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ID0212100900

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    2. Deutscher Bundestag — 121. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Dezember 1955 6449 121. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. Dezember 1955. Nachruf des Präsidenten für den verstorbenen ehemaligen preußischen Ministerpräsidenten Dr. Otto Braun 6450 A Ergänzung der Tagesordnung . . 6450B, 6482 D, 6484 C Mitteilung über Vorlage der Verordnung M Nr. 3/55 über Preise für Milch 6450 B. Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Gründung eines Mittelstandsinstituts (Drucksache 1871) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfügung eines Art. 12 a in das Grundgesetz (Drucksache 1728), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Titel I, II und III der Gewerbeordnung (Drucksache 1729), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Berufsausübung im Handel (Drucksache 1872), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen den Betriebs- und Belegschaftshandel (Drucksache 1873) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Förderung der Mittelschichten (Drucksache 1959) 6450 B Schmücker (CDU/CSU), Anfragender 6450 C, 6467 D, 6468 A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 6452 D D. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6453 B, 6480 D Dr. Schild (Düsseldorf) (DP), Antragsteller . . . 6453 D, 6456 D, 6480 C Illerhaus (CDU/CSU), Antragsteller . 6458 C Wieninger (CDU/CSU), Antragsteller 6461 B Lange (Essen) (SPD), Antragsteiler 6463 D, 6468 A, 6482 B Stücklen (CDU/CSU) 6468 C, 6469 A, C, 6473 B, C, 6481 C Vizepräsident Dr. Schmid . . 6469 A, C, D Held (FDP) 6471 D, 6473 A, B, C Dr. Dresbach (CDU/CSU) . . 6473 A, 6478 A Dr. Strosche (GB/ BHE) 6474 A Scheel (FDP) 6479 A Regling (SPD) 6479 C, D Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 6479 C Ausschußüberweisungen . . . 6481 A, C, 6482 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an den Internationalen Übereinkommen vom 25. Oktober 1952 über den Eisenbahnfrachtverkehr und über den Eisenbahn-Personen- und Gepäckverkehr (Drucksache 1926) 6482 C Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen 6482 D Beratung des Entwurfs einer Sechsundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Vitamin-A-Acetat und Vitamin-A-Palmitat) (Drucksache 1867) 6482 D Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 6482 D Beratung des Entwurfs einer Fünfundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Zollkontingent für Schienen) (Drucksache 1857) 6482 D Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 6482 D (1 Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Fünfzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen — Aluminium-Zollkontingent 1956 — (Drucksache 1792) . . . 6482 D, 6484 C, 6483 A Brand (Remscheid) (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 6484 C Beschlußfassung 6483 A Redaktionelle Berichtigung des Gesetzes zur Aufhebung des Teuerungszulagengesetzes 6483 A Beendigung der Bundestagsarbeit des Jahres 1955, Wünsche für Weihnachten und das neue Jahr: Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 6483 A Nächste Sitzung 6483 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6484 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Fünfzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen — Aluminium-Zollkontingent 1956 — (Drucksache 1792) 6484 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlage 2 Drucksache 1972 (Vgl. S. 6482 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf einer Fünfzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (AluminiumZollkontingent 1956) (Drucksache 1958) Berichterstatter: Abgeordneter Brand (Remscheid): Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 15. Dezember 1955 mit dem Entwurf einer Fünfzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Aluminium-Zollkontingent 1956) befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig dem Verordnungsentwurf der Bundesregierung zugestimmt. Bonn, den 15. Dezember 1955 Brand (Remscheid) Berichterstatter Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Luchtenberg 16. Dezember 1955 Mauk 16. Dezember 1955 Morgenthaler 16. Dezember 1955 Oetzel 16. Dezember 1955 Dr. Orth 16. Dezember 1955 Pelster 16. Dezember 1955 Dr. Pohle (Düsseldorf) 16. Dezember 1955 Dr. Preiss 16. Dezember 1955 Dr. Reichstein 16. Dezember 1955 Reitzner 16. Dezember 1955 Schmitt (Vockenhausen) 16. Dezember 1955 Dr. Schöne 16. Dezember 1955 Srock 16. Dezember 1955 Stauch 16. Dezember 1955 Wagner (Ludwigshafen) 16. Dezember 1955 Walz 16. Dezember 1955 Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Kopf 31. März 1956 Mensing 1. März1956 Dr. Starke 28. Februar 1956 Kiesinger 31. Januar 1956 Gemein 15. Januar 1956 Dr. Hammer 15. Januar 1956 Jahn (Frankfurt) 9. Januar 1956 Dr. Bergmeyer 5. Januar 1956 Moll 1. Januar 1956 Peters 1. Januar 1956 Klingelhöfer 31. Dezember 1955 Kriedemann 31. Dezember 1955 Neumann 21. Dezember 1955 Feldmann 17. Dezember 1955 Heiland 17. Dezember 1955 Hörauf 17. Dezember 1955 Dr. Horlacher 17. Dezember 1955 Kutschera 17. Dezember 1955 Dr. Lenz (Godesberg) 17. Dezember 1955 Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 17. Dezember 1955 Dr. Maier (Stuttgart) 17. Dezember 1955 Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 17. Dezember 1955 Putzig 17. Dezember 1955 Rademacher 17. Dezember 1955 Frau Vietje 17. Dezember 1955 Welke 17. Dezember 1955 Berendsen 16. Dezember 1955 Dr. Conring 16. Dezember 1955 Jacobi 16. Dezember 1955 Klausner 16. Dezember 1955 Knobloch 16. Dezember 1955 Könen (Düsseldorf) 16. Dezember 1955 Koops 16. Dezember 1955 Dr. Kreyssig 16. Dezember 1955 Lenz (Brühl) 16. Dezember 1955 Lenz (Trossirgen) 16. Dezember 1955
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung der von der Fraktion der DP eingebrachten Gesetzentwürfe Drucksachen 1728 und 1729 gehört. Wir fahren in der Einbringung und Begründung der zu Punkt 1 der Tagesordnung vorliegenden Gesetzentwürfe fort. Ich rufe auf Punkt 1 d, Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Berufsausübung im Handel, Drucksache 1872. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Illerhaus.
    Illerhaus (CDU/CSU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Hohen Hause wurde schon in der ersten Wahlperiode 1949, leider aber erst kurz vor deren Ablauf, mit Bundestagsdrucksache Nr. 4532 von der Fraktion der CDU/CSU der Entwurf eines Gesetzes zur vorläufigen Ordnung im Einzelhandel vorgelegt. Er konnte damals wegen Zeitmangels nicht abschließend behandelt werden. Der jetzt vorliegende Initiativantrag über die Berufsausübung im Handel entspringt einem wiederholt, besonders vom Einzelhandel vorgetragenen dringenden Anliegen, das vom Parteitag der CDU am 22. April 1953 in Hamburg grundsätzlich als berechtigt anerkannt worden ist. Auch von fast allen anderen Parteien wurde dem Einzelhandel in dieser Richtung Unterstützung zugesagt. Der Gesetzentwurf, wie er Ihnen jetzt vorliegt, ist erst nach langwierigen Verhandlungen zustande gekommen, an denen besonders unser verstorbener Kollege Griem beteiligt war, dessen Initiative ich an dieser Stelle dankbar gedenken möchte.

