Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion
der Deutschen Partei habe ich zu diesem Haushaltsentwurf, zu den Vorbemerkungen, zu der Etatrede des Herrn Bundesfinanzministers einiges zu sagen. Es ist selbstverständlich schwer, nachdem wesentliche Dinge bereits in diesen drei Stunden behandelt worden sind, auf vieles Grundsätzliche noch einmal zurückzukommen, und ich werde mich bemühen, es nicht zu tun, um nichts zu wiederholen.
Ich habe zunächst namens meiner Fraktion dem Herrn Bundesfinanzminister und seinem Hause den Dank dafür abzustatten, daß diese Vorlagen in dieser Art, in diesem Umfang, in dieser Konzentration des Stoffes und zu diesem Zeitpunkt vorgelegt worden sind. Ich möchte besonders betonen, daß die Erkenntnisse, die wir aus dem Funktionsplan erhalten können, in vieler Hinsicht vielleicht noch verbesserungs- und erweiterungsbedürftig sind.
Ich habe für meine Fraktion den Wunsch vorzutragen — wie ich es bereits im Haushaltsausschuß in einer der letzten Sitzungen getan habe —, daß diese Vorbemerkungen noch durch eine Aufgliederung sämtlicher Ausgaben ergänzt werden, die — in diesem Etat mindestens in Höhe von 10 Milliarden DM — an die Länder zurückfließen, auch aufgeteilt nach den einzelnen Spezialtiteln: Wohnungsbau, Zonengrenzgebiete, oder wie man sie nun alle aufführen könnte. Dann kann man schon bei der Vorlage des Etats die Rückwirkung der Bundesfinanzpolitik auf die Länder bzw. die Relation der Bundesfinanzpolitik zur Länderfinanzpolitik zum wenigsten in etwa erkennen. Ich möchte betonen, daß wir diesen Wunsch seit drei Jahren vorgetragen haben. Bis jetzt haben wir eine derartige Zusammenstellung nicht erhalten. Sie werden ja wissen, insbesondere soweit die Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuß tätig sind, daß wir uns bei den vielen Dotationen und Anforderungen, Beihilfen oder Darlehen an irgendwelche Institutionen in den Ländern ständig darüber streiten, was das Land dazu tut und was der Bund seinerseits bei der einen oder anderen Aufgabe leisten müßte. Wenn man sich in dem finanzpolitischen Konzert zwischen Bund und Ländern darüber ein wirkliches Bild machen will, dann muß man zum mindesten bei der Haushaltsvorlage ein absolut klares Konzept haben, wie sich die 10 oder 11 oder 12 Milliarden, die aus der Bundeskasse an die Länder zurückfließen, verteilen, gleichgültig, ob sie von den Ländern zu ihren eigenen Gunsten verwaltet und verausgabt werden oder ob sie vermögenbildend dem Bunde verbleiben. Man muß wissen, wie diese Dinge zusammenhängen. Ich bin der Überzeugung, daß wir alle, die wir an diesem Haushalt arbeiten, eine derartige Übersicht vermissen und daß wir daraus sehr ernste und maßgebliche Schlüsse auch für das Gesamtverhältnis zwischen Bund und Ländern finden könnten.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit wiederholen, was ich bereits im vorigen Jahr gesagt habe: daß die finanzpolitische Harmonie zwischen Bund und Ländern auch in diesem Jahr nicht erreicht ist. Dieses ewige Tauziehen um die bestimmten Steuereingänge, dieses ewige Tauziehen um Haushaltsposten, insbesondere bei den Beihilfen, Zuwendungen und Darlehen, müßte in einem harmonisch abgestimmten Verwaltungsverhältnis langsam verschwinden. Ich weiß, daß das eine Frage des Grundgesetzes ist. Aber es ist des Schweißes der Edlen wert, die Reformierung von Grundgesetzbestimmungen wirklich einmal zu praktizieren
und diese Frage der Artikel 105, 106, 107 usw.
nicht immer wieder auf die lange Bank zu schieben.
