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ID0214316100

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    2. Deutscher Bundestag — 143. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4.. Mai 1956 7479 143. Sitzung Bonn, Freitag, den 4. Mai 1956. Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 243 (Drucksachen 2304, 2354) . . 7480 A Erste Beratung des Entwurfs eines Wehrpflichtgesetzes (Drucksache 2303) . . . . 7480 A Blank, Bundesminister für Verteidigung 7480 A, 7548 A, 7553 D, 7554 D Dr. Kliesing (CDU/CSU). . . . . 7484 D, 7486 C, D, 7487 A Schmidt (Hamburg) (SPD) 7486 C, 7538 B, C Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) : als Abgeordneter . . . . 7486 D, 7487 A als Vizepräsident 7516 D, 7531 A, 7537 D, 7538 B, C, 7540 D, 7548 B Vizepräsident Dr. Schneider . . . . 7488 A Erler (SPD). 7493 A, 7499 B, 7530 D, 7533 D, 7535 B, C, D, 7537 B, 7552 C, D, 7554 C Kiesinger (CDU/CSU) 7499 A Dr. Vogel (CDU/CSU) 7499 B von Manteuffel (Neuß) (DA) . . . 7504 D Dr. Reif (FDP): zur Geschäftsordnung 7516 C zur Sache 7551 B Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 7516 C Dr. Mende (FDP) . 7516 D, 7531 A, 7534 B, 7536 D, 7537 D, 7541 A Feller (GB/BHE) 7526 C Dr. Jaeger (CDU/CSU) . 7530 C, 7531 A, D, 7533 D, 7534 B, 7535 C, D, 7536 D, 7537 B, D, 7538 A, D Mellies (SPD) 7531 D, 7537 C, D Schneider (Bremerhaven) (DP). . .7539 A, 7540 D., 7541 A Eickhoff (DP) 7543 B Merten (SPD) 7543 C Wehner (SPD) 7548 B Frau Hütter (FDP) 7548 B Nellen (CDU/CSU) 7549 B Berendsen (CDU/CSU) 7552 B, D Dr. Bucher (FDP) 7554 B Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung und an den Rechtsausschuß 7555 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Organisation der militärischen Landesverteidigung (Drucksache 2341) 7555 A Blank, Bundesminister für Verteidigung . . 7555 A, 7558 B, 7562 C Dr. Reichstein (GB/BHE) 7555 D Dr. Mende (FDP) 7557 B Schmidt (Hamburg) (SPD) 7558 C Berendsen (CDU/CSU) 7562 D Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung, an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung 7563 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (Rentenversicherungsgesetz) (Drucksache 2314) . . 7563 D Dr. Schellenberg (SPD), Antragsteller 7563 D, 7571 D Storch, Bundesminister für Arbeit . 7570 C Horn (CDU/CSU) 7571 C Frau Finselberger (GB/BHE) . . 7572 B Dr. Hammer (FDP) 7573 A Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 7573 C Dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) (Drucksachen 2353, 2270, 722, 601, 5; Umdrucke 596, 597, 598) 7573 C Lücke (CDU/CSU) . . . . 7573 D, 7576 D Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 7574 D Jacobi (SPD) 7576 B, 7579 B Vizepräsident Dr. Schneider 7576 D, 7578 B Dr. Will (FDP) 7577 A Frau Heise (SPD) 7578 B Körner (DA) 7578 C, 7581 B Graaff (Elze) (FDP) 7580 B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7580 D Stierle (SPD) 7581 A Abstimmungen 7581 B, D Nächste Sitzung 7582 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 7582 B Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktion der FDP, GB/BHE, DP zum Entwurf eines Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes (Umdruck 596) 7583 A Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktion der FDP zum Entwurf eines Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes (Umdruck 597) 7583 B Anlage 4: Änderungsantrag der Fraktionen der DA, DP zum Entwurf eines Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes (Umdruck 598) 7583 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordneter beurlaubt bis einschließlich Dr. Starke 31. 7. Peters 15. 7. Meitmann 15. 7. Blachstein 30. 6. Gedat 30. 6. Dr. Atzenroth 16. 6. Dr. Brühler 16. 6. Dr. Hellwig 16. 6. Runge 16. 6. Frau Geisendörfer 9. 6. Altmaier 2. 6. Jahn (Frankfurt) 2. 6. Müller-Hermann 2. 6. Kahn 1. 6. Dr. Bartram 31. 5. Neuburger 31. 5. Frau Dr. Steinbiß 19. 5. Frau Friese-Korn 12. 5. D. Dr. Gerstenmaier 12. 5. Moll 12. 5. Pusch 12. 5. Frau Kalinke 10. 5. Dr. Moerchel 10. 5. Frau Niggemeyer 10. 5. Rehs 10. 5. Dewald 9. 5. Karpf 9. 5. Ollenhauer 8. 5. Dr. Orth 6. 5. Albers 5. 5. Frau Albertz 5. 5. Dr. Franz 5. 5. Dr. Greve 5. 5. Klingelhöfer 5. 5. Lemmer 5. 5. Lenz (Brühl) 5. 