Rede:
ID0220003100

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2200

  • date_rangeDatum: 21. März 1957

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    -2. Deutscher Bundestag — 200. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. März 1957 11327 200. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. März 1957. Erklärung der Bundesregierung 11327 D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 11327 D Dr. Deist (SPD) 11334 C, 11338 A, 11361 D, 11363 C, D Dr. Hellwig (CDU/CSU) 11338 A, 11361 A, D, 11363 C, D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 11342 B Dr. Furler (CDU/CSU) 11345 B Margulies (FDP) 11350 C Dr. Elbrächter (DP [FVP]) 11355 D Stegner (GB/BHE) 11366 B Dr. Arndt (SPD) 11370 A Zur Geschäftsordnung: Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU) . . 11372 D Dr. Bucher (FDP) 11373 A Schoettle (SPD) 11373 B Überweisung des Entschließungsantrags der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftspolitik und Euratom (Drucksache 3311) an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 11373 B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (Drucksache 3282) 11373 C Dr. h. c. Veit, Stellv. Ministerpräsident und Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, Berichterstatter 11373 C, D Abstimmung 11375 A Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Euratom (Drucksache 3101) . . . . 11375 B Dr.-Ing. Drechsel (FDP) 11375 B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 11379 C Mellies (SPD) 11379 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 11379 D Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung: Dr. Bucher (FDP) 11380 A Nächste Sitzung 11380 C Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 193. Sitzung 11380 Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 11381 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftspolitik und Euratom (Drucksache 3311) 11381 C Anlage 3: Stellungnahme der Bundesregierung zu der Anfrage der Fraktion der FDP (Drucksache 3101) betr. Euratom . . 11382 A Die Sitzung wird um 14 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 193. Sitzung Es ist zu lesen: Seite 11010 C Zeile 7 von oben „(Zuruf von der Mitte: Siehe Antrag!)" statt „(Abg. Dr. Czaja: Siehe Antrag!)". Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Baade 22. 3. Bauer (Wasserburg) 22. 3. Becker (Hamburg) 12. 4. Dr. Becker (Hersfeld) 23. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 21. 3. Blachstein 22. 3. Brandt (Berlin) 22. 3. Brese 22. 3. Brookmann (Kiel) 22. 3. Dr. Bucerius 22. 3. Dr. Bürkel 21. 3. Caspers 22. 3. Cillien 23. 3. Dr. Conring 21. 3. Dr. Dehler 21. 3. Demmelmeier 22. 3. Dr. Dollinger 22. 3. Ehren 21. 3. Feldmann 6. 4. Franke 21. 3. Dr. Friedensburg 21. 3. Glüsing 22. 3. Dr. Greve 23. 3. Häussler 22. 3. Heiland 22. 3. Höfler 21. 3. Horn 22. 3. Illerhaus 21. 3. Kahn 21. 3. Kalbitzer 3. 5. Keuning 21. 3. Klingelhöfer 30. 3. Dr. Kähler 30. 4. Frau Korspeter 22. 3. Kunze (Bethel) 21. 3. Dr. Leverkuehn 24. 3. Frau Lockmannn 23. 3. Mauk 21. 3. Dr. Menzel 21. 3. Moll 1. 4. Morgenthaler 30. 4. Müller (Worms) 21. 3. Frau Nadig 30. 3. Ollenhauer 26. 3. Onnen 23. 3. Pelster 20. 4. Raestrup 31. 3. Frau Dr. Rehling 21. 3. Dr. Reif 22. 3. Sabel 22. 3. Dr. Schild (Düsseldorf) 21. 3. Schmücker 22. 3. Schneider (Hamburg) 22. 3. Dr. Schöne 29. 4. Frau Schroeder (Berlin) 31. 5. Frau Dr. Schwarzhaupt 21. 3. Dr. Serres 31. 3. Frau Dr. Steinbiß 21. 3. Unertl 6. 4. Wacher (Hof) 21. 3. Wagner (Ludwigshafen) 22. 3. Dr. Welskop 21. 3. Frau Welter (Aachen) 21. 3. Wittrock 21. 3. Frau Wolff (Berlin) 21. 3. Anlage 2 Drucksache 3311 C (Vgl. S. 11372 C) Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Euratom. Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag begrüßt die Anstrengungen, durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Euratom zu einer Zusammenfassung der europäischen Wirtschaftsräume in einem Gemeinsamen Markt und zur gemeinsamen Entwicklung der Atomwirtschaft zu gelangen. Er begrüßt, daß die Zusammenarbeit nicht mehr auf einzelne Wirtschaftszweige beschränkt bleiben soll, sondern versucht wird, die gesamte Wirtschaft der beteiligten Staaten zu umfassen, daß eine Koordinierung der Wirtschaftspolitik vorgesehen ist, daß die Europäische Atomgemeinschaft ausschließlich der Entwicklung der Atomwirtschaft für friedliche Zwecke dienen soll und daß das öffentliche Eigentum am spaltbaren Material als Voraussetzung für eine wirksame Kontrolle und damit für die Sicherheit der Menschen gewährleistet wird. Der Bundestag erwartet, 1. daß die Mitgliedstaaten zu einer Politik der Steigerung des allgemeinen Lebensstandards, der ständigen Ausweitung der Wirtschaft und der Vollbeschäftigung verpflichtet werden und zu diesem Zweck eine gemeinsame Währungs- und Wirtschaftspolitik entwickeln, insbesondere die Grundlage für eine planmäßige Investitionspolitik und für eine wirksame Konjunkturpolitik schaffen; 2. daß der freie Handelsverkehr und eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten, die sich zunächst