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ID0218806500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 188. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1957 10639 188. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1957. Glückwünsche zum Geburtstag des Bundespräsidenten Prof. Dr. Heuss . . . . 10639 D Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Raestrup und Schneider (Hamburg) . 10639 D Änderungen der Tagesordnung 10639 D, 10740 C, D Geschäftliche Mitteilungen 10651 C Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . 10640 A Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 300, 315 und 316 (Drucksachen 2872, 3144; 3046, 3134; 3045, 3135) . . . 10640 A Mitteilung über Vorlage eines Zwischenberichts des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte über die Evakuiertenrückführung (Drucksache 3079) 10640 A Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (außenpolitische Lage, Wiedervereinigung Deutschlands, Sicherheitssysteme) 10640 A Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen . . . . 10640 B, 10674 C, 10707 C, 10708 A, D, 10709 A, D, 10710 A, 10733 B Unterbrechung der Sitzung . . 10651 D Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung 10651 D Kiesinger (CDU/CSU) . . 10651 D, 10653 A, C, 10654 A, B, 10660 B, C, 10661 A, 10662 B, 10671 B, 10675 A, 10686 B, 10701 C Dr. Mommer (SPD') . . . . 10653 A, 10727 C, 10730 D, 10732 C Erler (SPD) .. . 10653 C, 10662 B, 10698 B, 10716 D, 10727 D, 10730 B, 10730 D Mellies (SPD) 10654 A, 10735 A Unterbrechung der Sitzung . . 10664 A Ollenhauer (SPD) 10664 A, 10671 B, 10685 A Dr. Arndt (SPD) 10675 A, 10736 D, 10739 A, C Lenz (Trossingen) (FDP) 10677 B Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU) . 10682 A Feller (GB/BHE) 10687 A Dr. von Merkatz (DP) 10690 D Dr. Schäfer (Hamburg) (FVP) . . . 10695 D, 10698 C Wehner (SPD) . . 10700 B, 10701 C, 10705 D, 10706 B, 10708 A, D, 10709 A, D, 10710 A Rasner (CDU/CSU) . . . . 10705 D, 10706 B Dr. Furler (CDU/CSU) 10710 B Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 10715 D Strauß, Bundesminister für Verteidigung . . . . 10726 A, 10727 C, D, 10729 B, 10730 B, D, 10731 D, 10732 B, D, 10739 A, C Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 10729 B Mattick (SPD) 10732 A Dr. Gille (GB/BHE) 10734 A Zur Geschäftsordnung betr. Weiterberatung der Tagesordnung: Brandt (Berlin) (SPD) 10740 B Rasner (CDU/CSU) 10740 D Nächste Sitzung 10741 C Berichtigungen zum Stenographischen Be- richt der 184. Sitzung 10741 Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 10741 B Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Berichtigungen zum Stenographischen Bericht der 184. Sitzung Es ist zu lesen: Seite 10178 A letzte Zeile unten „Dr. Schellenberg (SPD), zur Sache" statt „10243 B": 10234 B; Seite 10182 D Zeile 21 von unten statt „angenommen": abgelehnt; Seite 10297 Zeile 12 von unten in den Abstimmungen 5, 6 und 7: Scheel: beurlaubt; Seite 10297 Zeile 3 von unten in Abstimmung 7: Dr. Schneider (Saarbrücken): enthalten; Seite 10231 sind die vorletzte Zeile von A und die zweite Zeile von B auszutauschen. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Arnholz 15.2. Dr. Bärsch 1.2. Berendsen 1. 2. Dr. Berg 31.1. Dr. Brühler 2. 2. Dr. Bürkel 31.1. Cillien 2.3. Corterier 1.2. Dr. Dehler 28. 2. Dr. Franz 31.1. Freidhof 1.2. Gedat 1.2. Geiger (München) 1. 2. Gockeln 2. 3. Dr. Gülich 1.2. Haasler 31.1. Dr. Hesberg 31.1. Heye 31.1. Dr. Köhler 2.3. Dr. Kreyssig 1.2. Dr. Mocker 31.1. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 31.1. Neumayer 16.3. Odenthal 15.2. Dr. Oesterle 1. 2. Op den Orth 31.1. Richter 31.1. Dr. Schmid (Frankfurt) 2. 3. Dr. Schmidt (Gellersen) 31.1. Schneider (Hamburg) 1.2. Frau Schroeder (Berlin) 15.4. Dr. Vogel 2.2. b) Urlaubsanträge bis einschließlich Frau Brauksiepe 16.2. Höfler 28.2. Diedrichsen 9.2. Meyer-Ronnenberg 23.2.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Das ist mir an sich nicht bekannt.

