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ID0211113600

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    Vokabeln: 7
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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 111. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. November 1955 6003 111. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. November 1955. Nachruf für den am 6. November verstorbenen Abgeordneten Sassnick 6005 B Nachruf für den am 7. November verstorbenen Abgeordneten Griem 6005 B Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Scheppmann und Zühlke 6005 C Geschäftliche Mitteilungen 6005 D Absetzung der Beratung der Mündlichen Berichte des Vermittlungsausschusses zum Finanzverfassungsgesetz (Drucksache 1819) und zum Inanspruchnahmegesetz für 1955 (Drucksache 1820) von der Tagesordnung 6005 D Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . 6005 D Mitteilung über Zurückziehung der Großen Anfrage der FDP betr. Durchführung des Saarstatuts (Drucksache 1618) 6005 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 198 und 200 (Drucksachen 1779, 1827; 1814, 1838) 6006 A Zur Geschäftsordnung (betr. Absetzung der Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Apothekenwesen [Drucksachen 1790, 1233] von der Tagesordnung): Frau Dr. Hubert (SPD) 6006 A Dr. Hammer (FDP) 6006 D Präsident D. Dr. Gerstenmaier 6006 D, 6007 C Horn (CDU/CSU) 6007 A Becker (Hamburg) (DP) 6007 B, C Absetzung 6007 C Fragestunde (Drucksache 1831): 1. betr. Verhandlungen über die Bombardierung des Großen Knechtsandes: Dr. von Buchka (CDU/CSU) . . 6008 A, C Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 6008 A, C 2. betr. Handhabung des Tarifaufsichtsrechts des Bundesverkehrsministers über die Einhaltung des Tarifzwanges gegenüber der Bundesbahn: Zurückgezogen 6008 C betr. Frage der Errichtung von Heeresbäckereien und -fleischereien: Held (FDP) 6008 D Blank, Bundesminister für Verteidigung 6008 D, 6009 A 3. betr. Fahrpreiserhöhungen für den Verkehr zur Insel Fehmarn: Dr. Menzel (SPD) 6009 A Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 6009 A 4. betr. Bilanz des Volkswagenwerkes: Dr. Menzel (SPD) 6009 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6009 D 5. betr. Jahresabschlüsse der Deutschen Bundesbahn: Dr. Menzel (SPD) 6009 D Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 6010 A 6. betr. Entschädigung von Seeleuten für erlittene Kriegsverluste: Walter (DP) 6010 B, D, 6011 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6010 B, D, 6011 A 8. betr. Registrierbogen der amerikanischen Luftwaffe: Wittrock (SPD) . . . . 6011 A, C, D, 6012 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6011 B, D Präsident D. Dr. Gerstenmaier 6011 D, 6012 A 9. betr. Verfälschung ausländischer But- ter zu „Deutscher Markenbutter": Arnholz (SPD) 6012 A, C, D Dr. h. c. Lübke, Bundesminster für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 6012 B, D, 6013 A 10. betr. Tierquälerei durch Ausstellung von Tieren in Lokalen: Arnholz (SPD) 6013 A, C Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 6013 B, C, D 11. betr. Pressenachrichten über Beschießung des Strands von Wenningstedt auf Sylt: Arnholz (SPD) 6013 D, 6014 B, C Blank, Bundesminister für Verteidigung 6013 D, 6014 B, C 12. betr. Stellungnahme des Bundesfinanzministers zur Frage der Reform der sozialen Leistungen: Dr. Schellenberg (SPD) 6014 C, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6014 D, 6015 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 6015 A 13. betr Ausarbeitung von Gesetzentwürfen zur Sozialreform: Dr. Schellenberg (SPD) . . . 6015 A, C, D Storch, Bundesminister für Arbeit 6015 B, C, D 14. betr. Unfallrenten und Unfallversicherungsgesetzgebung: Meyer (Wanne-Eickel) (SPD) . . 6016 A, C Storch, Bundesminister für Arbeit 6016 A, C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 6016 D 15. betr. Überholverbote für Lastzüge an Steigungen und Gefällen der Bundesautobahnen: Dr. Leiske (CDU/CSU) 6016 D Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 6017 A 16. bis 28. wegen Zeitablaufs der Fragestunde abgesetzt 6017 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Verstöße gegen das Personenstandsgesetz (Drucksache 1712, Umdruck 492) . . . . 6017 B Dr. Arndt (SPD), Anfragender 6017 C, 6025 D Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 6019 B, 6027 C Metzger (SPD) 6020 D Frau Dr. Ilk (FDP) 6022 C Hoogen (CDU/CSU) 6023 D Dr. Bucher (FDP) 6027 B Beschlußfassung über den Antrag der Fraktion der SPD Umdruck 492 . . . 