der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft nicht anschließen, durch die Bildung einer Freihandelszone, die zu gleicher Zeit wie die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft in Kraft treten sollte, gesichert werden; 3. daß die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft alle Maßnahmen trifft, um eine stetige Vergrößerung des Handelsverkehrs mit den übrigen Ländern der Welt - insbesondere durch Senkung der Zölle und Abbau sonstiger Handelsbeschränkungen - zu ermöglichen; 4. daß der gemeinsame Außenzoll nicht zu einer Erhöhung der Lebenshaltungskosten in der Bundesrepublik Deutschland führt; 5. daß klare vertragliche Abmachungen getroffen werden, die sicherstellen, daß die Zonengrenze nicht zur Zollgrenze wird und die freie Entwicklung des innerdeutschen Handelsverkehrs keinen Bindungen durch die Partnerstaaten und die Organe der Gemeinschaft unterliegt; 6. daß jede Belastung durch die Kolonialpolitik abgelehnt, die Selbstbestimmung der überseeischen Gebiete im Sinne der Satzung der UNO gefördert und die Hilfe für die Entwicklungsländer der übrigen Welt nicht beeinträchtigt werden; 7. daß die Bundesregierung rechtzeitig alle Vorkehrungen trifft, um Arbeitnehmer vor den un- günstigen Auswirkungen der durch den Gemeinsamen Markt zu erwartenden Umschichtungen zu schützen, ihre Beschäftigung zu sichern und ihren sozialen Stand zu erhalten; 8. daß bei dem Aufbau der Organe und der Regelung ihrer Zuständigkeiten die Grundsätze der parlamentarischen Demokratie beachtet werden, insbesondere der Ministerrat auf Fragen der Koordinierung beschränkt wird, der Europäischen Kommission die Exekutivbefugnisse der Gemeinschaft übertragen und der parlamentarischen Versammlung wirksame Entscheidungs- und Kontrollrechte gegeben werden. Der Bundestag verlangt, daß die Entscheidungsfreiheit des wiedervereinigten Deutschland über seine Zugehörigkeit zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und zur Europäischen Atomgemeinschaft ausdrücklich vertraglich anerkannt wird. Bonn, den 20. März 1957 Mellies und Fraktion Anlage 3 (Vgl. S. 11379 C) Stellungnahme der Bundesregierung zu der Großen Anfrage der Fraktion der FDP (Drucksache 3101) betreffend Euratom. Die Bundesregierung nimmt zu den vorgelegten Fragen Stellung wie folgt: 1. Welche Organisationsform soll Euratom haben? Die Bundesrepublik verpflichtet sich durch den vorgesehenen Vertrag zur Beteiligung an einer Gemeinschaft teils übernationalen, teils zwischenstaatlichen Rechts. Die Verfassung dieser Gemeinschaft wird in ihren wesentlichen Teilen im Vertrag niedergelegt sein. Für notwendige Ergänzungen und Änderungen ist Raum. Zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben wird 'die europäische Atomgemeinschaft über 4 Hauptorgane — eine Versammlung — einen Rat (Ministerrat) — eine Kommission — einen Gerichtshof verfügen. Der Rat und die Kommission werden durch einen Wirtschafts- und Sozialausschuß mit beratender Funktion unterstützt werden. Ferner steht ihnen ein Beirat für Wissenschaft und Technik — ebenfalls mit beratender Funktion — zur Verfügung. Zur Versorgung der Verbraucher innerhalb der Gemeinschaft mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderem spaltbarem Material wird eine Agentur geschaffen, welche Rechtspersönlichkeit hat und finanziell unabhängig ist, jedoch der Aufsicht der Kommission untersteht. 2. Welche europäischen und außereuropäischen Staaten und Gebiete sollen beteiligt werden? Grundsätzlich findet der Vertrag auf die europäischen Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten Belgien — Deutschland — Frankreich — Italien — Luxemburg — Niederlande sowie auf die ihnen unterstehenden außereuropäischen Gebiete Anwendung. Der Vertrag findet darüber hinaus auf die europäischen Gebiete Anwendung, deren auswärtige Angelegenheiten ein Mitgliedstaat wahrnimmt. Jeder europäische Staat kann den Antrag stellen, Mitglied der Gemeinschaft zu werden. Die Gemeinschaft kann auf einstimmigen Beschluß des Rates mit einem dritten Staat, einem Zusammenschluß von Staaten oder einer internationalen Organisation Abkommen schließen, durch welche gegenseitige Rechte und Pflichten, ein gemeinsames Vorgehen oder besondere Verfahren begründet werden. 3. Welche Bindungen wird die Bundesrepublik im Rahmen des vorgesehenen Vertrages übernehmen, und welche finanziellen Belastungen werden für die Bundesrepublik damit verbunden sein? Verpflichtungen der Bundesrepublik aus dem vorgesehenen Vertrage werden — zusammengefaßt und ohne hier der künftigen Beratung der Einzelheiten in den Ausschüssen vorgreifen zu wollen — in Betracht kommen im Hinblick auf - die Förderung der Forschung und die Verbreitung der besonderen Kenntnisse auf dem Atomgebiet, — den Gesundheitsschutz für die mit der Entwicklung und Anwendung der Kernenergie betrauten Arbeitskräfte und für die Gesamtbevölkerung, — die Ermöglichung einer Förderung der Investitionen auf dem Kerngebiet durch die Gemeinschaft, — die Schaffung sich gegebenenfalls als notwendig erweisender gemeinsamer