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ID0216300500

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    6. Czermak.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 163. Sitzung. Berlin - Charlottenburg, Mittwoch, den 10. Oktober 1956 9033 163. Sitzung Berlin - Charlottenburg, Mittwoch, den 10. Oktober 1956. Ansprache zu Beginn der Arbeitstagung in Berlin: Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 9033 C Begrüßung einer Delegation des englischen Unterhauses 9034 A Glückwünsche zum 70. Geburtstag des Abg Gengler 9034 A Abg. Frau Dr. Ganzenberg (CDU/CSU) tritt als Nachfolgerin des Abg. Dr. Orth, der durch Mandatsverzicht ausgeschieden ist, in den Bundestag ein 9034 A Mitteilung über die Beantwortung der Kleinen Anfrage 281 9034 B Änderungen der Tagesordnung 9034 A Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen aus den Vertreibungsgebieten ausgesiedelt wurden (Aussiedlergesetz) (Drucksache 2623) . . 9034 B Dr. Kather (GB/BHE), Antragsteller 9034 B, 9039 C Rehs (SPD) 9035 B Kuntscher (CDU/CSU) 9036 C Dr. Czermak (FDP) 9038 D Überweisung an die Ausschüsse . . . 9040 C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Langwellensender in Berlin (Drucksache 2627) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Langwellensender in Berlin (Drucksache 2761) 9040 C Kühn (Köln) (SPD), Antragsteller . 9040 D, 9048 B, 9056 A, 9057 A Brookmann (Kiel) (CDU/CSU), Antragsteller 9046 A, 9048 B Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 9049 C, 9057 B Frau Friese-Korn (FDP) 9051 A Dr. Strosche (GB/BHE) 9052 A Hübner (FVP) 9053 B Brandt (Berlin) (SPD) . . . . 9053 D, 9059 A Dr. Graf (München) (CDU/CSU) . . . 9057 A Dr. Bucerius (CDU/CSU) . . 9058 B, 9059 C Krammig (CDU/CSU) 9060 C Überweisung an die Ausschüsse 9060 C Nächste Sitzung 9060 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 9060 B Die Sitzung wird um 15 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Bauer (Wasserburg) 5. 11. Dr. Bärsch 13. 10. Bauknecht 13. 10. Dr. Bergmeyer 15. 10. Blachstein 27. 10. Frau Dr. Bleyler 13. 10. Böhm (Düsseldorf) 20. 10. Frau Brauksiepe 13. 10. Brockmann (Rinkerode) 15. 10. Cillien 15. 12. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Conring 13.10. Dr. Dollinger 12. 10. Ehren 15.10. Elsner 13. 10. Fassbender 13.10. Frehsee 12. 10. Dr. Friedensburg 13. 10. Dr. Furler 11.10. Dr. Gleissner (München) 13.10. Dr. Greve 17.10. Harnischfeger 11.10. Dr. Höck 13.10. Dr. Hoffmann 11.10. Dr. Horlacher 13.10. Hufnagel 13.10. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Kahn-Ackermann 17. 11. Kemper (Trier) 13. 10. Dr. Kleindinst 13. 10. Knapp 13. 10. Knobloch 13. 10. Dr. Köhler 15. 10. Lahr 13. 10. Dr. Löhr 13. 10. von Manteuffel (Neuß) 11. 10. Mayer (Birkenfeld) 1. 12. Meitmann 22. 10. Moll 13. 10. Morgenthaler 13. 10. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 31. 10. Müser 11. 10. Peters 13. 10. Dr. Pferdmenges 13. 10. Raestrup 11. 