Genauso liegt es mit der Frage der Haushaltsordnung und ihrer Reform. In den letzten vier Jahren haben wir uns innerhalb des Haushaltsausschusses, aber auch in diesem Hohen Hause häufig über die Unmöglichkeit gewisser haushaltsrechtlicher Bestimmungen auseinandergesetzt. Es ist bisher weder zu einer Regierungsvorlage gekommen, noch sind wir in der Lage gewesen, aus der Mitte des Hauses heraus einen Initiativgesetzentwurf für die Reform der Haushaltsordnung vorzulegen. Auch der Kreis von Mitarbeitern und Sachverständigen, der an der Haushaltsordnung und ihrer Reform arbeitet, ist bislang noch nicht zu irgendeinem Ergebnis gekommen. Trotzdem sind wir der Auffassung, daß gerade durch eine Reform der Haushaltsordnung auf vielen Gebieten auch eine klarere Übersicht über die Kompetenzen des Bundes und der Länder eintreten wird.
Das Parlament hat bei der Vermögensverwaltung des Bundes eigentlich wenig zu sagen. Die ganzen Fragen der Vermögensverwendung und Vermögensbewertung, das, was uns in den Vorbemerkungen an großem Bundesvermögen aufgezählt und aufgegliedert worden ist, alles das sind Fragen, die letzten Endes die einzelnen Ressorts und die Bundesregierung allein bestimmen, ohne daß das Parlament dabei irgendeine Mitwirkungsmöglichkeit hat. Wir sind nicht in der Lage, von uns aus irgendwelche Anträge zu stellen oder irgendwelche Dinge zu erörtern, die diese Vermögenskomplexe in ihrer Bewertung ändern, obwohl doch in den Vorbemerkungen eine absolut klare, detaillierte Bemerkung enthalten ist, daß das Bundesvermögen mit nominalen Wertansätzen angegeben ist, daß aber dahinter wesentlich höhere reale Werte vorhanden sind. Ich bin der Auffassung, daß das auf die Dauer nicht praktisch ist und daß es für die Glaubwürdigkeit unseres Staatsaufbaues, unserer Verwaltung im Verhältnis zum Parlament besser wäre, wenn das Parlament über diese Fragen der Vermögensbildung und der Vermögensverwendung mehr Kontrolle hätte, als es bis heute hat. Das ist eine Frage der Haushaltsordnung.
Genauso wichtig in der Haushaltsordnung sind die Probleme, die mit der öffentlichen Vergabe von Aufträgen zusammenhängen. Ich erinnere hier an § 26 der Haushaltsordnung und andere, die genauso wichtig für den Staat selbst, für den Fiskus, wie für die beteiligte Wirtschaft sind, die in dem öffentlichen Auftragsvergebungs- und Submissionsverfahren aus der Natur der Sache heraus mitwirken und die öffentliche Aufträge übernehmen muß; erinnern Sie sich an die Rüstungsaufträge und alles, was damit zusammenhängt. Auch da müssen neue Methoden, neue Wege, neue Mittel und neue Formen gefunden werden, um uns auf dem Gebiet des Haushaltsrechts und der Haushaltsordnung moderner zu verhalten.
Im Blick auf die allgemeine, grundsätzliche, politische Bewertung dieses Haushalts, insbesondere hinsichtlich des Erfolges der Regierungspolitik auf dem wirtschafts- und finanzpolitischen Gebiet, bemerke ich der Kürze halber, daß ich mich den Ausführungen des Herrn Kollegen Vogel grundsätzlich anschließe. Ich möchte bezüglich der Charakterisierung dieses Haushalts als eines Haushalts der Stabilität und der sozialen Sicherheit aber doch etwas
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bemerken, was in der bisherigen Debatte nicht angesprochen worden ist. Ich habe den Eindruck, daß diese Firmierung, diese Charakterisierung des Haushalts mehr eine gefühlsbetonte Generallinie als eine nur sachlich fundierte Kennzeichnung ist. Die Stabilität unserer Wirtschaft und unserer Währung ist ja letzten Endes etwas anderes als die Stabilität dieses Haushalts in sich. Über die Stabilität der Wirtschaft und der Währung enthalten die Vorbemerkungen die Aussage, daß wir seit dem Jahre 1950 eine Entwertung unserer D-Mark um höchstens 5,5 % haben. Nun, ich bin der Überzeugung, daß, wenn Sie das dem allgemeinen Volk sagen, es sich unter dieser Zahl nichts vorstellen kann. Es hat aus seinem praktischen Erleben heraus doch auch eine andere Auffassung.
