Rede von
Fritz
Ohlig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat mich beauftragt, trotz des vorliegenden Berichts auf der Drucksache 2896 einige ergänzende Ausführungen über den Inhalt dieses Berichts vorzutragen. Ich will mich dieses Auftrags in aller Kürze entledigen.
Auf Seite 4 des Berichts finden Sie ein Zahlenbild, das veranschaulicht, daß der Bund in immer zunehmendem Maße Aufgaben außerhalb der Bundesverwaltung erfüllen läßt. Das ist an und für sich nicht zu 'bedauern; aber allein im Einzelplan des Bundesministers des Innern gibt es gegenwärtig 800 Zahlungsempfänger. 1950 betrugen die Aufwendungen rund 30 Millionen DM, 1955 betrugen die ausgeworfenen Mittel bereits rund 122 Millionen DM. In diesen fünf Jahren hat sich die Summe also vervierfacht, und diese Mittel betrugen rund 30 0/o der Gesamtausgaben des Einzelplans 06.
Alle diese Ausgaben wurden durch das Parlament bewiligt. Der Haushaltsausschuß hält aber eine zweckmäßige Kontrolle über die Verwendung dieser Mittel für dringend erforderlich, zumal festgestellt wurde, daß einzelne Zahlungsempfänger aus mehreren Titeln des Haushaltsplans 06 und darüber hinaus auch noch aus weiteren Haushaltsplänen anderer Bundesministerien oft für den gleichen Zweck Zuwendungen erhalten. Deshalb empfiehlt der Haushaltsauschuß die Einrichtung einer zentralen Auskunfts- und Meldestelle. Diese Stelle soll vor der Mittelbewilligung gehört werden. Nach Ablauf eines Jahres hat diese Zentralstelle dem Bundestag zu berichten.
Der Bundesrechnungshof hat ferner im Jahre 1952 in einem größeren Umfang eine mißbräuchliche Anwendung der Bestimmungen des § 131 der Abgabenordnung festgestellt. Nach diesem Paragraphen können im Einzelfall Steuern ganz oder zum Teil erlassen, erstattet oder angerechnet werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des Einzelfalles eine unbillige Härte wäre. Einige Oberfinanzdirektionen und Finanzminister der Länder haben auf Grund der Bestimmung dieses Paragraphen der Abgabenordnung hohe Steuerbeträge erlassen oder Sondervergünstigungen gewährt.
Dafür soll heute nur ein Beispiel angeführt werden. Der Finanzminister eines Landes hat auf Vorschlag einer Oberfinanzdirektion einer Kommanditgesellschaft Steuervergünstigungen für vier Jahre unter der Bedingung gewährt, daß diese Kommanditgesellschaft 3 bis 4 Millionen DM in eine neue Fabrik investierte. Das Endergebnis dieser Sondervergünstigung war, daß den Gesellschaftern Steuerbeträge erlassen wurden, die über das Doppelte der investierten Beträge hinausgingen. Der Rechnungsprüfungsausschuß hat von dem Finanzministerium dieses Landes eine Auskunft erbeten. Diese Auskunft ist eingegangen. Ich will daraus nur einige Sätze vorlesen:
So wirkte sich der zugesagte Steuernachlaß so aus, daß er die Höhe der Investitionen ungefähr errichte. Wenn man die gesetzlich zugelassenen Steuervergünstigungen berücksichtigt, welche die Firma infolge des Steuernachlasses nicht ausgenutzt hat, die sie jedoch ohne diesen Nachlaß hätte in Anspruch nehmen können, wird sich nach vorsichtiger Schätzung immer noch eine Begünstigung von 5 bis 6 Millionen DM ergeben.
Der Bundesrechnungshof ist der Auffassung, daß durch die hier gewährten Sondervergünstigungen der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verletzt würde. Der Haushaltsausschuß hat sich dieser Auffassung einstimmig angeschlossen.
Das Zweite Gesetz über die Finanzverwaltung vom Mai 1952 sieht ein Zusammenwirken des Bundesministers der Finanzen mit den für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörden vor. Auf eine Frage im Rechnungsprüfungsausschuß wurde geantwortet, daß der Bundesminister der Finanzen von diesem Recht zunächst keinen Gebrauch gemacht habe. Erst in letzter Zeit seien Abmachungen mit den Ländern getroffen worden. Man hofft, daß solche Dinge in Zukunft ohne Kenntnis und ohne Zustimmung des Bundesfinanzministers nicht mehr vorkommen werden.
Auf Seite 18 der Drucksache 2896 finden Sie dann eine Zusammenstellung über die finanziellen Ergebnisse der Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofes. Der Haushaltsausschuß empfiehlt die Annahme seines Antrags auf Drucksache 2896.