Rede von
Dr.
Ludwig
Erhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß mir diese Debatte die Möglichkeit gibt, vor der deutschen und vor der internationalen Öffentlichkeit folgendes mit aller Klarheit auszusprechen.
Es hat in Europa in den letzten neun Jahren wohl kaum einen Staatsmann gegeben, der auf dem wirtschaftlichen Felde so konsequent eine europäische Politik eingeleitet und fortgeführt hat, wie ich das für mich in Anspruch nehme.
Deutschland war das erste Land, und zwar in einer fast ausweglosen Situation, das den Weg der Liberalisierung gegangen ist und das in allen europäischen Gremien, sei es bei der OEEC oder bei der Zahlungsunion, beim GATT oder beim Währungsfonds immer in der Richtung umfassenderer Freiheiten operiert hat. Deutschland war von Anbeginn an bemüht, den Protektionismus zwischen den einzelnen Ländern niederzulegen und den Geist des nationalistischen Egoismus zu überwinden. Wir haben im internationalen Waren-, Dienstleistungswie auch im Geld- und Kapitalverkehr immer größere Freiheiten gesetzt; wir sind in Europa vorangegangen. Aus diesem Grunde kann ich mich füglich mit reinem Gewissen und mit freier Stirne als einen Bekenner Europas ¡bezeichnen.
Das schließt allerdings nicht aus, daß man an manchem Projekt und an manchen Plänen allenthalben .auch einmal die kritische Sonde anlegt. Es ist aber eine Sache noch nicht geheiligt, wenn sie das Adjektiv „europäisch" trägt.
So war es meiner Ansicht nach für mich als Wirtschaftsminister eine Pflicht, ,auch dieses Vertragswerk vor allen Dingen auf seinen volkswirtschaftlichen Inhalt hin zu prüfen. Das habe sich getan, und ich babe auch freimütig vor der Öffentlichkeit meine Meinung dazu gesagt.
Das ist ganz sicher: Wenn ich den Vertrag zum Gemeinsamen Markt nur vom ökonomischen Standpunkt aus zu prüfen hätte, müßte ich vorher fragen, ob denn die bisherigen Anstrengungen zur Zusammenfügung der Länder Europas nicht schon so große Erfolge gezeitigt hätten, daß man vielleicht auf eine besondere Konstruktion hätte verzichten können. Es ist unbestreitbar, daß im Rahmen der OEEC und der EZU überraschend große Erfolge erzielt worden sind, nicht nur was die Steigerung des Handelsvolumens, sondern auch was die Methoden und die Qualität der Zusammenarbeit anlangt.
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haben innerhalb der OEEC die Diskriminierungen beseitigt, den Protektionismus überwunden, die Liberalisierung auf eine hohe Stufe gebracht, wir haben das multilaterale System der Verrechnungaufgebaut. Kurz und gut: Innerhalb der OEEC war die europäische Zusammenarbeit in gutem Fluß und in stetem Fortschreiten. Aber damit ist die Problematik des vorliegenden Vertrags nicht erschöpft. Es ist ja auch deutlich zum Ausdruck gekommen — sowohl in den Ausführungen von Herrn Staatssekretär Hallstein wie auch in den Ihren, Herr Dr. Deist —, daß ein Vertrag über eine Europäische Gemeinschaft auch politische Aspekte hat; ja, ich bin der Meinung, daß diese sogar obenan stehen, daß sie zumindest von den anderen nicht zu trennen sind. Das ist auch der Grund, warum ich in Abwägung aller Gesichtspunkte und in Würdigung aller positiven oder meinetwegen sogar negativen Elemente eindeutig zu dem Schluß gekommen bin, daß dieser Vertrag die Zustimmung dieses Hohen Hauses und die Anerkennung der europäischen Völker finden sollte.
Zu dieser Überzeugung stehe ich auch heute, und ich werde das im einzelnen noch begründen.