Denn es darf nun einmal nicht verschwiegen werden, daß eine Wohnung, die man im Jahre 1952 für 10 000 DM bauen konnte, im Jahre 1956 etwa 13 000 oder 13 500 DM kostet. Das wird zum Teil mit einem sogenannten Teuerungskoeffizienten abgetan. Man benutzt dann das wirtschaftspolitische und finanzpolitische Wort „Teuerung". Damit allein ist es aber nicht abgetan; es ist nicht nur ein Teuerungskoeffizient, der unter Umständen auch einmal wieder zurückgehen kann. Diese Wohnungsbaupreisfrage hängt nicht mit einer Mengenkonjunktur oder mit einer Produktionsausweitung zusammen.
Bei der Mangellage, die wir auf dem Wohnungsmarkt noch haben, bedeutet die Kostensteigerung für alle Sparer, die langfristig für den Wohnungsbau sparen, doch etwas anderes als eine 5%ige Geldentwertung. Die Geldentwertung ist in bezug auf den Wohnungsbau und überhaupt auf die Bauwirtschaft wesentlich größer als 5 %. Die Auffassung vom allgemeinen Geldwert, von Sparmöglichkeiten und vom Wert des Sparens richtet sich doch letzten Endes ganz allgemein von der Masse des Volkes aus gesehen danach, was man mit einem Geldsparwert wirtschaftlich an Grund- und Bodeneigentum erreichen kann. Das ist der eigentliche Beurteilungsmaßstab dafür, welchen inneren Wert das Geld in unserem wirtschaftenden Volke darstellt, aber weniger die Preise und Werte der kurzlebigen, der täglichen Verbrauchsgüter. Die Relation zwischen den Preisen und den Löhnen hat sich in den letzten Jahren im wesentlichen immer wieder ausgeglichen. Auch nicht die mittelfristigen Gebrauchsgüter, sondern die langfristigen Güter sind bei der Eigentumsbildung an Grund und Boden die entscheidenden Objekte, die unser Volk hinsichtlich der Bewertung interessieren. Hier, möchte ich sagen, ist die Stabilität nicht so gewährleistet, wie es nach den Darlegungen, die hier vielfach gemacht worden sind, den Anschein hat.
Bei diesem Komplex der Wohnungs- und Bauwirtschaft möchte ich auch noch einmal die Gefahren betonen, die mit der Rentenreform verbunden sind. Meine politischen Freunde haben in den Beratungen des Sozialpolitischen Ausschusses mit allem Ernst und aller Intensität darauf hingewiesen, daß das Abgehen von der Kapitaldeckung auf dem Kapitalmarkt entscheidende Folgen haben wird.
Ich möchte an dieser Stelle mit Rücksicht auf die Eigentumsbildung an Grund und Boden, an Wohnungen und Familienheimen und die damit zusammenhängenden Finanzierungsprobleme davor warnen, das Kapitaldeckungsprinzip in der Sozialversicherung aufzugeben, und zwar deswegen, weil wir ihre ersten Hypotheken für den zukünftigen sozialen Wohnungsbau, gleichgültig ob er öffentlich finanziert ist oder nicht, immer wieder brauchen.
Ich möchte auch darauf verweisen, daß gerade das Wohnungseigentum im Althausbesitz und die Rentabilität dieses Hausbesitzes in den letzten Zeiten nicht mit der Intensität gefördert worden sind, wie man das hätte erwarten können. Die Richtlinien für die Zinsverbilligungszuschüsse, die aus Bundesmitteln zu Althausreparaturdarlehen schon nach dem letzten Haushaltsplan gegeben werden sollten, sind bis heute nicht vorhanden. Nachdem wir doch mehrere Millionen DM für diese Aktion zur Verfügung gestellt haben, hätte man erwarten können, daß man davon bereits in diesem Herbst Gebrauch machte. Dem ist aber nicht so.