Unternehmen, — eine zentrale und nichtdiskriminatorische, zunächst für 7 Jahre festgelegte Versorgungsregelung für alle Verbraucher innerhalb der Gemeinschaft mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderem spaltbarem Material, — die Ermöglichung einer ausreichenden Sicherheitskontrolle im Interesse der Mitgliedstaaten und ihrer Bevölkerung durch die Gemeinschaft unter Mitwirkung der Mitgliedstaaten, - die Herstellung eines Gemeinsamen Marktes auf dem Gebiet der Kernenergie, — eine begrenzte Koordinierung der Außenbeziehungen, — eine Beteiligung an der Finanzierung der Aufgaben der Gemeinschaft. Der deutsche finanzielle Beitrag zum Verwaltungshaushalt der Gemeinschaft wird mit 28 %, der deutsche finanzielle Beitrag zum Forschungs-und Investitionshaushalt der Gemeinschaft wird 30 % der Gesamtbeiträge ausmachen. Die Stimmen der Mitglieder des Ministerrats werden entsprechend dem finanziellen Beitrag der Mitgliedstaaten gewogen. Ein erstes Forschungs- und Ausbildungprogramm der Gemeinschaft, welches sich über fünf Jahre erstreckt, wird auf 215 Millionen EZU-Rechnungseinheiten geschätzt. Die dafür bereitgestellten Mittel werden jährlich in den Haushalt der Gemeinschaft eingesetzt. 4. Welche Verpflichtungen wird die Bundesrepublik für die Betätigung der deutschen Wirtschaft in der Bundesrepublik und im Rahmen von Euratom übernehmen? Das Ziel der Gemeinschaft ist nicht eine Ersetzung oder Hemmung, sondern im Gegenteil eine Förderung der wirtschaftlichen Initiative auf dem Kerngebiet. Dieser wirtschaftlichen Initiative sollen durch den Vertrag keine anderen Schranken gesetzt werden, als diejenigen, welche im Interesse des Gesundheitsschutzes gegenüber den schädlichen Auswirkungen der Radioaktivität und wegen der bebesonderen Gefährlichkeit der zur Nutzung der Kernenergie verwendeten Stoffe erforderlich sind. Darüber hinausgehende Verpflichtungen dienen ihrer Zwecksetzung nach ausschließlich dazu, eine raschere und fruchtbringendere Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie im Gebiete der Gemeinschaft durch Zusammenwirken und Harmonisierung der beteiligten Kräfte zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für die Gebiete — Förderung der Forschung und Austausch der Kenntnisse, — Investitionen und gemeinsame Unternehmen, — Gemeinsamer Kernmarkt, zentrale Versorgung und Koordinierung gewisser Teile der Außenbeziehungen, soweit sie in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft fallen. Soweit auf diesen Gebieten Verpflichtungen der Bundesrepublik für die deutsche Wirtschaft eingegangen werden, geschieht dies auf der Grundlage der Gegenseitigkeit. 5. Wie soll ,die Zusammenarbeit zwischen Euratom und OEEC und im Rahmen sonstiger internationaler Abkommen gestaltet werden? Ausgehend von der Erkenntnis und dem Grundsatz, daß der engere Zusammenschluß der 6 Mitgliedstaaten von Euratom und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der OEEC auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung Kernenergie einander nicht ausschließen, sondern sich in sinnvoller Weise ergänzen und gegenseitig fördern, ist vorgesehen, daß die europäische Atomgemeinschaft eine enge Zusammenarbeit mit dem europäischen Wirtschaf tsrat herbeiführen soll. Die nähere Regelung soll im gemeinsamen Einvernehmen getroffen werden. Ein Verbindungsausschuß zwischen den beiden Verhandlungsgremien ist bereits tätig. 6. Beeinflussen die im Rahmen von Euratom zu übernehmenden Verpflichtungen den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur friedlichen Nutzung der Kernenergie? Zwischen den im Rahmen von Euratom zu übernehmenden Verpflichtungen und dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur friedlichen Nutzung der Kernenergiebestehen keine Unvereinbarkeiten. Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Kernenergie-Gesetzes würde im Falle seiner Annahme die Bundesregierung nicht nur an der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Euratom-Vertrag nicht hindern, sondern im Gegenteil die Erfüllung dieser Verpflichtungen ermöglichen. Soweit im Euratom-Vertrag Rechte und Pflichten für den einzelnen oder für Unternehmen statuiert sind, stehen dem die Bestimmungen des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs des Kernenergie-Gesetzes nicht entgegen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Furler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Jawohl, wir wollen bei den Organen des Gemeinsamen Marktes das Parlamentarische stärker hervorgehoben haben. Meine Damen und Herren, das ist ein Anliegen des ganzen Hauses, wie ich gesehen habe. Das Vertragswerk über den Gemeinsamen Markt in der jetzt vorliegenden Formulierung ist doch eine Art Grundgesetz des Gemeinsamen Marktes. Wie will man denn, wenn man dieses Vertragswerk so annimmt, unterzeichnet, ratifiziert und in Kraft setzt, überhaupt dem Parlament noch eine andere Basis geben als diejenige, die im Vertragswerk enthalten ist? Das ist mir nicht klargeworden. Hier können wir doch nicht „wir hoffen", „wir erwarten", „wir wünschen" sagen.