    (Beifall. — Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zunächst einen kurzen Rückblick auf die Entwicklung der sogenannten Gewerbefreiheit in Deutschland. Schon lange vor 1933 galt die Gewerbefreiheit nicht ausschließlich, sondern brachte für viele Gewerbe recht einschneidende Beschränkungen, die der unkontrollierten Ausübung eines Gewerbes entgegenwirken sollten. Dies galt auch während der Weimarer Republik, deren Verfassung in Art. 151 Abs. 3 die Freiheit des Handels und Gewerbes nach Maßgabe der Reichsgesetze gewährleistete. Das bedeutete also, daß jedermann jedes Gewerbe betreiben konnte, soweit der Staat dieses Recht nicht durch Gesetz beschränkte. Der Begriff der Gewerbefreiheit war und ist also nicht so zu verstehen, daß er schrankenlos gilt. Es wird mit dem Wort Gewerbefreiheit noch nichts über den Umfang der Gewerbeausübung im einzelnen ausgesagt.
    In diesem hier vorgetragenen Sinne hat die Gewerbefreiheit im Grundsatz auch früher dort, wo es sich um besonders bedeutende und die Allgemeininteressen stark berührende Gewerbe handelte, Einschränkungen erfahren. Neben einer Reihe anderer Gesetze, wie beispielsweise dem Lebensmittelgesetz, wurde u. a. das Gesetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. Mai 1933 erlassen, das jedoch nicht als typisch nationalsozialistisch anzusehen ist, sondern vorbereitend bereits in den Jahren vorher ausgearbeitet worden war. Es ist wahrscheinlich durch die Krisenjahre nach 1930 notwendig geworden. Das Einzelhandelsschutzgesetz gab erstmals die Möglichkeit, eine vorherige Prüfung sowohl der Sachkunde als auch der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden vorzunehmen, während die Möglichkeit einer Untersagung des Gewerbebetriebes nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung erst nach der Eröffnung eines Gewerbebetriebes besteht, wenn sich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden herausgestellt hat. Insofern stellt die in der geplanten Neuformulierung des § 35 der Gewerbeordnung vorgesehene Möglichkeit für eine Gewerbeuntersagung keinen Ersatz für ein Berufsausübungsgesetz dar. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen


    (Illerhaus)

    ist es einfach nicht zu vertreten, daß Verbraucher und damit die Allgemeinheit durch sachunkundige Elemente geschädigt werden müssen, bevor gegen solche Gewerbetreibende wirksam vorgegangen werden kann.
    In den vergangenen Jahren ist wiederholt die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Einzelhandelsschutzgesetzes aufgeworfen worden, weil man glaubte, daß Art. 12 des Grundgesetzes einem solchen Gesetz entgegenstünde. Nachdem von verschiedenen Obergerichten zu diesem Fragenkomplex entgegengesetzte Entscheidungen ergangen sind, hat nunmehr das Bundesverwaltungsgericht in einem grundsätzlichen Urteil die Rechtsgültigkeit des Einzelhandelsschutzgesetzes in seiner jetzigen Form bejaht. Das Bundesverwaltungsgericht führt in seiner Urteilsbegründung u. a. aus, daß es die Berufszulassung nicht als Vollziehung der Berufswahl ansehe, sondern als den Beginn der Berufsausübung. Damit berühre die Einzelhandelserlaubnis nicht Ai t. 2 GG — freie Entfaltung der Persönlichkeit mit den Schranken der verfassungswidrigen Ordnung —, sondern lediglich Art. 12 Abs. 1, d. h. die Berufsausübung. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ermächtige den Gesetzgeber, die Bedingungen festzulegen, unter denen der Beruf ausgeübt werden dürfe. Diese Bedingungen müßten naturgemäß vom Beginn der Berufsausübung an, also schon bei der Berufsaufnahme, erfüllt sein. Es sei deshalb durchaus sinnvoll, wenn in einem vor der Berufsaufnahme stattfindenden Zulassungsverfahren geprüft werde, ob der Berufsbewerber den für die Ausübung des gewählten Berufs festgelegten Bedingungen entspreche, da ihm andernfalls die Berufsausübung von vornherein, also schon bei der Berufsaufnahme, untersagt werden müßte. Die Zulassung stehe somit in einem inneren Zusammenhang mit der Aufnahme des Berufs und sei damit notwendiger Bestandteil dieser. Aus Sinn und Zweck des Art. 12 Abs. 1 GG folge, daß der Gesetzgeber befugt sei, die Berufsaufnahme von der Erlaubnis einer Berufszulassung abhängig zu machen.
    Aber auch die Regelung der Einschränkung der Berufsausübung durch den Gesetzgeber gilt nach Ansicht des BVG nicht schrankenlos. Art. 19 GG ziehe hier die verfassungsmäßige Grenze, wonach ein Grundrecht nicht in seinem Wesensgehalt angetastet werden dürfe. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn der Gesetzgeber eine völlige Zulassungs- oder Ausübungssperre verhängen würde. Auch die Bedürfnisprüfung oder eine zeitweilige Berufssperre wegen einer außerordentlichen Übersetzung sowie alle Zulassungsbeschränkungen, die nur den privaten Interessen einzelner Berufsstände, z. B. dem Schutz vor Wettbewerb, dienen, seien unrechtmäßig. Soweit aber ein derartiger Verstoß gegen das Grundgesetz nicht vorliege, sei der Gesetzgeber ermächtigt, Berufsausübungsvorschriften — meine Damen und Herren, ich betone ausdrücklich: nicht Berufsordnungs-, sondern Berufsausübungsvorschriften —, die für alle Betroffenen gleichmäßig gelten, zu erlassen. Hierzu rechnen auch die Zulassungsvoraussetzungen des Einzelhandelsschutzgesetzes hinsichtlich der Sachkunde und der persönlichen Zuverlässigkeit, da sie alle Betroffenen gleichmäßig erfüllen können. Das BVG hält sich nicht für berechtigt, insoweit in das pflichtmäßige Ermessen des Gesetzgebers, derartige Gewerbezulassungsvorschriften zu erlassen, einzugreifen.
    Da auch der vorliegende Initiativantrag der CDU/CSU lediglich den Sachkundenachweis und die Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers fordert, .dürfte an der Verfassungsmäßigkeit des neuen Berufsausübungsgesetzes nicht zu zweifeln sein.
    Mir ist zwar bekannt, daß der Bundesgerichtshof in verschiedenen Gutachten, die sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Handwerksordnung befaßten, zu einer etwas abweichenden Auffassung gelangt ist. Er will einen Eingriff des Gesetzgebers in die Grundrechte nur dann als statthaft anerkennen, wenn und soweit übergeordnete Rechtsgründe einen solchen Eingriff zwingend erfordern. Mir scheint aber diese Argumentation nicht richtig zu sein, weil ganz außer acht gelassen wird, daß der Gesetzgeber nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ausdrücklich ermächtigt ist, die Berufsausübung durch Gesetz zu regeln. Soweit Grundrechte dabei nicht eingeschränkt werden — dies hat das Bundesverwaltungsgericht sehr präzise herausgearbeitet —, ist ein Berufsausübungsgesetz für den Handel als verfassungsgemäß anzusehen.
    Die Notwendigkeit für den beschleunigten Erlaß des Berufsausübungsgesetzes für den Handel liegt darin begründet, daß endlich eine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage für die Berufsausübung geschaffen werden muß, nachdem seit 1945 unter dem Einfluß der Besatzungsmächte und durch die Zonenaufteilung völlig unterschiedliche gesetzliche Regelungen, in der früher amerikanisch besetzten Zone durch Proklamierung der schrankenlosen Gewerbefreiheit sogar ein gesetzloser Zustand Platz gegriffen haben. So ist das Einzelhandelsschutzgesetz gegenwärtig nur noch in den Ländern der früher französisch und britisch besetzten Zonen gültig. Im Lande Niedersachsen und im Lande Berlin sind außerdem eigene Gewerbezulassungsgesetze erlassen worden. Diesem unerfreulichen Rechtszustand kann nur durch die Wiederherstellung einer bundeseinheitlichen Regelung abgeholfen werden.
    Die Vorlage des Gesetzentwurfs soll gleichzeitig der gesetzlichen Anerkennung des Einzelhandels und des Großhandels als Beruf dienen. Diese Handelszweige sehen in der Erfüllung ihrer volkswirtschaftlichen Aufgabe, deren Bedeutung wegen der ihr innewohnenden Schlüsselfunktion kaum bestritten sein dürfte, einen echten, der Verbraucherversorgung dienenden Beruf und wollen ihn als solchen gewertet wissen. Das Gesetz soll verhindern, daß durch eine schrankenlose Gewerbefreiheit der Einzelhandel und der Großhandel mehr und mehr zu einem Ausweichplatz und Versuchsfeld unlauterer Elemente degradiert werden.