Nun zurück zu den Grundsätzen der Finanz- und Haushaltspolitik. Meine politischen Freunde haben ernste Sorgen, daß trotz allen guten Willens und trotz aller Bemühungen bei den Vorarbeiten zum Haushaltsplan zur Erzielung einer Stabilität die Bemühungen für echte Sparsamkeit doch nicht so gelaufen sind, wie sie hätten laufen können. Ich pflichte dem Kollegen Niederalt zwar darin bei, daß sehr viele Positionen dieses Haushalts gesetzliche Zwangsläufigkeiten sind; aber ich stimme ihm darin nicht bei, daß nur ein Rest von einer Milliarde DM diesen gesetzlichen Zwangsläufigkeiten nicht unterliegen soll. Vielmehr bin ich der Auffassung, daß dieser Bewegungsposten im Haushalt, über den Haushaltsausschuß und Plenum beraten und beschließen können, wesentlich höher ist, daß er zumindest in der Größenordnung um 4 Milliarden DM herum liegt. Die Kollegen des Haushaltsaussmusses, die in dieser Materie bewandert sind, werden mir zustimmen, daß das die Mindestsumme ist, die beweglich ist und über die wir diskutieren können. Und da scheint mir, daß die echte Sparsamkeit der Verwaltung auch nach außen hin, für die Öffentlichkeit nicht so erkennbar ist, wie wir es wünschen müssen.
Es ist schon etwas, wenn der Bundesfinanzminister Anforderungen der Ressorts von rund 6 Milliarden DM hat abwehren müssen. Es würde zum zeitgemäßen Stil unserer Verwaltung gehören, wenn sie einen öffentlich erkennbaren Willen zu echter Sparsamkeit hätte. Dafür sollte sie auch Richtlinien des Kabinetts, des Bundeskanzlers und der Ressortminister, bekommen. Es wäre besser gewesen, diese 6 Milliarden wären in den Akten der einzelnen Ressorts und in denen des Bundesfinanzministers gar nicht erst erschienen. Diese 6 Milliarden DM Anforderungen sind ja nicht solche, die aus den gesetzlichen Verpflichtungen kommen. Daß die Ressorts die Summen, die auf echten gesetzlichen Verpflichtungen beruhen, in den Haushalt einsetzen müssen, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber diese 6 Milliarden DM können letzten Endes nur über die beweglichen Posten entstanden sein. Ich bedauere von dieser Stelle aus, daß es überhaupt notwendig geworden ist, Anforderungen von 6 Milliarden DM abzuwehren. Ich bin der Auffassung, es wäre zweckmäßig, daß man sich bei der nächsten Etataufstellung von vornherein nach einem anderen Stil richtet, damit es gar nicht erst zu einer derartigen Abwehraktion des Herrn Bundesfinanzministers kommen muß.
Ich bin ferner der Ansicht, daß die Tätigkeit des Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit keine echte Resonanz in den Ressorts und in unserer gesamten Verwaltung hat. Schon der Begriff „Bundesbeauftragter für die Wirtschaftlichkeit" scheint mir bei der Situation, in der wir uns insgesamt finanz- und steuerpolitisch befinden, nicht mehr am Platze zu sein. Wir sollten klar und deutlich zu dem Begriff „Sparkommissar" zurückkehren.
Das ist ein im Volke und im Volksmund ganz klarer Begriff. Wenn dieser Begriff des Sparkommissars oder des Sparbeauftragten wieder in dieses Haus und in die Ressorts der Regierung einzöge, dann, glaube ich, wäre damit mehr gewonnen als mit dem „Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit". Deshalb haben meine Freunde den Wunsch, daß wir auch nach dieser Richtung hin in Zukunft eine ganz klare Formulierung treffen.
Wir bedauern außerordentlich, daß immer wieder das Problem der Zwangsläufigkeit der Ausgaben auf uns zukommt, wie es insbesondere Herr Ministerialdirektor Vialon als der Exponent des Bundesfinanzministeriums in den Beratungen des Haushaltsausschusses immer wieder ausspricht. Ich gebe dem Herrn Kollegen Niederalt recht — wenn auch nicht in der Höhe der Summe, aber dem Grundsatz nach —, daß wir noch sehr viele Möglichkeiten haben, bei denen wir über die Notwendigkeit von Ausgaben, die nicht zwangsläufig auf uns zukommen, entscheiden können. Das Parlament sollte sich diese Bewegungsmöglichkeit und Entscheidungsmöglichkeit unter allen Umständen bewahren.
Nun ein Wort zur Vermögensbildung im Bunde. Dieses Problem ist in der heutigen Debatte über den Haushalt bislang nicht angeschnitten worden. Ich halte mich aber für verpflichtet, hierzu einiges zu sagen, weil es mir eine sehr entscheidende Entwicklungsfrage für jetzt und für die Zukunft zu sein scheint. Die Vermögensbildung der öffentlichen Hand, so wie sie sich in den letzten Jahren vollzogen hat, entspricht nach unserer Auffassung im Verhältnis zu der Vermögensbildung in der privaten Wirtschaft, bei den Staatsbürgern, nicht der Situation, die wir wünschen.
