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ID0210803100

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Metadaten
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    6. Will.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 108. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1955 5887 108. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1955. Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 194 der Fraktion der SPD betr. eine Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts (Drucksachen 1714, 1810) . 5888 B Ergänzung der Tagesordnung: Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 5888 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Berliner Aufbauplan (Drucksache 1412) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Dritten Überleitungsgesetzes (Drucksache 1706) mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Änderung des Einzelplans 45 — Finanzielle Hilfe für Berlin — in den Bundeshaushaltsplänen vom Rechnungsjahr 1956 an (Drucksache 1710) mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) (Drucksache 1707 [neu] und mit der Beratung des Antrags der Abg. Wehner, Brookmann (Kiel) u. Gen. betr. Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Hauptstadt Berlin" und Architektenwettbewerb „Wiederherstellung Reichstagsgebäude" (Drucksache 1690) 5888 C Brandt -(Berlin) (SPD): als Anfragender 5888 D als Antragsteller 5890 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . 5891 B, 5899 B, 5900 C Dr. Gülich (SPD): als Antragsteller . . . . 5894 A, 5895 D als Abgeordneter 5900 A zur Geschäftsordnung 5908 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 5895 C Stingl (CDU/CSU) 5896 C Dr. Lindrath (CDU/CSU) . 5897 C, 5903 D Klingelhöfer (SPD) 5901 A Dr. h. c. Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 5904 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . 5905 B Dr. Will (FDP) 5906 C Wehner (SPD) (zur Geschäftsordnung) 5908 C Ausschußüberweisung der Anträge Drucksachen 1706, 1707 [neu] und 1710 . . . 5909 A Annahme des Antrags Drucksache 1690 . 5909 D Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 1715) 5910 A Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 5910 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Sonderzulagen zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (Drucksache 1705) . . 5910 A Zühlke (SPD), Antragsteller . . . 5910 A Kuntscher (CDU/CSU) 5910 C Dr. Klötzer (GB/BHE) 5911 C Ohlig (SPD) 5912 B Überweisung an den Lastenausgleichsausschuß 5913 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1708) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1808) und mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1811) . 5913 B Pohle (Eckernförde) (SPD), Antragsteller 5913 B Petersen (GB/BHE), Antragsteller . 5914 D Frau Dr. Probst (CDU/CSU), Antragstellerin 5915 D, 5918 D Rasch (SPD) 5917 D Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen und an den Haushaltsausschuß . . . . 5919 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung aller Arbeitnehmer im Krankheitsfall (Drucksache 1704) 5919 B Richter (SPD), Antragsteller . . . . 5919 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . 5920 B, 5921 B Dr. Schellenberg (SPD) 5921 B Dr. Hammer (FDP) 5922 A Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 5923 A Herold (SPD) 5923 C Becker (Hamburg) (DP) 5924 B Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 5925 B Ausschußüberweisungen 5925 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesevakuiertengesetzes (Drucksache 1703) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Graf (München), Kunze (Bethel), Funk u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesevakuiertengesetzes (Drucksache 1803) 5925 C Ausschußüberweisungen 5925 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Renten-Mehrbetrags-Gesetzes (Drucksache 1805) . . . 5925 D Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 5925 D Nächste Sitzung 5925 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5926 Die Sitzung wird um 14 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Frehsee 15. November Kühn (Bonn) 15. November Matthes 15. November Dr. Miessner 15. November Welke 15. November Hoogen 12. November Albers 5. November Dr.