Rede von
Walter
Scheel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur ganz wenige Sätze an meinen verehrten Kollegen Stücklen, und zwar zu einem Spezialproblem, das er angesprochen hat. Seine sonst so plastische Ausdrucksweise verdünnte sich zu weit unverbindlicheren Formulierungen, als es darum ging, dem Mittelstand konkrete Hilfe zu geben, in dem Augenblick nämlich, als er die Steuerprobleme ansprach. Ich habe Ihre Worte, glaube ich, richtig im Gedächtnis, lieber Herr Kollege Stücklen. Sie haben gesagt: Wir müssen uns auch einmal mit der Einkommensteuer befassen. — Das ist furchtbar einfach! Sie können das auf Grund eines Antrags tun, den wir gestellt haben und der darauf hinausläuft, die Einkommensteuer um 10 % zu senken und außerdem § 10 a in der Fassung von 1950 wieder einzuführen. Verlassen Sie sich darauf, das ist die wirksamste Hilfe für den Mittelstand; denn alle hier erwähnten Mittelständler — alle — sind entweder einkommen- oder lohnsteuerpflichtig, und alle würden davon begünstigt. Die großen Einkommen fallen nicht unter unseren Antrag. Wir haben ja ausdrücklich die Senkung nur der Einkommensteuer verlangt, und die großen Einkommen sind im allgemeinen körperschaftsteuerpflichtig, — wenn ich einmal Ihren Fraktionskollegen Pferdmenges ausnehmen darf.
— Wollen Sie, lieber Kollege Kurlbaum, etwa jeden Fall durch eine perfektionistische Besteuerung für jeden einzelnen Menschen regeln? Das ist doch wohl nicht möglich. Wir wollen mit unseren Maßnahmen die gesamten mittelständischen Bereiche treffen. Ich glaube, es unterliegt gar keinem Zweifel, daß im Mittelstand unser Antrag auch so aufgefaßt worden ist. Das ist doch völlig klar. Im übrigen lassen wir ja über Einzelheiten
der Steuersenkung mit uns reden. Ich möchte nur unseren Kollegen Stücklen einmal auf seine Formulierung festlegen und möchte sagen, er hat in dem Zusammenhang eine besonders wertvolle Aufgabe; denn seine ihm angeborene Überzeugungskraft sollte es ihm nicht schwer machen, seinen engeren Fraktionskollegen Schäffer — der ja eigentlich Scheffler heißen müßte —
davon zu überzeugen, daß es ihm gerade im Augenblick leichtfallen sollte, einer solchen Forderung nachzukommen. Denn hier entscheidet sich, welchem Prinzip wir den Vorrang geben wollen: dem Recht des Staatsbürgers auf Eigentumsbildung oder der Kapitalbildung des Staates. Hier ist die Grenze, hier ist der Scheidepunkt, um den es geht. Deswegen möchte ich Sie, Herr Stücklen, besonders aufrufen, dem Mittelstand dadurch zu helfen, daß Sie sich in dieser Frage besonders kräftig mit uns gemeinsam einsetzen.