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ID0218805500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 188. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1957 10639 188. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Januar 1957. Glückwünsche zum Geburtstag des Bundespräsidenten Prof. Dr. Heuss . . . . 10639 D Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Raestrup und Schneider (Hamburg) . 10639 D Änderungen der Tagesordnung 10639 D, 10740 C, D Geschäftliche Mitteilungen 10651 C Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . 10640 A Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 300, 315 und 316 (Drucksachen 2872, 3144; 3046, 3134; 3045, 3135) . . . 10640 A Mitteilung über Vorlage eines Zwischenberichts des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte über die Evakuiertenrückführung (Drucksache 3079) 10640 A Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (außenpolitische Lage, Wiedervereinigung Deutschlands, Sicherheitssysteme) 10640 A Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen . . . . 10640 B, 10674 C, 10707 C, 10708 A, D, 10709 A, D, 10710 A, 10733 B Unterbrechung der Sitzung . . 10651 D Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung 10651 D Kiesinger (CDU/CSU) . . 10651 D, 10653 A, C, 10654 A, B, 10660 B, C, 10661 A, 10662 B, 10671 B, 10675 A, 10686 B, 10701 C Dr. Mommer (SPD') . . . . 10653 A, 10727 C, 10730 D, 10732 C Erler (SPD) .. . 10653 C, 10662 B, 10698 B, 10716 D, 10727 D, 10730 B, 10730 D Mellies (SPD) 10654 A, 10735 A Unterbrechung der Sitzung . . 10664 A Ollenhauer (SPD) 10664 A, 10671 B, 10685 A Dr. Arndt (SPD) 10675 A, 10736 D, 10739 A, C Lenz (Trossingen) (FDP) 10677 B Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU) . 10682 A Feller (GB/BHE) 10687 A Dr. von Merkatz (DP) 10690 D Dr. Schäfer (Hamburg) (FVP) . . . 10695 D, 10698 C Wehner (SPD) . . 10700 B, 10701 C, 10705 D, 10706 B, 10708 A, D, 10709 A, D, 10710 A Rasner (CDU/CSU) . . . . 10705 D, 10706 B Dr. Furler (CDU/CSU) 10710 B Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 10715 D Strauß, Bundesminister für Verteidigung . . . . 10726 A, 10727 C, D, 10729 B, 10730 B, D, 10731 D, 10732 B, D, 10739 A, C Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 10729 B Mattick (SPD) 10732 A Dr. Gille (GB/BHE) 10734 A Zur Geschäftsordnung betr. Weiterberatung der Tagesordnung: Brandt (Berlin) (SPD) 10740 B Rasner (CDU/CSU) 10740 D Nächste Sitzung 10741 C Berichtigungen zum Stenographischen Be- richt der 184. Sitzung 10741 Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 10741 B Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Berichtigungen zum Stenographischen Bericht der 184. Sitzung Es ist zu lesen: Seite 10178 A letzte Zeile unten „Dr. Schellenberg (SPD), zur Sache" statt „10243 B": 10234 B; Seite 10182 D Zeile 21 von unten statt „angenommen": abgelehnt; Seite 10297 Zeile 12 von unten in den Abstimmungen 5, 6 und 7: Scheel: beurlaubt; Seite 10297 Zeile 3 von unten in Abstimmung 7: Dr. Schneider (Saarbrücken): enthalten; Seite 10231 sind die vorletzte Zeile von A und die zweite Zeile von B auszutauschen. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Arnholz 15.2. Dr. Bärsch 1.2. Berendsen 1. 2. Dr. Berg 31.1. Dr. Brühler 2. 2. Dr. Bürkel 31.1. Cillien 2.3. Corterier 1.2. Dr. Dehler 28. 2. Dr. Franz 31.1. Freidhof 1.2. Gedat 1.2. Geiger (München) 1. 2. Gockeln 2. 3. Dr. Gülich 1.2. Haasler 31.1. Dr. Hesberg 31.1. Heye 31.1. Dr. Köhler 2.3. Dr. Kreyssig 1.2. Dr. Mocker 31.1. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 31.1. Neumayer 16.3. Odenthal 15.2. Dr. Oesterle 1. 2. Op den Orth 31.1. Richter 31.1. Dr. Schmid (Frankfurt) 2. 3. Dr. Schmidt (Gellersen) 31.1. Schneider (Hamburg) 1.2. Frau Schroeder (Berlin) 15.4. Dr. Vogel 2.2. b) Urlaubsanträge bis einschließlich Frau Brauksiepe 16.2. Höfler 28.2. Diedrichsen 9.2. Meyer-Ronnenberg 23.2.
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    Rede von Dr. Kurt Georg Kiesinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich möchte nur ein paar Bemerkungen machen, Herr Kollege Ollenhauer, damit wirklich die Klarheit hergestellt wird, die Sie soeben gefordert haben. Sie haben uns und der Regierung den Vorwurf gemacht, daß sie nicht bereit sei, mit den Vier Mächten Verhandlungen einzuleiten, die die Teilnahme Deutschlands an einem kollektiven Sicherheitssystem, wie Sie es sehen, betreffen. Herr Kollege 011enhauer, das ist nicht wahr. Das Memorandum der Bundesregierung — Sie haben es selber erwähnt — hat die Wege, die wir gehen wollen, klar gewiesen. Wir können allerdings nicht Ihre Forderung, jedenfalls Ihre bis jetzt erhobene Forderung, als richtig anerkennen, daß ein wiedervereinigtes Deutschland außerhalb der NATO stehen müsse und daß man die Sicherheit unseres Landes durch ein Paktsystem, das Sie kollektives Sicherheitssystem nennen, begründen müsse. Wir haben von Ihnen gefordert, uns zu sagen, wie Sie die reale Sicherheit unseres Landes und Westeuropas in einem solchen Falle sehen. Die Antwort, die Sie darauf gegeben haben, ist durchaus unbefriedigend. Sie haben gesagt: Gibt es nicht anderswo regionale Sicherheitspakte? Ich hatte Ihnen in meinen Ausführungen gesagt: Wenn wir ein kollektives europäisches Sicherheitssystem mit der Teilnahme Sowjetrußlands und der Vereinigten Staaten von Nordamerika begründen, ist noch nichts gelöst. Das kann, sagte ich, die Krönung, der Schlußstein eines sehr mühevollen Werkes sein. Aber die reale Sicherheit, die wir fordern, liegt in der Herstellung eines — ich wiederhole, was ich .gesagt habe — politischen und militärischen Gleichgewichts.
    Wenn Sie also offen mit uns über dieses Problem diskutieren wollten, dann hätten Sie etwa sagen müssen: Ich denke mir die Sache so: Über den Status eines wiedervereinigten Deutschland wird vorher eine Festlegung getroffen, d. h. das wiedervereinigte Deutschland scheidet aus der NATO aus.