    (Lachen bei der SPD.)

    Nein, das ist in dieser Verallgemeinerung eine völlig ungewöhnliche Feststellung. Beim Güteraustausch mit staatlichen Außenhandelsmonopolen besteht die Gefahr, daß unter machtpolitischen Aspekten jederzeit der Strom des wechselseitigen Güteraustauschs einseitig geschaltet werden kann.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Auf diese Besonderheit wollte ich aufmerksam machen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dann kommt nach etwas anderes hinzu. Es handelt sich darum, was man als Gegengabe und Gegenleistung nimmt. Dazu das Wort, das ich eben gesagt habe: man kann nie Gegenstände der dringenden Massenversorgung in eine solche gefährliche Regelung des Güteraustauschs bringen. Sonst ist die Möglichkeit des Güteraustauschs durchaus nicht abzulehnen. Immerhin sind diese Vorbehalte in dieser Situation und unter den Voraussetzungen, die gegenwärtig bestehen, nicht einfach beiseite zu schieben.
    Meine Damen und Herren, das, was uns im Wege steht, ist der Status quo, ist die Kräfteverteilung, ist die zufällige Festsetzung und Bestimmung der Machtsphären, wie sie sich aus dem Krieg ergeben hat. Das ist immer gefährlich. Sehen Sie, im Grunde genommen entstehen Kriege eigentlich fast immer dadurch, daß der Sieger nach einem Siege bemüht ist, die zufälligen Machtverhältnisse am Tage des Waffenstillstands für alle Zeiten zu konservieren. Daraus entstehen neue Spannungen, da die Friedensverträge die betroffenen Völker in ihrer Entwicklung behindern. So entstehen immer neue Kriege aus falschen Friedenskonstruktionen. Aus dieser Überlegung gewinnen wir ein wesentliches Argument in unserm Kampf gegen den Status quo und damit gegen die Bemühungen, die deutsche Wiedervereinigung einfach beiseite zu rücken und sich mit dem Status quo zu begnügen.
    Nein, wir müssen allen derartigen Regungen ein Ordnungsprinzip gegenüberstellen. Nun ist das Wort Freiheit heute schon so viel gebraucht worden. Ich meine — ich möchte es einmal ausdrücklich sagen —, sie ist nicht einfach die Schrankenlosigkeit der Ellbogengebraucher, sondern Freiheit ist ein Ordnungsprinzip im Miteinanderleben der Menschen. Im Grunde besteht da die größte Freiheit, wo die Freiheitsrechte des anderen wechselseitig geachtet werden. Das gilt aber auch für die Beziehungen der Völker zueinander und miteinander. Die Entwicklung dieser Friedensordnung der Freiheit gibt uns sehr wichtige und wesentlich moralische Möglichkeiten in der Auseinandersetzung um unser wichtigstes Gegenwartsziel. Diese Überlegung zeigt, daß wir den Status quo, der immerhin eine Versuchung zu einer Art von quietistischer Friedensbetrachtung darstellen könnte, um


    (Dr. Schäfer [Hamburg])

    des Friedens willen ablehnen müssen und daß der Kampf für die Wiedervereinigung tatsächlich auf einer absolut logischen Erwägung beruht, die gleichzeitig der Welt zum Vorteil gereicht.
    Es ist von der NATO gesprochen worden. Ich muß doch sagen: wenn man sich überlegt, wie das so 1945 und 1946 war und wie wir 1949 anfingen, und wenn man sich vorstellt, was inzwischen in der NATO und durch die NATO und mit der NATO an politischem Rang, an Geltung und Ansehen auch für die Bundesrepublik erreicht worden ist, dann kann man doch nicht einfach sagen, alles das wäre für uns nutzlos gewesen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Man muß noch einmal die Zeit vorher und nach-
    her vergleichen, und dann muß man zugeben: der
    Fortschritt, der sich ergeben hat, ist unbestreitbar.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich darf in diesem Zusammenhang noch auf eins aufmerksam machen. Wir sprechen, wenn wir von der Wiedervereinigung reden, durchaus in Vorstellungen, die sich zunächst aus nationalstaatlichen Gebietsvorstellungen ergeben. Aber wir müssen uns darüber klar sein, daß in der Lage, in der wir uns befinden, der Nationalstaat für eine wirksame Lebenssicherung der Nationen nicht mehr ausreicht. Die Nationen bedürfen, um zu leben und um sich gegen die Bedrohung von großen Machtblökken zu sichern, der Solidaritätsgemeinschaft der Nationen in supranationalen Einrichtungen.

