Rede von
Anton
Storch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es tut mir sehr leid, daß ich diesen Gesetzentwurf und seine Begründung erst gestern morgen in die Hände bekommen habe und Ihnen deshalb kein genaues Bild über seine finanziellen und praktischen Auswirkungen geben kann. Ich möchte Ihnen aber doch einiges sagen, was bei einer ganz groben Überprüfung des Entwurfs sichtbar wird.
Der Entwurf verlangt in der Familienwochenhilfe für die Zukunft eine Leistung von 150 Mark, die vom Bund ersetzt werden soll. Früher wurden dafür 50 Mark gegeben. Diese 50 Mark werden aber seit Jahren nicht bezahlt; darüber laufen Prozesse. Die 50-Mark-Verpflichtung hätte den Bund ungefähr 20 Millionen Mark gekostet. Das, was in diesem Gesetzentwurf vorgesehen ist, würde den Bund 60 Millionen Mark kosten.
Dann hat Herr Professor Schellenberg darauf hingewiesen, daß wir selbst in unserer Vorlage über die Neuordnung der Unfallversicherung eine Übertragung von Verpflichtungen ¡der Krankenkassen auf die Versicherungsträger der Unfallversicherung vorgesehen haben, und zwar einer Größenordnung von ungefähr 120 Millionen Mark. Das sollte eine echte Entlastung der Krankenversicherung sein, um neu auf uns zukommende Verpflichtungen für die Krankenversicherung abdecken zu können. Wir werden wahrscheinlich die Preugo-Sätze erhöhen müssen, um den berechtigten Forderungen der Ärzte nachzukommen. Wir werden wahrscheinlich Erhöhungen der Krankenhauspflegesätze entgegensehen müssen. Wenn wir uns die dadurch entstehenden Unkosten in der richtigen Höhe vor Augen führen, stellen wir fest, daß diese 120 Millionen Mark dann wahrscheinlich verbraucht sein werden. Deshalb wundere ich mich über die Ausführungen von Herrn Professor Schellenberg über die Kosten dieses Gesetzes. Wie mir mitgeteilt wurde, 'hat er schon bei einer Pressebesprechung das 'ausgeführt, was er jetzt auch zur Begründung des Gesetzentwurfs sagte, nämlich, daß es sich um eine Mehraufwendung von 240 Millionen DM handele. Er geht von folgenden Beträgen aus: 180 Millionen DM auf Kosten ,der Übertragung von Verpflichtungen auf die Unfallversicherung und 60 Millionen DM durch den Bund; das gibt zusammen 240 Millionen DM. Ich sage Ihnen in aller Offenheit: Nach einer ganz groben Überprüfung des Gesetzentwurfs werden die Mehrausgaben meines Erachtens das Doppelte des Betrages von 240 Millionen DM erfordern. Ich glaubte, Ihnen das zu Beginn der Debatte sagen zu müssen. Ich werde alles tun, damit für ,die Ausschußberatung von meinem Hause das nötige Material zur Verfügung steht, damit man sich über die Größenordnung, um die es hier geht, völlig klar ist.
Bei ,der ganzen Neuordnung der sozialen Leistungen müssen wir von einem gewissen Zeitplan ausgehen. Die Rentenreform haben wir hinter uns. Die Änderung der knappschaftlichen Versicherung wird voraussichtlich in kürzester Zeit in zweiter und dritter Lesung in diesem Hohen Hause behandelt werden können. Dann hat der Bundesrat den Gesetzentwurf über die Neugestaltung der Unfallversicherung verabschiedet. Auch dieser Gesetzentwurf wird in kürzester Zeit ,diesem Hohen Hause zur Beratung vorliegen. Man sollte etagenweise weitergehen, damit das Nebeneinander der Verhandlungen über die Gesetze nicht zu einer unorganischen Entwicklung führt. Das Verhältnis der einzelnen Versicherungsträger zueinander — der
Versicherungsträger der Krankenversicherung, der Unfallversicherung und der Rentenversicherung — wird uns sowieso noch allerlei Schwierigkeiten und Kopfschmerzen bereiten. Ich bitte Sie, das bei den Beratungen dieses Gesetzentwurfs sehr wohl zu beachten.