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    2. Deutscher Bundestag - 153. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 26. Juni 1956 8267 153. Sitzung Bonn, Dienstag, den 26. Juni 1956. Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 8268 C Übertritt des Abg. Dr. Wellhausen von der Fraktion der DA zur Fraktion der CDU/ CSU 8268 C Mitteilung über Umbenennung der Fraktion der Demokratischen Arbeitsgemeinschaft in „Bundestagsfraktion der Freien Volkspartei (FVP)" 8268 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 253 und 255 (Drucksachen 2417, 2552; 2432, 2551) 8268 D Erklärungen vor Eintritt in die Tagesordnung betr. Auslegung der §§ 106 und 30 der Geschäftsordnung: Mellies (SPD) 8268 D, 8269 D Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 8269 B Rasner (CDU/CSU) 8269 C Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung vom 22. Juni 1956 (Zweites Konjunkturprogramm) in Verbindung mit der Fortsetzung der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Konjunkturpolitik (Drucksache 2408, Umdruck 679), mit der Fortsetzung der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Konjunkturpolitik (Drucksache 2409), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Preispolitik (Drucksache 2523), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung eines stetigen Wachstums der Gesamtwirtschaft (Drucksache 2428), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Industrieansiedlung in den Förderungsgebieten und zur Beseitigung der strukturellen Arbeitslosigkeit (Drucksache 2524) und mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betr. die Abzahlungsgeschäfte (Drucksache 2522) 8270 A, 8290 D Dr. Hellwig (CDU/CSU) 8270 B, 8277 A, C, 8278 B, 8280 D, 8281 A, 8282 D Kurlbaum (SPD) 8277 A, 8306 C Dr. Deist (SPD) . . 8277 C, 8278 B, 8291 A, 8305 D, 8306 A, 8309 A Schmidt (Hamburg) (SPD) 8280 D, 8282 D, 8308 C Dr. Elbrächter (DP) 8283 C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft . . 8304 B, 8305 A, 8305 D, 8306 A, D, 8308 C, 8309 A Dr. Schöne (SPD) 8305 A Dr. Hoffmann (FDP) 8309 C Dr. Berg (FVP) 8312 C Margulies (FDP) 8314 C Ausschußüberweisungen 8315 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes, des Zolltarifs und des Mineralölsteuergesetzes (Zweites Zolländerungsgesetz) (Drucksache 2147); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksachen 2505, zu 2505) 8315 B Krammig (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . 8318 A Beschlußfassung 8315 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Dritte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Dänemark) (Drucksache 2337); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2481) 8315 C Menke (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 8319 D Beschlußfassung 8315 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Vierte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Norwegen) (Drucksache 2338); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2482) 8315 D Menke (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 8320 A Beschlußfassung 8315 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Fünfte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Schweden) (Drucksache 2339); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2483) 8316 A Menke (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 8320 C Beschlußfassung 8316 A Nächste Sitzung 8316 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 8316 A Anlage 2: Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfragen der Fraktionen der SPD und der FDP betr. Konjunkturpolitik (Umdruck 679) 8317 A Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Entwurf des Zweiten Zolländerungsgesetzes (zu Drucksache 2505) . . . 8318 A Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen zum Entwurf eines Gesetzes über das Dritte Protokoll über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Dänemark) (Drucksache 2481) . . . 8319 D Anlage 5: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen zum Entwurf eines Gesetzes über das Vierte Protokoll über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Norwegen) (Drucksache 2482) . . . 8320 A Anlage 6: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen zum Entwurf eines Gesetzes über das Fünfte Protokoll über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Schweden) (Drucksache 2483) . . . 8320 C Die Sitzung wird um 15 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Albrecht (Hamburg) 26. 6. Dr. Baade 26. 6. Fürst von Bismarck 26. 6. Brandt (Berlin) 27. 6. Frau Brauksiepe 26. 6. Brese 26. 6. Brockmann (Rinkerode) 26. 6. Frau Dietz 30. 6. Dr. Dittrich 30. 6. Elsner 27. 6. Erler 28. 6. Even 26. 6. Fassbender 26. 6. Feldmann 30. 6. Frau Finselberger 26. 6. Gedat 30. 6. Gerns 30. 6. Dr. Gleissner (München) 26. 6. Dr. Greve 30. 6. Harnischfeger 26. 6. Frau Heise 5. 7. Dr. Horlacher 26. 6. Jacobi 27. 6. Jacobs 26. 6. Jahn (Frankfurt) 26. 6. Frau Dr. Jochmus 7. 7. Karpf 26. 6. Frau Kipp-Kaule 7. 7. Kühltau 26. 6. Kraft 2. 7. Lenz (Brühl) 26. 6. Lenz (Trossingen) 26. 6. Lücker (München) 30. 6. Lulay 30. 6. Marx 30. 6. Mayer (Birkenfeld) 23. 7. Meitmann 15. 7. Metzger 29. 6. Dr. Miessner 27. 6. Dr. Mocker 26. 6. Morgenthaler 7. 7. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 30. 6. Oetzel 26. 6. Onnen 26. 6. Paul 27. 6. Peters 15. 7. Frau Praetorius 26. 6. Dr. Preller 26. 6. Rademacher 26. 6. Rehs 26. 6. Dr. Reif 30. 6. Rümmele 26. 6. Scheppmann 26. 6. Schmitt (Vockenhausen) 28. 6. Schmücker 26. 6. Schneider (Hamburg) 26. 6. Dr. Schneider (Lollar) 30. 6. Frau Dr. Schwarzhaupt 26. 6. Dr. Seffrin 30. 6. Srock 26. 6. Dr. Stammberger 26. 6. Dr. Starke 31. 7. Stauch 27. 6. Stiller 27. 6. Sträter 30. 6. Dr. Wellhausen 26. 6. Dr. Welskop 26. 6. Frau Welter (Aachen) 26. 6. Ziegler 26. 6. b) Urlaubsanträge Dr. Becker (Hersfeld) 17. 7. Blachstein 7. 7. Dr. Köhler 7. 7. Anlage 2 Umdruck 679 (Vgl. S. 8315 A) Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfragen der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP betreffend Konjunkturpolitik (Drucksachen 2408, 2409). Der Bundestag wolle beschließen: Das wachsende Mißverhältnis von Angebot und Nachfrage in weiten Teilen der deutschen Wirtschaft hat zu Spannungserscheinungen geführt, die sich insbesondere in steigenden Preisen auswirken. Da die Bundesregierung bis heute weder dem Bundestag entsprechende Vorlagen unterbreitet noch selbst die notwendigen Maßnahmen ergriffen hat, ergeben sich ernste Gefahren für eine gesunde wirtschaftliche Fortentwicklung bei hoher Beschäftigung und stabilen Preisen. Der Bundestag ist der Auffassung, daß die drohenden Gefahren auch heute noch mit wirtschafts-, steuer-, finanz- und kreditpolitischen Maßnahmen der leichten Hand bekämpft werden können. Eine nicht rechtzeitige Anwendung solcher Mittel muß jedoch dazu führen, daß sehr bald gröbere und drastischere Eingriffe notwendig werden. Der Bundestag lenkt daher die Aufmerksamkeit der Bundesregierung auf folgende Fragen: I. Preisentwicklung Die Preisentwicklung der letzten Zeit, insbesondere die Steigerung der Lebenshaltungskosten, führt zu einer langsamen aber stetigen Aushöhlung der Kaufkraft. Das zentrale Problem der deutschen Wirtschaftspolitik ist daher die Sicherung eines stabilen Preisniveaus. Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um a) Zollbelastungen, Einfuhrbeschränkungen und sonstige Einfuhrhemmungen so weit zu beseitigen, daß in knappen Waren ein größeres Angebot und ein Druck auf überhöhte Preise erreicht wird; b) eine Preissenkung für Verbrauchsgüter durch Verbrauchsteuersenkungen herbeizuführen; c) eine Erhöhung aller der Preise zu verhindern, die durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungspraxis festgelegt oder beeinflußt werden; d) für preisgebundene Markenartikel und sonstige Waren, deren Preise weitgehend einseitig durch marktbeherrschende Unternehmungen bzw. Unternehmensgruppen festgesetzt werden, mögliche Preissenkungen herbeizuführen und ungerechtfertigte Preiserhöhungen auszuschließen; e) eine Bestrafung aller derer zu ermöglichen, die vorsätzlich unter Ausnutzung der Marktlage unangemessene Preise fordern. II. Investitionen und Kapitalmarkt Die Investitionsrate ist unverhältnismäßig hoch. Sie hat zur Folge, daß durch die Investitionsausgaben eine sehr hohe Nachfrage hervorgerufen wird, während die durch die Investitionen erstrebte Gütererzeugung erst später auf den Markt kommt. Es sind daher Maßnahmen erforderlich, um die große Kapitalbildung der deutschen Wirtschaft dort zu verwenden, wo durch Rationalisierung eine schnelle Steigerung der Produktion dringend benötigter Güter möglich ist. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, ein Programm zur Ordnung des Kapitalaufkommens und der Kapitalverwendung vorzulegen, das insbesondere folgende Forderungen berücksichtigt: a) Beschränkung der degressiven Abschreibung auf die Fälle, in denen durch Rationalisierung eine schnelle Steigerung der Erzeugung in dringend benötigten Gütern erzielt werden kann; b) einheitlicher Einsatz aller öffentlichen Mittel des Bundes, der Länder und der Gemeinden, der sonstigen Fonds, wie ERP-Mittel, der Bürgschaften und anderer Finanzierungshilfen sowie der zentral gesteuerten Mittel mit der unter a) angegebenen Zielsetzung; c) Überprüfung aller öffentlichen Baumaßnahmen auf ihre Dringlichkeit; d) angemessene Kapitalversorgung der Notstandsgebiete sowie der Wirtschaftszweige und Unternehmungen, die bei der herrschenden Kapitalmarktlage selbst dringend benötigte Kredite zu Rationalisierungsmaßnahmen nicht erhalten können und im Hinblick auf ihre Ertragslage zur Selbstfinanzierung nicht in der Lage sind; e) wirksame steuerliche Begünstigung aller Formen des Sparens, auch des Investment-Sparens; f) Regelung des Teilzahlungsgeschäftes nach konjunkturpolitischen Gesichtspunkten. III. Rüstungswirtschaft Die schwersten Gefahren für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung drohen durch die Aufrüstung. Die Grundsatzbeschlüsse des Verteidigungsausschusses und des Haushaltsausschusses über die Einleitung von Rüstungsprogrammen führen bereits jetzt zu umfangreichen und unproduktiven Investitionen, die durch Kredite finanziert werden und die Spannungserscheinungen in der Investitionsgüterindustrie und in der Bauwirtschaft sehr verschärfen. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, a) in einer Denkschrift das Material vorzulegen, auf das sie ihre Überzeugung stützt, daß ohne eine Beeinträchtigung der dringend notwendigen und überfälligen Sozialreformen, der geplanten Steuersenkungen sowie ohne Gefährdung einer gesunden Weiterentwicklung der Wirtschaft zusätzlich das vorgesehene Rüstungsvolumen getragen werden kann; b) bereits in Angriff genommene Rüstungsvorhaben, die nach den zu a) angegebenen Gesichtspunkten nicht mehr vertretbar sind, einzustellen; c) die Durchführung von Grundsatzbeschlüssen für Rüstungsvorhaben, die eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere in der Investitionsgüterindustrie und Bauwirtschaft, gefährden, zurückzustellen. IV. Einheitliche Wirtschaftspolitik Die Bundesregierung verfügt weder über eine ausreichend genaue Kenntnis der volkswirtschaftlichen Gesamtzusammenhänge, noch ist sie bisher in der Lage gewesen, wenigstens verwaltungsmäßig eine Koordinierung aller wirtschaftspolitischen Maßnahmen im weitesten Sinne zu gewährleisten. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, a) alle Vorkehrungen auf dem Gebiet der Statistik zu treffen, die die baldige Erstellung einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermöglichen; b) alle organisatorischen Maßnahmen zu beschließen, die erforderlich sind, um eine ständige und regelmäßige Zusammenarbeit der für die Wirtschaftspolitik zuständigen Bundesminister und der Bank deutscher Länder, eine verwaltungsmäßige Koordinierung aller wirtschaftspolitischen Maßnahmen und die beschleunigte Entwicklung einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und eines Nationalbudgets sicherzustellen. Bonn, den 20. Juni 1956 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 zu Drucksache 2505 (Vgl. S. 8315 B) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes, des Zolltarifs und des Mineralölsteuergesetzes (Zweites Zolländerungsgesetz) (Drucksachen 2505, 2147). Berichterstatter: Abgeordneter Krammig I. Gegen eine umfassende Anpassung des Zollgesetzes vom 20. März 1939 (RGBl. I S. 529) an die veränderten staatsrechtlichen und politischen Verhältnisse sprechen auch heute noch die gleichen Gründe, wie sie bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes und der Verbrauchsteuergesetze vom 23. Mai 1952 (BGBl. I S. 317) galten. Der Entwurf beschränkt sich daher auf die dringend notwendig gewordenen Änderungen. Sie sollen internationalen Abmachungen, den veränderten Verhältnissen in den Freihäfen nach dem Kriege, der notwendig gewordenen Erweiterung des zollrechtlichen Begriffes der Zollveredelung und der inzwischen eingetretenen Zollfreiheit für Schiffe durch Erweiterung der Zollbefreiung für Schiffbaubedarf gerecht werden. Außerdem dehnen sie die Zollbefreiung für Mineralöl, das zum Betriebe seewärts ein- und ausgehender Schiffe verwendet wird, aus. Diese Änderungen sind in den Artikeln 1 und 2 des Entwurfs — Drucksache 2147 — enthalten. Die in Artikel 3 vorgesehene Änderung und Ergänzung des Mineralölsteuergesetzes folgen aus den Änderungen, die in den Artikeln 1 und 2 vorgeschlagen werden. II. Bei der Beratung des Entwurfs wurden aus der Mitte des Finanz- und Steuerausschusses zur Berichtigung und Ergänzung noch Anträge gestellt, die ihren Niederschlag in der Überschrift, dem Artikel 1 Nr. 2 a und 2 b, Nr. 5, Nr. 9 a, dem Artikel 1 a, dem Artikel 2 Nr. 1 und 2 und dem Artikel 3 a fanden. Zur Überschrift Die Ersetzung des Wortes „Zolltarifs" durch „Zolltarifgesetzes" ist erforderlich, weil Artikel 1 a das Zolltarifgesetz vom 16. August 1951 (BGBl. I S. 527) ändert. Der Entwurf enthält zwar den Zolltarif ändernde Vorschriften (Artikel 2), trotzdem erübrigt sich die besondere Aufführung des Zolltarifs in der Überschrift, weil das Zolltarifgesetz begrifflich den Zolltarif als Anlage des Zolltarifgesetzes einschließt. Die Ersetzung des Wortes „Zweites" im Klammerzusatz durch „Drittes" beruht darauf, daß der Entwurf das Dritte Zolländerungsgesetz darstellt. Zu Artikel 1 Nr. 2 a und 2 b Mit dem Übergang vom spezifischen Zoll zum Wertzoll am 1. Oktober 1951 trat auch der neue Zolltarif in Kraft. Aus Zweckmäßigkeitsgründen wurden damals die Vorschriften über die Wertverzollung in das zur Einführung des neuen Zolltarifs erlassene Zolltarifgesetz vom 16. August 1951 aufgenommen, obwohl sie den Zolltarif unmittelbar nicht