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ID0219502300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 195. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. Februar 1957 11093 195. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 27. Februar 1957. Geschäftliche Mitteilungen 11100 A Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . . 11093 D Vorlage des Berichts des Bundesministers des Innern über die berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Drucksache 2034, 3237) 11093 D Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200, Umdrucke 961, 962, 963) 11093 D Lücker (München) (CDU/CSU) . . 11093 D Kriedemann (SPD) . . . . 11100 A, 11144 C Bauknecht (CDU/CSU) 11109 D Mauk (FDP) 11114 B, 11115 B, C Lahr (FVP) 11115 B, C, 11139 A Elsner (GB/BHE) 11119 D Dr. Preiß (FVP) 11122 A Müller (Wehdel) (DP) 11124 D Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 11128 D Frehsee (SPD) 11132 D Struve (CDU/CSU) 11135 B Lermer (CDU/CSU) 11137 B Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . 11138 D Fassbender (DP) 11140 B Dr. Horlacher (CDU/CSU) 11142 A Ausschußüberweisungen . . . . 11144 D, 11145 A Beschlußfassung zum Entschließungsantrag Umdruck 963 11145 A Nächste Sitzung 11145 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 11145 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Umdruck 961) 11146 A Anlage 3: Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Umdruck 962) 11146 C Anlage 4: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Umdruck 963) 11146 D Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 16. 3. Albers 3. 3. Albrecht (Hamburg) 27. 2. Dr. Arndt 27. 2. Bals 4. 3. Dr. Bartram 27. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 16. 3. Behrisch 2. 3. Bender 1. 3. Berendsen 27. 2. Brese 9. 3. Brück 27. 2. Cillien 2. 3. Dr. Czaja 6. 3. Dr. Dehler 28. 2. Dr. Dresbach 27. 2. Eberhard 28. 2. Frau Finselberger 1. 3. Freidhof 27. 2. Geiger (München) 1. 3. Gerns 16. 3. Giencke 27. 2. Gockeln 2. 3. Dr. Götz 1. 3. Dr. Greve 27. 2. Günther 27. 2. Hahn 28. 2. Häussler 27. 2. Frau Heise 6. 3. Hepp 2. 3. Heye 27. 2. Dr. Höck 28. 2. Höfler 2. 3. Hoogen 1. 3. Frau Dr. Ilk 1. 3. Karpf 27. 2. Kiesinger 9. 3. Frau Kipp-Kaule 27. 2. Koenen (Lippstadt) 1. 3. Dr. Köhler 2. 3. Könen (Düsseldorf) 1. 3. Frau Korspeter 2. 3. Kramel 27. 2. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Kreyssig 1. 3. Kühn (Köln) 27. 2. Kunze (Bethel) 28. 2. Lange (Essen) 27. 2. Dr. Leiske 27. 2. Dr. Leverkuehn 27. 2. Dr. Löhr 27. 2. Lücke 6. 3. Lulay 27. 2. Dr. Mende 28. 2. Merten 1. 3. Metzger 27. 2. Mißmahl 1. 3. Dr. Mocker 28. 2. Morgenthaler 30. 4. Müller-Hermann 27. 2. Neuburger 2. 3. Neumann 1. 3. Neumayer 16. 3. Oetzel 27. 2. Ollenhauer 27. 2. Onnen 27. 2. Pelster 27. . Rademacher 1. .3 Rehs 27. 2 Dr. Reichstein 1. 3. Dr. Rinke 1. 3. Frau Rudoll 27. 2. Ruhnike 28. 2. Ruland 27. 2. Rümmele 27. 2. Dr. Schild (Düsseldorf) 27. 2. Schill (Freiburg) 27. 2. Schloß 27. 2. Dr. Schmid (Frankfurt) 2. 3. Schmücker 16. 3. Schneider (Bremerhaven) 27. 2. Schneider (Hamburg) 2. 3. Frau Schroeder (Berlin) 31. 5. Seiboth 28. 2. Dr. Starke 27. 2. Frau Dr. Steinbiß 28. 2. Stingl 28. 2. Stücklen 6. 3. Wedel 1. 3. Wehr 6. 3. Dr. Wellhausen 27. 2. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Dr. Werber 27. 2. Wolf (Stuttgart) 4. 3. ****) Siehe Anlage 4. b) Urlaubsanträge Abgeordnete(r) bis einschließlich Arnholz 30. 3. Hellenbrock 10. 3. Dr. Keller 9. 3. Moll 1. 4. Dr. Pohle (Düsseldorf) 9. 3. Raestrup 16. 3. Richter 9. 3. Dr. Schranz 11. 3. Srock 9. 3. Anlage 2 Umdruck 961 (Vgl. S. 11139 A, 11144 D) Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Abschnitt B Ziffer II des Grünen Planes 1957 (zu Drucksache 3200) Die Bundesregierung wird ersucht, 1. über die zur Verbilligung von Handelsdünger (Nr. 2 Buchstabe a) bereitgestellten Mittel von 260 Millionen DM hinaus weitere Mittel bereitzustellen, um die bereits eingetretene Preiserhöhung der Phosphatdüngemittel und die angekündigte Preiserhöhung der Stickstoffdüngemittel auszugleichen; 2. bezüglich der Förderung der Verwendung von anerkanntem Kartoffelpflanzgut (Nr. 2 Buchstabe b Absatz 2) ,die teilweise Beschränkung auf bestimmte Betriebsgrößenklassen und Bodennutzungssysteme wegfallen zu lassen; 3. die unter Nr. 2 vorgesehenen Maßnahmen zur rationelleren Gestaltung der Erzeugung dahin zu ergänzen, daß zur Verbilligung des Dieselkraftstoffs ein Betrag eingesetzt wird, der ausreicht, um den Preisstand vom Mai 1956 wiederherzustellen. Gleichzeitig soll ein ausreichender Betrag bereitgestellt werden, um ,eine ,der Dieselkraftstoffverbilligung entsprechende Verbilligung des Vergaserkraftstoffes für Kleinaggregrate in landwirtschaftlichen Betrieben zu erreichen; 4. die unter Nr. 3 Buchstabe a Absatz 3 vorgesehene Beschränkung, wonach der Tierbestand amtlich als seuchenfrei anerkannt sein oder sich nach einem Plan in Sanierung befinden muß, der im Einvernehmen mit der zuständigen Landesbehörde aufgestellt ist, wegfallen zu lassen; 5. die unter Nr. 3 Buchstabe a Absatz 5 vorgesehenen Mittel für Seuchenbekämpfung - siehe auch Überblick unter Ziffer III Nr. 3 Buchstabe a (2) - um 100 Millionen DM auf 120 Millionen DM zu erhöhen; 6. im Zuge der Stärkung der kleinbäuerlichen Geflügelwirtschaft (Nr. 3 Buchstabe b Absatz 7) zur Verjüngung der Bestände und Erhöhung der Legeleistung einen Betrag von 10 Millionen DM als Beihilfe zur Beschaffung von Küken und Junghennen aus anerkannten Vermehrungszuchten bereitzustellen; 7. zusätzlich zu den Maßnahmen unter Nr. 3 Buchstabe b 'einen Betrag von 7,5 Millionen DM zur Wiederherstellung der Rentabilität der Schafhaltung (Stützung des Wollpreises) und einen Betrag von 1,5 Millionen DM zur Förderung der Imkerei (Verbilligung des Futterzuckers) bereitzustellen; 8. zusätzlich zu den Maßnahmen unter Nr. 4 Absatz 1 einen Betrag bereitzustellen, der es ermöglicht, unter Einbeziehung der seit der Währungsumstellung entstandenen 'dinglich gesicherten Schulden den vom letzten Kreditnehmer zu zahlenden Zinssatz auf 4 v. H. zu senken. Bonn, den 27. Februar 1957 Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Anlage 3 Umdruck 962 (Vgl. S. 11140 B, 11144 D) Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 ,und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird verpflichtet, in Anwendung der ihr nach § 1 des Landwirtschaftsgesetzes vorgeschriebenen Mittel der Landwirtschaft für ihre Erzeugnisse kostendeckende Preise zu sichern. Bonn, den 27. Februar 1957 Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Anlage 4 Umdruck 963 (Vgl. S. 11144 B, 11145 A) Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Bericht der Bundesregierung über die Lage ,der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen und stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz zu. Er erwartet, ,daß die Richtlinien zu ihrer Durchführung im Benehmen mit den Ländern umgehend erlassen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung ihre Anstrengungen gemäß § 1 des Landwirtschaftsgesetzes zu verstärken, um den Ausgleich zwischen Ertrag und Aufwand in den landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 5 des Landwirtschaftsgesetzes zu erreichen. Der Bundestag erwartet ferner, daß die Länder sich an den Förderungsmaßnahmen zugunsten der landwirtschaftlichen Erzeugung und ihres Absatzes sowie zur Verbesserung der Agrarstruktur auch mit finanziellen Beiträgen entsprechend der Regelung beim vorjährigen „Grünen Plan" beteiligen. Bonn, den 27. Februar 1957 Dr. Krone und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Lübke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es tut mir leid, daß ich Sie an diesem späten Abend noch aufhalten muß. Es wäre vielleicht richtiger, diese Diskussion auf zwei Tage zu verlegen, damit die Teilnehmer etwas frischer bleiben.

