Rede von
Dr.
Elinor
Hubert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen meiner Fraktion möchte ich Sie bitten, den Punkt 4 der Tagesordnung, Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Apothekenwesen, heute von der Tagesordnung abzusetzen.
Sie alle wissen, meine Damen und Herren, daß meine Fraktion schon bei der ersten Beratung von dieser Stelle aus ihrem großen Bedauern Ausdruck gegeben hat, daß das Gesetz über das Apothekenwesen nicht zugleich und im Zusammenhang mit einem Gesetz, das den Vertrieb und die Herstellung von Arzneimitteln regelt, hier eingebracht worden ist.
Die Apotheke hat, obgleich die Medikamente zum größten Teil nicht mehr in ihr hergestellt werden, selbstverständlich auch heute noch eine wichtige Aufgabe für die öffentliche Gesundheitspflege zu erfüllen. Die gleichmäßige Verteilung von Apotheken über alle Gegenden unseres Landes soll gewährleisten, daß der notwendige Bedarf an Arzneimitteln überall gedeckt werden kann. Eine ebenso gewissenhafte wie sorgfältige Abgabe von Arzneimitteln soll dem übermäßigen Verbrauch steuern helfen, der durch eine uferlose und, man muß sagen, geradezu verantwortungslose Propaganda in
3) so erschreckendem Maße gestiegen ist. In einer Zeit, in der die Reklame und die Propaganda der herstellenden Industrie den Verbraucher direkt erreicht, ist aber die Arzneimittelversorgung nicht nur von der Apotheke her, sondern nur durch eine gesetzliche Regelung schon der Herstellung und des Vertriebs von Arzneimitteln zu lenken und zu ordnen.
Die Regierung ist ursprünglich derselben . Ansicht gewesen. Denn als wir im vorigen Bundestag den von der CDU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über das Apothekenwesen behandelten und die Regierung baten, auch ihre Meinung zu einem Apothekengesetz zu sagen, wurden wir immer mit dem Hinweis vertröstet, daß das Apothekengesetz im Zusammenhang mit dem Arzneimittelgesetz von der Regierung vorgelegt werden sollte.
— Das war so. Es wurde uns damals immer gesagt: wir müssen das Apothekengesetz im Zusammenhang mit dem Arzneimittelgesetz bringen, und es dauert noch einige Zeit. Wir waren, zumal es so lange gedauert hat, enttäuscht, daß das Apothekengesetz nun doch allein auf den Tisch des Hauses kam.
Nun hat aber die Bundesregierung im Wirtschaftspolitischen Ausschuß erklärt, daß sie in der Lage sei, da die Arbeiten am Arzneimittelgesetz so weit vorgeschritten sind, ein solches Gesetz bis Ende Juni 1956 vorzulegen. Wir haben das außerordentlich erfreulich gefunden. Wir sind aber der Ansicht, daß es nunmehr doch sinnvoll und zweckmäßig wäre, mit der Verabschiedung des Apothekengesetzes bis zu diesem Zeitpunkt zu warten. Es ist nicht etwa das Trommelfeuer, das in den letzten Tagen auf uns herabgeprasselt ist, das uns zu diesem Wunsch veranlaßt hat; denn auch der Entwurf unseres verehrten Kollegen Platner, der ja eine Variante des einstigen Frankfurter Entwurfs und somit eine, sagen wir, verschleierte Form des Wiederauflebens der Realkonzession ist, wäre für uns keine Diskussionsgrundlage gewesen. Die Beratungen in den Ausschüssen und ganz besonders im Wirtschaftspolitischen Ausschuß haben aber gezeigt, daß so viele Fragen offengeblieben sind,
ja, offenbleiben mußten, weil man eben nicht weiß, wie ein künftiges Arzneimittelgesetz aussehen wird und welche Auswirkungen ein solches Gesetz über die Herstellung und den Vertrieb von Arzneimitteln auch wieder auf den Vertrieb in der Apotheke haben wird, daß ich Sie sehr dringend bitten möchte, dem einstimmigen Vorschlag des Wirtschaftspolitischen Ausschusses zuzustimmen: mit der Verabschiedung dieser Gesetze bis zur Vorlage des Arzneimittelgesetzes zu warten und sie heute von der Tagesordnung abzusetzen.
Wenn auch einige Kollegen meinen, daß man das Apothekengesetz unabhängig von einem Arzneimittelgesetz verabschieden kann, so, glaube ich, sollten wir doch auch auf die Kollegen Rücksicht nehmen, die das im Zusammenhang sehen wollen. Ich bin der Überzeugung, daß wir dann in diesem Hause zu einer sehr viel einheitlicheren Stellungnahme und Verabschiedung eines Apothekengesetzes kommen werden, zumal der Regierungsentwurf in seiner jetzigen Form, in der er alle Verschiedenartigkeiten aufrecht erhält, auch denen, die Anhänger einer Beschränkung der Apothekenzahl und der Personalkonzession sind, nicht gefallen kann.
Ich bitte Sie daher um Absetzung dieses Punktes von der heutigen Tagesordnung.