    (Richtig! beim GB/BHE.)

    Hier darf man doch nicht bloß den Mund spitzen, hier muß gepfiffen werden. Legen Sie doch die Aufgaben der Institutionen in dem Vertrag fest!
    Es ist gesagt worden, die Versammlung habe Kontrollmöglichkeiten und sonstige parlamentarische Rechte. Ja, meine Damen und Herren, ich muß Ihnen ehrlich sagen: sie hat nur die Möglichkeit, den Tätigkeitsbericht entgegenzunehmen und die gesamte Kommission abzuberufen, wenn ihr der Tätigkeitsbericht nicht paßt. Das verstehe ich nicht unter parlamentarischen Befugnissen. Sämtliche Entscheidungsmöglichkeiten hat der europäische Befehlskopf, der sich schlicht und einfach „Europäische Kommission" nennt, im Benehmen mit dem Ministerrat. Vorhin wurde hier von irgendeiner Seite mit Recht gesagt: Wenn starke Leute in diesem Befehlskopf drinsitzen, werden sie schon genügend autoritative Politik treiben. Davon bin ich überzeugt, meine Damen und Herren! Und wo bleibt das Parlament? Für dieses Parlament, das ja ein erweitertes Arbeitsgebiet insofern bekommt, als die Montanunion und möglicherweise auch Europaratsinstitute dazukommen, sind in den jetzt vorliegenden Bestimmungen keinerlei legislative Befugnisse vorgesehen. Die Entscheidungsbefugnisse und die Durchführungsbefugnisse sind Sache der Kommission in Verbindung mit dem Ministerrat. Hier muß noch etwas geschehen, damit das Parlament größere Wirkungsmöglichkeiten bekommt, und das muß geschehen, bevor die Unterzeichnung stattfindet. Aber das ist ja wohl nicht mehr möglich, da meines Wissens die Unterzeichnung am 25. März stattfindet. Hier entsteht nun mal ein echter Zeitdruck, aber vom Parlament aus. Nur können wir ihn nicht in irgendeiner Form überbrücken.
    Ich muß sagen, die Teilung der Befugnisse der Organe ist absolut ungenügend. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: als ich die Artikel über die Organe in dem Vertrag las, kam es mir so vor, als ob ich das alles schon einmal gelesen hätte. Und in der Tat, da fiel mir auch ein, wo: beim EVG-Vertrag. Ich befürchte, daß ganze Passagen einfach daraus übernommen worden sind. Damit will ich natürlich nichts gegen die Personengleichheit der Verhandler bei den heutigen Verhandlungen und bei der damaligen EVG sagen. Aber manchmal ist es nicht gut, wenn die Herren Delegationsführer ein zu gutes Gedächtnis haben. Dann kommt eben nicht das Richtige heraus.
    Ich weiß nicht, wie die Fragen der Institutionen und des Parlaments noch gelöst werden sollen, aber ich darf heute schon darauf aufmerksam machen, daß es für meine Freunde und mich eine entscheidende Frage sein wird, wie die Teilung der Befugnisse der Institutionen, ich möchte sagen, in einem echten demokratischen Sinne in diesem Vertragswerk umgestaltet werden kann.
    Wir sehen ohnehin schon mit Schrecken, daß sich — Kollege Deist, der darauf hingewiesen hat, ist leider nicht hier - ein stark dirigistisch ausgebildeter Befehlskopf bilden wird. Wir alle wissen nicht, wie dieser Sprung ins kalte Wasser, den wir machen werden, auslaufen wird. Dann wollen wir aber in dem Grundgesetz dieser kleineuropäischen Wirtschaftsgemeinschaft wenigstens die Sicherheit haben, daß parlamentarische und demokratische Gebräuche angewendet werden. Ich glaube, das wäre zum Segen der ganzen Einrichtung notwendig.
    Meine Damen und Herren, seien Sie nicht zu sicher, daß die Einrichtungen des Gemeinsamen Marktes, die Sie im Vertrag stipuliert haben, nun auch funktionieren werden. Es ist zu viel vom guten Willen gesprochen worden. Nun, ich denke zurück an die Verhandlungen im Oktober des vorigen Jahres, die nicht gerade immer ein Beweis des guten Willens waren. Entschuldigen Sie, man muß aber auch die Realitäten bei so schwerwiegenden Entscheidungen berücksichtigen.
    Ich darf also die Regierung, die jetzt wenigstens durch zwei Herren Staatssekretäre — die ich besonders schätze — vertreten ist, herzlich bitten, uns alle diese Auskünfte zu geben.
    Ich darf noch um eine weitere Auskunft bitten; das hätte ich beinahe vergessen. Ich will nicht etwa die Frage der überseeischen Gebiete noch einmal von vorne aufgreifen. Dazu sind von Herrn Dr. Deist Feststellungen getroffen worden, denen ich mich vollinhaltlich anschließe. Nun werden wir ja ein sehr gutes Kriterium haben, wie der Teil des Vertragswerks wenigstens vom Standpunkt unserer Bundesregierung her auszulegen ist. Von der Sozialdemokratie ist hier klar gefordert worden, daß durch die Gabe der 800 Millionen DM, die in den Outre-mer-Gebieten investiert werden, die übrigen Investitionen bei den unterentwickelten Ländern nicht leiden dürfen.
    Meines Wissens ist seit dem 1. März — oder vielleicht erst ab 1. April, das weiß ich nicht so genau, aber das wird der Herr Staatssekretär für Wirtschaft wissen — eine deutsche Handelsdeleation unter Herrn Gesandten von Bargen unterwegs, die nach Pakistan, nach Indien, nach Birma, nach Malaya und sonstwohin in die unterentwickelten Gebiete fährt, um dort die Möglichkeiten des deutschen Außenhandels mit den unterentwickelten Gebieten festzustellen. Gegebenenfalls hat sie entsprechende deutsche Hilfsmaßnahmen Ergänzung vorzuschlagen. Irgendwann wird ja der Herr Gesandte von Bargen mit seiner Kommission zurückkommen, und wir werden sehen, ob es inzwischen der Bundesregierung geglückt ist, gegenüber diesen unterentwickelten Gebieten eine klare handelspoli-


