Rede:
ID0219803900

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2198

  • date_rangeDatum: 15. März 1957

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 198. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. März 1957 11261 198. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. März 1957 Erweiterung der Tagesordnung 11262 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung der Selbstverwaltung auf dem Gebiet der Sozialversicherung und Angleichung des Rechts der Krankenversicherung im Land Berlin (Selbstverwaltungs- und Krankenversicherungsangleichungsgesetz Berlin — SKAG Berlin) (Drucksache 3127) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes über Änderungen und Ergänzungen von Vorschriften des Zweiten Buches der Reichsversicherungsordnung (Gesetz über Leistungsverbesserungen in der Krankenversicherung) (Drucksache 3280) 11262 A Storch, Bundesminister für Arbeit 11262 B, 11266 C, 11270 B, 11276 C Grantze (CDU/CSU) 11263 D Frau Kalinke (DP [FVP] ) 11264 B, 11265 B, C, 11267 C, 11268 A, 11272 C, 11279 C Dr. Schellenberg (SPD) . . . 11265 A, B, D, 11267 A, D, 11273 D, 11281 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 11265 C Dr. Hammer (FDP) . . . . 11267 B, 11277 A Neumann (SPD) 11269 A Stingl (CDU/CSU) 11271 A Horn (CDU/CSU) 11277 C Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 11273 C, 11281 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 3139) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 3188), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 3194) und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU, DP (FVP) eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 3287) 11281 C Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen und an den Haushaltsausschuß . . . . 11281 C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs (Drucksachen 3186, 2753, zu 2753) in Verbindung mit der Zweiten und dritten Beratung des von den Abgeordneten Rümmele, Dr. Bleiß, Rademacher, Srock u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über allgemeine Höchstgeschwindigkeitsgrenzen für Kraftfahrzeuge (Drucksachen 3187, 3294, zu 3294) 11262 A, 11281 D Berichterstattung: Donhauser (CDU/CSU) (Schriftlicher Bericht) 11283 C Höhne (SPD) (Schriftlicher Bericht) 11284 B Dr. Bergmann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr 11282 A Beschlußfassung 11282 B Nächste Sitzung 11282 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 11283 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs (Drucksache 3186) 11283 C Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den von den Abg. Rümmele, Dr. Bleiß, Rademacher, Srock u. Gen. eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über allgemeine Höchstgeschwindigkeitsgrenzen für Kraftfahrzeuge (Drucksache 3294) . . 11284 B Anlage 4: Nachtrag zum Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den von den Abg. Rümmele, Dr. Bleiß, Rademacher, Srock u. Gen. eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über allgemeine Höchstgeschwindigkeitsgrenzen für Kraftfahrzeuge (zu Drucksache 3294) 11284 C Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Ackermann 16. 3. Arnholz 30. 3. Dr. Atzenroth 15. 3. Dr. Baade 22. 3. Dr. Bartram 15. 3. .Dr. Becker (Hersfeld) 16. 3. Bock 15. 3. Brand (Remscheid) 15. 3. Brandt (Berlin) 15. 3. Brese 15. 3. Brockmann (Rinkerode) 15. 3. Dr. Bucerius 15. 3. Dr. Conring 15. 3. Dannebom 15. 3. Demmelmeier 15. 3. Feldmann 6. 4. Frau Finselberger 15. 4. Dr. Franz 15. 3. Frehsee 15. 3. Freidhof 15. 3. Dr. Friedensburg 15. 3. Gedat 15. 3. Gerns 16. 3. Dr. Gleissner (München) 16. 3. Graaff (Elze) 15. 3. Dr. Greve 23. 3. Heiland 17. 3. Dr. Höck 15. 3. Höfler 15. 3. Huth 15. 3. Jacobi 15. 3. Kiesinger 15. 3. Klingelhöfer 30. 3. Frau Korspeter 22. 3. Kramel 15. 3. Kratz 15. 3. Kroll 15. 3. Dr. Krone 15. 3. Leibing 15. 3. Lermer 15. 3. Frau Lockmann 23. 3. Dr. Löhr 15. 3. Mauk 15. 3. Metzger 15. 3. Dr. Moerchel 15. 3. Moll 1. 4. Dr. Mommer 18. 3. Morgenthaler 30. 4. Müser 15. 3. Frau Nadig 30. 3. Neuburger 15. 3. Neumayer 16. 3. Onnen 15. 3. Dr. Dr. h. c. Pünder 15. 3. Pusch 15. 3. Raestrup 31. 3. Dr. Rehling 15. 3. Dr. Reif 15. 3. Dr. Röder 15. 3. Sabaß 15. 3. Dr. Schäfer (Saarbrücken) 15. 3. Schmücker 16. 3. Dr. Schöne 29. 4. Frau Schroeder (Berlin) 31. 5. Srock 15. 3. Stauch 15. 3. Stegner 16. 3. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Stücklen 15. 3. Unertl 6. 4. Voß 18. 3. Dr. Wellhausen 15. 3. Dr. Welskop 15. 3. Zühlke 18. 3. b) Urlaubsanträge bis einschließlich Becker (Hamburg) 12. 4. Cillien 23. 3. Dr. Köhler 30. 4. Dr. Serres 31. 3. Anlage 2 Drucksache 3186 (Vgl. S. 11281 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (30. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs (Drucksachen 2753, zu 2753). Berichterstatter: Abgeordneter Donhauser Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs - Drucksachen 2753, zu 2753 - wurde in der 165. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 24. Oktober 1956 zur weiteren Beratung an den Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen. Der Ausschuß für Verkehrswesen hat die Drucksachen 2753 und zu 2753 in mehreren Sitzungen eingehend behandelt und sie in seiner Sitzung vom 9. Januar 1957 abschließend beraten. Allgemeines Auf die Begründung zum Gesetzentwurf in den Drucksachen 2753 und zu 2753 wird Bezug genommen. Als der Deutsche Bundestag im Jahr 1952 durch das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs die allgemeinen Höchstgeschwindigkeitsgrenzen für Personenkraftfahrzeuge aufhob, ließ er sich u. a. von der Erwägung leiten, daß durch die gleichzeitig von ihm beschlossenen und die Strafjustiz berührenden Maßnahmen (Einführung des § 315 a und des § 42 m im Strafgesetzbuch) eine fühlbare Besserung der Straßenverkehrssicherheit eintreten werde. Diese Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt - im Gegenteil, die Unfallzahlen sind leider ständig gestiegen: im Jahr 1956 haben sie nach dem vorläufigen Ergebnis etwa 12 645 Tote und 361 134 Verletzte erreicht. Dem Ausschuß für Verkehrswesen erschien es daher unerläßlich, die im Jahr 1952 unter anderen Voraussetzungen vertretene Auffassung zu revidieren. Im einzelnen Nach Artikel 1 des Gesetzentwurfs soll der Bundesminister für Verkehr wiederum ermächtigt werden, Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften über die höchstzulässige Fahrgeschwindigkeit von Personenkraftfahrzeugen zu erlassen. Der Ausschuß für Verkehrswesen hielt (Donhauser) die Wiedereinführung solcher Höchstgeschwindigkeitsgrenzen im Interesse der Hebung der Verkehrssicherheit für dringend geboten. Er hielt diese Maßnahme jedoch für so wichtig, daß sie nach seiner Auffassung nicht durch eine Ministerialverordnung, sondern durch ein formelles Bundesgesetz getroffen werden sollte. Er hat sich dabei insbesondere auch von der Erwägung leiten lassen, daß diese Maßnahme nicht nur von erheblicher Bedeutung für die Straßenverkehrssicherheit sei, sondern daß sie auch weitreichende verkehrspolitische und -wirtschaftliche Auswirkungen haben könne. In der abschließenden Beratung im Ausschuß für Verkehrswesen am 9. Januar 1957 stimmten 10 Mitglieder für und 10 Mitglieder gegen die Annahme des Gesetzentwurfs, was nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages einer Ablehnung des Gesetzentwurfs entspricht. Die Beratung der Artikel 2 bis 4 des Gesetzentwurfs wurde dadurch gegenstandslos, daß der Ausschuß für Verkehrswesen den Artikel 1 ablehnte. Im Ausschuß für Verkehrswesen ergab sich daraufhin die Auffassung, daß die Höchstgeschwindigkeit für Kraftfahrzeuge aller Art durch Initiativgesetz des Deutschen Bundestages geregelt werden soll. Bonn, den 5. Februar 1957 Donhauser Berichterstatter Anlage 3 Drucksache 3294 (Vgl. S. 11281 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (30. Ausschuß) über den von den Abgeordneten Rümmele, Dr. Bleiß, Rademacher, Srock und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über allgemeine Höchstgeschwindigkeitsgrenzen für Kraftfahrzeuge (Drucksache 3187). Berichterstatter: Abgeordneter Höhne Die Drucksache 3187 wurde in der 197. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 14. März 1957 zur weiteren Beratung an den Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen, der die Vorlage noch am gleichen Tag abschließend beraten hat. Zu der in Artikel 1 Nr. 1 — Drucksache 3187 — vorgesehenen Geschwindigkeitsbegrenzung innerhalb geschlossener Ortschaften bestand im Ausschuß Einmütigkeit, es bei der in Aussicht genommenen Begrenzung auf 50 Kilometer je Stunde für sämtliche Kraftfahrzeuge zu belassen. Zu Artikel 1 Nr. 2 — Geschwindigkeitsbegrenzungen außerhalb geschlossener Ortschaften — sprach sich der Ausschuß nach eingehender Prüfung des inzwischen vorgelegten statistischen Materials mit großer Mehrheit bei 2 Stimmenthaltungen für eine gleiche Behandlung von Personenkraftwagen und Krafträdern aus. Der Ausschuß für Verkehrswesen erwartet von allen zuständigen Stellen, daß sämtliche zur Hebung der Verkehrsdisziplin geeigneten Maßnahmen ausgeschöpft werden. Bonn, den 14. März 1957 Höhne Berichterstatter Anlage 4 zu Drucksache 3294 (Vgl. S. 11281 D) Nachtrag zum Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (30. Ausschuß) über den von den Abgeordneten Rümmele, Dr. Bleiß, Rademacher, Srock und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über allgemeine Höchstgeschwindigkeitsgrenzen für Kraftfahrzeuge (Drucksache 3187). Antrag des Ausschusses: Der Bundestag wolle beschließen, dem Artikel 5 folgende Fassung zu geben: „Artikel 5 Das Gesetz tritt am Ersten des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft." Bonn, den 15. März 1957 Der Ausschuß für Verkehrswesen Rümmele Höhne Vorsitzender Berichterstatter
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Das Wort hat die Abgeordnete Frau Kalinke.
    Frau Kalinke (DP[FVP]): Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Meine politischen Freunde von der Deutschen Partei sind der Meinung, daß diejenigen recht haben, die in der Öffentlichkeit fordern, im Deutschen Bundestag sollten jeweils ein halbes Jahr vor Wahlen möglichst keine sozialpolitischen Anträge mehr eingebracht werden. Ich glaube, daß gerade dieser Antrag und die Debatte darüber zeigen — da stimme ich mit den Ausführungen des Kollegen Horn absolut überein —, daß es ungut ist, Probleme von solchem Ausmaß, wie sie eine Reform der Krankenversicherung aufwirft, in den wenigen Sitzungen des Bundestages, die noch bleiben, behandeln zu wollen.
    Über die finanzielle Größenordnung bei Beibehaltung der Berliner sogenannten Errungenschaften ist nicht nur im Blick auf heute, sondern auch im Gedanken an die Zukunft zu sprechen. Man muß sich dabei die Zusammenhänge vor Augen halten und an die Konsequenzen denken, die sich aus der Neugestaltung des Leistungsrechts auf allen anderen Gebieten ergeben. Darauf hat der Herr Arbeitsminister besonders hingewiesen.
    Schließlich muß auch über die Frage der Koordinierung an den Nahtstellen hinsichtlich der Leistungsgestaltung in der Rentenversicherung, in der Unfallversicherung und in der Krankenversicherung nachgedacht werden. Sie kann erst dann richtig übersehen werden, wenn die Verwirklichung der neuen Bestimmungen des Rentengesetzes angelaufen sein wird und wenn man feststellen kann was sich aus dem Versuch der Rehabilitation und aus all den neuen Gedankengängen in der Praxis für die Versicherten ergeben wird. Insbesondere wird abzuwarten sein, welche finanziellen Belastungen nicht nur für die beitragzahlenden Versicherten, sondern auch für die beitragzahlenden Arbeitgeber und damit wiederum über die Preisgestaltung — weil der Sozialversicherungsbeitrag volkswirtschaftlich in die Preisgestaltung eingeht — für alle Konsumenten die Folge sein werden.
    Ich bitte daher mit allem Ernst, nicht die Fehler zu wiederholen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, und bei dem großen Problem einer Krankenversicherungsreform alle Fragen so gründlich wie nur möglich zu prüfen, ehe wir soziale Versprechungen machen, die nachher nicht verwirklicht werden können.
    Der Herr Bundesminister für Arbeit hat gesagt, das Verhältnis der Versicherungsträger zueinander werde uns mancherlei Kopfschmerzen machen. Ich stimme ihm voll zu. Aber auch die Auswirkungen der von ihm vorgelegten Gesetze — nicht nur der Rentenversicherungsreform, sondern auch des Unfallversicherungsgesetzes — machen uns heute schon die allergrößten Kopfschmerzen. Ich glaube, darin sind wir alle in diesem Hause einig.
    Ich möchte also — ohne schon Gesagtes zu wiederholen — ganz besonderen Wert auf die endliche Gesamtschau über die Reformpläne legen. Es ist undenkbar, eine sogenannte kleine Krankenversicherungsreform vorwegzuziehen und damit die Weichen so zu stellen, daß die notwendige große Krankenversicherungsreform dann eines Tages unmöglich wird.
    Lassen Sie mich zu den ganz am Rande angedeuteten Fernzielen neuer organisatorischer Gestaltungen noch ein Wort sagen. Es wäre sehr