    (Abg. Wehner: Der Fraktionen oder der Nationen? — Heiterkeit bei der SPD.)

    Sie brauchen diesen Zusammenschluß. Haben wir in diesem noch freien Teil Europas nicht diese wechselseitige Sicherung gegen Freiheitsbedrohung, dann besteht die Gefahr, daß ein europäischer Staat immer gegen den anderen ausgespielt wird und am Ende die Gewaltherrscher des Ostens da-. bei ihr Geschäft machen. Sie haben doch ihre Einwirkungsmöglichkeiten gegen die supranationalen Vorstellungen schon genutzt. Sie liegen darin, daß man die überkommenen nationalistischen Vorstellungen kitzelt und dazu mit Fünften Kolonnen in die freiheitlichen Völker einzudringen versucht. Also die Gefahren sind groß. Deshalb dieser Zusammenschluß, diese Solidaritätsgemeinschaft, dieses Einmünden der noch freien europäischen Nationen oder Nationalstaaten in die kontinentale Gemeinschaft, zumindest zur gemeinsamen Verteidigung und Pflege ihrer eigentümlichen Lebensgrundlagen und damit auch zur Entfaltung ihres nationalen Lebens.
    Noch eine Bemerkung ist in diesem Zusammenhang darüber zu machen, was hier über kollektive Sicherheitspakte usw. vorgetragen wurde. Eine sehr wohlklingende Sache! Da kann man natürlich auch vieles erfinden. Aber uns scheint dabei wesentlich zu sein, daß man nicht zu formalistisch denkt. Eine kollektive Form der Völkerverbindung an sich bedeutet noch gar nichts. Hinzukommen muß, eine Gewichtsverteilung in der Welt zu bewirken und zu beeinflussen, die die Kraft- und Mächteverhältnisse in der Welt in Bewegung hält, bis ein Verhältnis erreicht ist, auf dem man überhaupt erst eine Stabilität des Friedens und eine Weltfriedensordnung im Geiste der Freiheit aufzubauen vermag. Das gehört in diesen Zusammenhang hinein.
    Zu dieser Überlegung gehört auch die Frage nach den Möglichkeiten diplomatischer Beziehungen zu den Satellitenstaaten. Meine Damen und Herren, diplomatische Beziehungen bedeuten keineswegs eine Allianz. Sie sind auch keine wechselseitige Anerkennung der inneren Verhältnisse, sondern sie sind an sich eine recht äußerliche Umgangs- und Verkehrsform der staatlichen Anerkennung. Aber immerhin möchte ich das eine für meine Freunde sagen: daß es für uns keine diplomatischen Beziehungen mit Völkern geben kann, die dann daraus nur Argumente herleiten würden, um den Status quo zu rechtfertigen und zu festigen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es ist also wesentlich, daß uns aus diplomatischer Beziehung und diplomatischer Anerkennung nicht Erstarrungen erwachsen, die unsere Schwierigkeiten für eine künftige Wandlung der territorialen Abgrenzung vergrößern.
    Ja, meine Damen und Herren, jetzt kann ich mich hier langsam zurückziehen;

    (Heiterkeit)

    mein Redebedarf ist bald gedeckt.

    (Erneute Heiterkeit.— Zuruf von der SPD: Unserer auch! — Abg. Schoettle: Sie füllen wohl nur eine Lücke bis zur nächsten günstigen Fernsehzeit aus!)

    — Ach, Herr Schoettle, an das Fernsehen habe ich überhaupt nicht gedacht;

    (Zurufe von der SPD: Na, na!)

    das tun andere. Sollen wir mal einen Wettstreit machen oder eine Quizfrage veranstalten, wer wohl der größte Publizitätskomödiant im Deutschen Bundestag ist?