5. Dr. Maier (Stuttgart) 5. 5. Morgenthaler 5. 5. Pelster 5. 5. Schneider (Hamburg) 5. 5. Bauer (Wasserburg) 4. 5. Bender 4. 5. Fürst von Bismarck 4. 5. Brandt (Berlin) 4. 5. Dr. Bucerius 4. 5. Dr. Deist 4. 5. Frau Döhring 4. 5. Ehren 4. 5. Gerns 4. 5. Glüsing 4. 5. Heiland 4. 5. Dr. Graf Henckel 4. 5. Jacobs 4. 5. Dr. Keller 4. 5. Knobloch 4. 5. Kramel 4. 5. Leibfried 4. 5. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 4. 5. Schill (Freiburg) 4. 5. Schmitt (Vockenhausen) 4. 5. Schoettle 4. 5. Schrader 4. 5. Dr. Strosche 4. 5. Frau Wolff (Berlin) 4. 5. Ziegler 4. 5. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Dr. Gille 16. 6. Dr. Köhler 19. 5. Anlage 2 Umdruck 596 (Vgl. S. 7580 B, 7581 B) Änderungsantrag der Fraktionen der FDP, GB/BHE, DP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) (Drucksachen 2353, 2270, zu 2270, 5, 601, 722, 2279 [neu]). Der Bundestag wolle beschließen: In § 18 a) erhält Abs. 1 Satz 2 folgende Fassung: Vom Rechnungsjahr 1957 ab stellt der Bund hierfür einen Betrag von mindestens 700 Millionen Deutsche Mark im Bundeshaushalt zur Verfügung. b) werden folgende neue Absätze 1 a und 1 b eingefügt: (1 a) Von dem in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Betrag werden im Rechnungsjahr 1958 10 vom Hundert, im Rechnungsjahr 1959 20 vom Hundert und im Rechnungsjahr 1960 30 vom Hundert für Zins- oder Annuitätszuschüsse zur zusätzlichen Förderung des Baues von Familienheimen bereitgestellt. Die nach Satz 1 gewährten Zins- oder Annuitätszuschüsse werden jeweils auf die Dauer von 20 Jahren gegeben. (1 b) Vom Rechnungsjahr 1961 ab stellt der Bund jährlich einen Betrag im Bundeshaushalt zur Verfügung, der sich gegenüber dem in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Betrag je Rechnungsjahr um 70 Millionen Deutsche Mark verringert, soweit er nicht für die in Absatz 2 genannten Zins- oder Annuitätszuschüsse benötigt wird. Bonn, den 4. Mai 1956 Dr. Dehler und Fraktion Feller und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 3 Umdruck 597 (Vgl. S. 7582 A) Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) (Drucksachen 2353, 2270, zu 2270,1 5, 601, 722, 2279 [neu]). Der Bundestag wolle beschließen: in § 110 a) die 'Überschrift wie folgt zu ergänzen: Überleitungsvorschriften für öffentlich geförderte Eigenheime, Kleinsiedlungen, Kaufeigenheime und Eigentumswohnungen; b) in Abs. 1 zwischen Satz 1 und 2 folgenden neuen Satz einzufügen: Öffentlich geförderte Eigentumswohnungen, auf die die Vorschriften des Ersten Wohnungsbaugesetzes anzuwenden sind, sind auf Antrag als eigengenutzte Eigentumswohnungen anzuerkennen, wenn sie den in § 12 Abs. 1 Satz 2 bestimmten Voraussetzungen entsprechen. Bonn, den 4. Mai 1956 Graaff (Elze) Dr. Dehler und Fraktion Anlage 4 Umdruck 598 (Vgl. S. 7581 B, D) Änderungsantrag der Fraktionen der DA, DP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) (Drucksachen 2353, 2270, zu 2270, 5, 601, 722, 2279 [neu]). Der Bundestag wolle beschließen: In § 32 Abs. 1 erhält Buchstabe b die folgende Fassung: b) über die Anzahl der nachweislich noch unzumutbar untergebrachten Wohnungsuchenden, insbesondere solcher, die in Lagern, Baracken, Bunkern, Nissenhütten oder ähnlichen nicht dauernd für Wohnzwecke geeigneten Unterkünften untergebracht sind. Bonn, ,den 4. Mai 1956 Körner von Manteuffel (Neuß) und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion
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    Rede von Dr. Willy Reichstein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An diesem an Zitaten so reichen Nachmittag darf ich meine Ausführungen vielleicht auch mit einem Zitat beginnen, das Sie gern hören werden: „Da Kürze nun des Witzes Seele ist, faß' ich mich kurz".
    Ich möchte auf zwei Dinge in diesem Gesetz zu sprechen kommen, zunächst auf das Bemühen, dem der Herr Verteidigungsminister bei der Begründung einen gewissen Raum gegeben hat, nämlich mit Hilfe dieses Gesetzes eine sinnvolle Einfügung unserer bewaffneten Macht in das Verfassungssystem der parlamentarischen Demokratie herzustellen. Damit wird also das Problem des Gleichgewichts zwischen dem Militärischen und dem Zivilen angesprochen. Es ist das Problem der parla-


