben in unserem Entschließungsantrag, den ich noch kurz erläutern werde, auch diese Frage, die uns außerordentlich bedenklich erscheint, aufgenommen.
    In dem fünften Punkt unserer Anfrage wird nach der Zusammenarbeit von Euratom mit anderen internationalen Organisationen gefragt. Wir kennen neben Euratom
    erstens die Europäische Organisation für kernphysikalische Forschungen, abgekürzt CERN — hier trägt die Bundesrepublik 13 Millionen DM im Jahre 1957 bei,
    zweitens die Europäische Atomenergiegesellschaft, die insbesondere den Austausch und die Verbreitung von Informationen und Ähnliches bezweckt und der die Bundesrepublik im Februar 1956 beigetreten ist.
    Drittens erwähne ich die Vorbereitung einer Zusammenarbeit der 17 OEEC-Staaten, die offensichtlich intensiv weiterbetrieben wird und bei der wir uns doch auch nicht ausschließen wollen.
    Viertens ist die von 81 Staaten gegründete Internationale Atomenergiebehörde zu nennen, bei der sich die Bundesrepublik ebenfalls beteiligen will und die dem Euratom sehr ähnliche Aufgaben übernehmen soll.
    Deshalb muß nach unserer Auffassung von vornherein vermieden werden, daß organisatorische Überschneidungen mit den dadurch unvermeidlichen Reibungen und Mißhelligkeiten bei der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Atomwirtschaft eintreten. Darüber hinaus frage ich mich immer wieder, wie eigentlich die Bundesregierung zur Wahrnehmung aller dieser Verpflichtungen die nötigen Fachleute und Fachbeamten auf die Beine stellen will, abgesehen von den finanziellen Belastungen.
    Wir benötigen also — ich wiederhole diesen unseren Wunsch — vordringlich eine Koordination aller dieser Arten und Formen internationaler Zusammenarbeit, und wir empfehlen hierzu einen größeren Rahmen als Euratom. Von der Organisation Euratom muß demnach alles getan werden, um sicherzustellen, daß sich dieses Atomkartell nicht so etabliert und so versteinert, daß es nicht mehr in der Lage ist, in eine weiter gefaßte Organisationeinzugehen. Wir haben mit der Bürokratie und der Administration leider schlechte Erfahrungen gemacht; ich fürchte, das gilt für die nach französischem Vorbild installierte nicht weniger.
    Schließlich komme ich zum letzten Punkt unserer Anfrage. Nach Ansicht der Bundesregierung und des Herrn Atomministers ist diese Frage — nämlich inwieweit Euratom den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur friedlichen Nutzung der Kernenergie berührt — im wesentlichen zu verneinen. Ich wage das zu bezweifeln. Die beginnenden Ausschußberatungen über den Regierungsentwurf haben schon gezeigt, daß fast jeder Paragraph des Gesetzes im Hinblick auf den Euratomvertrag überprüft und angepaßt werden muß. Ich will damit nicht sagen, daß eine deutsche Gesetzgebung überflüssig geworden sei. Aber natürlich muß sie auf die Bestimmungen des Euratomvertrages Rücksicht nehmen und auf diesen Bestimmungen aufbauen. Gewissermaßen würde also mehr ein Durchführungsgesetz zu schaffen sein; Euratom übernimmt ja, wie bereits erwähnt, derart erhebliche Hoheitsrechte, daß das eine selbstverständliche Folge ist.
    Weitere Einzelheiten zu diesem Punkt würden heute abend zu weit führen. Lassen Sie mich als Beispiel nur auf Art. 29 des Euratomvertrages hinweisen, in dem festgelegt wird, daß Abkommen oder Verträge über den Austausch von wissenschaftlichen oder gewerblichen Kenntnissen auf dem Gebiete der Kernernergie, soweit sie die Un-


    (Dr.-Ing. Drechsel)

    terzeichnung durch einen Staat erfordern, von der Kommission geschlossen werden müssen. Bekanntlich haben einige Partnerstaaten besondere Organisationen oder Kommissionen geschaffen, die solche Verträge — ohne Unterzeichnung durch den Staat selber — abschließen. Nach der Gesetzesvorlage der Bundesregierung ist das bei uns nicht möglich. Wir würden also nur Staatsabkommen haben, die dem genannten Art. 29 unterliegen. Das bedeutet doch wohl einen erheblichen Nachteil für die Bundesrepublik. Es gibt noch andere Dinge, die angeführt werden könnten, mit denen sich aber dann der Ausschuß eingehend zu befassen hat.
    Obwohl nicht in dieser Großen Anfrage meiner Fraktion ausdrücklich aufgeführt, möchte ich doch noch eine Frage anschließen, nämlich die, inwieweit das so häufig genannte Junktim zwischen Gemeinsamem Markt und Euratom aufrechterhalten bleibt bzw. für die Bundesregierung verpflichtend ist.
    Abschließend möchte ich die Begründung unserer Großen Anfrage mit der Feststellung, daß meiner Ansicht nach der Euratomvertrag keineswegs die nötige Synthese zwischen den politischen und den wirtschaftlichen Interessen gebracht hat und in dieser Hinsicht nach unserer bisherigen Kenntnis nicht als ein guter Vertrag bezeichnet werden kann. Ich wiederhole: Bei aller vorgebrachten Kritik an Euratom und der Sorge um die Auswirkung auf die beginnende Atomwirtschaft bei uns selbst sind meine Freunde und ich der Überzeugung, daß gerade auf dem Gebiete der friedlichen Nutzung der Kernenergie eine internationale Zusammenarbeit unerläßlich ist, die sich bei entsprechender Ausgestaltung auch nur nützlich für alle Beteiligten und so auch für die Bundesrepublik auswirken würde.
    Ich glaube, daß es zweckmäßig ist, diese Große Anfrage dem Atomausschuß zu überweisen, und möchte hiermit den Antrag stellen.
    Gleichzeitig liegt Ihnen nunmehr der Entschließungsantrag — es ist „Antrag" geschrieben, es soll aber ein Entschließungsantrag sein — auf Umdruck 989 vor. Ich bitte, diesem Entschließungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. Er hat ausschließlich einige der Bedenken zum Inhalt, die mir besonders erwähnenswert erscheinen und besonders schwerwiegend sind und die ich vorhin erläutert habe. Es handelt sich also dabei um Fragen, die unserer Auffassung. nach unter allen Umständen geklärt werden müssen. Wir fordern einmal, daß die in der Bundesrepublik anfallenden besonderen Kernbrennstoffe nicht über Euratom für militärische Zwecke in den Partnerstaaten entzogen werden können, zweitens, daß die Programmgestaltung bei uns nicht immer gestört werden kann durch die an sich vorgesehenen Optionsrechte von Euratom, wenigstens nicht dann, wenn eine grundsätzliche Genehmigung für irgendeinen Verarbeitungsprozeß vom Erz bis zum Kernbrennstoff und bis zur Energiegewinnung von Euratom gegeben worden ist, und zum dritten, daß der Informationsaustausch zwischen den Partnern von Euratom, der sehr wesentlich ist, nicht durch einen Partner mit der Begründung eingeschränkt werden kann, daß er aus militärischen Gründen hierzu nicht bereit sein könne.
    Ich glaube annehmen zu dürfen, daß diese drei Punkte von allen Mitgliedern dieses Hohen Hauses mit unterschrieben werden können. Wir bitten
    daher, diesen Entschließungsantrag sofort zur Abstimmung zu bringen.

    (Beifall bei der FDP.)