    (Abg. Kriedemann: Wir hatten schon Mühe genug, wenigstens einen vernünftigen Tag dafür zu finden!)

    Ich werde aber nur auf die wesentlichsten Punkte der Diskussion eingehen, sonst dauert es auch von mir aus zu lange.
    Das Wesentliche, was ich festzuhalten bitte — für diejenigen, die nicht in der Materie stehen —, ist die Forderung des Landwirtschaftsgesetzes, Aufwand und Ertrag im bäuerlichen Betrieb in Übereinstimmung zu bringen, und zwar im wesentlichen durch die Steigerung der Ertragsfähigkeit der Betriebe. Von da aus gesehen sind die Fragen der Subventionen als ganz gravierend zu betrachten. Ich behaupte, daß weder im ersten Grünen Plan noch im zweiten Grünen Plan Subventionen vorhanden sind. — Ja, das behaupte ich; ich werde Ihnen das im einzelnen nachweisen können.
    Wir haben mit dem ersten Grünen Plan die sogenannten groben Maßnahmen zur Verminderung der Unkosten im Betrieb durchgeführt. Im Oktober 1953 habe ich mein Amt angetreten mit der


    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    Forderung an die Industrie, sie solle der Landwirtschaft die Preise der Produktionsmittel herabsetzen. Da wir auf diesem Gebiete von der Industrie wenig Entgegenkommen erlebt haben und außerdem eine ganze Menge öffentlicher Ausgaben bestanden — Steuern, Zinsen usw. —, habe ich mich darauf verlegen müssen, als Senkung der Unkosten im wesentlichen die Ermäßigung der Steuern und der Zinsen anzustreben. Auf diesem Gebiete ist doch einiges erreicht worden, z. B. die degressive Abschreibung im Rahmen der Einkommensteuer, kleinere Ermäßigungen der Umsatzsteuer und der Erbschaftsteuer; dann die Anfang 1956 erfolgte Streichung der Umsatzsteuer bei der Verarbeitung von Milch, die allein 100 Millionen DM jährlich ausmachte und weiterläuft, die Streichung der Umsatzsteuer in der Erzeugerstufe, die bei dem Umsatz des vergangenen Jahres 205 Millionen DM ausmacht, und die Streichung der Steuer und des Zollbetrages auf den Diesel-Kraftstoff, die beide zusammen 130 Millionen DM jährlich ausmachen.
    Alle diese Maßnahmen kommen von den Übergangsmaßnahmen zum ersten Grünen Plan und vom ersten Grünen Plan auf den zweiten zu, ohne darin überhaupt erwähnt zu werden. Das bedeutet, daß wir nicht eine Aufwendung von 2212 Millionen haben, sondern genau gesagt von 1647 Millionen DM plus dem Aufkommen, das aus den Ländern fließt. Da kann man wirklich nicht davon sprechen, daß diese Aufwendungen zu niedrig seien, die der Bund doch laufend zu tragen hat: nämlich einmal dadurch, daß die Einnahmen geringer werden, und zum andern dadurch, daß die 1,2 Milliarden DM doch auf den Tisch gelegt werden müssen. Wenn bei diesen Maßnahmen der Unkostensenkung auf der einen Seite oder, wie in diesem Jahre, bei der Milchpreisstützung bzw. Milchpreiserhöhung unter bestimmten Bedingungen eine Preisverbesserung eintritt, ohne daß der Verbraucher belastet wird, dann muß man sagen: da kann man nicht kleinlich verfahren, da kann man auch nicht mit Einzelvorschriften arbeiten; sonst kommen die Mittel nicht schnell genug an den letzten Mann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun möchte ich über die beiden kritisch betrachteten Positionen sprechen, über die Handelsdüngerverbilligung und die Milchpreisstützung. Ich will beim letzten anfangen. Bei der Milchpreisstützung sind als Bedingungen festgelegt, daß erstens nur die erste und die zweite Qualität gestützt wird und daß nur derjenige, der seine Rindviehherde saniert hat oder in das Verfahren zur Sanierung seiner Rindviehherde eintritt, die Unterstützung bekommt; wer sich diesen Verpflichtungen nicht in gleicher Weise wie alle anderen unterziehen will, erhält keine Preisaufbesserung. Damit habe ich einen Anreiz für die Verbesserung des Gesundheitszustandes der Rindviehbestände und vor allen Dingen der gelieferten Milchqualität, wie ich ihn mir stärker gar nicht denken kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Vor allen Dingen gibt es unter allen Maßnahmen, die wir ergriffen haben, keine einzige, die mit einer solchen Kraft die Masse der bäuerlichen Betriebe erfaßt, und ich glaube, darauf kommt es dabei doch auch an.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wenn Sie, Herr Kollege Kriedemann, eben selbst
    zugegeben haben, daß etwa 85 % der Kühe in den
    kleinen und mittleren Betrieben stehen, dann werden Sie auch zugeben, daß 85 % dieser 400 Millionen DM richtig ankommen.