    (Abg. Stücklen: Sehr gut!)

    Insbesondere für den Einzelhandel erweist sich ein Berufsausübungsgesetz als notwendig, weil er dem Verbraucher am unmittelbarsten gegenübertritt und deshalb unlautere Methoden einzelner Gewerbetreibender, die weder über die notwendige Sachkunde noch über die persönliche Zuverlässigkeit verfügen, das zwischen Verbraucher und Einzelhandel nun einmal erforderliche Vertrauensverhältnis ganz empfindlich stören. Für keinen anderen Beruf können solche gewichtigen Argumente für ein Berufsausübungsgesetz geltend gemacht werden wie für den Einzelhandel.


    (Illerhaus)

    Aus den vorgenannten Gründen kann dieses Gesetz auch nicht als Berufungsfall für andere Berufszweige angesehen werden.

    (Abg. Stücklen: Sehr richtig!)

    Gerade der Verbraucher, der einen wesentlichen Teil seines Einkommens zur Deckung des laufenden Bedarfs in die Geschäfte trägt, hat Anspruch auf sachkundige und kaufmännisch einwandfreie Beratung. Es ist in der heutigen .Zeit dem Verbraucher schlechterdings nicht zuzumuten, laufend über den Warenmarkt orientiert zu sein, daß er jede Type, die neu aufkommt, oder beispielsweise neue Textilien hinsichtlich ihrer Güte und Preiswürdigkeit beurteilen könnte. Hier muß er sich ganz auf seinen Einzelhandelskaufmann verlassen können. Voraussetzung wird aber immer sein, daß der Kaufmann schon vor Aufnahme seiner Tätigkeit auf Zuverlässigkeit und Sachkunde überprüft werden kann.
    Die gleichen Voraussetzungen für den Großhandelskaufmann zu fordern, liegt in der Sorge begründet, daß vom Einzelhandel abgelehnte Bewerber in den Großhandel einströmen und dort Schaden stiften.
    Neben dem Verbraucherschutz ist wesentliches Ziel des Berufsausübungsgesetzes die Leistungssteigerung und Sicherung eines echten Leistungswettbewerbs im Handel. Das Gesetz soll also kein Schutz- oder kein Sperrgesetz im Rahmen einer zünftlerischen Abgrenzung gegenüber neu hinzukommenden Konkurrenten sein, sondern es soll den Grundsatz des freien Wettbewerbs in der Weise verwirklichen helfen, daß dieser Wettbewerb von qualifizierten Kaufleuten und zum Nutzen der Allgemeinheit ausgeübt wird.
    Es wird dem Handel verschiedentlich vorgeworfen, seine Rationalisierungsbestrebungen seien ungenügend, und er versäume, dort, wo es ginge, die Kosten herabzudrücken. Es wird aber verständlich, daß alle Rationalisierungsbestrebungen und die Bemühungen der Berufsverbände um eine weitere Rationalisierung nur dann von Erfolg gekrönt sein können, wenn sie mit Kaufleuten durchgeführt werden, die auch etwas davon verstehen.
    Gelegentlich wird nun behauptet, das Berufsausübungsgesetz für den Handel stehe mit den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft nicht in Einklang. Diese Behauptung wäre richtig, wenn in dem Gesetz eine Bestimmung vorhanden wäre, die den Wettbewerb in irgendeiner Form beschränkt. Dies gilt also beispielsweise für den Einbau einer Bedürfnisprüfung oder die Einführung eines Numerus clausus. Bisher aber konnte noch niemand nachweisen, daß ein Gesetz, das lediglich die Sachkunde und persönliche Zuverlässigkeit erfordert, den Wettbewerb einschränkt. Im Gegenteil, das mit dem Gesetz angestrebte Ausleseprinzip, welches sich natürlich nur allmählich und auf längere Sicht auswirken kann, verstärkt den Wettbewerb, und zwar gerade den Leistungswettbewerb. Es wird auch niemand behaupten können, daß beispielsweise dort, wo das Einzelhandelsschutzgesetz auch heute noch gilt, im Handel kein Wettbewerb herrsche. Wir sehen also, daß ein Gesetz mit einem gesunden Ausleseprinzip, basierend auf Sachkunde und persönlicher Zuverlässigkeit, durchaus im Sinne der freien Markt- und Wettbewerbswirtschaft liegt und einer Festigung der derzeitigen Wirtschaftspolitik dient.
    Auch im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums hat eine Gruppe von Sachverständigen in einem Zusatzgutachten zu einem Gutachten des Beirats, das sich zur Frage des Wettbewerbs in gewissen Gewerben und Berufen geäußert hat, zum Ausdruck gebracht, daß es die Wettbewerbsidee überfordern hieße, wenn allein von ihr aus zu der Frage der Berufs- und Gewerbegesetze Stellung genommen würde.
    Als Mindestvoraussetzung für die selbständige Errichtung oder Übernahme eines Handelsunternehmens sieht der Gesetzentwurf den Nachweis der Sachkunde und der persönlichen Zuverlässigkeit an, also Voraussetzungen, die durch die erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als mit dem Grundgesetz in Einklang stehend erklärt worden sind. Eine irgendwie geartete Form der Bedürfnisprüfung wird nicht verlangt und würde auch von uns abgelehnt, meine Damen und Herren. Insoweit besteht also ein wesentlicher Unterschied zum Einzelhandelsschutzgesetz von 1933.
    Der Sachkundenachweis soll für den Regelfall dadurch erbracht sein, daß die Kaufmannsgehilfenprüfung abgelegt sowie eine anschließende praktische Tätigkeit im Handel von mindestens zwei Jahren absolviert wird. Der Sachkundenachweis gilt auch dann als erbracht, wenn eine mindestens fünfjährige Tätigkeit im Handel, davon eine zweijährige leitende Tätigkeit, nachgewiesen wird. Eine besondere Prüfung, in der die Sachkunde nachzuweisen ist, soll nur in den Fällen stattfinden, in denen eine ordnungsgemäß abgeschlossene Lehre oder eine mehrjährige praktische Tätigkeit im Handel nicht nachgewiesen werden kann. Diese Prüfung soll von einer von der höheren Verwaltungsbehörde bestimmten,

    (Abg. Albers: Also „Verwaltungsvereinfachung"!)

    ihrer Dienstaufsicht unterstehenden Behörde abgenommen werden, so daß auch hier abseits aller konkurrenzmäßigen Erwägungen volle Objektivität gewährleistet ist.

    (Abg. Stücklen: Sehr richtig!)