berühren. Bei der Einbringung des Zolltarifgesetzes lag der Wortlaut des Brüsseler Abkommens über den Zollwert noch nicht vor. Er konnte deshalb bei der Fassung der Gesetzesvorschriften nicht berücksichtigt werden. Dieses Brüsseler Abkommen ist durch das Gesetz über internationale Vereinbarungen auf dem Gebiete des Zollwesens vom 17. Dezember 1951 (BGBl. 1952 II S. 1) veröffentlicht worden und am 28. Juli 1953 in Kraft getreten (BGBl. II S. 256). Nach Artikel II des Abkommens sind die Mitgliedstaaten gehalten, die in der Anlage I zu dem Abkommen enthaltene Begriffsbestimmung in ihre Gesetzgebung zu übernehmen. Die zugelassenen Anpassungen an die innerstaatliche Gesetzgebung sind in Artikel IV des Abkommens besonders festgelegt. Die Neufassung der Bestimmungen über die Wertverzollung (Artikel 1 Nr. 2 a) trägt dem Brüsseler Abkommen Rechnung. Die Vorschriften werden gleichzeitig aus dem Zolltarifgesetz in das Zollgesetz übernommen, wohin sie ihrem Wesen nach gehören. Absatz 2 des neuen § 53 des Zollgesetzes (ZG) ist bisher in den §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 1 des Zolltarifgesetzes (ZTG) enthalten. Durch das Brüsseler Abkommen über den Zollwert ist die Bundesrepublik verpflichtet, als Zollwert den Normalpreis anzuwenden, wie er in der Anlage I zum Abkommen definiert ist. Der Wortlaut ist enger der französischen und englischen Fassung des Artikels I Abs. 1 der Brüsseler Begriffsbestimmung angepaßt worden. Absatz 3 des neuen § 53 ZG entspricht dem Wortlaut des Artikels I Abs. 2 der Brüsseler Begriffsbestimmung. Absatz 3 Nr. 1 ist in den bisherigen Vorschriften über die Wertverzollung im ZTG nicht enthalten. Die Bestimmung ist jedoch im Hinblick auf den Wortlaut der Brüsseler Begriffsbestimmung (Artikel I Abs. 2 Buchstabe a) zu übernehmen. Absatz 3 Nr. 2 tritt an die Stelle des bisherigen § 6 Abs. 3 ZTG. Absatz 3 Nr. 3 entspricht der bisherigen Bestimmung in § 9 Abs. 2 ZTG. Absatz 4 ersetzt den bisherigen § 6 Abs. 4 ZTG. Er ist dem Wortlaut des Artikels III der Brüsseler Begriffsbestimmung angepaßt worden. Der neue § 53 a ZG (Artikel 1 Nr. 2 b) tritt an die Stelle des bisherigen § 8 ZTG. (Krammig) Im neuen § 53 b ZG (Artikel 1 Nr. 2 b) sind die bisherigen Bestimmungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 und des § 7 ZTG über die Anerkennung des Rechnungspreises als Zollwert zusammengefaßt worden. Die Bestimmung entspricht dem Sinn der Anmerkung 5 zu Artikel I der Brüsseler Begriffsbestimmung. Diese Anmerkung empfiehlt den Mitgliedstaaten, soweit wie möglich den Rechnungspreis als Zollwert anzuerkennen, vorbehaltlich etwaiger Berichtigungen, die notwendig sind, um besondere Umstände zu berücksichtigen, die bei dem in Betracht kommenden Verkauf zum Begriff des Wertes in der Anlage I des Abkommens in Widerspruch stehen. Die weitgehende Anerkennung des Rechnungspreises als Zollwert setzt eine Toleranz hinsichtlich des maßgebenden Bewertungszeitpunktes voraus. Eine solche Toleranz ist nunmehr in § 53 b ZG vorgesehen. Die Möglichkeit, eine solche Toleranz zu gewähren, kommt zwar im Wortlaut der Anmerkung 5 zu Artikel I der Brüsseler Begriffsbestimmung nicht klar zum Ausdruck. Sie entspricht jedoch dem Sinn der Anmerkung 5. Diese Auffassung geht aus den Protokollen der Brüsseler Studiengruppe über den Entwurf der Anmerkung 5 hervor. Sie ist vom Brüsseler Zollwertausschuß, der nach Artikel VI des Abkommens die einheitliche Auslegung der Begriffsbestimmung und der erläuternden Anmerkungen sicherzustellen hat, ausdrücklich in dem Avis Nr. 22 bestätigt worden. Durch diese Toleranz wird weitgehend dem berechtigten Interesse der Importeure Rechnung getragen, für ihre Kalkulation die Eingangsabgaben im voraus mit einiger Sicherheit berechnen zu können. I Zu Artikel 1 Nr. 5 Der Ausdruck „Sonderbehörden" trifft nicht zu. Er wurde daher durch „Sonderorganisationen" ersetzt. Zu Artikel 1 Nr. 9 a Die neue Nummer 5 in § 109 Abs. 1 ZG entspricht der bisherigen Ermächtigung in Artikel V § 18 Nr. 2 ZTG, die zusammen mit den Vorschriften über die Wertverzollung (neue §§ 53 bis 53 b ZG) vom Zolltarifgesetz in das Zollgesetz übernommen werden soll. Zu Artikel 1 a Der Artikel II des Zolltarifgesetzes vom 16. August 1951 wird durch die Übernahme der Vorschriften über die Wertverzollung in das Zollgesetz (Artikel 1 Nr. 2 a und 2 b) überflüssig. Einige Vorschriften, die nicht in das Zollgesetz übernommen werden (z. B. § 12 — Durchschnittswerte), sind durch die Entwicklung der Verhältnisse überholt. Der Artikel II kann daher gestrichen werden. Die Ermächtigung des § 18 Nr. 2 ZTG, nähere Vorschriften über die Wertverzollung zu erlassen, ist in § 109 Abs. 1 neue Nr. 5 ZG (Artikel 1 Nr. 9 a) übernommen worden. Die Ermächtigung in § 18 Nr. 3 ZTG ist nicht mehr erforderlich, da Durchschnittswerte nach den zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht zulässig sind. In Artikel V ZTG ist daher die Streichung des § 18 notwendig geworden. Zu Artikel 2 Nr. 1 und 2 Im Sinne des Zollrechts gelten aus dem Zollgebiet in den Freihafen verbrachte Erzeugnisse als ausgeführt. Der Vergütungsanspruch kann daher nicht nur von der unmittelbaren Ausfuhr in das Zollausland abhängig gemacht werden. Er muß folgerichtig auch dann gegeben sein, wenn die vergütungsfähigen Erzeugnisse endgültig in den Freihafen verbracht werden. Dieser Konsequenz tragen die Ergänzungen Rechnung. Zu Artikel 3 a Aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dürfen Lieferungen von Gegenständen, die zu einem zugelassenen Bearbeitungs- oder Verarbeitungsverkehr abgefertigt oder im Rahmen eines solchen hergestellt oder bearbeitet oder verarbeitet und nach § 69 Abs. 1 Nr. 42 ZG (Artikel 1 Nr. 8) abgabenfrei eingeführt worden sind, nicht umsatzsteuerfrei bleiben. Artikel 3 a gibt hierfür die Rechtsgrundlage ab. Er stellt klar, daß solche Lieferungen als steuerbare Lieferungen im Sinne des § 1 Ziff. 1 des Umsatzsteuergesetzes gelten. III. Der Antrag, durch Einfügung einer Nr. 8 a in Artikel 1 den Bundesminister der Finanzen durch Anfügung eines neuen Satzes in § 101 Abs. 1 ZG zu ermächtigen, bei Zollsicherungsverkehren von dem Erfordernis des unmittelbaren Besitzes Ausnahmen zuzulassen oder an Stelle der Ergänzung das Wort „unmittelbar" in § 101 Abs. 1 ZG zu streichen, wurde vom Antragsteller zurückgezogen, nachdem die Erörterung im Ausschuß zu keiner Einigung mit den Vertretern der Bundesregierung führte. Es wurde in Aussicht genommen, den mit diesem Antrag verbundenen Fragenkomplex, der für die zollrechtliche Behandlung von Schwerölen zum unmittelbaren Verheizen — Heizöle — von besonderer Bedeutung ist, bei einer neuen Novellierung des Zollgesetzes zu regeln. IV. Der federführende Ausschuß stimmte in seiner 92. Sitzung am 6. Juni 1956 dem Entwurf auf Drucksache 2147 und den Änderungs- bzw. Ergänzungsanträgen einstimmig zu. Der mitberatende Ausschuß für Außenhandelsfragen, dem nur die Regierungsvorlage — Drucksache 2147 — zur Beratung vorlag, hieß den Entwurf in seiner 41. Sitzung am 7. Mai 1956 einstimmig gut. Bonn, den 18. Juni 1956 Krammig Berichterstatter Anlage 4 Drucksache 2481 (Vgl. S. 8315 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das Dritte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Dänemark) (Drucksache 2337). Berichterstatter: Abgeordneter Menke (Menke) Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 6. Juni 1956 mit dem Entwurf eines Gesetzes über das Dritte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Dänemark — Drucksache 2337 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 6. Juni 1956 Menke Berichterstatter Anlage 5 Drucksache 2482 (Vgl. S. 8315 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das Vierte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Norwegen) (Drucksache 2338). Berichterstatter: Abgeordneter Menke Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 6. Juni 1956 mit dem Entwurf eines Gesetzes über das Vierte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Norwegen) — Drucksache 2338 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 6. Juni 1956 Menke Berichterstatter Anlage 6 Drucksache 2483 (Vgl. S. 8316 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über das Fünfte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Schweden) (Drucksache 2339). Berichterstatter: Abgeordneter Menke Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 6. Juni 1956 mit dem Entwurf eines Gesetzes über das Fünfte Protokoll vom 15. Juli 1955 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Schweden) — Drucksache 2339 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Gesetzentwurf zugestimmt. Bonn, den 6. Juni 1956 Menke Berichterstatter
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    Rede von Dr. Heinrich Lübke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Wenn wir unserer Landwirtschaft, die in ihrer gesamten Struktur gegenüber dem Ausland nicht konkurrenzfähig ist, nicht über solche Preishilfen eine gesunde Grundlage geben, bleibt uns nichts anderes übrig, als daß wir direkt subventionieren. Wir halten diesen letzten Weg für den schlechteren, da jetzt eine gewisse Konkurrenz in landwirtschaftlichen Erzeugnissen wenigstens auf dem innerdeutschen Markt vorhanden ist. Die innerdeutsche Konkurrenz zwingt also den einzelnen Betrieb, sich rechtzeitig und richtig am Markt zu orientieren. Ich glaube, daß dieser Standpunkt richtiger ist, als wenn wir jetzt wahllos gute oder schlechte Betriebe subventionieren würden. Wir halten überhaupt Subventionen für das schlechteste aller wirtschaftspolitischen Instrumente.
    Ein Zweites muß bei den landwirtschaftlichen Preisen berücksichtigt werden. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Weltmarktpreise absolut keine Marktpreise, sondern von den betreffenden Nationalwirtschaften manipuliert sind und zum Teil eben Dumpingpreise darstellen. Nun ist es für den Verbraucher sehr verlockend, sich vorzustellen, daß man immer am Weltmarkt jeweils zu den billigsten Preisen kaufen kann. Ich glaube aber, das ist eine Milchmädchenrechnung; denn wir können nicht verlangen, daß unsere sowieso schon gehandicapte Landwirtschaft mit Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt konkurriert. Das muß einmal klar ausgesprochen werden.
    Bei einer richtigen Analyse der Preisentwicklung in den letzten Jahren besteht absolut kein Grund zu irgendwelcher Aufregung, zumal dem die reale Kaufkraftsteigerung für alle Lohn- und Gehaltsempfänger entgegengehalten werden muß. Selbstverständlich: die Preisbewegung gerade auf diesem Sektor des starren Bedarfs trifft diejenigen besonders hart, die nicht mehr im Wirtschaftsleben stehen, die also in ihrem Einkommen keine Steigerung in wesentlichem Umfang zu verzeichnen haben; daher die Notwendigkeit einer Rentenreform. Wir bejahen das. Aber ich will die Diskussion von morgen nicht vorwegnehmen. Ich möchte nur das Problem der Rentenreform im Zusammenhang mit einigen anderen Maßnahmen — mit der Konjunktur — erwähnen.
    Der Preisbewegung muß die sogenannte Konjunkturlage in den einzelnen Branchen gegenübergestellt werden, d. h. die sogenannte Überhitzung, die angeblich dasein soll. Es sind hier sehr harte Worte gefallen, auch von dem Herrn Bundeswirtschaftsminister. Er hat, ich glaube, gesagt, daß er es allmählich nicht mehr anhören möchte, wenn die Leute, denen die gute Konjunktur aus den Nähten platze, klagten, sie hätten an der Konjunktur nicht teilgenommen. Ganz so generell, Herr Bundeswirtschaftsminister, dürfen wir es doch nicht sagen. Sie tun damit der Erkenntnis der wirklichen Lage keinen Dienst. Wir dürfen uns mit so allgemeinen Bemerkungen nicht zufrieden geben. Auch wir sind uns darin einig. In der Tat haben mindestens große Zweige der Konsumgüterindustrie — ich betone es — an dem Aufschwung nicht teilgenommen, und es ist gut so, daß dort noch erhebliche Reserven sind. In denke z. B. an die Ernährungsindustrie, ich denke an die Textilindustrie — das ist hier schon erwähnt worden —; andere Konsumgüterindustrien sind vom Kollegen Hellwig zitiert worden. Ich glaube aber auch, sagen zu können, daß die gesamte Hausratindustrie, ja selbst die Möbelindustrie noch erhebliche Reserven haben; Kollege Atzenroth wird mir darin vielleicht zustimmen können. Selbstverständlich stimmt es, daß einzelne Sparten der Möbelindustrie Lieferzeiten von zur Zeit zwei Monaten haben. Das kommt aber doch daher, daß die Leute heute alles das haben wollen, was gerade nicht am Markt ist, während andere, durchaus gleichwertige Möbel nicht gekauft werden. Das ist ein Teil der Käuferpsychologie. Der Käufer handelt eben leider nicht als Individuum, sondern immer als Gruppe; er ist psychologischen Kontakten ausgesetzt. Insofern stimme ich dem Kollegen Scheel zu, daß der Bundeswirtschaftsminister auf dem richtigen Wege ist, wenn er dieses Gruppenverhalten des Käufers psychologisch richtig anspricht. Es hat auch sein Gutes — wir werden nachher noch darauf zurückkommen —, weil man dann das Verhalten der Käufer in etwa noch voraussehen kann, was ja sonst nicht möglich ist. Ich stimme generell mit Ihnen überein, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß man die Zukunft nicht voraussehen kann. Aber die Gesetze der Psychologie ermöglichen es uns, in etwa doch einen Trend, eine Richtung zu erkennen. Das sei vorweg bemerkt.
    Nun zu den eigentlichen Quellen der Konjunkturüberhitzung. Das ist im wesentlichen der Baumarkt. Es stimmt wohl, daß die gesamte Investitionsgilterindustrie, die Maschinenindustrie, die Elektroindustrie usw., auch einen ungewöhnlich guten Auftragsbestand hat; es sei aber nicht verschwiegen, daß die Auftragsbestände sich reduziert haben, daß die Lieferzeiten zum Teil verkürzt und ja außerdem auch sehr unterschiedlich sind. Aber die Quelle allen Übels, wenn ich so sagen darf, ist in der Tat der Baumarkt. Nun wäre es sehr einfach, wenn wir die gesamten öffentlichen Investitionen auf dem Baumarkt streichen könnten. Die vorgesehene Reduzierung des Bauanteils des Bundes ist natürlich nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Wenn ich von einem Bauvolumen des Bundes — das hier im Bericht mit 240 Millionen angegeben wird — 130 Millionen streiche, dann besagt das bei einem Gesamtbauvolumen von rund 25 Milliarden gar nichts. Wir müssen hier richtig differenzieren. Wir können, wie das schon der Regierungsbericht richtig sagt, unter keinen Umständen Investitionen auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaus drosseln, obwohl das sicherlich die wirksamste Maßnahme wäre. Die theoretisch einwandfreieste und richtigste Maßnahme verbietet sich aus sozialen und politischen Gründen. Aber es ist doch die Frage, ob nicht der Bau seitens der