    (Dr. Reichstein)

    mentarisch-politischen Kontrolle, das Problem der bewaffneten Macht in der Demokratie überhaupt. Wir — das ganze Haus — haben uns in den bisherigen Wehrgesetzen und auch in der Grundgesetzänderung bemüht, diesen Gedanken den uns richtig scheinenden Ausdruck zu geben.
    Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal bedauern, daß das Haus mit Mehrheit unseren Antrag abgelehnt hat, wegen der besonderen Verantwortungsfülle, die der Verteidigungsminister hat, ihn auch einer besonderen parlamentarischen Kontrolle zu unterwerfen. Bei aller Begründung der Ablehnung aus rechtlichen und insbesondere verfassungsrechtlichen Erwägungen sehen wir doch nach wie vor die Gefahr, daß einmal eine nicht mehr ausreichende Vertrauensbasis vielleicht deshalb zu spät festgestellt werden könnte, weil die Mehrheit des Hauses das nicht gleich in die Form eines Mißtrauens gegen den Regierungschef selber kleiden möchte.
    Wir müssen uns — das gilt für das Verteidigungsministerium und auch für uns im allgemeinen — darüber im klaren sein, daß unser Anliegen nicht allein durch die Organisation gelöst werden kann. Es wird vielmehr von der Politik, die der verantwortliche Minister treibt, abhängen, ob das, was wir wollen, auch eintritt, nämlich daß der Militärdienst immer und zu allen Zeiten den Charakter eines öffentlichen Dienstes zum Schutze des Staates behält, ohne jemals die freiheitliche Grundordnung unseres Staates, das Recht und den Frieden zu gefährden. Wir müssen darauf achten, daß aus dem Besitz einer vielleicht noch ungeahnten Macht keine pathologischen Rauschzustände mehr eintreten, auf der andern Seite aber ebenso wenig ein pathetisches Hingebungsbedürfnis!

