Rede:
ID0219502100

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2195

  • date_rangeDatum: 27. Februar 1957

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    2. Deutscher Bundestag — 195. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. Februar 1957 11093 195. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 27. Februar 1957. Geschäftliche Mitteilungen 11100 A Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . . 11093 D Vorlage des Berichts des Bundesministers des Innern über die berufliche und gesellschaftliche Eingliederung der aus der Sowjetzone geflüchteten Jugend (Drucksache 2034, 3237) 11093 D Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200, Umdrucke 961, 962, 963) 11093 D Lücker (München) (CDU/CSU) . . 11093 D Kriedemann (SPD) . . . . 11100 A, 11144 C Bauknecht (CDU/CSU) 11109 D Mauk (FDP) 11114 B, 11115 B, C Lahr (FVP) 11115 B, C, 11139 A Elsner (GB/BHE) 11119 D Dr. Preiß (FVP) 11122 A Müller (Wehdel) (DP) 11124 D Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 11128 D Frehsee (SPD) 11132 D Struve (CDU/CSU) 11135 B Lermer (CDU/CSU) 11137 B Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . . 11138 D Fassbender (DP) 11140 B Dr. Horlacher (CDU/CSU) 11142 A Ausschußüberweisungen . . . . 11144 D, 11145 A Beschlußfassung zum Entschließungsantrag Umdruck 963 11145 A Nächste Sitzung 11145 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 11145 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Umdruck 961) 11146 A Anlage 3: Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Umdruck 962) 11146 C Anlage 4: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Umdruck 963) 11146 D Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 16. 3. Albers 3. 3. Albrecht (Hamburg) 27. 2. Dr. Arndt 27. 2. Bals 4. 3. Dr. Bartram 27. 2. Dr. Becker (Hersfeld) 16. 3. Behrisch 2. 3. Bender 1. 3. Berendsen 27. 2. Brese 9. 3. Brück 27. 2. Cillien 2. 3. Dr. Czaja 6. 3. Dr. Dehler 28. 2. Dr. Dresbach 27. 2. Eberhard 28. 2. Frau Finselberger 1. 3. Freidhof 27. 2. Geiger (München) 1. 3. Gerns 16. 3. Giencke 27. 2. Gockeln 2. 3. Dr. Götz 1. 3. Dr. Greve 27. 2. Günther 27. 2. Hahn 28. 2. Häussler 27. 2. Frau Heise 6. 3. Hepp 2. 3. Heye 27. 2. Dr. Höck 28. 2. Höfler 2. 3. Hoogen 1. 3. Frau Dr. Ilk 1. 3. Karpf 27. 2. Kiesinger 9. 3. Frau Kipp-Kaule 27. 2. Koenen (Lippstadt) 1. 3. Dr. Köhler 2. 3. Könen (Düsseldorf) 1. 3. Frau Korspeter 2. 3. Kramel 27. 2. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Kreyssig 1. 3. Kühn (Köln) 27. 2. Kunze (Bethel) 28. 2. Lange (Essen) 27. 2. Dr. Leiske 27. 2. Dr. Leverkuehn 27. 2. Dr. Löhr 27. 2. Lücke 6. 3. Lulay 27. 2. Dr. Mende 28. 2. Merten 1. 3. Metzger 27. 2. Mißmahl 1. 3. Dr. Mocker 28. 2. Morgenthaler 30. 4. Müller-Hermann 27. 2. Neuburger 2. 3. Neumann 1. 3. Neumayer 16. 3. Oetzel 27. 2. Ollenhauer 27. 2. Onnen 27. 2. Pelster 27. . Rademacher 1. .3 Rehs 27. 2 Dr. Reichstein 1. 3. Dr. Rinke 1. 3. Frau Rudoll 27. 2. Ruhnike 28. 2. Ruland 27. 2. Rümmele 27. 2. Dr. Schild (Düsseldorf) 27. 2. Schill (Freiburg) 27. 2. Schloß 27. 2. Dr. Schmid (Frankfurt) 2. 3. Schmücker 16. 3. Schneider (Bremerhaven) 27. 2. Schneider (Hamburg) 2. 3. Frau Schroeder (Berlin) 31. 5. Seiboth 28. 2. Dr. Starke 27. 2. Frau Dr. Steinbiß 28. 2. Stingl 28. 2. Stücklen 6. 3. Wedel 1. 3. Wehr 6. 3. Dr. Wellhausen 27. 2. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Dr. Werber 27. 2. Wolf (Stuttgart) 4. 3. ****) Siehe Anlage 4. b) Urlaubsanträge Abgeordnete(r) bis einschließlich Arnholz 30. 3. Hellenbrock 10. 3. Dr. Keller 9. 3. Moll 1. 4. Dr. Pohle (Düsseldorf) 9. 3. Raestrup 16. 3. Richter 9. 3. Dr. Schranz 11. 3. Srock 9. 3. Anlage 2 Umdruck 961 (Vgl. S. 11139 A, 11144 D) Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Abschnitt B Ziffer II des Grünen Planes 1957 (zu Drucksache 3200) Die Bundesregierung wird ersucht, 1. über die zur Verbilligung von Handelsdünger (Nr. 2 Buchstabe a) bereitgestellten Mittel von 260 Millionen DM hinaus weitere Mittel bereitzustellen, um die bereits eingetretene Preiserhöhung der Phosphatdüngemittel und die angekündigte Preiserhöhung der Stickstoffdüngemittel auszugleichen; 2. bezüglich der Förderung der Verwendung von anerkanntem Kartoffelpflanzgut (Nr. 2 Buchstabe b Absatz 2) ,die teilweise Beschränkung auf bestimmte Betriebsgrößenklassen und Bodennutzungssysteme wegfallen zu lassen; 3. die unter Nr. 2 vorgesehenen Maßnahmen zur rationelleren Gestaltung der Erzeugung dahin zu ergänzen, daß zur Verbilligung des Dieselkraftstoffs ein Betrag eingesetzt wird, der ausreicht, um den Preisstand vom Mai 1956 wiederherzustellen. Gleichzeitig soll ein ausreichender Betrag bereitgestellt werden, um ,eine ,der Dieselkraftstoffverbilligung entsprechende Verbilligung des Vergaserkraftstoffes für Kleinaggregrate in landwirtschaftlichen Betrieben zu erreichen; 4. die unter Nr. 3 Buchstabe a Absatz 3 vorgesehene Beschränkung, wonach der Tierbestand amtlich als seuchenfrei anerkannt sein oder sich nach einem Plan in Sanierung befinden muß, der im Einvernehmen mit der zuständigen Landesbehörde aufgestellt ist, wegfallen zu lassen; 5. die unter Nr. 3 Buchstabe a Absatz 5 vorgesehenen Mittel für Seuchenbekämpfung - siehe auch Überblick unter Ziffer III Nr. 3 Buchstabe a (2) - um 100 Millionen DM auf 120 Millionen DM zu erhöhen; 6. im Zuge der Stärkung der kleinbäuerlichen Geflügelwirtschaft (Nr. 3 Buchstabe b Absatz 7) zur Verjüngung der Bestände und Erhöhung der Legeleistung einen Betrag von 10 Millionen DM als Beihilfe zur Beschaffung von Küken und Junghennen aus anerkannten Vermehrungszuchten bereitzustellen; 7. zusätzlich zu den Maßnahmen unter Nr. 3 Buchstabe b 'einen Betrag von 7,5 Millionen DM zur Wiederherstellung der Rentabilität der Schafhaltung (Stützung des Wollpreises) und einen Betrag von 1,5 Millionen DM zur Förderung der Imkerei (Verbilligung des Futterzuckers) bereitzustellen; 8. zusätzlich zu den Maßnahmen unter Nr. 4 Absatz 1 einen Betrag bereitzustellen, der es ermöglicht, unter Einbeziehung der seit der Währungsumstellung entstandenen 'dinglich gesicherten Schulden den vom letzten Kreditnehmer zu zahlenden Zinssatz auf 4 v. H. zu senken. Bonn, den 27. Februar 1957 Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Anlage 3 Umdruck 962 (Vgl. S. 11140 B, 11144 D) Entschließungsantrag der Fraktionen der DP, FVP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 ,und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird verpflichtet, in Anwendung der ihr nach § 1 des Landwirtschaftsgesetzes vorgeschriebenen Mittel der Landwirtschaft für ihre Erzeugnisse kostendeckende Preise zu sichern. Bonn, den 27. Februar 1957 Dr. Brühler und Fraktion Dr. Schneider (Lollar) und Fraktion Anlage 4 Umdruck 963 (Vgl. S. 11144 B, 11145 A) Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 3200, zu 3200). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Bericht der Bundesregierung über die Lage ,der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen und stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz zu. Er erwartet, ,daß die Richtlinien zu ihrer Durchführung im Benehmen mit den Ländern umgehend erlassen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung ihre Anstrengungen gemäß § 1 des Landwirtschaftsgesetzes zu verstärken, um den Ausgleich zwischen Ertrag und Aufwand in den landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 5 des Landwirtschaftsgesetzes zu erreichen. Der Bundestag erwartet ferner, daß die Länder sich an den Förderungsmaßnahmen zugunsten der landwirtschaftlichen Erzeugung und ihres Absatzes sowie zur Verbesserung der Agrarstruktur auch mit finanziellen Beiträgen entsprechend der Regelung beim vorjährigen „Grünen Plan" beteiligen. Bonn, den 27. Februar 1957 Dr. Krone und Fraktion
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    Rede von Karl Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)