    (Dr. Elbrächter)

    Gemeinden, der Länder und des Bundes, insbesondere aber der der Gemeinden und Länder, stärker gedrosselt werden soll. Ich begrüße ausdrücklich, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister den — wahrscheinlich platonischen — Versuch machen wird, das über einen Gemeinschaftsausschuß durch gutes Zureden — denn mehr Mittel hat er ja nicht in der Hand — und durch Appelle an die Vernunft bei den Ländern und Gemeinden zu erreichen. Bei den Ländern mag es möglich sein, weil Sie dort mit wirtschaftspolitisch gut vorgebildeten Menschen zu reden haben. Ich bezweifle aber die Einsicht unserer Kommunalparlamente; denn in den Kommunalparlamenten — das soll hier einmal ganz deutlich gesagt werden — sitzen ja Menschen, die die Steuern im wesentlichen nicht direkt aufbringen — ich betone: nicht direkt aufbringen —, die also in Zeiten der Hochkonjunktur in die Versuchung geraten, möglichst viel auszugeben, um in der Kommunalpolitik ,das, was an und für sich — ich betone es — wünschenswert wäre, ausführen zu können. Ich denke an den Nachholbedarf an Krankenhäusern, Sportplätzen und Verwaltungsbauten. Alles das muß infolge der Zunahme unserer Bevölkerung sein; das gebe ich alles zu. Aber ich glaube auch, es wäre richtig, wenn wir diesen Versuchungen widerstünden und die Sache ein, zwei, selbst drei Jahre hinausschöben. Dann wäre etwas Gutes gemacht. Aber es ist von der Einsicht der Menschen zuviel verlangt, zu hoffen, daß der einfache Appell an die Kommunalparlamente diesen Effekt haben würde.
    Daß die Menschen zu allen Zeiten sich nicht sehr einsichtig verhalten haben, kann ich einem Beispiel entnehmen, das in der Konjunkturlehre des verstorbenen Professors Wagemann dargestellt ist. Dort vergleicht er nämlich die öffentliche mit der privaten Bautätigkeit in den Jahren 1885 bis 1913 und stellt fest, daß der private Wohnungsbau sich immer konjunkturpolitisch richtig verhalten hat, d. h. verstärkt dann gebaut hat, wenn ein Wellental da war, daß er also antizyklisch gebaut hat, während der öffentliche Bau stur weitergetrieben warden ist.

    (Abg. Seuffert: Meinen Sie die Kasernen?)

    Die Konsequenz ist dann, daß die Spitzen in der Konjunktur verstärkt und die Täler, die Depressionen, vertieft werden. Theoretisch ist alles so furchtbar einfach. Aber der Mangel an wirtschaftspolitischer Einsicht derjenigen Menschen, die darüber zu bestimmen haben, ist die Crux. Deswegen glaube ich nicht, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß Sie mit einem einfachen Gemeinschaftsausschuß Erfolg haben werden. Ich bejahe, daß Sie überhaupt den Versuch machen sollen. Aber wenn wir wirklich zu Maßnahmen kommen wollen, rühren wir an die schwierigste Seite unserer Verfassung, unseres Grundgesetzes. Wir haben keine Einflußmöglichkeiten auf die Kommunalparlamente, und wir haben wenig Einflußmöglichkeiten auf die Länderparlamente. Deswegen stehe ich diesen Regelungen mit einiger Skepsis gegenüber.
    Was ich eben gesagt habe, gilt für den Hochbau. Er ist in der Tat die Quelle unseres Übels. Die Maßnahmen, wie sie die Bundesregierung schon geschildert und eingeleitet hat, mildern das Übel insofern, als wir eine längere Bauperiode bekommen, die Kapazitäten besser ausnutzen und infolgedessen der Arbeitsanfall nicht so groß wird.
    Diese Überlegungen sollten nicht für den Verkehrsbau gelten. Ich vermisse in der Regierungserklärung einen deutlichen Hinweis darauf, daß die Verkehrsbauten, insbesondere der Straßenbau, weitergeführt werden sollen. Ja, der Straßenbau muß sogar erst entwickelt werden. Nach meiner Auffassung ist das dreifach begründet.
    Erstens. Der Straßenbau — Herr Kollege Hellwig hat das schon ausgeführt; ich brauche es nicht zu wiederholen — verfügt zur Zeit über nicht ausgenutzte Kapazitäten. Er kann also ohne Neuinvestierungen, ohne Neuanschaffung von Maschinen, ohne Neueinstellung von Arbeitskräften — das ist vielleicht noch entscheidender — das Doppelte von dem leisten, was er bisher geleistet hat. Ja, der Herr Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der deutschen Bauindustrie de le Roi hat dargelegt, daß er sogar das Zweieinhalbfache von 1955 leisten könne. Ich weiß nicht, ob die Zahl stimmt. Bleiben wir bei dem Doppelten, das genügt uns schon.
    Die Wichtigkeit des Straßenbaus ergibt sich nicht nur aus rein wirtschaftspolitischen Überlegungen. Denken wir daran, daß jedes Jahr infolge schlechter Straßen eine große Zahl von Verkehrsunfällen entstehen. Bei guten Straßen wären sie sicherlich vermeidbar. Unsere Todesquote durch Verkehrsunfälle liegt mehr als doppelt so hoch wie in England, obwohl die Straßen in England nicht sehr viel besser sind; sie haben eben nur eine bessere Oberflächenbeschaffenheit.
    Außer der Zahl der Todesfälle und natürlich außer dem Materialschaden müssen wir vor allen Dingen wegen unseres Arbeitskräftepotentials auch berücksichtigen, wie viele Ausfälle wir durch die Verletzten haben. Die Straßenunfälle bringen eine ungewöhnlich hohe Zahl von Dauerinvaliden mit sich. Der Münchner Chirurgenkongreß hat im vergangenen Jahr die Angabe gemacht, die Unfälle auf den Straßen kosteten dem deutschen Volk jährlich 21/2 Milliarden DM. Wenn es uns gelänge, diesen Betrag durch ein vernünftiges Straßenbauprogramm nur um die Hälfte zu senken, dann würde sich das schon wirtschaftlich auszahlen, abgesehen von all dem menschlichen Leid, das hinter der grausigen Zahl von 12 000 Toten und Zig-tausenden anderer Unfälle steht. Ich glaube also im Namen meiner Freunde fordern zu müssen, daß der Straßenbau weitergeführt wird. Das ist wirtschaftspolitisch und menschlich gerechtfertigt und notwendig.
    Deswegen bin ich mit dem im Regierungsentwurf enthaltenen Vorschlag, die Vorfinanzierung öffentlicher Investitionen einzustellen, einverstanden, soweit es sich um öffentliche Investitionen für den Hochbau handelt. Aber ohne eine regelmäßige Vorfinanzierung des Straßenbaues können wir den Straßenbau nicht zügig voranbringen. Wir sind doch nun allmählich in eine solche Zwangslage gekommen, daß wir in den nächsten Jahren mehr tun müssen als bisher.
    Nun komme ich zu der Frage der öffentlichen Investitionen überhaupt. Hier weiche ich in meiner Meinung etwas von den Vorschlägen der Regierung ab. Ich bin damit einverstanden, alle öffentlichen Investitionen einzuschränken, soweit das in dem Rahmen, wie ich ihn eben gesteckt habe, vertretbar ist. Ich bin nicht damit einverstanden, daß wir private Investitionen kürzen, daß wir also die privaten Investitionen zum Prügelknaben machen. Private Investitionen — es ist das Verdienst des


