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ID0213103100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 131. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1956 6779 131. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Februar 1956 Ergänzung der Tagesordnung 6779 D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Abg. Unertl u. Gen. betr. Hilfe für die Hochwassergeschädigten in Vilshofen (Drucksachen 2124, 2091) 6779 D Ritzel (SPD) : als Berichterstatter 6779 D als Abgeordneter 6781 C Lermer (CDU/CSU) 6780 C Prennel (SPD) 6780 D Arndgen (CDU/CSU) 6781 B Dr. Vogel (CDU/CSU) 6781 D Vizepräsident Dr. Schmid 6782 A Schoettle (SPD) 6782 B Beschlußfassung 6782 B Nachruf für den Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau Heinrich Imig: . 6792 B Vizepräsident Dr. Schmid 6792 B Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksache 2100, Entschließungsantrag Umdruck 522) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft (Drucksache 1848) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Vorlage des Entwurfs eines Hilfsgesetzes für die deutsche Landwirtschaft (Drucksache 2058) 6782 C Fassbender (DP), Antragsteller . 6782 D Kriedemann (SPD) 6784 B Lücker (München) (CDU/CSU) 6792 C, 6795 C Mauk (FDP) 6799 B, C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 6799 B Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 6802 B Struve (CDU/CSU) 6805 D Elsner (GB/BHE) 6807 D Müller (Wehdel) (DP) 6810 B Richarts (CDU/CSU) 6811 A Dr. Baade (SPD) 6812 C Bauknecht (CDU/CSU) 6813 B Beschlußfassung über den Entschließungsantrag Umdruck 522 6814 C Überweisung des Antrags Drucksache 1848 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen . 6814 D Überweisung des Antrags Drucksache 2058 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den. Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 6814 D Nächste Sitzung 6815 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6815 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zum Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft (Umdruck 522 [berichtigt]) . . 6815 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Peters 15. 7. Dr. Starke 30. 4. Lulay 7. 4. Dr. Kopf 31. 3. Gedat 24. 3. Ladebeck 10. 3. Dr. Orth 10. 3. Dr. von Merkatz 10. 3. Scheppmann 10. 3. Held 5. 3. Moll 4. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 3. 3. Böhm (Düsseldorf) 3. 3. Eberhard 3. 3. Graaff (Elze) 3. 3. Dr. Hammer 3. 3. Stahl 3. 3. Mensing 1. 3. Meitmann 29. 2. Dr. Eckhardt 25. 2. Glüsing 25. 2. Krammig 25. 2. Mellies 25. 2. Dr. Pohle (Düsseldorf) 25. 2. Schmidt (Hamburg) 25. 2. Srock 25. 2. Dr. Atzenroth 24. 2. Bender 24. 2. Fürst von Bismarck 24. 2. Blachstein 24. 2. Dr. Blank (Oberhausen) 24. 2. Brandt (Berlin) 24. 2. Even 24. 2. Feldmann 24. 2. Dr. Friedensburg 24. 2. Ehren 24. 2. Hahn 24. 2. Hilbert 24. 2. Dr. Horlacher 24. 2. Frau Kipp-Kaule 24. 2. Dr. Kreyssig 24. 2. Kunz (Schwalbach) 24. 2. Lenz (Trossingen) 24. 2. Horn 24. 2. Jaksch 24. 2. Dr. Jentzsch 24. 2. Dr. Löhr 24. 2. Dr. Maier (Stuttgart) 24. 2. Dr. Mocker 24. 2. Morgenthaler 24. 2. Müller-Hermann 24. 2. Neuburger 24. 2. Dr. Preller 24. 2. Dr. Dr. h. c. Pünder 24. 2. Solke 24. 2. Stücklen 24. 2. Thieme 24. 2. Dr. Werber 24. 2. Wiedeck 24. 2. Dr. Will 24. 2. b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Hörauf 17. 3. Albers 15. 3. Anlage 2 Umdruck 522 (berichtigt) (Vgl. S. 6791 D, 6812 C, 6814 C) Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2100, zu 2100). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat mit Befriedigung den Bericht der Bundesregierung zur Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis genommen und stimmt den vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz zu. Er erwartet, daß sie umgehend verwirklicht werden, und fordert die Bundesregierung auf, den Nachtragshaushalt hierfür und die notwendigen Gesetzesvorlagen sofort vorzulegen bzw. notwendige Rechtsverordnungen zu erlassen. Bonn, den 23. Februar 1956 Dr. Krone und Fraktion
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    Rede von Adolf Mauk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Danke sehr!
    Meine Damen und Herren, das Landwirtschaftsgesetz verlangt neben verschiedenem anderen in erster Linie, daß die Bundesregierung in ihrem Bericht darauf Bezug nimmt, inwieweit die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals erreicht ist und wieweit die Entlohnung der in der Landwirtschaft Tätigen der in anderen Berufsgruppen entspricht. Ich darf sagen, daß der Bericht, der uns diese Woche von der Bundesregierung vorgelegt worden ist, so umfangreich und in einer derartigen Sorgfalt ausgearbeitet ist, daß er unser aller Anerkennung finden muß. Ich darf mich in dieser Richtung meinen Herren Vorrednern in jeder Beziehung anschließen. Wir müssen sagen, daß uns hier wirklich ein Material geliefert worden ist, welches uns die Möglichkeit gibt, die Lage der Landwirtschaft zu beurteilen. Es ist nur schade, daß die wenigsten von uns Zeit gehabt haben, dieses Material restlos durchzuarbeiten, und daß deshalb die meisten von uns zu manchen Dingen auch heute noch nicht endgültig Stellung nehmen können; es geht mir genauso wie meinen Herren Vorrednern. Im großen und ganzen aber muß ich sagen, daß ich diesem Bericht — zwar nicht vollinhaltlich, aber grundsätzlich — doch die Anerkennung nicht versagen kann.
    Als Abgeordnete haben wir natürlich bei der Betrachtung eines solchen Berichts die Pflicht, zu untersuchen, inwieweit dem Gesetzesbefehl, den das Parlament der Regierung erteilt hat, Rechnung getragen wurde. Wir müssen dies auf Grund ganz besonderer Erfahrung insbesondere dann tun, wenn unser verehrter Herr Bundesfinanzminister an solchen Dingen beteiligt ist. Hier kann ich mich Herrn Lücker nicht ganz anschließen. Herr Lücker, wir wollen mit dem Dank und mit dem Lob warten, bis dieses Jahr herum ist. Wir haben da auch schon einiges erlebt. Ich erinnere an die Ernteschadenhilfe usw.; da hat man auch von Beträgen gesprochen, und nachher ist für die Landwirtschaft nicht mehr sehr viel übriggeblieben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich hoffe aber, daß es diesmal nicht so sein wird; denn ich nehme an, daß im Prinzip die rund 1 Milliarde DM, die uns vom Herrn Bundesernährungsminister gestern verkündet worden ist, auch wirklich genehmigt worden ist und der Landwirtschaft zukommen wird.
    Zu diesem Bericht, der uns gestern gegeben worden ist und dem ich auch hier grundsätzlich zustimme — Einzelheiten müssen sicher noch besprochen werden; dazu werden wir im Laufe des Jahres Gelegenheit haben —, haben wir einige Wünsche anzumelden. Aber die können wir später noch anmelden; dazu haben wir noch Gelegenheit.
    Die Bundesregierung hat nach langem Zögern
    — wir haben schon seit Jahren auf ähnliche Maßnahmen gewartet - einen wirklich ernsthaften Versuch gemacht, der Lage der Landwirtschaft
    — verglichen mit der in der übrigen Wirtschaft —gerecht zu werden.