10. Richter 13. 10. Ritzel 13. 10. Schill (Freiburg) 11. 10. Schneider (Bremerhaven) 28. 10. Dr. Schöne 11. 10. Schwann 28. 10. Dr. Stammberger 17. 11. Dr. Starke 31. 10. Frau Dr. Steinbiß 13. 10. Sträter 13. 10. Dr. Vogel 13. 10. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Walz 12. 10. Wiedeck 12.10. b) Urlaubsanträge Abgeordnete (r) bis einschließlich Altmaier 27.10. Erler 27.10. Even 27.10. Gerns 27.10. Haasler 27.10. Höfler 27.10. Frau Dr. Ilk 20.10. Kiesinger 27.10. Dr. Kopf 27 10. Lemmer 27 10. Dr. Lenz (Godesberg) 27.10. Lücker (München) 27.10. Marx 27.10. Metzger 27.10. Frau Meyer-Laule 27.10. Miller 20.10. Dr. Oesterle 27.10. Paul 27.10. Frau Dr. Rohling 27.10. Schütz 27.10. Seidl (Dorfen) 27 10. Dr. Wahl 27 10.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ernst Kuntscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie Sie aus der Begründung gehört haben, soll nach diesem Initiativgesetzentwurf eine neue Gruppe im Rahmen der verschiedenen Gruppen von Entschädigungsberechtigten geschaffen werden. Darüber hinaus soll diese neu zu schaffende Gruppe teilweise Sonderrechte erhalten gegenüber anderen, schon bestehenden und durch bereits geltende Gesetze mit Leistungen bedachten Geschädigtengruppen.
    Die Leistungen sollen gegeben werden an den Personenkreis der Aussiedler. Das sind jene deutsche Staats- oder Volkszugehörige, die nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen die Vertreibungsgebiete verlassen haben und im Bundesgebiet oder West-Berlin ihren Wohnsitz genommen haben. Weiter sollen sie gegeben werden an deren Angehörige, deren Familienernährer sich aber noch im Vertreibungsgebiet befinden. Drittens sollen die Leistungen gegeben werden an Hinterbliebene von Personen, die im Vertreibungsgebiet geblieben und dort verstorben sind.
    Alle Aussiedler sollen in den Genuß der Leistungen nach den Gesetzen über die Kriegsopferversorgung gelangen. Die Versorgung soll also nicht nach individueller Prüfung des Aussiedlers erfolgen, sondern generell-kollektiv an die Angehörigen dieser Personengruppe gegeben werden.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Die ab 1. September 1955 eingetroffenen Aussiedler und die noch eintreffenden Aussiedler sollen in den Genuß der Vergünstigungen gelangen, die für Heimkehrer vorgesehen sind; ich will diese Vergünstigungen nicht alle aufzählen. Zweitens sollen diese Vergünstigungen erhalten die Angehörigen, also Ehefrauen und Kinder, deren Ernährer noch in den Vertreibungsgebieten sind; sie sollen den Angehörigen jener Personen gleichgestellt werden, die sich noch in Kriegsgefangenschaft befinden. Ferner: sofern der sich in den Vertreibungsgebieten noch Aufhaltende einen Rechtsanspruch aus der Invalidenversicherung, der Angestellten- oder der Knappschaftsversicherung hätte, sollen die Angehörigen, die Witwen und Waisen, diese Vergünstigungen und Renten so erhalten, wie wenn der Ernährer bereits verstorben wäre.