6028 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung von Bestimmungen über den Seidenbau (Drucksache 1616); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 1797) 6028 D Frau Dr. Jochmus (CDU/CSU), Berichterstatterin (Schriftlicher Bericht) 6034 C Beschlußfassung 6028 D Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes (Drucksache 1398); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Druckaschen 1732, zu 1732) 6029 A Schütz (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 6035 A Beschlußfassung 6029 A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes (Drucksache 1742); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Drucksache 1821) 6029 B Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 6029 B Frau Döhring (SPD), Berichterstatterin 6029 C Frau Korspeter (SPD) 6030 B Horn (CDU/CSU) 6031 C Vizepräsident Dr. Schmid 6032 A Dr. Schellenberg (SPD) 6032 A Abstimmungen 6030 A, 6032 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Sonderzulagen für langfristig Arbeitslose (Drucksache 1798) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Sonderzulagen für Arbeitslose (Drucksache 1799) 6032 B Ausschußüberweisungen. . . 6032 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das deutsch-isländische Protokoll vom 19. Dezember 1950 über den Schutz von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten (Drucksache 1785) . 6032 C Überweisung an den Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht 6032 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Vorläufige Europäische Abkommen vom 11. Dezember 1953 über Soziale Sicherheit unter Ausschluß der Systeme für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen und über das Vorläufige Europäische Abkommen vom 11. Dezember 1953 über die Systeme der Sozialen Sicherheit für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen (Drucksache 1786) 6032 C Überweisung an die Ausschüsse für Sozialpolitik und für Kommunalpolitik . 6032 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu der Erklärung vom 10. März 1955 über die Verlängerung der Geltungsdauer der Zollzugeständnislisten zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) (Drucksache 1794) 6032 D Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 6032 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Brüsseler Protokoll vom 30. Juli 1936 über die Immunitäten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Drucksache 1795) 6032 D Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten 6032 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das deutsch-österreichische Protokoll vom 25. März 1955 über die Verlängerung des deutschen Zollzugeständnisses für Loden (Drucksache 1796) . . 6033 A Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 6033 A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hessischen Gesetzes zur Einführung der Rechtsanwaltsordnung (Drucksache 1829) 6033 A Überweisung an den Rechtsausschuß . 6033 A Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kraftloserklärung von Hypotheken, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen in besonderen Fällen (Drucksache 1830) 6033 A Überweisung an den Rechtsausschuß . . 6033 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Verkauf des ehemals reichseigenen Gesandtenwohnhauses in Athen (Drucksache 1792) 6033 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 6033 C Nächste Fragestunde 6033 C Nächste Sitzung 6033 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6034 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Entwurf eines Gesetzes über die Aufhebung von Bestimmungen über den Seidenbau (Drucksache 1797) 6034 C Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes (Drucksache zu 1732) 6035 A Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlage 2 Drucksache 1797 (Vgl. S. 6028 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (26. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Aufhebung von Bestimmungen über den Seidenbau (Drucksache 1616). Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Jochmus Das Gesetz dient der Bereinigung von Rechtsvorschriften über den Seidenbau, die auf Grund des sogenannten Reichsnährstandsgesetzes vom 13. September 1933 ergangen sind. 1935 hatte der Reichsernährungsminister den Reichsnährstand ermächtigt, die Gewinnung, die Verwertung, den Absatz und die Preise von deutschen Kokons zu regeln. Die letzte dieser Regelungen ist die Anordnung des Beauftragten des Reichsnährstandes für den deutschen Seidenbau von 1941. Diese Anordnung machte Erzeugung und Absatz von gewissen Zustimmungen abhängig; sie legte außerdem die alleinige Bruterzeugung in die Hand der Reichsforschungsanstalt für Seidenbau - jetzt Bundesforschungsanstalt für Kleintierzucht in Celle -, bestimmte eine Ablieferungspflicht für Kokons an die Mitteldeutsche Spinnereihütte GmbH, regelte Preise und führte Ordnungsstrafen ein. Hauptgrund für den Erlaß dieser Bestimmungen waren wehrwirtschaftliche Überlegungen, die zu einer gewissen Autarkie auf dem Naturseidenmarkt führen sollten. Mit der Durchführung der Vorschriften - vor allem mit der Abnahme der Kokons durch die Mitteldeutsche Spinnereihütte - waren erhebliche finanzielle Belastungen verbunden, die nicht mehr gerechtfertigt erscheinen. Die anfallenden Ernten werden zur Zeit nicht mehr von der überwiegend zum Reichsvermögen gehörenden Mitteldeutschen Spinnereihütte aufgenommen; sollten aber die Seidenerzeuger erfolgreich auf deren Abnahmepflicht bestehen, so wäre mit einem jährlichen Zuschußbedarf von 75 000 bis 80 000 DM zu rechnen. Dieser steht in keinem Verhältnis zu einer Gesamternte von etwa 30 000 DM, die sich auf etwa 3000 Züchter verteilt. b) Urlaubsanträge a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 23. November Raestrup 19. November Frehsee 15. November Gumrum 15. November Matthes 15. November Dr. Miessner 15. November Welke 15. November Gemein 13. November Dr. Atzenroth 12. November Bals 12. November Bauer (Wasserburg) 12. November Bauereisen 12. November Dr. Brönner 12. November Dr. Elbrächter 12. November Hilbert 12. November Hoogen 12. November Illerhaus 12. November Knobloch 12. November Meyer (Oppershofen) 12. November Müller (Erbendorf) 12. November Regling 12. November Dr. Baade 11. November Baur (Augsburg) 11. November Dr. Bucerius 11. November Eickhoff 11. November Feldmann 11. November Frühwald 11. November Dr. Gleissner (München) 11. November I Heiland 11. November Dr. Höck 11. November Höcherl 11. November Dr. Kopf 11. November Dr. Kreyssig 11. November Margulies 11. November Mißmahl 11. November Kalbitzer 11. November Leibing 11. November Dr. Mocker 11. November Dr. Pohle (Düsseldorf) 11. November Dr. Schmidt (Gellersen) 11. November Rademacher 11. November Schwarz 11. November Spörl 11. November Stiller 11. November Unertl 11. November Dr. Wellhausen 11. November Albers 10. November Frau Albertz 10. November Brockmann (Rinkerode) 10. November Dr. Dehler 10. November Feller 10. November Huth 10. November Jacobs 10. November Jahn (Stuttgart) 10. November Kramel 10. November Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 10. November Frau Meyer (Dortmund) 10. November 011enhauer 10. November Schmücker 10. November Schüttler 10. November Frau Dr. Schwarzhaupt 10. November Wehner 10. November Dr. Welskop 10. November Abgeordnete bis einschließlich Dr. Starke 28. Februar 1956 Jahn (Frankfurt) 9. Januar 1956 Eberhard 10. Dezember 1955 Mensing 30. November 1955 Moll 30: November 1955 Erler 20. November 1955 Heye 20. November 1955 Dr. Kliesing 20. November 1955 von Manteuffel (Neuß) 20. November 1955 Dr. Bartram 19. November 1955 Schmidt (Hamburg) 20. November 1955 Morgenthaler 19. November 1955 Dr. Pferdmenges 19. November 1955 Richter 19. November 1955 Dr. Will 18. November 1955 Da überdies zu erwarten ist, daß der Bedarf an Naturseide durch die fortschreitende Entwicklung synthetischer Textilfasern weiter zurückgedrängt wird, besteht an der bisherigen Regelung kein Interesse mehr. Es bedarf daher einer Aufhebung der einschlägigen Vorschriften. Da die Verordnung von 1935 nach Wegfall des ermächtigenden Reichsnährstandsgesetzes eine selbständige Rechtsverordnung ist, muß sie durch Gesetz aufgehoben werden. Namens des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bitte ich um Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfs. Bonn, den 29. September 1955 Frau Dr. Jochmus Berichterstatterin Anlage 3 zu Drucksache 1732 (Vgl. S. 6029 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (28. Ausschuß) über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes (Drucksache 1398). Berichterstatter: Abgeordneter Schütz Die durch den Zusammenbruch im Jahre 1945 veränderten staatsrechtlichen Verhältnisse und die sich daraus ergebenden Folgewirkungen für die gesamtstaatliche deutsche Sozialversicherung lassen es nicht zu, die Sozialversicherung im Bundesgebiet uneingeschränkt mit sämtlichen Verpflichtungen der ehemaligen gesamtstaatlichen deutschen Sozialversicherung, die gegenüber Berechtigten im Ausland bestehen, zu- belasten. Das in Abschnitt II