    (Mauk)

    Ich darf kurz auf einige Feststellungen des Berichts im einzelnen eingehen. Es freut mich, daß wir gestern in dem Bericht des Herrn Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zusätzlich noch eine Art Gesamtbild über die Landwirtschaft bekommen haben. In dem ersten Feststellungsbericht ist nur die Aufgliederung nach den einzelnen Ländern, Betriebsgrößen usw. vorgenommen worden. Gerade das Gesamtbild, die globale Diskrepanz, ist in den letzten Jahren immer wieder in der Öffentlichkeit besprochen worden.
    Allerdings haben wir uns über die Summe gewundert, die Sie, Herr Minister Dr. Lübke, uns gestern genannt haben. Wir haben seit Wochen immer wieder durch die Zeitungen und aus allen möglichen Quellen erfahren, wie der Bericht des Beirats beim Bundesernährungsministerium ungefähr ausgefallen ist. Wir haben schon vor Wochen durch Presseverlautbarungen da und dort und durch Indiskretionen gehört, daß dort eine Disparität von etwa 3,5 bis 4 Milliarden DM errechnet worden sei. Sie aber haben gestern nur von 2 Milliarden gesprochen.

    (Abg. Lücke: Das erste sind doch die Zahlen der Agraropposition! Das sind doch nicht die Zahlen von Minister Lübke!)

    — Nein, nein, das soll die amtliche Zahl des Beirates sein.

    (Widerspruch in der Mitte.)

    — Ich möchte das jetzt nicht untersuchen. Ich darf nur feststellen, daß z. B. in der „Deutschen Bauernkorrespondenz", also im amtlichen Organ des Deutschen Bauernverbandes, kürzlich eine Veröffentlichung von Dr. Peters erschienen ist, die bestimmt sorgfältig ausgearbeitet worden ist und die als Schlußergebnis auch eine völlig andere Summe herausbringt. Ich will also diese Gelegenheit nur benutzen, einmal zu untersuchen, wie solche Abweichungen überhaupt möglich sind.
    Ich bin überzeugt, daß der Bericht noch nicht ganz das enthalten kann, was er künftig wohl enthalten wird. Wir wissen, daß uns die Unterlagen der Testbetriebe in diesem Jahr noch nicht zur Verfügung standen. Man mußte einzig und allein von den vorhandenen Buchführungsbetrieben ausgehen. Man konnte zwar einiges statistische Material verwerten, ist aber in erster Linie von den vorhandenen Buchführungsbetrieben ausgegangen. Und daß es nicht die schlechtesten Betriebe der deutschen Landwirtschaft sind, sondern die besten, die bisher schon auf freiwilliger Basis eine Buchführung eingerichtet, Bücher geführt. haben, das dürfte wohl allen anwesenden Damen und Herren klar sein.
    Aus diesem Grunde konnte man auch nicht in dem Maße, wie es notwendig gewesen wäre, die kleineren Betriebe berücksichtigen. Ich darf nur feststellen, daß aus dem Bericht hervorgeht, daß aus der großen Gruppe der selbständigen Kleinbetriebe bis 10 ha — das sind rund 800 000 Betriebe - nur 353 Testbetriebe genommen werden konnten. Das bedeutet, daß von 2300 Betrieben nur einer getestet werden konnte. Das soll kein Vorwurf sein, nur eine Feststellung. Für diese Größengruppe waren eben keine Unterlagen vorhanden.
    Anders war es schon in den Betrieben von 10 bis 20 ha. Da konnten von 255 000 Betrieben immerhin 918 getestet werden; das war schon einer von 278 Betrieben. Bei der nächsten Gruppe von. 20 bis 50 ha wurde — das ist interessant - schon jeder 47. Betrieb und bei der Größengruppe über 50 ha schon jeder 11. bis 12. Betrieb untersucht.
    Sie mögen aus dieser Gegenüberstellung ersehen, daß das Bild noch nicht so ist, wie es vielleicht in Zukunft sein wird. Wir haben deutlich gesehen, daß die größeren Betriebsklassen — wenigstens in manchen Betriebszweigen — ganz anders als die kleineren abschneiden. Auch deshalb ist es durchaus möglich, daß sich das Gesamtbild noch ändert. Wir wünschen — und diesem Wunsch möchte ich ganz besonders Ausdruck geben —, daß in Zukunft auch die kleineren Betriebe in der Größe bis zu 10 ha und auch die von 10 bis 20 ha noch stärker als bisher — ich glaube, daß das auch der Wunsch unseres Herrn Ministers ist — mit herangezogen werden. Das Ganze läßt sich natürlich nur auf Grund der Angaben der vorgesehenen Testbetriebe durchführen.
    Bei der Prüfung dieses 191 Seiten umfassenden Berichts ist mir noch einiges andere aufgefallen. Bei manchen Dingen scheint mir doch ein gewisser methodischer Fehler unterlaufen zu sein. Ich möchte ausdrücklich wiederholen, ich weise auf diese Dinge nicht hin, weil ich hier Kritik üben möchte, sondern lediglich zur Aufklärung der Damen und Herren, die nicht die Möglichkeit haben, den Bericht so kritisch durchzulesen und dementsprechend ihre Schlußfolgerungen zu ziehen, die auch in dem landwirtschaftlichen Sektor nicht so bewandert sind, daß sie die Dinge so ohne weiteres erkennen können.
    Ich denke z. B. an den Ansatz der Arbeitskräfte. Der Bericht selbst weist aus, daß wir in der deutschen Landwirtschaft 4 781 000 hauptberuflich Tätige haben. Außerdem sind nach dem Bericht 1 387 000 nebenberuflich Tätige in der deutschen Landwirtschaft beschäftigt. Das wären zusammengerechnet über 6 Millionen Menschen. Der Bericht sagt, man habe diese nicht alle als Vollarbeitskräfte einsetzen können. Dafür haben wir volles Verständnis. Man hat beispielsweise alle über 60 Jahre Alten nur noch mit 3/10 einer vollen Arbeitskraft eingesetzt, die unter 17 Jahre Alten mit 5/10. Darüber hinaus hat man dann für die im Haushalt Beköstigten 2/10 abgezogen. Aber selbst wenn ich alle diese Dinge großzügig berücksichtige, wenn ich auch die nicht ständigen Arbeitskräfte sehr sorgfältig bewerte — ich habe mir Mühe gegeben, das zu tun —, komme ich trotzdem nicht auf die Zahl von 3,1 Millionen Vollarbeitskräften, die in dem Bericht — soweit es mir möglich war, das herauszufinden — zugrunde gelegt ist.
    Ich glaube auch — da möchte ich mich dem anschließen, was Kollege Lücker vorhin gesagt hat —, daß man mit dem Abzug, den man der Hausfrau, der Arbeit unserer Bäuerin, auferlegt hat, der Frauenarbeit nicht gerecht wird. Ich glaube, daß ihre Arbeit in diesem Zusammenhang besonders anerkannt werden muß.
    Ich habe mir dann die Mühe gemacht, auch die eingesetzte Lohnhöhe einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Auch hier hätte man es — wenn man schon von einem Jahresverdienst ausgehen wollte — bei dem ursprünglichen Ansatz von 3800 Mark lassen müssen, hätte nicht gleich wieder einen Abschlag machen sollen. Wir haben aus dem Munde des Herrn Ministers selber gehört, daß diese 300 DM bei rund 3 Millionen Arbeitskräften schon 900 Millionen DM ausmachen. Die Disparität ist also dementsprechend größer oder kleiner.
    Ich erinnere mich noch an die Untersuchungen, die wir seinerzeit zusammen mit Dr. Puvogel vom