    (Abg. Kriedemann: Aber das Entscheidende ist, was der einzelne davon bekommt und was er damit anfangen kann!)

    — Was er damit anfangen kann, kann ich ihm nicht vorschreiben. Aber wenn ich eine Stützungsmaßnahme durchführe, bei der 85 % des gesamten Stützungsbetrages an die mittleren und kleineren Betriebe fallen, darf man damit ganz zufrieden sein.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Kriedemann.)

    Nun zum Handelsdünger! Wir haben im vorigen Jahr den Handelsdünger nicht einmal, sondern zweimal verbilligt; wir haben praktisch, statt 226 Millionen DM für eine einmalige Düngemittelverbilligung auszuwerfen, zweimal verbilligt und mußten dabei an das vergangene Jahr anschließen, also gewissermaßen eine rückwirkende Verbilligung vornehmen. Wir haben das zusammen mit dem Finanzminister und dem Rechnungshof mit aller Sorgfalt gemacht, damit wir uns nicht, wenn über irgendwelche Durchstechereien geklagt würde, den Zorn der Allgemeinheit zuzögen. Bisher haben wir von einem einzigen Fall gehört, wo Durchstechereien vorgekommen zu sein scheinen; es ist aber noch nicht bekannt, ob Unerfahrenheit oder böser Wille vorliegt.
    Von den zweiten 226 Millionen DM — wahrscheinlich kommen 240 Millionen DM dabei heraus — sind jetzt ungefähr 170 Millionen DM ausgezahlt. Das Ergebnis ist genau das, was ich voriges Jahr vorausgesagt habe, nämlich eine Mehranwendung von Dünger, und zwar insbesondere in den Gebieten, wo ich die Mittel gerade hinbringen wollte. Eine solche Maßnahme kann man zwar nicht genau zielen. In Bayern hat man 18 % mehr Dünger angewendet, während die Mehranwendung im Durchschnitt etwa 11 bis 12 % beträgt. Dabei können wir vorläufig nur drei Viertel des Düngerjahres beobachten. Ich glaube, wir haben Grund, mit dem Ergebnis zufrieden zu sein.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Es ist selbstverständlich richtig, daß auch einzelne dabei sind, die diese Kunstdüngerstützung nicht nötig haben. Als diejenigen, die die Kunstdüngerverbilligung nicht nötig haben, können doch nur die Betriebe in Frage kommen, die nach der Aufstellung auf Seite 89 oben der Vergleichsrechnung standgehalten haben, und das sind noch nicht einmal 10 %.
    Die Milchstützung verläuft in Wirklichkeit noch besser, als es nach außen hin aussieht. Der Anteil der Milch am gesamten Verkaufserlös beträgt in den Futterbaubetrieben in Bayern unter 10 ha 40 %, in den Futterbaubetrieben in Baden-Württemberg 37 %, in den Futterbaubetrieben in Nordrhein-Westfalen 50 %. Bei den Zuckerrübenbaubetrieben, den kleinen wie den großen, in Nordrhein-Westfalen beträgt er 20 %, bei den Hackfruchtbaubetrieben in Hessen bis 10 ha beträgt er auch nur 25 %; wenn ich die größeren Betriebe über 50 ha nehme, wird der Anteil noch geringer. Durch diese Sachlage bin ich voll überzeugt, daß wir mit diesem Vorschlag den richtigen Weg einschlagen.

    (Abg. Kriedemann: Dann viel Glück, Herr Minister!)



    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    — Bei so vielen Angriffen muß ich ja Glück haben; mit Verstand allein kommt man da nicht durch!

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien. —Abg. Kriedemann: Da klatschen die, die sonst nicht mit Ihnen zufrieden sind!)

    — Ich habe ja heute genug bekommen, ich bin ganz zufrieden.

    (Heiterkeit. — Vizepräsident Dr. Jaeger übernimmt den Vorsitz.)

    Wenn noch dazu die Behauptung aufgestellt wird, wie es in der Öffentlichkeit geschieht, der Grüne Bericht sei sehr gut, aber die Nutzanwendung sei schlecht, dann muß ich auch dem sehr scharf widersprechen. Insbesondere wird dabei auf die Behandlung der Futterbaubetriebe hingewiesen, die im vorigen Jahr schlecht abgeschnitten haben und auch in diesem Jahr schlecht abschneiden, wenn auch in diesem Jahr eine deutliche Besserung zu spüren ist, was jeder sieht, der den Grünen Bericht genau studiert.
    Nun darf ich Ihnen einmal sagen, welche Hilfsmaßnahmen der Grüne Bericht als Hilfsmaßnahmen des Staates vorschlägt. Das ist erst einmal Verbesserung der Agrarstruktur, der wasserwirtschaftlichen Verhältnisse usw. Es ist von keinem einzigen Redner betont oder beachtet worden, daß wir bei der Agrarstruktur z. B. für die Flurbereinigung noch 60 Millionen DM im ordentlichen Haushalt haben,

    (Abg. Kriedemann: Doch, doch, das habe ich gesagt!)

    so daß die 165 Millionen praktisch auf 225 Millionen DM erhöht werden.

    (Abg. Kriedemann: Das können Sie bei mir nachlesen!)

    Für die Verbesserung der wasserwirtschaftlichen Verhältnissse haben wir im ordentlichen Haushalt 63 Millionen DM stehen, so daß die 190 Millionen DM, die wir hier drinhaben, noch um 63 Millionen DM verbessert werden. Wir haben gar nicht das Personal, um mehr als dieses Geld zu verbrauchen.

    (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen]: Das kann aber nicht der Maßstab sein!)

    — Bei der Schwierigkeit, dieses Geld zu beschaffen — davon machen Sie sich offenbar keine richtige Vorstellung —, nehme ich für die einzelnen Positionen nur soviel im Jahr, wie ich richtig anwenden kann.

    (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Wann wollen Sie denn damit fertig werden? — Abg. Kriedemann: Wenn der europäische Markt anläuft?!)

    — Ja, ich hoffe, daß wir bis zu dem Zeitpunkt, den wir von der deutschen Seite in diesen Plan hineingebracht haben, nämlich in 12 bis 15 Jahren, mit dem Wesentlichen fertig sind. Wenn die Bauern so mitziehen wie im vergangenen Jahre und mit diesem Interesse und mit diesem Eifer, den sie gezeigt haben, die Selbsthilfemaßnahmen durchführen, kommen wir sicher damit zurecht!

    (Abg. Kriedemann: Gut, das haben wir jetzt schriftlich!)

    — Ja, es wird im Protokoll stehen und nicht von mir gestrichen werden.

    (Abg. Kriedemann: Wer weiß, ob wir dann noch leben!)

    — Sie könnten Glück haben, daß i c h dann nicht mehr lebe.