    (Stegner)

    tische Haltung und eine klare Haltung in bezug auf Investitionen einzunehmen. Wenn uns diese Haltung befriedigen wird, sind wir überzeugt, daß die Angelegenheit auch bei den französischen Outre-mer-Gebieten Aussicht auf Erfolg haben wird.
    Sie werden wahrscheinlich von meinen Ausführungen enttäuscht sein, weil ich zu wenig „hoffe, wünsche und erwarte". Meine Damen und Herren, wir „hoffen, erwarten und wünschen" in Deutschland schon lange Zeit viel zuviel. Das hat uns etwas hart gegen diese Begriffe gemacht. Wir werden nochmals alle harten Wirklichkeiten bis aufs letzte prüfen, damit wir mit gutem Herzen für eine europäische fortschrittliche Weiterentwicklung, aber unter Wahrung der nationalen deutschen Belange, das Urteil fällen können, das uns vor der Geschichte rechtfertigt.

    (Beifall beim GB/BHE.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Arndt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Adolf Arndt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hätte in wirtschaftspolitischer, sozialpolitischer und namentlich auch in finanzieller Hinsicht noch einiges zu dem Vertragswerk hier vorzubringen. Aber mit Rücksicht auf die sehr vorgeschrittene Zeit haben als Sprecher meiner Fraktionmeine Fraktionsfreunde Birkelbach und Ritzel ihre Wortmeldung zurückgezogen, ebenso wie das inzwischen ,auch von einigen Angehörigen anderer Fraktionen geschehen ist. Ich selber will mich nur noch kurz zu drei hochpolitischen Problemen äußern: Berlin, demokratisches Prinzip und Wiedervereinigung.
    Erstens Berlin. Das Vertragswerk enthält vielerlei Sonderrechte, und es sind bei dem Vertrag und in dem Vertrag mancherlei Gebiete innerhalb und außerhalb Europas erwähnt worden, denen gewiß auch Bedeutung zukommt; aber der Name Berlin wird allenfalls in eine Protokollnotiz verwiesen. Das ist nach unserer Überzeugung unmöglich. Notwendig ist eine feierliche und verpflichtende Grundsatzerklärung, daß es zu den vornehmsten Aufgaben der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehören muß, auch die wirtschaftliche und soziale Lage der deutschen Bundeshauptstadt Berlin zu erleichtern, ihren Aufbau zu fördern und ihre wirtschaftliche Stabilität zu sichern.