    (Abg. Dr. Keller: Sehr gut!)

    Wer nach den letzten Kriegen noch den Mut zu einer idealistischen Verklärung des Krieges aufbringt, gehört ins Narrenhaus, auch wenn er Redakteur von vielleicht subventionierten Zeitschriften sein sollte.

    (Sehr gut! beim GB/BHE.)

    Wir dürfen in dem Zusammenhang auch noch einmal auf ein Zitat des Historikers Ritter verweisen, der sehr deutlich sagt, daß alle äußere Organisation der staatlichen Führungsstellen wenig bedeute im Vergleich mit dem Geist, der die leitenden Männer erfüllt.
    Es ist bei der Organisation des Ministeriums, bei der Organisation der bewaffneten Macht in der Demokratie, doch sehr zu beachten, daß zum erstenmal in unserem neuen Staatswesen eine Massenorganisation, eine zum Teil über die Pflicht herbeigeführte Zwangsorganisation entsteht mit sonst nirgends vorhandenen Einwirkungsmöglichkeiten. Man wird dabei berücksichtigen müssen, daß sich die Jugend von manchen Denkformen und Lebensformen, die gewisse Leute, offenbar auch im Verteidigungsministerium, auch unter dem Begriff der Tradition fassen wollen, längst verabschiedet hat!

    (Sehr gut! beim GB/BHE.)

    Ein Zweites: daß unsere Staatsform nicht etwa schon durch unser Wahlrecht oder durch Gesetze ausreichend geschützt ist — ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß man in der vergangenen Zeit nicht ganz unberechtigt manchmal von „Adolf Légalité" gesprochen hat, sondern daß unser neues Staatswesen seinen echten Schutz durch das innere Verhältnis erhält, das die Bürger an dieses ihr Staatswesen bindet. Es soll darauf geachtet werden, daß die Bundeswehr nicht eine Gemeinschaft wird, in der der Soldat als fertige Ware die Meinungen bezieht, von denen er lebt.
    Der Entwurf dieses Gesetzes und auch der mit ihm zusammenhängende Organisationsplan werden gründlicher Beratungen im Ausschuß bedürfen. Denn es müssen — das ist nicht immer leicht — Dinge verschiedener Wertigkeit durch dieses Gesetz und diesen Plan in das gebührende Verhältnis zueinander gebracht werden.
    In der Begründung wird darauf hingewiesen, daß die Abteilungen gleichgeordnet sein sollen und daß dadurch auch erkennbar sein soll, daß alle Aufgaben gleich gewertet werden sollen. Nun, meine Damen und Herren, in einem eigenen Paragraphen, dem § 11, ist ein gebührender Raum der Militärseelsorge gewidmet. Wir werden das begrüßen, wenn es der Ausdruck dafür sein soll, daß das, was so oft mit dem Begriff „Menschlichkeit" — vielleicht ohne daß man sich Gedanken darüber macht — gesagt werden soll, und das Recht der freien Persönlichkeit auch und gerade bei der bewaffneten Macht beachtet werden soll. Aber es erhebt sich dann sofort die Frage: Wie steht es denn — nach berechtigter Berücksichtigung des seelischen Wohls — mit dem leiblichen Wohl? Meine Damen und Herren, ich darf Sie — und auch Sie, Herr Verteidigungsminister — in allem Ernst darauf aufmerksam machen, daß im Gesetz von diesen Dingen, nämlich vom Gesundheitswesen, mit keinem Wort die Rede ist und daß in dem Plan dieser Teil der Fürsorge für die Soldaten als eine Unterabteilung aufgeführt wird und damit nach außen und für jedermann erkennbar eine geringere Bedeutung erhält als etwa Recht, Liegenschaften oder Technik! Es müssen daraufhin berechtigte Zweifel auftreten, ob im Ministerium diesem Gebiet die gebotene
    Beachtung geschenkt wird. Es entsteht damit in der Öffentlichkeit der Eindruck — woran niemand, am wenigsten das Ministerium selbst, interessiert sein kann! —, daß die Organisation des Kampfes und des Zerstörens und alles das, was damit zusammenhängt — wenn es auch zum Zwecke der Verteidigung geschieht —, höher gewertet werden als die Bemühungen, das Leben zu erhalten.