    Für den Handel mit Lebensmitteln, Chemikalien, Arzneimitteln und Giften gilt der Nachweis der Sachkunde als erbracht, wenn eine Prüfung für den entsprechenden Warenzweig abgelegt und danach eine praktische Tätigkeit von mindestens zwei Jahren in einem Handelsbetrieb des entsprechenden Warenzweiges oder nach Ablegung der Kaufmannsgehilfenprüfung eine praktische Tätigkeit von mindestens drei Jahren in einem Handelsbetrieb des entsprechenden Warenzweiges ausgeübt worden ist. Zu überlegen wäre hier vielleicht, ob diese Vorschriften nicht auch auf den Buchhandel ausgedehnt werden müßten.
    Die Prüfung der Zuverlässigkeit richtet sich nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Gesichtspunkten. Ein Gewerbetreibender wird insbesondere dann nicht als zuverlässig angesehen werden können, wenn er wegen Betruges oder wegen einer anderen Verletzung fremden Vermögens, wegen Wuchers, wegen groben Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb oder wegen wiederholter Verstöße gegen die für das betreffende Gewerbe geltenden Vorschriften rechtskräftig verurteilt worden ist.


    (Illerhaus)

    Nach Bekanntwerden des Gesetzentwurfs sind vereinzelt Stimmen der Kritik laut geworden, die Bedenken gegen verschiedene Bestimmungen erhoben haben. Diese Bedenken richten sich erstens gegen die Hereinnahme des Großhandels in dieses Gesetz, zweitens gegen den § 7 Abs. 5, der die Eröffnung von Zweigniederlassungen den gleichen Bedingungen unterwirft wie den Beginn eines Unternehmens, und drittens gegen den § 9, der die Weiterführung des Betriebes beim Tod des Betriebsinhabers durch die Erben regelt. Ich bin sicher, daß man, ohne dem Gesetz Gewalt anzutun, diese Bedenken in den Ausschußberatungen weitgehend berücksichtigen kann. Dies dürfte zum Teil lediglich eine Frage der Formulierung sein.
    Nun noch ein kurzes Wort zu den Verfahrensfragen. Grundsätzlich kann jeder Handel betreiben, jedoch muß er dies der von der Landesregierung bestimmten Verwaltungsbehörde unter Angabe der Art des Handelsbetriebes anzeigen. Die Verwaltungsbehörde muß innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang der Anzeige dem Beginn des Handelsbetriebes widersprechen, wenn die persönliche Zuverlässigkeit und die erforderliche Sachkunde nicht nachgewiesen werden können. Vor Ablauf der drei Monate darf der Handelsbetrieb nur begonnen werden, wenn die Verwaltungsbehörde dem Anmelder ausdrücklich mitteilt, daß sie der Eröffnung des Handelsbetriebes nicht widersprechen wird. Widerspricht die Verwaltungsbehörde, so darf der Handelsbetrieb nur begonnen werden, wenn der Widerspruch zurückgenommen oder seine Aufhebung durch gerichtliche Entscheidung unanfechtbar geworden ist. Gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörden sind selbstverständlich alle Rechtsmittel zulässig, die ) im Verwaltungsstreitverfahren vorgesehen sind. Damit ist also der volle Rechtsschutz für jedermann gesichert.
    Ich habe versucht, Ihnen in großen Zügen die historische Entwicklung und auch die Notwendigkeit für den Erlaß eines Berufsausübungsgesetzes für den Handel aufzuzeigen. Gleichzeitig sollten meine Ausführungen Ihnen einen Überblick über die durch das Gesetz angestrebten Ziele und die für eine Handelstätigkeit notwendigen Voraussetzungen der Sachkunde und der persönlichen Zuverlässigkeit sowie über das vorgesehene Verfahren geben. Ich darf die Hoffnung aussprechen, daß das Hohe Haus dem Gesetzentwurf seine Zustimmung nicht versagt, sondern ihn so bald als möglich verabschiedet.
    Ich stelle den Antrag, die Drucksache 1872 dem Ausschuß für Sonderfragen des gewerblichen Mittelstandes — federführend — und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zur Mitberatung zu überweisen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort zur Begründung der Drucksache 1873, Ziffer 1 e der Tagesordnung: Entwurf eines Gesetzes gegen den Betriebs- und Belegschaftshandel, hat der Abgeordnete Wieninger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Wieninger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der hier zur Beratung stehende Antrag meiner Fraktion gegen den Betriebs-, Behörden- und Belegschaftshandel soll einem Übelstand innerhalb unserer Wirtschaft abhelfen. Wir glauben, daß der Bundestag sich der
    Regelung dieser Frage annehmen sollte, weil die Ausbreitung dieses Handels eine Deroutierung innerhalb einer geordneten arbeitsteiligen Wirtschaft herbeiführt. Der Bundestag sollte sich dessen annehmen, weil dieser Werks- und Belegschaftshandel eine Quelle von Steuerhinterziehungsmöglichkeiten darstellt und weil er die Leistungsfähigkeit des Einzelhandels in einer solchen Weise beeinträchtigt, daß dadurch jeder, der nicht die Möglichkeit hat, diese Handelsart zu benutzen, in ungerechter Weise geschädigt wird.
    Der Betriebshandel in seiner heutigen Form ist in der dunklen Zeit des Mangels an Verbrauchsgütern entstanden.

