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ID0217901000

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 179. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1956 9911 179. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1956. Mitteilung betr. Übertritt des Abg. Platner aus der Fraktion der CDU/CSU zur Fraktion der DP 9911 C Redaktionelle Berichtigung zum Gesetz über die Dauer des Grundwehrdienstes und über die Gesamtdauer der Wehrübungen 9911 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 268, 288, 296, 301, 304 (Drucksachen 2571, 2989; 2815, 2990; 2859, 2991; 2873, 2992; 2917, 3002) 9911 D Wahl eines Mitgliedes und eines stellvertretenden Mitgliedes für den Vermittlungsausschuß 9912 A Wahl eines Stellvertreters der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates 9912 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gewährung eines Vorschusses auf Rentenleistungen nach der Neuordnung der gesetzlichen Rentenversicherungen (Rentenvorschußgesetz) (Drucksache 2960) 9912 B Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 9912 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FVP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung einer Vorschußzahlung in den gesetzlichen Rentenversicherungen (Rentenvorschußzahlungsgesetz — RVZG —) (Drucksache 2993) 9912 B Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 9912 B Fortsetzung der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1957 (Haushaltsgesetz 1957) (Drucksache 2900) 9912 C Schoettle (SPD) 9912 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 9919 B Lenz (Trossingen) (FDP) 9926 D Niederalt (CDU/CSU) 9928 C Dr. Blank (Oberhausen) (FVP) . . 9932 D Dr. Schild (Düsseldorf) (DP) 9935 D Dr. Keller (GB/BHE) 9940 D Überweisung an den Haushaltsausschuß 9944 C Nächste Sitzung 9944 C Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 175. Sitzung 9944 C Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 9944 B Die Sitzung wird um 14.00 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
  • folderAnlagen
    Berichtigung. zum Stenographischen Bericht der 175. Sitzung Auf Seite 9695 D Zeilen 2 und 3 von unten ist zu lesen: Würden Sie nicht zu Ihrer Sparkasse oder zu Ihrer Bank gehen, wenn Sie die Wahl zwischen einem Sparguthaben und einem Pfandbrief haben, . .. . Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 15. 12. Altmaier 19. 12. Dr. Atzenroth 12. 12. Dr. Baade 12. 12. Barlage 14. 12. Berendsen 12. 12. Fürst von Bismarck 13. 12. Frau Dr. Bleyler 15. 12. Blöcker 13. 12. Brandt (Berlin) 13. 12. Brauksiepe 13. 12. Brockmann (Rinkerode) 12. 12. Cillien 15. 12. Dr. Dehler 15. 12. Frau Dietz 13. 12. Dr. Dittrich 22. 12. Dr. Dresbach 30. 12. Engelbrecht-Greve 13. 12. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Euler 12. 12. Feldmann 14. 12. Dr. Franz 12. 12. Franzen 13. 12. Frehsee 12. 12. Freidhof 12. 12. Frühwald 15. 12. Dr. Furler 12. 12. Frau Geisendörfer 15. 12. Gerns 12. 12. Gockeln 14. 12. Dr. von Golitschek 12. 12. Grantze 22. 12. Haasler 15. 12. Hansen (Köln) 13. 12. Heix 12. 12. Hellenbrock 12. 12. Herold 13. 12. Heye 13. 12. Höfler 14. 12. Hörauf 15. 12. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Jahn (Frankfurt) 14. 12. Jahn (Stuttgart) 14. 12. Dr. Jentzsch 12. 12. Frau Kipp-Kaule 12. 12. Dr. Köhler 15. 12. Könen (Düsseldorf) 12. 12. Dr. Königswarter 14. 12. Kühlthau 12. 12. Kuntscher 15. 12. Lahr 12. 12. Lenz (Brühl) 14. 12. Lermer 12. 12. Maier (Mannheim) 12. 12. Majonica 15. 12. Massoth 13. 12. Dr. Mende 12. 12. Metzger 12. 12. Frau Meyer-Laule 15. 12. Meyer (Wanne-Eickel) 12. 12. Mißmahl 15. 12. Morgenthaler 31. 12. Mühlenberg 13. 12. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 14. 12. Müser 14. 12. Neuburger 13. 12. Odenthal 31. 12. Ollenhauer 15. 12. Paul 13. 12. Dr. Pferdmenges 14. 12. Dr. Pohle (Düsseldorf) 12. 12. Pöhler 13. 12. Frau Praetorius 14. 12. Dr. Preiß 12. 12. Putzig 12. 12. Raestrup 22. 12. Scheel 22. 12. Schmücker 12. 12. Frau Schröder 15. 12. Stauch 13. 12. Stümer 13. 12. Teriete 12. 12. Wehr 14. 12. Dr. Welskop 12. 12. Frau Wolff (Berlin) 12. 12.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Martin Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Haushalt der Stabilität und der sozialen Sicherheit" hat nicht nur der Herr Bundesfinanzminister, sondern haben auch seine Mitarbeiter im Bundesfinanzministerium den Haushaltsvoranschlag 1957 getauft.
    Stabiltät — das ist heute schon gelegentlich in Frage gezogen worden. Ich muß sagen, was man sich so landläufig unter Stabilität vorstellt, das ist vielleicht mit diesem Haushalt noch nicht erreicht, von dem wir schon vorher gehört hatten, wie außerordentlich schwer der Ausgleich sein würde. Die Mittel, die zu dem Ausgleich nunmehr vorgeschlagen werden, verdienen eine besondere Betrachtung.
    Die soziale Sicherheit kann angesichts der Lage unseres Landes und unserer Bevölkerung, angesichts der Beschäftigungslage der arbeitsfähigen Menschen usw. allerdings als gegeben angesehen werden, und für diese Sicherheit geschieht laufend noch Zusätzliches.


