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ID0214604400

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    2. Deutscher Bundestag — 146. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1956 7697 146. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1956. Nachruf für den Abg. Naegel 7698 B Ergänzung der Tagesordnung 7698 D Mandatsniederlegung des Abg. Dr. Maier (Stuttgart) 7699 A Eintritt der Abg. Weber (Untersontheim) und Albrecht (Hamburg) in den Bundestag 7699 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Brönner und Frau Albrecht . . 7699 A Mitteilung über Verzicht des Haushaltsausschusses auf Mitberatung der in der 133. Sitzung überwiesenen Anträge betr Straßenbauvorhaben (Drucksachen 2117 und 2123) 7699 B Beschlußfassung des Bundesrats über Gesetzesbeschlüsse des Bundestags . . . 7699 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 242, 244, 246, 247, 249, 250, 252 (Drucksachen 2285, 2395; 2315, 2404; 2324, 2405; 2325, 2385; 2355, 2394; 2362, 2391; 2375, 2403) 7699 C Vorlage von Berichten über die Gewährung von Zuschüssen zur Gemeinschaftsverpflegung, über die Sozialabkommen der Brüsseler Vertragsstaaten und über die Unterzeichnung des deutsch-amerikanischen Filmabkommens (Drucksachen 2384, 2390, 2393) 7699 D Große Anfrage der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betr. Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364, Umdrucke 608, 609, 610) . . . 7699 D Brandt (Berlin) (SPD), Anfragender . 7 700 A Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 7705 A Dr. Mommer (SPD) 7714 D Frau Hütter (FDP) 7717 D Brookmann (Kiel) (CDU/CSU) . . 7718 B Wehner (SPD) 7720 B Lemmer (CDU/CSU) 7725 D Dr. Will (FDP) 7728 A Seiboth (GB/BHE) 7730 A Frau Kalinke (DP) 7732 D Dr. Henn (DA) 7736 B, 7738 D Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU) . . 7739 D Annahme des Antrags Umdruck 609 . . . 7740 A Ausschußüberweisungen der Anträge Um- drucke 608 und 610 7740 A Begrüßung einer Gruppe von Mitgliedern des englischen Unterhauses 7738 D Große Anfrage der Abg. Mellies, Dr. Reif, Feller u. Gen. betr. Verfassungsklage wegen des Reichskonkordats (Drucksache 2258 (neu]) 7698 C, 7740 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 7698 C Dr. Arndt (SPD), Anfragender . . . 7 740 B Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 7749 B Cillien (CDU/CSU) 7751 B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) 7754 B, 7757 A Schütz (CDU/CSU) 7756 D Dr. Reif (FDP) 7757 D Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein (FDP) 7759 D Eickhoff (DP) 7762 A Dr. Schneider (Lollar) (DA) . . . 7762 C Hoogen (CDU/CSU) 7763 C Dr. Welskop (CDU/CSU) 7766 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank (Drucksache 2327) 7766 C Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 7766 C Erste Beratung des von den Abg. Lenz (Brühl), Dr. Hesberg, Lücke u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (Drucksache 2321) 7766 C Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen und an den Rechtsausschuß 7766 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Internationale Pflanzenschutzabkommen (Drucksache 2346) 7766 D Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 7766 D Erste Beratung des Entwurfs einer Wehrbeschwerdeordnung (WBO) (Drucksache 2359) 7766 D Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung und an den Rechtsausschuß 7766 D Nächste Sitzung 7766 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 7767 A Anlage 2: Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage betr. Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Umdruck 608) 7767 C Anlage 3: Antrag der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE zur Beratung der Großen Anfrage betr. Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Umdruck 609) 7768 A Anlage 4: Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage betr. Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Umdruck 610) 7768 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordneter beurlaubt bis einschließlich Altmaier 2. 6. Arnholz 30. 5. Dr. Atzenroth 16. 6. Dr. Bartram 31. 5. Blachstein 30. 6. Dr. Blank (Oberhausen) 30. 5. Frau Dr. Bleyler (Freiburg) 30. 5. Brese 30. 5. Dr. Brühler 16. 6. Dannebom 5. 6. Dopatka 30. 5. Dr. Eckhardt 30. 5. Frehsee 30. 5. Friese 30. 5. Frau Friese-Korn 30. 5. Gedat 30. 6. Gefeller 2. 6. Geiger (München) 30. 5. Frau Geisendörfer 9. 6. Dr. Gille 16. 6. Heiland 30. 5. Dr. Hellwig 16. 6. Dr. Horlacher 2. 6. Hübner 1. 6. Jacobi 30. 5. Jacobs 30. 5. Dr. Jaeger 9. 6. Jahn (Frankfurt) 2. 6. Kahn 1. 6. Frau Kipp-Kaule 2. 6. Koenen (Lippstadt) 2. 6. Könen (Düsseldorf) 1. 6. Dr. Kopf 30. 5. Frau Korspeter 9. 6. Kortmann 30. 5. Dr. Kreyssig 30. 5. Kroll 30. 5. Kühlthau 30. 5. Kurlbaum 30. 5. Leibfried 30. 5. Dr. Lindenberg 30. 5. Lulay 9. 6. Maucher 30. 5. Meitmann 15. 7. Merten 30. 5. Dr. Mocker 30. 5. Müller-Hermann 2. 6. Neuburger 31. 5. • Dr. Orth 30. 5. Peters 15. 7. Pöhler 30. 5. Rademacher 30. 5. Raestrup 30. 5. Rasch 4. 6. Richter 2. 6. Runge 16. 6. Dr. Siemer 30. 5. Dr. Starke 31. 7. Frau Welter (Aachen) 30. 5. Dr. Werber 30. 5. Frau Wolff (Berlin) 10. 6. b) Urlaubsanträge Dr. Dittrich 30. 6. Dr. Seffrin 30. 6. Kraft 16. 6. Metzger 9. 6. Moll 23. 6. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 30. 6. Dr. Pferdmenges 9. 6. Siebel 9. 6. Anlage 2 Umdruck 608 (Vgl. S. 7714 D, 7740 A) Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betreffend Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. alles zu tun - wenn nötig einseitig -, was die an der Zonengrenze aufgerichteten Grenzmauern abzutragen geeignet ist. In diesem Sinne muß der freie Verkehr aller Druckschriften über die Zonengrenze ermöglicht werden. Sollte sich ein Abkommen auf Gegenseitigkeit als unerreichbar erweisen, so soll die Bundesregierung den Bezug aller Drucksachen aus der „DDR" auf handelsübliche Weise zulassen; 2. den zuständigen Ausschüssen des Bundestages alle Gründe vorzutragen, die für und gegen eine Amnestie für politische Straftaten in der Bunresrepublik sprechen. Durch diese Amnestie könnte ein Beitrag zur Entspannung der Beziehungen der beiden Teile Deutschlands zueinander geleistet werden; 3. darauf hinzuwirken, daß auf Grund politischer Straftaten inhaftierte Personen in der Bundesrepublik in den Genuß aller Erleichterungen gelangen, die mit der Sicherung gegen Flucht vereinbar sind, und daß die Dauer der Untersuchungshaft sich in vertretbaren Grenzen hält; 4. auf diplomatischem Wege die Regierung der Sowjetunion auf die Verantwortung hinzuweisen, die sie für Verurteilte der sowjetischen Besatzungsbehörden in Deutschland hat, und die Freilassung aller dieser Gefangenen zu verlangen; 5. Wege zu erschließen und zu beschreiten, die geeignet sind, in der „DDR" zu erwirken, daß den aus politischen Gründen inhaftierten Personen alle in einem humanen Strafvollzug üblichen Erleichterungen gewährt werden und die Versorgung der Strafanstalten mit Medikamenten sichergestellt wird; 6. dem Bundestag einen Bericht über Fälle zuzuleiten, in denen von der Regierung der Sowjetunion in der Bundesrepublik lebende Personen als Sowjetbürger reklamiert werden, die angeblich an der Heimkehr gehindert werden; 7. durch den Ausbau der Treuhandstelle für den Interzonenhandel das Verrechnungswesen zur Erleichterung des Personen- und Güterverkehrs über die Zonengrenze und zur Abwicklung aller übrigen Zahlungsverpflichtungen zu normalisieren und durch die Errichtung weiterer Treuhand- stellen die Normalisierung des Personen- und Güterverkehrs zu ermöglichen und in Kultur-und Unterrichtsfragen dem Auseinanderleben der Teile Deutschlands entgegenzuwirken; 8. um diese Ziele zu erreichen, um den Zusammenhalt der Teile Deutschlands zu festigen und da- mit der Wiedervereinigung unter einer frei gewählten deutschen Regierung zu dienen und der Welt zum Bewußtsein zu bringen, daß die Teilung Deutschlands vom deutschen Volke nicht anerkannt wird, unbeschadet der vorbehaltenen Rechte und Verpflichtungen der Vier Mächte gegenüber Deutschland als Ganzem, mit den in der sowjetisch besetzten Zone bestehenden Behörden alle nötigen Besprechungen zu führen. Bonn, den 29. Mai 1956 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 609 (Vgl. S. 7714 D, 7740 A) Antrag der Fraktionen der SPD, FDP, GB/BHE zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betreffend Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364). Der Bundestag wolle beschließen: Der Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen wird beauftragt, die Aufgaben, die sich aus der Großen Anfrage — Drucksache 2364 — und ihrer Beantwortung ergeben, laufend zu verfolgen und zu gegebener Zeit dem Bundestag Bericht zu erstatten. Bonn, den 29. Mai 1956 Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Feller und Fraktion Anlage 4 Umdruck 610 (Vgl. S. 7717 D, 7740 A) Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, DA betreffend Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands (Drucksache 2364). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, darauf hinzuwirken, daß in weit größerem Umfange als bisher den jungen Menschen in der Bundesrepublik Gelegenheit gegeben wird, die besonderen Verhältnisse, die sich aus der Teilung Deutschlands ergeben, durch Reisen nach Berlin kennenzulernen. Insbesondere sollten die Abschlußklassen sämtlicher Schulen der Bundesrepublik Gelegenheit haben, die Verhältnisse in der ehemaligen Hauptstadt Deutschlands kennenzulernen. Die dazu notwendigen Gelder sind den Mitteln des Bundesjugendplanes zu entnehmen. Bonn, den 30. Mai 1956 Frau Hütter Dr. Dehler und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Eickhoff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit und unter Berücksichtigung der tiefgründigen Ausführungen, die von beiden Seiten dieses Hohen Hauses zu der Konkordatsfrage abgegeben worden sind, beschränkt sich die Fraktion der Deutschen Partei auf die Abgabe der folgenden kurzen Erklärung.
    Die Große Anfrage wegen der Konkordatsklage erregt bei der Deutschen Partei tiefe Sorge. Wir halten es nicht für richtig, daß sich das Parlament wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung der Konkordatsklage vor dem Bundesverfassungsgericht mit dieser Materie befaßt und dabei Fragen erörtert, die das Bundesverfassungsgericht möglicherweise prüfen muß. Dies gilt insbesondere für die Fragen unter den Nummern 1 und 4. Wir wollen deshalb zu diesen Fragen keine Stellung nehmen.
    Nachdem aber die Große Anfrage nun einmal zur Diskussion gestellt worden ist, glauben wir, zum Ausdruck bringen zu müssen, daß wir es nicht für richtig halten, die Frage der Gültigkeit des Reichskonkordats einem staatlichen Gericht zur Entscheidung zu unterbreiten, das mit bindender Wirkung für alle Organe des Bundes und der Länder, aber nicht mit bindender Wirkung gegenüber dem Heiligen Stuhl entscheidet. Ein solches Verfahren kann zu keinem befriedigenden Ergebnis führen. Wird die Gültigkeit des Reichskonkordats anerkannt, so ist der Weg zu Verhandlungen zwecks Anpassung des Reichskonkordats an die gegenwärtige Lage außerordentlich erschwert, weil der Heilige Stuhl dann nicht die geringste Veranlassung hat, seine durch das Gerichtsurteil äußerst verstärkte Rechtsposition aufzugeben. Wird die Gültigkeit des Reichskonkordats verneint, so- ist der Heilige Stuhl an diese Entscheidung eben nicht gebunden. Es ist damit zu rechnen, daß er den Bund als vertragsbrüchig bezeichnet und daß damit eine Lage herbeigeführt wird, die sehr viel mißlicher ist als die jetzige Situation, wo diese ganzen Fragen um die Gültigkeit des Reichskonkordats und die Vereinbarkeit des niedersächsischen Schulgesetzes mit dem Reichskonkordat offen sind.