    (Abg. Stücklen: Sehr richtig!)

    Die Kohleförderung wurde seinerzeit durch Sonderzuteilungen an Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen intensiviert. Im Rahmen der bekannten Devisenbonusaktion kamen damals den Betrieben und ihren Mitarbeitern Naturalvorteile zugute, und auch sonst behalf man sich allgemein durch mehr oder minder gewagte Kompensationen.
    Diese Selbsthilfeaktionen mögen zu jener Zeit gerechtfertigt gewiesen sein. Die innere Berechtigung zu einer solchen autarken Wirtschaftsform ist aber weggefallen, seit ein normales, ausreichendes Angebot nicht mehr dazu zwingt. Man sollte also meinen, daß sich diese Entartung des Wirtschaftslebens von selbst wieder aufgehoben hätte. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der Betriebs-, Behörden- und Werkshandel blieb nicht nur bestehen, er dehnte sich in einer Weise aus, die gefahrdrohend genannt werden muß. Man braucht nicht zu fragen, was alles im Betriebshandel vertrieben wird. Vielmehr ist es besser und kürzer, danach zu fragen, was nicht gehandelt wird. Es sind dies kurz gesagt alle sozial kakulierten Artikel wie Schälmühlenerzeugnisse, Mehl, Fette, Zucker usw., also alles, was nur eine knappe Verdienstspanne zuläßt. Sonst wird alles, aber auch alles im Belegschaftshandel vertrieben, angefangen von allen Lebens- und Genußmitteln, Konserven, Wäsche, Schuhen, Kleidern und Ausstattungsgegenständen bis zu Foto-, Rundfunk- und Fernsehapparaten, ja bis zu ganzen Wohnungseinrichtungen.
    Nach unseren Beobachtungen nimmt sich der Einsammlung von Aufträgen irgendein Mitglied der Belegschaft an — oft ist es auch der Betriebsrat —, verteilt dann die gelieferten Waren und übernimmt das Inkasso der Rechnung. Bei einem Mitarbeiterstand von einigen hundert Köpfen macht die Provision für Inkasso und Skonto in der Höhe von bis zu 5 °/o eine schöne Summe aus. Mir sind regelmäßige Nebenverdienste dieser Art von wöchentlich 200 bis 300 DM bekannt. Als Lieferanten treten meist sogenannte Rucksack- oder Dreirad-Grossisten auf, die auf diese Weise am Rande des normalen Wirtschaftsablaufs ihr Schäfchen scheren.
    Wir sind Gegner derartiger zwielichtiger Geschäftspraktiken und streben das Verbot dieses Handelsgebarens an, und zwar aus folgenden Gründen. Die durch den Betriebs- und Belegschaftshandel geschaffenen Steuertatbestände werden kaum oder nur in völlig unzureichendem Maße beachtet. Dies gilt hinsichtlich der Einkommen-, der Gewerbe- und auch der Umsatzsteuer. Nach einer vorsichtigen behördlichen Schätzung ist der Steuerausfall auf jährlich 150 bis 200 Millionen DM zu veranschlagen.

    (Hört! Hört! rechts.)



    (Wieninger)

    Die Oberfinanzdirektion Frankfurt urteilt, „daß bei dieser Art der Warenverteilung mangels Verbuchung durch die Abnehmer die Aufdeckung dieser Umstände unwahrscheinlich ist". Wenn es hoch kommt, werden die Umsatzziffern zu einem Steuersatz für den Großhandel, nämlich zu 1 , nicht aber zu 4 %, wie es für den Kleinhandel, für den Verkauf an den Letztverbraucher vorgeschrieben ist, versteuert.

    (Abg. Friese: Behördlich sanktionierte Steuerhinterziehung!)