des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes geregelte Auslandsrecht sieht daher Leistungen an Berechtigte im Ausland nur vor, wenn versicherungsmäßig ein irgendwie gearteter Zusammenhang mit dem Bundesgebiet oder dem Land Berlin bestanden hat oder wenn es sich bei den Ersatzleistungen des § 9 um deutsche oder frühere deutsche Staatsangehörige handelt, die in der gesetzlichen Unfallversicherung oder in den gesetzlichen Rentenversicherungen nach Reichsrecht, Bundesrecht oder dem Recht des Landes Berlin versichert waren. Der Entwurf des Änderungsgesetzes bezweckt die Eingliederung von Personen, die in den Jahren 1938 und 1939 aus den in das Deutsche Reich eingegliederten Gebieten wegen Bedrohung auf Grund ihrer politischen Haltung, ihres Glaubens, ihrer Weltanschauung oder ihrer Rasse ins Ausland geflüchtet sind. Es handelt sich hierbei im wesentlichen um Personen, die in den genannten Zeiten, insbesondere vor der Besetzung des Sudetengebietes, wegen der vermuteten Verfolgungsmaßnahmen ins Ausland, vor allem nach Kanada, England und Schweden, ausgewandert sind. Der Personenkreis umfaßt etwa 2000 Familien. De es sich bei dem Entwurf nicht um eine Wiedergutmachung nach dem Bundesentschädigungsgesetz, sondern um eine Regelung der sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse dieser Vertriebenen handelt, ist es erforderlich, Leistungen nur in den Fällen vorzusehen, in denen eine Beziehung zur deutschen Rentenversicherung vorhanden ist. Diese Beziehung kann in den Fällen angenommen werden, in denen Deckungsmittel von Versicherungsträgern des Heimatlandes der Vertriebenen auf Versicherungsträger im Reichsgebiet übertragen wurden, wie dies insbesondere im Sudeten-gebiet der Fall war. Wenn daher in dem vom sozialpolitischen Ausschuß beschlossenen Entwurf vorgesehen ist, daß Voraussetzung für die Leistungsgewährung ist, daß Deckungsmittel der verpflichteten Versicherungsträger auf die Rentenversicherungsträger im Reichsgebiet übertragen wurden, so handelt es sich dabei um die Feststellung einer globalen Übertragung, ohne daß der Versicherungsträger, der die Leistung zu gewähren hat, für den Einzelfall zu prüfen hat, ob und inwieweit Deckungsmittel übertragen wurden. Es handelt sich also um eine territoriale Beschränkung, nicht um eine Einschränkung im Einzelfall. Durch die Bezugnahme auf § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Bundesvertriebenengesetzes wird zugleich bestimmt, daß Leistungen nur an Personen gewährt werden, die wegen drohender oder gegen sie verübter nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen auf Grund der politischen Überzeugung, der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung die Vertreibungsgebiete, die in Absatz 1 des Bundesvertriebenengesetzes näher bezeichnet sind, verlassen und ihren Wohnsitz außerhalb des Deutschen Reichs genommen haben. Damit wird zugleich erreicht, daß der Versicherungsträger den Grund der Auswanderung nicht selbst zu überprüfen braucht sondern dafür die für Vertriebene ausgestellten Bescheinigungen hierüber seiner Entscheidung zugrunde legen kann. Der mit dem Gesetzentwurf bezweckte Erfolg kann für diejenigen Personen, die noch nicht rentenberechtigt sind, nur erreicht werden, wenn ihnen die Möglichkeit gegeben wird, die in ihrem Heimatland begonnene Versicherung freiwillig fortzusetzen oder zu erneuern. Dies erfordert eine Ergänzung des § 12 Abs. 1, wie sie in Art. 1 Nr. 2 des Gesetzentwurfs vorgesehen ist. Demgemäß wurde hinsichtlich der Leistungsgewährung die von dem Ausschuß beschlossene Fassung gewählt. Die in Art. 1 Nr. 3 vorgesehene Änderung des § 17 Abs. 6 Satz 1 des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes dient der Vermeidung von Härten. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzentwurfs sichert die Erhaltung der Anwartschaft für den in Nr. 1 genannten Personenkreis bis zum 31. Dezember 1956. In Art. 1 a ist vorgesehen, daß die Leistungen für den im Art. 1 Nr. 1 genannten Personenkreis frühestens mit dem 1. Oktober 1955 beginnen, sofern der Antrag bis spätestens 31. Dezember 1956 gestellt wird. Art. 2 enthält die Berlin-Klausel. Art. 3 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Bonn, den 11. Oktober 1955 Schütz Berichterstatter
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    Rede von Ludwig Metzger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können mit Genugtuung verzeichnen, daß die Bundesregierung bei ihrer Auffassung beharrt, die sie bereits in ihrer Antwort in der Drucksache 1227 dargelegt hat. Sie beharrt nämlich dar-