    (Heiterkeit. — Abg. Kriedemann: Wir warten nicht darauf, Herr Lübke!)

    Ich bin auf diese Verzögerungsmöglichkeit beim Gemeinsamen Markt nicht sehr stolz und bin auch der Meinung, man sollte sie so wenig wie möglich in Anspruch nehmen. Aber wir haben, wenn wir von der Wurst der handelspolitischen Schutzmaßnahmen Jahr für Jahr eine gleiche Scheibe abschneiden, nach vier Jahren die Möglichkeit, zurückzuschauen und zu sehen, was ist. Nach den vier Jahren können wir autonom, ohne auf die anderen angewiesen zu sein, von uns aus diejenigen Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, um etwaige Mißstände zu bereinigen.
    Ich darf ferner darauf hinweisen, daß wir im vorigen Jahr für die agrarstrukturellen Einzelmaßnahmen zusammen 400 Millionen DM eingesetzt haben und in diesem Jahr 551 Millionen. Wir haben uns also ohne die Etatmittel auch auf diesem Gebiete außerordentlich verbessert.
    Weiter wurde von Herrn Kollegen Kriedemann die kostenlose Hergabe des Dokumentarbandes erwähnt. Wir sind damals von vielen Stellen darauf hingewiesen worden, daß das dringend notwendig sei. Vom bayerischen Landwirtschaftsverlag ist uns damals ein Angebot gemacht worden, weil er schon begonnen hatte, ein solches Werk zu verlegen. Wir haben eine bestimmte Anzahl von diesen Dokumentarbänden denjenigen Stellen gegeben, die direkt damit zu tun haben.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Gut!)

    Was das gekostet hat und wie verhandelt wurde, was wir heruntergehandelt haben sowohl an der Anzahl wie am Preis, das können Sie bei uns im Ministerium, wenn Sie wollen, jederzeit einsehen.

    (Abg. Kriedemann: Ich komme darauf zurück, Herr Minister!)

    — Aber bitte sehr! Wenn diese Dinge hier beim Grünen Plan schon eine Rolle spielen, dann antworte ich darauf, um von vornherein zu zeigen, daß bei uns jeder Einblick nehmen kann, jeder. Es soll jedenfalls am Grünen Plan am grünen Holz nichts hängen bleiben;

    (Heiterkeit)

    was wäre dann beim dürren Holz zu befürchten!
    Dann wurden von Herrn Bauknecht verschiedene Wünsche hinsichtlich der Ausgestaltung und der Grundlagen des Grünen Plans geäußert. Ich glaube, darauf kann man sich noch bei den nächsten Besprechungen im einzelnen einigen.

    (Abg. Bauknecht: Gut!)

    Ich möchte darauf hinweisen, daß Herr Kollege Mauk hier eigentlich mit ziemlich groben Mitteln gearbeitet hat. Er hat von Zusammenbrüchen der Preise bei Gemüse und bei allen übrigen Gütern gesprochen. Ich habe ,deshalb einmal die Preise für Schweinefleisch, Milch und Gemüse vom Oktober 1955 und Oktober 1956 zusammenstellen lassen. Dabei kommt das Gemüse am besten weg, obwohl am meisten über den Gemüsemarkt geklagt wird,


    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    den wir zerschlagen haben sollen. Wir haben bei Schweinen im Oktober 1955 ,die Indexzahl 251 und 1956 254. Bei Milch haben wir 1955 189 und 1956 198. Und wir haben bei Gemüse 1955 eine Indexziffer von 141 und im Oktober 1956 von 237.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Die gesamten landwirtschaftlichen Erzeugerpreise hatten im Oktober 1955 einen Stand von 199 und im Oktober 1956 von 208. Diese Zahl ist im Hinblick auf die Unkosten, die ,auf die Landwirtschaft zugekommen sind, viel zu niedrig; daran ist gar kein Zweifel. Aber es ist nicht so, daß die Preise schlechter waren als im vorigen Jahr.

    (Abg. Mauk: Das habe ich nicht gesagt, ganz im Gegenteil!)

    — Ich habe es ausdrücklich notiert. (Abg. Mauk: Nein!)

    - Ja, dann müssen wir uns darüber noch einmal unterhalten. Da müssen wir einmal die stenographische Niederschrift Ihrer Ausführungen ansehen.
    Herr Kollege Mauk sprach dann von der Disparität, die entstanden ist. Ich habe mich in diesen Wettstreit absichtlich nicht eingemischt. Ich habe den Eindruck, daß, wenn man eine Zahl nach draußen bekanntgibt — sie kann heißen, wie sie will —, sofort eine ganze Reihe von Leuten da sind, die das Doppelte und Dreifache verkünden. Wir sind ja jetzt auch schon wieder bei 9 Milliarden DM Fehlbetrag; stellen Sie sich so etwas einmal vor! Man kann derartige Zahlen auf kein einziges wichtiges oder ,grundlegendes Dokument gründen.

    (Abg. Kriedemann: Schließlich lebt der ganze Verein von dieser Behauptung!)

    — Darüber kann ich nichts sagen. — Aber derartige Zahlen sind völlig aus der Luft gegriffen. Es ist unerhört, wie eine Landwirtschaft das aushalten kann, bei einem Umsatz von 15 Milliarden DM einen Verlust von 9 Milliarden DM jährlich zu machen. Voriges Jahr waren es 7, jetzt sind es 9, also 16 Milliarden DM im ganzen. Dann muß es doch zu Ende sein.

    (Heiterkeit in der Mitte. — Abg. Mauk: Warum widerlegen Sie es nicht durch eine eigene Globalrechnung?!)

    — Ich habe, Herr Mauk, ausdrücklich davon Abstand genommen. Die ganzen Unterlagen, die wir über 7200 Betriebe haben, reichen nämlich gar nicht aus, das bis zum letzten zu errechnen. Sie können es wohl für die einzelnen Sparten, also für die Betriebssysteme errechnen. Dann müssen Sie aber noch sehr viele Rechnungen dazu machen. Wir wissen ja sowieso, daß eine Disparität vorhanden ist. Ich habe von mir aus im Grünen Plan gesagt, daß die Situation gegenüber dem Vorjahr sogar verschlechtert ist, aber nicht dadurch, daß etwa die Landwirtschaft weniger oder weil der Grüne Plan nichts geleistet hat, sondern deswegen weil wir die Vergleichsrechnung mit dem anderen Teil unserer Bevölkerung machen, der in 'diesem Jahr diesen gewaltigen Vormarsch auf dem Lohngebiet getan hat.

    (Beifall in der Mitte.)