    Ich nehme an, Sie gehen bei Ihren Gedankengängen davon aus, daß die NATO auch dann noch — vorläufig — existent bleibt, wenn wir uns auch beide vielleicht in dem Endziel einig sind, daß wir Bedingungen auf der Welt herbeiführen, die es schließlich unnötig machen, die NATO aufrechtzuerhalten, weil die Voraussetzungen, die den Westen zu ihrer Gründung gezwungen haben, weggefallen sind. Aber zunächst liegen diese Voraussetzungen noch vor. — Was dann, wenn die Bundesrepublik der NATO nicht mehr angehört? Dann erheben sich doch eine ganze Reihe schwerwiegendster Fragen. Es erhebt sich die Frage: Ist dann die Nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft überhaupt noch in der Lage, die Sicherheit Westeuropas und damit auch unseres eigenen Landes zu garantieren? Die Autoritäten der Nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft antworten darauf: nein!
    Ich habe Sie zweitens auf die große Bedeutung der konventionellen Streitkräfte in diesem Zusammenhang hingewiesen. Ich habe Ihnen gesagt, daß die beiden kleinen Länder Schweden und die Schweiz zur Verteidigung ihrer Freiheit — die sie im Ernstfall doch auch nur in Anlehnung an die Nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft durchführen könnten — ein militärisches Aufgebot zur Verfügung halten, das etwa ein Zehntel ihrer Bevölkerung ausmacht. Wie also sollte die Verteidigungskraft eines wiedervereinigten Deutschland, das nicht der Nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft angehören würde, aussehen, damit die Sicherheit Europas nicht nur durch ein auf dem Papier stehendes Wort Sowjetrußlands garantiert wäre? Darüber, Herr Kollege Ollenhauer, haben wir auch heute nicht ein einziges Wort gehört.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Feller.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage, die nicht nur wir uns gestellt haben, sondern die auch in der Presse gestellt wurde: was eigentlich, wenn nicht der bevorstehende Wahlkampf, der akute Anlaß zu einer außenpolitischen Debatte am heutigen Tag gewesen ist, hat uns auch die Regierungserklärung leider nicht zu beantworten vermocht; denn sie hat in der Frage, die als Motiv der Forderung nach der heutigen Debatte zugrunde gelegt wurde, daß nämlich im Zusammenhang mit dem Komplex der Berlin-Anträge auch über das Problem der Wiedervereinigung Deutschlands gesprochen werden sollte, leider nichts Neues gebracht. Insofern halten wir das ganze heutige Geschehen, das mit so viel publizistischem Aufwand vorbereitet worden ist, für sehr wenig sinnvoll.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Wir sind zwar willens und durchaus bereit, bei jeder sich bietenden und geeigneten Gelegenheit von der uns bedrückenden Teilung Deutschlands und der Notwendigkeit ihrer Überwindung zu sprechen. Aber wir meinen, man sollte diese Frage, zumal sonst nicht immer allzuviel Bemühungen zu einer Fortentwicklung in dieser Hinsicht festzustellen sind, auf keinen Fall im Zeichen des Wahlkampfes strapazieren. Ich bin überzeugt davon, daß, wenn hier nicht Presse, Rundfunk und Fernsehen mit Zuschauenden und Zuhörenden vertreten wären, hier sicher alles in einer ganz anderen und dem Ziele der Wiedervereinigung vielleicht besser dienenden Weise vorgetragen worden wäre. Der Herr Bundesaußenminister weiß es wahrscheinlich selbst und hat auch das Empfinden dafür, daß manche Passagen in der Regierungserklärung nicht gerade in einer der Sache dienenden Tonart, weder außennoch innenpolitisch, gehalten waren. Und ich weiß nicht, ob man im Ausland ohne weiteres bereit sein wird, das alles unter dem Gesichtspunkt der Wahlkampfstimmung hinzunehmen. In der Regierungserklärung stehen eine Reihe von Sätzen, bei denen ich mir gedacht habe, daß sie sehr wohl etwa im amerikanischen Kongreß gesagt werden könnten. Mir stellte sich die Frage, ob uns in unserer Lage und in der augenblicklichen Situation eine solche Tonart wirklich ansteht.
    Im Bulletin hat der Herr Bundesaußenminister vor einigen Tagen in einem Essay die Frage gestellt: Was ist eigentlich Außenpolitik? Nun, ich meine, Außenpolitik ist zum großen Teil auch das Bemühen um eine psychologische Einfühlung in die Mentalität der anderen, nicht, um mit der Sprache der Regierungserklärung zu sprechen, des Gegners. Ich fürchte, die anderen werden bei dieser Tonart der Regierungserklärung teilweise die Vermutung haben, daß die deutsche Hybris wieder einmal ausgebrochen sei.
    Meine Freunde und ich sehen den Sinn einer außenpolitischen Parlamentsdebatte jedenfalls nicht darin, daß nun jeder zu beweisen sucht, daß er in der Vergangenheit immer recht gehabt habe, sondern darin, daß konstruktive Vorschläge darüber erörtert werden, wie es weitergehen soll. Das müßte doch in erster Linie eigentlich auch den Wähler interessieren; denn er sanktioniert mit seiner Stimmabgabe weniger die Vergangenheit, sondern glaubt, damit die Zukunft zu bestimmen. In der Regierungserklärung war von der Zukunft aber sehr wenig die Rede. Sie hat hier offenbar noch nicht begonnen, oder sie soll erst nach der Wahl beginnen.
    Der Herr Bundesaußenminister und der Herr Kollege Kiesinger, die Sprecher der CDU/CSU, haben sich sehr gegen die Unterstellung verwahrt, die Bundesregierung habe ihre außenpolitische Konzeption überprüft und dabei festgestellt, daß gewisse Elemente darin unrichtig gewesen seien. Meine Damen und Herren, als ob in einer solchen Unterstellung etwas Bösartiges enthalten wäre, als ob die Gewinnung neuer Erkenntnisse etwas Verwerfliches wäre! Wir jedenfalls wären der Bundesregierung nur dankbar, wenn sie aus der weltpolitischen Lage und auch aus dieser Debatte vielleicht einige neue Erkenntnisse gewinnen und danach handeln würde.