    (Metzger)

    auf, daß der Begriff des schweren sittlichen Notstands in dem Reichskonkordat eng auszulegen ist. In bezug auf diesen Punkt hat sie auch gegenüber dem Päpstlichen Stuhl nicht nachgegeben, sondern sie wird, wenn ich recht verstehe, darauf dringen, daß ihre Auslegung des Begriffs anerkannt wird. Aber wir sind uns ja darüber einig, daß wir das Konkordat in den hier vorliegenden Fällen überhaupt ausschalten können. Ich kann auch von einer Behandlung der Frage absehen, ob das Konkordat Rechtsgültigkeit hat oder nicht. Meine eindeutige Auffassung ist die, daß es nicht rechtsgültig ist.
    Aber ich glaube, etwas anderes müßte die Bundesregierung tun, und davon ist bis jetzt nicht die Rede gewesen. Herr Kollege Arndt hat auf den Kernpunkt der Sache hingewiesen: Es geht nämlich darum, daß in der Bundesrepublik die Gesetze der Bundesrepublik für a 11 e gelten und daß es keine Kreise gibt, die von diesen Gesetzen ausgenommen sind. Auch der katholische Klerus kann nicht von diesen Gesetzen ausgenommen sein, auch er ist nicht exempt. Das ist die Frage, die in den Verhandlungen bisher nicht behandelt worden ist, soweit ich das aus dem, was der Herr Bundesinnenminister vorgetragen hat, ersehen kann. Der päpstliche Stuhl hat zwar die Pfarrer der Diözese Passau darauf hingewiesen, daß eine Anzeigepflicht gegenüber dem Standesamt vorliegt, wenn unter der Behauptung, daß ein sittlicher Notstand vorliege, eine kirchliche Trauung ohne vorausgegangene obligatorische Ziviltrauung vorgenommen worden ist. Aber das ist gar nicht der entscheidende Punkt. Es ergibt sich nämlich, daß sich die Pfarrer, die die Trauungen vorgenommen haben, bewußt waren und sind, daß sie sich nicht einmal auf das zweifelhafte Konkordat, auf seinen Artikel 26 berufen können; sie wußten auch, daß sie eindeutig gegen deutsche Gesetzesbestimmungen verstoßen haben.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Darauf kommt es doch an.
    Ich glaube, wir haben alle Veranlassung, darauf zu drängen, daß die Bundesregierung dafür sorgt, daß deutsches Recht in der Bundesrepublik angewandt wird, daß es nicht verletzt wird und daß man nicht dazu schweigt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Mir scheint, bei keiner der Vorstellungen zur Auslegung des Art. 26 des Reichskonkordats, deren Begründung von uns gebilligt wird, ist der Kernpunkt behandelt worden: daß nämlich geltende deutsche Gesetze mißachtet worden sind und daß man dagegen nicht angegangen ist. Denn es kommt darauf an, daß der päpstliche Stuhl deutlich erklärt, er billige nicht, daß katholische Pfarrer in der Bundesrepublik gegen das Personenstandsgesetz verstoßen, gegen dessen Gültigkeit niemand Einwendungen erheben kann.
    Wir müssen darauf dringen, daß darüber Klarheit geschaffen wird. Mir scheint außerordentlich beachtlich zu sein, worauf bereits hingewiesen worden ist, daß seit vielen Jahrzehnten in einem einzigen Fall gegen die Bestimmung des Personenstandsgesetzes über die obligatorische Zivilehe verstoßen worden ist, während jetzt, in der allerletzten Zeit, bereits acht solche Verstöße vorliegen; acht Fälle, die uns bekanntgeworden sind! Wir sind uns doch darüber im klaren, daß diese Verstöße zufällig bekanntgeworden sind. Denn wir sehen bei den uns bekanntgewordenen Fällen ja schon, wie
    sehr man sich bemüht hat, sie zu verheimlichen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Alle Begleitumstände zeigen uns mit Deutlichkeit, wie sehr man die Trauungen verheimlicht hat. Man hat die Trauung an irgendeiner Stelle vollzogen, wo man hoffen konnte, daß nichts bekanntwerde. Man hat das Standesamt nicht benachrichtigt. Man hat zwar teilweise mit der vorgesetzten Dienststelle Verbindung aufgenommen, aber offenbar die Dinge nicht klargestellt. Ob die vorgesetzte Dienststelle in manchen Fällen doch Bescheid wußte, will ich dahingestellt sein lassen. Jedenfalls hat man alles getan, diese Dinge nicht in die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Man hat also das Gesetz verletzen wollen, ohne gefaßt werden zu können.