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    Stabilität haben wir in unserer Gesamtwirtschaft in dem aufzuweisen, was unsere Währung betrifft, die einer der wesentlichsten Gradmesser für Ruhe, Sicherheit und Zuverlässigkeit ist. Das gilt in erster Linie natürlich nach außen, wo, wie der Herr Bundesfinanzminister in seiner Rede vom vorigen Freitag ausgeführt hat, unsere Deutsche Mark eine der härtesten Währungen in der Welt überhaupt geworden ist. Es gilt aber auch — cum grano salis — zweifellos nach innen. In seinen sehr interessanten Übersichten über die Entwicklung verschiedener wirtschaftlicher Tatbestände in den letzten Jahren hat der Herr Bundesfinanzminister uns sehr interessante Zahlen über die Entwicklung der Kaufkraft je Währungseinheit in den verschiedensten Ländern vorgelegt, und dabei schneiden wir in der Bundesrepublik - man kann nur sagen: glücklicher- und zugleich auch verdienterweise — gut ab. Ich habe es überhaupt für sehr richtig gehalten, daß der Herr Bundesfinanzminister uns so aufschlußreiche Zahlen für die Jahre 1950 bis 1956 über die Daten Bruttosozialprodukt, Durchschnittseinkommen, Zahl der Beschäftigten, Zahl der Arbeitslosen, Nettovermögensbildung usw. gegeben hat.
    Besonders eindrucksvoll ist es immer wieder, sich die Zahlen über die Entwicklung unseres Außenhandels zu vergegenwärtigen, der eine Vervielfachung erfahren hat. Daran ist unser Wirtschaftssystem durchaus nicht unschuldig. Glücklicherweise konnten im Außenhandel die völlig abgerissenen Bande wieder geknüpft werden, und zwar in einem Ausmaß, wie es sicher noch vor wenigen Jahren kaum jemand für möglich gehalten hat. Darin liegen natürlich andererseits gewisse Gefahren, weil in einem Ausmaß, wie es früher nie der Fall war, unsere inländische Beschäftigung im wesentlichen Umfange von der Fortdauer dieser Ausfuhr abhängig ist. Immerhin liefern gerade diese Zahlen den Beweis, daß eine zweckmäßige Wirtschaftspolitik geführt worden ist.
    Auch die Finanzpolitik ist ein Teil dieser Wirtschaftspolitik, und sie muß nun im Zusammenhang unserer heutigen Aussprache besonders betrachtet werden.
    Zur Zeit leben wir in dem Zustand des Vertrauens zu unserer Wirtschaft, zu unserer Währung. Wir sehen das auch im Verhalten des deutschen Sparers und im Verhalten des Auslands uns und unserer Wirtschaft gegenüber. Ich möchte mit besonderem Nachdruck den vom Herrn Bundesfinanzminister gebrauchten Satz unterstreichen: Gutes Geld ist besser als „mehr". Die Notwendigkeit, alles zu tun, um unsere Wirtschaft, unser Geld, unsere Währung stabil zu erhalten, ist heute so oft betont worden, daß dazu weitere Worte nicht mehr verloren zu werden brauchen.
    Allerdings — das ist auch in der Rede des Bundesfinanzministers zum Ausdruck gebracht worden —: wir müssen damit rechnen, daß die fortschreitende, steil ansteigende Expansion unserer ganzen wirtschaftlichen Betätigung menschlicher Voraussicht nach nun allmählich eine gewisse Verlangsamung erfahren muß, weil wir uns sowohl kapazitätsmäßig wie arbeitskraftmäßig den Grenzen dessen, was in der Bundesrepublik überhaupt geschafft werden kann,. erheblich genähert haben.
    Die Belastung des Sozialprodukts in der Bundesrepublik mit öffentlichen Zwangsabgaben, d. h. also mit Steuern und Sozialabgaben, ist nach der
    Darlegung des Herrn Bundesfinanzministers in Deutschland immer noch höher als in allen anderen vergleichbaren Industrieländern. Ich bin nun persönlich nicht der Meinung, daß man daraus etwa folgern oder herleiten könnte, Steuersenkungen seien nicht mehr am Platze. Ich möchte eher das Gegenteil glauben. Ich darf mir vorbehalten, später auf diesen Punkt noch zurückzukommen.
    Zur äußeren Form des Bundeshaushaltsplans 1957 darf ich mit Genugtuung auch im Namen meiner Freunde feststellen, daß es dem Bundesfinanzminister und der Bundesregierung wiederum gelungen ist, den Haushalt rechtzeitig, sogar einen Monat früher vorzulegen, als die Verfassung vorschreibt. Nun ist es ja, wenn wir diese erste Beratung hier hinter uns gebracht haben, die Aufgabe des Haushaltsausschusses, für eine fristgerechte Verabschiedung zu sorgen. Welche Schwierigkeiten der zeitgerechten Durchführung dieser Aufgabe entgegenstehen, darüber ist eben gerade auch vom Kollegen Niederalt schon gesprochen worden. Immerhin glaube ich, die Mitglieder des Haushaltsausschusses, die mit mir seit Jahren dieses besondere Geschäft betreiben, werden alles tun, um in diesem Jahr zu einer fristgerechten Verabschiedung zu kommen. Dabei darf ich erwähnen, daß wir uns darüber schon in der Erwartung des Haushaltsplans im Haushaltsausschuß ernstlich den Kopf zerbrochen und einen vorläufigen Plan aufgestellt haben, wie wir der, man darf wohl sagen, gewaltigen Materie Herr werden wollen. Gelingen kann das nur in einer möglichst reibungslosen und zwanglos sich ergebenden engen Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und seinem Ausschuß auf der einen und den Regierungsressorts auf der anderen Seite. Ich hoffe, es wird gelingen, daß jeweils, wenn der Haushaltsausschuß sich entschließt, einen bestimmten Einzelplan in Behandlung zu nehmen — das wird ja tagelang vorher bekanntgegeben —, auch das zuständige Ressort, möglichst mit seinem Minister an der Spitze, für die Verhandlungen zur Verfügung stehen kann.
    Meine Damen und Herren! Ich glaube, man kann sagen, daß mit der Aufstellung dieses ausgeglichenen — ich sage nur ausgeglichenen — Haushaltsplans die Bundesregierung technisch eine bedeutende Leistung vollbracht hat. Wir haben davon gehört, welche Schlachten zwischen den Fachressorts einerseits und dem Bundesfinanzministerium andererseits geschlagen werden mußten, bis die Sache so weit war, daß sie zur Vorlage an das Kabinett kommen konnte, und wir haben davon gehört, daß sich das Kabinett, ganz im Gegensatz zur bisherigen Übung, diesmal in nicht weniger als sechs Sitzungen mit dem Haushaltsplan befaßt hat. Der Ausgleich ist letztlich durch zwei Maßnahmen zustande gekommen, nämlich durch einen Rückgriff auf die Bundesrücklage und zweitens durch die im Haushaltsgesetz vorzusehene fünfprozentige Kürzung eines großen Teiles der Haushaltsansätze dergestalt, daß nur 95 % des jeweils im Haushalt gedruckten Ansatzes als bewilligt gelten.
    Dies ist ein Ausweg — ich möchte es nicht anders bezeichnen -, der sich hoffentlich nicht wiederholen wird; denn bei jedem einzelnen Titel auch die die Mittel verwaltende Stelle diese 95 % ausrechnen zu lassen, erscheint mir wenig praktisch. Zudem ist das Ergebnis von 300 Millionen DM bei einem Haushalt von über 30 Milliarden DM — das steht ja auch in den entsprechenden Übersichten —, also von knapp 1 %, nicht sehr eindrucksvoll.


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    Der große „Schluck aus der Pulle" wurde durch den Rückgriff auf die Bundesrücklagen genommen. „Bundesrücklage" ist eine neue Vokabel, die in allerletzter Zeit gefunden worden ist und die natürlich sehr viel ernsthafter und amtlicher klingt als „Juliusturm". Ich finde „Bundesrücklage" ganz schön. Ich bin allerdings nicht ganz davon überzeugt, daß es wirklich eine Rücklage im eigentlichen Sinn des Wortes ist. Ich stelle mir - so ist das wenigstens im wirtschaftlichen Leben — unter einer Rücklage eine Summe vor, die ich habe und die ich ausdrücklich für später zurückstelle, indem ich sie mir für den Augenblick unter Konsumverzicht oder wie auch immer abspare. Unsere Rücklage scheint mir jedoch in erster Linie dadurch entstanden zu sein, daß mehr Geld aufkam und weniger Geld ausgegeben werden konnte, als veranschlagt war, und es ist gewissermaßen von selbst zur Rücklage geworden. Jetzt darf man sich natürlich freuen, .und es ist geradezu zum Ausgleich des Haushalts 1957 notwendig, daß diese Rücklage zur Verfügung steht; aber man fragt sich doch, ob es nicht noch besser gewesen wäre und ob es nicht auch möglich gewesen wäre, das Entstehen dieser Rücklage von vornherein zu verhindern. Denn ich persönlich — und ich glaube, ich stehe mit dieser Auffassung nicht allein — bin der Ansicht, daß das Geld in der Hand des Steuerzahlers geeignet ist, einen größeren volkswirtschaftlichen Nutzen zu erzielen, als wenn dieses Geld dem Steuerzahler mit drückenden Steuern abgenommen und dann in irgendwelchen öffentlichen Kassen „stillgelegt" wird.
    Ich habe schon im Vorjahr, als zum erstenmal davon die Rede war, daß sich große Summen ansammeln, zum Ausdruck gebracht, daß das bei weitem probateste Mittel gegen einen unerwartet hohen Zustrom in öffentlichen Kassen die Senkung von Steuern sei. Nun will ich gar nicht leugnen, daß in der Vergangenheit in dieser Beziehung etliches getan worden ist. Die Steuern sind namhaft gesenkt worden; über die Summe, um die es sich je Haushaltsjahr handelt, ist schon gesprochen worden.
    Auch ich habe den Brief mit dem grünen Rand, von dem der Kollege Schoettle vorhin gesprochen hat, erhalten und studiert. Ich bin überzeugt, der Herr Bundesfinanzminister hat ihn auch, und wir alle möchten ganz gern noch bei Gelegenheit von ihm hören, ob er mit dem sehr einleuchtenden und sich größtenteils auf amtliche Angaben stützenden Brief des Instituts „Finanzen und Steuern" übereinstimmt, der für das kommende Haushaltsjahr die gleiche Entwicklung voraussagt, wie wir sie in diesem Jahr erlebt haben.
    Der ordentliche Haushalt wird wieder um 1,7 Milliarden DM höher liegen als im Vorjahr. Herr Kollege Niederalt hat gerade eben so ausführlich über den vermeintlichen, aber wahrscheinlich vermeidlichen Zug zu ständig wachsenden Staatsausgaben gesprochen, daß ich darüber kein Wort mehr verlieren möchte. Wenn trotzdem die Gesamtsumme des Haushaltsvoranschlags 1957 unter der Summe des Vorjahrs liegt, so ist das auf die wesentliche Verminderung des außerordentlichen Haushalts zurückzuführen, der nun gegenüber dem ordentlichen Haushalt mit seinen rund 1,2 Milliarden DM ein etwas kümmerliches Dasein fristet.
    Ich persönlich muß sagen — auch das ist in der heutigen Debatte schon angeklungen —, daß mir die Weiterführung dieses Prinzips des außerordentlichen Haushalts. im alten kameralistischen Sinne, je länger je mehr fragwürdig erscheint.

    (Abg. Niederalt: Sehr richtig!)

    Der Zustand, in dem sich unser Kapitalmarkt leider immer noch befindet, läßt auch eine normale und ursprünglich einmal vorgesehene Bedienung des außerordentlichen Haushalts aus Anleihen gar nicht zu. Unser Kapitalmarkt funktioniert nicht in der richtigen Weise, und infolgedessen kommen wir zu dem in den letzten Jahren regelmäßig eingeschlagenen Ausweg, dann auch die im außerordentlichen Haushalt veranschlagten Ausgaben schließlich aus dem ordentlichen Haushalt zu bestreiten. Ich bin der Meinung: die Reform der nur in wenigen Punkten an die heutigen Erfordernisse angeglichenen Reichshaushaltsordnung ist nun so dringlich geworden, daß wir mit allem Nachdruck verlangen müssen, in absehbarer Zeit auch den ersten Entwurf einer wirklichen Bundeshaushaltsordnung vorgelegt zu bekommen. Auf Seite 245 — auf einer Seite! — der Allgemeinen Vorbemerkungen wird über den derzeitigen Stand der Reformbestrebungen im Haushaltsrecht berichtet. Darüber hätte ich gerne mehr gelesen, und ich möchte diese Gelegenheit benutzen, alle beteiligten Instanzen mit Nachdruck darum zu bitten, diese Dinge vorwärtszutreiben und — das möchte ich gleich hinzufügen —, wenn irgend möglich, auch die grundsätzlichen Fragen bezüglich des Fortbestehens eines außerordentlichen Haushalts usw. in Angriff zu nehmen. Dabei wird dann auch Gelegenheit sein, die Gedanken, die der Kollege Niederalt soeben vorgetragen hat, mit zu erörtern und schließlich zu irgendeiner neuen gesetzlichen Regelung zu kommen. Ein Abschluß der Vorbereitungsarbeiten ist für 1957 in Aussicht gestellt. Hoffen wir, daß es dazu kommt. Ich gebe mich über die Schwierigkeit dieser Aufgaben — daran arbeitet der interministerielle Ausschuß unter Mitwirkung des Bundesrechnungshofs und auf der anderen Seite auch der Wissenschaftliche Beirat — keinerlei Täuschung hin; aber Beschleunigung in höchstmöglichem Maße scheint mir dringend erwünscht.
    Wir sehen ein Anwachsen der Ausgaben im Bundeshaushalt in diesem Jahr in erster Linie auf den Gebieten des Wohnungsbaus, der Sozialaufwendungen, des Straßenbaus, ferner für Atomfragen, für die Landwirtschaft im Zusammenhang mit dem „Grünen Plan" für die Liquidation der Vergangenheit und auch für die Bundesverwaltung selbst. Über die Zunahme der Bundesbediensteten im Ausmaß von rund 3000 Personen ist hier schon gesprochen worden. Gemessen an der Gesamtzahl ist das nicht viel. Aber ich glaube, daß wir, wenn wir erst an die Einzelpläne, die Organisations- und Stellenpläne herangehen, auch werden prüfen müssen, wieviel Hebungen und — wie der Herr Bundesfinanzminister sich ausgedrückt hat — Qualitätsverbesserungen neben den rein ziffernmäßigen Vermehrungen uns vorgeschlagen werden.
    An verschiedenen Stellen in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers wurde des Wahljahrs Erwähnung getan; der Ausdruck ist auch heute schon wieder einige Male gebraucht worden. Ich persönlich muß sagen, ich finde das Zusammenbringen der Begriffe „Haushaltsplan" und ,,Wahljahr" nicht sehr glücklich.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich bin der Meinung, daß wir damit niemandem
    einen Gefallen tun. Wenn wir unsere Erwägungen