    (Dr. Elbrächter)

    Kollegen Hellwig, daß er das ganz klar herausgestellt hat — erhöhen die Produktion. Wir verfügen heute nicht mehr über nennenswerte Arbeitskraftreserven. Die Steigerung unseres Sozialprodukts geht nicht mehr, wie bisher, über die Hereinnahme noch nicht beschäftigter Arbeitskräfte, sondern geht im wesentlichen nur noch über eine Steigerung der Produktivität. Produktivität ist gleichbedeutend mit Einsatz von Maschinen, mit Einsatz von Kapital, d. h. Investitionen. Ich bin also der Auffassung, daß wir gerade in Zeiten der Hochkonjunktur, wo die Probleme der Vollbeschäftigung sichtbar werden, eine Endlösung nur bekommen werden, wenn wir dem Übel an die Wurzel gehen und durch Investitionen den Arbeitskräftemangel beseitigen. Diese Überlegung scheint mir richtig und konsequent zu sein.
    Ich stimme mit Ihnen, Herr Professor Erhard, darin überein, daß viele Investitionen in der Privatwirtschaft zu aufwendig gewesen sind und daß wir solche Investitionen nicht fördern sollten. Es gibt aber ein einfaches Mittel, diese Investitionen in der Privatwirtschaft auf das betriebswirtschaftlich Notwendige zu beschränken: wir sollten die überhöhten Steuersätze abschaffen. Es ist doch kein Zweifel darüber, daß unsere Steuerprogression ungewöhnlich hoch ist. Die Träger hoher Einkommen — und das sind im wesentlichen die Firmen — zahlen immer noch Steuersätze, die, wenn ich alles dazuschlage, an 70 % heranreichen. Sie werden verstehen, daß kein Mensch gern so hohe Steuern zahlt. Also ist die Versuchung riesengroß, über Investitionen auch unnötiger Art durch erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten die Steuern zu drücken. Das ist eine ganz zwangsläufige menschliche Reaktion. Wir wollen doch an dem Wesen der Menschen nicht vorbeigehen! Es ist, glaube ich, sehr viel realer, zu sehen, wie der Mensch beschaffen ist, als daß wir hier irgendwelche utopischen Vorstellungen haben. Wenn wir daher die Steuern drastisch senken, wird die Versuchung zu Fehlinvestitionen meiner Meinung nach nicht mehr so stark sein. Da uns Zwangsmaßnahmen nicht zur Verfügung stehen, sollten wir diesen Weg der Steuersenkung gehen. Auch alle diejenigen, die daran nicht teilhaben werden, sollten das notwendige Verständnis für die Richtigkeit dieses Weges aufbringen. Ich glaube daher dem Herrn Finanzminister empfehlen zu sollen, von seinem bisherigen engen fiskalischen Denken abzugehen und etwas mehr die wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten einerseits und die menschlichen Eigentümlchkeiten andererseits zu berücksichtigen.
    Noch ein weiteres Wort zur Frage der Investitionen. Unsere jetzige Lage — das ist hier schon gesagt worden, ich kann es daher kurz machen — ist dadurch gekennzeichnet, daß auf der einen Seite ein Arbeitskräftemangel besteht, auf der andern Seite dieser Arbeitskräftemangel natürlich dazu verleitet, daß man erhöhte Lohnforderungen stellt. Wenn etwas alarmierend ist, dann ist es die Zahl in dem Bericht der Bundesregierung, die besagt, daß im ersten Quartal dieses Jahres eine Lohnsteigerung von 9,9 % stattgefunden hat gegenüber einer echten Produktivitätssteigerung von nur 3,5 %.

    (Abg. Seuffert: Sonst nichts?)

    Ich will diese Zahl gar nicht mal als typisch annehmen. Aber Tatsache ist, daß in dem vergangenen Jahr 1955 insgesamt gesehen die Lohnsteigerung 7,5 % betragen hat und daß die Produktivitätssteigerung nur bei etwa 5,5 % gelegen hat. Es ist selbstverständlich, daß das zu Preissteigerungen führen muß. Wenn die Löhne stärker steigen und damit auch die Kaufkraft stärker steigt als das Warenangebot, die Warenerzeugung, erfolgen notwendigerweise Preissteigerungen.
    Das ist mit einem Wort die gegenwärtige Situation. Da hilft uns kein Rufen nach Preisstopp, kein Rufen nach dem Wirtschaftsstrafgesetz. Wir alle haben eine jahrzehntelange Erfahrung mit solchen Instrumenten. Der Gesetzgeber ist weiß Gott durch noch so drakonische Strafgesetze nicht in der Lage, an dem einfachen Spiel von Angebot und Nachfrage irgend etwas zu regeln. Es gibt in dieser Lage nur einen Weg: wir müssen unsere Gütererzeugung noch verstärken. Ich meine, daß dort noch gewisse Reserven sind. Deswegen vorhin meine Beispiele aus der Ernährungsindustrie, der Textilindustrie usw. Vor uns steht also die Aufgabe, die Investitionen zu differenzieren und sie in stärkerem Umfange in die Konsumgüterindustrie zu lenken.
    Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß wir eine großartige Möglichkeit hätten, hier die unausgenutzten Kapazitäten Berlins ins Spiel zu bringen. Ich glaube, daß das die beste Berlin-Hilfe ist, die dieses Haus unserer Hauptstadt angedeihen lassen kann.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)

    Das ist besser als irgendwelche Subventionen. Ich hoffe daher, daß der Wirtschaftsminister gerade diesem Zusammenhang nachgehen und versuchen wird, die Reserven sowohl an Arbeitskräften als auch an Konsumgüterkapazität der Hauptstadt Berlin ins Spiel zu bringen, aber ohne daß nun ein Abzug von Arbeitskräften aus Berlin nach hier erfolgt; denn das wäre selbstverständlich witzlos. Gerade in dieser Zeit der Hochkonjunktur hätten wir hier eine der verdienstvollsten Aufgaben unserer Wirtschaftspolitik.
    Nachdem Herr Kollege Hellwig hier die großen Gesichtspunkte mit vollkommener Klarheit vorgetragen hat — ich bin ihm nicht gram darum, daß er mir das vorweggenommen hat, sondern sehr dankbar —, möchte ich noch auf einige Einzelheiten eingehen, die mir besonders am Herzen liegen. Das erste ist die Frage der bundeseigenen Betriebe. Wenn ich eingangs gesagt habe, das vielleicht Treffendste, was hier gesagt worden sei, sei, daß wir unsere Lage nicht dramatisieren sollten, so möchte ich nunmehr sagen: das Beste, was der Herr Bundeswirtschaftsminister in seinem Bericht gesagt hat, ist, daß nunmehr das Problem der bundeseigenen Betriebe in einem gewissen Umfang — wie ich bescheiden sage — gelöst werden soll.
    Ich begrüße ausdrücklich, daß der Versuch gemacht werden soll, über Investmentgesellschaften und Klein-Zertifikate den Begriff des Eigentums all den Kreisen des deutschen Volkes wieder nahezubringen, die bislang keine Möglichkeit hatten, direktes Eigentum, sei es an Grund und Boden oder an Hausbesitz, zu erwerben. Ich halte das für einen ausgezeichneten Weg, und es ist wahrscheinlich der einzige Weg, den eine Industriegesellschaft gehen kann.
    Nun genügt es aber glaube ich, nicht, das Problem der bundeseigenen Betriebe mit Hilfe der Investmentgesellschaften zu lösen. Es ist bekannt, daß die Investmentgesellschaften immer nur 5 bis 6 % ihres Kapitals in einem Werk anlegen können. Das würde also, da wir, glaube ich, fünf Invest-


    (Dr. Elbrächter)

    mentgesellschaften haben, bestenfalls zu einer Privatisierung von 25 % der bundeseigenen Betriebe führen.
    Greifen wir doch einmal ein konkretes Beispiel heraus, ein Beispiel, das nicht nur mich, sondern wohl das gesamte deutsche Volk seit langem beschäftigt. Das ist das Beispiel des Volkswagenwerks. Es gibt kein besseres Objekt zur Reprivatisierung als das Volkswagenwerk. Wenn wir das Volkswagenwerk reprivatisieren, wenn wir also heute Kleinaktien etwa im Werte von 50 bis 500 DM ausgeben, dann bin ich überzeugt, daß morgen die Aktien aufgekauft sind, und zwar von den Werktätigen selber. Denn jeder Werktätige, nicht nur die Fahrer von Volkswagen, hat ein Interesse daran, an diesem beispielhaften Werk beteiligt zu sein.
    Nun hat der Herr Bundesfinanzminister, wie heute bereits erwähnt wurde, aus dem fernen Bayreuth einige Torpedos losgelassen. Ich bin nicht mit ihm der Meinung, daß sie ihr Ziel getroffen haben. Der erste Einwand ist, daß selbstverständlich nicht unter Preis verkauft werden dürfe. Wer spricht denn davon? Niemand! Ich war allerdings der Auffassung. daß das Volkswagenwerk nicht gerade eine Milliarde D-Mark wert ist. Aber ich will mich, gern belehren lassen und würde mich freuen, wenn es diesen Wert hätte. Ich darf hier ein Bonmot unseres Kollegen Scharnberg aufgreifen, der einmal gesagt hat, daß ihm beim Herrn Bundesfinanzminister manchmal eine merkwürdige Differenz zwischen Geldwert und Briefwert aufgefallen sei. Wenn ich mich recht erinnere, steht das Volkswagenwerk im Bundesvermögen mit ganzen 60 Millionen DM zu Buch. Ich hatte mir vorgestellt, daß es wahrscheinlich einen Betrag von 600 bis 800 Millionen DM wert sei. Aber nehmen wir an, es sei eine Milliarde; wir wollen uns nicht darüber streiten. Der Einwand, daß wir unter Preis verkaufen wollten, trifft einfach nicht zu. Der Preis wird durch den Marktwert der Aktien bestimmt.
    Der zweite Einwand: Überfremdung. Ich glaube nicht, daß eine ausländische Überfremdung so gefahrdrahend ist. Gerade im Zeichen des gemeinsamen Marktes sollte uns das nicht so schwer drücken. Aber zugegeben, auch ich bin der Auffassung, daß wir kein Interesse daran haben, daß große Kapitalgruppen ausländischer oder inländischer Provenienz eine Überfremdung vornehmen. Nun, Herr Bundesfinanzminister — es gibt doch einen sehr einfachen Weg, das zu verhindern. Sie brauchen doch nur 50 oder 60 % der Aktien als vinkulierte Namensaktien auszugeben; d. h. auf deutsch gesagt, daß die Veräußerung der Aktien nur mit der Zustimmung der Geschäftsleitung möglich ist; dann wissen Sie ganz genau, daß eine Überfremdung durch unerwünschte Aufkäufer nicht möglich ist. — Also der Einwand sticht bestimmt nicht.
    Eine Veräußerung eines solchen bundeseigenen Betriebes — es wird nicht der erste und wird hoffentlich nicht der letzte sein - hätte einen großen Vorzug gerade in der jetzigen konjunkturpolitischen Lage; und deswegen bringe ich ihn als Beispiel. Er würde bedeuten, daß die Konsumkraft um mindestens 1 Milliarde DM — wenn wir den Kaufpreis akzeptieren — abgeschöpft wird. Denn wenn jemand Aktien kauft, kann er das Geld nicht für Konsumgüter ausgeben. Diese Aktien würden zweifellos auf dem Kapitalmarkt angelegt werden können.
    Ich habe vergessen, vorhin bei den Einwänden des Herrn Bundesfinanzministers einen dritten aufzuzählen. Das ist die Frage des Eigentums. Nun, der ist am wenigsten überzeugend. Wenn wir den Erlös aufteilen zwischen den vermutlichen Eigentümern — sei es der Bund, sei es das Land Niedersachsen ganz oder teilweise —, spielt es gar keine Rolle, ob das Objekt als Fabrik dasteht oder der Gegenwert in Form des Erlöses der Aktien. Dieser Einwand geht also meiner Meinung nach völlig daneben.
    Ich glaube also, daß wir hier wirklich sowohl aus dem Begriff des Eigentums, den wir ja alle, soweit wir der Koalition angehören, unterstützen, als auch aus der gegenwärtigen konjunkturpolitischen Lage diesen Versuch machen sollten, unnötige Kaufkraft abzuschöpfen.
    Ich mache Ihnen diesen Vorschlag deswegen, weil im Augenblick noch die große Sorge besteht, daß wir durch Lohnsteigerungen — ich weiß nicht, ob wir sie verhindern können; Herr Kollege Hellwig hat das Seinige dazu gesagt, ich will das nicht wiederholen — und durch Rentensteigerungen voraussichtlich eine Kaufkrafterhöhung um rund 8 Milliarden DM haben werden, ohne daß ein entsprechend großes Warenangebot dagegensteht.
    Nun ist der Vorschlag gemacht worden — volkswirtschaftlich durchaus richtig —: „Nun, dann drosseln wir die Exporte." Selbstverständlich wirken sich die Exporterlöse preissteigernd aus; sie bringen über die Löhne Kaufkraft, ohne daß eine entsprechende Warenmenge dagegensteht, weil die Warenmenge ja ins Ausland gegangen ist.
    Ich bin der Auffassung, daß die Exportdrosselung der schlechteste Weg wäre, und freue mich, daß auch der Bundeswirtschaftsminister darauf hingewiesen hat, daß nicht daran gedacht werden könne, in der gegenwärtigen deutschen Lage den Export als solchen zu drosseln. Ich bin mit ihm einer Meinung, daß wir keine Subventionierung des Exports mehr vornehmen dürfen. Eine solche wäre auch unfair gegenüber unseren Handelspartnern. Aber den Export selber auch nur im geringsten aus innerwirtschaftlichen Gründen zu drosseln, wäre nach meiner Auffassung Selbstmord. Wir wollen doch eine Grundtatsache nicht vergessen; das ist die, daß Deutschland so gut wie gar keine eigenen Rohstoffe hat, daß es also, wenn es seinen hohen Standard halten will, darauf angewiesen ist, industrielle Rohstoffe und auch Ernährungsgüter aus dem ausländischen Markt hereinzunehmen. Das kann es nur, wenn die deutsche Wirtschaft in der Lage ist, mit Devisen zu bezahlen; und das können wir nur, wenn wir unsere aus den Rohstoffen gefertigten Fertigerzeugnisse wieder dem Ausland zur Verfügung stellen. Ich glaube, daß an dieser Binsenwahrheit niemand vorbeigehen kann. Es wäre verhängnisvoll, in der gegenwärtigen Situation einen anderen Weg zu beschreiten. Denn das ist sicher — die Erfahrungen von zwei Weltkriegen haben uns das gelehrt —: es ist unheimlich schwer, auf dem Weltmarkt wieder Fuß zu fassen. Wir haben Glück gehabt, daß unsere Wirtschaft nach Ausbruch der Koreakrise in einem so ungewöhnlichen Maße wieder auf dem Weltmarkt hat Fuß fassen können. Ich glaube, diese Grundtatsache sollte nicht vergessen werden.
    Ich komme zu einem anderen Problem: Steuern und Kapitalmarkt. Ich begrüße ausdrücklich, daß