    Die Deutsche Partei bedauert deshalb sehr, daß die Bundesregierung diese Klage erhoben hat. Es bleibt nur zu hoffen, daß es der Weisheit des
    Bundesverfassungsgerichts gelingt, einen Ausweg
    aus dieser schwierigen Situation zu finden, bei der
    die eben geschilderten Folgen vermieden werden.


Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schneider.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Schneider


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit möchte ich nur einige kurze Bemerkungen machen.
    Ich möchte mich hier nicht mit der sehr interessanten Theorie auseinandersetzen, die der Herr Abgeordnete Prinz zu Löwenstein entwickelt hat; er steht damit wohl beinahe allein. Ich möchte bloß einiges zu dem sagen, was der Herr Kollege Arndt ausgeführt hat. Er hat heute — das kann man ihm nicht bestreiten; das sage ich sogar als Jurist — ein geradezu vorzügliches Plädoyer gehalten, das er wahrscheinlich demnächst in Karlsruhe wiederholen wird.
    Ich will mich auch nicht weiter mit dem auseinandersetzen, was Herr Kollege Schmid gesagt hat. Er hat die verschiedenen Theorien erläutert und dann gesagt, daß, wenn man schon nach der Vertragstheorie geht, man eben anerkennen muß, daß der völkerrechtliche Grundsatz zu gelten hat: Wenn wesentliche Teile des Vertrages — solche sieht er und auch der Herr Kollege Arndt in den Art. 31 und 32; man wird als Jurist das noch gar nicht einmal ernstlich bestreiten können — fallen, dann fällt der ganze Vertrag, und im übrigen wird die clausula rebus sic stantibus gelten. Aber ich bin der Meinung, wir sollten uns hier — und ich glaube, das Plenum dieses Hohen Hauses eignet sich in gewissem Sinne gar nicht dazu, derartige Rechtsfragen tiefschürfend und abschließend zu erörtern — darauf beschränken, die Problematik anzudeuten, aber, da sie doch juristischen Inhalt hat und da die Klage nun einmal anhängig ist, die Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht zu überlassen.
    Der Herr Kollege Arndt sagt: aus den verschiedensten Gründen kann das Konkordat nicht gültig sein, einmal weil das Ermächtigungsgesetz keine rechtsverbindliche Grundlage ist, zum andern, weil der Ratifikationsakt das nicht ersetzen konnte, ferner weil keine Transformierung in innerstaatliches Recht erfolgte, und viertens, weil das Reichskonkordat in entscheidenden Teilen geheimgehalten und gar nicht verkündet wurde. Das alles sind juristische Fragen, juristische Probleme, die zur Entscheidung anstehen und über die das Bundesverfassungsgericht entscheiden muß. Ich will mich deshalb einer eigenen juristischen Stellungnahme zu diesen Problemen enthalten.
    Auch die Frage: Ist hier eine Generalzuständigkeit nach Art. 93 gegeben, wie sie die Bundesregierung in Anspruch nimmt, oder hätte nach Art. 84 Abs. 4 als lex specialis verfahren werden müssen? kann authentisch und wirklich für alle verbindlich nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
    Der Herr Vorredner, Herr Kollege Eickhoff, hat darum gefleht, daß das Bundesverfassungsgericht in letzter Weisheit einen Ausweg finden möge, daß nichts passiere, wenn ich das einmal ins Unreine sagen darf. Dieser Ausweg ist ihm geradezu hingehalten, wenn es auf die Theorie geht, die der Herr Kollege Arndt bezüglich der Anwendung des


    (Dr. Schneider [Lollar])

    Art. 84 Abs. 4 hier entwickelt hat. Denn dann wäre das tatsächlich eine echte Verfahrensvoraussetzung, die hier nicht erfüllt wäre, und dann würde die Klage schon aus diesen formellen Gründen das entsprechende Schicksal erleiden. Vielleicht wäre das der Ausweg, von dem sich der Herr Kollege Eickhoff so sehnlich wünschte, daß ihn die Weisheit des Bundesverfassungsgerichts findet. Aber, wie gesagt, ich möchte mich jeder juristischen Stellungnahme dazu enthalten, weil ich meine, wir sind dazu nicht berufen, nachdem nun einmal das Bundesverfassungsgericht angegangen worden ist.