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    und unsere Überlegungen anstellen und unsere Beschlüsse bezüglich der Gestaltung des Haushalts fassen, sollten uns Wahlrücksichten, Rücksichten aus Anlaß eines Wahljahres, so fern wie möglich sein.
    Ich habe die Allgemeinen Vorbemerkungen schon verschiedentlich erwähnt. Dieses Werk hat nun den Umfang von über 600 Seiten angenommen. Ich wage gar nicht, irgendein Mitglied dieses Hohen Hauses zu fragen, ob es diese mehr als 600 Seiten schon gelesen hat. Ich persönlich habe es nicht gekonnt. Herr Kollege Lenz hat mit Recht die Sonderlieferung von Zeit dazu verlangt. Was in diesen Allgemeinen Vorbemerkungen steht, ist, soweit ich es bisher habe übersehen können, allerdings außerordentlich lesenswert. Am Anfang bringen sie eine sehr interessante und etwas zurückhaltende Auseinandersetzung mit der Bank deutscher Länder über die allgemeine Wirtschafts- und Währungspolitik. Im ganzen gibt gerade die Einleitung auch einen sehr eindrucksvollen Überblick über den Wirtschaftsablauf bis zum 30. September dieses Jahres, und zwar über den Wirtschaftsablauf nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch im Ausland.
    Sehr bemerkenswert erscheint mir der endgültige Abschluß des Haushaltsjahrs 1955. Darüber wird man noch diskutieren müssen. Die Angelegenheit ist auch wieder in dem grün umrandeten Brief berührt, von dem ich schon gesprochen habe.
    Dann wird erfreulicherweise eine sehr ausführliche Darstellung den Haushaltsresten seit 1949 gewidmet. Das ist ein Spezialstudium, dem sich eines Tages die Leute, die es angeht, noch einmal werden widmen müssen. Ob dieses System — in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers kommt auch die Version vom „Töten der Haushaltsreste" vor — in dieser Weise überhaupt erhalten bleiben soll, wird meines Erachtens angesichts der Haushaltsrechtsreform noch im einzelnen untersucht werden müssen.
    Die Kassenlage des Bundes — ich will hier keine weiteren Einzelheiten vortragen — wies am 30. September 1956, wie aus den Allgemeinen Vorbemerkungen hervorgeht, die sehr ansehnliche Summe von 7,3 Milliarden DM aus. Es wird dazu gesagt, daß es sich hier zum großen Teil um gebundene Gelder handle, nicht allerdings um Bindungsermächtigungen. Hier liegt eines der großen Probleme. Ich weiß nicht, ob den Kollegen aufgefallen ist, daß der Herr Bundesfinanzminister in seiner Rede einen Unterschied zwischen dem alten „Juliusturm", der den Besatzungsmächten gehörte, und dem neuen gemacht hat, der aus Gründen entstanden ist, die hier heute verschiedentlich erörtert worden sind, der aber nun einen sehr viel ernsthafteren Namen hat. Er heißt eben jetzt .,Bundesrücklage". Ich wollte nur bei dieser Gelegenheit noch einmal kurz darauf aufmerksam machen.
    Die weiteren Zusammenstellungen und insbesondere auch die Anlagen zu den Allgemeinen Vorbemerkungen verdienen nach unserer Überzeugung allergrößtes Interesse. Sie sind außerordentlich aufschlußreich. Die Aufschlüsselungen, Aufgliederungen, sind höchst interessant und können dem, der damit umzugehen versteht, viele Fragen beantworten, die er sonst vielleicht noch an irgendeine Regierungsstelle richten würde.
    Die Aufschlüsse über die Bundesbeteiligungen, die einzelnen Gesellschaften usw. sind dankenswerterweise erheblich weiter ausgebaut worden. Wir haben jetzt die Bilanzen, wir haben die Personalien der Aufsichtsräte und Vorstände und haben ja außerdem aus dem Haushaltsvoranschlag gesehen, daß der Herr Bundesfinanzminister offensichtlich beabsichtigt, Beteiligungen im Werte von 50 Millionen DM zu veräußern. Das würden wir sehr begrüßen. Wir würden nicht einmal Anstoß daran nehmen, wenn noch eine Null mehr an dieser Fünf hinge. Daß das im einzelnen Fall jeweils geprüft wird, so daß niemals von irgendeiner Seite mit Recht der Vorwurf der Verschleuderung von Bundesvermögen erhoben werden kann, dafür sind wir allerdings auch.
    Für den Haushaltsfachmann sind die Allgemeinen Vorbemerkungen ein fast unentbehrliches Vademekum, und ich glaube, daß es richtig ist, dieses umfangreiche Werk zu verfassen, weil es die Arbeit im ganzen erleichtert.
    Noch wenige Worte zum Haushaltsgesetz selbst. Wir haben im § 3 Abs. 2 die neue Regelung bezüglich einer während des Haushaltsjahrs auftretenden Notwendigkeit zu Übertragungen von einem Titel zum anderen. Hier soll der Haushaltsausschuß insofern eingeschaltet werden, als solche Übertragungen nur mit seiner Genehmigung erfolgen dürfen. Der Haushaltsausschuß wird sich, glaube ich, dieser Aufgabe unterziehen. Es wäre allerdings vielleicht zu prüfen, von welcher Mindestgrenze ab man das Papier beschreibt und den Apparat des Haushaltsausschusses bemüht, wenn eine solche Übertragung vorgenommen wird.
    Daß der § 6 immer noch die Nichtanwendung des § 75 der Reichshaushaltsordnung zum Inhalt hat, ist — das habe ich nun praktisch schon jedes Jahr hier zum Ausdruck gebracht — äußerst bedauerlich. Dieser § 75 der Reichshaushaltsordnung wird wahrscheinlich der Reform der Reichshaushaltsordnung zum Opfer fallen. Das ist jedenfalls besser als die regelmäßig Jahr für Jahr wiederkehrende Außerkraftsetzung einer Bestimmung, die ja nicht ohne sehr weittragende und ernsthafte Überlegungen in die Reichshaushaltsordnung eingesetzt worden war.

    (Abg. Dr. Gülich: Was wollen Sie an die Stelle des § 75 setzen? Das ist nicht so einfach!)

    — Nein, sicherlich! Deshalb habe ich auch gesagt: wir können ihn nicht einfach streichen, sondern ich bin der Meinung, dieses Verfahren hat sich nun
    — ob mit Recht oder mit Unrecht, das lasse ich ganz dahingestellt — offenbar als unanwendbar erwiesen. Also müssen wir ein anderes Verfahren finden. Das gehört nach meiner Überzeugung mit in die Reform der Haushaltsordnung.
    Wir werden nach dem Plan, den wir hoffentlich einhalten können, an die große Arbeit herangehen, diesen Haushaltsplan 1957 zu bewältigen. Meine Fraktion schlägt vor, den Bundeshaushaltsplan 1957, Drucksache 2900, nebst allen Anlagen wie üblich dem Haushaltsausschuß zu überweisen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schild.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Schild


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion


    (Dr. Schild [Düsseldorf])