    (Müller [Wehdel])

    Die Förderung des Wirtschaftswegebaues ist eine Maßnahme, die wir ebenfalls für notwendig halten. Wir begrüßen auch hier sehr die Erhöhung der Mittel.
    Wir bedauern es, daß die Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftslage in den Futterbaubetrieben, die in dem Grünen Bericht so eingehend behandelt werden, nur einen sehr schwachen Niederschlag in dem Ansatz der Geldmittel gefunden haben. Es sind zwar 7 Millionen DM für die Verbesserung der technischen Anlagen in den Futterbaubetrieben vorgesehen; aber ich glaube, daß das längst nicht ausreicht, um die Ertragslage der Futterbaubetriebe, die nach den Feststellungen der zwei Grünen Berichte wirklich die schlechteste ist, zu bessern. Der Beirat hat sehr klar die Möglichkeiten aufgezeigt, mit denen eine grundlegende Besserung der Ertragslage in den Futterbaubetrieben erreicht werden kann. Woran kranken sie? Einmal liegen sie sehr häufig unter ungünstigen Wasserverhältnissen. Andererseits fehlt ihnen der Viehbesatz, um da, wo die Wasserverhältnisse in Ordnung sind, nun mit einem hohen Düngeraufwand eine 'hohe Flächenproduktivität zu erreichen.
    Man stellt so häufig gerade unseren Futterbaubetrieben das holländische Beispiel vor Augen und hält uns die Umsätze entgegen, die der holländische Futterbaubetrieb gegenüber unseren Betrieben hat. Man vergißt aber, daß Holland im Gegensatz zu uns ganz andere Aufwendungen für die Herstellung einer gesunden Produktionsgrundlage in wasserwirtschaftlicher Hinsicht gemacht hat. Wenn ich nur vergleiche, daß das kleine Holland nach der Hochwasserkatastrophe in zwei Jahren 1,6 Milliarden DM für den Küstenschutz, die Verbesserung der Wasserwirtschaft und die Inganghaltung der dortigen Anlagen aufgewendet hat, während wir hier mit Zahlen von 30 bis 40 Millionen rechnen, so zeigt das, welcher kolossale Unterschied zwischen den Förderungsmaßnahmen unserer Nachbarländer und unseren eigenen Maßnahmen besteht.

    (Abg. Kriedemann: Sie müssen das Ding umdrehen, Herr Müller!)

    Ich glaube also, daß die Vorschläge, die der Beirat gemacht hat — Verbesserung der Wasserverhältnisse, billige Kredite zur Aufstockung der Viehbestände und die dann notwendigen Folgemaßnahmen —, wenn sie verwirklicht werden, durchaus geeignet sind, die Futterbaubetriebe von der untersten Stufe der Ertragslage auf einen günstigen Stand zu bringen und sie dann auch an den Subventionen für Düngemittel usw. teilnehmen zu lassen.
    Wir würden es sehr begrüßen, wenn in dieser Richtung etwas mehr geschähe, als es bisher der Fall ist.
    Wir begrüßen auch die Erhöhung der für Beratung ausgesetzten Mittel. Gerade ich, der ich seit 1921 in der landwirtschaftlichen Beratung tätig bin und seit sehr langer Zeit Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Wirtschaftsberatung in Niedersachsen bin, kenne die Bedeutung und auch die großen Leistungen der Wirtschaftsberatung. Ich begrüße es daher sehr, daß wir hier zu einer Erhöhung der Mittel kommen.
    Auf der anderen Seite muß ich leider feststellen, daß in den letzten Jahren die Arbeit der Berater dadurch erschwert, ja beinahe illusorisch geworden ist, daß wir infolge von Maßnahmen der Agrarpolitik den Nutzen der Beratungen nicht buchen konnten. Wir haben im vorigen Jahr den Zweig, den wir gerade für den kleinbäuerlichen Betrieb besonders fördern wollten, nämlich die Geflügelzucht, stark in Angriff genommen und haben Spezialgeflügelzuchtberater eingestellt mit dem Ergebnis, daß die bäuerlichen Betriebe sehr erhebliche Aufwendungen gemacht haben, um ihre Geflügelbestände zu verjüngen, gesunde Stallungen herzustellen und hohe Leistungen zu erzielen. Nun müssen wir aber feststellen, daß wir infolge der unsinnigen Eierimporte heute einen Zusammenbruch des Eierpreises haben, der für den Erzeuger zu einem Eierpreis von 12 bis 14 Pf geführt hat. Daraufhin kann sich der Geflügelzuchtberater auf dem Hof natürlich nicht mehr sehen lassen, weil es eine glatte Fehlinvestition ist.
    Zur Zeit bemühen wir uns mit einer intensiven Beratung, in den Futterbauwirtschaften Nordwestdeutschlands und auch Süddeutschlands zu einer Rationalisierung der Betriebe zu kommen, um bei den ihnen zur Verfügung zu stellenden Kapitalien für die Aufstockung der Viehbestände und die sonstigen Folgemaßnahmen Fehlinvestitionen zu vermeiden. Wenn wir aber nicht gleichzeitig Preiseinbrüche auf dem Viehmarkt infolge überhöhter Gefrierfleischimporte verhindern, haben wir auch dort keinen Erfolg der Beratung zu verzeichnen. Die Beratung hat nur bei ganz stabiler Markt- und Preispolitik Auswirkungen; sonst ist sie ein Fehlschlag, der sich zum Unglück des Beratenen, aber auch zum Fluch für den Berater auswirkt.
    Wir sind uns aber auf der anderen Seite völlig darüber im klaren, daß wir die Disparität, wie sie von meinen Herren Vorrednern mit unterschiedlichen Beträgen — von 4 Milliarden bis 8 und 9 Milliarden DM — errechnet worden ist, nicht


    (Müller [Wehdel])

    allein auf diesem Wege beseitigen können und daß wir das auch durch die vorgenommenen Subventionen allein nicht werden erreichen können. Wir begrüßen es, daß die Subventionen für Düngemittel aufgestockt worden sind, um den erhöhten Verbrauch mit zu subventionieren. Wir befürchten allerdings, daß die Preissteigerungen, die auf uns zukommen bzw. schon da sind, mit dieser Erhöhung noch nicht ausgeglichen werden. Meine Damen und Herren, es hat ja keinen Zweck gehabt, daß wir im vorigen Jahr gesagt haben: Wir wollen 20 % des Düngerpreises subventionieren, und wir bekommen eine 3- oder 5%ige Preiserhöhung, und von dieser Preiserhöhung nehmen wir auch nur 20 % weg, und der Rest muß vom Bauern im Mehrpreis aufgebracht werden, ohne daß er einen Ausgleich auf der Kostenseite für seine Erzeugnisse hat.
    Auf der anderen Seite aber möchte ich Herrn Kriedemann doch einmal die Frage stellen, wie er sich eine Änderung der Subventionierung vorstellt. Ich begreife völlig Ihren Standpunkt, Herr Kollege. Sie sagen, die Subventionierung oder der Düngerverbrauch seien zu unterschiedlich. Der Düngerverbrauch liegt auf der einen Seite, vielleicht in Betrieben, die in den letzten Jahren noch einigermaßen mit einem blauen Auge davongekommen sind, sehr hoch; auf der anderen Seite haben die Futterbaubetriebe oder die süddeutschen Almbetriebe praktisch keinen Nutzen davon. Auch wenn wir die Subvention ändern würden, das heißt, den Mehrverbrauch subventionieren würden — ein Vorschlag, den wir, glaube ich, auch im Ernährungsausschuß schon einmal kurz behandelt haben und der auch von gewissen Seiten der Industrie schon einmal gemacht worden ist —, würde das hier nichts ändern. Warum nicht? Nehmen wir einmal eine Almwirtschaft, die Gülle bereitet und die heute einen außerordentlich niedrigen Düngerverbrauch hat. Sie kauft praktisch nur Superphosphat hinzu, wirft es in die Gülle hinein und hat mit der Gülle plus Superphosphat eine so gute Düngerversorgung, daß sie auch dann, wenn wir den Stickstoff oder andere Düngemittel um 50 % verbilligten, nicht dazu übergehen würde, mehr zu kaufen.

    (Abg. Kriedemann: Wenn der Düngerverbrauch als Grundlage nicht brauchbar ist, sollte man den Dünger nicht subventionieren!)

    Auf der anderen Seite darf ich Ihnen das Gegenstück sagen. Auch die Futterbauwirtschaften bei uns im Norden, die Grünlandwirtschaften, die an sich ihre Flächenproduktivität nach einer Änderung der Wasserverhältnisse erhöhen könnten, können sich heute keinen höheren Düngeraufwand leisten, nicht weil sie ihn nicht bezahlen könnten oder nicht kreditiert bekämen, sondern weil die Wasserverhältnisse so sind, daß es unrationell und sinnlos wäre, mehr da hineinzuschmeißen, als es jetzt geschieht.

    (Abg. Kriedemann: Also profitieren sie von dieser Hilfe nicht!)

    Andererseits ist aber das Gros der Betriebe durchaus aufnahmefähig und dankbar für die Subvention. Und wenn wir uns heute — wie Herr Kollege Bauknecht schon sagte — auch einmal die Verhältnisse in den größeren Intensivbetrieben ansehen, die im Jahre 1955/56 noch mit einem blauen Auge davongekommen sind, so bin ich überzeugt, daß sie
    bei der Entwicklung der Löhne und der sonstigen Unkosten und bei den schweren Fehlschlägen, die sie in der Ernte in den letzten Jahren gehabt haben, bereits im nächsten Jahr ebenfalls mit roten Zahlen dastehen werden.

    (Abg. Kriedemann: Dann werden sie im nächsten Grünen Plan anders behandelt!)

    — Also im großen und ganzen, Herr Kollege Kriedemann, hat sich die Düngersubvention ja ausgewirkt, und das ist für mich entscheidend. Die Landwirtschaft hat darauf angesprochen. Sie hat im ganzen gesehen mehr verbraucht und hat auch eine entsprechend höhere Produktionsleistung gehabt, soweit sie nicht durch Witterungsschäden herabgedrückt worden ist. Wenn sich eine Maßnahme in dieser Weise bewährt, ,dann soll man versuchen, Schönheitsfehler auszubügeln; man soll aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.

    (Abg. Kriedemann: Man soll eine gerechtere Methode für die Verteilung der 260 Millionen an die Teile der Landwirtschaft, die Not leiden, finden!)

    — Herr Kriedemann, ich frage nur, welcher Verwaltungsapparat notwendig ist, um da etwas anderes zu machen.

    (Abg. Kriedemann: Das muß ja nicht über den Dünger geschehen! — Sehr richtig! rechts.)

    — Auch der andere Weg wird sehr hohe Verwaltungskosten erfordern.

    (Abg. Kriedemann: Aber warum denn?)

    Wir haben weiter im vorigen Jahre durch einige steuerliche Maßnahmen die Herabsetzung des Dieselpreises auf den Stand der Nachbarländer gehabt. Wir haben in diesem Jahre seit der Sues-Krise eine erhebliche Verteuerung des Dieseltreibstoffs. Außerdem haben wir gerade in Kleinbetrieben, sowohl in Futterbaubetrieben wie auch in Obst- und Gemüsebaubetrieben und im Weinbau, eine große Anzahl von Vergasermotoren in Kleinaggregaten laufen. Diese Verbraucher von Vergaserkraftstoff haben wir bisher von jeder Verbilligung ausgenommen. Wir würden es also sehr begrüßen, wenn man Möglichkeiten erwägen könnte, auch hier noch zu helfen.
    Nun die zweite große Subventionsmaßnahme, die wir außerordentlich begrüßen und an der wir uns zum Teil mitschuldig fühlen; denn wir haben ja zum vorjährigen Grünen Bericht auf die Notwendigkeit der Milchsubvention als Mittel dafür hingewiesen, ,auf der Einnahmeseite etwas zum Ausgleich der Disparität zu tun. Herr Kriedemann meinte ja auch, diese Maßnahme wirke sich einseitig für die gesunden Betriebe aus. Herr Kriedemann, Herr Bauknecht und andere Vorredner haben Ihnen schon gesagt, daß wir bei der Milchsubventionierung gerade den kleinen und mittleren Betrieben helfen wollen

    (Abg. Kriedemann: Schön wär's ja!) und es auch tun.

    Ich kann Ihnen, Herr Kriedemann, weiter sagen: Wenn wir uns die Gruppe ansehen, die im diesjährigen Grünen Bericht verhältnismäßig gut abschneidet, dann stellen wir fest, daß es die Zuckerrübenbetriebe in Hannover und in NordrheinWestfalen sind. Nun überlegen Sie sich doch bitte einmal folgendes. Beim Dünger erkenne ich Ihre Bedenken an; bei der Milch erkenne ich sie nicht


    (Müller [Wehdel])

    an. Wir haben in den Ackerbaubetrieben Hannovers, in den Molkereien um Hannover, Braunschweig und Hildesheim herum im Augenblick einen Rückgang in der Milchtierhaltung. Ca. 2400 mittlere und größere Ackerbaubetriebe stehen ohne Milchtiere da. Dieselbe Entwicklung sehen Sie hier im Rheinland. Der große Betrieb schafft die Kühe ab, ebenso der mittelgroße Ackerbaubetrieb, und zwar schafft er sie um so eher ab, je größer der Betrieb ist und je mehr Hilfskräfte er für seinen Melkermeister braucht. Einen einzelnen Melker, auch einen Melkermeister, der bereit ist, mit seiner Frau den Kuhstall zu betreuen, kann ich noch zu einigermaßen stabilen Bedingungen bekommen.
    Ich will Ihnen das an meinem eigenen Betrieb erläutern, Herr Kriedemann. Ich habe sonst für meine Wirtschaft eine Faustzahl von einer Kuh auf 10 Morgen Nutzfläche zugrunde gelegt, eine Faustzahl, die für uns oben typisch und praktisch gültig ist. Danach müßte ich mindestens 60, eigentlich 70 Kühe halten. Ich halte 40 und bin unter keinen Umständen bereit, die Kuhzahl zu erhöhen. Warum nicht? Weil ich nicht will, daß morgens, wenn ich aufstehe, mein Schweizer oder mein Melker vor der Kammer steht und sagt: Herr Müller, ich habe keinen Gehilfen mehr; ich muß Leute zum Melken haben.