    (Abg. Niederalt: Das tut sie ja auch, wenn es notwendig ist!)

    — Sehr schön! Die Erkenntnis, die hier wohl zu gewinnen wäre oder die sich, wie ich glaube, hier gewinnen läßt, ist die, daß niemand in diesem Hause den Standpunkt vertritt, man könne die abgeschlossenen Verträge einfach einseitig aufkündigen oder zerreißen oder man müsse vertragliche Verpflichtungen nicht treulich einhalten. Die letzte Frage hat ja Herr Kollege Lenz gestellt. Er sagte, es komme nicht nur darauf an, daß, sondern auch darauf, wie Verträge eingehalten werden.
    Ich darf für meine Freunde und mich sagen: wir nehmen durchaus diesen Standpunkt ein, daß die Verträge in einer ihrem Wortlaut und Sinn entsprechenden Weise eingehalten werden müssen. Und ich glaube, ich kann den Ausführungen des Herrn Kollegen Ollenhauer den gleichen Standpunkt entnehmen. Allerdings muß ich sagen, meine Damen und Herren von der SPD, daß wir an dieser Ihrer Auffassung manchmal zu gewissen Zweifeln Anlaß hatten. Als mein Kollege Seiboth vor einigen Wochen in einer Rede in Alsfeld diese unsere Meinung vortrug, war es Ihr Pressedienst, der ihn deshalb angriff und ihm unterstellte, er nehme nicht einen für die Wiedervereinigung günstigen politischen Standpunkt ein. Ich denke aber, daß da die linke Hand nicht wußte, was die rechte tat, und daß ich das, was Herr Kollege Ollenhauer heute hier ausgeführt hat, als die authentische Wiedergabe der Auffassung der SPD ansehen kann.
    Nun, meine Damen und Herren, das, was ich wegen der Erfüllung der Verträge gesagt habe, ist eigentlich alles selbstverständlich. Wenn man vernünftig miteinander darüber spricht, kann es eigentlich keine echte Meinungsverschiedenheit geben. Trotzdem wird einem in politischen Gesprächen in diesen Monaten erstaunlicherweise immer wieder von sehr nüchtern rechnenden Leuten die Frage entgegengehalten: Sind Sie nun auch wirklich bereit, die Verträge aufrechtzuerhalten und zu erfüllen? Meine Damen und Herren, der Wille zur loyalen Erfüllung der Verträge, den wir, glaube ich, alle haben, kann doch, nachdem nun einmal die Verträge von der Mehrheit gebilligt worden sind, nicht davon abhängen, ob nun die einen ja und die anderen nein dazu gesagt haben. Beides darf gar nicht in Zusammenhang miteinander gebracht werden und dürfte deshalb auch nicht Thema von Wahlkampfauseinandersetzungen sein. Aber sehr wohl könnte und sollte die Frage diskutiert werden, die hier schon gestellt worden ist und die auch wir jetzt stellen möchten und auf die wir gern eine klarere Antwort hätten, als wir