    (Mauk)

    Ifo-Institut im Unterausschuß Paritätsgesetze angestellt haben, als dieses Gesetz beraten wurde. Damals ist uns die Kostenrechnung auch nach diesen wissenschaftlichen Untersuchungen dargelegt worden. Ich habe damals den angesetzten Lohn beanstandet. In dem Bericht war, wenn ich mich recht erinnere, von Dr. Puvogel eine Disparität im Betrag von 1,6 Milliarden DM festgestellt worden. Wir haben dann gefragt, wie der Lohn eingesetzt sei. Er wurde im Schnitt der Männer- und Frauenarbeitsstunde mit 90 Pfennig angesetzt. Ich habe daraufhin gesagt — andere Kollegen ebenfalls —, daß der Satz längst überschritten sei, daß wir wenigstens 30 oder 40 Pfennig pro Stunde mehr ansetzen müßten, um einen mit anderen Berufsgruppen annähernd vergleichbaren Lohn zu bekommen. Herr Dr. Puvogel hat uns damals schon erklärt, daß eine Erhöhung auch nur von 10 Pfennig bei 3 Millionen Beschäftigten 810 Millionen DM ausmachen würde.
    Wir verstehen nun auch, daß hier sehr vorsichtig vorgegangen worden ist; denn wenn wir unterstellen, daß der Stundenlohn nur um 20 Pfennig falsch angesetzt ist, macht dies natürlich schon 1,6 Milliarden DM mehr oder weniger in der Endsumme zur Ermittlung der Disparität aus. Ich will jetzt gar nicht von den einigen hunderttausend Arbeitskräften reden, die noch in der Landwirtschaft tätig sind, wenn auch in kleineren Betrieben. Sie sind aber da, sie sind voll tätig, und man müßte sie in der Globalrechnung wenigstens in Zukunft, wenn auch diese kleineren Betriebe mit in die Untersuchung einbezogen sind, berücksichtigen.
    Ich habe vor einigen Wochen eine interessante Unterhaltung gehabt. Ich habe eine Sitzung eines wirtschaftspolitischen Gremiums besucht und habe mich da über die Lage der deutschen Landwirtschaft mit Industriellen meiner schwäbischen Heimat unterhalten. Sie wissen, daß unsere Industrie in Baden-Württemberg nicht gerade die schlechteste ist; sie kann sich neben den Industrien im übrigen Deutschland zumindest sehen lassen. Wir haben uns dort über die Lage der deutschen Landwirtschaft unterhalten. Ich wurde zuerst sehr stark angegriffen, ich stellte die Dinge einseitig dar. Doch ein schwäbischer Industrieller, der aus der Landwirtschaft stammt und noch gute Verbindung mit der Landwirtschaft hat und aus Liebhaberei einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet, hat sich in der Diskussion gemeldet und berichtet, daß er mir aus eigener Erfahrung — und er durchleuchte seinen landwirtschaftlichen Betrieb genau so nach kaufmännisch-wirtschaftlichen Grundsätzen wie seinen Industriebetrieb — in jeder Beziehung in den Dingen, die ich damals bekundet habe, recht geben müsse. Er führte aus, daß in seinem 85-ha-
    Betrieb, der ja nicht dem Durchschnitt der deutschen Landwirtschaft entspricht — der Durchschnitt dürfte vielmehr beinahe nur 10 % dieser Betriebsfläche ausmachen —, alles eingesetzt sei, was an technischen Hilfsmitteln möglich ist. Der Betrieb sei bis zum letzten durchrationalisiert und trotzdem nicht in der Lage gewesen, aus diesen 85 ha, die allerdings ohne Sonderkulturen bewirtschaftet werden — im schwäbischen Oberland in der Gegend von Ravensburg, damit Sie auch wissen, wo der Betrieb liegt —, auch nur annähernd eine Rendite abzuwerfen, wie er es als Kaufmann verlangen müsse.
    Auf die spezielle Frage nach der Rationalisierung und Technisierung hat er gesagt, er habe vor zwei Jahren nochmals einige Arbeitskräfte und Pferde
    durch Beschaffung von neuen Maschinen einsparen wollen. Er habe den Versuch gemacht, habe jetzt zwei Pferde und zwei Arbeitskräfte weniger. Wenn er aber alles zusammenrechne, was ihn diese Maschinen wiederum zusätzlich kosteten, weil sie ja nur an Spitzentagen, nur an wenigen Tagen im Jahr eingesetzt werden könnten, ergebe sich, daß er dadurch keine große Einsparung gemacht habe; im Gegenteil, Amortisierung, Verzinsung usw. fräßen beinahe das wieder auf, was an Menschen und Pferden eingespart worden sei.