    (Sehr gut! rechts.)

    Das ist die heutige Situation in der Milchviehhaltung: Was ich an festen Leuten halten kann, wird gehalten, aber sobald die Geschichte unsicher wird, nützen auch die 4 Pfennige nichts; da würden auch keine 6 Pfennige und keine 10 Pfennige etwas nützen. Also es besteht gar nicht die Sorge, daß wir mit dieser Subventionierung nun eine gewaltige Erhöhung der Kuhzahl und eine Überproduktion bekommen.

    (Abg. Kriedemann: Wenn wir uns erst einmal beim Dünger einig sind, werden wir uns auch bei der Milch einig werden!)

    — Nein, nein! Ich glaube, daß wir auf Grund der Milchsubventionierung gerade bei dem klein- und mittelbäuerlichen Betrieb, der mit familieneigenen Arbeitskräften, höchstens mit einem verheirateten Melker, arbeitet und bis zu 20 Kühen hält, vielleicht eine Erhöhung der Kuhzahl bekommen werden, aber nicht beim Großbetrieb. Hier handelt es sich um eine typische Maßnahme zur Hebung der Ertragslage der klein- und mittelbäuerlichen Betriebe.
    Die andere Frage ist, ob wir die Subvention an ,die Qualität, an die Güteklasse und an die TbcFreiheit, die Seuchenfreiheit oder nur an die Qualität binden sollen. Ich weiß nicht, welche Richtlinien man herausgeben wird, um nun zu sagen: Es genügt, wenn sich der Betrieb einem amtlichen Prüfungsverfahren unterwirft. Ich weiß nicht, welche Fristen kommen. Also das ist unsicher! Ich bin heute der Ansicht, daß wir die Bindung an die Güteklassen I und II unter allen Umständen bejahen sollten, daß sich aber die Bindung nicht auf die Seuchenfreiheit erstrecken sollte, sondern daß wir den Betrag für die Seuchenbekämpfung erhöhen sollten, um von dieser Seite her den Anreiz zu bieten, daß weiter in verstärktem Maße bereinigt wird. Wir haben ja mit einem Zuschlag von 1 bis 2 Pfennigen für Tbc-Freiheit in diesen Jahren schon sehr gute Erfolge erzielt. Warum soll man diesen Weg nicht weiter beschreiten, indem man hier die Mittel für die Seuchenbekämpfung erhöht? Außerdem habe ich die Befürchtung, ,daß, wenn wir die 4 Pfennige an die Seuchenfreiheit binden, die Länder den Standpunkt vertreten: Nun brauchen wir ja nichts mehr zu tun; denn nun wird die Geschichte mit den 4 Pfennigen von Bonn aus geregelt.
    Auch die weitere Subventionierung der Stärkesaatkartoffeln halten wir für richtig. Allerdings glaube ich, daß wir den hier gemachten Verwendungsvorschlag ändern müssen; denn wenn wir diesen Vorschlag aufrechterhalten, werden wir das im vorjährigen Grünen Plan gesetzte Ziel von 200 000 ha Mehranbau von Stärkekartoffeln nicht erreichen.
    Für sehr gut halte ich die Erhöhung der Subventionsmittel für die Gemeinschaftsmaschinen. Wir haben gerade in meinem engeren Gebiet, im Regierungsbezirk Stade in den letzten Jahren sehr umfangreiche Erhebungen und Untersuchungen durchgeführt, um einmal festzustellen, welche Kosten durch die Mechanisierung im Einzelbetrieb und bei Lohn- und Gemeinschaftsmaschinen entstehen. Wir sind dabei zu der Überzeugung gekommen, daß wir eine beschleunigte und vernünftige Mechanisierung unserer Betriebe billiger im Wege der Gemeinschaftsmaschinen durchführen können. Mit den Lohn- und Gemeinschaftsmaschinen kommen wir hinsichtlich der Arbeitsmaschinen — nicht hinsichtlich ides Treckers; den will ich gar nicht so stark hervorheben, obwohl er auch in sehr vielen Fällen im Gemeinschaftseinsatz billiger wäre, als wenn jeder mittlere oder kleinere Betrieb sich selbst einen kauft — auf einen Bruchteil der Kosten, die bei der Einzelanschaffung entstehen. Aus diesem Grunde begrüßen wir diesen Punkt sehr.
    Ich möchte noch auf ein anderes Kapitel hinweisen, das bereits wiederholt, vor allen Dingen vom Herrn Kollegen Bauknecht, angesprochen worden ist. Wir vermissen, daß man in diesem Grünen Plan keinen Ausgleich für die außerordentlich großen Ausfälle vorgesehen hat, die wir im Erlös von Brotgetreide in den letzten beiden Jahren gehabt haben. Vielleicht ließ es sich nicht unterbringen, vielleicht spielten auch andere Gründe ,eine Rolle. Wir hoffen, daß das im kommenden Getreidepreisgesetz ausgebügelt wird, obgleich sich nicht alle Schäden ausgleichen lassen, die wir gehabt haben.
    Noch schlimmer ist, daß ein sehr erheblicher Teil unserer Bauern, die in den letzten beiden Jahren Getreide abgeliefert haben, das Vertrauen zu ihren Abnehmern und zu der Methode, nach der ihnen das Getreide abgenommen worden ist, verloren haben.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ich kann dafür aus meinem Betrieb Beispiele anführen. Ich bin weit davon entfernt, zu verlangen, daß ich Wasser bezahlt bekomme. Aber ich muß erwarten, daß ich eine Getreideabrechnung und eine Feststellung der Feuchtigkeitsgrade bekomme, 'die unanfechtbar und nachprüfbar sind. Das haben wir nicht. Ein ganz typisches Beispiel: Ich habe vor drei Wochen von einer Sommersaatroggenprobe vier einheitliche Kleinproben an vier verschiedene Stellen geschickt. Der von diesen Stellen festgestellte Feuchtigkeitsgehalt schwankte zwischen 16,4 und 22 %. Ich bitte, mir einmal zu sagen, ob es ,da nicht berechtigt ist, wenn wir Bauern uns bei der letztjährigen Getreideabrechnung — entschuldigen Sie den harten Ausdruck — betrogen fühlten. Weil


    (Müller [Wehdel])