Um mir aber nicht vorwerfen zu lassen, daß ich hier irgend etwas verschweigen wollte, was ich draußen in der Öffentlichkeit gesagt habe, möchte ich meine kritischen Anmerkungen wiederholen. Damit beleuchte ich noch einmal, daß das Eigentliche, was meine Aussetzungen ausmachen, nicht eine Kritik gegenüber der europäischen Idee, nichtetwa ein Zurückweichen vor einer europäischen Konstruktion bedeutet, sondern daß meine Bedenken umgekehrt von der Sorge getragen sind, ob die Bestimmungen des Vertrages geeignet sind, rasch und wirksam genug das gesteckte Ziel zu erreichen.
Nicht als ein schlechter Europäer bin ich also an den Vertrag herangegangen, sondern, wie ich glaube, als ein besonders guter Europäer.
Wenn ich glaubte und noch immer glaube, daß man das Ziel rascher erreichen könnte, dann mag der Politiker vielleicht meinen, das sei illusionistisch. Aber man kann mir auf keinen Fall vorwerfen, daß ich meine Kritik aus mangelnder europäischer Gesinnung geübt habe.
Der Gemeinsame Markt, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft scheint mir vor allem deshalb notwendig zu sein, um fernab von weiterreichenden Zielen — etwa. dem einer europäischen Konföderation — bei den europäischen Völkern zunächst einmal idas Bewußtsein einer unlöslichen Schick» salsgemeinschaft zu wecken, ihnen ihre gemeinsame Zukunft vor Augen zu führen und vor :allem in der europäischen Jugend eine Gläubigkei t zu erwecken, daß ein glücklicheres Europa im Werden ist. Und dazu sagte ich, ,daß ein Vertrag, der das alles — zuerst nur auf der ökonomischen Ebene — erst in 12 bis 15 Jahren erreicht, ,die Geister vielleicht nicht bewegen und entzünden könne. Ich hätte also gewünscht, daß der Prozeßschneller vor sich ginge, daß man die Etappen kürzer gesetzt hätte. Da ich in Deutschland in bezug auf wirtschaftlichen Aufbau immerhin einige Erfahrungen habe, wie man sich selbst aus der schlimmsten Situation relativ rasch befreien kann, war ich der Meinung, daß auch jene Länder, 'die heute aus subjektiv begreiflichen Gründen zögern, den Weg etwas schneller hätten durcheilen sollen, — wahrscheinlich zu ihrem eigenen Glück. Das war also einer der Punkte dies Viertrages, die ich kritisch beleuchtet habe.
Das andere Argument wurzelt eigentlich in der gleichen Haltung. Ich sagte und wiederhole es hier: In diesem Vertrag ist ebenso viel von der Angst vor dem Wettbewerb oder von der Furcht, in den Gemeinsamen Markt einzugehen, .erkennbar, als er Bestimmungen enthält, die diesen Gemeinsamen Markt erreichen oder 'erzwingen wollen. Er atmet auf der einen Seite ,die Sorge, was ida alles passieren kann, wenn der Gemeinsame Markt Wirklichkeit wird, und auf der anderen Seite setzt er selbstverständlich die Verpflichtung, allerdings recht. behutsam, in den Gemeinsamen Markt einzugehen. Nach dieser Richtung scheint er mir etwas perfektionistisch zu sein, weil man natürlich nicht alles voraussehen kann, was sich in 15 Jahren ereignen mag. Ja, man hat eigentlich nur voraussehen wollen, was sich nach der negativen Seite hin ereignen
könnte. Es ist nun in idem Vertrag zu wenig Dynamik und zu wenig Überzeugung zu spüren, daß sich die Dinge, wenn wir diesen Weg gehen, sehr viel positiver und fruchtbarer entfalten werden, als das aus dem zaghaften Geist, aus den Buchstaben dies Vertragswerkes ersichtlich wird. Aus diesem Grunde bedaure ich, daß so viele Ausweichklauseln bzw. Ausweichmöglichkeiten in diesem Vertrag enthalten sind und daß er nicht mehr europäische Gläubigkeit setzt.