    Wenn das der Grund 'der Disparität ist, dann
    brauchen wir ja nicht zu verzagen. Wir wollen ja
    hinterher. Es ist doch nicht so, daß die Landwirtschaft nunmehr jedes Jahr mehr Minus macht, jedes Jahr schlechter wirtschaftet. Nein, sie wirtschaftet jedes Jahr besser. Und ich freue mich, daß Kollege Lücker zu Beginn seines Referats gerade auf diese Dinge hingewiesen hat. Ich brauche deshalb seine Worte nicht zu wiederholen.
    Dann hat Kollege Mauk gesagt, daß die Mittel für die Alterssicherung vom Finanzminister gerade in dem Moment gestrichen worden seien, als der Bundeskanzler in Paris für die überseeischen Gebiete ,eine Leistung von 160 oder 170 Millionen DM zugesagt habe. Nun, meine Damen und Herren, diese 70 Millionen DM sind gar nicht gestrichen. Sie können in der stenographischen Niederschrift meiner Ausführungen nachlesen, daß ich in meiner Rede am vergangenen Donnerstag genau das Gegenteil gesagt habe: die Bundesregierung ist bereit, dafür zu sorgen, ,daß die Termine für die Prämienentrichtung und für die Auszahlung des Altersgeldes auf ein en Tag fallen. Das lautet anders, als daß die 70 Millionen DM gestrichen seien.
    Herr Elsner bat um einen Grünen Plan für die Vertriebenen. Vom Kabinett ist beschlossen worden, daß in Zusammenarbeit der zuständigen Bundesministerien ein derartiger Grüner Bericht für die Eingliederung des vertriebenen Landvolkes erstellt wird. Es sind schon einige Grundlagen dazu erarbeitet. Wenn Herr Elsner schon Gelegenheit gehabt hätte, Einsicht zu nehmen — das konnte er aber nicht, weil die Dinge noch in den Ministerien liegen —, dann würde er wahrscheinlich die sehr pessimistische Rede nicht gehalten haben.

    (Abg. Dr. Gille: Hoffentlich kriegen wir also bald Einblick!)

    — Ja, ich hoffe.
    Herr Dr. Preiß meinte, die Unkostensenkung sei ausgeblieben. Ich habe vorhin die einzelnen Positionen aufgeführt. Ich glaube nicht, daß er es so gemeint hat, wie man seine Worte hätte verstehen können. Ich darf noch einmal sagen, was an Unkostensenkung im vorigen Jahr hereingekommen ist. Es waren damals bei dem geringeren Umsatz rund 96 Millionen DM Umsatzsteuer in der Verarbeitung von Milch, sodann die 196 Millionen DM für die Umsatzsteuer in der Erzeugerstufe, ferner die 130 Millionen DM für Dieselkraftstoff und die zweimalige Kunstdüngerverbilligung mit mindestens 450 Millionen DM, also zusammen 870 Millionen DM. Die Bemerkungen, die Herr Kollege Dr. Preiß machte, konnten leicht mißverstanden werden.
    Die widrigen Verhältnisse, die wir auf dem Kapitalmarkt und auf dem Arbeitsmarkt gehabt haben, habe ich von mir aus nicht beeinflussen können. Wir haben trotzdem im vergangenen Jahr immerhin einen Betrag von ungefähr 400 Millionen DM aus dem Kapitalmarkt erhalten.
    Es bleiben die zwei Auswege, die ich in meinen Ausführungen am Donnerstag voriger Woche angegeben habe: entweder das allgemeine Maßhalten und Preissenkung statt ständiger Lohnerhöhung hei hoher Produktivität oder Preiserhöhungen, also günstigeres Preisgefüge für die landwirtschaftliche Seite. Das halte ich auch jetzt aufrecht. Ganz zweifellos wird es in ,der gesamten Wirtschaft ein starkes Ringen gehen, um das Zurückbleiben von Wirtschaftszweigen wie der Landwirtschaft aufzuholen.
    Herr Müller (Wehdel) meinte, daß für die Agrarstruktur nicht genug geschehen sei. Ich glaube, ich


    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    habe diese Frage genügend klargestellt. Ich darf darauf 'hinweisen, daß früher, vor dieser Bundesregierung und vor diesem Bundestag, ähnliche Beträge in bezug auf die Wasserwirtschaft, die Agrarstruktur und die anderen Gebiete, die in dem Grünen Plan angesprochen sind, nicht zur Verfügung gestellt worden sind.

    (Beifall in der Mitte.)

    Das hätte man, glaube ich, auch sagen können; es
    waren bezüglich der Wasserwirtschaft früher im
    Haushaltsplan beachtliche Beträge nicht eingesetzt.

    (das für das Bauerntum, was hier besprochen ist? Manche Kreise in Deutschland sind wenig darüber erfreut, daß im Grünen Plan derartige Summen zur Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe bereitgestellt werden. (Abg. Kriedemann: Meinen Sie auch hier im Hause?)

    — Nein, das weiß ich genau; ich habe das gar nicht mißverstanden. Ich möchte sagen, daß von allen Rednern der einzelnen Fraktionen nicht ein ähnliches Wort gefallen ist. Aber ich weiß es nicht nur aus eigener Kenntnis, sondern auch eine ganze Reihe von Kollegen haben mir das von draußen erzählt, daß in der Öffentlichkeit Äußerungen gemacht worden sind, daß die Landwirtschaft das nicht ,verdiene, daß es für die Landwirtschaft nicht notwendig sei. Ich darf Ihnen sagen, daß der Grüne Bericht ein Dokument ist, das öffentlichen Glauben verdient und glaubwürdig darlegt, daß diese Maßnahmen notwendig sind.

    (Beifall in der Mitte.)

    Man sollte jeden Angriff zurückweisen. Dieses Dokument ist, bevor es hier auf den Tisch kam, nicht nur von alien Kabinettsmitgliedern mit studiert worden, sondern auch im Beirat beraten worden, der ja dafür da ist. Auch ich würde keine Zeile billigen, die nicht den Tatsachen entspräche. Das kann so !landwirtschaftsfreundlich aussehen, wie es will, oder landwirtschaftsfeindlich verstanden werden, das ist mir gleichgültig. Dieses Dokument muß wirklich öffentlichen Glauben verdienen, sonst haben wir die Geschichte in wenigen Jahren kaputtgewirtschaftet.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Weil der Bauer sich in einer besonderen Situation befindet und weil er diese Aufgabe hat, ist ihm diese Ausnahme gewährt warden. Eine Übertragung des Grünen Planes auf andere Bereiche wäre meines Erachtens nicht richtig.
    Mir fällt ein, daß ich auf zwei Dinge noch nicht geantwortet habe, die etwas am Rande liegen, auf die Frage des Wollpreises, die von Herrn Bauknecht erwähnt wurde, und die Frage der Bienen, die Herr 'Müller (Wehdel) erwähnt hat.
    Ich habe mir auf diesen Gebieten die größte Mühe gegeben. Ich bin aber nicht der Meinung, daß diese beiden Dinge in den Grünen Plan gehören. Der Grüne Plan ist für wichtigste Sachen da, für die Steigerung der Ertragsfähigkeit auf Gebieten, die wirklich „hinhauen". Die anderen Dinge muß ich aus meinem Etat machen, oder ich muß mit den anderen Ministern ein Verfahren finden, wie wir z. B. bei der Wolle vorwärtskommen. Die Unterredungen zwischen Herrn Kollegen Strauß, Herrn Kollegen Erhard und mir sind wieder hoffnungsvoll im Gange, ebenso wie die Unterredungen :zwischen
    Herrn Kollegen Schäffer und mir im Gange sind. Wenn ich mit Herrn Kollegen Schäffer nicht einig werde, werde ich die Länder bitten, die geringen Kosten, die wegen der Bienenzucht entstehen, auf ,die Länder zu übernehmen. Ich hoffe, daß ich damit durchkomme. Ich habe also für beide Dinge einen Weg, der mir persönlich recht hoffnungsvoll zu sein scheint.
    Noch einmal zurück zu der Frage: Warum geben wir den Bauern diesen Grünen Plan? Wir haben im Bauerntum eine seit Jahrhunderten und Jahrtausenden bestehende Schicht, die sich durch alle Schwierigkeiten hindurchgerungen hat und die trotz der Schwierigkeiten u. a. auf dem Kapitalmarkt und dem Arbeitsmarkt durch ihren nimmermüden Fleiß und durch ihre Aktivität die Höfe erhalten hat. Wenn wir dieser auf eigene Verantwortung wirtschaftenden, unabhängigen, freien Schicht von Unternehmern nicht helfen, diese Grundlage des eigenen Grund und Bodens zu behalten, dann geht in Deutschland etwas zugrunde, was von jeher ein Strebepfeiler der gesamten gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Ordnung war.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Weil dies so wichtig ist und weil es von grundlegender Bedeutung ist, glaube ich, daß wir uns hier im Hause, auch wenn es später eine andere Zusammensetzung hat und auch wenn einanderer an meiner Stelle steht, mit diesem Thema noch recht lange beschäftigen werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Frehsee.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Frehsee