    Er wurde präzise gefragt — und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, dürfte Sie alle interessieren —, welcher Verdienst in seinem Betrieb bei dieser besten Bewirtschaftung zu erzielen gewesen sei. Da hat er gesagt, es sei ihm im Laufe der letzten Jahre nicht möglich gewesen, eine höhere Verzinsung als 3 % des im Betrieb investierten Kapitals herauszuwirtschaften. Dabei sei es ihm nicht möglich gewesen, seinen in der Landwirtschaft tätigen Mitarbeitern auch nur annähernd industriegleiche Löhne zu zahlen, wie er sie in seinem Industriebetrieb selbstverständlich zahle. — Ich wollte dieses Beispiel nur einmal anführen, damit Sie sehen, wie die Dinge in der Praxis liegen.
    Er wurde dann von einem anderen Industriellen gefragt, was er, wenn er die Arbeiter in seinem landwirtschaftlichen Betrieb wie in der gewerblichen Wirtschaft entlohnen wolle und wenn er gleiche kaufmännische Grundsätze wie in der gewerblichen Wirtschaft bezüglich des Unternehmerrisikos, bezüglich der Abschreibungen, der Verzinsung des Kapitals usw. anwende, dann für seine verkauften Produkte mehr erlösen müsse. Da hat er ohne Besinnen gesagt: wenn ich nach kaufmännischen Gesichtspunkten meinen Leuten industriegleichen Lohn zahlen will, mindestens 20 %!
    In dem Bericht ist festgestellt worden, daß der Verkaufserlös der deutschen Landwirtschaft annähernd 14 Milliarden beträgt. Wenn wir einmal von diesem Betrieb, der einen Spitzenbetrieb darstellt, ausgingen und sagten, auch dieser Spitzenbetrieb müßte, um seinen Aufwand mit seinem Ertrag einwandfrei nach kaufmännischen Gesichtspunkten decken zu können, 20 % mehr haben, wenn wir also nur diesen Betrieb und nicht die Tausende von Kleinbetrieben berücksichtigten, dann müßte eine Disparität von 2,8 Milliarden vorliegen. Da es nur wenige Betriebe gibt, die derartig wirtschaften können, glaube ich, daß die Berechnungen, die da und dort angestellt worden sind, teilweise doch nicht so abwegig sind.
    Wir brauchen nur die Verschuldung der Landwirtschaft — ich glaube, einer meiner Herren Vorredner hat schon darauf hingewiesen — mit nunmehr annähernd 7 Milliarden zu betrachten und sie mit dem Verkaufserlös von jährlich 14 Milliarden zu vergleichen. Schon dieser Vergleich muß uns zu denken geben. Ich erinnere daran, daß in der Landwirtschaft das Kapital nur einmal jährlich umgeschlagen werden kann, ja, in vielen Zweigen nur einmal sogar in mehreren Jahren, weil wir ja auch Dauerkulturen haben, und diese Dinge müssen hier ebenfalls berücksichtigt werden.
    Nun kommt die Frage auf uns zu: Wie soll die Disparität beseitigt werden? Ich möchte dem darüber schon Gesagten nicht mehr viel hinzufügen; ich sehe, daß die Zeit fortschreitet, und weiß, Sie möchten am Freitag nachmittag wieder nach Hause


    (Mauk)

    fahren. Grundsätzlich möchte ich mein Einverständnis mit dem erklären, was die Bundesregierung hier gestern vorgetragen hat. Ich hoffe, einige Wünsche noch im Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vorbringen zu können; meines Erachtens sind einige Dinge noch zu bereinigen, auf die jetzt im einzelnen einzugehen aber zu weit führen würde. Grundsätzlich aber bin ich, wie gesagt, damit einverstanden. Allerdings müssen wir bei den Auswirkungen in erster Linie daran denken, daß es am schlechtesten den klein- und mittelbäuerlichen Betrieben geht und daß daher die Hilfe in erster Linie dort angesetzt werden muß.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Das möchte ich grundsätzlich dabei herausstellen.

    (Zuruf von der Mitte: Dann sind wir uns einig!)