Dann kommt natürlich hinzu, daß jede Zusammenfassung von einer Reihe von Ländern — hier also von jenen sechs Ländern, die schon in der Montanunion eine erste Verankerung gefunden haben — naturgemäß und ohne es zu wollen, einen gewissen Kontrast nach außen setzt und damit allzuleicht die Gefahr heraufbeschwört, daß sich andere europäische Länder, die auch zu dem freien Europa gehören, diskriminiert fühlen. Diese Sorge ist uns ja allenthalben begegnet. Aus diesem Grunde begrüße ich es besonders, daß hier ausdrücklich erklärt wurde, wie wichtig es ist, neben der Schaffung dieses Gemeinsamen Marktes gleichzeitig möglichst schnell auch zu der Konstruktion einer Freihandelszone hinzufinden, weil damit die Gefahr einer Diskriminierung, oder wäre es auch nur das Gefühl einer Diskriminierung, von den übrigen europäischen Ländern genommen wird. Im übrigen ist natürlich das eine mit dem anderen zwangsläufig verbunden. Ich muß Ihnen ehrlich sagen: auch ich hätte keinen Vertrag machen können, der zwischen jenen sechs Ländern, wenn auch stufenweise, völlige Zollfreiheit setzt, ohne nach außen — das ist das innerste Wesen einer Zollunion — einen gemeinsamen Zolltarif aufzubauen. Es kommt eben nur darauf an, wie hoch dieser Zolltarif dann ist. Ich glaube, da bin ich mit Ihnen, Herr Dr. Deist, einig, aber wohl auch mit allen Persönlichkeiten, die den Vertrag im einzelnen gestaltet haben; d. h. der gemeinsame Zoll darf kein Hochschutzzoll sein.
Ich hätte es auch gerne gesehen, wenn der Vertrag eine Bestimmung enthalten hätte, die besagt, daß in dem gleichen Rhythmus, in dem die Zölle zwischen den sechs Mitgliedstaaten gesenkt werden, zugleich oder doch von der ersten Übergangsperiode an auch eine Senkung der Zölle nach außen, d. h. gegenüber dritten Ländern, Platz greifen müsse. Wir haben diesen Grundsatz aber immerhin in Art. 110 zum Postulat erhoben, in dem es heißt:
Durch die Schaffung einer Zollunion beabsichtigen die Mitgliedstaaten, im gemeinsamen Interesse zur harmonischen Entwicklung des Welthandels, zur schrittweisen Beseitigung der Beschränkungen im internationalen Warenverkehr und zum Abbau der Zollschranken beizutragen.
Dort ist also mindestens der Grundsatz verankert, wenn er auch nicht in Zahlen der Relationen Ausdruck gefunden hat.
Die Gefahr, daß eine Diskriminierung Platz greifen könnte, wird natürlich um so größer, je mehr die Zölle zwischen den sechs Ländern in der vorgesehenen Stufenfolge abgebaut werden.
Darum insbesondere sind wir alle für die Schaffung einer Freihandelszone eingetreten. Aus der Wirtschaftsgemeinschaft kann die Gefahr erwachsen — und dem habe ich Ausdruck gegeben —, daß sich zwischen den sechs Ländern ein besonderer,
ein bedenklicher Geist entwickelt, der zwar nach innen Freiheit setzt und setzen muß, der aber bemüht ist, sich nach außen abzuschirmen. Das habe ich unter der Gefahr einer möglichen europäischen Inzucht verstanden. Sie wird indessen wesentlich gemindert und schließlich behoben, wenn es uns gelingt, das System der Freihandelszone zu errichten.
Was die Assoziierung der Überseegebiete anlangt, so möchte ich eine politische Betrachtung hier außer acht lassen. Selbstverständlich ist damit — wieder aus dem System heraus — die Schaffung einer Art von Präferenzsystem notwendig geworden, und es wird sehr darauf ankommen, in welchem Geist man diese Ordnung handhabt. Daß es nicht gerade ein Vorteil ist, wenn wir die freie Welt noch einmal in Großräume auf teilen und ein Präferenzsystem europäisch-afrikanischer Konvenienz schaffen, bedarf wohl keiner besonderen Unterstreichung. Die möglichen handelspolitischen Schäden sind unverkennbar. Aber auch diese Gefahr kann auf ein Minimum herabgedrückt werden, wenn auch innerhalb dieses umfassenderen Raums eine möglichst liberale Politik getrieben wird, die kein fühlbares Gefälle auftreten läßt.