    (Abg. Dr. Keller: Das ist doch eine zweite Begründung!)

    Die Hinterbliebenen, Ehefrauen und Kinder von Personen, die in den Vertreibungsgebieten geblieben und dort verstorben sind, sollen Hinterbliebenenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz bzw. aus der Sozialversicherung erhalten.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD und vom GB/BHE.)

    — Meine Herren, ich weiß, Sie werden nervös, aber ich will Ihnen jetzt noch einen Grund geben dafür, daß Sie nervös werden!
    Herr Kollege Kather hat in seiner Begründung gesagt: Es wird soviel über diesen Personenkreis gesprochen, aber es geschieht wenig. Ich bedaure, daß Herr Dr. Kather diese Formulierung wählt,

    (lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



    (Kuntscher)

    ich bedaure dies um so mehr, als gerade Herr Dr. Kather wissen müßte, daß dieser Personenkreis auf weiten Gebieten bereits in die Versorgung einbezogen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich verweise hier vor allem auf den vom Bundesvertriebenenministerium herausgegebenen „Wegweiser für Aussiedler", in dem die Fundstellen sehr gut zusammengetragen sind und in dem nachgewiesen ist, daß für die Aussiedler alle Vertriebenen- und Entschädigungsgesetze, auch das Bundesversorgungsgesetz, allerdings individuell abgestellt, in Geltung sind.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wir müssen uns doch einmal über die Rechtsstellung des hier genannten Personenkreises klar sein. Die Aussiedler gelten nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes als Vertriebene, wenn sie binnen sechs Monaten nach der Wohnsitznahme in der Bundesrepublik oder Berlin-West ihre Anträge stellen. Sie können alle Rechte und alle Begünstigungen, die im Bundesvertriebenengesetz verankert sind, für sich in Anspruch nehmen. Sie haben ferner alle Ansprüche aus dem Lastenausgleichsgesetz sowie aus dem Gesetz zu Art. 131, und wenn in der Person des einzelnen Aussiedlers die Bedingungen und Voraussetzungen zutreffen, die das Bundesversorgungsgesetz verlangt, hat auch der einzelne Aussiedler das Recht auf alle Leistungen aus dem Bundesversorgungsgesetz, aus dem Heimkehrergesetz, aus dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz und dem Häftlingshilfegesetz.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Probleme, die auf das Gebiet der Sozialversicherung hinüberspielen, sind gleichfalls durch das Fremdrentengesetz geregelt. Allerdings muß die Voraussetzung vorhanden sein, daß der Betreffende sozialversichert, also Arbeitnehmer, gewesen ist.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wo hier noch eine Lücke besteht, die bisher schmerzlich empfunden worden ist, nämlich daß die Wartezeit für die Gewährung von Leistungen aus der Rentenversicherung unter Umständen nicht erreicht war, ist, wie ich weiß, im Sozialpolitischen Ausschuß jetzt bei der Beratung der Rentenreform auch diese Frage bereits in der ersten Lesung befriedigend gelöst, und die Lücke wird geschlossen werden,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    so daß die Wartezeit, soweit sie nicht auf Grund von Beitragsleistungen erreicht ist, durch Nacherwerb von Beitragszeiten aus Bundesmitteln erreicht werden soll.
    Diese kritischen Bemerkungen mußte ich machen. Ich habe nun noch hinzuzufügen, daß der § 2 des vorliegenden Gesetzentwurfs praktisch nichts anderes bedeutet, als daß der ganze Personenkreis der Aussiedler die Ansprüche aus dem Bundesversorgungsgesetz erhalten soll ohne Rücksicht darauf, ob im Zusammenhang mit direkten oder indirekten Kriegsfolgen gesundheitliche oder körperliche Schäden entstanden sind. Jeder, der gesundheitliche oder körperliche Schäden im direkten oder indirekten Zusammenhang mit Kriegseinwirkungen erlitten hat, hatte das Recht, fristgerecht einen Antrag zu stellen, um individuell Leistungen aus dem Bundesversorgungsgesetz zu erhalten. Hier sollen aber einer ganzen Personengruppe ohne Prüfung des Tatbestandes bei dem einzelnen dieses Recht und die Leistungen aus dem Bundesversorgungsgesetz eingeräumt werden. Sagen Sie: Wäre das nicht eine wesentliche Besserstellung gegenüber jener Personengruppe, die wir immer in Entschädigungen bevorzugt behandeln wollten, nämlich unseren Kriegsversehrten, wenn wir hier kollektiv, also generell, nicht nach Prüfung des einzelnen Tatbestandes, diese Leistung für eine ganze Personengruppe gesetzlich festlegten?

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Dasselbe gilt bei dem Verlangen, daß die Aussiedler generell sämtliche Leistungen nach dem Heimkehrergesetz erhalten sollen.
    Und wenn ich dann noch auf eines hinweisen darf: da ist der § 24 des Heimkehrergesetzes, der bestimmt, daß die Ersatzzeiten der Kriegsgefangenschaft und Internierung Anrechnung finden. Diese Ersatzzeiten werden, wie ich schon vorher sagte, bereits durch das Fremdrentengesetz für die Aussiedler und andererseits durch die zu erwartende neue Fassung bei der Rentenreform gewährleistet. Sehr bedenklich scheint mir aber, daß die sechsmonatige Karenzfrist nach der Einwanderung in die Bundesrepublik und der Wohnsitznahme in der Bundesrepublik nach dem Gesetzentwurf für die Aussiedler wegfallen soll.

    (Abg. Dr. Rinke: Hört! Hört!)

