Rede von
Dr.
Friedrich
Welskop
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir nur einige Worte zu den Ausführungen des Kollegen Professor Schmid betreffend die clausula rebus sic stantibus. Herr Professor Schmid hat geglaubt, diese Formel heranziehen zu können, um darzulegen, daß das Konkordat nicht mehr rechtsgültig sei. Er hat darauf hingewiesen, daß wesentliche Teile des Konkordats weggefallen sind, daß insbesondere die Bestimmungen, wonach katholische Arbeitervereine verboten seien und wonach es den katholischen Priestern verboten sei, politisch zu wirken, nicht mehr gälten.
Die Heranziehung der clausula rebus sic stantibus zu diesem Punkte ist meines Erachtens verfehlt. Ich glaube, das als Jurist nicht unwidersprochen hinnehmen zu können. Die clausula rebus sic stantibus gibt dem Vertragspartner das Recht, von einem Vertrag zurückzutreten, wenn wesentliche Veränderungen eingetreten sind, so daß dem Vertragspartner nicht mehr zugemutet werden kann, den Vertrag fortzusetzen. In diesem Falle liegen die Verhältnisse doch aber so, daß beide Vertragspartner, die Kurie wie die westdeutsche Bundesrepublik, sich einig sind, daß es gut ist, daß die beanstandeten Artikel des Konkordats weggefallen sind. Wenn das aber der Fall ist, liegt der Tatbestand der clausula rebus sic stantibus unzweifelhaft nicht vor, und deswegen kann zu diesem Punkte die Rechtseinrichtung der clausula rebus sic stantibus nicht herangezogen werden.