    die Verhältnisse so sind und weil sie auch dem Ministerium bekannt sind, haben wir im Grünen Plan einen gewissen Ausgleich erwartet. Wir wollen nun hoffen, daß dieser Ausgleich wenigstens mit dem neuen Getreidepreisgesetz und der Änderung der Durchführungsverordnung kommt und daß dann gesunde Verhältnisse eintreten.
    Herr Kollege Bauknecht hat schon darauf hingewiesen, daß Schafe und Bienen in diesem Bericht nicht berücksichtigt sind, obwohl man das eigentlich hätte erwarten müssen. Ich will das nur kurz unterstreichen.
    Ich will nun zum letzten Punkt, nämlich zu der Frage der Konvertierung der Schulden kommen. Der Grüne Plan geht von einer fiktiven Verzinsung von 31/3 % aus. Aus dem Grünen Bericht ist zu ersehen, daß nur 5 oder 6 % der Betriebe eine Kapitalverzinsung erreichen, die über diesenSatz hinausgeht, und daß mindestens 80 % der Betriebe überhaupt keine Kapitalverzinsung herauswirtschaften. Wir wissen, daß wir wegen ,der stark sinkenden Zahlen unserer Beschäftigten gezwungen waren und sind, für Arbeitserleichterungen und auch für Maschinenbeschaffung zu sorgen, wodurch Arbeitskräfte gespart werden, obwohl das —das möchte ich hier einflechten — ein sehr kostspieliges Vergnügen ist. Ich kenne eine große Zahl von Betrieben, bei denen der Barlohnaufwand 1949/ 1950 kaum höher oder nur unwesentlich niedriger war, als er heute ist, bei denen ,aber der Gesamtarbeitskostenaufwand 1949/50 um mindesten 20 % niedriger lag, als er heute liegt.
    Durch die Mechanisierung haben wir in sehr weitem Umfang eine hohe Zinsbelastung bekommen. Wir haben die Mechanisierung ja mit kurzfristigem Geld — Wechselkredite, Wechselzinsen — durchgeführt. Wir haben auch in den zurückliegenden Jahren zum Toil Maschinen für die Arbeit gekauft, die sehr schnell unmodern wurden und schnell verschlissen. Wenn wir heute den ganzen „Segen" unserer Mechanisierung zusammenrechnen — Verzinsung einschließlich Amortisation ,dies in die Maschinen hineingesteckten Kapitals, Reparatur- und Brennstoffkosten —, kommen wir auf ganz erhebliche Unkostensätze. Und wenn wir die ja auch noch wesentlich gestiegenen Löhne berücksichtigen, kann man sagen, daß uns bei weniger Arbeitskräften weit höhere Arbeitskosten beschert wurden, als wir sie in den Jahren 1949/50 oder 1950/51 gehabt haben.
    Wenn wir das etwas reparieren wollen, wird es am ehesten dadurch geschehen können, daß man die Agrarkreditzinsen generell herabsetzt, also eine weitere Zinsverbilligung vornimmt. Das läßt sich auch mit einem sehr geringen Verwaltungsaufwand machen. Ich weiß, daß der eine oderandere sagen wird: Ja, wir wissen aber, daß sich da auch mal einer ein Auto auf Wechsel gekauft hat, und den wollen wir nicht begünstigen. Das sind Ausnahmefälle. Effektiv ist es so, daß die Verschuldung in den Jahren nach der Währungsreform in unseren Gebieten zum allergrößten Teil dadurch entstanden ist, daß bei viel zu hohen Einheitswerten die Lastenausgleichsabgabe — damals die Soforthilfe —mit Krediten bezahlt wurde und daß eine weitgehende Mechanisierung erfolgte, die wir nicht vermeiden konnten, wenn. die Betriebe mit weniger Leuten überhaupt aufrechterhalten werden sollten. Wenn wir die Leute überhaupt halten wollten, mußten wir ihnen die Arbeit an sich erleichtern.
    Diese Verschuldung und die hohe Verzinsung dieser Verschuldung drückt die Betriebe sehr stark und ist auch zum Teil mit schuld an dem sehr hohen Arbeitskostensatz. Dieser Satz schließt ja die Verzinsung und Amortisation der Maschinen mit ein. Ich bin der Ansicht, daß wir in dieser Richtung doch einmal sehr gründliche Überlegungen anstellen sollten, ob nicht der Agrarzinssatz geändert werden kann, indem wir ihn den wirklichen und tatsächlichen Zinsverhältnissen anpassen.
    Ich will schließen. Wir haben wahrscheinlich Ihre Geduld lange genug in Anspruch genommen. Ich möchte mich dem anschließen, was schon eine Reihe von Vorrednern zum Ausdruck gebracht haben. Wir müssen uns darüber klar sein, daß wir die zum Teil sehr hoch angestiegene Disparität auf verschiedenen Wegen beheben können. Wir sind uns dabei völlig darüber klar — ,das möchte ich noch einmal betonen —, daß diese Aufgabe nicht von einem Jahr zum anderen gelöst werden kann. Die Verbesserung der Agrarstruktur hilft uns auf die Dauer gesehen, die Subventionen, die Unkostenverbilligung und die Erhöhung der Preise für unsere Produkte helfen uns auch. Das hilft uns aber nur, wenn uns nicht auf der anderen Seite durch verkehrte Importmaßnahmen .und andere schöne Dinge beim Preis mehr genommen wird, als uns die Subvention bringt.

    (Sehr richtig!)

    Indem Wunsche und der Hoffnung, daß wir in dieser Hinsicht auch von unserer Bundesregierung bei der Durchführung des diesjährigen Grünen Plans im Jahre 1957/58 besser als im letzten Jahr unterstützt werden, möchte ich schließen.

    (Beifall rechts.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Lübke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es tut mir leid, daß ich Sie an diesem späten Abend noch aufhalten muß. Es wäre vielleicht richtiger, diese Diskussion auf zwei Tage zu verlegen, damit die Teilnehmer etwas frischer bleiben.

    (Abg. Kriedemann: Wir hatten schon Mühe genug, wenigstens einen vernünftigen Tag dafür zu finden!)

    Ich werde aber nur auf die wesentlichsten Punkte der Diskussion eingehen, sonst dauert es auch von mir aus zu lange.
    Das Wesentliche, was ich festzuhalten bitte — für diejenigen, die nicht in der Materie stehen —, ist die Forderung des Landwirtschaftsgesetzes, Aufwand und Ertrag im bäuerlichen Betrieb in Übereinstimmung zu bringen, und zwar im wesentlichen durch die Steigerung der Ertragsfähigkeit der Betriebe. Von da aus gesehen sind die Fragen der Subventionen als ganz gravierend zu betrachten. Ich behaupte, daß weder im ersten Grünen Plan noch im zweiten Grünen Plan Subventionen vorhanden sind. — Ja, das behaupte ich; ich werde Ihnen das im einzelnen nachweisen können.
    Wir haben mit dem ersten Grünen Plan die sogenannten groben Maßnahmen zur Verminderung der Unkosten im Betrieb durchgeführt. Im Oktober 1953 habe ich mein Amt angetreten mit der


    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    Forderung an die Industrie, sie solle der Landwirtschaft die Preise der Produktionsmittel herabsetzen. Da wir auf diesem Gebiete von der Industrie wenig Entgegenkommen erlebt haben und außerdem eine ganze Menge öffentlicher Ausgaben bestanden — Steuern, Zinsen usw. —, habe ich mich darauf verlegen müssen, als Senkung der Unkosten im wesentlichen die Ermäßigung der Steuern und der Zinsen anzustreben. Auf diesem Gebiete ist doch einiges erreicht worden, z. B. die degressive Abschreibung im Rahmen der Einkommensteuer, kleinere Ermäßigungen der Umsatzsteuer und der Erbschaftsteuer; dann die Anfang 1956 erfolgte Streichung der Umsatzsteuer bei der Verarbeitung von Milch, die allein 100 Millionen DM jährlich ausmachte und weiterläuft, die Streichung der Umsatzsteuer in der Erzeugerstufe, die bei dem Umsatz des vergangenen Jahres 205 Millionen DM ausmacht, und die Streichung der Steuer und des Zollbetrages auf den Diesel-Kraftstoff, die beide zusammen 130 Millionen DM jährlich ausmachen.
    Alle diese Maßnahmen kommen von den Übergangsmaßnahmen zum ersten Grünen Plan und vom ersten Grünen Plan auf den zweiten zu, ohne darin überhaupt erwähnt zu werden. Das bedeutet, daß wir nicht eine Aufwendung von 2212 Millionen haben, sondern genau gesagt von 1647 Millionen DM plus dem Aufkommen, das aus den Ländern fließt. Da kann man wirklich nicht davon sprechen, daß diese Aufwendungen zu niedrig seien, die der Bund doch laufend zu tragen hat: nämlich einmal dadurch, daß die Einnahmen geringer werden, und zum andern dadurch, daß die 1,2 Milliarden DM doch auf den Tisch gelegt werden müssen. Wenn bei diesen Maßnahmen der Unkostensenkung auf der einen Seite oder, wie in diesem Jahre, bei der Milchpreisstützung bzw. Milchpreiserhöhung unter bestimmten Bedingungen eine Preisverbesserung eintritt, ohne daß der Verbraucher belastet wird, dann muß man sagen: da kann man nicht kleinlich verfahren, da kann man auch nicht mit Einzelvorschriften arbeiten; sonst kommen die Mittel nicht schnell genug an den letzten Mann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun möchte ich über die beiden kritisch betrachteten Positionen sprechen, über die Handelsdüngerverbilligung und die Milchpreisstützung. Ich will beim letzten anfangen. Bei der Milchpreisstützung sind als Bedingungen festgelegt, daß erstens nur die erste und die zweite Qualität gestützt wird und daß nur derjenige, der seine Rindviehherde saniert hat oder in das Verfahren zur Sanierung seiner Rindviehherde eintritt, die Unterstützung bekommt; wer sich diesen Verpflichtungen nicht in gleicher Weise wie alle anderen unterziehen will, erhält keine Preisaufbesserung. Damit habe ich einen Anreiz für die Verbesserung des Gesundheitszustandes der Rindviehbestände und vor allen Dingen der gelieferten Milchqualität, wie ich ihn mir stärker gar nicht denken kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Vor allen Dingen gibt es unter allen Maßnahmen, die wir ergriffen haben, keine einzige, die mit einer solchen Kraft die Masse der bäuerlichen Betriebe erfaßt, und ich glaube, darauf kommt es dabei doch auch an.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wenn Sie, Herr Kollege Kriedemann, eben selbst
    zugegeben haben, daß etwa 85 % der Kühe in den
    kleinen und mittleren Betrieben stehen, dann werden Sie auch zugeben, daß 85 % dieser 400 Millionen DM richtig ankommen.

