Rede von
Walter
Brookmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das hat mit dem Bundesrundfunkgesetz nichts zu tun.
— Das hat nicht unmittelbar mit dieser Sache etwas zu tun. Ich habe vom Bundesrundfunkgesetz gesprochen.
Meine Damen und Herren, in der Debatte, die wir 1953 über das Rundfunkgesetz geführt haben, sagte der damalige Kollege Eichler, heute geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, folgendes: „Auch wir glauben nicht, daß auf dem Gebiete des Rundfunks nichts einer Regelung bedürftig sei." Und nun murksen wir in der Tat seit Jahren mit dem einen und mit dem anderen Vertrag umher, und wir wissen ganz genau, daß wir auf dem Gebiete letztlich bis heute nicht einen einzigen Schritt vorangekommen sind, weil die verfassungsrechtliche Lage nicht geklärt ist.
Als Ergebnis kann nur festgestellt werden, meine Damen und Herren, daß die Lage zum mindesten verfassungsrechtlich nach wie vor ungeklärt ist. Heute kann es sich für uns hier nur darum handeln, einmütig in dem Willen zu sein, endlich mit den Sendungen auf der langen Welle zu beginnen.
Wir wollen den Streit gerne austragen, ob Berlin sofort Chefredaktion werden soll oder ob Berlin es zunächst nicht sein kann. Herr Kollege Kühn, ich bin von Rundfunksachverständigen dahin belehrt worden — ich glaube, daß diese Auffassung auch richtig ist —, daß es zum mindesten sehr schwer ist, Technik und Chefredaktion voneinander zu trennen. Aber wir können uns darüber im Ausschuß unterhalten.
Sie machten in der Ihnen eigenen charmanten Art auch eine Bemerkung, daß der Herr Bundeskanzler den Wunsch geäußert habe, Bonn solle Sitz der Chefredaktion werden. Ich kann mich nicht erinnern, darüber jemals etwas gehört zu haben.
Ich weiß nur, daß alle Vertreter dieses Hauses und auch Vertreter der Regierung wiederholt der Meinung Ausdruck gegeben haben, daß ein anderer endgültiger Standort als Berlin überhaupt nicht in Betracht kommen könne.
Ich sprach davon, daß wir mit den Sendungen sofort beginnen müßten. Meine Damen und Herren, ich darf darauf aufmerksam machen, daß der Deutschlandsender als sowjetzonaler Langwellensender schon seit langem mit einer Energie von etwa 400 kW Stärke arbeitet. Die Wirksamkeit unserer langen Welle — wenn wir also einen neuen Strahler bauen — wird somit entscheidend davon abhängen, daß man sich zur Errichtung eines Senders von mindestens 400 bis 500 kW entschließt. Seit Jahren zeichnet der Deutschlandsender mit der großen Reichweite seiner langen Welle zielbewußt in die Bundesrepublik und auch über deren Grenzen hinaus ein völlig verfälschtes Bild der demokratischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik, und wir haben dem leider nichts entgegengesetzt. Wir würden uns geradezu versündigen, wenn wir nicht heute dem gemeinsamen Willen Ausdruck gäben, wo auch immer sofort mit ,den Sendungen zu beginnen. Da der Weg über Presse und Film in die sowjetische Besatzungszone praktisch versperrt ist, bieten Rundfunksendungen leider die einzige Möglichkeit für einen ständigen und breiten Kontakt mit der Bevölkerung der Zone.
Die Aufgabe der Langwelle soll es sein, tief in die sowjetische Besatzungszone hinein und auch über deren Grenzen nach Osten und Südosten hinaus das Bild von der Wirklichkeit in der Bundesrepublik zu vermitteln. Dieser Sender soll die wahre Stimme Gesamtdeutschlands, des freien Deutschlands werden. Je länger die widerrechtliche Spaltung unseres Vaterlandes durch die Schuld der Sowjetunion andauert, desto mehr müssen wir alles tun, allen Deutschen in Ost-, Mittel- und Westdeutschland wenigstens über den Rundfunk das Gefühl der unverbrüchlichen Zusammengehörigkeit zu vermitteln.