    der Deutschen Partei habe ich zu diesem Haushaltsentwurf, zu den Vorbemerkungen, zu der Etatrede des Herrn Bundesfinanzministers einiges zu sagen. Es ist selbstverständlich schwer, nachdem wesentliche Dinge bereits in diesen drei Stunden behandelt worden sind, auf vieles Grundsätzliche noch einmal zurückzukommen, und ich werde mich bemühen, es nicht zu tun, um nichts zu wiederholen.
    Ich habe zunächst namens meiner Fraktion dem Herrn Bundesfinanzminister und seinem Hause den Dank dafür abzustatten, daß diese Vorlagen in dieser Art, in diesem Umfang, in dieser Konzentration des Stoffes und zu diesem Zeitpunkt vorgelegt worden sind. Ich möchte besonders betonen, daß die Erkenntnisse, die wir aus dem Funktionsplan erhalten können, in vieler Hinsicht vielleicht noch verbesserungs- und erweiterungsbedürftig sind.
    Ich habe für meine Fraktion den Wunsch vorzutragen — wie ich es bereits im Haushaltsausschuß in einer der letzten Sitzungen getan habe —, daß diese Vorbemerkungen noch durch eine Aufgliederung sämtlicher Ausgaben ergänzt werden, die — in diesem Etat mindestens in Höhe von 10 Milliarden DM — an die Länder zurückfließen, auch aufgeteilt nach den einzelnen Spezialtiteln: Wohnungsbau, Zonengrenzgebiete, oder wie man sie nun alle aufführen könnte. Dann kann man schon bei der Vorlage des Etats die Rückwirkung der Bundesfinanzpolitik auf die Länder bzw. die Relation der Bundesfinanzpolitik zur Länderfinanzpolitik zum wenigsten in etwa erkennen. Ich möchte betonen, daß wir diesen Wunsch seit drei Jahren vorgetragen haben. Bis jetzt haben wir eine derartige Zusammenstellung nicht erhalten. Sie werden ja wissen, insbesondere soweit die Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuß tätig sind, daß wir uns bei den vielen Dotationen und Anforderungen, Beihilfen oder Darlehen an irgendwelche Institutionen in den Ländern ständig darüber streiten, was das Land dazu tut und was der Bund seinerseits bei der einen oder anderen Aufgabe leisten müßte. Wenn man sich in dem finanzpolitischen Konzert zwischen Bund und Ländern darüber ein wirkliches Bild machen will, dann muß man zum mindesten bei der Haushaltsvorlage ein absolut klares Konzept haben, wie sich die 10 oder 11 oder 12 Milliarden, die aus der Bundeskasse an die Länder zurückfließen, verteilen, gleichgültig, ob sie von den Ländern zu ihren eigenen Gunsten verwaltet und verausgabt werden oder ob sie vermögenbildend dem Bunde verbleiben. Man muß wissen, wie diese Dinge zusammenhängen. Ich bin der Überzeugung, daß wir alle, die wir an diesem Haushalt arbeiten, eine derartige Übersicht vermissen und daß wir daraus sehr ernste und maßgebliche Schlüsse auch für das Gesamtverhältnis zwischen Bund und Ländern finden könnten.
    Ich möchte bei dieser Gelegenheit wiederholen, was ich bereits im vorigen Jahr gesagt habe: daß die finanzpolitische Harmonie zwischen Bund und Ländern auch in diesem Jahr nicht erreicht ist. Dieses ewige Tauziehen um die bestimmten Steuereingänge, dieses ewige Tauziehen um Haushaltsposten, insbesondere bei den Beihilfen, Zuwendungen und Darlehen, müßte in einem harmonisch abgestimmten Verwaltungsverhältnis langsam verschwinden. Ich weiß, daß das eine Frage des Grundgesetzes ist. Aber es ist des Schweißes der Edlen wert, die Reformierung von Grundgesetzbestimmungen wirklich einmal zu praktizieren
    und diese Frage der Artikel 105, 106, 107 usw.
    nicht immer wieder auf die lange Bank zu schieben.
    Genauso liegt es mit der Frage der Haushaltsordnung und ihrer Reform. In den letzten vier Jahren haben wir uns innerhalb des Haushaltsausschusses, aber auch in diesem Hohen Hause häufig über die Unmöglichkeit gewisser haushaltsrechtlicher Bestimmungen auseinandergesetzt. Es ist bisher weder zu einer Regierungsvorlage gekommen, noch sind wir in der Lage gewesen, aus der Mitte des Hauses heraus einen Initiativgesetzentwurf für die Reform der Haushaltsordnung vorzulegen. Auch der Kreis von Mitarbeitern und Sachverständigen, der an der Haushaltsordnung und ihrer Reform arbeitet, ist bislang noch nicht zu irgendeinem Ergebnis gekommen. Trotzdem sind wir der Auffassung, daß gerade durch eine Reform der Haushaltsordnung auf vielen Gebieten auch eine klarere Übersicht über die Kompetenzen des Bundes und der Länder eintreten wird.
    Das Parlament hat bei der Vermögensverwaltung des Bundes eigentlich wenig zu sagen. Die ganzen Fragen der Vermögensverwendung und Vermögensbewertung, das, was uns in den Vorbemerkungen an großem Bundesvermögen aufgezählt und aufgegliedert worden ist, alles das sind Fragen, die letzten Endes die einzelnen Ressorts und die Bundesregierung allein bestimmen, ohne daß das Parlament dabei irgendeine Mitwirkungsmöglichkeit hat. Wir sind nicht in der Lage, von uns aus irgendwelche Anträge zu stellen oder irgendwelche Dinge zu erörtern, die diese Vermögenskomplexe in ihrer Bewertung ändern, obwohl doch in den Vorbemerkungen eine absolut klare, detaillierte Bemerkung enthalten ist, daß das Bundesvermögen mit nominalen Wertansätzen angegeben ist, daß aber dahinter wesentlich höhere reale Werte vorhanden sind. Ich bin der Auffassung, daß das auf die Dauer nicht praktisch ist und daß es für die Glaubwürdigkeit unseres Staatsaufbaues, unserer Verwaltung im Verhältnis zum Parlament besser wäre, wenn das Parlament über diese Fragen der Vermögensbildung und der Vermögensverwendung mehr Kontrolle hätte, als es bis heute hat. Das ist eine Frage der Haushaltsordnung.
    Genauso wichtig in der Haushaltsordnung sind die Probleme, die mit der öffentlichen Vergabe von Aufträgen zusammenhängen. Ich erinnere hier an § 26 der Haushaltsordnung und andere, die genauso wichtig für den Staat selbst, für den Fiskus, wie für die beteiligte Wirtschaft sind, die in dem öffentlichen Auftragsvergebungs- und Submissionsverfahren aus der Natur der Sache heraus mitwirken und die öffentliche Aufträge übernehmen muß; erinnern Sie sich an die Rüstungsaufträge und alles, was damit zusammenhängt. Auch da müssen neue Methoden, neue Wege, neue Mittel und neue Formen gefunden werden, um uns auf dem Gebiet des Haushaltsrechts und der Haushaltsordnung moderner zu verhalten.
    Im Blick auf die allgemeine, grundsätzliche, politische Bewertung dieses Haushalts, insbesondere hinsichtlich des Erfolges der Regierungspolitik auf dem wirtschafts- und finanzpolitischen Gebiet, bemerke ich der Kürze halber, daß ich mich den Ausführungen des Herrn Kollegen Vogel grundsätzlich anschließe. Ich möchte bezüglich der Charakterisierung dieses Haushalts als eines Haushalts der Stabilität und der sozialen Sicherheit aber doch etwas


    (Dr. Schild [Düsseldorf]))

    bemerken, was in der bisherigen Debatte nicht angesprochen worden ist. Ich habe den Eindruck, daß diese Firmierung, diese Charakterisierung des Haushalts mehr eine gefühlsbetonte Generallinie als eine nur sachlich fundierte Kennzeichnung ist. Die Stabilität unserer Wirtschaft und unserer Währung ist ja letzten Endes etwas anderes als die Stabilität dieses Haushalts in sich. Über die Stabilität der Wirtschaft und der Währung enthalten die Vorbemerkungen die Aussage, daß wir seit dem Jahre 1950 eine Entwertung unserer D-Mark um höchstens 5,5 % haben. Nun, ich bin der Überzeugung, daß, wenn Sie das dem allgemeinen Volk sagen, es sich unter dieser Zahl nichts vorstellen kann. Es hat aus seinem praktischen Erleben heraus doch auch eine andere Auffassung.

    (Sehr richtig! bei der DP.)

    Denn es darf nun einmal nicht verschwiegen werden, daß eine Wohnung, die man im Jahre 1952 für 10 000 DM bauen konnte, im Jahre 1956 etwa 13 000 oder 13 500 DM kostet. Das wird zum Teil mit einem sogenannten Teuerungskoeffizienten abgetan. Man benutzt dann das wirtschaftspolitische und finanzpolitische Wort „Teuerung". Damit allein ist es aber nicht abgetan; es ist nicht nur ein Teuerungskoeffizient, der unter Umständen auch einmal wieder zurückgehen kann. Diese Wohnungsbaupreisfrage hängt nicht mit einer Mengenkonjunktur oder mit einer Produktionsausweitung zusammen.
    Bei der Mangellage, die wir auf dem Wohnungsmarkt noch haben, bedeutet die Kostensteigerung für alle Sparer, die langfristig für den Wohnungsbau sparen, doch etwas anderes als eine 5%ige Geldentwertung. Die Geldentwertung ist in bezug auf den Wohnungsbau und überhaupt auf die Bauwirtschaft wesentlich größer als 5 %. Die Auffassung vom allgemeinen Geldwert, von Sparmöglichkeiten und vom Wert des Sparens richtet sich doch letzten Endes ganz allgemein von der Masse des Volkes aus gesehen danach, was man mit einem Geldsparwert wirtschaftlich an Grund- und Bodeneigentum erreichen kann. Das ist der eigentliche Beurteilungsmaßstab dafür, welchen inneren Wert das Geld in unserem wirtschaftenden Volke darstellt, aber weniger die Preise und Werte der kurzlebigen, der täglichen Verbrauchsgüter. Die Relation zwischen den Preisen und den Löhnen hat sich in den letzten Jahren im wesentlichen immer wieder ausgeglichen. Auch nicht die mittelfristigen Gebrauchsgüter, sondern die langfristigen Güter sind bei der Eigentumsbildung an Grund und Boden die entscheidenden Objekte, die unser Volk hinsichtlich der Bewertung interessieren. Hier, möchte ich sagen, ist die Stabilität nicht so gewährleistet, wie es nach den Darlegungen, die hier vielfach gemacht worden sind, den Anschein hat.
    Bei diesem Komplex der Wohnungs- und Bauwirtschaft möchte ich auch noch einmal die Gefahren betonen, die mit der Rentenreform verbunden sind. Meine politischen Freunde haben in den Beratungen des Sozialpolitischen Ausschusses mit allem Ernst und aller Intensität darauf hingewiesen, daß das Abgehen von der Kapitaldeckung auf dem Kapitalmarkt entscheidende Folgen haben wird.

    (Sehr richtig! bei der DP.)