    (Sehr gut! beim GB/BHE.)

    Die deutsche Bevölkerung, der nun wieder die allgemeine Wehrpflicht zugemutet wird, muß erwarten können — ich glaube, sie wird es auch sehr deutlich fordern! —, daß zu ihrem direkten Schutz und insbesondere zu dem der Soldaten die größten Anstrengungen gerade gut genug sind. Ich meine, erkennbare Zeichen, daß die Ehrfurcht vor dem Leben auch zu den Grundsätzen unseres Staates gehört, sind hier am Platze.

    (Zustimmung beim GB/BHE und bei der CDU/CSU.)

    Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, daß in manchen Kreisen — erlauben Sie mir diese allgemeine Umschreibung — das Gesundheitswesen in der Bundeswehr unter dem Zerrbild des Sanitätsgefreiten Neumann gesehen wird, den man nur im Ernstfall dicht genug neben sich wünscht!
    Schon diese Gesichtspunkte allein begründen nach meiner Auffassung die Forderungen nach einer der Aufgabe entsprechenden Stellung in der Organisation, d. h. eine eigene Abteilung für den Gesundheitsdienst bei der Bundeswehr. Dieses


    (Dr. Reichstein)

    Haus wird sich — so hoffe ich — dieser Ansicht anschließen und damit erkennbar für die deutsche Öffentlichkeit bekunden, daß es eine gesundheitliche Hilfe für die Soldaten wünscht, die vor dem eigenen Gewissen und vor dem ganzen Volk auch verantwortet werden kann. Nur bei ganz oberflächlicher Betrachtung, die aber offenbar in gewissen verantwortlichen Kreisen noch Raum hat, kann man unterstellen, es handle sich bei diesem Gedanken um die Sonderwünsche eines Standes. Es geht bei dieser Frage nicht etwa um den Stand der Ärzte, von denen übrigens im letzten Krieg die Hälfte Soldat war und etwa ein Fünftel gefallen ist, sondern ausschließlich um die Sicherstellung der bestmöglichen gesundheitlichen Versorgung der Soldaten.
    Über diese allgemeinen Überlegungen hinaus wird die gleiche Forderung zu erheben sein bei der gebotenen Beachtung der Erfahrungen in der Vergangenheit und der Berücksichtigung dessen, was noch unbekannte technische Entwicklungen auf diesem Gebiete uns an Vorbereitungen aufzwingen, von denen wir zwar hoffen wollen, sie im Ernst nie erleben zu müssen, auf die wir uns aber vorbereiten müssen. Wir werden Gelegenheit haben, im Ausschuß diese sehr wichtige Frage in seiner ganzen Breite zu behandeln, und, Herr Verteidigungsminister, ich darf an dieser Stelle sagen: wir werden es, wenn es notwendig ist, mit einer Leidenschaft und einer Härte tun, die nur gute Dinge verdienen. Vielleicht aber verschließt sich der Herr Verteidigungsminister am allerwenigsten diesen Argumenten und gibt schon jetzt nach der Rückkehr in sein „Pentabonn" die Anweisung zur Einleitung erfolgreicher Absetzbewegungen in diesem Punkte.
    Ich knüpfte die Bemerkungen über die auch in dem Organisationsgesetz zu regelnde Fürsorge für das leibliche Wohl an die zu begrüßenden Bestimmungen zur Wahrung des seelischen Wohles der Soldaten an. Lassen Sie mich dazu ein Schlußwort sagen. Ich weiß nicht, ob beabsichtigt ist, für das Bundesverteidigungsministerium Abendsprüche oder ein Abendgebet einzuführen. Ich möchte aber dann zu bedenken geben, ob nicht, wie auch vielleicht für uns im Parlament, der Ausspruch des englischen Dichters Meredith sehr geeignet wäre: „Gib uns, o Herr, mehr Klugheit, daß wir nicht die schöne Welt verderben statt gewinnen!"