    (Dr. Elbrächter)

    in der Regierungsvorlage vorgeschlagen ist, den Kapitalmarkt zu fördern. Wer 10 % seines Einkommens spart, soll 5 % von der Steuer absetzen können. Ich hätte allerdings gewünscht, daß dieser Satz höher wäre, zumindest 20 % und 10 %. Das würde eine viel wirksamere Hilfe sein. Unsere Wirtschaft ist, wie ich eingangs gesagt habe, dadurch charakterisiert, daß der Kapitalmarkt nicht in Ordnung ist. Es ist bekannt, daß wir seit Monaten überhaupt keinen Kapitalmarkt mehr haben. Wenn wir diesen Kardinalfehler unserer wirtschaftlichen Situation beheben wollen, müssen wir Maßnahmen zur Stärkung des Kapitalmarkts treffen. Das kann man nur durch Steuersenkungen einerseits und durch direkte Förderungen andererseits auf dem Wege, den die Bundesregierung vorsieht. Aber ich glaube, daß dieser Kompromiß, der zwischen Wirtschaftsminister und Finanzminister geschlossen worden ist, ein zu kläglicher Kompromiß ist und daß die Quote wesentlich heraufgesetzt werden muß.
    Ich komme auf einen weiteren Punkt, über den in der Regierungserklärung noch nicht gesprochen worden ist, der aber im Zusammenhang mit dem vorherigen steht, mit dem Sparen. Unsere jetzige Situation ist auch deswegen so ernst, weil die Sparquote dauernd zurückgeht. Daß sie zurückgeht, mag zum Teil daran liegen, daß wir aus einer falschen Psychologie unseren Staatsbürgern ewig von einer Inflation erzählt haben. Ich bin dem Kollegen Scheel, der jetzt in Opposition zur Regierung steht, sehr dankbar, daß er gleich zu Beginn darauf hingewiesen hat, daß von einer Inflation überhaupt nicht die Rede sein kann, wenn auch Preissteigerungen auf der ganzen Linie von 2 bis 3, sagen wir selbst 5 % im letzten Jahr vorgekommen sind. Von einer Inflation kann man dann weiß Gott nicht reden. Wie unsinnig das Gerede von der Inflation ist, geht doch am besten aus der Bemerkung hervor, daß wir eigentlich vor dem Problem der Aufwertung stehen, daß wir, international gesehen, im Grunde genommen einen viel zu niedrigen Kurs haben, daß wir das Verhältnis zwischen D-Mark und Dollar aufwerten müssen. Das ist doch genau das Gegenteil von Inflation. Ich glaube, das sollte auch ganz klar ausgesprochen werden.
    Aber die Tatsache bleibt bestehen, daß die Sparrate zurückgegangen ist, wahrscheinlich nicht nur durch das Gerede von der Inflation, sondern auch deswegen, weil erst jetzt der Konsument dem Druck, dem Anreiz zum Konsum, der auch aus unserer amtlichen Wirtschaftspolitik hervorgeht, allmählich folgt. Da sehen Sie, wie schwerfällig im Grunde genommen die Menschen reagieren. Eine Parole, die vor drei Jahren sicherlich noch richtig war, kommt jetzt bei den Konsumenten allmählich an, mit einer Spätzündung, wenn Sie wollen, und jetzt hat sie konjunkturpolitisch gerade den ungünstigsten Effekt. Es kommen nicht genug Gelder auf den Kapitalmarkt. Das Ergebnis ist wahrscheinlich, daß wir den Wohnungsbau gefährden, weil die Sparkassen nicht mehr in der Lage sind, erste Hypotheken im gewünschten Umfange auszuzahlen. Es ist daher dringend nötig, daß wir das Sparen fördern.
    Nun frage ich die Regierung: Glaubt sie, daß der Wille zum Sparen gefördert wird, wenn wir bei einer Rentenreform eine automatische Koppelung mit den Löhnen vornehmen und Renten in einer Höhe gewähren wollen, die jedem Arbeitnehmer den Gedanken nahelegt: Wozu soll ich noch sparen? Für mein Alter ist ja regierungsseitig gesorgt. Mir kann nichts passieren; ich bin über alle Inflationsgefahren hinaus.

    (Zustimmung bei der DP.)

    Also gespart wird nicht mehr, es wird nur noch konsumiert. Das ist doch ein verhängnisvoller Kreislauf. Ich glaube, daß hier der Herr Bundeswirtschaftsminister seinem Kollegen aus dem Arbeitsministerium nicht den auf volkswirtschaftliche Erkenntnisse gegründeten Druck entgegengesetzt hat. Ich fühle mich verpflichtet, auf diese Zusammenhänge in diesem Rahmen hinzuweisen; das andere wird die morgige Rentendebatte ergeben.

    (Beifall bei der DP.)

    Das bedeutet nicht, daß meine Freunde von der Deutschen Partei etwa gegen Rentenerhöhungen sind. Wir wenden uns nur gegen ein volkswirtschaftlich nicht vertretbares Maß und gegen eine automatische Bindung an Löhne statt einer alleinigen Bindung an die Produktivitätsquote, die ein vergleichsweise objektiver Maßstab ist. Ich darf daran erinnern, daß ich ähnliche Vorschläge in diesem Hause schon wiederholt gemacht habe. Wir sind daher konsequent, wenn wir dem Regierungsentwurf in diesem Punkt nicht zustimmen.
    Nun komme ich zu dem Problem Konjunkturbeirat. Ich bin kein Freund von Institutionen. Ich glaube, daß wir in dem Wirtschaftskabinett ein Instrument haben, das die Aufgabe eines Konjunkturbeirats lösen kann. Wünschenswert wäre natürlich — Herr Kollege Hellwig hat es auch gesagt —, daß wir die amerikanischen Erfahrungen benutzten, daß wir so etwas wie einen brain trust von Wirtschaftswissenschaftlern schaffen, der der Regierung zur Verfügung steht. Aber das hilft alles nicht, wenn wir nicht in der Lage sind, den Trend unserer wirtschaftlichen Entwicklung rechtzeitig zu erkennen. Ich unterstütze daher die Ansicht von Kollegen Hellwig. Wir brauchen ein ökonometrisches Institut, wo mit Hilfe der modernsten Elektronenrechenmaschinen die Veränderungen volkswirtschaftlicher Daten so kurzfristig wie möglich erfaßt werden, damit man nicht mehr nur auf die psychologische Beeinflussung des Konsumenten angewiesen ist, sondern rechtzeitig konkrete Maßnahmen planen kann.
    Nun kann es sein, daß wir auf Grund von Ereignissen auf dem Weltmarkt, die wir gar nicht beeinflussen können, in eine gewisse recession, also in ein Konjunkturtal kommen. Wenn wir die Konjunkturzyklen richtig ausgleichen wollen, müssen wir rechtzeitig Maßnahmen bereit haben. Das Parlament ist meines Erachtens zu schwerfällig, rechtzeitig konjunkturpolitisch notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Wir müssen also, um für diesen Fall gerüstet zu sein, einen Reservehaushalt haben und die Bundesregierung ermächtigen, im Einvernehmen mit der Bank deutscher Länder aus Mitteln dieses Haushalts zur Steuerung der Konjunkturzyklen konjunkturpolitisch notwendige Ausgaben zu machen, ohne daß der schwerfällige Weg über das Parlament beschritten wird. Ich glaube, das ist ein vernünftiger Lösungsvorschlag; die spätere Diskussion wird das noch zeigen.
    Ich darf zum Schluß wieder einmal die Ausgabe des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts vom Juni zitieren. Dort wird im ersten Absatz des einleitenden Aufsatzes folgendes gesagt:
    Die westdeutsche Wirtschaft hat heute alle
    Chancen, das reale Wachstum fortzusetzen,
    allerdings unter der einen Bedingung, daß alle


    (Dr. Elbrächter)

    Beteiligten sich wirtschaftspolitisch richtig verhalten.
    Darüber, was wirtschaftspolitisch richtig ist, setzt die Diskussion ein. Ich darf in wenigen Punkten ganz kurz zusammenfassen, was meine Freunde unter einem wirtschaftspolitisch richtigen Verhalten verstanden wissen wollen.
    Das erste ist natürlich eine richtige Preispolitik. Man muß der Versuchung widerstehen — der Appell geht im wesentlichen an die Unternehmer —, aus der jetzigen günstigen Konjunkturlage Gewinne erzielen zu wollen, die nicht berechtigt sind. Das ist ein ernstes Anliegen. Gerade in diesen Kreisen sollte soviel wirtschaftspolitische Einsicht vorhanden sein, daß dieser Appell nicht ins Leere geht.
    Das zweite betrifft die Gegenseite bzw. die Löhne der Arbeiter. Ich bin der Überzeugung, daß wir einen Lohnstopp nicht einführen sollten und nicht einführen können. Wir haben damit zu schlechte Erfahrungen gemacht. Der Lohnstopp ist nicht notwendig. Es gibt für das Maß der Lohnsteigerung einen ganz objektiven Maßstab, der allerdings nicht ganz einfach anzuwenden ist: das ist die Produktivitätssteigerung. Wenn wir die Löhne nur im Rahmen der Produktivitätssteigerung erhöhen, dann besteht volkswirtschaftlich und währungspolitisch absolut keine Gefahr. Das bedeutet selbstverständlich auch eine gewisse Mäßigung in der Frage der Verkürzung der Arbeitszeit, denn sie steht damit im Zusammenhang.
    Zu einem wirtschaftspolitisch richtigen Verhalten gehört weiter, daß das Verhältnis der Steuern zu den Investitionen richtig gestaltet wird, d. h. daß man nicht durch überhöhte Steuern die Investitionstätigkeit anreizt.
    Ferner gehört dazu, daß wir die Exporterlöse richtig verwenden. Ich habe mich zuvor schon gegen eine Verringerung der Exporte ausgesprochen. Eine volkswirtschaftlich unerwünschte Wirkung der Exporterlöse ließe sich nach Meinung meiner politischen Freunde dadurch verhindern, daß wir die Exporterlöse, die jetzt in Form der Währungsreserven in Höhe von 14 Milliarden DM an Gold und Devisen vorliegen, dazu verwendeten, unsere Schuldverpflichtungen gegenüber dem Ausland zu erfüllen. Wir sehen uns immer nur als Gläubiger in bezug auf die Länder, nach denen wir exportieren. Wir sehen aber niemals, daß wir von früher her Schulden haben, die rund 25 Milliarden DM betragen. Es wäre daher sinnvoll, wenn wir die einmalige günstige Situation unserer Währungsreserven und unseres Exports dazu benutzten, endlich diese Verpflichtungen, die wir übernommen und anerkannt haben, einzulösen. Das würde uns meiner Meinung nach auch endlich den Zutritt zum internationalen Kapitalmarkt sichern. Solange wir ein so schlechter Schuldner sind, so lange wird uns kein Mensch nennenswerte Kapitalien zur Verfügung stellen. Diese Konsequenz muß einmal ganz deutlich gesehen werden.
    Ich will über die Frage der Importe nicht mehr sprechen; dazu ist schon zuviel gesagt worden.
    Über die Frage der Sozialpolitik im Zusammenhang mit der Wirtschaftspolitik habe ich bereits gesprochen.
    Ich glaube also sagen zu können, daß wir absolut keinen Grund haben, unsere wirtschaftspolitische Situation irgendwie zu dramatisieren. Wir haben keinen Anlaß, sie zu bagatellisieren; aber bei vernünftigem wirtschaftspolitischen Verhalten können wir getrost in die Zukunft blicken. Die Ergebnisse der Produktivitätssteigerung in den uns benachbarten Ländern und in Amerika sollten uns eigentlich sehr hoffnungsvoll stimmen.
    Lassen Sie mich zum Schluß noch eines sagen. So sehr ich davon überzeugt bin, daß die Wirtschaftspolitik in Deutschland noch längst nicht am Rande ihrer Möglichkeiten ist, daß wir also unser Sozialprodukt, den Standard des einzelnen Menschen ganz erheblich steigern können, so daß in wenigen Jahren von einer wirklichen materiellen Not deutscher Menschen nicht mehr gesprochen werden kann, sollte doch in allen wirtschaftspolitischen Diskussionen auf eine Grenze unserer Wirtschaftspolitik hingewiesen werden: Das Glück der Menschen macht der wirtschaftliche, materielle Standard nicht aus. Das ist eine Frage, die die Wirtschaftspolitik nicht lösen kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ehe ich das Wort weitergebe, erinnere ich das Haus an einen Satz, der in § 39 der Geschäftsordnung steht:
Der einzelne Redner soll nicht länger als eine Stunde sprechen.
Das ist keine Muß-Vorschrift — ich mache darauf aufmerksam —, sondern eine Soll-Vorschrift: „soll nicht länger als eine Stunde reden".

(Zustimmung.)

Zweitens schlage ich Ihnen vor, daß wir die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung:
2. Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung eines stetigen Wachstums der Gesamtwirtschaft (Drucksache 2428) und
3. Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Industrieansiedlung in den Förderungsgebieten und zur Beseitigung der strukturellen Arbeitslosigkeit (Drucksache 2524),
mit der Beratung des Punktes 1 verbinden. Ich nehme an, daß diese Probleme doch in der allgemeinen Aussprache mit zur Sprache kommen.

(Abg. Dr. Deist: Auch Punkt 4 kann mit der Beratung von Punkt 1 verbunden werden!)

— Punkt 4 auch?

(Zustimmung.)

— Ich nehme also an, meine Damen und Herren, daß Sie damit einverstanden sind, wenn Punkt 2 — Drucksache 2428 —, Punkt 3 — Drucksache 2524 — und Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Abzahlungsgeschäfte (Drucksache 2522),
mit der Beratung des Punktes 1 in der jetzigen Aussprache verbunden werden.
Ich gebe das Wort weiter. Als nächster Redner spricht Herr Abgeordneter Dr. Deist.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Deist


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich werde mich bemühen, der SollVorschrift des Herrn Präsidenten Rechnung zu tragen, obwohl es verhältnismäßig schwer ist, auf einen Diskussionsredner, der einundeinhalb Stunden gesprochen hat, auf eine Regierungserklärung von einer Stunde zu antworten und zu gleicher Zeit, in derselben Frist von einer Stunde, auch noch den Entschließungsantrag der Sozialdemokratie zu begründen. Ich werde mich aber bemühen und bitte um Entschuldigung, falls es nicht ganz glücken sollte.
    An dem Diskussionsbeitrag des Herrn Kollegen Hellwig schienen mir drei Tatsachen bemerkenswert. Zunächst einmal die erste. Er stellte fest, was zweifellos richtig ist, daß die Wirtschaftswissenschaft in der Vergangenheit, insbesondere in letzter Zeit, nicht zu einer einheitlichen Beurteilung der konjunkturpolitischen Situation gekommen sei, und er zog daraus den Schluß, daß man infolgedessen auch den Politikern, den Ministern keinen Vorwurf deswegen machen könne, daß sie im Hinblick auf die konjunkturpolitische Beurteilung auch nicht einer Meinung seien.
    Meine Damen und Herren, das ist eine gefährliche These. Sie könnte dazu beitragen, daß die Untätigkeit des Bundeswirtschaftsministeriums und der Bundesregierung auf diese Weise entschuldigt wird. Letzten Endes ist es nicht die Aufgabe der Regierung, der Vollstreckungsbeamte wirtschaftswissenschaftlicher Institute zu sein, sondern Aufgabe der Regierung ist es, unabhängig davon, ob Fragen wirtschaftswissenschaftlich geklärt sind, die politischen Entscheidungen zu treffen, die notwendig sind. Und gerade das hatten wir in dem letzten halben Jahr oder in den letzten acht Monaten vermißt.
    Ich möchte noch eine zweite Bemerkung an die Darlegungen des Herrn Kollegen Hellwig anschließen. Bei seiner Analyse der wirtschaftlichen Situation sprach er davon, daß wir letzten Endes keine Überhitzung in der Konsumgüterindustrie hätten. Er kam dann darauf, daß wir auch keine zu hohe Investitionsrate hätten. Und letzten Endes war nicht recht klar, ob wir eigentlich einen ganz normalen Wirtschaftsablauf haben oder ob nicht doch irgendwo etwas in der wirtschaftlichen Entwicklung zu wünschen übrigläßt.
    Damit komme ich zu einer dritten Bemerkung. Es ist sicherlich richtig, wenn Herr Kollege Hellwig sagt, wir sollten uns davor hüten, Tatbestände zu generalisieren. Aber man darf nun auch nicht alles so weit differenzieren, daß man letzten Endes den gesamten Überblick über die Dinge verliert und nicht mehr recht weiß, welches denn nun eigentlich die entscheidenden Daten der wirtschaftspolitischen Entwicklung sind, die zu beachten sind. Wenn man so vorgeht, dann führt das naturgemäß dazu, daß man vor lauter Relativierung der verschiedenen vorhandenen Tatbestände nicht mehr zu einer politischen Entscheidung kommt.
    Deshalb scheint es mir doch wichtig zu sein, einmal zu versuchen, sich die kennzeichnenden Tatsachen der augenblicklichen wirtschaftspolitischen Situation klarzumachen, weil man nämlich erst dann erstens ein Urteil über die Regierungserklärung und ihren Wert und zweitens auch ein Urteil über seine eigenen Vorstellungen von der Konjunkturpolitik erhalten kann. Bei allen Stellen bis auf die Regierungserklärung — ich spreche von den Berichten der Bank deutscher Länder und vor allen Dingen von den Lage-Berichten des Bundeswirtschaftsministers — war man sich darüber einig, daß wir es jedenfalls mit einer ernsten Situation zu tun haben, auch wenn sich jeder davon fernhält, die Lage zu dramatisieren. Das Ergebnis aller Untersuchungen war, daß die Preiserhöhungen ein wichtiges Indiz dafür sind, daß Angebot und Nachfrage sich bei uns seit langem nicht mehr decken und daher die entscheidenden Schwierigkeiten kommen. Mir scheint wichtig zu sein, daß man sich die Tatbestände, die zu dieser Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage geführt haben, einmal kurz vor Augen hält.
    Der erste Punkt befaßt sich mit einer Frage, die der Herr Kollege Hellwig behandelt hat. Es ist sicher richtig, daß die Konsumgüterindustrie im Laufe der letzten sechs bis acht Monate aufgeholt hat und wir in der Konsumgüterindustrie eine bessere Beschäftigung haben, obwohl das nur relativ und nur beschränkt richtig ist.
    Mir scheint, wir sollten über dieser Feststellung eines nicht übersehen, daß nämlich der Produktionsindex der Investitionsgüterindustrie stets über dem Durchschnittsindex der Industrieentwicklung lag, und zwar wie folgt: 1954 19 %, 1955 27 %, erstes Halbjahr 1956 34 %.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Diskrepanz hat sich also erweitert. Die Konsumgüterindustrie — sie ist das Gegenstück — lag unter dem Durchschnitt der Gesamtindustrie: im Jahre 1954 minus 4 %, im Jahre 1955 minus 7 %, im ersten Vierteljahr 1956 minus 5 %. Der Abstand der Entwicklung der Konsumgüterindustrie von der aufsteigenden Entwicklung der Investitionsgüterindustrie hat sich also erhöht.

    (Abg. Dr. Hellwig: Und die Exportnachfrage? Sie ist für den Index der Investitionsgüterindustrie ganz wesentlich!)

    — Darauf komme ich gleich. Ich stelle zunächst nur diesen Tatbestand fest. Er scheint mir wichtig zu sein.
    Zum zweiten zur Investitionsgüterindustrie, Herr Kollege Hellwig. Sie hat im April 1956 mit einem Index von 281 % bereits wieder fast den Höchststand der Produktion vom November 1955 erreicht. Die Konsumgüterindustrie hat in den ersten vier Monaten dieses Jahres um 10 % unter dem Höchststand des in den Monaten September bis November 1955 ermittelten Index gelegen. Was sich daraus ergibt, ist für die Steuerpolitik und für die Investitionspolitik sowie für sämtliche anderen Maßnahmen von entscheidender Bedeutung. Die Spannungen, die wir in der Wirtschaft zu verzeichnen haben, liegen, wenn sich die Akzente auch etwas verändert haben, auch heute noch in der Entwicklung der Investitionsgüterindustrie begründet, während in weiten Bereichen der Konsumgüterindustrie, wenn auch nicht mehr in demselben Umfang wie im Sommer vergangenen Jahres — das hat Herr Dr. Hellwig mit seinen Zahlen selbst angegeben —, erhebliche Kapazitätsreserven bestehen. Wir haben allerdings einen Bereich, der sehr stark zunimmt, z. B. die Bekleidungsindustrie. Das ist vielleicht darauf zurückzuführen, daß diese Industrie in letzter Zeit umfangreiche Großaufträge der Bundeswehr bekommen hat. Wir wissen aber auch, daß z. B. im Zen-