    (Frau Kalinke)

    falsch, wenn man Reform nur so verstünde: Es ist nun Jahrzehnte gut gegangen; es muß nun endlich alles anders gemacht werden! Das, was in unserer Krankenversicherung und in unserer Unfallversicherung gut gewesen ist, braucht nicht anders gemacht zu werden. Nur da, wo die absolut andere Gestaltung der Bedürfnisse, ,die Entwicklung der Krankheiten, andere Diagnosen und andere Erkenntnisse uns die Notwendigkeit aufzeigen, bei langanhaltenden Krankheiten nach anderen Grundsätzen zu verfahren, sollen wir sehr genau überlegen, wo wir mit der Reform einsetzen und wie weit die Leistungsgestaltung und das Suchen nach neuen Lösungen zu gehen hat.
    Herr Kollege Schellenberg hat mit Recht darauf hingewiesen, ,daß einzelne Leistungen schon im Mutterschutzgesetz, in der Rehabilitation des Rentengesetzes, in den Familienhilfeleistungen geregelt sind. Gerade hier zeigt sich, wie notwendig eine genaue Überprüfung all dieser Bestimmungen ist. Wir werden in dieser Legislaturperiode sicher noch über die Reform der Kindergeldgesetze sprechen. Familienpolitik muß man auch im Zusammenhang sehen mit den Familienhilfeleistungen der Kranken- und der Rentenversicherung und mit all den gesetzlichen Bestimmungen, nach denen sich die Leistungen überschneiden. Aber auch mit der unterschiedlichen Form der zur Zeit bestehenden gesetzlichen Bestimmungen muß man sich auseinandersetzen! Wenn wir ein klares Bild über die Bedürfnisse, aber auch über die Möglichkeiten von morgen haben wollen, dürfen wir nicht wieder im Eilzugtempo Dinge vorwegziehen. Gerade Sie, Herr Kollege Schellenberg, haben doch mit mir vor diesem Tempo und seinen Gefahren so entschieden und, mir scheint, gerade in diesem Fall mit Recht gewarnt.
    Meine politischen Freunde in der Deutschen Partei und mich erfaßt ein großes Unbehagen, wenn wir daran denken, daß die mittelständischen Betriebe — die Mehrzahl unserer Betriebe sind ja mittelständische und kleinere Betriebe — immer mehr belastet werden sollen. Man kann Sozialpolitik nicht nur vom Standort der organisierten Arbeitnehmer einerseits und des Großbetriebs andererseits sehen. Man muß bei der Gestaltung der Sozialpolitik an alle Gruppen denken.
    Ich möchte hier nicht im einzelnen aufzählen: Rentenversicherungsbeiträge erhöht, Arbeitslosenversicherungsbeit rag erhöht, Versicherungspflichtgrenze ausgeweitet