    (Feller)

    sie bisher erhalten haben: Was hat die Außenpolitik der Bundesregierung aus der mit den Verträgen und der Zugehörigkeit der Bundesrepublik zur NATO geschaffenen Lage bisher im Hinblick auf die Wiedervereinigung gemacht, und was läßt sich ihrer Meinung nach noch daraus machen? Anders ausgedrückt: Ist im Hinblick auf das Ziel der Wiedervereinigung, dem ja unsere heutige Debatte eigentlich gelten soll, seit dem Abschluß der Verträge ein sichtbarer Fortschritt erzielt worden, oder wird er von der Bundesregierung in einer absehbaren Zeit erwartet?
    Die Regierungserklärung sagt darüber sehr wenig. In den vorbereitenden Artikeln des Bulletins ist auch nur sehr vorsichtig darauf Bezug genommen worden. Ich denke dabei vor allen Dingen an den Aufsatz des Herrn Ministerialdirektors Professor Grewe unter der Überschrift „Diplomatie des Vordringens Schritt um Schritt" vom 26. Januar. Er hat nämlich in einer sehr nüchternen, sehr objektiven, sehr sachlichen, zur Verdeutlichung der Regierungspolitik vielleicht viel besser geeigneten Weise als die heutige Regierungserklärung die Dinge dargelegt. Er hat da acht Punkte über diese „Diplomatie des Vordringens Schritt um Schritt" aufgeführt. Davon wären einige zu diskutieren, z. B. die Frage, ob die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Moskau nun wirklich einer Initiative der Bundesregierung entsprungen ist; aber nur ein Punkt ist darin, der in die Zukunft weist, das ist der Gedanke, die deutsche Frage vor die Vereinten Nationen zu bringen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir glauben, daß das ein Plan ist, für den sich sehr viel Positives sagen läßt, denn er kann auf jeden Fall dazu dienen, die deutsche Frage wieder ins weltpolitische Gespräch zu bringen. aus dem sie seit dem ergebnislosen Ausgang der zweiten Genfer Konferenz leider fast völlig verschwunden ist. Aber wir sind uns wohl auch alle darin einig, daß ein Beschluß der UN, selbst wenn er mehrheitlich zustande kommt, in seiner praktischen Durchsetzbarkeit noch sehr wenig bedeutet. Mit diesem Plan allein ist, glaube ich, unsere Frage, die wir hier aus Verantwortung, aus Mitverantwortung gegenüber der Zukunft Gesamtdeutschlands glaubten stellen zu müssen, noch nicht ausreichend beantwortet.
    Vielleicht kann in diesem Zusammenhang auch die Frage gestellt werden: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um bei den Mitgliedern der Vereinten Nationen zu erreichen, daß Beschlüsse, die dort im Hinblick auf die deutsche Frage gefaßt werden, auch so gestaltet werden, daß sie dem Osten akzeptabel oder zumindest attraktiv genug erscheinen, um darüber weiter zu verhandeln? Ich meine, das ist eine Aufgabe der Diplomatie des Schritt-um-Schritt-Vordringens, und das ist die Frage, die wir an die Bundesregierung zu stellen gezwungen sind.
    Nach dem Inhalt der Regierungserklärung scheint es uns keineswegs gewiß, daß die Bundesregierung nun auch alle denkbaren Überlegungen angestellt hat, wie weiter Schritt um Schritt vorangekommen werden kann. Einige solcher Überlegungen sind allerdings in den Ausführungen meiner Vorredner schon angestellt und diskutiert worden. Wir teilen sie insofern, als wir zunächst der Auffassung sind, daß bei aller Entschlossenheit der Bundesregierung zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen und bei aller Klarheit darüber, daß die Bundesrepublik einen Austritt aus der NATO im Sinne einer Vorleistung für Verhandlungen mit dem Osten nicht in Betracht ziehen darf, damit keineswegs die Frage präjudiziert sein kann, wie der militärische Status eines wiedervereinigten Deutschlands aussehen wird. Wenn der Herr Kollege Kiesinger hier ausführt, das wiedervereinigte Deutschland könne unter keinen Umständen einem Sicherheitssystem überlassen bleiben, das ihm keine ausreichende Sicherheit biete, dann muß uns doch allen auf der anderen Seite die Gegenfrage bewußt sein: Gibt es unter der Voraussetzung, daß der militärische Status Gesamtdeutschlands nicht vorher vereinbart ist oder daß es von westlicher Seite als unabdingbar angesehen wird, daß das wiedervereinigte Deutschland auch der NATO angehören wird, überhaupt eine Möglichkeit, zur Wiedervereinigung zu kommen?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Das ist doch die Frage, vor die wir uns gestellt sehen, und ich glaube, diese Frage ist heute in den Kontroversen nicht in genügender Deutlichkeit und Klarheit gestellt worden. Gerade über diese Frage ist doch sehr viel aneinander vorbeigeredet worden.

