Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst ein Dankeswort unserer Antragsannahmestelle dafür zu sagen, daß sie die gestrigen Beschlüsse trotz der Kürze der Zeit heute bereits um 9 Uhr dem Hause vorgelegt hat.
Die gestrige zweite Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs hat erneut deutlich gemacht, daß der Wohnungsbau in der Bundesrepublik nach wie vor Sozialaufgabe Nr. 1 bleibt. Die an sich schwierige Rechtsmaterie und die Fülle der gestern behandelten Einzelanträge könnten jedoch dazu beitragen, die Grundanlage des in diesem Gesetz festgelegten neuen Weges, den wir im Wohnungsbau beschreiten wollen, zu verwischen. Mir liegt daran, in einigen wenigen Sätzen die Ziele, die die zweite Halbzeit des sozialen Wohnungsbaues bestimmen sollen, erneut herauszustellen.
Der Leitgedanke, der über allen Beratungen dieses Gesetzes stand, kann in dem Wort zusammengefaßt werden: Bauen, wie es die Familie braucht. So tragen alle Bestimmungen des vorliegenden Gesetzentwurfs diesem Gedanken Rechnung: mehr Familienheime, damit mehr Einzeleigentum in den Händen der arbeitenden Volksschichten, vor allem auch der einkommenschwachen Bevölkerungskreise; größere Wohnungen, bessere Qualität und Ausstattung, bei Mietwohnungen — soweit sie als Familienwohnungen bestimmt sind — ein zweites Kinderzimmer. Dem Wohnungsbau für einkommenschwache Bevölkerungskreise, insbesondere für kinderreiche Familien, Schwerkriegsversehrte und Krieger-
witwen mit Kindern, wird in diesem Gesetz der unbedingte Vorrang gesichert. Zusätzliche Sozialmaßnahmen wie z. B. die Zahlung von Miet- und Lastenbeihilfen stellen sicher, daß die Mieten und Belastungen für diese Kreise auch auf die Dauer tragbar gemacht werden. Wenn seit Erlaß des Ersten Bundeswohnungsbaugesetzes im Bundesgebiet über 3 Millionen Wohnungen gebaut werden konnten, für die allein mehr als 16 Milliarden DM öffentliche Gelder aufgewendet wurden, ist das eine Leistung, auf die unser gesamtes Volk stolz sein kann.
Das neue Gesetz in der Vielzahl seiner Bestimmungen sieht vor, daß dieser Weg fortgesetzt wird und daß bis zum Jahre 1962 1,8 Millionen Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus geschaffen werden sollen. Der Anteil der steuerbegünstigten und der frei finanzierten Wohnungen bewegt sich in der gleichen Höhe.
Wenn das Wohnungsbau- und Familienheimgesetz neben der Beseitigung der Wohnungsnot, die unser vornehmstes Anliegen bleiben muß, zugleich — ich unterstreiche: zugleich — sicherstellen soll, daß breitesten Volksschichten die Möglichkeit geboten wird, zu einem Einzeleigentum in der Form von Familienheimen, Kleinsiedlungen zu kommen, um sie so mit dem Grund und Boden zu verwurzeln, erfüllt dieses Gesetz eine staatspolitische Aufgabe erster Ordnung. Damit diese Aufgabe wirksam erfüllt werden kann, werden Sparwille und die Tatkraft unserer Familien besonders aufgerufen. Wo es nicht möglich ist, Familienheime zu erstellen, soll die Mietwohnung in stärkerem Maße durch das Wohnungseigentum abgelöst werden. So will dieses Gesetz die einmalige und nicht wiederkehrende Chance nutzen, über den sozialen Wohnungsbau unseren Familien zu einem Einzeleigentum zu verhelfen.
Ich bin überzeugt, daß kaum ein Gesetz von unserer Bevölkerung, vor allem unseren kinderreichen Familien, so sehr erwartet wird wie dieses Gesetz. Gewiß war der Weg von der Drucksache 5, dem Familienheimgesetz der CDU/CSU-Fraktion, bis zur Drucksache 2353, mit der uns die Zusammenstellung der gestrigen Beschlüsse vorliegt, schwer und dornenvoll. In drei Ausschußlesungen wurde um die beste Form gerungen. Die Vorlage der Bundesregierung, die Vorlagen der Kollegen der SPD-Fraktion und eine Fülle von Änderungsanträgen schufen die Vorlage, die nunmehr mit 125 Paragraphen in einem neuen, dem Zweiten Wohnungsbaugesetz vor uns liegt.
Man soll die Vorlage nicht mit dem unbegründeten Vorwurf in Mißkredit zu bringen versuchen, sie sei zu kompliziert und unübersichtlich. Richtig ist, daß die Materie, die es hier zu regeln galt, von Natur aus schwierig ist. Daß wir zugleich in diesem Gesetz sieben andere Gesetze novelliert haben, ist geschehen, um alle Bestimmungen in einem umfassenden Gesetz zu vereinigen und dem Staatsbürger, der das Gesetz in die Hand nimmt, die Möglichkeit zu geben, zu erfahren, welche Möglichkeiten ihm auf dem Gebiet des Wohnungsbaues geboten wergen. Soweit die Kritik durch den Umfang des Gesetzes hervorgerufen wird, möchte ich etwas wehmütig auf die Vorlage meiner Freunde zurückblicken, die, wie ich ausführte, nur 24 Paragraphen umfaßt. — In der Ausschußarbeit haben sich alle Fraktionen, die Bundesregierung und nicht zuletzt der Bundesrat in einem edlen Wettstreit bemüht, alles gut und sorgfältig zu regeln. So entstand dann eine eindrucksvolle neue Vorlage.
Wir mußten manche Kompromisse machen. Das ließ sich leider nicht vermeiden. Trotzdem bin ich der Meinung, daß wir ein gutes Gesetz geschaffen haben, das einer guten Sache dient. Dieses Gesetz wird sich bewähren. Schon bei der zweiten Beratung gestern hat die übergroße Mehrheit des Hauses dem Gesetzentwurf zugestimmt, und bei einer Reihe von Bestimmungen sind Beschlüsse einstimmig gefaßt worden. Das bestätigt den gemeinsamen Willen, zu einer Lösung zu kommen, der alle Parteien die Zustimmung geben können. Ich möchte deshalb auch von dieser Stelle aus das tun, was ich in der Öffentlichkeit häufig getan habe: darum bitten, daß wir diese wichtige Frage wie im 1. Bundestag einmütig regeln. Ich richte den Appell vor allem an die Kollegen der SPD-Fraktion, sich der Zustimmung zu dem Gesetz nicht zu versagen.
Ein letztes Wort! Im Lande draußen wartet man auf das Gesetz. Kommen wir deshalb zur Tat! Sichern wir durch dieses Gesetz, daß ab 1. Oktober nach diesem Gesetz gebaut werden kann! Wenn heute in sehr langen Ausführungen in diesem Hohen Hause über die äußere Sicherheit unseres Volkes gesprochen wurde, so stellt dieses Gesetz. ein Kernstück der Sozialreform dar, das die innere Sicherheit unseres Volkes zum Ziele hat.
An den Bundesrat darf ich auch im Namen des Ausschusses von dieser Stelle aus die dringende Bitte richten, dem Gesetz ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses zuzustimmen. Nachdem alle Änderungswünsche des Bundesrats, die irgendwie vertreten werden konnten, gestern in einem Sammelantrag der Koalitionsfraktionen angenommen worden sind, darf erwartet werden, daß dieses Gesetz numehr ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses angenommen wird. Meine Damen und Herren, die CDU/CSU-Fraktion stimmt dem Gesetz zu.