Im ganzen ist noch folgendes zu sagen. Jedes Land, das einen solchen Vertrag unterzeichnet, muß selbstverständlich auch von einem ganz bestimmten Wollen erfüllt sein und ein ganz bestimmtes Verhalten in seiner Wirtschafts- und Finanzpolitik an den Tag legen. Wir haben eine „Koordinierung" der Wirtschaftspolitik deshalb gewünscht — ich sage das, weil es Herr Dr. Deist beanstandete —, weil eine gemeinsame, d. h. einheitliche Wirtschaftspolitik meiner Ansicht nach überhaupt erst dann möglich wäre, wenn diese sechs Länder auch schon zu einer gemeinsamen politischen Form hingefunden hätten oder wenn, wie es Staatssekretär Hallstein vorgetragen hat, bereits eine echte parlamentarische Verantwortung für die Entscheidungen dieser europäischen Gemeinschaft gegeben wäre. So lange kann es sich tatsächlich nur um eine „Koordinierung" der Wirtschaftspolitik handeln. Das gilt vor allem auch deshalb, weil, wie wir alle wissen, die wirtschafts-, finanz- und währungspolitischen Prinzipien in den einzelnen Ländern zunächst durchaus nicht gleichartig sind, sondern sogar sehr erhebliche Unterschiede aufweisen.
Die mangelnde intervalutare Ordnung nicht nur zwischen den sechs Ländern, sondern leider auf weltweiter Grundlage kann man selbstverständlich auch nicht durch eine Vielzahl von Paragraphen ersetzen. Das ist ein Problem, das nicht insonderheit den Gemeinsamen Markt auszeichnet, sondern die ganze freie Welt und ihre Ordnung angeht. Dieses Problem ist also letzten Endes auch nicht innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu lösen, wenn durch ihn auch manches Übel geheilt werden könnte.
Aus diesem Grunde bin ich hier auch völlig anderer Meinung als Sie, Herr Dr. Deist. Sie meinten, eine ausgeglichene Zahlungsbilanz sei in unserer Zeit nicht mehr der rechte Ordnungsmaßstab, nicht mehr das rechte Ordnungsprinzip, sondern es müßten durch eine „aktive Wirtschaftspolitik" ein wirtschaftliches Gleichgewicht, Preisstabilität, Sicherheit des Arbeitsplatzes, Sicherung des Lebensstandards erstrebt werden. Ja, diese Forderungen können unter Umständen sehr gegensätzlich in sich selbst werden, wenn Sie alles zugleich mittels einer aktiven Wirtschaftspolitik erreichen wollen, die nicht auf eine ausgeglichene Zahlungsbilanz, auf eine gleichgewichtige wirtschaftliche Ordnung hintendiert. Was dabei herauskommt, ist mit absoluter Sicherheit Dirigismus, so wie alle Länder dirigistische Maßnahmen ergreifen müssen, deren Währung nach außen nicht gesund und im Gleichgewicht ist.
Eine meiner kritischen Anmerkungen zum Vertrag war weiter, daß hierin von „Zahlungsbilanzkrisen" gesprochen wird und daß Zahlungsbilanzkrisen automatisch die Möglichkeit eröffnen, Schutzklauseln zur Anwendung zu bringen. Meine Damen und Herren, Zahlungsbilanzkrisen fallen nicht vom Himmel, sondern sie erwachsen aus dem Verhalten der nationalen Volkswirtschaften. Deshalb müßte in einem solchen Vertrag nach meiner Ansicht mehr Bestimmtheit, mehr Kraft auf die Einhaltung gesunder Prinzipien gelegt werden als auf die Möglichkeit, diesen gesunden Prinzipien entweichen zu können und Schutzklauseln dafür in Anspruch nehmen zu dürfen.
Das ist eigentlich das Kernstück meiner Kritik. Aber ich füge gleich hinzu: Ein solcher Vertrag ist ein Kompromiß zwischen sechs Ländern. Ich hätte mir beileibe auch nicht eingebildet, daß ich es zuwege gebracht hätte, alles durchzusetzen, was ich aus der Vorstellung einer idealen Norm heraus an volkswirtschaftlichen Einsichten hätte verwirklicht sehen wollen. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Im übrigen verwahre ich mich aber — und da spreche ich für die ganze Bundesregierung — gegen den Vorwurf, daß wir bei internationalen Verträgen sozusagen immer eine Politik des sozialen Rückschritts betrieben. Das ist einfach nicht wahr. Das ist eine Verleumdung; ich kann es nicht anders bezeichnen.