    (Abg. Kriedemann: Aber das Entscheidende ist, was der einzelne davon bekommt und was er damit anfangen kann!)

    — Was er damit anfangen kann, kann ich ihm nicht vorschreiben. Aber wenn ich eine Stützungsmaßnahme durchführe, bei der 85 % des gesamten Stützungsbetrages an die mittleren und kleineren Betriebe fallen, darf man damit ganz zufrieden sein.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Kriedemann.)

    Nun zum Handelsdünger! Wir haben im vorigen Jahr den Handelsdünger nicht einmal, sondern zweimal verbilligt; wir haben praktisch, statt 226 Millionen DM für eine einmalige Düngemittelverbilligung auszuwerfen, zweimal verbilligt und mußten dabei an das vergangene Jahr anschließen, also gewissermaßen eine rückwirkende Verbilligung vornehmen. Wir haben das zusammen mit dem Finanzminister und dem Rechnungshof mit aller Sorgfalt gemacht, damit wir uns nicht, wenn über irgendwelche Durchstechereien geklagt würde, den Zorn der Allgemeinheit zuzögen. Bisher haben wir von einem einzigen Fall gehört, wo Durchstechereien vorgekommen zu sein scheinen; es ist aber noch nicht bekannt, ob Unerfahrenheit oder böser Wille vorliegt.
    Von den zweiten 226 Millionen DM — wahrscheinlich kommen 240 Millionen DM dabei heraus — sind jetzt ungefähr 170 Millionen DM ausgezahlt. Das Ergebnis ist genau das, was ich voriges Jahr vorausgesagt habe, nämlich eine Mehranwendung von Dünger, und zwar insbesondere in den Gebieten, wo ich die Mittel gerade hinbringen wollte. Eine solche Maßnahme kann man zwar nicht genau zielen. In Bayern hat man 18 % mehr Dünger angewendet, während die Mehranwendung im Durchschnitt etwa 11 bis 12 % beträgt. Dabei können wir vorläufig nur drei Viertel des Düngerjahres beobachten. Ich glaube, wir haben Grund, mit dem Ergebnis zufrieden zu sein.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Es ist selbstverständlich richtig, daß auch einzelne dabei sind, die diese Kunstdüngerstützung nicht nötig haben. Als diejenigen, die die Kunstdüngerverbilligung nicht nötig haben, können doch nur die Betriebe in Frage kommen, die nach der Aufstellung auf Seite 89 oben der Vergleichsrechnung standgehalten haben, und das sind noch nicht einmal 10 %.
    Die Milchstützung verläuft in Wirklichkeit noch besser, als es nach außen hin aussieht. Der Anteil der Milch am gesamten Verkaufserlös beträgt in den Futterbaubetrieben in Bayern unter 10 ha 40 %, in den Futterbaubetrieben in Baden-Württemberg 37 %, in den Futterbaubetrieben in Nordrhein-Westfalen 50 %. Bei den Zuckerrübenbaubetrieben, den kleinen wie den großen, in Nordrhein-Westfalen beträgt er 20 %, bei den Hackfruchtbaubetrieben in Hessen bis 10 ha beträgt er auch nur 25 %; wenn ich die größeren Betriebe über 50 ha nehme, wird der Anteil noch geringer. Durch diese Sachlage bin ich voll überzeugt, daß wir mit diesem Vorschlag den richtigen Weg einschlagen.

    (Abg. Kriedemann: Dann viel Glück, Herr Minister!)



    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    — Bei so vielen Angriffen muß ich ja Glück haben; mit Verstand allein kommt man da nicht durch!

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien. —Abg. Kriedemann: Da klatschen die, die sonst nicht mit Ihnen zufrieden sind!)

    — Ich habe ja heute genug bekommen, ich bin ganz zufrieden.

    (Heiterkeit. — Vizepräsident Dr. Jaeger übernimmt den Vorsitz.)

    Wenn noch dazu die Behauptung aufgestellt wird, wie es in der Öffentlichkeit geschieht, der Grüne Bericht sei sehr gut, aber die Nutzanwendung sei schlecht, dann muß ich auch dem sehr scharf widersprechen. Insbesondere wird dabei auf die Behandlung der Futterbaubetriebe hingewiesen, die im vorigen Jahr schlecht abgeschnitten haben und auch in diesem Jahr schlecht abschneiden, wenn auch in diesem Jahr eine deutliche Besserung zu spüren ist, was jeder sieht, der den Grünen Bericht genau studiert.
    Nun darf ich Ihnen einmal sagen, welche Hilfsmaßnahmen der Grüne Bericht als Hilfsmaßnahmen des Staates vorschlägt. Das ist erst einmal Verbesserung der Agrarstruktur, der wasserwirtschaftlichen Verhältnisse usw. Es ist von keinem einzigen Redner betont oder beachtet worden, daß wir bei der Agrarstruktur z. B. für die Flurbereinigung noch 60 Millionen DM im ordentlichen Haushalt haben,

    (Abg. Kriedemann: Doch, doch, das habe ich gesagt!)

    so daß die 165 Millionen praktisch auf 225 Millionen DM erhöht werden.

    (Abg. Kriedemann: Das können Sie bei mir nachlesen!)

    Für die Verbesserung der wasserwirtschaftlichen Verhältnissse haben wir im ordentlichen Haushalt 63 Millionen DM stehen, so daß die 190 Millionen DM, die wir hier drinhaben, noch um 63 Millionen DM verbessert werden. Wir haben gar nicht das Personal, um mehr als dieses Geld zu verbrauchen.

    (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen]: Das kann aber nicht der Maßstab sein!)

    — Bei der Schwierigkeit, dieses Geld zu beschaffen — davon machen Sie sich offenbar keine richtige Vorstellung —, nehme ich für die einzelnen Positionen nur soviel im Jahr, wie ich richtig anwenden kann.

    (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Wann wollen Sie denn damit fertig werden? — Abg. Kriedemann: Wenn der europäische Markt anläuft?!)

    — Ja, ich hoffe, daß wir bis zu dem Zeitpunkt, den wir von der deutschen Seite in diesen Plan hineingebracht haben, nämlich in 12 bis 15 Jahren, mit dem Wesentlichen fertig sind. Wenn die Bauern so mitziehen wie im vergangenen Jahre und mit diesem Interesse und mit diesem Eifer, den sie gezeigt haben, die Selbsthilfemaßnahmen durchführen, kommen wir sicher damit zurecht!

    (Abg. Kriedemann: Gut, das haben wir jetzt schriftlich!)