    (Widerspruch und Zurufe von der SPD)

    und dadurch, Herr Schellenberg, um es ganz deutlich zu sagen, für die mittelständischen Betriebe erhöhter Arbeitslosenversicherungsbeitrag, weil neue Kreise hinzugekommen sind, für die Arbeitgeberanteile gezahlt werden müssen. Es kommen hinzu die Erhöhung der Beträge für die Lohnsummensteuer, auch die weiteren Kosten des Kindergeldgesetzes, das wir ja alle noch verbessern wollen. Es kommen hinzu das Problem der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, dem Sie mit Recht so großes Gewicht geben, und die Reform der Unfallversicherung. Aber wir werden diese Gewichte doch auch prüfen müssen im Hinblick auf die finanzielle Belastung einmal der Beitragszahler, aber auch der Betriebe, die sie zu tragen haben. Wenn dazu noch eine wesentliche Erhöhung des Krankengeldes hinzukommt, ist die Finanzierung solcher Leistungen ohne entsprechende Beitragserhöhung nicht möglich!
    Herr Minister Storch hat zwei Dinge erwähnt: die Preugo — ich glaube, es ist ein berechtigtes Anliegen der Ärzte, daß dieses Problem sehr ernsthaft geprüft und möglichst bald gelöst wird —und die Krankenhauspflegesätze. Wir haben in diesem Bundestag kein Krankenhausgesetz mehr machen können. Meine politischen Freunde und ich wünschen, daß das Problem unserer Krankenhäuser und der Finanzierung ihrer Bedürfnisse im nächsten Bundestag endlich so gelöst wird, daß die höhern Kosten der Krankenhäuser nicht nur zu Lasten der Sozialversicherten und der Ärzte und Krankenschwestern gedeckt werden. Aber der Pflegekostensatz ist nun mal ein Problem, das genauso auf Lösung drängt wie etwa die Erhöhung der Preugo-Richtsätze. Jede Erhöhung des Krankengeldes, jede Änderung der Leistungsgestaltung muß doch bezahlt werden.
    Nun sagt Herr Schellenberg, sein Antrag koste ja nur 240 Millionen DM. Ich weiß wirklich nicht, woher er den Mut zu einer solchen Behauptung nimmt.
    Einer der wichtigsten Punkte in Ihrem Antrag ist der Plan unseres Kollegen Preller, der durch Ihren Gesetzentwurf zum mindesten in Ansatzpunkten verwirklicht werden soll. Wenn die Krankenversicherung zur Verhütung schlimmer Folgen von Krankheiten in Zukunft nicht nur Badekuren und Heilmittel, sondern auch noch den Erholungsurlaub für Rekonvaleszenten bezahlen soll, wenn sie über den Begriff der Sanatoriumskur an Stelle der Krankenhausbehandlung hinaus weitere Leistungen im Rahmen der Gesunderhaltung und unbegrenzt gewähren soll, wenn die Rehabilitation dazu führen wird, daß halbe Kräfte immer wieder eine solche Erholung nötig haben, und diese Erholung von der Krankenversicherung finanziert werden soll, dann, meine Herren und Damen, werden sich Probleme ergeben, deren finanzielles Ausmaß denen, die solche Lösungen fordern, keineswegs klar oder gegenwärtig ist.

    (Abg. Horn: Sehr richtig!)