    (Beifall beim GB/BHE.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Mende.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Erich Mende


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten begrüßt die Vorlage des Organisationsgesetzes, das im Juli vorigen Jahres bei dem Beschluß über das Freiwilligengesetz gefordert worden ist und das leider erst jetzt, im Mai, hier in erster Lesung behandelt wird. Ich darf einige Ergänzungen zu dem machen, was Herr Kollege Reichstein bezüglich der Sanitätsinspektion hier dargelegt hat.
    Wir glauben, daß es dem möglichen atomaren Krieg mit seinen unerhörten Verwüstungen durch die radioaktiven Gammastrahlen nicht entspricht, wenn man das Sanitätswesen lediglich als Unterabteilung einer Hauptabteilung organisiert. Uns scheint, daß die Erhaltung der Substanz und auch die Erhaltung des Kämpfers ein so hohes Ziel jeder modernen Kriegführung ist, daß man daher das Sanitätswesen wesentlich stärker, etwa im Rahmen eines Sanitätsinspekteurs, in die Organisation einbauen und dem Verteidigungsminister sowie seinem Staatssekretär unmittelbar unterstellen sollte; denn der Verteidigungsminister ist auch für das gesamte Sanitätswesen der Bundeswehr verantwortlich. Eine solche Entwicklung scheint sich jetzt auch anzubahnen, nicht zuletzt unter dem Einfluß der ärztlichen Standesorganisationen. Ich glaube, daß wir den ersten Sanitätsoffizier bereits in wenigen Tagen sehen werden, nachdem die Entscheidung über einen oberen Sanitätsoffizier bereits gefallen sein soll.
    Die zweite Frage ist, ob nicht die Technik und Forschung etwas stärker im Organisationswesen der Bundeswehr herausgestellt werden müßten. Wir wissen aus den Erfahrungen des zweiten Weltkrieges, wie sich Altstrategen und Jungstrategen leider. zuwenig darum gekümmert haben, die Kriegsentscheidungen auch technisch vorzubereiten, wie das England 1940 so meisterhaft bei der Schlacht um England bewiesen hat, die durch die Radartechnik und durch junge Piloten gewonnen wurde und nicht durch irgendwelche großen strategischen Planer. Also sollten auch wir im Organisationswesen der neuen Bundeswehr ein technisches Forschungsamt einrichten, ebenfalls mit einem hochqualifizierten Ingenieur, beispielsweise einem Typ unseres großen Radarspezialisten, des Staatssekretärs Professor Brandt aus Düsseldorf. Einen solchen Typ findet man vielleicht bei der Abwicklung der Zentraltechnik des Nordwestdeutschen Rundfunks, jene Spezialisten der Radartechnik, die wir dann für diese wichtige Aufgabe einsetzen könnten.
    Der Fraktion der Freien Demokraten liegt sehr daran, auch einiges zu den Bestimmungen über die militärische Seelsorge zu sagen, wie sie in § 11 niedergelegt sind. Wir wissen uns in Übereinstimmung mit großen Teilen beider Kirchen, wenn wir nicht den wohluniformierten beamteten Militärgeistlichen einer staatlichen Militärseelsorge wünschen, sondern dem Militärseelsorger kirchlicher Art in dem Ornat des Priesters den Vorzug geben. Wir glauben, daß die Frage sehr eingehend, auch aus den Erfahrungen der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg, geprüft werden sollte, ob nicht der kirchliche Militärseelsorger im Ornat des Priesters den geistlichen und kirchlichen Aufgaben mehr gerecht werden würde als der uniformierte beamtete Militärgeistliche. Im übrigen gilt das, was ich sage, ohnehin nur für eine friedliche Entwicklung. Im Kampf wird selbstverständlich der Priester nicht in seinem Ornat auftreten können.
    Einige Worte auch noch zu dieser späten Stunde zu der Frage der Wehrverwaltung. Es hat hier ausgezeichnete Militärbeamte gegeben, die wir uns als Vorbild nehmen können und die einen hohen Ruf der deutschen Militärverwaltung begründet haben. Es hat auch Nebenerscheinungen negativer Art gegeben, die man aber zu verallgemeinern sich hüten sollte. Daß dies vor einem Jahr hier geschehen ist, bedauere ich sehr. Wenn jetzt von dem einen Extrem der uniformierten Militärverwaltung übergegangen wird auf das andere Extrem der nur zivilen Verwaltung, so glauben wir, daß auch hier der goldene Mittelweg besser wäre. Wir schlagen ein Mischsystem sowohl ziviler wie militärischer Verwaltung vor. Die Aufgaben sollten geteilt werden in erstens zivile Verwaltungsauf-