    — Ich glaube, darin sind wir uns im großen und ganzen alle einig. Ich wollte das nur der Ordnung halber besonders festgestellt haben.
    Ich darf zum Schluß sagen, daß wir — das möchte ich all denen zurufen, die nicht den landwirtschaftlichen Berufen angehören - auf Grund der Feststellungen dieses Berichts zum Landwirtschaftsgesetz die Lage der Landwirtschaft doch mit etwas anderen Augen ansehen. Sehr viele werden sie mit anderen Augen als vorher ansehen. Gerade wir Vertreter der deutschen Landwirtschaft, die wir immer und immer wieder mahnend das Wort ergriffen haben, sind oft verkannt worden. Man hat uns oft unterstellt, wir machten einseitige Interessenpolitik. Ich glaube, dieser Bericht hat bewiesen, daß unsere Behauptungen nicht übertrieben gewesen sind, daß sie im Gegenteil, ich darf das hier feststellen, im großen und ganzen sehr maßvoll gewesen sind, wie das deutsche Landvolk in seinen Forderungen immer maßvoll gewesen ist.
    Wir haben zur Zeit manchmal Sorge um die Urproduktion der gewerblichen Wirtschaft. Wir wissen, wie schnell es sich auf die gesamte Wirtschaft auswirken kann, wenn wir in Deutschland zu wenig Kohle erzeugen. Ich glaube, wir müssen immer daran denken, daß wir, so wie wir jede gewerbliche Urproduktion für unsere gesamte Volkswirtschaft brauchen, auch die Urproduktion der deutschen Landwirtschaft brauchen. Um nichts anderes handelt es sich. Wir können notfalls auf alles verzichten; wir können auf jeden Luxus verzichten, wir können aber keinen Tag auf die Nahrung verzichten. Das braucht der Mensch, bevor er anderes schaffen und produzieren kann, das braucht er, wenn er leben will. Wir haben immer um die Erhaltung der Landwirtschaft gekämpft, nicht etwa um einem sterbenden Beruf zu helfen — die Bereinigung in der deutschen Landwirtschaft kommt organisch, soweit sie verantwortet werden kann und notwendig ist —, einem Berufsstand, der für die Zukunft keine Aussicht mehr hat, sondern um zu helfen, daß die Nahrungsgrundlage für unser deutsches Volk gesichert bleibt, daß uns von niemand anderem der Brotkorb höher oder niedriger gehängt werden kann.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Lübke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dafür, daß der sogenannte Grüne Bericht heute zum erstenmal auf Grund des Landwirtschaftsgesetzes vom vorigen Jahr vorgelegt wird, ist das Echo wohl nicht nur durchaus zufriedenstellend, sondern in jeder Hinsicht positiv, und zwar nicht nur positiv für den Bericht, sondern auch positiv in der Einstellung zur gesamten deutschen Landwirtschaft, insbesondere zu den Hilfen, die für die bessere und weitere Entwicklung der deutschen Landwirtschaft vorgesehen sind.
    Ich möchte heute auf allgemeine Fragen nicht eingehen; dazu hatte ich gestern genügend Gelegenheit. Ich möchte aber auf die Anregungen eingehen, die heute gegeben worden sind, und auf die Zweifelsfragen antworten, die hier erörtert worden sind. Soweit in der weiteren Debatte von den einzelnen Rednern noch Anregungen vorgebracht werden, bin ich bereit, auch darauf einzugehen.
    Es sind Zweifel darüber laut geworden, ob die Abzüge, die z. B. bei dem Ansatz für die Bauersfrau für die Versorgung der eigenen Familienangehörigen, also für private Angelegenheiten, gemacht wurden, richtig seien, ob es also, wenn sie rein privat drei oder vier Leute zu versorgen hat, richtig sei, pro Person zwei Zehntel von dem Ansatz der vollen Arbeitskraft abzuziehen. Meine Damen und Herren, die Zweifel daran sind völlig unberechtigt. Wir wollen doch einen vollgültigen Vergleich mit vergleichbaren Berufsgruppen haben. Dann müssen wir doch berechtigt sein, auf die Angaben der wissenschaftlichen Institute einzugehen. Wir haben drei wissenschaftliche Institute damit befaßt, uns hierfür brauchbare Unterlagen zu liefern. Die drei Institute haben die Zahlen angegeben, und zwar das hier in Bonn 0,24, das in Gießen 0,24 und das hauswirtschaftliche Forschungsinstitut in Godesberg 0,21. Wir haben 0,2 eingesetzt. Ich glaube, da kann man nicht sagen, daß wir zu hoch gegriffen hätten. Der Vergleich mit anderen Berufsgruppen muß doch glaubhaft sein. Wir müssen jeder Frage nach dieser Richtung mit gutem Material entgegentreten können.

    (Abg. Lücke: Richtig!)

    Wenn ich das nicht mehr kann, verliere ich den
    Glauben in der Öffentlichkeit und habe nicht mehr
    das erforderliche Gewicht für den Grünen Bericht.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die ganze Bevölkerung, die die Kosten für den Grünen Plan aufbringt, muß überzeugt sein, daß wir hier im Bundestag einen klaren Weg gehen, den jeder übersehen kann.

    (Beifall.)

    Es wurde dann gesagt, in diesem Plan seien die einen oder anderen Maßnahmen nicht enthalten, die man gern gesehen hätte. Meine Damen und Herren, ich selber hätte auch noch manche anderen gern durchgesetzt und vor allen Dingen manche Maßnahmen sehr viel höher mit Finanzmitteln bedacht gesehen, daran ist doch wohl kein Zweifel. Hat es denn jemals so etwas gegeben, daß der betreffende Ressortminister z. B. bei der Vorlage eines Etats voll damit einverstanden sein konnte? Wieviel weniger werden es all die übrigen sein, die damit zu tun haben! Aber ich glaube, man kann wohl sagen, daß die Aufnahme in der Öffentlichkeit, hier im Hause und auch in der Landwirtschaft selbst positiv gewesen ist.
    Wenn ich hier noch eine Maßnahme erwähne, habe ich meinen besonderen Grund dazu. Ich war


    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    selbst ursprünglich der Meinung, man müsse hinsichtlich der Verbesserung der Milcheinnahmen noch etwas tun, und ich habe das bei den Erörterungen in unserem Hause als erstes vorgeschlagen. Allmählich habe ich mich von diesem Vorschlag entfernt, und zwar aus folgender grundsätzlichen Erwägung. Man setzt Subventionen nicht gern an das Ende, sondern lieber an den Anfang gewisser wirtschaftlicher Entwicklungen. Ich will mit ihnen die wirtschaftliche Entwicklung ankurbeln, will nachher den durch die Bemühungen des Bauern erzielten Ertrag sehen, aber nicht umgekehrt vorgehen.

    (Abg. Kriedemann: Sehr richtig!)