-Ing. E. h. Schuberth 5. November Dr. Bucerius 31. Oktober Gibbert 30. Oktober Griem 30. Oktober Dr. Baade 29. Oktober Frau Döhring 29. Oktober Dr. Greve 29. Oktober Jahn (Frankfurt) 29. Oktober Dr. Köhler 29. Oktober Kurlbaum 29. Oktober Neuburger 29. Oktober Rehs 29. Oktober Frau Rösch 29. Oktober Frau Dr. Schwarzhaupt 29. Oktober Wehr 29. Oktober Altmaier 28. Oktober Dr. Becker (Hersfeld) 28. Oktober Birkelbach 28. Oktober Fürst von Bismarck 28. Oktober Dr. Blank (Oberhausen) 28. Oktober Dr. Deist 28. Oktober Dr. Drechsel 28. Oktober Dr. Eckhardt 28. Oktober Erler 28. Oktober Even 28. Oktober Feldmann 28. Oktober Gräfin Finckenstein 28. Oktober Dr. Furler 28. Oktober Gerns 28. Oktober Haasler 28. Oktober Dr. Graf Henckel 28. Oktober Höfler 28. Oktober Dr. Horlacher 28. Oktober Jacobi 28. Oktober Kalbitzer 28. Oktober Kiesinger 28. Oktober Dr. Kopf 28. Oktober Dr. Kreyssig 28. Oktober Lemmer 28. Oktober Lenz (Brühl) 28. Oktober Dr. Lenz (Godesberg) 28. Oktober Dr. Leverkuehn 28. Oktober Lücker (München) 28. Oktober Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 28. Oktober Dr. Lütkens 28. Oktober Dr. Maier (Stuttgart) 28. Oktober Marx 28. Oktober Dr. Mommer 28. Oktober Frau Meyer-Laule 28. Oktober Dr. Oesterle 28. Oktober Ollenhauer 28. Oktober Pelster 28. Oktober Dr. Pohle (Düsseldorf) 28. Oktober D. Dr. h. c. Pünder 28. Oktober Paul 28. Oktober Frau Dr. Rehling 28. Oktober Dr. Reif 28. Oktober Sabaß 28. Oktober Dr. Schmid (Frankfurt) 28. Oktober Dr. Schöne 28. Oktober Frau Schroeder (Berlin) 28. Oktober Schütz 28. Oktober Graf von Spreti 28. Oktober Sträter 28. Oktober Struve 28. Oktober Trittelvitz 28. Oktober Unertl 28. Oktober Dr. Wahl 28. Oktober Frau Dr. h. c. Weber 28. Oktober (Aachen) Wehner 28. Oktober Frau Welter (Aachen) 28. Oktober Dr. Brühler 27. Oktober Frenzel 27. Oktober Dr. Glasmeyer 27. Oktober Kühlthau 27. Oktober Leibfried 27. Oktober Dr. Mocker 27. Oktober Dr. Schranz 27. Oktober Dr. Bartram 26. Oktober Dr. Bergmeyer 26. Oktober Berendsen 26. Oktober Elsner 26. Oktober Heix 26. Oktober Heiland 26. Oktober Dr. Hesberg 26. Oktober Dr. Keller 26. Oktober Koenen (Lippstadt) 26. Oktober Majonica 26. Oktober Margulies 26. Oktober Müser 26. Oktober Oetzel 26. Oktober Frau Praetorius 26. Oktober Rademacher 26. Oktober Frau Renger 26. Oktober Schneider (Hamburg) 26. Oktober Stauch 26. Oktober Voß 26. Oktober Winkelheide 26. Oktober Dr. Werber 26. Oktober Ziegler 26. Oktober b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 23. November Raestrup 19. November Dr. Starke 15. November Dr. Atzenroth 12. November Bals 12. November Dr. Brönner 12. November Dr. Elbrächter 12. November Illerhaus 12. November Regling 12. November Bock 5. November
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ferdinand Friedensburg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berliner bin ich dem letzten Teil der Debatte mit einiger Sorge gefolgt.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir haben von den Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, dem Kollegen Brandt und dem Kollegen Gülich, Ausführungen gehört, die wir nicht nur mit der selbstverständlichen Achtung angehört haben, sondern die ich auch — ich gestehe das offen — mit innerer Sympathie und Zustimmung angehört habe. Wir haben dann vom Herrn Bundesfinanzminister eine Erklärung der Bundesregierung über die Verhandlungen mit dem Senat der Stadt Berlin gehört, die mich, ich muß sagen, ausgesprochen ermutigt und erfreut hat. Es mag der eine oder andere Punkt darin sein, über den
    noch zu sprechen sein wird. Dazu gehen ja die Dinge an die Ausschüsse. Ich muß aber ausdrücklich feststellen — und ich glaube, mich hierin durchaus mit meinen politischen Freunden einig zu wissen —, ich sehe wirklich keinen Grund ein, weshalb wir in diesem Zusammenhang jene dramatische Zuspitzung hier haben über uns ergehen lassen müssen, die wir tatsächlich erlebt haben. Das ist nicht im Interesse Berlins.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wir sehen schon an der schwachen Besetzung des Hauses, daß unserem Berliner Anliegen das Schlimmste passiert, was im Parlament passieren kann. Wir fangen nämlich an, unsere Kollegen zu langweilen, und das ist nicht gut. Und was noch schlimmer ist: wir fangen an, den Eindruck zu erwecken, wir seien Querulanten und kratzten bei jeder Gelegenheit nun noch mühsam irgendwelche Differenzen heraus, um zu sagen: Also nein: das muß noch ganz anders werden!

    (Beifall in der Mitte.)

    Das ist zweifellos nicht gut, und ich, der ich mich durchaus in vielem mit den sozialdemokratischen Anträgen einig weiß, glaube, wir hätten mit großer Befriedigung das anhören sollen, was der Herr Bundesfinanzminister uns erklärt hat. Im übrigen hätten wir uns auf die ja durchaus gegebene Möglichkeit verlassen können, im Ausschuß noch das eine oder andere zu korrigieren.
    Ich möchte mich auch ausdrücklich mit dem Herrn Bundesfinanzminister darin einig erklären, daß er eine sorgfältige Prüfung und Kontrolle vornimmt. Es wäre ja geradezu verantwortungslos, wenn er anders handeln wollte.

    (Zuruf des Abg, Schröter [Wilmersdorf].)

    — Bitte, lieber Kollege Schröter, seien Sie mir nicht böse, dieses schöne Aufbauprogramm verdient auch eine gewisse sorgfältige Prüfung. Wenn man es so durchliest — ich verstehe ja etwas von der Materie —, so sieht man, wie die Ressorts der Berliner Verwaltung ihre Wünsche und Anträge der Reihe nach angemeldet haben. Da hat man das schön hintereinander aufgeschrieben und addiert, und dann kommen die Millionen- und Milliardensummen heraus. Daß da das eine oder andere nicht so durchgeführt werden kann, Herr Kollege Schröter, das sieht man auf den ersten Blick. Der Bundesfinanzminister würde seine Pflicht versäumen, wenn er das nicht mit aller Sorgfalt nachprüfen wollte. Zum Beispiel wird die Baukapazität Berlins durch das, was hier vorgesehen wird, bei weitem überbeansprucht, und man muß das sehr sorgfältig abwägen, um das Dringliche und Notwendige von dem nicht ganz so Dringlichen zu scheiden. Liebe Kollegin von der SPD, ein Ihnen politisch nahestehender Wissenschaftler hat mich gerade über diesen Punkt sehr sorgfältig unterrichtet. Zweifellos ist hier eine Überforderung der Berliner Baukapazität enthalten. Wir brauchen uns darüber hier nicht zu streiten; das ist nicht der Zweck. Jedenfalls führe ich es nur an, um zu beweisen, daß der Herr Bundesfinanzminister durchaus pflichtgemäß handelt, wenn er sich das Programm sehr sorgfältig ansieht.
    Ich möchte auch ein anderes sagen. Ich lasse es dahingestellt, ob es gut ist, wenn zinsverbilligte Kredite für werbende Anlagen der Stadt verlangt werden, um einen Fruchthof oder Einrichtungen der Verkehrsbetriebe oder eine Meierei zu bauen.


    (Dr. Friedensburg)

    Da soll die öffentliche Hand zeigen, daß sie im Wettbewerb mit der privaten Wirtschaft auch bestehen kann, und es ist irgendwie eine nicht ganz saubere Wirtschaftsführung, wenn man für diese Dinge deshalb, weil sie die öffentliche Hand bauen soll, die aber im übrigen durchaus werbende Betriebe sind, eine besondere Bevorzugung verlangt. Jedenfalls müßte auch das sorgfältig geprüft werden.
    In einem bin ich mit dem Herrn Bundesfinanzminister nicht ganz einig, aber auch da verstehe ich die Dramatisierung der Differenzen nicht, meine Damen und Herren: in der Frage der Verwendung des Notopfers. Ich habe mit Befriedigung davon gehört, daß es materiell nicht so furchtbar viel ausmachen wird, ob es nun so oder so gemacht wird. Aber ich würde doch bitten, der Bundesregierung zu bedenken zu geben — Herr Vizekanzler, bei Ihrer Freundschaft für Berlin möchte ich besonders an Sie appellieren —: Der Name, der Begriff Notopfer Berlin ist ja ein Bekenntnis und eine Verpflichtung. Und wenn eine Bundesregierung und ein deutsches Parlament diesen sehr anspruchsvollen und fast ein wenig pathetischen Namen für eine Sonderabgabe wählt, so müssen sie sich darüber klar sein, daß das gewisse Empfindungen in der Bevölkerung auslöst. In Berlin hat man den Eindruck, daß ein Notopfer Berlin von der Bevölkerung doch selbstverständlich so verstanden wird, daß der Ertrag Berlin zugute kommt,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und man sollte es doch irgendwie in der Etatsgestaltung fertigbringen, diesem außerordentlich naheliegenden Empfinden Rechnung zu tragen.

    (Abg. Dr. Gülich: Das ist das, was wir wollen!)

    Wenn die Hohe Bundesregierung für diesen Zweck einmal die Meinungsforschungsinstitute, die sie sonst so gern in Anspruch nimmt, bemühen wollte, so bin ich überzeugt, daß eine Abstimmung in der Bevölkerung eine mehr als 90 %ige Mehrheit derer ergeben würde, die der Ansicht sind, das Notopfer Berlin komme restlos Berlin zugute. Man würde gar nicht auf einen anderen Gedanken kommen. Und wenn wir drüben auf der Tribüne fragen wollten — ich habe nicht die Absicht, das zu tun, Herr Präsident, erschrecken Sie nicht, ich weiß, das wäre parlamentarisch ungehörig —, aber wenn wir die Tribünenbesucher fragten, was die sich unter Notopfer Berlin vorstellen, würden sie wahrscheinlich alle, wenn sie nicht besondere Etatsspezialisten sind, sagen: Natürlich kommt es Berlin zugute; man kommt gar nicht auf einen anderen Gedanken. Da die Zahlung für das Notopfer und das Kleben dieser schönen blauen Marke doch bei dem einen oder anderen gewisse Unlustgefühle auslöst, deswegen denken wir, wir wollen doch nicht noch mehr Unlustgefühle ausläsen, als dringend notwendig ist, weil die Leute selbstverständlich diese Unlustgefühle auf Berlin beziehen. Also da ist irgend etwas nicht in Ordnung, und ich bitte auch die Freunde in meiner eigenen Fraktion, dafür Verständnis zu haben, daß man die jetzige Regelung in Berlin nicht gern sieht.
    Nach dem, was uns der Herr Finanzminister gesagt hat, scheint mir, daß er tatsächlich noch nicht das letzte Wort gesprochen hat. Hätte er sich hierher gestellt und gesagt: Nur über meine Leiche geht der Weg zu den sozialdemokratischen Anträgen, so würde ich etwas Ihre Aufregung verstanden haben. Aber das hat er nicht gesagt. Er hat gesagt:
    Wir wollen uns im kleinen Kreise, im Ausschuß, noch einmal darüber unterhalten. Ich glaube — und möchte das als Berliner im Interesse Berlins sagen —:wir wollen doch sehen, daß wir einen vielleicht noch nicht voll überzeugten Bundesfinanzminister allmählich voll überzeugen, damit das herauskommt, was wir haben wollen, nämlich ein Notopfer Berlin, das wirklich Berlin allein zugute kommt. Wenn es dafür nicht notwendig ist, kann man es herabsetzen, damit Berlin nicht unnötig mit Dingen moralisch belastet wird, die ihm gar nicht zugute kommen. Das ist doch wohl der Wunsch, und ich glaube, meine Damen und Herren, damit brauchen wir uns nicht noch länger herumzuschlagen. Die Ansichten sind ja im großen und ganzen einheitlich, und wir sollten die schöne Einigkeit, die wir bisher immer — ich möchte das ausdrücklich mit Dank und Freude anerkennen — mit der Bundesregierung gepflegt haben und wo wir immer und auch heute Verständnis gefunden haben, festhalten und uns nicht gegenseitig schlechtmachen und versuchen, Gegensätze zu konstruieren, wo in Wirklichkeit keine Gegensätze sind.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Will.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rudolf Will


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wort von der Berlin-Müdigkeit des Deutschen Bundestages wird unterstrichen durch den optischen Eindruck, den man hier von der Rednertribüne angesichts des halbleeren Hauses empfangen muß. Ich habe auch nicht den Eindruck, daß die jetzt zweistündige Debatte der Sache Berlins sehr genutzt hätte.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Es hat nicht sehr viel Zweck, wenn wir uns hier darüber streiten, ob dieses oder jenes in Berlin so oder so gemacht werden sollte. Die Atmosphäre für Berlin hat durch die Debatte der letzten Stunden meines Erachtens nicht gewonnen.
    Lassen Sie mich deshalb zurückkehren zu dem Ausgangspunkt unserer Aussprache: daß Berlin zur Wiederherstellung seiner früheren Position als Hauptstadt einer weiteren Unterstützung und eines weiteren Ausbaues bedarf. Dazu ist der langfristige Aufbauplan vorgelegt worden, der in der Größenordnung von 5,3 Milliarden auch für den Deutschen Bundestag immerhin einen erheblichen Brocken bedeutet. Dabei — und das ist hier nicht gesagt worden — darf man nicht aus dem Auge verlieren, daß das, worauf es letzten Endes ankommen wird, wenn Berlin wieder Hauptstadt sein soll, in diesem Aufbauplan nicht enthalten ist. Es ist nämlich z. B. nicht davon die Rede, daß in Berlin im Rahmen dieses Aufbauplans etwa ein Heim für den Bundestag geschaffen werden soll, daß etwa das Auswärtige Amt, das Bundesfinanzministerium, das Bundeswirtschaftsministerium und alle diese Ministerien, die doch notwendigerweise nach Berlin kommen müssen, ausgabenmäßig noch außerhalb dieses Plans auf die Bundesregierung zukommen werden. Es wird sich auch da um Beträge handeln, von denen ich glaube, daß sie eher jenseits einer Milliarde als darunter liegen werden. Das muß dabei doch immerhin auch gesehen werden.


    (Dr. Will)