    Hier glaube ich: was für den einen Pflicht ist, müßte auch für den anderen eine Verpflichtung bleiben,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    denn hier wiederum zwei Gruppen zu schaffen, würde schließlich dazu führen, daß diejenigen Personengruppen, für die das Bundesversorgungsgesetz und das Heimkehrergesetz mit den Folgegesetzen geschaffen sind, mit Recht einwenden würden, daß hier eine neue Personengruppe ihnen gegenüber bevorzugt behandelt werde. Sie würden dann mit Recht auf Novellierungen, auf Besserstellungen drängen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Ein Wort noch zu den in diesem Gesetzentwurf geforderten Leistungen an die Angehörigen. Alle Entschädigungsgesetze gehen bei der Zuerkennung von Renten aus der Sozialversicherung von der Fiktion aus, daß der Versicherte verstorben ist. In diesem Falle, nach diesem Gesetzentwurf sollen aber Renten an Angehörige gezahlt werden, von denen feststeht, daß sie noch leben, von denen weiter feststeht, daß sie nicht nur noch leben, sondern auch in Arbeit stehen oder Rente beziehen.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Ich weiß, Sie werden sagen — und der Zwischenruf ist gekommen —: wo leben sie? Sie leben noch im Vertreibungsgebiet, das gebe ich zu; aber Sie (zum GB/BHE) verlangen in diesem Entwurf nicht einmal eine Prüfung, ob der noch im Vertreibungsgebiet lebende Ernährer überhaupt den Willen hat, zu seiner Familie zurückzukehren.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU. — Abg. Seiboth: Es gibt Hunderttausende andere!)

    Diesen anderen wollen wir helfen und haben wir geholfen. Und wir wollen die bisherige Hilfe noch


    (Kuntscher)

    verbessern. Uns geht es um etwas ganz anderes. Uns geht es darum, daß wir Mißbräuche verhindern wollen.

    (Sehr richtig!)

    Uns geht es darum, daß hier nicht generell und kollektiv einer ganzen Gruppe etwas gewährt wird, was zu großen Weiterungen führt und gegenüber anderen ein Unrecht bedeutet.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Die Frage, ob die Lagerinsassen, die auf ihrer Flucht aus dem Osten in Dänemark gelandet sind — ich kenne die Situation genau, ich habe in diesen kritischen Monaten in diesem Gebiet gelebt —, als Internierte behandelt werden sollen, war schon oft Gegenstand von Beratungen in den Ausschüssen. Wir haben erst vor wenigen Tagen, und zwar am 28. September 1956 mit der Verabschiedung des Zweiten Ergänzungsgesetzes zum Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz in den Ausschüssen, Arbeitskreisen und Fraktionen diese Frage sehr gründlich geprüft, sie aber verneint, und auch das Plenum hat bei der Verabschiedung dieses Zweiten Ergänzungsgesetzes den Willen des Ausschusses einstimmig bestätigt.

    (Sehr richtig! — Abg. Dr. Keller: Das ist Unsinn, Herr Kollege!)

    Diese kritische Stellungnahme, meine Damen und Herren, war notwendig, um erstens einmal aufzuzeigen, daß Sie mit Ihrem Gesetzentwurf weithin offene Türen eingerannt haben,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    weil Sie etwas gesetzlich geregelt haben wollen, was schon lange geregelt war,

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    bevor — auch das lassen Sie mich sagen — die Antragsteller noch in diesem Hause vertreten waren.

    (Erneute Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Mit diesen Feststellungen soll aber nicht gesagt sein — ich will nicht mißverstanden werden —, daß wir für die Lage der Aussiedler nicht volles Verständnis hätten.

    (Zurufe links.)

    Das haben wir bereits bewiesen. Auf unseren Antrag hat dieses Hohe Haus die Begrüßungsgabe beschlossen. Wir haben durch unseren Antrag erreicht, daß diesem Personenkreis im laufenden Haushalt 15 Millionen für Zwecke des Wohnungsbaus zur Verfügung gestellt worden sind. Wir haben darüber hinaus erreicht, daß nicht nur diese 15 Millionen zur Verfügung gestellt werden, sondern daß bis zu weiteren 15 Millionen über die Globalsumme unter Kapitel A 25 03 Titel 532 des Haushalts für das Wohnungsbauministerium hinaus in Anspruch genommen werden können, wenn die bewilligten 15 Millionen nicht ausreichen.

    (Bravo! bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Aber sie sind nicht gezahlt!)