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, Ihre Zeit sehr lange in Anspruch zu nehmen. Ich will auch nicht noch einmal allgemein zum Grünen Bericht und zum Grünen Plan Stellung nehmen. Das hat für die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei mein Kollege Kriedemann sehr ausführlich getan. Ich habe lediglich die Absicht, zu einigen Äußerungen Stellung zu nehmen, die hier in der Diskussion gefallen sind.
    Fast alle Diskussionsredner haben beklagt, daß die Disparität zwischen Landwirtschaft und Industrie in erster Linie deswegen so groß geworden sei, weil wir in der Industrie einige sehr erhebliche Lohnsteigerungen zu verzeichnen hätten. Ich möchte diese Feststellung doch einmal in das richtige Licht rücken.
    Ich möchte erklären, daß die Arbeitnehmer bei uns in der Bundesrepublik und ihre Gewerkschaften gar kein Interesse an der Steigerung der Nominallöhne haben. Sie haben nur ein Interesse an der Steigerung der Reallöhne. Diese Steigerung der Reallöhne kann durchaus erreicht werden über eine Senkung der Preise für gewerbliche Erzeugnisse. Wenn Sie die Dinge so sehen, meine Damen und Herren, dann sollten die Arbeitnehmer in diesem Staat und die Bauern, die beide an einer Senkung der Preise für gewerbliche Produkte doch so sehr interessiert sind und interessiert sein müssen, sich zusammenfinden, um eine Politik einzuleiten, die in diese Richtung führt.
    Die Tatsache, daß wir zu so erheblichen Lohnsteigerungen gekommen sind, ist doch auf die wirtschaftspolitische Konzeption der Bundesregierung zurückzuführen, die eben keine Preissenkungen


    (Frehsee)

    zum Ergebnis hat, sondern diese Nominallohnsteigerungen in der gewerblichen Wirtschaft, an denen — ich wiederhole das — die Arbeitnehmer in der gewerblichen Wirtschaft ganz bestimmt nicht interessiert sind, genauso wenig, meine Damen und Herren von der Landwirtschaft, wie die Bauern jemals an Nominallohnerhöhungen interessiert sein können, weil diese zumindest Preissenkungen verhindern.
    Ich darf Ihnen in die Erinnerung zurückrufen, daß die Gewerkschaften in den Jahren 1953 und 1954 eine sehr zurückhaltende Lohnpolitik betrieben haben. Sehen Sie die Statistiken nach! In den beiden Jahren sind nur sehr geringfügige Lohnerhöhungen eingetreten, und erst nachdem die dauernden Versprechungen des Herrn Bundesministers für Wirtschaft, eine aktive Konjunkturpolitik und eine Politik der Preissenkungen zu betreiben, keine Ergebnisse gezeitigt haben, ist es zu einer aktiven Lohnpolitik der Gewerkschaften gekommen, und sie hat nun zu den Lohnsteigerungen und zu der Vergrößerung der Disparität zwischen den Einkommen der Landwirtschaft und der Industrie geführt. Das muß immer wieder gesagt werden, auch heute, wo ständig beklagt wird, die Lohnerhöhungen in der gewerblichen Wirtschaft hätten zu dieser Vergrößerung der Disparität zwischen den Einkommen der Landwirtschaft und der Industrie geführt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das haben sie auch!)