    (Sehr richtig! beim GB/BHE.)

    Wir müssen dieses Dilemma erkennen, wenn wir in der Überlegung dessen, was zu tun ist und was von der Regierung getan werden muß, weiterkommen wollen. Es sind ja auch schon Ausdrücke gefallen wie der — ich glaube, es war der Herr Kollege Kiesinger, der es gesagt hat —: ,,Die NATO ist kein Dogma". Ich hoffe, daß man das so auffassen darf, daß man, wenn es die Notwendigkeiten der Wiedervereinigung erfordern, auch von dem allerdings heute wieder verunklarten Standpunkt ausgehen kann, ein die NATO ersetzendes Sicherheitssystem für das wiedervereinigte Deutschland erscheine denkbar und akzeptabel.
    Selbstverständlich wird es — das ist heute wenigstens an einer Stelle schon einmal angeklungen, und wenn ich es richtig aufgefaßt habe, war es auch so gemeint, wie ich es meine — auch in einem solchen Sicherheitssystem keine hundertprozentige Sicherheitsgarantie geben, genauso wenig, wie es in der NATO eine hundertprozentige Sicherheitsgarantie gibt; das hat gerade Sues bewiesen. Einen Rest von Risiko — ich glaube, darüber sind wir uns alle einig — werden wir in jedem Falle auf uns zu nehmen haben.
    Aber ich will die Frage Sicherheitssystem nicht weiter vertiefen. Es ist schon sehr viel davon gesprochen worden, und es hat sich dabei herausgestellt, daß niemand es in seinen Einzelheiten klar umreißen und darlegen kann. Infolgedessen wird auch niemand von uns erwarten, daß gerade wir ein Patentrezept dazu vorzutragen hätten. Aber etwas ist doch auf jeden Fall dazu zu sagen, wenn man darin übereinstimmt, daß unter Umständen ein solches Sicherheitssystem die Sicherheit für Gesamtdeutschland bieten kann, die die Bundesrepublik heute in der NATO hat: nämlich daß die Bereitschaft der Großmächte festgestellt werden müßte, entweder einem solchen Sicherheitssystem beizutreten oder es doch wenigstens zu garantieren. Das hat auch Herr Kiesinger hier ausgeführt, allerdings mit der Einschränkung, daß er gefragt hat, ob eine solche Garantie effektuiert werden könne. Trotzdem müßte es unseres Erachtens Aufgabe der Bundesregierung sein, zunächst einmal