    — Sie irren, Herr Kollege, sie sind vorhanden und warten auf Abruf.
    Ich möchte ferner aber noch einiges dazu sagen, was für diesen Personenkreis als vordringlich getan werden muß. Es muß geprüft werden, ob die Maßnahmen, die heute zur Wiederherstellung der Gesundheit dieser Personen getroffen werden, nicht ausgedehnt werden müssen, damit diese Menschen so bald wie möglich ihre volle Gesundheit und damit ihre Arbeitseinsatzfähigkeit wiedergewinnen. Es soll geprüft werden, ob neben der Begrüßungsgabe und dem Überbrückungsgeld der Länder nicht ein Weiteres getan werden muß, nämlich dahingehend, daß eine Übergangshilfe, deren Betrag den der Begrüßungsgabe übersteigen muß, diesen Menschen den Anschluß an unsere Verhältnisse erleichtern und beschleunigen wird.
    Wir haben volles Verständnis dafür und werden
    dieses Verständnis nicht nur mit Worten, sondern
    auch mit Taten bekunden, daß besonders zur Dekkung des schulischen und berufsmäßigen Nachholbedarfs mehr getan werden muß als bisher. Sie
    haben die Drucksache 2752 vielleicht noch nicht in
    der Hand; darin kommen wir in einem Antrag gerade auf diese Fragen zu sprechen. Uns allen ist
    bekannt, daß die Kinder dieser Aussiedler meist
    nicht einmal mehr die deutsche Muttersprache beherrschen; wir wissen auch, daß sie in ihrer Berufsausbildung sehr weit zurückgeblieben sind, und
    wir wissen, daß sich diese Jugendlichen unseren
    Jugendlichen gegenüber eben nicht vollwertig fühlen. Dies auszugleichen, ist eine wichtige Aufgabe,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    die wir im Rahmen des genannten Antrages ansprechen und bei unseren Beschlüssen in den Ausschüssen ernst nehmen müssen und lösen werden.
    Ich möchte aber auch noch ein Weiteres sagen: Es ist ernstlich zu prüfen, wie den Angehörigen, den Ehefrauen und den Kindern, deren Männer und Väter noch in den Vertreibungsgebieten sind, verstärkt geholfen werden kann. Es soll ihnen geholfen werden. Aber in der Form, wie Sie es in Ihrem Initiativgesetzentwurf haben möchten, geht es einfach nicht.
    Da in diesem Antrag eine ganze Reihe Fragen aneinanderstoßen, genügt es nicht, diesen Entwurf nur dem Ausschuß für Heimatvertriebene zu überweisen. Ich beantrage, ihn auch dem Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen und dem Sozialpolitischen Ausschuß zu überweisen, weil in diesem Entwurf eine Reihe von Fragen aufscheinen, die diese beiden Spezialausschüsse zu behandeln haben.


Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Czermak.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Czermak


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist grundsätzlich zu begrüßen. Er will den Spätaussiedlern und Sowjetzonenflüchtlingen helfen, der Familienzusammenführung dienen, vor allem auch den alleinstehenden Frauen und Kindern helfen, deren Ernährer noch drüben im Vertreibungsgebiet sitzt, den Witwen und Waisen, deren Ernährer drüben gestorben ist. Wir alle haben sicherlich für diese Fragen volles Verständnis, besonders wir Heimatvertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge, welche diese Probleme aus eigenem Erleben kennen. Ich denke dabei vor allem an die 8 1/2 Millionen Heimatvertriebenen, die nach Kriegsschluß von Haus und Hof verjagt worden sind, ihr ganzes Vermögen und ihre Existenz verloren haben, in Lagern, im Gefängnis und in Zwangsarbeit saßen, all die Schrecken und Leiden der Vertreibung in ihrer alten Heimat und auch die ersten schweren Jahre in ihrer neuen Heimat erlebt haben. Ich denke an all die Blutopfer, meh-