    Ich möchte an dieser Stelle mit Rücksicht auf die Eigentumsbildung an Grund und Boden, an Wohnungen und Familienheimen und die damit zusammenhängenden Finanzierungsprobleme davor warnen, das Kapitaldeckungsprinzip in der Sozialversicherung aufzugeben, und zwar deswegen, weil wir ihre ersten Hypotheken für den zukünftigen sozialen Wohnungsbau, gleichgültig ob er öffentlich finanziert ist oder nicht, immer wieder brauchen.
    Ich möchte auch darauf verweisen, daß gerade das Wohnungseigentum im Althausbesitz und die Rentabilität dieses Hausbesitzes in den letzten Zeiten nicht mit der Intensität gefördert worden sind, wie man das hätte erwarten können. Die Richtlinien für die Zinsverbilligungszuschüsse, die aus Bundesmitteln zu Althausreparaturdarlehen schon nach dem letzten Haushaltsplan gegeben werden sollten, sind bis heute nicht vorhanden. Nachdem wir doch mehrere Millionen DM für diese Aktion zur Verfügung gestellt haben, hätte man erwarten können, daß man davon bereits in diesem Herbst Gebrauch machte. Dem ist aber nicht so.
    Nun zurück zu den Grundsätzen der Finanz- und Haushaltspolitik. Meine politischen Freunde haben ernste Sorgen, daß trotz allen guten Willens und trotz aller Bemühungen bei den Vorarbeiten zum Haushaltsplan zur Erzielung einer Stabilität die Bemühungen für echte Sparsamkeit doch nicht so gelaufen sind, wie sie hätten laufen können. Ich pflichte dem Kollegen Niederalt zwar darin bei, daß sehr viele Positionen dieses Haushalts gesetzliche Zwangsläufigkeiten sind; aber ich stimme ihm darin nicht bei, daß nur ein Rest von einer Milliarde DM diesen gesetzlichen Zwangsläufigkeiten nicht unterliegen soll. Vielmehr bin ich der Auffassung, daß dieser Bewegungsposten im Haushalt, über den Haushaltsausschuß und Plenum beraten und beschließen können, wesentlich höher ist, daß er zumindest in der Größenordnung um 4 Milliarden DM herum liegt. Die Kollegen des Haushaltsaussmusses, die in dieser Materie bewandert sind, werden mir zustimmen, daß das die Mindestsumme ist, die beweglich ist und über die wir diskutieren können. Und da scheint mir, daß die echte Sparsamkeit der Verwaltung auch nach außen hin, für die Öffentlichkeit nicht so erkennbar ist, wie wir es wünschen müssen.
    Es ist schon etwas, wenn der Bundesfinanzminister Anforderungen der Ressorts von rund 6 Milliarden DM hat abwehren müssen. Es würde zum zeitgemäßen Stil unserer Verwaltung gehören, wenn sie einen öffentlich erkennbaren Willen zu echter Sparsamkeit hätte. Dafür sollte sie auch Richtlinien des Kabinetts, des Bundeskanzlers und der Ressortminister, bekommen. Es wäre besser gewesen, diese 6 Milliarden wären in den Akten der einzelnen Ressorts und in denen des Bundesfinanzministers gar nicht erst erschienen. Diese 6 Milliarden DM Anforderungen sind ja nicht solche, die aus den gesetzlichen Verpflichtungen kommen. Daß die Ressorts die Summen, die auf echten gesetzlichen Verpflichtungen beruhen, in den Haushalt einsetzen müssen, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber diese 6 Milliarden DM können letzten Endes nur über die beweglichen Posten entstanden sein. Ich bedauere von dieser Stelle aus, daß es überhaupt notwendig geworden ist, Anforderungen von 6 Milliarden DM abzuwehren. Ich bin der Auffassung, es wäre zweckmäßig, daß man sich bei der nächsten Etataufstellung von vornherein nach einem anderen Stil richtet, damit es gar nicht erst zu einer derartigen Abwehraktion des Herrn Bundesfinanzministers kommen muß.


    (Dr. Schild [Düsseldorf])

    Ich bin ferner der Ansicht, daß die Tätigkeit des Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit keine echte Resonanz in den Ressorts und in unserer gesamten Verwaltung hat. Schon der Begriff „Bundesbeauftragter für die Wirtschaftlichkeit" scheint mir bei der Situation, in der wir uns insgesamt finanz- und steuerpolitisch befinden, nicht mehr am Platze zu sein. Wir sollten klar und deutlich zu dem Begriff „Sparkommissar" zurückkehren.

    (Sehr gut! rechts.)

    Das ist ein im Volke und im Volksmund ganz klarer Begriff. Wenn dieser Begriff des Sparkommissars oder des Sparbeauftragten wieder in dieses Haus und in die Ressorts der Regierung einzöge, dann, glaube ich, wäre damit mehr gewonnen als mit dem „Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit". Deshalb haben meine Freunde den Wunsch, daß wir auch nach dieser Richtung hin in Zukunft eine ganz klare Formulierung treffen.
    Wir bedauern außerordentlich, daß immer wieder das Problem der Zwangsläufigkeit der Ausgaben auf uns zukommt, wie es insbesondere Herr Ministerialdirektor Vialon als der Exponent des Bundesfinanzministeriums in den Beratungen des Haushaltsausschusses immer wieder ausspricht. Ich gebe dem Herrn Kollegen Niederalt recht — wenn auch nicht in der Höhe der Summe, aber dem Grundsatz nach —, daß wir noch sehr viele Möglichkeiten haben, bei denen wir über die Notwendigkeit von Ausgaben, die nicht zwangsläufig auf uns zukommen, entscheiden können. Das Parlament sollte sich diese Bewegungsmöglichkeit und Entscheidungsmöglichkeit unter allen Umständen bewahren.
    Nun ein Wort zur Vermögensbildung im Bunde. Dieses Problem ist in der heutigen Debatte über den Haushalt bislang nicht angeschnitten worden. Ich halte mich aber für verpflichtet, hierzu einiges zu sagen, weil es mir eine sehr entscheidende Entwicklungsfrage für jetzt und für die Zukunft zu sein scheint. Die Vermögensbildung der öffentlichen Hand, so wie sie sich in den letzten Jahren vollzogen hat, entspricht nach unserer Auffassung im Verhältnis zu der Vermögensbildung in der privaten Wirtschaft, bei den Staatsbürgern, nicht der Situation, die wir wünschen.

    (Sehr gut! rechts.)

    Die Vermögensbildung ist im vorletzten Jahre
    allein beim Bund um 6 Milliarden DM gestiegen.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Bei Bund, Ländern und Gemeinden zusammen ist die Vermögensbildung durch echte, vermögensbildende Investitionen in einem Jahre um 12,2 Milliarden DM gestiegen,

    (Hört! Hört! rechts)

    während die Vermögensbildung in der gesamten Privatwirtschaft, sagen wir schlechthin: bei allen Staatsbürgern, höchstens um einen Betrag von 35 bis 36 Milliarden DM gestiegen ist. Das ist kein normales Verhältnis mehr, wenn man die Situation der vermögenslosen Flüchtlinge, der Kriegsbeschädigten, der Heimkehrer, der Besatzungs- und Währungsgeschädigten betrachtet. Wir wissen alle, daß die Vermögensbildung in diesen Kreisen am schlechtesten möglich war, auch wenn sie Arbeit hatten, auch wenn sie im Beruf waren, auch wenn sie eine selbständige wirtschaftliche Existenz hatten, weil die Kredit- und Kapitalvorleistungen, die ihnen allen gegeben werden mußten, ja kein echtes
    Vermögen, sondern Schulden sind, auch wenn sie sie langsam abtragen können und müssen. Bei dieser Situation kann die Vermögensbildung der öffentlichen Hand auf die Dauer so nicht mehr weitergehen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wir sind deshalb der Auffassung, es muß ernste Vorsorge getroffen werden, daß diese Vermögensbildung in irgendeiner Form abgedrosselt wird und daß öffentliche Finanzierungen — beispielsweise des Wohnungsbaues, beispielsweise für die zukünftigen Atomfragen, beispielsweise für die Rüstung — mit anderen Methoden durchgeführt werden als mit Steuerabschöpfung und anschließender Kapitalbildung bei der öffentlichen Hand.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)

    Das Investitionshilfegesetz hat uns eine solche Methode gezeigt, und das Investitionshilfegesetz könnte auch Modell sein für andere öffentliche Finanzierungen, damit die Mittel nicht zum Staatsvermögen führen, sondern letzten Endes Privatvermögen bleiben, wenn sie auch dem Staat über eine gewisse Zeit hin zur Verfügung gestellt werden müssen, damit er seine Aufgaben erfüllen kann.