    (Feller)

    eine solche Bereitschaft bei den Großmächten herbeizuführen bzw. einmal festzustellen, weiche Aussicht für ihre Herbeiführung besteht.
    Ich wundere mich, daß von seiten der CDU/CSU die Frage, was in dieser Hinsicht zu tun ist und wie ein solches Sicherheitssystem im einzelnen entwickelt werden könnte, an die SPD gerichtet wird. Ich hatte eigentlich die Absicht, diese Frage an die Regierung zu richten, denn die Regierung hat in mehreren Verlautbarungen selbst erklärt, daß sie bereit sei, einem solchen europäischen Sicherheitssystem beizutreten, zuletzt in der Regierungserklärung vom 8. November 1956 und vorher, wie Sie wissen, in dem Memorandum, das die Bundesregierung am 2. September 1956 an die Sowjetunion gerichtet hat. In der Regierungserklärung vom 8. November heißt es u. a. — ich darf es kurz vorlesen —:
    Die Bundesregierung hat niemals einen Zweifel gelassen, daß die Bundesrepublik und das wiedervereinigte Deutschland bereit sein werden, sich in ein großes und wirksames Sicherheitssystem einzuordnen . . .
    Wir vertreten aber die Auffassung — und wir glauben auch, daß diese Auffassung richtig ist —, daß vor dem Zustandekommen der Wiedervereinigung Deutschlands in jedem Falle eine Vereinbarung über seinen militärischen Status getroffen werden muß und daß man dabei sehr scharfe Unterscheidungen vornehmen muß, die dahin gehen, daß mit diesem militärischen Status in keiner Weise der völkerrechtliche oder territoriale oder gar der innenpolitische Status gemeint sein kann. Wir glauben — das ist auch von anderer Seite schon vertreten worden und ist vielleicht sogar die gemeinsame Auffassung dieses Hauses —, daß die Festlegung des innenpolitischen Status, der innenpolitischen Ordnung Sache einer frei gewählten Nationalversammlung, eines Parlaments sein müsse. Wir halten nach wie vor daran fest, daß der territoriale Status, auf den ich noch zurückkommen werde, nur in einem frei vereinbarten Friedensvertrag festgelegt werden kann.
    Wir glauben, daß die Unterscheidung, wie ich sie soeben noch einmal ausdrücklich vorgenommen habe, nicht in ausreichender Weise allen, die zu diesen Fragen in den vergangenen Monaten Stellung genommen haben, bewußt gewesen ist. Es war Veranlassung, in Zusammenhang mit der heute auch hier schon erörterten Frage der Aufnahme wirtschaftlicher oder diplomatischer Beziehungen zu den Ostblockstaaten über die Regelung unseres Verhältnisses zu diesen Staaten zu diskutieren. Wir wollen noch einmal wiederholen, was wir von dieser Stelle schon mehrmals zum Ausdruck gebracht haben: daß wir bei allen Erörterungen, die im Zusammenhang mit dieser Frage gepflogen werden, geprüft sehen wollen, in welcher Weise dabei unser Rechtsvorbehalt hinsichtlich der offenen territorialen Fragen wirksam angebracht werden muß. Wir werden in dieser Sorge besonders bestärkt durch eine Reihe von Äußerungen, die auch von maßgeblichen Persönlichkeiten in der Bundesrepublik in den vergangenen Monaten gefallen sind.
    Es begann leider mit der auch von mir bei anderer Gelegenheit schon vorgetragenen Angelegenheit des Interviews, das der Herr Bundesaußenminister im April des vergangenen Jahres in London gegeben hat, und dem späteren Interview, das er einem Vertreter der Yorkshire Post gegeben hat. Der Herr Bundesaußenminister hat damals hier die Erklärung abgegeben, die er inhaltlich heute in der Regierungserklärung wiederholt hat, daß der Standpunkt der Bundesregierung in der Frage der deutschen Ostgrenzen unverändert geblieben sei. Trotzdem müssen wir zu unserem Bedauern feststellen, daß der Herr Bundesaußenminister mit seinen damaligen Bemerkungen Schule gemacht und eine Reihe von Politikern der verschiedensten Parteirichtungen angeregt hat, sehr laut über diese Frage nachzudenken. Die Tendenz derartiger Auslassungen hat, wie Sie alle wissen, stärkste Beunruhigung in den Kreisen der Heimatvertriebenen hervorgerufen und eine Reaktion erzeugt, die eigentlich davor hätte warnen müssen, mit so leichtfertiger Behandlung der Ostfragen fortzufahren.

