Rede von: Unbekanntinfo_outline
Erstens einmal bin ich selbst der Meinung, wir sollten mäglichst viel wirklich unabhängige Berater haben. Das erstreben auch wir. Zweitens kann ich mir aber, wenn die Unabhängigkeit einer solchen Kommission in Ihrem Sinne gesichert werden soll, nicht vorstellen, wie denn die Bundesregierung hierzu überhaupt etwas tun kann. Denn wenn die Bundesregierung hier irgendeinen Einfluß ausübt, wäre doch diese Kommission nach Ihrer Ansicht nicht mehr unabhängig. Sie müßte sich also bilden aus freien Wissenschaftlern oder sonstigen unabhängigen Personen ohne Mitwirkung der Bundesregierung.
— Über diesen Vorschlag werden wir vielleicht noch in der Ausschußberatung reden. Ich bin ja kein Gegner von unabhängigen Kommissionen.
Ich habe nur den Eindruck, meine Damen und Herren, wir haben schon etwas zuviel an Kommissionen, und mir wäre lieber, wir hätten so viel wissenschaftliche Ergebnisse, wie wir brauchen, statt Kommissionsberatungen.
Zum Gesetz habe ich folgendes zu sagen: Dieses Gesetz soll ja wohl nach übereinstimmender Meinung die Verwertung der Kernenergie fördern und nicht hemmen. Ich glaube, danach muß man auch die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes beurteilen. Seien wir uns doch darüber klar: Wenn im Vordergrund ein absoluter Schutz gegen jede nur mögliche Gefahr steht, dann muß man eine gewisse Perfektion des Gesetzes in Kauf nehmen. In der Begründung habe ich folgendes gesagt: Wir müssen einen praktikablen Mittelweg finden, und dazu kann uns nur die Wissenschaft helfen; denn sie muß uns erklären, in welchem Maße wir uns gegen gewisse Gefahren zu schützen haben. Wir wollen ja kein Gesetz machen, das eine friedliche wirtschaftliche Verwertung unmöglich macht. Ich glaube also, auf diesem Gebiet könnten wir uns sehr schnell einigen.
Nun zu der Frage, weshalb keine Blankodefinitionen in dem Gesetz vorgesehen sind! Das würde der Rechtsstaatlichkeit widersprechen; denn der Gesetzgeber kann natürlich keiner anderen Organisation eine Definition der Gegenstände überlassen, die in dem Gesetz behandelt sind.
Ich möchte ganz kurz zusammenfassen, worüber hauptsächlich Klarheit zu schaffen ist. Erstens einmal muß über die Frage der Grundgesetzergänzung Klarheit geschaffen werden. Hier steht zur Debatte, ob die Durchführung des Gesetzes durch eine zentrale Bundesbehörde oder etwas Ähnliches oder in Auftragsverwaltung der Länder erfolgen soll. Aus rein praktischen Erfahrungen und Gründen glaube ich, man sollte sich der Einrichtungen bedienen, die seit 60 oder 70 Jahren in der Bundesrepublik bei der Kontrolle industrieller Verfahren und Betriebe tadellos arbeiten: das ist die Kombination der Gewerbeaufsicht mit Berufsgenossenschaften und Technischen Überwachungsvereinen. Es besteht kein Grund, davon abzugehen.
Die notwendigen Fachleute für die Kontrollen müssen sich sowohl eine zentrale Bundesanstalt wie auch die anderen Organisationen erst verschaffen, und die Zahl der benötigten Fachleute wird dadurch nicht größer oder kleiner werden.
Zur Frage des Eigentums! Selbstverständlich ist dies eine politische Entscheidung dieses Hohen Hauses. Aber ich möchte doch darauf hinweisen, daß das Eigentum nach dem Gesetzentwurf ja nicht so wie zur Zeit des Manchestertums zu verstehen ist. Allein schon lane Forschungsreaktoren, die aufgestellt werden, sind Hochschulreaktoren und damit Staatseigentum. Es handelt sich also nur um die Frage, ob man für die wirtschaftliche Verwertung insbesondere die sogenannte heiße Chemie hier auch die Chancen privatwirtschaftlicher Betätigung geben soll. Ich glaube, das steht im Einklang mit unserem Wirtschaftssystem.
Zu der Beeinflussung der Eigentumsfrage durch Euratom nur einige Worte! Ich kann hierzu nicht Stellung nehmen, weil der Vertrag über Euratom noch nicht fertig redigiert ist. Bei der Redaktion wird sich herausstellen, welche Definition dem Begriff „spaltbare Stoffe" gegeben wird. Man kann hierzu eine eigene Definition schaffen; man kann sich die Definition der Vereinten Nationen zu eigen machen oder ganz neue Begriffsbestimmungen finden. Es steht jedenfalls fest, gewisse spaltbare Stoffe — z. B. das natürliche Uran, aber auch sehr viele Stoffe, die nur wissenschaftlich interessant sind und z. B. militärisch gar kein Interesse haben — werden zweifellos nicht unter die Definition spaltbare Stoffe fallen, so daß die Lösung der Eigentumsfrage im Sinn des Gesetzentwurfs nach wie vor aktuell bleibt. Die politische Entscheidung wird vom Parlament zu fällen sein.
Dann zur Frage der Strahlenschutzverordnung! Die bisherige Rechtsgrundlage des § 24 der Gewerbeordnung reicht nicht aus, um eine Strahlenschutzverordnung für dieses Gebiet zu erlassen. Wir benötigen hierzu ein Gesetz, eben dieses Atomgesetz. Ich kann nicht beurteilen, ob es parlamentarisch möglich ist, einen Teil des Gesetzes vorauszunehmen, damit eine Strahlenschutzverordnung erlassen werden kann.
Alle diese Fragen zeigen aber doch, wie dringend erforderlich die Verabschiedung dieses Gesetzes aus den verschiedensten Gründen ist. Ich hoffe, meine Damen und Herren, wir werden in gemeinsamer Arbeit zeigen, daß wir in der Lage sind, dieses völlig neue Gebiet sowohl zum Segen der wirtschaftlichen Existenz unseres Volkes als auch im Interesse des Schutzes der Bevölkerung zu bewältigen.