Rede von
Helmut
Schmidt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Drucksache 2617 von Abgeordneten der Sozialdemokratie, der FDP und des BHE ist nicht das erste Dokument, aus dem hervorgeht, daß der Bundestag eine Lufthansa-Verbindung zwischen Berlin und der Bundesrepublik wünscht. Allerdings hat der heutige Antrag einen besonderen Anlaß. Von einer bestimmten russischen Seite war im Juni eine Andeutung gemacht worden, aus der man schließen konnte, daß die sowjetische Seite bereit sein würde, einen entsprechenden Antrag freundlich zu erwägen. Man konnte aber aus dieser Andeutung nicht entnehmen, welche etwaigen Gegenleistungen sich die sowjetische Seite vorstellte. Diese zweite Tatsache konnte — so schien es im Juli, als unser Antrag gestellt wurde, den Antragstellern — die Bundesregierung eventuell davon abhalten, auf jene sowjetische Bemerkung näher einzugehen.
Der Antrag wurde am 4. oder 5. Juli veröffentlicht. Wir müssen hervorheben, daß sich die Ressorts, die Bundesregierung und der Senat von Berlin unverzüglich und seither fortlaufend mit dieser Frage beschäftigt haben. Die anschließende Beratung im Gesamtdeutschen Ausschuß und im Verkehrsausschuß — ich nehme an, daß der Antrag dorthin überwiesen wird — wird weiterhin Gelegenheit geben, die Möglichkeiten im einzelnen durchzuberaten. Die sozialdemokratische Fraktion legt aber Wert darauf, auch schon in der Öffentlichkeit des Plenums einige Grundsätze zu dieser Frage offen darzulegen.
Zunächst muß man wissen, daß bei dem Viermächtestatus nur Luftfahrtgesellschaften der vier Mächte das Recht haben, Berlin anzufliegen, woraus folgt, daß andere Gesellschaften dieses Recht nur dann erwerben können, wenn die vier Mächte damit einverstanden sind. Das ist die zunächst sehr einfache Rechtslage, von der hier auszugehen ist. Sie könnte sich allerdings dann komplizieren, wenn von sowjetischer Seite behauptet würde, bei einem Verkehr nach Berlin würde der Luftraum des vorgeblich souveränen Staates der sogenannten DDR überflogen, und dazu sei die Genehmigung der Regierung dieses vorgeblich souveränen Staates notwendig.
Hierzu möchte ich feststellen, daß wir mit unserem Antrag keineswegs nahelegen oder in Kauf nehmen möchten, daß ein Weg beschritten wird, der am Ende etwa auf ein Regierungsabkommen mit Pankow und eine Art rechtlicher Anerkennung Pankows durch die Bundesregierung hinauslaufen könnte. Deshalb haben wir formuliert, der Vorstand der Lufthansa — nicht etwa die Bundesregierung — solle die Zulassung zum Berlin-Verkehr „bei den zuständigen Stellen" erwirken. Wir möchten aber andererseits nicht, daß dieser Versuch etwa von vornherein an außenpolitischen Bedenken scheitert.
Deshalb möchten wir heute hervorheben, daß dieses Anliegen, das schon für sich genommen uns durchaus sehr gewichtig erscheint, im Rahmen unseres Programms gesehen werden soll, das sich auf technische Erleichterungen des Verkehrs und der Beziehungen in Gesamtdeutschland bezieht. Genauso, wie man in deutschen Eisenbahnzügen, in deutschen Kraftfahrzeugen von Berlin in die Bundesrepublik und umgekehrt fahren kann, genauso, wie man auf deutschen Binnenschiffen Güter von Berlin in die Bundesrepublik und umgekehrt transportieren kann, genauso muß es auch möglich sein, in deutschen Flugzeugen zwischen Berlin und der Bundesrepublik hin- und herzufliegen. Das Flugzeug ist insbesondere im Berlin-Verkehr längst ein Beförderungsmittel für sehr breite Schichten der Bevölkerung geworden. Genauso, wie es für den Interzonenhandel ein Abkommen
wenn auch dieser Antrag einstweilen von der größten Fraktion dieses Hauses nicht mit unterzeichnet ist.