    (Abg. Dr. Strosche: Sehr gut!)

    Wir haben aber immer wieder feststellen müssen, daß selbst der Herr Bundesaußenminister, dem wir diese Warnung schon einmal entgegengehalten haben, fortgesetzt hat, Ausdrücke zu gebrauchen, Ausdrücke wie „Opferbereitschaft" und ähnliche, die natürlich nach dem Vorangegangenen den Eindruck erwecken mußten, als ob hier der Standpunkt der Bundesregierung nicht ganz klar und einwandfrei festliege: um so mehr als ia auch gewisse Erscheinungen in den westlichen Ländern — ich nenne hier nur das Buch des früheren amerikanischen Hochkommissars McCloy und die bekannte Studie der Miss Elisabeth Wiskemann in England — Zeugnis geben von gewissen Aufweichungserscheinungen, die sich in diesen Ländern hinsichtlich der Haltung zu den deutschen Ostgebieten abspielen. Diesen Aufweichungserscheinungen kann nach unserer Auffassung nur durch einen ganz eindeutigen und festen Standpunkt in der Bundesrepublik entgegengewirkt werden.
    Aber, meine Damen und Herren, das genaue Gegenteil davon geschieht doch dann, wenn eine so hochgestellte Persönlichkeit wie der Bürgermeister Hamburgs und Präsident des Bundesrates, Dr. Sieveking, in diesen Tagen einen Vortrag vor der Auslandspresse ausgerechnet dazu benutzt, ostpolitische Vorstellungen zu entwickeln, die auf nichts anderes hinauslaufen als auf einen Verzicht auf die polnisch verwalteten Gebiete. Trotz des Dementis, das uns heute zugegangen ist und das der Herr Bundesaußenminister als ausreichend bezeichnet hat, um jedes Mißverständnis zu vermeiden, muß ich fragen: Was ist es denn anderes als eine Verzichterklärung, wenn Herr Dr. Sieveking davon spricht, daß das Bismarcksche Preußen den Verlust einer Provinz nicht habe ertragen können. daß aber Preußen ja nicht mehr existiere; oder wenn er meint, daß angesichts des Umstandes, daß die polnischen Ostgrenzen von der Sowjetunion gezogen seien, man bei einer deutsch-polnischen Regelung darauf Rücksicht zu nehmen hätte? Und dann werden im weiteren Verlauf seines Vortrages eine ganze Reihe von Fakten angeführt, die ich hier im einzelnen nicht aufzählen will. die aber ausnahmslos für den polnischen Standpunkt sprechen. Und schließlich hat Herr Dr. Sieveking die anwesende Presse noch aufgefordert, für diesen seinen Gedankenflug Propaganda zu machen.
    Meine Damen und Herren, hier scheint uns ein Vorgang gegeben, der nicht mehr den Tatbestand


    (Feller)

    einer politischen Meinungsäußerung, sondern den des politischen Unfugs erfüllt;

    (Zustimmung beim GB/BHE)

    und gegen solchen Unfug muß nach unserer Meinung schnellstens etwas geschehen.
    Eine polnische Zeitung, die „Trybuna Ludu", berichtet nach dem „Hamburger Abendblatt", daß dem Vortrag von Herrn Dr. Sieveking eine Unterhaltung mit ihrem Chefredakteur vorausgegangen sei, in der Dr. Sieveking den Polen gefragt haben soll, ob er glaube, daß ein kühnerer Schritt von deutscher Seite nützlich sein könnte. Wir meinen, daß solche Kühnheiten dem Präsidenten des Bundesrates und Chef einer Landesregierung schlecht anstehen, auch wenn er eine Zeitlang im diplomatischen Dienst tätig war

    (Zuruf vom GB/BHE: Gerade dann!)

    und auch wenn er eingangs seines Vortrags versichert hat, er spreche nur als Privatmann.

    (Zuruf vom GB/BHE: Das kennen wir, den „Privatmann"!)

    Wir sind vielmehr der Ansicht, daß die Bundesregierung hier etwas unternehmen muß und daß auch die Partei, der Herr Dr. Sieveking angehört, klar erklären muß,

    (Sehr richtig! beim GB/BHE)

    ob sie die Auffassung ihres prominenten Mitgliedes teilt oder nicht. Die Häufung derartiger Äußerungen, insbesondere vor internationalen Gremien, ist nach unserer Auffassung eine Gefahr für die deutsche Ostpolitik, die davon ausgehen muß, daß die Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie nach wie vor völkerrechtlich zu Deutschland gehören und daß für das Heimatgebiet der Sudetendeutschen eine Entscheidung nur nach dem Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts erfolgen kann.