    (Dr. Mende)

    gaben, die standortgebunden sind, und zweitens in Truppenverwaltungsaufgaben, die im Verband der Truppe an keinen Ort gebunden sind. Zu der ersten, zur zivilen Verwaltung sollten gehören das Unterkunftswesen, das Kassen- und Rechnungswesen, das Besoldungswesen für Beamte und Soldaten, das Personalwesen für Beamte, Angestellte und Arbeiter, während der Truppenverwaltung Aufgaben wie die Verpflegung der Truppe, die Bekleidung der Truppe, die Bewirtschaftung der Haushaltmittel, die der Truppe zur Selbstbewirtschaftung zugewiesen werden, und andere unmittelbar bei der Truppe zu erledigende Aufgaben zufallen sollten.
    Zur Erfüllung der zivilen Verwaltungsaufgaben sollten Beamte, Angestellte und Arbeiter herangezogen werden, die ihre Planstellen bei bodenständigen Verwaltungen haben, etwa bei den Standortverwaltungen, Wehrbereichsverwaltungen, während für die militärischen Verwaltungsaufgaben bei der Truppe etwa für eine Übergangszeit bewährte frühere Truppen-Sonderdienst-Offiziere der alten Wehrmacht übernommen werden könnten und man für die zukünftige Entwicklung die Laufbahn des Quartiermeister-Offiziers schaffen könnte, eines Offiziers, der die allgemeine Ausbildung bis zum Leutnant genießt wie jeder andere Offizier auch, der dann aber eine Ausbildung speziell für Verwaltungstätigkeit erhält, so daß die Minderwertigkeitskomplexe, die leider mancher Zahlmeister gegenüber dem Truppenoffizier hatte, entfallen, da beide den gleichen Ausbildungsgang haben, der Quartiermeister-Offizier zusätzlich sogar noch eine Sonderausbildung aufzuweisen hat.
    Wir glauben, daß diese Kombination einer zivilen mit einer Militärverwaltung, wie wir sie soeben vorschlugen und wie wir sie im einzelnen im Ausschuß für Verteidigung noch darlegen wollen, eine glücklichere Lösung als Kompromiß darstellt als die gegenwärtige rein zivile, die bei der Truppe zwangsläufig zu Schwierigkeiten führen muß.
    Wir stimmen der Überweisung dieses Gesetzes an den Ausschuß zu und bitten den Ausschuß, dieses Gesetz vorrangig als das wichtigere Gesetz zu behandeln, damit baldigst über die Spitzengliederung und die Gesamtorganisation unserer Bundeswehr Klarheit besteht.