    Nun, meine Damen und Herren, zu einer anderen Äußerung, die hier wiederholt gefallen ist, die ich aber nicht mit dieser Schärfe zurückweisen möchte, weil mir scheint, daß es da mehr oder weniger um des Kaisers Bart geht. Das ist die Frage der Differenz zwischen den Landarbeiterlöhnen und den Industriearbeiterlöhnen. Herr Minister Lübke, ich möchte nicht — wie Sie gesagt haben, daß es verschiedentlich draußen geschieht, und wie Sie befürchten — das Doppelte und Dreifache verkünden; ich zitiere wörtlich, wie Sie das soeben gesagt haben. Aber wir sollten in diesem Hause als dem deutschen Bundesparlament die Dinge doch so sehen, wie sie sind. Die Differenz zwischen den Landarbeiterlöhnen und den Industriearbeiterlöhnen beträgt eben nicht 41 Pfennig — wie im Grünen Plan aufgeführt wird und wie hier auch immer gesagt und von fast allen Diskussionsrednern akzeptiert worden ist —; die Differenz ist weitaus größer. Es hat gar keinen Sinn, die Dinge irgendwie zu vernebeln und tendenziös darzustellen. Wir wollen ein objektives Bild von der wirklichen Lage der Landwirtschaft und nicht ein Bild, das die Lage der Landwirtschaft so oder so darstellt.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    Sehen Sie bitte in den Grünen Bericht, den wir doch als eine einigermaßen objektive Grundlage anerkannt haben. Wir waren uns alle einig, daß der diesjährige Grüne Bericht sehr viel besser ist und sehr viel bessere Grundlagen hat als der vorjährige. Darin sind wir uns alle einig. Wir hoffen nur, daß der nächste Grüne Bericht noch besser ist und daß vom dritten Bericht ab alle Grünen Berichte untereinander vergleichbar sein werden. Das konnten wir bei den ersten drei Grünen Berichten noch nicht erzielen. — Sehen Sie auf Seite 36 die Löhne, die vom 1. Mai 1956 ab in der Landwirtschaft gezahlt worden sind. Da kommt eben nicht eine Differenz zu den gewerblichen Löhnen von 41 Pfennig heraus, wie das hier dargestellt worden ist. Bei einem Stundenlohn des angelernten Arbeiters von 1,23 DM und einem Lohn des Spezialarbeiters von 1,33 DM muß doch die Differenz viel größer sein, wenn auf der anderen Seite laut dem Statistischen Wochendienst — den wir alle bekommen und in den wir ab und zu hineinsehen — bei den gewerblichen Löhnen der durchschnittliche Stundenverdienst im Oktober oder November 1956 bei den Männern 202,9 Pfennig und bei den Frauen 126,6 Pfennig betrug. Rechnen Sie die Differenz zwischen 202 Pfennig und 123 Pfennig aus; da kommen eben nicht 41 Pfennig heraus. Es kommen 41 Pfennig nicht einmal dann heraus, wenn Sie den Vergleich nehmen, der dem Grünen Bericht zugrunde liegt. Da sind in 160 Gemeinden unter 5000 Einwohnern 3000 Arbeitnehmer danach gefragt worden, was sie wirklich verdienen.
    Das Ergebnis finden Sie auf Seite 148. Es stellt sich heraus, daß im Durchschnitt des Bundesgebietes der Verdienst bei Männern 4572 und bei Frauen 2596 DM war. Dividieren Sie diese 4572 DM Jahreseinkommen der gewerblichen Arbeiter in 160 Gemeinden durch die Zahl der Arbeitsstunden, die auch erfragt worden ist und festliegt, aber nicht im Grünen Bericht veröffentlicht worden ist — sie ist in dem Bericht in der Zeitschrift „Agrarwirtschaft" Heft 1/1957 veröffentlicht und dort mit 2373 angegeben —, dividieren Sie diese 4572 DM durch die 2373 Stunden, dann kommen Sie schon auf 1,92 DM. Es ergibt sich also auch nach dieser Grundlage, die der Forschungsauftrag bei der Gesellschaft für Agrarpolitik und Agrarsoziologie ergeben hat, eine Differenz von 69 Pf, d. h. eine sehr viel größere Differenz, als sie hier mit 41 Pf genannt ist. Beim Bruttostundenverdienst ergibt sich natürlich eine noch viel größere Differenz.
    Nun, meine Damen und Herren, einige Bemerkungen zu den Indizes, die hier genannt worden sind. Herr Bauknecht hat gesagt, daß der Index der Monatsbarlöhne für männliche Landarbeiter bei 351 DM liege, und der Herr Minister hat am vorigen Donnerstag gesagt, daß der Index der Barlöhne im Durchschnitt aller Lohngruppen 316 DM betrage. Diese Zahlen werden nicht bestritten; sie sind richtig. Aber was besagt dieser Index? Er besagt doch lediglich etwas über die Veränderung von einer bestimmten Grundlage aus. Die Grundlage ist eben entscheidend. Trotz dieser hohen Indizes, die nicht bestritten werden, liegt der durchschnittliche Lohn der Landarbeiter jetzt bei 1,23 DM und liegt der des Melkers, der, wie hier gegesagt worden ist — Herr Kollege Bauknecht, ich bedauere, daß dieses böse Wort gefallen ist —, das Gehalt eines Regierungsrates habe, — —

    (Abg. Bauknecht: Ich habe gesagt: bei einer bestimmten Anzahl von Kühen!)

    — Herr Kollege Bauknecht, eine bestimmte Anzahl Kühe erfordert eine ganz bestimmte Arbeitsleistung. Die Arbeitsleistung eines einzelnen Melkers ist nicht unbegrenzt. Ich weiß auch, woher dieses böse Wort kommt. Es stammt aus einer münsterländischen Bauernzeitung und ist vor etwa vier oder fünf Jahren geprägt worden. Ich habe die Zeitung damals gelesen und erinnere mich der großen Überschrift: „Ein Melker und 1100 Mark". Aber dieser Melker — wir sind dem Fall nachgegangen, Herr Kollege Bauknecht! — hat nicht allein in dem Stall gearbeitet, sondern seine Frau hat ständig mitgearbeitet, ebenso ein sechzehnjähriger Sohn. Das sind drei Arbeitskräfte, die damals diese 1100 DM gehabt haben.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)



    (Frehsee)

    — Ich bestreite doch nicht, Herr Kollege Bauknecht — das wissen Sie ja —, daß die Dinge da nicht in Ordnung sind, und das hat auch die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei nicht bestritten. Aber man darf nicht sagen, daß es Melker gibt, die das Gehalt eines Regierungsrates hätten; das ist einfach nicht richtig.
    Ich schlage Ihnen vor, die Zahl des Grünen Berichts zugrunde zu legen. Danach hat dieser Melker ab 1. Mai 1956, nach der letzten Lohnerhöhung — das ist der gegenwärtige Stand —, einen durchschnittlichen Tarifstundenlohn von 1,33 DM. Wenn Sie nach der Grundlage von 1953 fortschreiben, was auf Grund der Lohnstrukturerhebung von 1953 an Löhnen mehr gezahlt worden ist, als im Tarif steht, dann hat er bestenfalls 1,38 DM pro Stunde. Das Gehalt eines Regierungsrats würde bei diesem Melker mit diesem Stundendurchschnittslohn eine etwa 700stündige Arbeitszeit im Monat verlangen. Da der Monat aber nur 720 Stunden hat, ist das schlechterdings nicht möglich.
    Meine Damen und Herren, ein Wort zu den Kosten der Lohnerhöhung. Auch hier sollten wir versuchen, die Dinge objektiv darzustellen und nicht irrige Vorstellungen zu erwecken. Es ist bei der letzten Lohnbewegung gesagt worden, daß sie 200 Millionen kosten würde. Der Grüne Bericht weist jetzt aus, daß sie nur 89 Millionen kostet. Es ist heute gesagt worden, daß eine 15 %ige Lohnerhöhung 300 Millionen kosten werde. Der Grüne Bericht weist aber aus, daß die Lohnerhöhungen von 1950 bis 1956 insgesamt 46 % betragen haben, wobei natürlich ein erheblicher Rückgang in der Zahl der Arbeitskräfte zu berücksichtigen ist. Aber,
    Herr Kollege Bauknecht, die Lohnerhöhung von 1955, die 6 % betrug, kostete auch nur 89 Millionen DM, obschon in diesen 89 Millionen die 111/2%ige Lohnerhöhung für drei Monate enthalten ist. Diese von den Gewerkschaften geforderte Lohnerhöhung von 20 bis 25 Pfennigen wird etwa 240 bis 260 Millionen DM kosten. Was ich hier sage, wird im Protokoll stehen, und wir werden uns in einem Jahr darüber unterhalten können. Ich wollte nur sagen, daß wir immer versuchen sollten, im Interesse der Sache, die alle, nicht nur die Vertreter der Landwirtschaft, angeht, die Dinge sehr objektiv darzustellen.
    Ein kurzes Wort zur Frage der Alterssicheung. Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei ist der Meinung, daß die Einführung einer Alterssicherung in der Landwirtschaft dringend notwendig ist und nicht nur im sozialpolitischen, sondern auch sehr im agrarpolitischen Interesse liegt. Wir sind der Auffassung, daß eine Regelung gefunden werden muß, die den echten Bedürfnissen Rechnung trägt. Ob der Vorschlag der CDU/CSU diesen Bedürfnissen Rechnung trägt, erscheint uns zweifelhaft. Wir sind ferner der Auffassung, daß für die Anlaufzeit einer solchen Regelung Mittel aus dem Bundesetat bereitgestellt werden müssen. Ob das hier im Grünen Plan geschieht oder an anderer Stelle, ist gleichgültig. Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei steht auf dem Standpunkt, daß für eine Anlaufzeit die notwendigen Mittel gegeben werden müssen — wir denken dabei an den Zeitraum von einem Jahr — und daß im übrigen Zuschüsse aus dem Bundesetat gegeben werden müssen, wie sie auch der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten gewährt werden.
    Die nun durch das Landwirtschaftsgesetz eingeleitete Agrarpolitik, die zu einer Verbesserung der strukturellen Grundlagen unserer westdeutschen Landwirtschaft führen soll mit dem Ziel der Erstellung von Grundlagen, die geeignet sind, die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft entscheidend zu verbessern, um sie im Endeffekt mit den Landwirtschaften anderer Länder wettbewerbsfähig zu machen, bedarf einer konstruktiven Landarbeiterpolitik als eines integrierenden Bestandteils. Ich glaube, wir sind uns darüber einig, daß wir in Deutschland nicht zum Familienbetrieb amerikanischer Art kommen werden, sondern daß wir in Deutschland immer Landarbeiter benötigen werden. Deshalb brauchen wir eine konstruktive Landarbeiterpolitik. Wir müssen in Deutschland Maßnahmen treffen, um einen Landarbeiterstand zu schaffen — wir haben ihn noch nicht —, einen Stand von verheirateten, qualifizierten und seßhaften Landarbeitern, die rechtlich, sozial, wirtschaftlich und gesellschaftlich anderen Arbeitern gleichgestellt sind.

    (Abg. Bauknecht: Wir haben ja schon einiges getan!)

    — Einige Anfänge sind dazu jetzt gemacht.

    (Zuruf von der Mitte: Mit unserer Hilfe!)

    Das ist gut. Ich stehe nicht an, mich dazu positiv zu äußern. Ich möchte nur sagen, daß es nicht bei diesen Anfängen auf dem Gebiet der Löhne bleiben sollte. Hier geschieht auch schon etwas zur Angleichung der Löhne der Landarbeiter an die der gewerblichen Arbeiter. Auf eine andere Art werden wir qualifizierte Arbeitskräfte in der Landwirtschaft nicht halten können.
    Auf dem sozialrechtlichen Gebiet ist eine Angleichung notwendig. Sie wissen, daß die Landarbeiter sehr erfreut darüber gewesen sind, daß der Bundestag einstimmig die Gleichstellung in der Rentenversicherung beschlossen hat und daß in der Arbeitslosenversicherung annähernd eine Gleichstellung erzielt worden ist. In dem Gesetzentwurf zur Neuregelung des Rechts der Unfallversicherung ist jetzt auch die Gleichstellung in der Unfallversicherung vorgesehen.
    Als eine weitere Maßnahme, die zum erstenmal im Grünen Plan unmittelbar gefordert wird, ist die Förderung des Landarbeiterwohnungsbaus anzusehen. 10 Millionen DM sollen dankenswerterweise zur Seßhaftmachung verheirateter Landarbeiter dienen. Das ist ein Anfang, ein guter Anfang. Wir wollen auf diesem Gebiet fortfahren. Wir sollten uns nur in dem Bestreben einig sein, diese 10 Millionen DM im Etat des Bundeslandwirtschaftsministeriums zu behalten, weil es sich hier nicht so sehr um eine wohnungsbaupolitische als vielmehr um eine agrarpolitische und agrarstrukturpolitische Angelegenheit handelt. Wir sollten Landarbeiterstellen nach den Grundsätzen des Siedlungsrechts, nach dem Prinzip der tragbaren Rente, nach der Tragbarkeit der Belastung und nicht nach dem Kostendeckungs- oder Kapitalkostenprinzip errichten, nach denen im Wohnungsbau verfahren wird. Der Landarbeiter kann nicht 35 % seines ohnehin schon geringen Lohnes für die Kapitalkosten verwenden, die aufzubringen sind, auch wenn die Landarbeiterstellen etwa nach dem Prinzip des sozialen Wohnungsbaus errichtet werden. Der Landarbeiter hat einen durchschnittlichen Monatsverdienst von 235 DM. Sie wissen alle, daß monatlich 60, 70 bis 110 DM — je nach-


    (Frehsee)

    dem, ob eine Einliegerwohnung dabei ist — aufgebracht werden müssen, wenn man ein kleines Häuschen halten will. Das sind 35 % des monatlichen Lohnes. Das geht also nicht. Ich möchte deshalb bei dieser Gelegenheit darum bitten, daß wir diese Mittel im Etat des Landwirtschaftsministeriums belassen und daß sie im Wege des Siedlungsverfahrens genutzt werden, damit Landarbeiterstellen errichtet werden.
    Sehr positiv ist auch das zu werten, was hier über die Förderung der Berufsausbildung der Landarbeiter gesagt ist. Eine gute Berufsausbildung der Landarbeiter, der sich zu unterziehen sie durchaus bereit sind, ist in dieser Zeit der Technisierung und Rationalisierung erforderlich: sie ist auch erforderlich, wenn wir die Landwirtschaft leistungsfähiger und wettbewerbsfähig machen wollen. Hier denken wir an Lehrgänge zur Förderung der vorhandenen Landarbeiter, zur Ausbildung zu landwirtschaftlichen Facharbeitern. Sie kennen alle die Fluktuation und die Abwanderung aus Gründen der Arbeitsverfassung. Sie kennen die bekannte Zahl, die von Herrn Professor Priebe damals berechnet worden ist. Fünf von sechs ledigen Landarbeitern müssen aus der Landwirtschaft abwandern, wenn sie sich verheiraten wollen, und auch Landarbeiter wollen sich verheiraten. Deswegen haben wir nur angelernte Arbeitskräfte in der Landwirtschaft.
    Kein Mittel konstruktiver Landarbeiterpolitik ist das auch im Grünen Plan erwähnte Mittel der Hereinnahme italienischer Landarbeiter. Wir sollten diese Sache nur als eine vorübergehende Notlösung ansehen.
    Wir sollten uns nach Kräften bemühen, eine konstruktive Landarbeiterpolitik als Teil der Agrarpolitik hier im Bund und in den Ländern zu betreiben, die in Zukunft der deutschen Landwirtschaft die genügende Zahl seßhafter, verheirateter und qualifizierter Arbeitskräfte beschafft.

    (Beifall bei der SPD.)