Die Vermögensbildung ist im vorletzten Jahre
allein beim Bund um 6 Milliarden DM gestiegen.
Bei Bund, Ländern und Gemeinden zusammen ist die Vermögensbildung durch echte, vermögensbildende Investitionen in einem Jahre um 12,2 Milliarden DM gestiegen,
während die Vermögensbildung in der gesamten Privatwirtschaft, sagen wir schlechthin: bei allen Staatsbürgern, höchstens um einen Betrag von 35 bis 36 Milliarden DM gestiegen ist. Das ist kein normales Verhältnis mehr, wenn man die Situation der vermögenslosen Flüchtlinge, der Kriegsbeschädigten, der Heimkehrer, der Besatzungs- und Währungsgeschädigten betrachtet. Wir wissen alle, daß die Vermögensbildung in diesen Kreisen am schlechtesten möglich war, auch wenn sie Arbeit hatten, auch wenn sie im Beruf waren, auch wenn sie eine selbständige wirtschaftliche Existenz hatten, weil die Kredit- und Kapitalvorleistungen, die ihnen allen gegeben werden mußten, ja kein echtes
Vermögen, sondern Schulden sind, auch wenn sie sie langsam abtragen können und müssen. Bei dieser Situation kann die Vermögensbildung der öffentlichen Hand auf die Dauer so nicht mehr weitergehen.
Wir sind deshalb der Auffassung, es muß ernste Vorsorge getroffen werden, daß diese Vermögensbildung in irgendeiner Form abgedrosselt wird und daß öffentliche Finanzierungen — beispielsweise des Wohnungsbaues, beispielsweise für die zukünftigen Atomfragen, beispielsweise für die Rüstung — mit anderen Methoden durchgeführt werden als mit Steuerabschöpfung und anschließender Kapitalbildung bei der öffentlichen Hand.
Das Investitionshilfegesetz hat uns eine solche Methode gezeigt, und das Investitionshilfegesetz könnte auch Modell sein für andere öffentliche Finanzierungen, damit die Mittel nicht zum Staatsvermögen führen, sondern letzten Endes Privatvermögen bleiben, wenn sie auch dem Staat über eine gewisse Zeit hin zur Verfügung gestellt werden müssen, damit er seine Aufgaben erfüllen kann.
Oder denken wir an das frühere System der Steuergutscheine! Das war auch ein System, mit dem man sehr viele öffentliche Finanzierungen durchführen konnte, ohne daß diese Mittel unbedingt Staatsvermögen wurden; sie verblieben letzten Endes den privaten Staatsbürgern als Vermögensbesitz.
Nach dieser Richtung hin müssen wir nach unserer Auffassung in den kommenden Zeiten eine andere Politik betreiben als die etwas lapidare und auch finanztheoretisch und finanzwirtschaftlich verhältnismäßig einfache Politik: Steuern nehmen, Kapital bilden und Hypotheken und Darlehen ausgeben. Man kann auch ganz anders finanzieren, aber nur dann, wenn man die gesetzlichen Voraussetzungen dazu schafft.
Aber das Bundesvermögen, wie wir es in den Vorbemerkungen feststellen, hat für meine politischen Freunde noch einen besonders eklatanten, fragwürdigen Teil. Das ist das Kapitel der Bundesbeteiligungen an Unternehmungen. Wenn Sie die Vorbemerkungen genau durchsehen, werden Sie finden, daß der Bund nicht nur an der Grundstoffindustrie beteiligt ist - wir wollen ihm das auf vielen Gebieten nicht bestreiten —, daß er nicht nur an Verkehrsunternehmungen beteiligt ist — auch das liegt im Interesse der Allgemeinheit —, auch daß er in Zukunft unter Umständen an Unternehmungen der Atomenergie beteiligt sein wird. Wer kann das übersehen? Im Augenblick ist es noch nicht der Fall. Aber daß er entweder direkt oder indirekt an etwa 20 Kohlenhandelsgesellschaften beteiligt ist, von denen jede einzelne ein Kapital von 20- bis 100 000 Mark hat, daß er beteiligt ist an Bauunternehmungen, daß er beteiligt ist an kleineren und mittleren Maschinenfabriken, an Hotelbetrieben, an Eisenhandlungen, am Kraftfahrzeughandel und an Reparaturwerkstätten, an Schraubenfabriken, an mit Grubenholz handelnden Unternehmungen, an Zentralheizungsfertigungsbetrieben, an Wäschefabriken, an Betrieben für die Herstellung von Hartfaserplatten und sonstigen Betrieben aller Art, dafür haben wir kein Verständnis.