    (Beifall bei der SPD, beim GB/BHE und bei der FDP.)

    Der Herr Bundeskanzler wird und kann in Rom Gelegenheit haben, eine solche feierliche und verpflichtende Grundsatzerklärung aller Signatarmächte herbeizuführen. Dafür darf es noch nicht zu spät sein.
    Zweitens das demokratisch-freiheitliche Prinzip. Es ist hier schon vieles Kritische — und mit Recht Kritisches — über die innere Struktur dieser Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gesagt worden. Der Herr Kollege Elbrächter hat in einem anderen Zusammenhang Herrn Professor Weber aus München zitiert und im Anschluß an Professor Weber gemeint, es liege hier juristisch ein Meisterwerk, aber wirtschaftlich eine Stümperei vor. Ich will mich über das Wirtschaftliche in diesem Augenblick nicht äußern. Aber zu dem Juristischen gehört doch nicht bloß das Formale, sondern auch der Geist des Rechts. Da muß ich sagen, es mag para-
    graphenmäßig vielleicht als Klempnerei ein Meisterwerk sein, aber demokratisch ist das, was hier gemacht worden ist, eine Stümperei. Als der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts in der Regierungserklärung auf die Organisation zu sprechen kam, hat er in bemerkenswerter Weise angefangen mit dem Ministerrat als dem ersten Organ und nicht, wie man das in einer Demokratie machen sollte, mit der Versammlung. Das hat allerdings auch einen inneren Grund; denn Herr Staatssekretär Hallstein hat hinzugefügt, die Versammlung stehe erst am Anfang ihres Entwicklungsstadiums. Herr Staatssekretär, warum? Warum haben Sie nicht Zeit genug gehabt, bei den Verhandlungen etwas mehr zu „entwickeln", als es hier geschehen ist? Uns befriedigt auch nicht, daß Sie in der Regierungserklärung gesagt haben, die Bundesregierung werde alle Bestrebungen unterstützen, der neuen Gemeinschaft ein voll aktionsfähiges und mit den nötigen Befugnissen . ausgestattetes Parlament zu beschaffen. Warum ist das in den Verhandlungen nicht geschehen?
    Ich muß Ihnen aber eines entgegenhalten. Dieser Vertrag ist unbefristet. Wo also sollen derartige Bestrebungen ansetzen? Denn es gibt in diesem Vertrage, wie er bisher ausgehandelt ist, noch weniger Anhaltspunkte als im Montanunionsvertrag, der wenigstens die große und die kleine Revisionsklausel hat. Ich bin der Überzeugung, es sollte bei der Unterzeichnung in Rom auch noch möglich sein, entweder diesem Vertragswerk eine Entwicklungsklausel — will ich einmal sagen — anzufügen, die den Ansatzpunkt dafür bietet, daß alle Beteiligten bestrebt sein werden, dieses so unglückliche Instrument im Laufe der Zeit zu einer wirklich demokratisch-freiheitlichen Gemeinschaft zu machen. Aber zumindest sollte es möglich sein, daß das auch in feierlicher und verbindlicher Form erklärt wird. Denn man sollte sich doch vorstellen, daß es keinen der beteiligten Staaten gibt, ,der sich den demokratischen Grundsätzen widersetzen würde.
    Diese mangelhafte Struktur des Vertrages und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ist um so bedauerlicher, als mein damaliger Fraktionsfreund Hermann Veit, der heute als Vertreter des Bundesrats hier anwesend ist, schon in der 183. Sitzung des Bundestages am 11. Januar 1952 alle diese Bedenken — damals gegen 'die Struktur des SchumanPlans — mit Recht vorgetragen hat. Aber die Bundesregierung hat es nicht berücksichtigt. Alles, was damals von Herrn Veit hierzu gesagt worden ist, gilt auch heute noch. Insbesondere unterstreiche ich, daß der Art. 24 des Grundgesetzes, der auf sozialdemokratisches Betreiben in das Grundgesetz hineingekommen ist und den wir durchaus bejahen, eine Homogenität der Struktur solcher übernationalen oder supranationalen Gebilde voraussetzt. Man kann nicht die Demokratie und die Freiheit verleugnen, wenn man sich auf die überstaatliche Ebene begibt.
    Auch Herr Kollege Furler hat gesagt, er sei damit nicht zufrieden. Er hat den Ausspruch getan, es sei erforderlich, „die Kraft der parlamentarischen Idee zum Ansatz zu bringen". Herr Kollege Furler, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dieses so volltönende Wort erläutern könnten. Wo wollen Sie das zum Ansatz bringen, wenn Sie sich den Vertrag anschauen? Sie haben auch gesagt, die Kompetenzen der Versammlung müßten „laufend erweitert" werden. Wo ist der Ansatzpunkt dazu? Denn Sie als Präsident der Versammlung der Montanunion sollten am ehesten wissen, wieviel Schwierigkeiten