    Man fängt mit der Unterstützung der Leistung und nicht mit der Unterstützung des Produkts an.
    Ich sagte gestern nicht ohne Bedacht: die wirkliche Befriedigung, das Glück fließt aus der Entfaltung der eigenen Kräfte. Wenn ich dem einzelnen die Verantwortung abnehme und sage: „Soundsoviel tausend Mark haben dir gefehlt, bitte, hier kannst du sie dir abholen", was würde das für eine Landwirtschaft werden!

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Außerdem stehen wir beim Milchgeld im Januar 1956 bei 31,9 Pf pro 1 im Bundesdurchschnitt gegenüber 29,3 Pf im Januar 1955. Wir sind also um 2,6 Pf über dem Vorjahr, wenn ich den Monat Januar zugrunde lege. Selbstverständlich werden die Preise im Laufe des Frühjahrs und Sommers wieder heruntergehen. Aber wenn ich da z. B. den Vorschlag höre, man solle doch mit öffentlichen Subventionen die Auszahlung für Werkmilch auf 32 Pf stabilisieren, dann muß ich sagen, ich weiß nicht, wie ich das anfangen sollte. Dafür brauche ich ganz enorme Mittel, und ich würde damit bezüglich der Werkmilch jedes Risiko abnehmen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es wurde die Anregung gegeben, den Bericht über die Lage der Landwirtschaft im nächsten Jahre etwas früher zu versenden. Nun, meine Damen und Herren, leicht ist das nicht; denn die Diskussionen über das, was notwendig ist, und über die Höhe der aufzubringenden Mittel ziehen sich in der Regel bis in die letzten Tage hinein, ziehen sich bis zur letzten Kabinettssitzung vor dem 15. Februar hin. Die Unterlagen müssen bis zur letzten Stunde geheimgehalten werden, damit nicht in der gesamten Öffentlichkeit schon alles zerredet wird, bevor überhaupt Beschlüsse gefaßt worden sind. Wir werden aber versuchen, im nächsten Jahr wenigstens eine Erweiterung der allgemeinen Angaben, die nicht geheimgehalten zu werden brauchen, vorzunehmen und sie etwas früher zu bringen.
    Sodann wurde das Erstaunen zum Ausdruck gebracht — vielleicht habe ich es auch falsch verstanden —, daß für die Freimachung der landwirtschaftlichen Werkwohnungen nichts eingesetzt sei.
    Das ist wohl ein Mißverständnis. Im Etat des Bundeswohnungsbauministers sind — und zwar neu eingesetzt für den Grünen Plan — 50 Millionen DM für die Freimachung von Werkwohnungen enthalten. Dabei laufen, Herr Kollege Kriedemann, die Mittel für die Erstellung von Werkwohnungen und Landarbeitereigenheimen ungekürzt weiter.
    Es wurde weiter gesagt, man habe keine Klarheit hinsichtlich der betriebsnotwendigen Arbeitskräfte gefunden. Man rechnet die betriebsnotwendigen Arbeitskräfte pro 100 ha. Ein Großbetrieb hatte früher im Durchschnitt zwischen 15 und 20 Arbeitskräfte auf 100 ha. Unsere großbäuerlichen Betriebe haben heute etwa 12, 14 oder 16 Arbeitskräfte pro 100 ha. Unsere zuckerrübenbauenden Betriebe liegen in der Regel über 20, bei 21 oder 22 Arbeitskräften pro 100 ha, und die Kleinbetriebe liegen fast alle wesentlich darüber.
    Es wurde von den zwei Familien auf dem Bauernhof gesprochen. Der Bauernhof, ob er groß oder klein ist, hat immer zwei Familien zu tragen: die Familie desjenigen, der den Hof abgegeben hat, und die Familie desjenigen, der selber schon Kinder hat, wenn er den Hof übernimmt. Deshalb stehen in der Regel mindestens zwei, vielfach drei familieneigene Vollarbeitskräfte, ganz gleich, ob der Hof 5 ha, 10 ha oder 20 ha groß ist, zur Verfügung. Wenn ich diesen Arbeitskräftebesatz auf 100 ha umrechne, komme ich bei 20 ha auf 15, bei 10 ha auf 30 und bei 5 ha auf 60 Arbeitskräfte. Das ist ein Arbeitskräftebesatz, wie er in den kleinen Betrieben tatsächlich vorhanden ist, der aber überhaupt nicht auszuwerten ist. Für den Grünen Plan können wir nicht Arbeitskräfte voraussetzen, die nicht auszuwerten sind; wir können nur die betriebsnotwendigen Arbeitskräfte ansetzen. Denn ob ich bei 100 ha eine einzige Dauerarbeitskraft mehr nehme oder nicht, das macht für die nachher in der Berechnung in Erscheinung tretende Disparität viele, viele Millionen aus. Wir haben — das ist sorgfältig errechnet worden — pro 100 ha 21 Vollarbeitskräfte angenommen — das ist von allen Kapazitäten, die sich mit diesen Dingen befaßt haben, als berechtigt anerkannt worden —, und auf diesen 21 beruht natürlich auch wesentlich die Berechnung der Disparität. Ich komme auf die Disparität nachher noch zurück.
    Dann ist von der Alterssicherung gesprochen worden. Meine Damen und Herren, das Problem ist gar nicht sehr einfach, weil in bäuerlichen Betrieben die verschiedensten Auffassungen darüber bestehen. Die kleinen Betriebe sind normalerweise nicht in der Lage, das notwendige Geld für eine normale private Versicherung aufzubringen, die ihnen später eine entsprechende Rente für das Alter zahlt. Bisher ist von berufsständischer Seite ein Zwang zur Versicherung nicht bejaht worden. Ich persönlich wäre dafür — das habe ich gestern bereits ausgesprochen —, daß jeder für sein Alter versichert sein muß, auch jeder Bauer, aber auch jeder andere in der Bevölkerung. Dann kann sich der Bauer die billigste und zweckmäßigste Versicherung aussuchen. Die allerbilligste, die es gibt, ist die sogenannte Umlageversicherung. Von den ganz kleinen Landwirten, und zwar nur von den hauptberuflich tätigen Landwirten, sind bereits 250 000 in der sogenannten Invalidenversicherung. Es handelt sich dann noch um etwa 1 Million oder vielleicht weniger. die in die Umlageversicherung hinein müßten. Der Rest wird sich privat versichern wollen. Wir hoffen, daß wir im nächsten Jahr mit diesen Dingen etwas weiter gekommen sind.
    Ferner wurde gesagt, es seien noch nicht alle Positionen klar angegeben; es fehlten noch z. B. die Positionen „Ankauf von Land für die Aufstokkung von Kleinbetrieben". Die ist nicht nur im Grünen Plan, sondern auch in den bisherigen Etatmitteln enthalten;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)



    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    dafür werden Zinsverbilligungsmittel gegeben, um
    die Zinsbelastung nicht zu hoch werden zu lassen.