Wir sind der Auffassung, daß diese Betriebe so oder so, d. h. aber nicht mit Verlust — das hat man heute überhaupt nicht nötig —, aber zu einem ganz klaren reellen Preis ohne Überforderung abgestoßen werden müssen. Denn der Staatsbürger kann verlangen, daß der Staat nur solche Wirtschaftsbereiche für sich mit in Anspruch nimmt, bei denen das Allgemeinwohl mit auf dem Spiel steht. Aber an Wäschefabriken und Kohlenhandlungen braucht weder eine direkte noch eine indirekte Bundesbeteiligung vorhanden zu sein; das hat mit der Wahrnehmung des Allgemeinwohls überhaupt nichts zu tun. Wir erwarten, daß vor allem der Unterausschuß „Bundesbeteiligungen", der — und damit spreche ich unseren Kollegen Hellwig an — seit Juni oder Juli 1955 nicht mehr getagt hat, seine Arbeit wieder aufnimmt und sich überlegt, welche von diesen in den Vorbemerkungen aufgeführten Beteiligungen und Betriebe man wirklich, ohne ein großes Politikum daraus zu machen, abstoßen und der Privatwirtschaft überlassen kann.
Aus den allgemeinen Bemerkungen in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers interessiert uns ferner eine sehr grundsätzliche Auffassung, die er darin kundgetan hat. Er sprach von der mangelnden Bereitschaft der wirtschaftlichen Selbstverwaltungsverbände, die den Staat von Aufgaben entlasten könnten, welche die Selbstverwaltungsverbände schneller, besser und billiger erledigen könnten. Dazu möchte ich sagen, daß ich eine solche mangelnde Bereitschaft von wirtschaftlichen Selbstverwaltungskörperschaften bisher nicht festgestellt habe. Aber das Umgekehrte habe ich gesehen, nämlich daß die Hoheitsverwaltung mit Argusaugen darüber wacht, daß die Kompetenzen zwischen Hoheitsverwaltung und Selbstverwaltung immer zugunsten der Hoheitsverwaltung manipuliert werden.
Die wirtschaftlichen Selbstverwaltungsorgane sind noch nicht in allen Bereichen in dem entsprechenden Ausmaß vorhanden, daß sie wirklich ernste Staatsaufgaben übernehmen können. Ich darf beispielsweise erwähnen, daß wir im Bundesgebiet noch keine Hauptlandwirtschaftskammer haben. Was könnte die Hauptlandwirtschaftskammer an Bundeseinrichtungen, an landwirtschaftlichen Instituten übernehmen und verwalten, die in unserem Etat unter der Firma des Ernährungsministers rangieren, für die der Ernährungsminister zuständig ist und die eigentlich in den Bereich der Selbstverwaltung der Landwirtschaft gehören! Das ist eine Frage der Vereinfachung.
— Aber ob in der Hoheitsverwaltung hundert Beamte sitzen, die diese Dinge machen müssen, oder ob man die Aufgaben sogar mit finanziellen Zuschüssen und Beihilfen von der wirtschaftlichen Selbstverwaltung sachkundiger, zweckmäßiger und befriedigender machen läßt, das ist die Frage, um die es geht.
Ich habe das selber am Beispiel der Förderungsmittel für das Gewerbe erlebt, die in diesem Hause beschlossen wurden und die für die Handwerkswirtschaft im Etat enthalten sind. Jede kleine Fachschule, jeder kleine Kursus, jede kleine Einrichtung muß, wenn sie daran partizipieren will, einen langen Schrieb und Behördenzug machen, um endlich vom Bundeswirtschaftsministerium 10 000 oder
15 000 oder 20 000 DM bewilligt zu bekommen. Wieviel einfacher wäre es, wenn man diese 6 Millionen DM Gewerbeförderungsmittel der Spitzenorganisation der deutschen Handwerkskammern übertrüge und sie dafür verantwortlich machte, daß sie nach festgelegten Richtlinien verwendet und richtig abgerechnet werden. Es brauchten sich nicht zwei oder drei Beamte im Bundeswirtschaftsministerium mit diesen Dingen zu befassen, bei denen stets Rückfragen und lästige Nebenfragen entstehen.