    Heute ist für das Heilverfahren in der eingeengten und begrenzten Form von unseren Rentenversicherungsträgern eine halbe Milliarde zu bezahlen; und Sie wissen, wie viele Anträge abgelehnt werden müssen, unter welch einengenden Voraussetzungen es nur bewilligt werden kann. Niemand weiß, welche Auswirkungen die Rehabilitation in der Rentenversicherung auf die Beanspruchung der Krankenversicherung haben wird. Niemand weiß, wie diese Belastungen nicht nur auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern auf alle Rentner, auf alle Hausfrauen, auf alle Konsumenten, besonders aber auf die kinderreichen Familien zurückschlagen werden.
    Deshalb gestatten Sie mir, daß ich mit der Zustimmung zur Überweisung an den Ausschuß noch einmal warne. Meine Herren und Damen, lassen Sie uns nicht im leider beginnenden Fieber des Wahlkampfes weitere soziale Versprechungen machen, von denen wir nachher den Berlinern wie den Bundesrepublikanern sagen müßten: „Wir können sie leider nicht verwirklichen."
    Vom Kollegen Horn ist auf die Vorberatungen im Beirat des Herrn Bundesministers für Arbeit hingewiesen worden. Ich glaube, es wird sehr interessant sein, die Meinungen der dort vertretenen und beratenden Geschäftsführer der gesetzlichen Krankenversicherungen sehr genau zu ken-


    (Frau Kalinke)

    nen und zu prüfen. Aber sehr viel wichtiger wird es, glaube ich, sein, daß wir Politiker uns sehr ernsthaft im Gewissen und mit allen Kräften des Verstandes prüfen, ob wir tragbare Lasten und erwünschte soziale Verbesserungen in eine vernünftige Relation bringen können. Für uns ist der Gesamtsozialversicherungsbeitrag unlösbar verbunden auch mit der Steuerbelastung, unlösbar verbunden mit dem Problem des Nettolohnes und unlösbar verbunden mit der volkswirtschaftlichen Frage der Gestaltung unserer Preise. Ich fürchte, daß die gleichen Leute, die heute schreien: „Die Preise gehen hoch!", vergessen, daß sie mit solchen Anträgen dazu beitragen könnten, eine Lawine auszulösen, die über 'die Lohnbewegung, über die Rentenspirale zur Preisgestaltung das Unerfreulichste wäre, was wir gerade unseren kinderreichen Familien, unseren Hausfrauen, unseren Rentnern und all denen, denen Sie so gern etwas versprechen, bescheren könnten. Darum haben Sie bitte Verständnis dafür, daß wir im Ausschuß, dem wir diesen Antrag überweisen, mit aller Verantwortung und mit aller Sorgfalt prüfen, was wir im nächsten Bundestag zu erledigen haben werden: eine Reform der Krankenversicherung da, wo reformiert werden muß, eine Leistungsverbesserung da, wo sie nötig ist, aber soziale Versprechungen nur in dem Maße, wie sie auch eingehalten werden können.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat Herr Abgeordneter Professor Dr. Schellenberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Schellenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viele Dinge, die hier angesprochen wurden, sind gerade ein Beweis dafür, wie schlecht es gewesen ist, die Fragen der Krankenversicherungsreform immer wieder auf die lange Bank zu schieben.

    (Abg. Neumann: Sehr wahr!)

    Ich brauche nur auf die Frage der Arzthonorare und die Frage der Krankenhaussätze zu verweisen. Selbstverständlich haben wir Sozialdemokraten uns sehr genau überlegt, welche Arbeit der Sozialpolitische Ausschuß noch bewältigen kann. Aber wir sind in dieser Beziehung anderer Auffassung als die Regierungsparteien. Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung, daß dieser Bundestag noch die dringendsten Leistungsfragen regeln muß. Deshalb haben wir uns sehr beschränkt. Wir haben Ihnen keinen Gesetzentwurf über die Reform der Krankenversicherung, sondern einen Gesetzentwurf zur Beseitigung ihrer schwersten Mißstände vorgelegt. Daß die Aussteuerung beim Krankenhausaufenthalt und beim Krankengeld ein schwerer Mißstand ist, kann niemand bestreiten, auch Herr Kollege Schäfer nicht. Meine Damen und Herren, auf die Rangfolge in der Dringlichkeit kommt es an. Wir müssen sehr entschieden der Auffassung widersprechen, daß Organisationsgesetze, die Sie unter Punkt 18 a zur Beratung gestellt haben, dringender sind als die Fragen, die die notwendigsten Leistungen zur Sicherung der Gesundheit unserer Menschen betreffen.

    (Beifall bei der SPD.)