Dieser gesamtdeutschen Verpflichtung dienen wir aber nicht, wenn der Bundesregierung z. B. vor-
geworfen wird, daß — ich zitiere jetzt — „für die beschämende Entwicklung auf dem Gebiete des Langwellensenders sie allein die Hauptverantwortung trage, weil sie jahrelang darauf bestanden habe, den Sender zu ihrem politischen Machtinstrument zu machen".
Das hat der Sozialdemokratische Pressedienst noch am 23. Juli dieses Jahres gemeldet, obwohl er über die historische Entwicklung dieser Frage eigentlich unterrichtet sein sollte. Derselbe Pressedienst hat in der gleichen Ausgabe vom 23. Juli 1956 geschrieben:
Die Bundesregierung errechnet sich größere Einflußmöglichkeiten auf eine Sender-Redaktion in Hamburg
— und nun passen Sie bitte auf —
als in der freiheitlichen Atmosphäre der alten Hauptstadt.
Ich verstehe das nicht ganz. Sollte der Sozialdemokratische Pressedienst wirklich der Meinung sein, daß in Hamburg eine freiheitliche Atmosphäre nicht bestehe?
Meine Damen und Herren, derselbe Pressedienst sagt an einer anderen Stelle, das Hamburger Provisorium — da wird auf die Vereinbarung angespielt, die jetzt mühsam zustande gekommen ist — sei ein neuer Anschlag auf Berlin!
Ich meine, das ist wirklich Polemik.
— Sehr richtig, das hat mit Sachlichkeit nichts mehr zu tun. Wenn der Sozialdemokratische Pressedienst in dieser Sache etwas schreiben will, muß er sich jedenfalls auch über das unterrichten, was sich in der Zwischenzeit abgespielt hat.
Es war zu keinem Zeitpunkt zweifelhaft, daß der endgültige Standort des Senders die Reichshauptstadt sein werde. Alle Beteiligten haben sich doch nur aus zwingenden Gründen
zu der Zwischenlösung entschlossen und das Hamburger Funkhaus beauftragt, für zunächst 18 Monate die Langwelle zu betreiben. Es sind also nicht politische Erwägungen, sondern tatsächlich Zweckmäßigkeitserwägungen, die für die getroffene Vereinbarung den Ausschlag gegeben haben.
Und nun, meine Damen und Herren, ein letztes Wort zu dem Beirat. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß Bund, Länder und Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten in ihm vertreten sein sollen. Es ist unser Wunsch — und ich möchte das gerade hier auf Berliner Boden aussprechen —, daß bei der Konstituierung des Aufsichtsgremiums die beiden christlichen Kirchen vertreten sind. Die evangelische und die katholische Kirche haben sich dahin geeinigt, sich mit einem Platz zu begnügen, wenn nicht beide Kirchen zugleich — falls man den Rahmen zu eng halten wird — vertreten sein können. Ich brauche vor diesem Hohen Hause nichts darüber zu sagen, welche große Bedeutung den Kirchen gerade unter gesamtdeutschem Aspekt in der Zone zukommt.
Ich zweifle auch nicht daran, daß das ganze Haus dieses Anliegen unterstützt. Ich wäre auch den Damen und Herren der sozialdemokratischen Fraktion dankbar, wenn sie dieses Anliegen unterstützten. Bei dem ausgezeichneten Kontakt — ich erinnere mich noch an die Debatte über die Wehrpflicht —, den auch die Sozialdemokratische Partei zu Kreisen der evangelischen Kirche unterhält, kann ich mir durchaus vorstellen, daß sie diesem unserem Wunsche entspricht.
Ich kann jetzt nur noch mit einem Worte Hans Sachsens schließen: „Fanget endlich an mit den Sendungen!" Wir sind damit einverstanden, daß die beiden Anträge, der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion und der Antrag der CDU/CSU- Fraktion, an den Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films als federführenden Ausschuß und zur Mitberatung dem Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen überwiesen werden.