    (Beifall in der Mitte.)

    Ich glaube nicht, daß Gründe vorhanden sind, mir dann den silbernen Lorbeer zu verleihen.

    (Abg. Schoettle: Auf die Frage, die Sie gestellt haben, könnte ich Ihnen mit einem Beispiel von heute vormittag eine Antwort geben!)

    — Ich kann Ihnen wirklich sagen, ich habe daran weder gedacht noch in dieser Hinsicht eine Spekulation gemacht. Aber wenn Sie neidisch sein sollten: ich mache sehr bald dem Nachfolger Platz, und wenn Sie mich nicht mit Zwischenrufen aufhalten, geht es schneller. Tun Sie etwas für den Nachfolger, indem Sie mich nicht aufhalten.

    (Zuruf von der SPD: Es ist noch nicht soweit!)

    Die deutsche Außenpolitik hat relativ — das war eigentlich der Sinn meiner Ausführungen — eine sehr schmale Möglichkeit, sich zu bewegen. Die Bandbreite — um beim Fernsehen zu bleiben — für eine außenpolitische Inszenierung und für die Gestaltung der Außenpolitik ist außerordentlich begrenzt und außerordentlich beengt. Da ist es an sich gar nicht zu vermeiden, daß, wenn man in diesem schmalen Bewegungsraum, in dem man überhaupt noch deduzieren kann, anfängt, innerpolitische Rivalitäten zu entwickeln, dann aus der Erfindung von Alternativen manchmal etwas Krampfhaftes herauskommen muß. Meinen Sie nicht, daß manches von dem, was hier gesagt worden ist, um absolut die Politik der Bundesregierung zu verreißen, nicht doch sehr krampfhaft und


    (Dr. Schäfer [Hamburg])

    verkrampft gewesen ist im Hinblick auf die Bandbreite, die für außenpolitische Betrachtungen und Darstellungsweisen in unserer nationalen und internationalen Lebenslage gegeben ist?
    Darf ich zum Schluß noch auf eins hinweisen! In dieser ganzen Auseinandersetzung spielen die Fragen der realen Verteidigungspolitik in militärischer Beziehung eine gewichtige Rolle. Aber in dieser Auseinandersetzung zwischen dem Osten und dem Westen geht es im letzten um die Auseinandersetzung zwischen entgegengesetzten Zivilisationsformen. Völlig andere Formen des Lebens, der staatlichen und gesellschaftlichen Struktur stehen sich hier gegenüber. So werden die nächsten Jahrzehnte, wenn der Frieden uns erhalten bleibt, bestimmt bleiben durch den Wettstreit zwischen diesen gegensätzlichen Ordnungen des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens. Gewinnen wird in diesem Streit das Volk oder die Völkergruppe, die eine überlegene Schicht für die Gestaltung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dinge fördert und erweitert. Hier wird nicht die Massenwirksamkeit entscheidend eine Rolle spielen, sondern es wird bei der Frage der Überlegenheit der verschiedenen Zivilisationsformen im wesentlichen auf die in den Völkern wirkenden intellektuellen, geistigen, künstlerischen und kulturellen Kräfte ankommen. Sie sind allmählich das tragende Element dieses Zivilisationsgegensatzes geworden. Vergessen wir das dabei bitte nicht, und überlegen wir uns, was es für den Rang eines Volkes zwischen den Völkern bedeutet, wenn es in allen Dingen seiner Administration, seiner Wirtschaft, seiner Wissenschaft und Kultur überlegene geistige Kräfte zu entwickeln vermag.
    Hier ist Bildungspolitik ein Stück der Außenpolitik, der zwischenstaatlichen Begegnung und der zwischenstaatlichen Ranggeltung. Diese Dinge werden bei uns noch vielfach übersehen; sie sollten aber nicht weiter übersehen werden.
    Meine Damen und Herren, ich möchte zu dem, was seitens der Bundesregierung bekundet worden ist, feststellen: Die Bundesregierung hat in ihren ganzen Darlegungen zum Ausdruck kommen lassen, daß sie die wesentlichen Gefahren unserer Zeit sieht, die entscheidenden Richtungen der Bedrohung, die für uns besteht. Sie macht eine Politik, die von der Absicht ausgeht, eine solche Verlagerung der gesellschaftlichen und politischen Gewichte auf diesem Erdball zu bewirken, die imstande ist, die Kräfte der Wiedervereinigung zu fördern und gleichzeitig dabei dem Frieden zwischen den Völkern zu dienen. Weil sie sich auch heute wieder dazu bekannt hat, das innere Gefüge der freien Welt des Westens zu stärken, sind wir mit den vom Herrn Bundesminister des Auswärtigen gegebenen Darlegungen zur gegenwärtigen Lage einverstanden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja nun sicher noch nicht der Zeitpunkt gekommen, ein Fazit dieser großen Debatte zu ziehen, und es kommt mir auch gar nicht zu. Aber immerhin, wir debattieren nun schon seit dem frühen Morgen, und da erlauben Sie mir bitte — ohne daß ich Ihnen zu nahe treten will —, auch wenn es Ihnen schwerfällt, mir das zu erlauben, einen nachdenklichen Gedanken vorauszuschicken.
    Wenn Sie sich einmal — nicht heute abend, aber in absehbarer Zeit — nicht nur in der Gruppe Ihrer Strategen, sondern auch in der Gruppe derer, die politisch nachdenklicher als Ihre Strategen sind, Gedanken über den Sinn dieser Debatte machen werden, dann werden Sie finden: Die Sache war — obwohl sie Ihnen von Ihren Strategen eingebrockt worden ist — doch nicht so gut, wie man es sich gedacht hatte.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Da will ich Sie gleich warnen: Schieben Sie die Schuld nicht auf die, die hier wacker in den Kampf gezogen sind.