    (Dr. Arndt)

    es bereits in jener Versammlung bisher gemacht hat, zu Kompetenzerweiterungen zu kommen. Ich kann also auch insoweit nur das unterstreichen, was — insbesondere von dem Herrn Kollegen Margulies — hier ausgeführt worden ist.
    Ich möchte es noch um einen Punkt ergänzen. Herr Kollege Furler hat von dem Kontrollrecht der Versammlung gesprochen. Sie haben leider nicht hinzugefügt, daß dieses Kontrollrecht nur mit einer Zweidrittelmehrheit effektuiert werden kann.

    (Abg. Dr. Furler: Das Kontrollrecht besteht gegenüber dem Bericht und gegenüber der Tätigkeit!)

    — Ja, aber das Kontrollrecht muß doch irgendwie auch bewaffnet sein, in der Form, daß Konsequenzen gezogen werden, wenn man mit dem Bericht und der Tätigkeit der Kommission nicht zufrieden ist; und da kann es letzten Endes nur mit einer Zweidrittelmehrheit ausgeübt werden, was Sie nicht gesagt haben. Vor allem ist wichtig, darauf hinzuweisen: dieses Kontrollrecht kann gar nicht ausgeübt werden gegenüber den gesetzgeberischen Befugnissen des Ministerrats. Darauf aber kommt es entscheidend an. Denn was die kommende Europäische Wirtschaftsgemeinschaft von der Montanunion unterscheidet, ist, daß bei ihr das Gewicht der Versammlung noch geringer ist als bei der Montanunion, und zwar ,deshalb, weil hier der Ministerrat eine ungleich größere Bedeutung hat als die der Hohen Behörde der Montanunion entsprechende Europäische Kommission.

    (Präsident D. Dr. Gerstenmaier übernimmt wieder den Vorsitz.)

    Die Versammlung ist kaum mehr als eine Berichtsannahmestelle, oder sie befindet sich in der Rolle des antiken Chores, der den Gang der Handlung nur mit hilflosen Gesängen begleitet hat. In dieser Hinsicht wird die kommende Gemeinschaft noch gar nicht europäisch sein. Ich greife hier ein Wort auf, das der Herr Bundesminister für Wirtschaft zu unser aller Freude endlich heute einmal gesagt hat — wir sagen es seit vielen Jahren —: Dadurch, daß man etwas europäisch nennt, ist es noch lange nicht europäisch!

    (Beifall bei der SPD und beim GB/BHE.)

    Zum Begriff des Europäischen gehört das Freiheitliche, und das fehlt in diesem Entwurf.
    Das ist tief bedenklich im Blick auf den Osten. Denn wenn wir etwas positiv dem Osten gegenüberstellen, so ist es doch die Freiheitlichkeit und die parlamentarische Selbstbestimmung unserer Völker, die wir gerade hier durch dieses bürokratisch entworfene Vertragswerk verkümmern lassen. Man sollte sich in den Kreisen der Bundesregierung nicht im unklaren sein, welche Schwächung das für die demokratische europäische Idee bedeutet. Auch hier dürfte es nach meiner Meinung noch nicht zu spät sein. Ich gebe mich nicht der Illusion hin, daß eine Bundesregierung, die so wenig Rücksicht auf das Parlament nimmt, um nicht zu sagen: die so wenig Achtung vor dem Bundestage hat, nun noch hier im letzten Augenblick das Ganze umstülpen kann. Wohl aber ist es, wie ich sagte, möglich, eine Entwicklungsklausel einzuführen, und wohl sollte es bei der Unterzeichnung des Vertragswerks in Rom nicht daran fehlen, daß man zum Ausdruck bringt, wie unzufrieden — ich hoffe: der ganze Deutsche Bundestag — mit dieser demokratisch-freiheitlich unzureichenden Struktur der Gemeinschaft man ist und daß von deutscher Seite darauf Gewicht gelegt wird, nun tatsächlich alsbald Hand anzulegen, um hier den demokratisch-freiheitlichen Erfordernissen Genüge zu tun.
    Drittens die Frage der Wiedervereinigung. Herr Staatssekretär Hallstein hat gemeint, es sei keine Notwendigkeit, in dem Vertrage etwas über die Wiedervereinigung zu sagen oder die Handlungsfreiheit ganz Deutschlands vorzubehalten; es sei das nicht einmal ratsam, weil man sonst daraus falsche Rückschlüsse oder gar Zweifel ziehen könnte. Nun, meine Damen und Herren, frühere Versäumnisse sind keine Rechtfertigung dafür, dieselben Versäumnisse bis ins Unendliche zu wiederholen.

