Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem Augenblick, in dem sich in Fragen der Verkehrssicherheit alles im Fluß befindet, hätte meine Fraktion es begrüßt, wenn wir auf die heutige Behandlung dieser Angelegenheit hätten verzichten können und dafür um so fundierter bei der Verabschiedung der betreffenden Gesetze in diesem Hause geredet hätten. Von der Exekutive sind eine Reihe von Maßnahmen geplant, die die Straßenverkehrs-Ordnung und die Straßenverkehns-Zulassungs-Ordnung in Richtung einer erhöhten Sicherheit verbessern sollen. Auf der anderen Seite liegen eine Reihe von Gesetzen vor. Um diese Dinge ein wenig zu koordinieren, hat sich der Ausschuß für Verkehrswesen von vornherein in einem Unterausschuß für Sicherheitsfragen mit dem korrespondierenden Ausschuß für Verkehrsfragen im Bundesrat zusammengesetzt. Ich glaube, es war eine sehr kluge Lösung, daß wir von vornherein gemeinsam in beiden Häusern über die Probleme reden, auf die es ankommt.
Nun muß man der Öffentlichkeit immer Wieder mit einiger Deutlichkeit klarmachen, daß es einen. Verkehr ohne jegliches Risiko einfach nicht gibt. Das gilt nicht nur für den Straßenverkehr, sondern ebenso sehr für die Schiene, für die Luftfahrt und für die Schiffahrt. Es kann immer nur darauf ankommen, das unerträgliche Ausmaß der Unfälle, die wir auf den Straßen zu verzeichnen haben, auf ein vernünftiges Maß herabzumindern. Zweifelsohne wäre es das beste, wenn dieses Ziel durch eine Umerziehung, d. h. durch die Wandlung einer gewissen Mentalität aller Verkehrsteilnehmer erreicht werden könnte. Wir wissen, daß das ein Idealzustand ist, den wir nicht erreichen werden. Aber wir von der Freien Demokratischen Partei möchten, ebensosehr wie wir uns für die staatlichen Maßnahmen durch Bund und Länder einsetzen, dafür eintreten, daß die Frage der Umerziehung, der besseren Einstellung, des besseren Anstandes im Verkehr in keiner Weise vergessen wird. Dazu können die Erziehung in Schulen, die Verkehrswacht und der ADAC beitragen. Nicht zuletzt haben aber auch — das sage ich hier mit aller Deutlichkeit und auch mit einer Mahnung an die Wirtschaftsverbände — die an dem Verkehr selbst Beteiligten die moralische Verpflichtung, gleichzeitig ihre Angehörigen in dieser Richtung zu erziehen und sie betriebsintern mit den allerschärfsten Maßnahmen zu verfolgen, wenn sie sich im Verkehr als Rowdies bewegen. Ich persönlich halte zum Beispiel gar nichts davon, irgendeine Sache, die ich unterwegs auf der Straße selber feststelle, der Polizei zu melden. Ich schreibe mir, soweit es irgend geht, den Namen des Unternehmers oder mindestens die Nummer des Wagens auf, um den Unternehmer zu eruieren. Ich weiß, daß durch solche direkten Zuschriften viel mehr erreicht wird als durch den umständlichen Verwaltungsweg, auf dem man für seine sicherheitsfördernden Maßnahmen selber die bürokratischen Unannehmlichkeiten hat.
Nun zur Großen Anfrage selbst. Der Herr Bundesverkehrsminister ist ja auf die einzelnen Dinge eingegangen. Ich glaube aber, manche Fragen sind, Herr Müller-Hermann, etwas wirklichkeitsfremd gestellt worden. Sie sagen z. B.:... eine Vereinbarung darüber zu treffen, daß . . . insbesondere die Verkehrspolizeikräfte personell verstärkt und besser ausgestattet werden". Nun, das ist eine Angelegenheit der Länderetats, des Stellenplans und der dafür bereitzustellenden Mittel. Der Bundesverkehrsminister kann doch mit dem besten Willen nichts weiter machen, als auf seinen Konferenzen, die allerdings nach meiner Erfahrung manchmal mit Tagesordnungspunkten ein bißchen überpackt sind, zu den einzelnen Punkten Wünsche auszusprechen und im Interesse der gesamten Sicherheit im Bund auf diese Notwendigkeiten hinzuweisen. Da wir aber heute über die Frage der Verbesserung der Verkehrssicherheit diskutieren, möchte ich auch namens meiner Freunde auf einige Punkte eingehen.
Daß wir eine bessere Rechtsprechung durch die Richter haben müssen, darüber sind wir uns alle einig. Aber wie wäre es, wenn wir einmal nach eingehender Überlegung dem Staat empfehlen würden — was ich schon seit Jahren tue —, die Richter der Verkehrskammern auf Staatskosten mit Kraftfahrzeugen auszustatten, damit sie selber die nötige Erfahrung im Verkehr haben. Das würde sich dann wieder zugunsten einer gerechten Urteilsfindung auswirken.