    (Sehr gut! rechts.)

    Oder denken wir an das frühere System der Steuergutscheine! Das war auch ein System, mit dem man sehr viele öffentliche Finanzierungen durchführen konnte, ohne daß diese Mittel unbedingt Staatsvermögen wurden; sie verblieben letzten Endes den privaten Staatsbürgern als Vermögensbesitz.
    Nach dieser Richtung hin müssen wir nach unserer Auffassung in den kommenden Zeiten eine andere Politik betreiben als die etwas lapidare und auch finanztheoretisch und finanzwirtschaftlich verhältnismäßig einfache Politik: Steuern nehmen, Kapital bilden und Hypotheken und Darlehen ausgeben. Man kann auch ganz anders finanzieren, aber nur dann, wenn man die gesetzlichen Voraussetzungen dazu schafft.
    Aber das Bundesvermögen, wie wir es in den Vorbemerkungen feststellen, hat für meine politischen Freunde noch einen besonders eklatanten, fragwürdigen Teil. Das ist das Kapitel der Bundesbeteiligungen an Unternehmungen. Wenn Sie die Vorbemerkungen genau durchsehen, werden Sie finden, daß der Bund nicht nur an der Grundstoffindustrie beteiligt ist - wir wollen ihm das auf vielen Gebieten nicht bestreiten —, daß er nicht nur an Verkehrsunternehmungen beteiligt ist — auch das liegt im Interesse der Allgemeinheit —, auch daß er in Zukunft unter Umständen an Unternehmungen der Atomenergie beteiligt sein wird. Wer kann das übersehen? Im Augenblick ist es noch nicht der Fall. Aber daß er entweder direkt oder indirekt an etwa 20 Kohlenhandelsgesellschaften beteiligt ist, von denen jede einzelne ein Kapital von 20- bis 100 000 Mark hat, daß er beteiligt ist an Bauunternehmungen, daß er beteiligt ist an kleineren und mittleren Maschinenfabriken, an Hotelbetrieben, an Eisenhandlungen, am Kraftfahrzeughandel und an Reparaturwerkstätten, an Schraubenfabriken, an mit Grubenholz handelnden Unternehmungen, an Zentralheizungsfertigungsbetrieben, an Wäschefabriken, an Betrieben für die Herstellung von Hartfaserplatten und sonstigen Betrieben aller Art, dafür haben wir kein Verständnis.

    (Beifall rechts.)



    (Dr. Schild Düsseldorf])

    Wir sind der Auffassung, daß diese Betriebe so oder so, d. h. aber nicht mit Verlust — das hat man heute überhaupt nicht nötig —, aber zu einem ganz klaren reellen Preis ohne Überforderung abgestoßen werden müssen. Denn der Staatsbürger kann verlangen, daß der Staat nur solche Wirtschaftsbereiche für sich mit in Anspruch nimmt, bei denen das Allgemeinwohl mit auf dem Spiel steht. Aber an Wäschefabriken und Kohlenhandlungen braucht weder eine direkte noch eine indirekte Bundesbeteiligung vorhanden zu sein; das hat mit der Wahrnehmung des Allgemeinwohls überhaupt nichts zu tun. Wir erwarten, daß vor allem der Unterausschuß „Bundesbeteiligungen", der — und damit spreche ich unseren Kollegen Hellwig an — seit Juni oder Juli 1955 nicht mehr getagt hat, seine Arbeit wieder aufnimmt und sich überlegt, welche von diesen in den Vorbemerkungen aufgeführten Beteiligungen und Betriebe man wirklich, ohne ein großes Politikum daraus zu machen, abstoßen und der Privatwirtschaft überlassen kann.
    Aus den allgemeinen Bemerkungen in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers interessiert uns ferner eine sehr grundsätzliche Auffassung, die er darin kundgetan hat. Er sprach von der mangelnden Bereitschaft der wirtschaftlichen Selbstverwaltungsverbände, die den Staat von Aufgaben entlasten könnten, welche die Selbstverwaltungsverbände schneller, besser und billiger erledigen könnten. Dazu möchte ich sagen, daß ich eine solche mangelnde Bereitschaft von wirtschaftlichen Selbstverwaltungskörperschaften bisher nicht festgestellt habe. Aber das Umgekehrte habe ich gesehen, nämlich daß die Hoheitsverwaltung mit Argusaugen darüber wacht, daß die Kompetenzen zwischen Hoheitsverwaltung und Selbstverwaltung immer zugunsten der Hoheitsverwaltung manipuliert werden.
    Die wirtschaftlichen Selbstverwaltungsorgane sind noch nicht in allen Bereichen in dem entsprechenden Ausmaß vorhanden, daß sie wirklich ernste Staatsaufgaben übernehmen können. Ich darf beispielsweise erwähnen, daß wir im Bundesgebiet noch keine Hauptlandwirtschaftskammer haben. Was könnte die Hauptlandwirtschaftskammer an Bundeseinrichtungen, an landwirtschaftlichen Instituten übernehmen und verwalten, die in unserem Etat unter der Firma des Ernährungsministers rangieren, für die der Ernährungsminister zuständig ist und die eigentlich in den Bereich der Selbstverwaltung der Landwirtschaft gehören! Das ist eine Frage der Vereinfachung.

    (Abg. Dr. Hellwig: Die müßten wir auch bezahlen! — Abg. Pelster: Die tun es auch nicht umsonst!)

    — Aber ob in der Hoheitsverwaltung hundert Beamte sitzen, die diese Dinge machen müssen, oder ob man die Aufgaben sogar mit finanziellen Zuschüssen und Beihilfen von der wirtschaftlichen Selbstverwaltung sachkundiger, zweckmäßiger und befriedigender machen läßt, das ist die Frage, um die es geht.

    (Abg. Pelster: Die sitzen doch auch da!)

    Ich habe das selber am Beispiel der Förderungsmittel für das Gewerbe erlebt, die in diesem Hause beschlossen wurden und die für die Handwerkswirtschaft im Etat enthalten sind. Jede kleine Fachschule, jeder kleine Kursus, jede kleine Einrichtung muß, wenn sie daran partizipieren will, einen langen Schrieb und Behördenzug machen, um endlich vom Bundeswirtschaftsministerium 10 000 oder
    15 000 oder 20 000 DM bewilligt zu bekommen. Wieviel einfacher wäre es, wenn man diese 6 Millionen DM Gewerbeförderungsmittel der Spitzenorganisation der deutschen Handwerkskammern übertrüge und sie dafür verantwortlich machte, daß sie nach festgelegten Richtlinien verwendet und richtig abgerechnet werden. Es brauchten sich nicht zwei oder drei Beamte im Bundeswirtschaftsministerium mit diesen Dingen zu befassen, bei denen stets Rückfragen und lästige Nebenfragen entstehen.
    Wenn man es ernstlich will, kann man also sehr gut die Selbstverwaltung ausbauen, um Hoheitsaufgaben abzubauen und auf die Selbstverwaltung zu übertragen.

    (Abg. Dr. Brühler: Sehr gut!)