    Ich bin auch der Meinung, wir müssen uns der Bedeutung bewußt sein, die gerade dieses Konkordat als eine der letzten Klammern um das Reich noch darstellt. Aber all das sind Dinge, die eben doch von uns letztlich nicht entschieden werden können.
    Nur in einem bin ich mit den meisten Rednern, die vor mir gesprochen haben, einig: ich bezweifle, ob der Weg nach Karlsruhe der richtige Weg war. Ich habe ganz erhebliche Zweifel. Denn was passiert, wenn — unterstellen wir es einmal — Karlsruhe entscheidet, das Konkordat sei noch gültig? Das kann es aber nicht direkt — denn es ist ja kein Normenkontrollverfahren —, sondern diese Entscheidung kann nur inzidenter fallen. Dann gibt es keinerlei Möglichkeiten, gegen die Länder, namentlich gegen die beklagten Länder, von Bundes wegen zu vollstrecken, sondern dann versteifen sich nur die Fronten. Entscheidet das Bundesverfassungsgericht anders, dann hat das nur innerstaatliche Bedeutung. Denn eine Entscheidung eines Partnergerichts — wenn ich mich schon auf den Boden der Vertragstheorie stelle und sage, ein Konkordat sei ein völkerrechtlicher Vertrag — wirkt nur im innerstaatlichen Bereich und berührt nicht den anderen Partner. Das verärgert dann, das schafft dann wieder Unruhe bei uns.
    Deshalb bin ich diesmal der gleichen Meinung wie der Herr Kollege Arndt — ich bin das ja nicht sehr oft, aber in diesem Punkte bin ich es —: Wir müssen doch erkennen, daß sich die Dinge seit 1933 entschieden gewandelt haben. Wir müssen miteinander sprechen, diese Dinge müssen eine echte demokratische Legitimation erfahren, und wir dürfen dieser heiklen Frage — Gestaltung des Schulwesens usw. — einfach nicht länger ausweichen. Was vielleicht doch eine kleine Unruhe in manchen Bevölkerungskreisen schafft, das ist der ganz leise Verdacht, der sich da einzuschleichen anfängt, als ob man bei der Bundesregierung den Weg nach Karlsruhe in diesem Fall nur gewählt hätte, um für einen bestimmten Bevölkerungsteil einen Rechtsstatus, der eben besser wäre als der für den anderen, unter allen Umständen zu erhalten. Diesen Verdacht sollte man erst gar nicht aufkommen lassen, sondern wir müssen uns zusammenfinden, wir müssen über diese Dinge sprechen und müssen sie regeln. Auch die Kurie hat durchaus erkannt, daß sich hier etwas geändert hat und daß man über manche Dinge, auch über Änderungsvorschläge, sprechen müßte. Ich freue mich, daß Herr Kollege Arndt hierauf schon hingewiesen hat.
    Wir alle haben die Pflicht, die Kluft nicht zu vertiefen, sondern die Dinge in demokratischer Toleranz zu behandeln. Ich freue mich über Art und Ton der heutigen Aussprache über dieses heikle Thema. Denn unser Volk ist schon politisch
    gespalten, und es wäre ein Unglück schlimmster Art, wenn wir alle miteinander, die wir dazu aufgerufen sind, nicht alles täten, dazu beizutragen, daß wir nicht auch noch eine unüberbrückbare konfessionelle Spaltung heraufbeschwören. Wir alle sind aufgerufen, das zu vermeiden, und ich glaube. wenn das Ergebnis der heutigen Diskussion das wäre, daß diesem Anliegen aller Sprecher wirklich der Erfolg beschieden ist, dann wäre es trotz allem, trotz aller Differenzen ein glücklicher Tag gewesen. Wir können nicht eine neue Spaltung unseres Volkes gebrauchen, wenn wir die nationalen Probleme, die noch vor uns stehen, wirklich mit Aussicht auf Erfolg anpacken und lösen wollen. Deshalb müssen wir zusammen sprechen, deshalb müssen wir dem demokratischen Prinzip der Toleranz auf alle Fälle huldigen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)