    (Dr. Deist)

    trum der Schuhindustrie in der Pfalz in 60 Fabriken noch 2000 Arbeiter in Kurzarbeit stehen.
    Wir müssen daher das Hauptaugenmerk der konjunkturpolitischen Überlegungen zur Zeit auf diese Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage in der Investitionsgüterindustrie legen. Die Situation in der Verbrauchsgüterindustrie hat noch nicht den Spannungsgrad wie in der Investitionsgüterindustrie erreicht. Das scheint mir die erste wichtige Erkenntnis zu sein.
    Das zweite Hauptproblem, die Situation des Außenhandels, ist vom Herrn Bundeswirtschaftsminister in seinen Darlegungen näher gekennzeichnet worden. Wir haben in den ersten fünf Monaten des Jahres 1956 bereits wieder einen Exportüberschuß, der fast genau so hoch ist wie der Exportüberschuß des ganzen Jahres 1955, nämlich 1,1 Milliarden gegen 1,2 Milliarden, und das in fünf Monaten. Der Überschuß zeigt steigende Tendenz. Ich glaube, sowohl die Bank deutscher Länder als auch der Herr Bundeswirtschaftsminister haben in ihren Lageberichten sehr zutreffend ausgeführt, daß das handelspolitisch ein höchst unerwünschter Zustand ist. Wir wissen alle, daß die Umstellung auf Wertzölle im Oktober des Jahres 1951 zu einem überhöhten Zollniveau geführt hat. Diese Erhöhungen waren seinerzeit als Kampfmaßnahme gedacht, weil wir meinten, in den Zollverhandlungen beim GATT Handelsmöglichkeiten zu haben. Letzten Endes sind wir schon in Torquay auf diesen überhöhten Zöllen sitzengeblieben. Auch aus diesen Gründen sollten wir die Notwendigkeit einsehen, auf dem Gebiete der Handelspolitik und des Zollniveaus entscheidende Änderungen vorzunehmen.
    Vielleicht darf ich auch daran erinnern, daß z. B. hohe Beamte der OEEC der Bundesregierung offiziell — oder vielleicht auch offiziös — mitgeteilt haben, daß es dringend notwendig sei, von dem überhöhten Zollniveau herunterzukommen, weil sonst die hohe Liberalisierung im OEEC-
    Raum gefährdet werde.
    Ich brauche dann nur noch hinzufügen, daß dieser Zustand konjunkturpolitisch ebenso wie handelspolitisch nicht nur unerwünscht, sondern gefährlich ist. Er bringt nämlich auf der einen Seite eine Geldvermehrung in Höhe des Exportüberschusses und auf der anderen Seite ein geringeres Angebot auf dem Inlandsmarkt, weil eben der Exportüberschuß in das Ausland geht, ohne daß entsprechende Waren wieder in das Inland hereinkommen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, die Konsequenz kann nur sein, daß auf dem Gebiete der Handelspolitik, insbesondere durch Zollherabsetzung, ganz Entscheidendes geschehen muß, wenn diese Diskrepanz beseitigt werden soll.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dann ein drittes Problem: die Nachfrageseite. Vor uns stehen Rentenerhöhungen. Nach dem Regierungsentwurf, wenn ich mich recht erinnere, von etwa 21/2 bis 3 Milliarden DM, nach dem Vorschlag der Sozialdemokratie von etwa 4 Milliarden DM. Wir haben Steuersenkungen in Aussicht genommen, die ebenfalls Milliardengröße annehmen. Ich glaube, jeder ist sich darüber im klaren, daß es sich hier um die Schaffung neuer Nachfrage handelt, die sich in diesem Falle in erster Linie auf Konsumgüter erstrecken wird.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Daneben kommt von der Nachfrageseite mit großer Gewalt der Aufbau der Rüstungswirtschaft auf uns zu. Meine Damen und Herren, ich glaube, hier brauche ich nicht zu betonen, daß es für die Beurteilung der wirtschaftlichen Folgen der Aufrüstung nicht darauf ankommt, wieviel effektive Ausgaben aus der Staatskasse bereits gemacht werden oder wievel im Haushaltsplan bereits bewilligt sind. Entscheidend ist, daß bereits wichtige große Grundsatzbeschlüsse gefaßt worden sind:

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    ein Grundsatzbeschluß über den Aufbau der Flugzeugindustrie, ein Grundsatzbeschluß über das Marineprogramm, ein Grundsatzbeschluß über das Fahrzeugprogramm, ein Grundsatzbeschluß über das Panzerprogramm usw. usw. Meine Damen und Herren, das sind Programme, die insgesamt wiederum mehrere Milliarden zum Gegenstand haben, und jeder Unternehmer in Deutschland, der für Rüstungsaufträge dieser Art in Frage kommt, weiß bereits heute, daß die Bundesregierung selbstverständlich in diesem Bundestage eine gehorsame Mehrheit findet, die diese Beschlüsse durchführen wird. Infolgedessen gehen diese Unternehmungen bereits heute daran, ihre Betriebe entsprechend einzurichten, zu investieren, sich auf Kredit entsprechende Vorräte zu beschaffen und Fachkräfte zu horten.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Das ist der wichtige konjunkturpolitische Aspekt der Rüstungswirtschaft, daß hier, ohne daß überhaupt etwas aus dem Haushalt ausgegeben wird, Nachfrage bereits in Riesenausmaßen vorweggenommen wird. Im übrigen handelt es sich um Nachfrage nach Investitionen, die niemals eine Güterproduktion zum Gegenstand haben werden, die später einmal als Angebot auf den Markt kommt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ein vierter Gesichtspunkt scheint mir wichtig zu sein. Ich bedaure außerordentlich, daß, ich glaube, weder der Herr Kollege Hellwig noch die Erklärung der Bundesregierung auf diesen wichtigen Punkt eingegangen ist. Das sind die Kassenreserven des Bundes.

    (Abg. Mellies: Sehr richtig!)

    Wir wissen, daß diese Kassenreserven, der sogenannte Juliusturm, zirka 7 Milliarden DM betragen. Diese 7 Milliarden sind aus dem Geldkreislauf im Laufe der letzten Jahre ausgeschieden und nicht als Nachfrage aufgetreten. Ich will nicht davon sprechen, daß das eine gigantische Fehlleistung unserer Steuerpolitik ist. Denn diese Mittel hätten uns auf der einen Seite gut angestanden für Investitionszwecke der Wirtschaft zu einer Zeit, als wir noch nicht diese Hochkonjunktur hatten, und zum anderen zu einer Rentenaufbesserung in einer Zeit, als sie dringend notwendig gewesen wäre und wir sie ohne Schwierigkeiten hätten durchführen können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Hier handelt es sich — und das scheint mir bei der Aufgabenverteilung und Verantwortungsteilung, die die Bundesregierung in letzter Zeit übt, wichtig zu sein — doch nicht nur um einen Fehler des Herrn Bundesfinanzministers. Die Bundesregierung — das muß ich unterstellen — hat doch wohl


    (Dr. Deist)

    genau gewußt, was in diesen Jahren geschah. Wenn ich die Dinge richtig sehe, hat man geglaubt, hier wie ein guter Hausvater Milliarden aufsparen zu können, um damit eines schönen Tages Rüstungsaufwendungen zu bezahlen, ohne daß das deutsche Volk merkt, wie hoch diese Rüstungsaufwendungen sind.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Da gibt es eine Gesamtverantwortung der Bundesregierung, die alle Mitglieder auf der Regierungsbank bis zum Bundeskanzler hin umfaßt.
    Ich will jetzt nicht untersuchen, inwieweit diese Stillegung von öffentlichen Geldern wieder durch Kreditschöpfung wettgemacht worden ist. Sicher ist jedenfalls, daß ein Teil dieser Mittel nicht durch Kreditschöpfung wettgemacht, sondern sterilisiert und damit der Nachfrage entzogen worden ist. Daraus ergibt sich eines: der Teil des Steueraufkommens, der nicht in den Juliusturm kommt und dort sterilisiert wird, wird in Zukunft bereits zusätzlich als Kaufkraft und Nachfrage auf dem Markt erscheinen.
    Aber das Wichtigste ist doch wohl, daß jeder Betrag, der aus diesen Kassenreserven genommen wird und auf dem Binnenmarkt als Nachfrage erscheint, genau so viel oder genau so wenig wert ist wie eine Geldschöpfung, eine Schöpfung von Kaufkraft und Nachfrage ohne das entsprechende Güterangebot. Da gibt es nur eine Konsequenz, und ich bedaure sehr, daß sie nicht gezogen worden ist: Keine Ausgaben aus dem Juliusturm, aus den Kassenreserven dürfen auf den inländischen Markt kommen, sei es für Zwecke der Rüstungswirtschaft, sei es auch für Stationierungskosten. Es gibt für die Gelder aus dem Juliusturm genügend andere Verwendungsmöglichkeiten, die konjunkturpolitisch nicht gefährlich sind. Ich denke an die Tilgung von Auslandsschulden, an den Rückkauf von Ausgleichsforderungen und an Einfuhr. Aber entscheidend bleibt: diese Mittel dürfen nicht auf den inneren Markt kommen.
    Wenn ich mir jetzt das Programm der Bundesregierung nach diesen vier Punkten ansehe, muß ich sagen: es ist außerordentlich schwierig, in diesem Regierungsprogramm konkrete Maßnahmen zu erkennen. Das Programm ist anspruchsvoller als das vom Oktober. Es hat fünf Abschnitte und 24 Punkte, während das Programm vom Oktober sich mit 11 Punkten begnügte. Aber wenn man die Dinge kritisch betrachtet, ergibt sich: es sind doch sehr viel unverbindliche Meinungsäußerungen und sehr viel ebenso unverbindliche gute Ratschläge in ihnen enthalten. Ich will kurz das Programm durchgehen.
    Punkt 1 ist psychologisch — Psychologie ist die starke Seite dieser Bundesregierung — außerordentlich interessant. Er stellt nämlich den Verzicht auf eine konkrete konjunkturpolitische Maßnahme dar. So fängt das Konjunkturprogramm an: Unter der ersten Ziffer wird gesagt, daß die steuerliche Begünstigung der Abschreibungen erhebliche Investitionsimpulse nach sich ziehe und daß das infolgedessen konjunkturpolitisch sehr gefährlich sei. Wer sich nicht so leise über die Gefahr hinwegtäuschen lassen will, der lese den Bericht der Bank deutscher Länder durch. Da wird nämlich wesentlich deutlicher gesagt, was diese degressiven Abschreibungen zu bedeuten haben. Und da sagt der Bundeswirtschaftsminister in seiner Regierungserklärung, daß er zur Zeit auf diesem wichtigen Gebiet, wenigstens zunächst einmal, nichts tun wolle! Das ist der Beginn des konjunkturpolitischen Programms der Bundesregierung.

    (Zuruf des Abg. Atzenroth.)

    — Das scheint mir auch, daß das konjunkturpolitisch gesehen ein höchst „positives" Programm ist. Ich weiß nicht, Herr Atzenroth, man kann über vieles verschiedener Meinung sein. Aber ich glaube, es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß durch diese erhöhten zusätzlichen Abschreibungen die Gewinnlage der Unternehmungen und damit ihre Investitionsbereitschaft außerordentlich gestärkt wird. Das aber können wir heute nicht wünschen.
    In dem zweiten Punkt befaßt sich das Programm mit den öffentlichen Investitionen. Von den öffentlichen Baugeldern sollen 10 % einbehalten werden, soweit nicht eine Freigabe erfolgt ist, ausgenommen Wohnungsbau und Rüstungsbau. — Meine Damen und Herren, darf ich mal fragen, was dann noch übrig bleibt?

    (Zuruf von der SPD: Ministerien!)

    Ich sehe einmal ab von Ministerien, Verwaltungsbauten und Repräsentationsbauten, die wir auch eingeschränkt haben möchten, schon wegen der psychologischen Bedeutung.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber materiell hängt in diesen Verwaltungsbauten nicht allzuviel. Und was bleibt dann übrig? Dann bleibt als einziges Objekt der Kürzung von 10 % der Straßenbau übrig. Meine Damen und Herren, ob es eine sehr sinnvolle und zweckmäßige Maßnahme ist, daß man allein den Straßenbau beschränkt, während alle anderen Bauten, insbesondere auch Rüstungsbauten, munter weitergeführt werden, ist mir bei dem Zustand unserer Straßen höchst zweifelhaft.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ein weiterer Punkt befaßt sich mit der Entlastung des Baumarktes. Die Bundesregierung hat schon gesagt, daß sie wenig Einwirkungsmöglichkeiten habe, und Herr Hellwig hat dann darauf hingewiesen, es sei im Grunde genommen in diesem Frühjahr bereits ein Erfolg gezeitigt worden. Ich will nicht bestreiten, daß nach der Frostperiode die Baumaßnahmen stärker als in früheren Jahren eingesetzt haben, ob auf Grund dieser Einwirkungen, weiß ich nicht. Aber entscheidend scheint mir doch das Folgende zu sein. Wenn es schon geringe Einwirkungsmöglichkeiten für die Bundesregierung gibt, dann muß sie doch ihre Maßnahmen — wegen der geringen Einwirkungsmöglichkeiten — wenigstens prompt und dringlich treffen. Jetzt frage ich den Herrn Bundeswirtschaftsminister: im Oktober 1955 wurden die gleichen Versprechungen bezüglich der Entlastung des Baumarktes, insbesondere der Einschränkung der öffentlichen Bauten, in der Regierungserklärung gemacht; trifft es eigentlich zu — was mir berichtet worden ist —, daß die Empfehlungen des Wirtschaftskabinetts zu dieser Frage erst am 30. Januar 1956 herausgekommen sind und daß der Brief des Herrn Bundeskanzlers an die Ministerpräsidenten wegen der Einschränkung dieser Bauten erst am 15. März ergangen ist?

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Da war dann glücklicherweise der Herbst, den man für die Bauten hatte verwenden können, vorbei!

    (Zuruf von der SPD: Immer langsam voran!)

    Das war also keine sehr große Aktivität.


