Rede von
Margarete
Hütter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich habe die Ehre, den Antrag Umdruck 610 der Fraktion der Freien Demokratischen Partei betreffend die Entwicklung in der Sowjetzone und die Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu begründen. Der Antrag sagt aus, worum es uns geht: um ein verstärktes Bekanntwerden mit den Zuständen in Berlin als dem Mittelpunkt, der von hier aus erreichbar ist, für die Auseinandersetzung zwischen Ost und West.
Wie oft haben wir in den letzten Jahren, wenn wir einmal vor Gremien sprachen, die sich aus Jugendlichen zusammensetzten, die Frage gestellt bekommen, ob es denn wirklich wahr sei, was wir Abgeordneten über die Zustände in der Sowjetzone vortragen. Eine Bejahung aus unserem Munde allein genügt als Antwort nicht. Wir müssen die Jugendlichen überzeugen, indem wir ihnen die Möglichkeit geben, sich selbst ein Bild davon zu machen. Und das können sie am besten an Ort und Stelle, in Berlin, tun.
Genauso wie in den letzten Jahren Tausende in diesem Parlament zu Besuch weilten, um sich von dem Parlamentarismus des Bundestages ein Bild zu machen, genauso sollten Tausende und aber Tausende die Gelegenheit bekommen, sich in der ehemaligen Hauptstadt mit den wirklichen Zu Zuständen vertraut zu machen. Dies würde de Be-
*) Siehe Anlage 4.
mühungen der Regierung um Aufklärung, aber auch um Mitarbeit an unseren Problemen aus den Reihen der Bürger entgegenkommen und unsere Arbeit unterstützen.
Eine Erfahrung ganz besonderer Art war es, die mich zu diesem Antrag veranlaßt hat. Es war die Sitzung des Gesamtdeutschen Ausschusses in der letzten Woche in Berlin, die dieser zusammen mit zwei Ausschüssen des Europarats abhielt, und es waren die Eindrücke der Fremden, d. h. der Mitglieder der beiden Ausschüsse des Europarats, nach einer Fahrt durch West- und Ostberlin sowie die Worte, die sie darüber in einer gemeinsamen Sitzung am Samstagvormittag fanden, die uns dermaßen berührten, daß wir quasi durch ihre Erlebnisse, durch ihre Gefühle ermuntert wurden, unsere Arbeit verstärkt fortzusetzen, unsere eigene Arbeit zu verdoppeln.
Ich zog das Fazit aus dieser Beobachtung, daß wir einer solchen Ermunterung ständig bedürfen und daß unsere eigene Jugend — niemand ist dazu besser legitimiert als sie — in diesem Sinne verantwortlich erzogen werden muß. Unsere Jugend muß einmal die Verantwortung für das Gesamtproblem übernehmen, wenn es uns nicht gelungen sein sollte, es zu lösen. Außerdem glaube ich, daß eine solche Verwendung eines Teils der Mittel des Bundesjugendplans von großen Teilen der Bevölkerung einschließlich der Jugend selbst sehr begrüßt werden würde.
Ich beantrage deshalb Überweisung dieses Antrages an den Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen.