Rede von
Dr.
Otto
Klötzer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GB/BHE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde und ich begrüßen jede Anregung und jede Maßnahme, die darauf abzielt, die Situation und das Los derjenigen Bevölkerungsteile, die durch den Krieg am härtesten betroffen sind — und dazu gehören zweifellos insbesondere auch die im Antrage der SPD angesprochenen Unterhaltshilfeempfänger —, zu erleichtern und zu lindern. Wir werden daher auch jede Anregung dieser Art unterstützen. Ich glaube, in einer Zeit, wo durch allgemeine Umstände die Überprüfung bestimmter Sozialleistungen, der Sozialrenten und der Kriegsopferrenten, als eine Selbstverständlichkeit angesehen wird, muß man auch die derzeitigen Sätze der Unterhaltshilfe nach ihrer Höhe einer Überprüfung unterziehen und versuchen, sie in diese Neuordnung irgendwie mit einzugliedern. Der Antrag der SPD, den wir in Drucksache 1705 vorliegen haben, beinhaltet nach meiner Meinung nichts anderes als dieses Anliegen, nicht einen Kreis besonders hart Betroffener von dieser Neuregelung auszuschließen. Wir werden also der Überweisung dieses Antrags und einer sehr eingehenden Beratung im Lastenausgleichsausschuß zustimmen. Wir werden einen Weg zu finden versuchen, der diesen Kreis in die Neuregelung der Sozialleistungen mit einbezieht.
Kollege Kuntscher hat eben ausgeführt, daß man zwischen der sozialen Lösung und der quotalen Lösung sehr lange geschwankt und dann einen Mittelweg gefunden hat und daß wir alle bestrebt sein sollten, insbesondere die produktiven Leistungen dieses Lastenausgleichsgesetzes zu stärken. Das darf aber nicht dazu führen, daß man auf der anderen Seite die sozialen Leistungen — und als solche müssen die Unterhaltshilfe und die Kriegsschadenrente angesprochen werden — überhaupt vernachlässigt und daß man in das Gegenteil, nämlich in ein unsoziales Handeln verfällt.
Im Grundsatz sind wir also mit dem Anliegen, das in diesem Antrag zum Ausdruck gebracht wird, einverstanden. Das soll aber nicht heißen, daß meine politischen Freunde und ich auch die Form und den Weg für ganz richtig halten. Wir haben hier ein besonderes Bedenken, und ich darf dar-
auf vielleicht in wenigen Sätzen eingehen. Jede Erhöhung einzelner Leistungen im Rahmen des Lastenausgleichs, ohne daß man auch gleichzeitig die Abgabenseite, d. h. das Aufkommen des Fonds, irgendwie mit in die Erwägungen einschließt, bedeutet keine echte und wirksame Hilfe für die Geschädigten. Denn damit kommen wir immer dahin, daß die Geschädigten die Verbesserung einer Leistung mit einer Schmälerung der anderen Leistungen bezahlen müssen, also praktisch die Verbesserung selbst finanzieren müssen.
Ich halte diese Art einer Hilfeleistung für völlig abwegig. Man wird sich auch bei der Behandlung dieses Antrags Drucksache 1705 im Ausschuß darüber den Kopf zerbrechen müssen, wie man eine derartige Beeinträchtigung anderer Leistungen verhindern kann. Ich glaube, das ist durchaus möglich.
Es ist uns allen bekannt, daß heute auf einem anderen Gebiet, auf dem Gebiet der Sozialrenten, zum Teil mit Recht von den Sozialversicherungsträgern eingewandt wird, daß die infolge Steigerung der Lebenshaltungskosten erforderlichen Erhöhungen einzelner Sozialleistungen nicht allein von den Sozialversicherungsträgern abgefangen werden können, sondern daß der Bund aus seinem ordentlichen Haushalt Zuschüsse geben und eine Hilfeleistung gewähren muß. Wenn das bei den Sozialrenten der Fall ist und von den Sozialversicherungsträgern zum Teil mit Recht beansprucht wird, dann noch viel mehr von dem Personenkreis, der im Lastenausgleichsgesetz angesprochen ist.
Denn wir dürfen hier nicht außer acht lassen, daß doch gerade die konjunkturelle Entwicklung der letzten Zeit wesentlich mit dazu beigetragen hat, daß wir eine Steigerung der Lebenshaltungskosten auf verschiedenen Gebieten feststellen müssen.
Hier haben die Sozialversicherungsträger einen gewissen Ausgleich dadurch, daß dieselbe konjunkturelle Entwicklung auch das Beitragsaufkommen, also ihre Einnahmen, steigert. Beim Lastenausgleichsfonds ist dem nicht so, wie Kollege Kuntscher ganz zu Recht ausgeführt hat. Diese Entwicklung, ob in positiver oder in negativer Richtung, läßt das Aufkommen des Lastenausgleichsfonds völlig unberührt. Wir müssen also auch hier — und ich glaube, mit Recht — an den ordentlichen Etat, an den Herrn Bundesfinanzminister die Forderung richten, daß solchen allgemeinen Umständen, die eine Strukturveränderung zur Folge haben, auch durch entsprechende Zuschüsse aus dem normalen Etat Rechnung getragen wird.
Wir werden der Überweisung dieses Antrags an den Ausschuß für den Lastenausgleich zustimmen.