    (Dr. Czermak)

    rere Millionen, die in dieser größten unid grausamsten Völkerwanderung aller Zeiten ihr Leben lassen mußten, vor allem aber auch an die Kriegsgefangenen, ,die jahrelang drüben in Rußland saßen, und an alle Inhaftierten und Zwangsarbeiter, die zurückgehalten wurden und nicht zu ihren Familien konnten. Aber auch heute noch, mehr als zehn Jahre nach Kriegsschluß, leben drüben in den Vertreibungsgebieten Menschen, die in die Freiheit und zu ihren Familien wollen, leben auch in der Bundesrepublik noch Frauen und Kinder ohne ihren Ernährer. Ihnen soll und muß der Staat helfen, weil sie sich selbst nicht helfen können.
    Es fragt sich hier jedoch nur — und da erheben sich ernsthafte Bedenken —, ob man all diese Fragen ganz allgemein gesetzlich regeln kann oder ob nicht vielfach jeder einzelne Tatbestand subjektiv, individuell, überprüft werden muß. Es fragt sich weiter, ob die in diesen Anträgen vorgesehenen Leistungen gesetzlich nicht schon geregelt sind und ob sich die Regelung jedes einzelnen Falles menschlich, rechtlich und auch politisch verantworten läßt. Eine ganz allgemeine Gleichstellung, in manchen Fällen sogar Besserstellung, läßt sich daher beim allerbesten Willen nicht durchführen ohne eine Überprüfung der einzelnen Tatbestände, besonders in Zweifelsfällen.
    Bei Leistungen nach § 2 für gesundheitliche Schädigungen, die Aussiedler in den Vertreibungsgebieten erlitten haben, muß vor allem der Grundsatz des Bundesversorgungsgesetzes gelten, wonach die gesundheitlichen Schädigungen in Zusammenhang mit Kriegsereignissen stehen müssen. Da werden sich bei manchen Aussiedlern, jetzt nach zehn Jahren, allerlei Schwierigkeiten ergeben, Schwierigkeiten auch bei der Feststellung, ob jeder Aussiedler einer Versorgung würdig ist, ob er sich immer als Deutscher bekannt oder ob er nicht dem politischen System seines Vertreibungsgebiets Vorschub geleistet hat. Kein Wort gegen Aussiedler, die erst jetzt oder in Zukunft aus berechtigten Gründen kommen. Problematischen Naturen aber, die erst jetzt herüberkommen, weil hier die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse besser sind als drüben, können die echten Heimatvertriebenen und die wahren Kriegsopfer keinerlei Verständnis entgegenbringen. Das muß klar und offen gesagt werden.
    Sicher ist das Schicksal der alleinstehenden Frauen und Kinder, deren Ernährer noch drüben sind, sehr hart. Ihnen soll in begründeten Fällen eine Unterhaltshilfe zuerkannt werden. Nach dem Bundesversorgungsgesetz gilt aber bei Witwen- und Waisenrenten der Grundsatz der erwiesenen Verschollenheit. Hier soll jedoch nach § 3 der Tod des Familienernährers angenommen werden, obwohl er noch lebt. Eine solche Regelung ist rein rechtlich gesehen schwierig und bedarf der Prüfung.
    In bezug auf die vorgesehenen Witwen- und Waisenrenten der Hinterbliebenen von Personen, welche drüben gestorben sind, sowie in bezug auf die Sozialversicherung bestehen schon gesetzliche Bestimmungen. Alle diese Witwen und Waisen sollen — das wollen wir wohl alle — ihre Renten erhalten, soweit das noch nicht der Fall ist. Es soll ihnen keinerlei Unrecht geschehen, es soll keine Gesetzeslücke bleiben. Aber auch hier erscheint eine Überprüfung der einzelnen Tatbestände notwendig.
    Zusammenfassend möchte ich feststellen, daß wir für alle berechtigten Forderungen — ich betone: berechtigten Forderungen! — der Spätumsiedler, der Angehörigen und der Hinterbliebenen von Heimatverbliebenen durchaus Verständnis haben. Wir wollen ihnen gern helfen, soweit das möglich ist. Der Deckungsfrage wird dabei allerdings auch eine entscheidende Bedeutung zukommen. Wir müssen aber auch heute schon in der ersten Lesung einige Bedenken anmelden, die in den zuständigen Ausschüssen gründlich geprüft werden müssen.
    Ich bitte gleichfalls um Überweisung des Antrags an den Ausschuß für Heimatvertriebene — federführend — und — mitberatend — an den Kriegsopfer-Ausschuß und nötigenfalls an den Sozialpolitischen Ausschuß.

    (Beifall bei der FDP und bei der CDU/CSU.)