    (Heiterkeit.)

    Sie haben ja ihr Bestes getan — einschließlich des Ministers und dann des ehemaligen Ministers, der eben hier als Abgeordneter gesprochen hat ----, um zu zeigen, wie man die Sozialdemokraten in der Luft zerreißen, auf dem Boden zerstören kann.

    (Große Heiterkeit.)

    Aber an ihnen hat es nicht gelegen, nein. Wissen Sie, das hatte einen sachlichen Grund, und wenn ich Ihnen den jetzt sage, so bitte, Herr Rasner und all die anderen vom Stabe der Strategen, glauben Sie nicht, ich wollte Ihnen für das nächste Mal einen Tip geben!

    (Erneute Heiterkeit.)

    Aber ich wollte Ihnen sagen, warum solche Pläne schiefgehen müssen. Wissen Sie, warum? Das hat einen Grund, der in der Sache liegt und nicht in den Personen, die sich hier heute redlich gemüht, und nicht in den Zitatensammlern, die ganze Kartotheken gewälzt und wirklich im Archiv fleißige Arbeit geleistet haben.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Wissen Sie, woran das liegt? Das liegt daran, — —

    (Abg. Niederalt: Zitate hören Sie wohl nicht gerne?)

    — Oh Gott, sehr gern; aber da Sie wahrscheinlich weder zu den Strategen noch zu den politisch Nachdenklichen der Koalition gehören, interessiert Sie das nicht so sehr. Ich spreche nicht direkt die Haushaltsexperten in diesem Moment an, also bitte, entschuldigen Sie, wenn ich über Sie hinweggeredet haben sollte.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Daß es so gekommen ist und bei dieser Debatte nicht anders kommen konnte, meine Damen und Herren, das liegt hauptsächlich daran, daß man hier weder über einen konkreten Vorschlag noch über einen wirklichen Plan oder über einen Entwurf hat sprechen können, sondern die ganze Sache fing doch damit an, meine Damen und Herren, daß Sie sich Gedanken gemacht haben, wie man konkreten Forderungen, Vorschlägen, die mit einem sehr naheliegenden Fall zu tun haben, nämlich mit der Hauptstadt Berlin. durch eine solche Debatte einen Rahmen geben könnte — einen illustren Rahmen, das gebe ich zu. Und dann sind Sie in die Debatte hineingegangen, zwar mit einem strategischen Plan, aber nicht mit einem politischen Plan. Denn der Sozialdemokratie eins auszuwischen,