Der Sozialrat ist in diesem Vertrag als ein beratendes Gremium enthalten, und mehr kann er auch nicht sein. Im übrigen würde meiner Ansicht nach ein Sozialrat seine Funktion — auch nur eine beratende Funktion — nur dann recht erfüllen können, wenn er nicht etwa nur paritätisch aus den Sozialpartnern zusammengesetzt wäre, sondern wenn er alle Volkskreise einschlösse. Denn es gibt in jeder Volkswirtschaft nicht nur Ange- hörige der beiden Sozialpartner, sondern auch noch sehr viele andere Volkskreise wie die freien Berufe, die Rentner; diese gehören dazu.
Wenn Sie einem Sozialrat weitergehende Vollmachten geben wollten und das für richtig hielten, müßten Sie ein frei gewähltes Parlament setzen; das wäre dann echte Demokratie.
Ich darf noch einen anderen Punkt erwähnen; aber ich glaube, Herr Deist, das war nur ein Irrtum Ihrerseits. Die Zölle nach außen sind keine gewogenen Zölle, die zu der Menge der Einfuhr in Beziehung stehen; die Zollsätze wurden einfach addiert und dividiert. Es ist also ein reines
arithmetisches Mittel, kein gewogenes Mittel, das da zustande gekommen ist.
Ich glaube also, ganz deutlich gemacht zu haben, wo ich stehe und daß meine Kritik, wo immer ich sie geübt habe, nicht etwa als eine Flucht aus Europa, als eine Angst vor Europa gedeutet werden kann und nicht etwa von einem deutschen wirtschaftspolitischen Egoismus getragen war, sondern umgekehrt: von der Sehnsucht und dem Verlangen — so wie ich seit neun Jahren praktisch gehandelt habe —, dieses Europa schneller und wirksamer zu bauen und möglichst schnell auf eine gesunde freiheitliche Grundlage zu stellen.
Ich habe nicht von Romantikern gesprochen, sondern ich habe gesagt, es sei eine romantische Vorstellung, zu glauben, daß jeder Vertrag, gleichgültig wie er auch aussehe, dieses Ziel — und im Ziel sind wir uns ganz bestimmt einig — erreichen würde.
Es wird meiner Ansicht nach darauf ankommen — und diese Frage wird die Regierung und dieses Hohe Haus noch zu beschäftigen haben —, daß dieser Vertrag im rechten Geiste, aus der gemeinsamen Verantwortung heraus gehandhabt wird. Wenn Sie nur die Paragraphen nehmen, dann liegen das Gute und das Böse nahe beieinander. Man kann aus einem solchen Vertragswerk dieses oder jenes machen. Aber wenn wir ein freiheitliches Europa bauen wollen — und dieser Wille steht am Anfang —, wird es darauf ankommen, daß die richtigen Menschen mit der richtigen Haltung an dieses Vertragswerk herangehen.
Noch eine Schlußbemerkung, meine Damen und Herren. Wenn ich, der ich, wie gesagt, manche Kritik geübt habe — und ich habe hier nichts von meiner Kritik verschwiegen, ich habe die einzelnen Punkte dieser Kritik hier vor diesem Kreise lückenlos aufgezählt, um deutlich zu machen, was mich zu dieser Kritik bewogen hat —, trotzdem, weil ich zu der Idee des Gemeinsamen Marktes stehe und weil ich vor allen Dingen zutiefst davon überzeugt bin, daß es unser Schicksal ausmacht, auch politisch zusammenzufinden, — wenn ich also trotz mancher kritischen volkswirtschaftlichen Anmerkungen ja sage, dann gilt dieses Bekenntnis, dieses Ja mehr als die Zustimmung von irgendeinem, der sich nicht diese Sorge und so viele Gedanken um das Zustandekommen dieses Vertrages gemacht hat.