    (Abg. Dr. Strosche: Sehr gut!)

    Es genügt uns auch nicht die Freundschaftslyrik, die Herr Staatssekretär Hallstein in diesem Zusammenhange angestimmt hat, daß man sich doch auf den guten Willen und die Kameradschaft der anderen Vertragspartner verlassen könne und verlassen müsse. Denn in der Politik geht es um Interessen und zählen nur die harten Tatsachen. Da reicht es nicht aus, daß der Botschafter Herr Ophüls in Brüssel hinter verschlossenen Türen die Erklärung abgegeben hat, die Bundesregierung gehe von der Erwägung aus, daß im Falle der Wiedervereinigung Deutschlands eine Überprüfung des Vertrages stattfinden müsse. Denn jene Erklärung ist in keiner Weise Bestandteil des Vertrages. Sie ist wohl nicht einmal protokolliert, und auch die Zustimmung der anderen Beteiligten ist nicht Gegenstand des Vertragswerkes geworden.
    Wohl aber steht in den Akten das, was in der Assemblée Nationale in Paris der Staatssekretär Herr Faure am 16. Januar 195'7 zur Frage der Wiedervereinigung ausgeführt hat, und das, meine Damen und Herren, klingt anders und klingt so ernst, daß ich es doch für meine Pflicht halte, dem Hause im Wortlaut zu sagen, was Herr Staatssekretär Faure zur Frage der Wiedervereinigung in der Assemblée Nationale ausgeführt hat. Herr Faure hat angeknüpft an Fragen des Abgeordneten Pierre Andre über die Wiedervereinigung und dann gesagt:
    Ich möchte diese Frage ganz offen behandeln. Dies ist ein klassisches Problem, und es stellt sich in der gleichen Form für alle mit der Bundesrepublik abgeschlossenen Abkommen, besonders für die Montanunion, für den Atlantikpakt und für die Pariser Verträge. Indessen gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen den Hypothesen, die ich
    — Herr Faure —
    aufzeigen möchte. Wenn ein wiedervereinigtes Deutschland das Recht hätte zur freien Entscheidung über seinen Verbleib oder Austritt aus den verschiedenen Organisationen, so behielte doch beim Austritt Deutschlands aus dem Atlantikpakt, dem es nachträglich beitrat, der Pakt für die restlichen Mitglieder seine Gültigkeit.
    Herr Faure macht also einen Unterschied zwischen Verträgen, die bei einem Ausscheiden Deutschlands noch ihre Gültigkeit für die übrigen Vertragspartner behielten, und Verträgen, bei denen das nicht der Fall ist. Denn er fährt fort:
    Daher würde der Austritt Deutschlands aus
    der Montanunion, der Westeuropäischen Union,


    (Dr. Arndt)

    dem Gemeinsamen Markt oder Euratom diese Verträge hinfällig machen. M. Pierre André, die fünf anderen Vertragspartner wären keineswegs an die Verträge gebunden, da es sich um einen Gemeinsamen Markt der sechs und nicht der fünf handelt, den wir unterzeichnen werden.
    Faure sagt hier also: Für .die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ist die Zugehörigkeit Deutschlands konstitutiv; ohne sie fällt der ganze Vertrag. Und dann kommt er zu folgenden merkwürdigen Sätzen:
    Indessen hat die Bundesrepublik immer wieder feierlich versichert, daß sie das gesamte deutsche Volk gültig verpflichte. Die Regierung
    — die französische Regierung, meint er —
    versteht die legitimen Gründe dieser These. Sie
    — die französische Regierung —
    hat dessen ungeachtet zugegeben, daß auf der Berliner Konferenz von 1954, um Gespräche mit der Sowjetunion über das Problem der Wiedervereinigung Deutschlands nicht unmöglich zu machen, die Regierung eines wiedervereinigten Deutschland unter der Bedingung, daß sie aus freien Wahlen hervorgegangen ist, die Freiheit der Entscheidung haben könnte.
    Nun kommt die Gegenüberstellung, indem Herr Faure sagt:
    Diese beiden Auffassungen
    — Verpflichtung ganz Deutschlands und Freiheit einer gesamtdeutschen Regierung —
    stellen keinen Widerspruch dar, sondern bedeuten lediglich für den östlichen Teil Deutschlands die Zuerkennung der elementarsten demokratischen Rechte auf Teilnahme an der Bestimmung der Politik ihres Landes im Rahmen des allgemeinen Wahlrechts. Wir sind hier übrigens an den Punkt gelangt, wo Recht und Tatsachen sich begegnen.