    (Beifall beim GB/BHE.)

    Im Potsdamer Abkommen und in nachträglichen Erklärungen der Westmächte ist festgelegt, daß die Grenzen Deutschlands einer friedensvertraglichen Regelung vorbehalten bleiben müssen. Was soll dann also das ganze Gerede zu einem Zeitpunkt, in dem überhaupt noch nicht abzusehen ist. wann es zu Verhandlungen über solche friedensvertraglichen Regelungen kommt!
    Wir fordern die Bundesregierung nochmals auf, den deutschen Rechtsstandpunkt in dieser Frage unter allen Umständen zu wahren und dafür Sorge zu tragen, daß er nicht, auch nicht durch solche unverantwortlichen Diskussionen, aufgeweicht wird, bevor es überhaupt zu Verhandlungen mit unserem östlichen Nachbarn kommt. Wenn jemand glaubt, meine Damen und Herren, daß dies der einzige Weg sei, um bessere Beziehungen zu Polen herzustellen oder gar Einfluß auf innerpolitische Vorgänge dort zu nehmen, dann liegt ein Irrtum vor, der schon dadurch eine Korrektur erfährt, daß selbst polnische Pressestimmen erkennen lassen, daß auch die polnische Ostgrenze, von der Herr Dr. Sieveking gesprochen hat, dort keineswegs als endgültig angesehen wird.
    Ich habe hier schon einmal — es war aus Anlaß des Aufstandes in Polen — erklärt, daß wir uns von jeglicher Einmischung in die inneren Verhältnisse unserer östlichen Nachbarn völlig frei halten sollten. Das korrekte Verhältnis, das wir zu ihnen herstellen wollen, wird aber verfälscht durch die Verleugnung eines Rechtsstandpunktes, den die Bundesrepublik bisher immer vertreten hat und dessen Aufgabe den schärfsten Widerstand eines großen Teils unseres Volkes, insbesondere seiner heimatvertriebenen Bevölkerungsteile, erwecken müßte. Es bedarf wohl kaum einer erneuten Beteuerung, daß dieser unser Standpunkt nichts mit irgendeiner Art von revanchistischen oder gewaltpolitischen Vorstellungen zu tun hat. Wir fordern die Bundesregierung also nochmals auf, entsprechend ihrer heutigen Erklärung dafür Sorge zu tragen, daß nicht — auch nicht in der westlichen Welt — der Eindruck entstehen kann, daß hier stillschweigende Zustimmung zu irgendwelchen Maßnahmen zu erwarten wäre, welche die deutschen Rechtsansprüche negieren oder vernachlässigen. Es gibt genügend Anzeichen, die uns mit solchen Maßnahmen rechnen lassen.
    Wir nehmen an, daß diese Dinge im Auswärtigen Amt mit Aufmerksamkeit verfolgt werden. Notfalls wiederholen wir nochmals unsere schon mehrmals erhobene Forderung nach einem Ausbau der Ostabteilung; denn dieser wird ja ohnehin notwendig werden, wenn zu einem absehbaren Zeitpunkt an eine Normalisierung unserer Beziehungen zu den Ostblockstaaten herangegangen werden soll, der auch wir grundsätzlich zustimmen, wenn dabei unsere Vorbehalte ausreichend Beachtung finden.
    Wir sind der Meinung, daß die Forderungen nach einer aktiveren Ostpolitik auch durch die Ereignisse der letzten Monate an Berechtigung keineswegs eingebüßt haben. Sosehr wir es begrüßen, daß in den Verhandlungen über Euratom und den gemeinsamen europäischen Markt in den letzten Monaten entscheidende Fortschritte erzielt worden sind, so erschreckend bleibt für uns doch immer der Gedanke, daß der fortschreitenden Integration West- oder Klein-Europas eine fortschreitende Desintegration Deutschlands gegenübersteht. Ohne die deutsche Einheit kann es aber keine in sich selbst ruhende und gesicherte Ordnung der europäischen Mitte und damit ganz Europas geben.
    Wir meinen deshalb, daß in Zukunft die Anstrengungen der Politik stärker als bisher darauf gerichtet sein müssen, Europa seine Mitte wieder finden zu lassen, ohne die es auf die Dauer nicht leben kann und die ein in Freiheit wiedervereinigtes Deutschland voraussetzt. Es wäre ein nicht wiedergutzumachendes Geschehen, wenn das Wahljahr dazu führen sollte, daß in der Auseinandersetzung über den besten Weg das Ziel entschwindet und Schritte, die in der Zwischenzeit zu unternehmen möglich wären, etwa deshalb unterbleiben.

    (Beifall beim GB/BHE.)