    (Dr. Deist)

    Ein Viertes. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat in der Regierungserklärung Maßnahmen vorgeschlagen, die die Spartätigkeit anregen sollen, und Maßnahmen, um Teilzahlungsgeschäfte aus konjunkturpolitischen Gründen zu lenken. Dem letzten der beiden Punkte kann man sicherlich zustimmen. Wir haben einen Vorschlag eingereicht, so daß Sie es also sehr leicht haben, Ihre Wünsche bezüglich der Teilzahlungsgeschäfte erfüllt zu bekommen.
    Aber was mir wichtig erscheint, ist folgendes. Dieses Programm zur steuerlichen Begünstigung des Sparens — Festlegung auf drei Jahre usw. — ist hier ganz groß verkündet und in der Öffentlichkeit behandelt worden. Und da lese ich doch gestern eine Mitteilung, ich glaube, der dpa, im Finanz- und Steuerausschuß sei darüber gesprochen worden, das sei aber längst noch nicht so weit, und die Bundesregierung werde sich überlegen, ob sie überhaupt eine solche Vorlage machen könne.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das läßt auch nicht auf allzu großen Eifer schließen und ist im übrigen wieder eine glänzende Unterstreichung der Einheit von Wirtschafts- und Finanzpolitik bei dem großen Instrumentarium, das der Bundesregierung auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik zur Verfügung steht.
    Noch ein weiterer Punkt findet sich! Da wird gesagt, daß die Bundesregierung, um den Sparer anzureizen, Investment-Papiere, und zwar sehr klein gestückelt, herausgeben werde, um diese Sparermassen an den Bundesunternehmungen zu beteiligen. Mit großem Interesse haben wir von dieser Ankündigung gelesen. Allerdings waren wir nicht eigentlich überrascht, daß die Bundesregierung sich die Gelegenheit nicht entgehen ließ, eine solche wahlpolitisch gut gezielte Maßnahme in das Konjunkturprogramm hineinzunehmen. Aber wir haben dann weiterhin mit Interesse zur Kenntnis genommen, daß ein Mitglied des Kabinetts auf einer Landestagung der CSU erhebliche Bedenken gegen diesen Vorschlag vorgebracht hat und daß auch aus den Kreisen dieser Landesgruppe ein nicht unwichtiges Mitglied dieses Hohen. Hauses auf die Gefahren einer solchen Methode hingewiesen hat. Meine Damen und Herren, mir scheint das höchst merkwürdig zu sein. Offenbar ist es hier wieder so, daß schnell etwas in die Erklärung hineingenommen wurde, was letzten Endes doch nicht bis zum letzten gründlich durchdacht war. Diese Methoden sprechen jedenfalls eine beredte Sprache.
    Zur Sache selbst möchte ich folgendes sagen. Ich glaube, es besteht Einverständnis, daß die Bedeutung eines solchen Vorschlages viel weniger auf konjunkturpolitischem als auf anderem Gebiet liegt. Das Problem ist, für breite Massen kleinerer Einkommensempfänger die Möglichkeit des Sparens in Form der Beteiligung an Unternehmungen zu finden, — ein wichtiges Problem. Ich hoffe, ich verrate Ihnen nichts Neues, wenn ich sage, daß sich die Sozialdemokratie mit diesem Problem seit langer Zeit sehr ernsthaft befaßt. Wir sind gern bereit, die Vorschläge der Bundesregierung in den zuständigen Ausschüssen sachlich und ernsthaft zu prüfen. Hier bietet sich, wenn die Bundesregierung es eilig hat, sehr bald Gelegenheit bei der Behandlung der Gesetzentwürfe über die Investmenttrusts in den zuständigen Ausschüssen.
    Aber, Herr Bundeswirtschaftsminister, auf einige Dinge möchte ich doch aufmerksam machen; wir werden bei diesen Unterhaltungen auf fünf Punkte Wert legen.
    Der erste: Die Unternehmungen des Bundes sind
    — sonst haben sie keinen Sinn — ein wichtiges wirtschaftspolitisches Instrument der Bundesregierung, das sie für wirtschaftspolitische Zwecke einzusetzen hat.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Atzenroth: Das hat Sie bewiesen!)

    — Ich will dem Herrn Kollegen Atzenroth, der mir zu Hilfe springt,

    (Abg. Dr. Atzenroth: Im Gegenteil!)

    in diesem Augenblick gern nachsprechen, daß die Bundesregierung, jedenfalls nach den Äußerungen des Herrn Bundesfinanzministers, in bezug auf das Volkswagenwerk diese wirtschaftspolitische, insbesondere preispolitische Aufgabe auch wahrgenommen hat. Wir legen Wert darauf, daß der Vorschlag der Bundesregierung so durchgeführt wird, daß die Bundesunternehmungen auch weiterhin als wirtschaftspolitische Instrumente der Bundesregierung dienen können.
    Ein Zweites. In der Erklärung der Bundesregierung ist dargelegt worden, man wünsche eine breite Streuung auf eine große Masse von Sparern. Ich kann nur sagen: bravo! Wir werden darauf achten, daß wirklich eine solche breite Streuung durchgeführt wird.

    (Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Hellwig.)

    Was wir bisher an Versuchen der Wirtschaft, etwas aus dem Bundesvermögen zu bekommen, erlebt haben, war nicht das Streben breiter Massen kleiner Sparer. Das waren gewichtige große Unternehmungen zum Teil mit Monopolstellung, die sich lukrative Teile aus diesen Bundesunternehmen herausholen wollten.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Das war der Hunger großer Haifische!)

    Ein Drittes, was wir beachten werden. Bei den bisherigen Untersuchungen und Besprechungen hier im Bundestagsplenum und in den zuständigen Ausschüssen hatten wir — ich glaube, ist ist sehr vorsichtig, wenn ich es so sage — den Eindruck, daß doch häufiger die Gefahr besteht, daß Bundesunternehmen unter Preis verschleudert werden.

    (Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie werden wissen, — —(Zuruf des Abg. Dr. Atzenroth)

    — Moment, Herr Kollege, lassen Sie mich doch einmal ausreden! —, Sie werden wissen, daß die letzte Aktion vom Haushaltsausschuß zurückgestellt wurde, weil auch er der Meinung war, daß der geforderte Preis wohl nicht ganz dem Wert des Unternehmens entsprach.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Einen vierten Punkt, meine Damen und Herren: wir legen Wert darauf, daß nicht etwa mit dieser Methode die guten Unternehmungen zum Teil herausgelöst werden und die schlechten Unternehmungen beim Bund bleiben.

    (Sehr gut! bei der SPD.)



    (Dr. Deist)

    Natürlich bleibt der Kreis der Investmentsparer immer begrenzt. Wir würden also einem begrenzten Kreise des deutschen Volkes die Möglichkeit geben, an den Gewinnen der guten Unternehmungen des Bundes zu partizipieren, während die Kosten der anderen Unternehmungen, der Unternehmungen nämlich, die aus wirtschafts- und sozialpolitischen, häufig auch grenzpolitischen Gründen aufrechterhalten werden müssen, vom gesamten deutschen Volk über den Steuersäckel bezahlt werden müßten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ein fünfter Punkt: Die Beteiligung zahlreicher Sparer am Vermögen der Unternehmungen durch Sachbesitz ist ja wohl nicht nur ein Problem der Bundesunternehmungen. Wir werden bei den Beratungen im Ausschuß die Frage aufwerfen: Wie ist es eigentlich mit diesem doch offensichtlich sehr gewichtigen Grundsatz der Beteiligung breiter Massen der Bevölkerung an diesem Sachbesitz bei den großen Privatunternehmungen?

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wenn ich einmal überblicke, was bis jetzt vom Konjunkturprogramm der Bundesregierung übriggeblieben ist, so muß ich sagen: das waren, wenn ich einmal von dieser Frage der Bundesunternehmungen absehe, die keine konjunkturpolitische Bedeutung hat, im Grunde genommen alles negative Punkte der Regierungserklärung.
    Jetzt kommt der erste positive, nämlich die Frage der Förderung der Einfuhr. Meine Damen und Herren, ich habe mit Absicht vorhin dargelegt, welche Bedeutung unsere augenblickliche Außenhandelssituation hat. Ich habe versucht, nachzuweisen, daß es darauf ankommt, wirklich sehr rasante wirksame Maßnahmen zu treffen, weil sonst gar nicht daran zu denken ist, daß wir in größerem Umfang Einfuhren aus dem Ausland hereinbekommen. Der Herr Kollege Hellwig hat das implicite selber zugegeben, als er darauf hinwies, daß durch die Diskrepanz des Preisniveaus die Einfuhr ausländischer Waren auf Grenzen stößt.
    Wenn ich damit die Regierungsvorlage mit ihrer völlig ungenügenden Zollsenkung vergleiche, dann weiß ich allerdings nicht, welchen Effekt diese Zollsenkungen haben sollen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Leider haben Sie auch unseren Vorschlag abgelehnt, der wenigstens in bestimmten Situationen dem Bundeswirtschaftsminister die Möglichkeit geben sollte, Zollherabsetzungen vorzunehmen, ohne lange die Regierung und den Gesetzgebungsapparat beanspruchen zu müssen.
    Es ist doch uns allen nicht unbekannt, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister, der Herr Bundesfinanzminister und der Präsident der Bank deutscher Länder ursprünglich wohl doch radikalere Forderungen gestellt, daß sie nämlich eine 30%ige Senkung verlangt hatten.

    (Abg. Hansen [Köln] : Man wollte sich erschlagen lassen!)

    Ich entsinne mich, es war die Rede von Erschlagenlassen, Herr Bundeswirtschaftsminister, nicht
    wahr? Sie vertraten die Auffassung, es sei sehr fraglich, ob diese 30 °/o überhaupt genügten,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und daß vor allen Dingen auch auf dem Gebiete der Agrarzölle einiges geschehen müsse. Ich muß sagen, Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie lächeln mir freundlich zu und nicken dazu. Das hängt mit Ihrem Erstgeburtsrecht zusammen, ich weiß das. Aber es kommt ja schließlich nicht das Erstgeburtsrecht in Frage, sondern es kommt darauf an, ob etwas getan wird, ob gehandelt oder ob nur geredet wird.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Dann enthält das Regierungsprogramm noch eine verdächtige Formulierung, nämlich die, daß dieses Programm der Zollsenkung ein Mindestprogramm sei. Ich weiß nun nicht, worauf sich das „Mindest" bezieht, ob auf die Senkung der Zölle oder auf die Herausnahme von Agrarerzeugnissen. Aber was ist das eigentlich für eine Regierungserklärung, die die Meinung der Bundesregierung — ich nehme an, auf Grund gründlicher, sorgfältiger Überlegung — ganz offiziell darlegt und dann sagt: Nun ja, ein Mindestprogramm! Wir wollen mal sehen, wie der Kampf der Interessenten bei uns ausläuft; vielleicht können wir es auch noch ändern!? — Das ist doch keine ernst zu nehmende Regierungserklärung, Herr Bundeswirtschaftsminister! Darum möchte ich sagen: wenn es irgend etwas in diesem Regierungsprogramm gibt, das völlig unzulänglich ist und im Grunde genommen bei der Bevölkerung draußen nur den Eindruck erweckt, es geschehe etwas, während in Wirklichkeit nichts geschieht, dann ist es dieses Programm der Zollsenkungen und der Erleichterung der Einfuhr.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich komme dann zu dem nächsten Punkt, der von der Bundesregierung behandelt worden ist. Das ist das Problem der Arbeitsmarkt- und Lohnpolitik. Meine Damen und Herren, wir begrüßen es, daß die Bundesregierung sich in ihrer Erklärung darauf beschränkt hat, den Tarifparteien Vorschläge zu machen, das Schlichtungsverfahren bei Lohnkämpfen nach Möglichkeit auszubauen. Ich weiß nicht, ob das sehr viel Neues ist. Mir ist bekannt, daß zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund und der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände eine grundsätzliche Regelung getroffen worden ist und daß auf Grund dieser Regelung dann zahlreiche einzelne Industriegewerkschaften

    (Abg. Hansen [Köln] : Fast alle!)

    — fast alle Industriegewerkschaften — entsprechende Schlichtungsvereinbarungen geschlossen haben. Ich möchte annehmen, daß die Bundesregierung nicht voll über das unterrichtet war, was sich hier tut; sonst hätte man auf die Arbeitsfrage und die Lohnfrage jedenfalls nicht so viel Raum in der Regierungserklärung zu verwenden brauchen.
    Bei dieser Gelegenheit ein Wort zu Herrn Kollegen Hellwig. Herr Hellwig sagte im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt- und dem Lohnproblem, man dürfe die Bundesregierung wegen der Lohnentwicklung nicht tadeln. Ich weiß nicht, ob das gegen uns gerichtet war. Wir haben die Bundesregierung nie wegen der Lohnentwicklung ge-


    (Dr. Deist)

    tadelt, wir haben sie wegen der Preisentwicklung getadelt!

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Hellwig: Wollen Sie das trennen?)

    — Jawohl!

    (Abg. Dr. Hellwig: Können Sie Preisentwicklung und Lohnentwicklung überall sauber voneinander trennen?)

    — Ich bin Ihnen dankbar für diesen Zwischenruf. Herr Präsident, es tut mir nur leid, es gehen dann zwei Minuten drauf.