Wenn man es ernstlich will, kann man also sehr gut die Selbstverwaltung ausbauen, um Hoheitsaufgaben abzubauen und auf die Selbstverwaltung zu übertragen.
Ich habe aber für diesen Willen bisher keine klare politische Substanz gesehen, daß Ressorts der Bundesregierung oder auch der Länderregierungen nach dieser Richtung hin operieren.
Meine Damen und Herren, nun noch ein letztes Wort zu diesen Dingen! Wer die Verhandlungen im Haushaltsausschuß und in diesem Hohen Hause vier Jahre mitgemacht hat, der weiß, daß es bei den finanziellen Bewegungsmitteln des Bundeshaushalts vielfach darum geht, an diese Krippe, an diese Quelle der Beihilfen, Darlehen und Zuschüsse heranzukommen. Nach meinen Erfahrungen und nach meinen Eindrücken ist es bei der Dotierung wirtschaftsfördernder, sowie kulturell und sozial fördernder Maßnahmen nicht immer mit der Methode und dem Stil der ausgleichenden Gerechtigkeit zugegangen,
sondern wer gerade mal etwas wußte, wer gerade mal von einer Sache Wind bekam oder wer gerade mal den richtigen Drücker in der Hand hatte — meistens Zufall! —, der konnte mit irgendwelchen Wünschen — die natürlich immer sachlich begründet sind — und Anträgen an diese Mittel herankommen.
Ich halte es für wichtig, hier einmal Remedur zu schaffen, und zwar nicht nur hinsichtlich des Punktes, Herr Kollege Pelster, den Sie erwähnen, nämlich der dauernden Zementierung dieser Mittel, sondern ich halte es auch für notwendig, daß wir einmal eine gerechtere Verteilung der Bewegungsmittel vornehmen. Bei dieser gerechteren Verteilung sollte man sich daran erinnern, daß die 2 Millionen mittlerer und kleiner Gewerbetriebe des Handwerks, des Einzelhandels, des Gaststättengewerbes, der kleinen und mittleren Industrie und aller möglichen sonstigen Gewerbebetriebe dieser Art in der Wirtschaftsförderung dieses Haushalts praeter propter mit 8 Millionen DM bedacht sind, während andere Gruppen mit 50 Millionen, mit 60 Millionen für denselben Zweck dotiert werden. Ich meine jetzt nicht etwa agrarpolitische Finanzierungssummen, die aus den Marktordnungsgesetzen stammen, sondern die allgemeinen, gewerbefördernden, berufsfördernden Unterstützungssummen. In der Dotierung mit diesen Mitteln besteht im Haushalt keine echte Relation unter den verschiedenen Berufsständen. Die Lösung dieser Frage muß für den nächsten Haushalt nachgeholt werden. Meine Fraktion wird entsprechende Anträge stellen.
Wir wünschen auch, daß die Mittelstandspolitik, die der Herr Bundesfinanzminister, soweit sie finanzielle Bedeutung hat, in seinen Vorbemerkungen auseinandergesetzt hat, noch erweitert wird. Eine solche Erweiterung sehen wir in der Errichtung des Mittelstandsinstituts, das zunächst mit 200 000 DM im Etat des Wirtschaftsministers dotiert ist. Wir begrüßen die Einrichtung des Mittelstandsinstituts. Wir haben aber vorläufig noch einen etwas schlechten Beigeschmack bei der Sache. Wir haben keine Regierungsvorlage, aus der zu ersehen wäre, was mit diesem Institut gemeint ist und welchen Aufgabenbereich es haben soll. Wir wissen doch alle, daß ähnliche Institute bereits vorhanden sind: das Deutsche Handwerksinstitut, die Forschungsstelle für den Handel, das Institut für die freien Berufe und andere Institute. Es kann also sein, daß das Mittelstandsinstitut eine gewisse Koordinierungsarbeit leisten soll. Es kann aber auch sein, daß es geschichtliche Doktorarbeiten oder Habilitationsschriften veranlassen wird. Dafür hätten wir kein Interesse.