    Ich habe aber für diesen Willen bisher keine klare politische Substanz gesehen, daß Ressorts der Bundesregierung oder auch der Länderregierungen nach dieser Richtung hin operieren.
    Meine Damen und Herren, nun noch ein letztes Wort zu diesen Dingen! Wer die Verhandlungen im Haushaltsausschuß und in diesem Hohen Hause vier Jahre mitgemacht hat, der weiß, daß es bei den finanziellen Bewegungsmitteln des Bundeshaushalts vielfach darum geht, an diese Krippe, an diese Quelle der Beihilfen, Darlehen und Zuschüsse heranzukommen. Nach meinen Erfahrungen und nach meinen Eindrücken ist es bei der Dotierung wirtschaftsfördernder, sowie kulturell und sozial fördernder Maßnahmen nicht immer mit der Methode und dem Stil der ausgleichenden Gerechtigkeit zugegangen,

    (Abg. Pelster: Sehr gut!)

    sondern wer gerade mal etwas wußte, wer gerade mal von einer Sache Wind bekam oder wer gerade mal den richtigen Drücker in der Hand hatte — meistens Zufall! —, der konnte mit irgendwelchen Wünschen — die natürlich immer sachlich begründet sind — und Anträgen an diese Mittel herankommen.

    (Abg. Dr. Keller: An der Quelle saß der Knabe!)

    Ich halte es für wichtig, hier einmal Remedur zu schaffen, und zwar nicht nur hinsichtlich des Punktes, Herr Kollege Pelster, den Sie erwähnen, nämlich der dauernden Zementierung dieser Mittel, sondern ich halte es auch für notwendig, daß wir einmal eine gerechtere Verteilung der Bewegungsmittel vornehmen. Bei dieser gerechteren Verteilung sollte man sich daran erinnern, daß die 2 Millionen mittlerer und kleiner Gewerbetriebe des Handwerks, des Einzelhandels, des Gaststättengewerbes, der kleinen und mittleren Industrie und aller möglichen sonstigen Gewerbebetriebe dieser Art in der Wirtschaftsförderung dieses Haushalts praeter propter mit 8 Millionen DM bedacht sind, während andere Gruppen mit 50 Millionen, mit 60 Millionen für denselben Zweck dotiert werden. Ich meine jetzt nicht etwa agrarpolitische Finanzierungssummen, die aus den Marktordnungsgesetzen stammen, sondern die allgemeinen, gewerbefördernden, berufsfördernden Unterstützungssummen. In der Dotierung mit diesen Mitteln besteht im Haushalt keine echte Relation unter den verschiedenen Berufsständen. Die Lösung dieser Frage muß für den nächsten Haushalt nachgeholt werden. Meine Fraktion wird entsprechende Anträge stellen.


    (Dr. Schild [Düsseldorf])

    Wir wünschen auch, daß die Mittelstandspolitik, die der Herr Bundesfinanzminister, soweit sie finanzielle Bedeutung hat, in seinen Vorbemerkungen auseinandergesetzt hat, noch erweitert wird. Eine solche Erweiterung sehen wir in der Errichtung des Mittelstandsinstituts, das zunächst mit 200 000 DM im Etat des Wirtschaftsministers dotiert ist. Wir begrüßen die Einrichtung des Mittelstandsinstituts. Wir haben aber vorläufig noch einen etwas schlechten Beigeschmack bei der Sache. Wir haben keine Regierungsvorlage, aus der zu ersehen wäre, was mit diesem Institut gemeint ist und welchen Aufgabenbereich es haben soll. Wir wissen doch alle, daß ähnliche Institute bereits vorhanden sind: das Deutsche Handwerksinstitut, die Forschungsstelle für den Handel, das Institut für die freien Berufe und andere Institute. Es kann also sein, daß das Mittelstandsinstitut eine gewisse Koordinierungsarbeit leisten soll. Es kann aber auch sein, daß es geschichtliche Doktorarbeiten oder Habilitationsschriften veranlassen wird. Dafür hätten wir kein Interesse.
    Ich möchte dazu grundsätzlich sagen: Ein Mittelstandsinstitut muß alle Fragen der Selbständigen unserer Zeit in den verschiedenen Berufsschichten soziologisch-wissenschaftlich behandeln. Dazu aber fehlt eigentlich eine ganz bestimmte Voraussetzung: die Übersicht darüber, wie alle diese Schichten im Kampfe um ihre Selbständigkeit im einzelnen gesehen und global betrachtet steuerlich und sozial belastet sind. Das festzustellen ist nur möglich, wenn wir eine andere Finanzstatistik bekommen, über die ich auch in den letzten Jahren hier bereits manches gesagt und angeregt habe. Dazu gehört, daß wir die Finanzämter mit dem Hollerithverfahren ausrüsten, um sehr schnell zu statistischen Ergebnissen zu kommen, um sehr schnell auch Rückschlüsse über die Steuerbelastungen bei neuen Steuergesetzen oder beim Abbau von Steuergesetzen ziehen zu können. Wir brauchen eine derartige Finanzstatistik als Aufgliederungsstatistik über die Belastung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen sehr nötig. Nur wenn sie vorhanden ist, ist auch ein Mittelstandsinstitut — wenn es nicht auf repräsentative Statistiken, auf Tests angewiesen sein will — in der Lage, sich einen klaren Überblick über die Belastung der Betriebe mit öffentlichen Abgaben zu machen.
    Genauso liegt es für die Mittelstandspolitik mit den Mittelstandskrediten. Wir freuen uns, daß es der Landwirtschaft infolge der Tüchtigkeit, aber auch infolge des Einflusses des Herrn Bundesministers für Ernährung gelungen ist, noch einmal 200 Millionen DM flüssig zu machen, um eine gewisse Umschuldung von landwirtschaftlichen kurzfristigen Krediten auf langfristige Kredite vornehmen zu können. Wir freuen uns, daß zu diesem Zwecke auch Zinsverbilligungszuschüsse — wenn sie auch nicht marktkonform sind; vieles in unserer Wirtschaft ist nicht marktkonform — gegeben werden. Aber wir haben den Eindruck, daß, wenn man schon jetzt in der Öffentlichkeit sagt: „Dieser Präzedenzfall darf sich aber unter keinen Umständen wiederholen!", damit gemeint ist, daß die gewerbliche Mittelschicht — also etwa 2 Millionen kleine und mittlere Gewerbebetriebe — eine ähnliche Kreditaktion nicht erwarten dürfe. Ich möchte eindeutig betonen, daß wir rein aus Gründen der Gerechtigkeit — denn es handelt sich hier um Handwerker, Kaufleute, Einzelhändler, Gewerbetreibende, die neben dem Bauern sitzen und die Kreditmöglichkeiten des Bauern sehen und erleben und sich deshalb auch fragen, ob sie selber auch in dieselbe Lage kommen können oder nicht — eine derartige Kreditaktion für die gewerbliche und freiberufliche Mittelschicht seitens des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums für absolut notwendig halten. Denn der langfristige Kreditbedarf des gewerblichen Mittelstandes erfordert allein als Umschuldungsbedarf eine Summe von 1,5 Milliarden DM, wie amtlich im Wirtschaftsministerium festgestellt worden ist. Ich bitte deshalb auch nach dieser Richtung hin es uns nicht zu verübeln, wenn wir von der Deutschen Partei diesbezügliche Anträge stellen werden.
    Ich darf zum Schluß sagen, daß weitere Anträge, die wir einzubringen gedenken, insbesondere mit der Atomforschung und mit der Neuregelung des Kindergeldgesetzes zusammenhängen werden. Speziell beim Kindergeldgesetz, Herr Kollege Vogel, handelt es sich ja in diesem Hause um ein sehr heißes Eisen; aber wir werden uns bemühen, meine Damen und Herren, mit diesen Anträgen die dringend notwendigen Entlastungen für den Mittelstand zu erreichen. Ich hoffe, daß wir für die angekündigten Anträge bei der zweiten Lesung Gelegenheit haben, uns über den Erfolg unserer Arbeit nach den verschiedenen Richtungen hin auseinanderzusetzen. Die Deutsche Partei wird bei den Haushaltsberatungen im Sinne meiner Darlegungen mitwirken.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)