    (Abg. Dr. Menzel: Schöne Gottesstreiter!)

    Diese Verstöße sind, wie ich schon sagte, zufällig bekanntgeworden. Es ist für mich kein Zweifel, daß sehr viel mehr Fälle vorliegen.

    (Abg. Dr. Seffrin: Das ist eine Behauptung, die Sie nicht beweisen können!)

    Man kann also die Behauptung aufstellen, daß in diesem Verfahren System liegt.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Ich glaube, das ist das Entscheidende. Dazu können wir einfach aus rechtsstaatlichen Gründen, aus Gründen der Achtung vor unserem eigenen Staat, von allem anderen ganz abgesehen, unter gar keinen Umständen schweigen. Ich muß offen gestehen: ich bin eigentlich etwas erstaunt über die Langmut und — entschuldigen Sie, wenn ich es deutlich sage — über die Gleichgültigkeit der Bundesregierung und des Bundesinnenministeriums.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Schon bei dem ersten Fall haben wir gefragt, warum denn der Bundesinnenminister nicht Veranlassung genommen hat, in aller Öffentlichkeit Stellung zu nehmen, und zwar eindeutig Stellung zu nehmen im Sinne des deutschen Rechts. Damals hat uns der Herr Bundesinnenminister erklärt, das sei ein einzelner Fall, es sei anzunehmen, daß das nun einmal geschehen sei, ohne daß eine besondere Absicht dahinterstecke. Es habe keine Veranlassung bestanden, von Staats wegen etwas zu tun, die Staatsautorität zu wahren. Inzwischen haben wir wer weiß wie viele Fälle, und wir fragen uns: Warum findet jetzt die Bundesregierung keine Veranlassung, in aller Öffentlichkeit, ohne daß hier im Bundestag die Dinge aufgegriffen werden, klar und deutlich Stellung zu nehmen und die Staatsautorität zu wahren?
    Wenn wir sehen, wie die Verhandlungen mit dem päpstlichen Stuhl geführt worden sind, so müssen wir sagen: die Verhandlungen gingen nach einer bestimmten Richtung. Sie bezogen sich auf die Auslegung des Konkordats, um das es auch nach der Erklärung des Herrn Bundesinnenministers in diesem Fall gar nicht geht. Die Verhandlungen zielten aber nicht darauf ab, vom päpstlichen Stuhl eindeutig zu verlangen, daß die katholischen Pfarrer in der Bundesrepublik angewiesen werden, die deutschen Gesetze zu achten, zu respektieren, so wie das jeder Staatsbürger tut.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Seffrin: Die Achtung der Gesetze ist selbstverständlich! — Zuruf von der Mitte: Man darf auch nichts unterstellen!)



    (Metzger)

    Wir können es, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht dulden, daß sich innerhalb der staatlichen Macht eine zweite Macht auftut, die ihre eigenen Gesetze handhabt

    (erneuter Beifall bei der SPD — Zurufe von der Mitte)

    oder die die bestehenden Gesetze bricht, die gegen sie handelt und damit einen eigenen Bereich begründen zu können glaubt.
    Wir müssen deshalb darauf bestehen, daß die Regierung in den hier aufgetretenen Fragen eine klare und eindeutige Haltung gegenüber dem päpstlichen Stuhl einnimmt. Wir müssen auch darauf bestehen, zu erfahren, was denn seitens des päpstlichen Stuhls nun eigentlich gesagt worden ist, wie der Wortlaut der Schreiben ist, welches die Begründung gewesen ist. Was uns hier vorgetragen worden ist, ist j a offenbar nicht alles, was geschrieben worden ist. Jedenfalls haben wir das Schreiben nicht im Wortlaut gehört, sondern nur eine Inhaltswiedergabe vernommen. Wir müssen darauf bestehen, daß der Bundestag erfährt, was hier vorgeht.
    Es ist an sich, worauf schon hingewiesen wurde, eigenartig, daß das Schreiben der päpstlichen Kanzlei dem Gericht mit der ganz merkwürdigen Begründung nicht bekanntgemacht wird, daß seine Bekanntgabe staatsgefährdend sein könne.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich muß mich fragen: Ja, worin soll die Staatsgefährdung liegen? In der Tatsache, daß man das Schreiben mitteilt, oder in der Tatsache, daß in diesem Schreiben Dinge stehen, die an sich staatsgefährdend wirken müßten?

    (Sehr gut! bei der SPD. — Oh-Rufe in der Mitte.)

    Ich glaube, man kann sich nicht auf diese Weise auf Bestimmungen der Strafprozeßordnung berufen, die ganz anders gemeint sind, und kann nicht auf diese Weise verhindern, daß gewisse Dinge und gewisse Hintergründe aufgeklärt werden.