Ich möchte dazu grundsätzlich sagen: Ein Mittelstandsinstitut muß alle Fragen der Selbständigen unserer Zeit in den verschiedenen Berufsschichten soziologisch-wissenschaftlich behandeln. Dazu aber fehlt eigentlich eine ganz bestimmte Voraussetzung: die Übersicht darüber, wie alle diese Schichten im Kampfe um ihre Selbständigkeit im einzelnen gesehen und global betrachtet steuerlich und sozial belastet sind. Das festzustellen ist nur möglich, wenn wir eine andere Finanzstatistik bekommen, über die ich auch in den letzten Jahren hier bereits manches gesagt und angeregt habe. Dazu gehört, daß wir die Finanzämter mit dem Hollerithverfahren ausrüsten, um sehr schnell zu statistischen Ergebnissen zu kommen, um sehr schnell auch Rückschlüsse über die Steuerbelastungen bei neuen Steuergesetzen oder beim Abbau von Steuergesetzen ziehen zu können. Wir brauchen eine derartige Finanzstatistik als Aufgliederungsstatistik über die Belastung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen sehr nötig. Nur wenn sie vorhanden ist, ist auch ein Mittelstandsinstitut — wenn es nicht auf repräsentative Statistiken, auf Tests angewiesen sein will — in der Lage, sich einen klaren Überblick über die Belastung der Betriebe mit öffentlichen Abgaben zu machen.
Genauso liegt es für die Mittelstandspolitik mit den Mittelstandskrediten. Wir freuen uns, daß es der Landwirtschaft infolge der Tüchtigkeit, aber auch infolge des Einflusses des Herrn Bundesministers für Ernährung gelungen ist, noch einmal 200 Millionen DM flüssig zu machen, um eine gewisse Umschuldung von landwirtschaftlichen kurzfristigen Krediten auf langfristige Kredite vornehmen zu können. Wir freuen uns, daß zu diesem Zwecke auch Zinsverbilligungszuschüsse — wenn sie auch nicht marktkonform sind; vieles in unserer Wirtschaft ist nicht marktkonform — gegeben werden. Aber wir haben den Eindruck, daß, wenn man schon jetzt in der Öffentlichkeit sagt: „Dieser Präzedenzfall darf sich aber unter keinen Umständen wiederholen!", damit gemeint ist, daß die gewerbliche Mittelschicht — also etwa 2 Millionen kleine und mittlere Gewerbebetriebe — eine ähnliche Kreditaktion nicht erwarten dürfe. Ich möchte eindeutig betonen, daß wir rein aus Gründen der Gerechtigkeit — denn es handelt sich hier um Handwerker, Kaufleute, Einzelhändler, Gewerbetreibende, die neben dem Bauern sitzen und die Kreditmöglichkeiten des Bauern sehen und erleben und sich deshalb auch fragen, ob sie selber auch in dieselbe Lage kommen können oder nicht — eine derartige Kreditaktion für die gewerbliche und freiberufliche Mittelschicht seitens des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums für absolut notwendig halten. Denn der langfristige Kreditbedarf des gewerblichen Mittelstandes erfordert allein als Umschuldungsbedarf eine Summe von 1,5 Milliarden DM, wie amtlich im Wirtschaftsministerium festgestellt worden ist. Ich bitte deshalb auch nach dieser Richtung hin es uns nicht zu verübeln, wenn wir von der Deutschen Partei diesbezügliche Anträge stellen werden.
Ich darf zum Schluß sagen, daß weitere Anträge, die wir einzubringen gedenken, insbesondere mit der Atomforschung und mit der Neuregelung des Kindergeldgesetzes zusammenhängen werden. Speziell beim Kindergeldgesetz, Herr Kollege Vogel, handelt es sich ja in diesem Hause um ein sehr heißes Eisen; aber wir werden uns bemühen, meine Damen und Herren, mit diesen Anträgen die dringend notwendigen Entlastungen für den Mittelstand zu erreichen. Ich hoffe, daß wir für die angekündigten Anträge bei der zweiten Lesung Gelegenheit haben, uns über den Erfolg unserer Arbeit nach den verschiedenen Richtungen hin auseinanderzusetzen. Die Deutsche Partei wird bei den Haushaltsberatungen im Sinne meiner Darlegungen mitwirken.