    — Ja, es wird im Protokoll stehen und nicht von mir gestrichen werden.

    (Abg. Kriedemann: Wer weiß, ob wir dann noch leben!)

    — Sie könnten Glück haben, daß i c h dann nicht mehr lebe.

    (Heiterkeit. — Abg. Kriedemann: Wir warten nicht darauf, Herr Lübke!)

    Ich bin auf diese Verzögerungsmöglichkeit beim Gemeinsamen Markt nicht sehr stolz und bin auch der Meinung, man sollte sie so wenig wie möglich in Anspruch nehmen. Aber wir haben, wenn wir von der Wurst der handelspolitischen Schutzmaßnahmen Jahr für Jahr eine gleiche Scheibe abschneiden, nach vier Jahren die Möglichkeit, zurückzuschauen und zu sehen, was ist. Nach den vier Jahren können wir autonom, ohne auf die anderen angewiesen zu sein, von uns aus diejenigen Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, um etwaige Mißstände zu bereinigen.
    Ich darf ferner darauf hinweisen, daß wir im vorigen Jahr für die agrarstrukturellen Einzelmaßnahmen zusammen 400 Millionen DM eingesetzt haben und in diesem Jahr 551 Millionen. Wir haben uns also ohne die Etatmittel auch auf diesem Gebiete außerordentlich verbessert.
    Weiter wurde von Herrn Kollegen Kriedemann die kostenlose Hergabe des Dokumentarbandes erwähnt. Wir sind damals von vielen Stellen darauf hingewiesen worden, daß das dringend notwendig sei. Vom bayerischen Landwirtschaftsverlag ist uns damals ein Angebot gemacht worden, weil er schon begonnen hatte, ein solches Werk zu verlegen. Wir haben eine bestimmte Anzahl von diesen Dokumentarbänden denjenigen Stellen gegeben, die direkt damit zu tun haben.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Gut!)

    Was das gekostet hat und wie verhandelt wurde, was wir heruntergehandelt haben sowohl an der Anzahl wie am Preis, das können Sie bei uns im Ministerium, wenn Sie wollen, jederzeit einsehen.

    (Abg. Kriedemann: Ich komme darauf zurück, Herr Minister!)

    — Aber bitte sehr! Wenn diese Dinge hier beim Grünen Plan schon eine Rolle spielen, dann antworte ich darauf, um von vornherein zu zeigen, daß bei uns jeder Einblick nehmen kann, jeder. Es soll jedenfalls am Grünen Plan am grünen Holz nichts hängen bleiben;

    (Heiterkeit)

    was wäre dann beim dürren Holz zu befürchten!
    Dann wurden von Herrn Bauknecht verschiedene Wünsche hinsichtlich der Ausgestaltung und der Grundlagen des Grünen Plans geäußert. Ich glaube, darauf kann man sich noch bei den nächsten Besprechungen im einzelnen einigen.

    (Abg. Bauknecht: Gut!)

    Ich möchte darauf hinweisen, daß Herr Kollege Mauk hier eigentlich mit ziemlich groben Mitteln gearbeitet hat. Er hat von Zusammenbrüchen der Preise bei Gemüse und bei allen übrigen Gütern gesprochen. Ich habe ,deshalb einmal die Preise für Schweinefleisch, Milch und Gemüse vom Oktober 1955 und Oktober 1956 zusammenstellen lassen. Dabei kommt das Gemüse am besten weg, obwohl am meisten über den Gemüsemarkt geklagt wird,


    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    den wir zerschlagen haben sollen. Wir haben bei Schweinen im Oktober 1955 ,die Indexzahl 251 und 1956 254. Bei Milch haben wir 1955 189 und 1956 198. Und wir haben bei Gemüse 1955 eine Indexziffer von 141 und im Oktober 1956 von 237.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Die gesamten landwirtschaftlichen Erzeugerpreise hatten im Oktober 1955 einen Stand von 199 und im Oktober 1956 von 208. Diese Zahl ist im Hinblick auf die Unkosten, die ,auf die Landwirtschaft zugekommen sind, viel zu niedrig; daran ist gar kein Zweifel. Aber es ist nicht so, daß die Preise schlechter waren als im vorigen Jahr.

    (Abg. Mauk: Das habe ich nicht gesagt, ganz im Gegenteil!)

    — Ich habe es ausdrücklich notiert. (Abg. Mauk: Nein!)

    - Ja, dann müssen wir uns darüber noch einmal unterhalten. Da müssen wir einmal die stenographische Niederschrift Ihrer Ausführungen ansehen.
    Herr Kollege Mauk sprach dann von der Disparität, die entstanden ist. Ich habe mich in diesen Wettstreit absichtlich nicht eingemischt. Ich habe den Eindruck, daß, wenn man eine Zahl nach draußen bekanntgibt — sie kann heißen, wie sie will —, sofort eine ganze Reihe von Leuten da sind, die das Doppelte und Dreifache verkünden. Wir sind ja jetzt auch schon wieder bei 9 Milliarden DM Fehlbetrag; stellen Sie sich so etwas einmal vor! Man kann derartige Zahlen auf kein einziges wichtiges oder ,grundlegendes Dokument gründen.

    (Abg. Kriedemann: Schließlich lebt der ganze Verein von dieser Behauptung!)

    — Darüber kann ich nichts sagen. — Aber derartige Zahlen sind völlig aus der Luft gegriffen. Es ist unerhört, wie eine Landwirtschaft das aushalten kann, bei einem Umsatz von 15 Milliarden DM einen Verlust von 9 Milliarden DM jährlich zu machen. Voriges Jahr waren es 7, jetzt sind es 9, also 16 Milliarden DM im ganzen. Dann muß es doch zu Ende sein.

    (Heiterkeit in der Mitte. — Abg. Mauk: Warum widerlegen Sie es nicht durch eine eigene Globalrechnung?!)

    — Ich habe, Herr Mauk, ausdrücklich davon Abstand genommen. Die ganzen Unterlagen, die wir über 7200 Betriebe haben, reichen nämlich gar nicht aus, das bis zum letzten zu errechnen. Sie können es wohl für die einzelnen Sparten, also für die Betriebssysteme errechnen. Dann müssen Sie aber noch sehr viele Rechnungen dazu machen. Wir wissen ja sowieso, daß eine Disparität vorhanden ist. Ich habe von mir aus im Grünen Plan gesagt, daß die Situation gegenüber dem Vorjahr sogar verschlechtert ist, aber nicht dadurch, daß etwa die Landwirtschaft weniger oder weil der Grüne Plan nichts geleistet hat, sondern deswegen weil wir die Vergleichsrechnung mit dem anderen Teil unserer Bevölkerung machen, der in 'diesem Jahr diesen gewaltigen Vormarsch auf dem Lohngebiet getan hat.

    (Beifall in der Mitte.)

    Wenn das der Grund 'der Disparität ist, dann
    brauchen wir ja nicht zu verzagen. Wir wollen ja
    hinterher. Es ist doch nicht so, daß die Landwirtschaft nunmehr jedes Jahr mehr Minus macht, jedes Jahr schlechter wirtschaftet. Nein, sie wirtschaftet jedes Jahr besser. Und ich freue mich, daß Kollege Lücker zu Beginn seines Referats gerade auf diese Dinge hingewiesen hat. Ich brauche deshalb seine Worte nicht zu wiederholen.
    Dann hat Kollege Mauk gesagt, daß die Mittel für die Alterssicherung vom Finanzminister gerade in dem Moment gestrichen worden seien, als der Bundeskanzler in Paris für die überseeischen Gebiete ,eine Leistung von 160 oder 170 Millionen DM zugesagt habe. Nun, meine Damen und Herren, diese 70 Millionen DM sind gar nicht gestrichen. Sie können in der stenographischen Niederschrift meiner Ausführungen nachlesen, daß ich in meiner Rede am vergangenen Donnerstag genau das Gegenteil gesagt habe: die Bundesregierung ist bereit, dafür zu sorgen, ,daß die Termine für die Prämienentrichtung und für die Auszahlung des Altersgeldes auf ein en Tag fallen. Das lautet anders, als daß die 70 Millionen DM gestrichen seien.
    Herr Elsner bat um einen Grünen Plan für die Vertriebenen. Vom Kabinett ist beschlossen worden, daß in Zusammenarbeit der zuständigen Bundesministerien ein derartiger Grüner Bericht für die Eingliederung des vertriebenen Landvolkes erstellt wird. Es sind schon einige Grundlagen dazu erarbeitet. Wenn Herr Elsner schon Gelegenheit gehabt hätte, Einsicht zu nehmen — das konnte er aber nicht, weil die Dinge noch in den Ministerien liegen —, dann würde er wahrscheinlich die sehr pessimistische Rede nicht gehalten haben.