    (Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Ich will, um der Bundesregierung jede Möglichkeit des Ausweichens zu nehmen, im Namen meiner Fraktion folgenden Antrag stellen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten über den Stand und den Verlauf ihrer Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl zu berichten, d. h. also, alles das beizubringen, was in diesem Zusammenhang beizubringen ist, einschließlich des geführten Schriftwechsels.
    Ich glaube, der Bundestag, vertreten durch seinen Auswärtigen Ausschuß, hat ein Recht darauf, zu erfahren, was hier vorgegangen ist, was die Bundesregierung tut und was sie in Zukunft zu tun gedenkt. Wir dürfen als Vertretung des Volkes erwarten, daß die Bundesregierung die ihr obliegende Pflicht, die Rechte des Staates zu wahren, erfüllt. Man darf da nicht mit halben Maßnahmen kommen und versuchen, Fälle, die außerordentlich gravierend sind, als harmlos darzustellen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Ilk.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Ilk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist erfreulich, daß nach so langer Zeit endlich eine Antwort vom Heiligen Stuhl auf die Anfrage der Bundesregierung erfolgt ist. Aber die Antwort kann uns, wenn sie auch in etwa das Verhalten der Geistlichen nicht gutheißt, in der Sache selbst keineswegs befriedigen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich bin der Ansicht, daß z. B. nur eine Meldung der vorgenommenen Trauung noch keineswegs den Mangel heilt, daß eben die Trauung durch den Geistlichen vor der zivilen Trauung vorgenommen wurde. Was hier ausgeführt wurde und was auch in den Erklärungen mitschwang, die von der Bundesregierung abgegeben wurden, ist doch die große Sorge, daß von einer Seite, die kraft ihres Amtes berufen wäre, die Staatsautorität zu stützen, tatsächlich ein Angriff auf die Staatsautorität erfolgt.
    Wenn sich die Geistlichkeit bei der Umgehung der Weisungen des Personenstandsgesetzes heute auf das Konkordat stützt, dessen Rechtsgültigkeit für uns nicht ohne Bedenken ist, dann müssen wir uns auch sagen, daß, selbst wenn es herangezogen wird, sein Art. 26 niemals eine Rechtfertigung dafür gibt, zu sagen: In den vorliegenden Fällen ist die kirchliche Trauung vor der standesamtlichen aus einem sittlichen Notstand vorgenommen. Niemals kann ein sittlicher Notstand, auch im Sinne des Konkordats, dann gegeben sein, wenn er nur auf der Weigerung beruht, auf rein materielle Dinge zu verzichten und eventuelle wirtschaftliche Nachteile auf sich zu nehmen, und wenn er leicht beseitigt werden kann.
    Es ist nicht Rechtens, auch nicht gegenüber den betreffenden Frauen, gegenüber der Familie, die angeblich entsteht, dadurch, daß eine Trauung vorgenommen wird; nur zu leicht kann der Geistliche in der Frau den Glauben erwecken, sie sei vor dem Recht eine Ehefrau, die Ehe sei rechtlich gültig. Keineswegs — das wollen wir doch einmal von dieser Stelle aus mit aller Deutlichkeit sagen — erwachsen für die Familie die zivilrechtlichen Folgen einer Ehe. Die Frau hat nicht das Recht, den Namen des Mannes zu führen, sie ist nicht „verheiratet", sie hat keinen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Mann, sie kann sogar nicht einmal etwas dagegen tun, wenn der Mann sie wieder verläßt und zivilrechtlich eine andere Ehe schließt;

    (Sehr richtig! bei der SPD) ihre Kinder sind uneheliche Kinder.

    Man muß sich also fragen: Wird nicht vielleicht, wenn diese Dinge Schule machen, überhaupt erst ein echter sittlicher Notstand erzeugt?

    (Beifall bei der FDP, SPD und beim GB/ BHE.)

    Werden sich nicht die Fälle häufen, in denen die Kinder der Männer und Frauen, die sich zu solcher Gemeinschaft zusammenfinden, als uneheliche Kinder hinterher sagen: Du, Staat, schütze uns! Wir sind hier in einen Notstand hineingeraten, für den wir nichts können. Nun anerkenne die Verbindung unserer Eltern als Ehe.
    Wir wollen nicht so weit gehen, die Vermutung anzustellen, daß über die bisher bekannten Fälle hinaus noch viele weitere Fälle vorgekommen sind. Aber wir wollen einmal ganz ernst auf die Folgen aufmerksam machen, die durch eine solche Maßnahme eintreten und die den sittlichen Bestand der Ehe, die zu schützen wir nach Art. 6 des Grundgesetzes berufen sind, unterhöhlen. Vielleicht geht


    (Frau Dr. II k)

    I man sogar darauf aus, durch Häufung solcher nur kirchlicher Eheschließungen eventuell auch das kanonische Eherecht in Parallelität zu unserem deutschen Recht auf solche Ehen anwendbar zu machen. Wir müssen es aber ablehnen, daß nach dieser Richtung in unserem deutschen Rechtsgefüge ein zweites Recht gelten soll.
    Sofern ein materieller Notstand die Beteiligten hinderte, eine Ehe zu schließen, wäre, glaube ich, die Kirche, wenn sie helfen wollte, in der Lage gewesen, auf anderem, ihr gemäßerem Wege zu helfen als auf dem, eine Trauung vorzunehmen. Sie hätte die beiden veranlassen können, legal zu heiraten; aus dem Fonds ihrer karitativen Mittel wäre sie sicher in der Lage gewesen, diesen beiden Menschen über eine wirtschaftliche Notlage hinwegzuhelfen.

    (Beifall bei der FDP, SPD und beim GB/ BHE.)

    Wir möchten auch die betreffenden Geistlichen, die gegen dieses Gesetz verstoßen haben, das in Deutschland seit 80 Jahren besteht, auf das Wort des Paulus hinweisen, der sagt: „Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen!". Sein Wort dürfte auch in diesem Falle Geltung haben, und ich glaube, daß man da doch empfehlen sollte, sich diese biblischen Forderungen als Leitmotiv vor Augen zu halten.

    (Abg. Bausch: Was die FDP fromm wird!)

    — Ich glaube, Sie irren sich in uns! Wir haben in der FDP wirklich eine sehr innerliche und feste religiöse Überzeugung und den Glauben, daß das, was Christus und seine Jünger uns in der Bibel als Weisung hinterlassen haben, auch für alle anderen Zeiten, auch für die heutige Zeit Geltung hat, Herr Kollege Bausch!