Eine andere Frage betrifft die Verkehrssünderkartei, über die wir jetzt sehr eingehend sprechen. Diese Verkehrssünderkartei — darauf müssen wir wohl die Öffentlichkeit aufmerksam machen — bedeutet nicht, daß jemand, der dort eingetragen ist, als vorbestraft gilt. Die Angelegenheit ist ein Hilfsmittel, und zwar ein sehr wertvolles, weil man bei weiteren Delikten feststellen kann, in welchem Maße der Betreffende schon gesündigt hat. Das ist doch auch bezeichnend und gibt uns große Hoffnungen auf die Herstellung einer größeren Sicherheit: die Anzahl der immer wieder festzustellenden Verkehrssünder ist relativ gering; sie liegt, glaube ich, in einigen Gebieten nach Feststellungen von Wissenschaftlern bei etwa 5 bis 6 %. Daraus ersehen Sie, daß es durch gewisse Maßnahmen möglich ist, den unverbesserlichen Rowdies — denn anders kann man sie nicht bezeichnen — auf die Dauer durch entsprechend schärfere Urteile das Handwerk zu legen.
Nun sprechen wir von einer Erhöhung der Verwarnungsgebühr — oder wie diese Gebühr heißt — von 2 auf 5 DM. Ich weiß, was damit erreicht werden soll, und habe dennoch meine Bedenken, die ich vor diesem Hause noch einmal anmelden muß. Das Gesetz ist gegen jedermann gleich anzuwenden. Der vollziehende Polizeibeamte kann also nur den Betreffenden entweder laufen lassen oder er kann ihn bestrafen. Wenn Sie bei den 5 DM an diejenigen denken, die mehr zu ihrer Bequemlichkeit, aber auch für ihre sonstigen und geschäftlichen Aufgaben ein Fahrzeug, manchmal ein sehr elegantes — das betrifft ja auch eine Reihe von Abgeordneten dieses Hauses —,
zur Verfügung haben, dann brauchen wir über die 5 Mark nicht zu sprechen. Denken Sie aber einmal an den kleinen Vertreter, der davon lebt, mit seinem kleinen Volkswagen von Haus zu Haus zu fahren, und der sowieso schon durch übermäßige Parkgebühren in den Städten gewaltig belastet ist.
Vor allen Dingen müssen Sie —darauf kommt es mir noch an — an die Sozialrentnerin oder den Sozialrentner denken, die sich im Fußgängerverkehr auch einmal sehr schlecht und sehr dumm benehmen können. Da gibt es dann für den Schutzmann — so nennen wir den Polizisten in Hamburg — keine Ausweichmöglichkeit, er muß immer sofort mit 5 Mark bestrafen. Aus diesen vielerlei. Gründen müssen wir uns die sture Heraufsetzung auf 5 Mark noch einmal überlegen.
Ich darf mich dann der Frage des Güterfernverkehrs auf der Straße zuwenden, der ja in dem zweiten Teil der Großen Anfrage behandelt wird. Der Kernpunkt der Auseinandersetzung war die Frage der Überladungen. Bei Schaffung der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr, in dessen Verwaltungsrat ich ja mitarbeite und daher über die Einzelheiten ziemlich unterrichtet bin, waren wir uns darüber klar, daß es zur Erhaltung des notwendigen Verkehrsflusses niemals möglich sein würde, mehr oder weniger jeden Wagen zu kontrollieren. Es konnte also immer nur darauf ankommen — was hier gefordert und in Wirklichkeit auch schon gemacht wird —, sporadisch sehr überraschend Kontrollen vorzunehmen. Ich darf Ihnen aber sagen, daß sich diese Kontrollen schon heute auf einen sehr hohen Prozentsatz des Gesamtverkehrs auf den deutschen Straßen erstrecken. Es kommt hinzu, daß plötzliche Spezialkontrollen eingeführt werden, nämlich bei dem Transport solcher Artikel, von denen wir von vornherein wissen, daß sie ihrer Natur nach der Überladung Tür und Tor öffnen, wenn nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen werden. Das sind z. B. Holz, Zitrusfrüchte und eine ganze Reihe von anderen Dingen mehr.
Wir werden diese Lücke nie ganz schließen können, es sei denn, daß Sie auch einmal Maßnahmen treffen, die aus den Erkenntnissen der Praxis gewachsen sind. Ich habe schon vor längerer Zeit die Anregung gegeben und wiederhole sie in diesem Hause: diejenigen Unternehmer, die sich im Güterfernverkehr bewegen, müssen der Zwangsverwiegung unterworfen werden; sonst werden Sie niemals mit diesem Problem fertig. Sie dürfen mir glauben, daß ich die Dinge aus der Praxis kenne und weiß, daß es auch technisch möglich ist, dieser Forderung nachzukommen. Es wäre ähnlich wie bei einer Zollverwiegung: bevor der Betreffende seine große Fahrt antritt — nur um die kann es sich handeln —, läßt er eine amtliche Verwiegung auf der Brückenwaage vornehmen. Wir werden einige Brückenwaagen mehr bauen müssen; aber das muß es uns wert sein. Der betreffende Unternehmer muß es ja auch bezahlen, denn zu dessen Lasten geht es wiederum. Die amtliche Wiegekarte wird mit dem Frachtdokument fest verbunden. Die Polizei und auch die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr können dann jederzeit sofort feststellen — gegebenenfalls auch zusammen mit dem Frachtpapier, in dem ja die Ladung im einzelnen deklariert ist —, was er wirklich auf dem Wagen hat. — Das ist nicht nur eine Anregung meiner Freunde, sondern eine dringende Forderung, die wir zu stellen haben, weil wir glauben, damit am besten der höchst gefährlichen Entwicklung der Überladung Herr zu werden.
— Auch für den Werkverkehr, selbstverständlich,
gleiches Recht für alle! Darüber kann man im einzelnen noch im Sicherheitsausschuß reden, dem wir