    (Abg. Dr. Gille: Hoffentlich kriegen wir also bald Einblick!)

    — Ja, ich hoffe.
    Herr Dr. Preiß meinte, die Unkostensenkung sei ausgeblieben. Ich habe vorhin die einzelnen Positionen aufgeführt. Ich glaube nicht, daß er es so gemeint hat, wie man seine Worte hätte verstehen können. Ich darf noch einmal sagen, was an Unkostensenkung im vorigen Jahr hereingekommen ist. Es waren damals bei dem geringeren Umsatz rund 96 Millionen DM Umsatzsteuer in der Verarbeitung von Milch, sodann die 196 Millionen DM für die Umsatzsteuer in der Erzeugerstufe, ferner die 130 Millionen DM für Dieselkraftstoff und die zweimalige Kunstdüngerverbilligung mit mindestens 450 Millionen DM, also zusammen 870 Millionen DM. Die Bemerkungen, die Herr Kollege Dr. Preiß machte, konnten leicht mißverstanden werden.
    Die widrigen Verhältnisse, die wir auf dem Kapitalmarkt und auf dem Arbeitsmarkt gehabt haben, habe ich von mir aus nicht beeinflussen können. Wir haben trotzdem im vergangenen Jahr immerhin einen Betrag von ungefähr 400 Millionen DM aus dem Kapitalmarkt erhalten.
    Es bleiben die zwei Auswege, die ich in meinen Ausführungen am Donnerstag voriger Woche angegeben habe: entweder das allgemeine Maßhalten und Preissenkung statt ständiger Lohnerhöhung hei hoher Produktivität oder Preiserhöhungen, also günstigeres Preisgefüge für die landwirtschaftliche Seite. Das halte ich auch jetzt aufrecht. Ganz zweifellos wird es in ,der gesamten Wirtschaft ein starkes Ringen gehen, um das Zurückbleiben von Wirtschaftszweigen wie der Landwirtschaft aufzuholen.
    Herr Müller (Wehdel) meinte, daß für die Agrarstruktur nicht genug geschehen sei. Ich glaube, ich


    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    habe diese Frage genügend klargestellt. Ich darf darauf 'hinweisen, daß früher, vor dieser Bundesregierung und vor diesem Bundestag, ähnliche Beträge in bezug auf die Wasserwirtschaft, die Agrarstruktur und die anderen Gebiete, die in dem Grünen Plan angesprochen sind, nicht zur Verfügung gestellt worden sind.

    (Beifall in der Mitte.)

    Das hätte man, glaube ich, auch sagen können; es
    waren bezüglich der Wasserwirtschaft früher im
    Haushaltsplan beachtliche Beträge nicht eingesetzt.

    (das für das Bauerntum, was hier besprochen ist? Manche Kreise in Deutschland sind wenig darüber erfreut, daß im Grünen Plan derartige Summen zur Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe bereitgestellt werden. (Abg. Kriedemann: Meinen Sie auch hier im Hause?)

    — Nein, das weiß ich genau; ich habe das gar nicht mißverstanden. Ich möchte sagen, daß von allen Rednern der einzelnen Fraktionen nicht ein ähnliches Wort gefallen ist. Aber ich weiß es nicht nur aus eigener Kenntnis, sondern auch eine ganze Reihe von Kollegen haben mir das von draußen erzählt, daß in der Öffentlichkeit Äußerungen gemacht worden sind, daß die Landwirtschaft das nicht ,verdiene, daß es für die Landwirtschaft nicht notwendig sei. Ich darf Ihnen sagen, daß der Grüne Bericht ein Dokument ist, das öffentlichen Glauben verdient und glaubwürdig darlegt, daß diese Maßnahmen notwendig sind.

    (Beifall in der Mitte.)

    Man sollte jeden Angriff zurückweisen. Dieses Dokument ist, bevor es hier auf den Tisch kam, nicht nur von alien Kabinettsmitgliedern mit studiert worden, sondern auch im Beirat beraten worden, der ja dafür da ist. Auch ich würde keine Zeile billigen, die nicht den Tatsachen entspräche. Das kann so !landwirtschaftsfreundlich aussehen, wie es will, oder landwirtschaftsfeindlich verstanden werden, das ist mir gleichgültig. Dieses Dokument muß wirklich öffentlichen Glauben verdienen, sonst haben wir die Geschichte in wenigen Jahren kaputtgewirtschaftet.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Weil der Bauer sich in einer besonderen Situation befindet und weil er diese Aufgabe hat, ist ihm diese Ausnahme gewährt warden. Eine Übertragung des Grünen Planes auf andere Bereiche wäre meines Erachtens nicht richtig.
    Mir fällt ein, daß ich auf zwei Dinge noch nicht geantwortet habe, die etwas am Rande liegen, auf die Frage des Wollpreises, die von Herrn Bauknecht erwähnt wurde, und die Frage der Bienen, die Herr 'Müller (Wehdel) erwähnt hat.
    Ich habe mir auf diesen Gebieten die größte Mühe gegeben. Ich bin aber nicht der Meinung, daß diese beiden Dinge in den Grünen Plan gehören. Der Grüne Plan ist für wichtigste Sachen da, für die Steigerung der Ertragsfähigkeit auf Gebieten, die wirklich „hinhauen". Die anderen Dinge muß ich aus meinem Etat machen, oder ich muß mit den anderen Ministern ein Verfahren finden, wie wir z. B. bei der Wolle vorwärtskommen. Die Unterredungen zwischen Herrn Kollegen Strauß, Herrn Kollegen Erhard und mir sind wieder hoffnungsvoll im Gange, ebenso wie die Unterredungen :zwischen
    Herrn Kollegen Schäffer und mir im Gange sind. Wenn ich mit Herrn Kollegen Schäffer nicht einig werde, werde ich die Länder bitten, die geringen Kosten, die wegen der Bienenzucht entstehen, auf ,die Länder zu übernehmen. Ich hoffe, daß ich damit durchkomme. Ich habe also für beide Dinge einen Weg, der mir persönlich recht hoffnungsvoll zu sein scheint.
    Noch einmal zurück zu der Frage: Warum geben wir den Bauern diesen Grünen Plan? Wir haben im Bauerntum eine seit Jahrhunderten und Jahrtausenden bestehende Schicht, die sich durch alle Schwierigkeiten hindurchgerungen hat und die trotz der Schwierigkeiten u. a. auf dem Kapitalmarkt und dem Arbeitsmarkt durch ihren nimmermüden Fleiß und durch ihre Aktivität die Höfe erhalten hat. Wenn wir dieser auf eigene Verantwortung wirtschaftenden, unabhängigen, freien Schicht von Unternehmern nicht helfen, diese Grundlage des eigenen Grund und Bodens zu behalten, dann geht in Deutschland etwas zugrunde, was von jeher ein Strebepfeiler der gesamten gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Ordnung war.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Weil dies so wichtig ist und weil es von grundlegender Bedeutung ist, glaube ich, daß wir uns hier im Hause, auch wenn es später eine andere Zusammensetzung hat und auch wenn einanderer an meiner Stelle steht, mit diesem Thema noch recht lange beschäftigen werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)