    (Abg. Kriedemann: Wir haben das in der Aufstellung der besonderen Maßnahmen vermißt!)

    — Das betrifft die Agrarstruktur; dazu gehört die Aufstockung ohne weiteres.

    (Abg. Kriedemann: Um so besser; Hauptsache, das Geld ist da!)

    Dann ist geltend gemacht worden, gewisse Ausgaben seien an die Beteiligung der Länder, bei der Schulmilch sogar an die Beteiligung der Gemeinden gebunden. Nun, meine Damen und Herren, wenn wir die Schulmilchspeisung nicht an die Beteiligung der Lander und Gemeinden binden wollten, was wäre dazu wohl zu sagen? Wenn die Gemeinden kein Interesse an der Schulmilchspeisung haben und auch die Länder ihrerseits erklären, kein Interesse zu haben, kann doch der Bund nicht herkommen und die gesamte Schulmilchspeisung in der ganzen Bundesrepublik bezahlen; das ist völlig ausgeschlossen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Dafür haben wir doch den föderativen Aufbau der Bundesrepublik, daß zunächst einmal unten gesorgt werden muß. Wenn die kein Interesse haben, können wir uns nicht regen.

    (Abg. Kriedemann: Darunter muß dann die Landwirtschaft leiden!)

    — Ja, ich weiß; aber das kann man nicht ändern.

    (Abg. Kriedemann: Oh!)

    Im übrigen, Herr Kollege Kriedemann, ich habe Ihnen ja schon häufiger gesagt: wir müssen Ihnen ja auch noch etwas übrig lassen.

    (Heiterkeit.)

    Dann wurde beanstandet, die Handelsdüngerverbilligung sei speziell für die größeren Betriebe, und zwar für diejenigen Betriebe, die es schon gar nicht mehr nötig hätten, denen es ohnehin gut gehe. In dem einen Betriebe verbrauche man 235 DM pro Hektar und im anderen 44 DM. Die Zahlen sind absolut richtig; es ist vielleicht sogar eine noch etwas größere Disparität vorhanden, wenn ich die Unterlagen des Grünen Berichts nehme.

    (Abg. Kriedemann: Ganz sicher!)

    Aber das kann uns doch nicht davon abhalten, allgemein zu verbilligen. Soll sich etwa denjenigen, der ausreichend Kunstdünger verwendet, der also eine intensive Wirtschaft hat, dadurch bestrafen, daß ich sage: „Du kommst nicht mehr in Betracht!"?

    (Abg. Kriedemann: Er verdient ja genug!) Also sind wir uns in diesem Punkte einig.


    (Lebhafter Widerspruch bei der SPD. — Heiterkeit.)

    Ich bin immer für Einigkeit.

    (Abg. Dr. Baade: Wir werden uns einig werden!)

    Zweitens. Soll ich einen großen Verwaltungsapparat aufbauen, um festzustellen, wieviel Kunstdünger im einzelnen Betrieb verbraucht wird?

    (Abg. Dr. Baade: Ja!) -- Das ist gar nicht möglich. Ich glaube, das würde sich nicht lohnen.


    (Abg. Dr. Baade: Doch!)

    Das Netz dieser Verwaltungsbeamten oder -angestellten könnte nicht so dicht sein, daß sie nicht
    im gegebenen Falle hinters Licht geführt würden.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Abg. Kriedemann: Nicht komplizierter machen als es ist!)

    Es ist schon jetzt nicht ganz einfach, die Dinge an den richtigen Mann zu bringen, und zwar so, daß wir dabei nicht hintergangen werden. Das braucht nicht etwa bei der Landwirtschaft zu sein, das kann auch anderwärts passieren.
    Das Dritte. Ich bin der Meinung: Wenn der Bauer sich sagt: „20 % des Handelsdüngers, den ich im Jahr verwende, wird verbilligt, das wird auf den Bundesetat übernommen", dann sagt er sich gleichzeitig: „Je mehr ich anwende, um so mehr wird verbilligt". Und so ist die Ausgabe im Etat gemeint. Wenn der einzelne Bauer mehr Kunstdünger verwenden will als bisher, dann bekommt er eine entsprechend größere Verbilligung. Ich kann also nicht von einer festen Summe ausgehen. Die Summe, die im Etat steht — 226 Millionen DM —, ist entsprechend dem Verbrauch des vorigen Wirtschaftsjahrs angenommen; 20 % der Gesamtsumme des vorigen Jahres machen genau 226 Millionen DM. Wir verbilligen 20 % des gesamten aufgewendeten Düngerwertes. Keiner wird also geschädigt, wenn etwa ein sehr intensiv wirtschaftender Großbetrieb nun noch mehr anwendet.
    Wenn im übrigen Vorschläge in dieser Richtung gemacht werden — ich bin jederzeit dankbar dafür. Denn der Nachtragshaushalt, der von der Bundesregierung bzw. vom Bundesfinanzminister noch einzureichen ist, wird ja zumindest durch den Ernährungsausschuß und den Haushaltsausschuß gehen; dort können wir uns damit befassen. Ich möchte nur dringend schon jetzt daran erinnern, daß wir diese Beratungen nicht zu lange hinausziehen wollen. Denn der erste und wesentliche Schritt ist durch den Entschluß der Bundesregierung getan worden, die Mittel, die ich Ihnen gestern genannt habe, für diese Aufgabe zu geben, und nun muß das übrige rasch gehen.
    Neben den Beratungen im Bundestag und im Bundesrat sind natürlich auch die Verhandlungen mit den Länderregierungen zu führen. Alles das wird entsprechende Zeit dauern. Aber ich möchte gern, daß wir so bald wie möglich nach dem 1. April — dann beginnt das Rechnungsjahr — diese Mittel zur Verfügung haben und in die Landwirtschaft praktisch hineinbringen können. Dazu brauche ich die Mitarbeit des Berufsstandes. Ich komme nun auf die berühmte Disparität. Der Deutsche Bauernverband hat, ich glaube, unter dem gestrigen Datum, gesagt, es werde der ernste Versuch gemacht, der festgestellten erheblichen Disparität entgegenzuwirken; bei voller Würdigung der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen müsse festgestellt werden, daß der Bericht die Disparität nicht in der tatsächlichen Höhe zum Ausdruck bringe, da die kalkulatorischen Posten nicht entsprechend den Vorschriften des Gesetzes als echte Kostenbestandteile und auch nicht in ihrer tatsächlichen Höhe eingesetzt worden seien. Nun, meine Damen und Herren, ich muß sagen, einen schwereren Vorwurf kann man eigentlich