    (Wehner)

    ist ja kein politischer Plan, das ist ja nur ein strategischer Plan, Herr Rasner.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir haben leider auch nicht Gelegenheit gehabt
    — das wäre ein gewisser Ersatz gewesen —, darüber zu debattieren, was uns der Herr Bundesminister des Auswärtigen in einer Übersicht über die internationale Entwicklung, so wie er sie sieht, oder über die Lage in einer Reihe von Ländern, mit denen wir es zu tun haben, über die außenpolitische Auffassung der Bundesregierung hätte sagen können. Das alles lag dieser Debatte nicht zugrunde. So sind Sie in die unangenehme Lage gekommen, daß Sie hier während des ganzen Tages zu beweisen versucht und den Eindruck zu schaffen versucht haben, daß Sie in der Vergangenheit alles, aber auch alles getan haben, was zur Wiedervereinigung zu tun ist, und daß Sie, weil man Ihnen aus der Vergangenheit nichts nachsagen kann, in der Frage der Bemühungen um die Wiedervereinigung diejenigen sind, die für das, was morgen und übermorgen zu tun ist, prädestiniert sind, das Vertrauen aller zu haben, zu denen Sie heute — denn Sie haben gar nicht zu uns gesprochen — eigentlich gesprochen haben.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Wir sind dadurch in die auch nicht einfache Lage gekommen, hier darlegen zu müssen, was uns bewegt. Uns bewegt die Frage, ob Sie, die Sie die Regierung tragen — es ist manchmal mühselig, das glaube ich. sie zu tragen —,

    (Heiterkeit bei der SPD)

    mit dem, worüber Sie verfügen, ausreichend gerüstet sind für das, was heute, morgen und übermorgen in den Fragen der Wiedervereinigung und der Sicherheit geschehen muß. Ich sage hier noch einmal: Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit, damit Sie nicht gleich wieder fragen, was für eine Wiedervereinigung wir meinen. Das gilt für jedesmal, wenn wir von Wiedervereinigung sprechen.

    (Zurufe von der Mitte.)

    — Es mag sein, daß man bei Ihnen in der Frage, was das praktisch bedeutet, manchmal Fragezeichen setzen muß.
    Aber selbst wenn es Ihnen gelungen wäre, hier darzutun, daß von der Regierung und ihren Parteien wirklich alles getan wurde, was möglich war — ich will nicht sagen: alles, was notwendig war —, oder wenn Sie hier hätten dartun können, daß das, was Sie getan haben, überhaupt das einzig Mögliche gewesen ist, dann — und da ist die schwache Seite Ihrer Debatte — wäre immer noch nicht bewiesen, daß Sie für das, was morgen und übermorgen auf uns zukommt, imstande sind, das zu tun, was Sie in der Vergangenheit zu verstehen behauptet haben.
    Es sind schwierige Fragen. Wenn es bisher — und da haben Sie sich eben geirrt — zu solchen sogenannten großen Debatten kam, ging es immer um irgendwelche Verträge, die Ihnen vorlagen und von denen Sie meinten, sie müßten aus vielen, vielen Gründen, die Sie immer dargelegt haben, unbedingt durchgesetzt werden. Der Streitpunkt in diesen Debatten waren Verträge. Während dieser Auseinandersetzungen haben Sie sich selber — ich glaube, Sie waren dabei guten Glaubens in ihrer eigenen Sache — und denen, zu denen Sie gesprochen haben — wieder nicht zu uns, sondern zu denen draußen —, immer klarzumachen versucht, gerade diese Verträge und keine anderen Wege würden die Wiedervereinigung herbeiführen; sie seien das Mittel, sie seien der Schlüssel. Erinnern Sie sich noch, wie es damals etwas vorwitzig, aber doch frohlockend und etwas erleichtert hieß: Moskau kommt, gleich nachdem Sie die Verträge ratifiziert haben würden? Erinnern Sie sich noch, wie Sie damals gesagt haben, die ganzen brutalen Drohungen der Russen seien Bluff gewesen, man brauchte damit gar nicht zu rechnen, das sei ein Versuch, uns unsicher zu machen? War es nicht so? Aber das wird je nach den Umständen ausgelegt.

    (Abg. Kiesinger: Herr Wehner, erlauben Sie eine Frage?)

    — Bitte!