    (Beifall bei der FDP, SPD und beim GB/ BHE.)

    Wir wollen nicht nur das Wort stehen lassen; wir wollen, daß man nicht nur davon spricht, sondern auch danach handelt!

    (Erneuter, lebhafter Beifall bei der FDP, SPD und beim GB/ BHE.)

    In der Tat bleibt, vom Zivilrecht her gesehen, auch nach Vornahme einer kirchlichen Trauung ein Konkubinat bestehen, und womöglich nimmt man auf diese Weise eine doppelte Täuschung vor, sowohl gegenüber dem Staat, der gegebenenfalls dann die Renten weiterzahlen muß, als auch gegenüber denjenigen, die die Ehe geschlossen haben und vielleicht glauben, damit eine echte Ehe eingegangen zu sein.
    Wir waren, als das Personenstandsgesetz diskutiert wurde, weitgehend der Ansicht, daß es einer Strafbestimmung im Personenstandsgesetz nicht mehr bedürfe. Wir waren der Meinung, in den vergangenen 80 Jahren habe sich das Prinzip gefestigt, daß die zivile Trauung vor der kirchlichen Trauung zu erfolgen habe, in allen Kreisen, auch der Geistlichen, insbesondere der katholischen Geistlichen — ich glaube, auf evangelischer Seite ist ein solcher Fall überhaupt nie passiert —, und zwar so gefestigt, daß es einer Strafbestimmung nicht mehr bedürfe. Die vorliegenden Fälle haben uns eines anderen belehrt. Wir sind heute der Auffassung, daß wir auf eine Strafbestimmung nicht mehr verzichten können.
    Wir werden uns auch nicht damit einverstanden erklären, daß es sich hier nur um eine Ordnungsstrafe handeln könne. Erstens paßt dieser Tatbestand in das System der Ordnungswidrigkeiten schlecht hinein. Außerdem ist dann nicht die Möglichkeit gegeben, für Rückfall eine schärfere Strafe vorzusehen. Eine solche Bestimmung muß unter allen Umständen im künftigen Gesetz enthalten sein.
    Man sollte einmal überlegen, ob es nicht an der Zeit ist, auch an eine Bestrafung der beiden beteiligten Leute zu denken, des Mannes und der Frau, die den Geistlichen in diesen Gewissenskonflikt — das wollen wir ruhig zugeben — bringen, indem sie ihm eine Notlage schildern und ihn dazu bestimmen, ihnen durch eine kirchliche Trauung in ihrem Dilemma zu helfen. Ich glaube, daß zur gegebenen Zeit noch mehr darüber zu sagen sein wird.
    Darüber hinaus haben wir auch auf unserer Seite eine gewisse Verpflichtung, die Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen, die manche Menschen in eine so große soziale Not bringen, daß sie vielleicht aus ihrer verzweifelten Lage heraus ein solches Verlangen an den katholischen Geistlichen stellen, um in etwa wenigstens vom Religiösen her ihr Gewissen zu erleichtern. Ich möchte daher ganz dringlich darauf hinweisen, wie notwendig es ist, daß wir durch unsere soziale Gesetzgebung endlich dem Problem der Onkelehen zu Leibe rücken. Ich verweise hierzu noch einmal auf die Anträge, die ich in letzter Zeit in bezug auf die Kriegerwitwen gestellt habe. Wir müssen eine Lösung finden, damit diese Frauen wenigstens dann wieder eine Rente erhalten, wenn die zweite Ehe aufgelöst ist, und damit die Kinder, die Waisen sind, die Vollwaisenrente erhalten, wenn die Frau sich wieder verheiratet und ihre Rente aus diesem Grunde wegfällt. Dann würde sehr vielen Frauen der Schritt zu einer echten Eheschließung schon leichter fallen. Auch der Vorschlag, in den neuen Entwurf eines Gesetzes über die Kriegsopferversorgung eine Bestimmung aufzunehmen, wonach die derzeitige Abfindungssumme für Kriegerwitwen verdoppelt wird, wenn sie eine Ehe schließen, würde den Weg zu einer echten Ehe erleichtern.
    Im übrigen sollten wir doch erwarten, daß der Heilige Stuhl selber ein Interesse daran hat, die staatlichen Gesetze und die Staatsautorität in jedem Falle auch von seinen Geistlichen anerkannt und beschützt zu sehen. Wir hoffen sehr, daß die Verhandlungen, die in dieser Richtung von unserer Bundesregierung geführt werden, zu dem Ergebnis führen, daß die Geistlichen — wie bisher — angewiesen sind, kirchliche Trauungen nicht vor der standesamtlichen Trauung vorzunehmen, und daß die Fälle, die jetzt vorgekommen sind, wirklich nur Einzelfälle sind und Einzelfälle bleiben.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und dem GB/ BHE.)