    (Bundesminister Dr. h. c. Lübke)

    an diesem Tage gegen den amtierenden Minister kaum zum Ausdruck bringen.

    (Abg. Lücke: Sehr gut! — Weitere Zurufe in der Mitte und links.)

    Ich will mich damit gar nicht etwa polemisch auseinandersetzen, aber ich muß doch sagen: ich habe gestern mit mehreren Präsidenten des Bauernverbandes gesprochen und nichts Derartiges von ihnen gehört. Daß ich heute im Informationsdienst des Deutschen Bauernverbandes das auf den Tisch gelegt bekomme, ist immerhin verwunderlich.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Zurufe von der Mitte und links.)

    Wir fangen mit dem heutigen Tage damit an, den Grünen Plan in die Praxis umzusetzen, und da, meine ich, sollte es die erste Aufgabe sein, die Verbands-Mitglieder draußen richtig zu unterrichten!

    (Lebhafte Zustimmung in der Mitte, links und rechts.)

    Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen sagen, daß in dem Bericht entsprechend dem Gesetz die Ertrag-Aufwand-Rechnung klar durchgeführt worden ist. Auf Grund der Bilanzierung, die nach den Gesamteinnahmen und Gesamtausgaben nach den Regeln der Bilanz aufgestellt wurde, haben wir die Disparität errechnet, und zwar unter Zugrundelegung von 21 Vollarbeitskräften pro 100 ha und unter Zugrundelegung eines Lohnes für die männlichen Arbeitskräfte von 4055 DM. Das ist der Durchschnittslohn, denn viele werden sagen, daß sie höhere Löhne zahlen. Natürlich werden manche Facharbeiter höher bezahlt, aber der genannte Betrag ist die Durchschnittslohnsumme für den Landarbeiter. Bei den Frauen beträgt der Lohn 2603 DM und die Durchschnittsbezahlung für Männer und Frauen zusammen 3500 DM. Die Damen und Herren haben wahrscheinlich diesen Betrag von 3500 DM im Ohr und glauben nun, das sei der Lohn für die Fachkräfte. Der Jahresdurchschnittslohn für männliche Arbeitskräfte beträgt also 4055 DM. Das ist eine Bezahlung, die, wie ich gestern ausgeführt habe, den Durchschnitt des Jahresverdienstes in der metallverarbeitenden Industrie, der Textilindustrie, der Industrie der Steine und Erden, in der Sägeindustrie und der holzverarbeitenden Industrie bildet. Wenn wir also nach dem Gesetz verpflichtet sind, vergleichbare Berufe zu nehmen, dann haben wir, glaube ich, richtig gehandelt.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Alle Beteiligten im Beirat waren mit allen diesen Ansätzen völlig einverstanden.
    Nun wird weiterhin gesagt, wir hätten die kalkulatorischen Posten — also Lohn, Betriebsleiterzuschlag und Verzinsung — nicht als echte Kostenbestandteile und auch nicht in ihrer tatsächlichen Höhe eingesetzt. Das ist unrichtig. Falls noch Mitglieder des Hohen Hauses da sind, die sich zu diesen Fragen äußern wollen, wäre ich außerordentlich dankbar, wenn wir uns noch damit auseinandersetzen können.

    (Abg. Kriedemann: Vor allem die, welche solche Behauptung aufstellen!)

    Disparitäten von 2 Milliarden DM, 3,5 oder 4,5 Milliarden DM, die auch Herr Kollege Mauk anführte,
    sind in diesen Einzelheiten im Beirat überhaupt nicht erörtert worden. Herr Kollege Mauk, wer Ihnen also etwas erzählt hat, beging nicht nur einen Vertrauensmißbrauch, sondern er hat Ihnen auch etwas erzählt, was nicht stimmt.

    (Abg. Lücke: Hört! Hört! — Zuruf von der Mitte: Das kommt vor!)

    Ich habe gestern außerdem gesagt: kein Mensch von denen draußen, die von Disparitäten erzählen, die höher liegen als die gestern von mir genannte Zahl, hat dafür eine Unterlage.

    (Hört! Hört! in der Mitte. — Abg. Kriedemann: Wer ist das bloß in Kuckucksnamen? — Abg. Hansen [Köln] : Namen nennen!)

    — Ich bin ja nicht beauftragt, Herr Kollege, mit einer Lupe oder mit einem Hörrohr umherzugehen, um festzustellen, wer das tut. Im übrigen wollen wir uns hier nicht auseinanderreden. Wir haben von allen Fraktionen eine einmütige Zustimmung, wenn auch mit einigen kritischen Anmerkungen, bekommen; ich möchte, daß der Berufsstand klar darüber informiert wird. Wir haben doch in engster Weise mit den Bauern zusammenzuwirken, um dieses bedeutende Werk in einem Jahr zu Ende führen zu können. Darum geht es mir.

    (Beifall auf allen Seiten des Hauses.)

    Und wenn wir den heutigen Tag trotz mancher Auseinandersetzungen als einen Anfang mit redlicher Aussprache bezeichnen können, ist damit den Bauern und auch der gesamten Bevölkerung am besten gedient.

    (Erneuter Beifall auf allen Seiten des Hauses.)