    Die von den Personen, die als Verteiler in den Betrieben tätig sind, erzielten Provisionen und sonstigen Gewinne werden erfahrungsgemäß dem Finanzamt überhaupt nicht gemeldet.
    Wir stellen aber auf diesem Gebiete nicht nur eine Schädigung des Gesamtinteresses unseres Volkes auf steuerlicher Ebene fest. Der gesamte Einzelhandel und damit auch der Großhandel werden durch diese Verkaufsform auf das schwerste in Mitleidenschaft gezogen. Dem Betriebs- und Belegschaftshandel wäre jede Basis der Wirksamkeit schlagartig entzogen, wenn er unter den gleichen Wettbewerbs- und Startbedingungen arbeiten müßte wie der reguläre Handel,

    (Sehr gut! in der Mitte)

    wenn er ein komplettes Warensortiment, wie es der Käufer nach dem Grundsatz der freien Konsumwahl verlangt, halten müßte, statt sich auf eine Reihe leicht verkäuflicher Standardartikel zu beschränken.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Er wäre lahmgelegt, wenn er auch so, wie das der Einzelhandel tun muß, alle sozial kalkulierten Massenkonsumgüter anbieten würde. Er wäre nicht möglich, wenn er so wie der reguläre Handel Gehälter, Mieten, Sozialabgaben, Lagerkosten, Kreditgebühren, Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuer, Heizung, Beleuchtung, Versicherungsspesen und alle anderen Generalien zu tragen hätte. Schließlich würde er verschwinden, wenn die Agenten und Vermittler in den Betrieben so wie der reguläre Handel ihren Lebensunterhalt aus dieser Tätigkeit bestreiten müßten, statt ihn von ihren Arbeitgebern für eine vernachlässigte Haupttätigkeit entgegenzunehmen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Nur wenn alle diese Voraussetzungen erfüllt wären, könnte von gleichen Wettbewerbsbedingungen gesprochen werden. Diese Wettbewerbsungleichheit stellt aber eine Gefahr für unsere ganze Volkswirtschaft dar, weil ihr Leistungsniveau von dem Grad der Spezialisierung der wirtschaftlichen und sozialen Funktionen abhängt. Die Rückbildung dieser Spezialisierung muß sich unwirtschaftlich auswirken. Der Handel innerhalb der Betriebe und Behörden stellt eine solche Rückbildung in unserer in höchstem Grade spezialisierten und dadurch aus unzähligen Abhängigkeitsverhältnissen bestehenden Volkswirtschaft dar und vermindert zwangsläufig unseren relativ hohen Leistungsstandard.

    (Zuruf von der Mitte: Jawohl!)

    Ganz abgesehen also von den berechtigten Interessen des regulären Handels behaupten wir, daß die ganze breite Schicht der Käuferschaft, also alle, die beim Einzelhandel kaufen müssen, durch den Handel in den Betrieben und Behörden in ihren Interessen geschädigt werden.

    (Sehr wahr! in der Mitte.)

    Wenn beispielsweise in einer kleinen Stadt mit einem größeren Industriegebiet bei den Umsätzen des Einzelhandels in den Artikeln, die nicht sozial kalkuliert sind und die deswegen einen gewissen Rentabilitätsausgleich ergeben würden, eine spürbare Umsatzschrumpfung eintritt, dann ist dieser Einzelhandel nicht mehr so leistungsfähig, wie es notwendig wäre. Dann bedeutet das, daß die Sondervorteile einzelner, nämlich der Käufer im Betriebs- und Belegschaftshandel, durch entsprechend höhere Preise von allen anderen getragen werden müßten. Die Besserstellung eines relativ kleinen Kreises von Verbrauchern hat damit eine Schlechterstellung aller anderen zur Folge. Die mit den erzielten Sondervorteilen verbundene Umschich- tung des Realeinkommens geht unterschiedslos zu Lasten der gesamten Bevölkerung. Dabei werden Sozialrentner und Wohlfahrtsbefürsorgte am härtesten betroffen. Mit anderen Worten: der Betriebshandel ist der Versuch eines Teiles der Verbraucher, eine Verbesserung ihres Lebensstandards auf Kosten der breiten Masse der Verbraucher zu erreichen, die sich gegen diese Belastung praktisch nicht zur Wehr setzen können. Deshalb bezeichnen wir die Auswirkungen dieser Entartung des Handels als unsozial.
    In diesem Zusammenhang ist es interessant, daß die beiden großen Sozialpartner der Wirtschaft, Gewerkschaften und Industrie, den Werkhandel ablehnen. Die Gewerkschaften sind in wiederholten Äußerungen, darunter in Ausführungen der Gewerkschaftszeitung „Der Bund", gegen den Werkhandel aufgetreten, und der Bundesverband der Deutschen Industrie hat erst in jüngster Zeit dagegen Stellung genommen.
    Meine Damen und Herren, verabschieden wir dieses Gesetz, damit auf dem Gebiete der Güterverteilung klare und stabile Verhältnisse eintreten, damit unsoziales Preisgefälle vermieden wird und damit gleiches Recht für alle eintritt!
    Wir beantragen, den vorliegenden Antrag dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik — federführend — und dem Ausschuß für Fragen des Mittelstandes sowie dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur Mitberatung zu überweisen.

    (Beifall in der Mitte.)