    Nun läßt sich über den Berliner Aufbauplan, wie er jetzt vorliegt, noch manches sagen, und ich bin überzeugt, daß in den Ausschüssen auch noch viel darüber debattiert werden muß. Es ist schon erwähnt worden, daß das ansehnliche Bukett, das hier vorliegt, zweifellos da und dort etwas gerupft werden muß. Es sind darin Dinge enthalten wie z. B. das berühmte große Hotel mit einem Kostenaufwand von 23 Millionen, das, wie Sie wissen, Gegenstand stärkster Meinungsverschiedenheiten auch der Berliner Gastronomie ist. Dieser Punkt und manches andere, auf das ich jetzt nicht eingehen will, werden noch einer sorgfältigen Prüfung bedürfen. Im ganzen aber wird man sagen können, daß die Zusicherung, die wir heute aus dem Munde des Herrn Bundesfinanzministers gehört haben, immerhin befriedigen kann in der Richtung, daß die Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und dem Senat von Berlin in diesen Fragen gewährleistet bleiben soll.
    Nun ist außerhalb dieses Programms noch verschiedenes erwähnt worden, wovon ich einen Punkt herausgreifen möchte, weil er mir besonders am Herzen liegt. Das ist der Berliner Wohnungsbau. Meine Damen und Herren, es ist klar, daß für jede Regierung und auch für das Parlament eine ansehnliche Fassade, die auch nach außen hin wirkt, wie z. B. Hochhäuser, Verwaltungsgebäude, Hotels und ähnliche Dinge, besonders nützlich, besonders begehrenswert ist. Aber wenn man nun die Dinge einmal von der Kehrseite aus sich ansieht — und das ist wieder einmal der Fall gewesen, als der zuständige Bundestagsausschuß neulich eine Rundfahrt durch Berlin gemacht hat; ein Teil von Ihnen hat ja daran teilgenommen —, wenn man also weiß, wie die Verhältnisse auf diesem Gebiet in Berlin liegen, dann erhebt sich doch die Frage, ob man nicht manches Projekt, das in diesem langfristigen Aufbauplan enthalten ist, zurückstellen sollte — nehmen wir beispielsweise einmal die Deutschlandhalle für sportliche Zwecke —, um den Bevölkerungskreisen zu helfen, die es am nötigsten haben. Solange es im Norden Berlins, im Wedding — wir haben dieses Stadtviertel unter der ausgezeichneten Führung des Herrn Bezirksstadtrats Nicklitz von der sozialdemokratischen Fraktion besichtigt —, immer noch Häuserblocks und Stadtviertel gibt, in denen auf einem Hektar mehr als 2000 Menschen wohnen; solange es dort noch Häuser gibt, in denen die Fäkalien auf dem Wege der_ Müllabfuhr beseitigt werden müssen, weil nämlich nur einige wenige Toiletten auf dem Hofe sind, die im Winter zufrieren; solange ein solches Wohnungselend vorhanden ist, sollten wir — meine ich — die Fassade zurückstellen und mehr das Rückgrat stärken, wenn ich mich so ausdrücken darf, das in der Wohlfahrt der Berliner Bevölkerung beruht;

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Da hat's richtig geklingelt!)

    eine völlig unpolitische Aufgabe, die uns alle in gleicher Weise angeht. Was immer geschehen kann, die zur Verfügung stehenden Mittel in den nächsten Jahren in erhöhtem Maße einzusetzen, das soll geschehen; denn wir waren der Überzeugung, daß hier die Sanierungsbedürftigkeit ihre Grenze hat. Hier heißt es nur: Abriß und Neubau. Das ist eine Frage, mit der wir uns zu beschäftigen haben werden, wenn es einmal so weit sein wird.
    Abgesehen von dem langfristigen Aufbauplan ist hier vieles über das Notopfer Berlin gesagt worden. Aus diesem Grunde möchte ich mich darüber nicht noch weiter verbreitern. Auch dazu wird noch einiges zu sagen sein. Die Situation ist natürlich denkbar einfach. Im Berliner Haushalt 1955 stehen 800 Millionen als Haushaltszuschuß aus Bundesmitteln, während aus dem Notopfer Berlin, wie wir heute hier gehört haben, 1275 Millionen aufkommen werden. Das ist eine Differenz von 475 Millionen. Wenn wir diesen Überschuß bekommen könnten, Herr Professor Gülich, nichts wäre schöner als das! Ich würde es genau so heftig begrüßen. Aber wir wissen, daß dieser Überschuß nun einmal einen Teil der ordentlichen Mittel bildet, die im Bundeshaushalt enthalten sind, und daß wir, wenn wir sie in dieser Weise für Berlin beanspruchen, natürlich ein Äquivalent, einen Gegenwert finden müssen. Es wird unsere Aufgabe sein, darüber nachzudenken.
    Aber ich möchte doch feststellen, daß es wahrscheinlich nicht am guten Willen des Bundesfinanzministers liegt, sondern daß die Dinge noch nicht völlig ausgegoren sind. Ziemlich klar scheint mir zu sein, daß auf diese Weise das Berliner Notopfer wegen der Überschüsse, die es bringt, wahrscheinlich bald abgeschafft wird. Ob das unter allen Umständen ein Nachteil für Berlin ist, wage ich noch zu bezweifeln. Wir werden im Bundesgebiet dadurch immer unbeliebter. Man klebt uns an die Scheiben der Autos Zettel mit der Aufschrift: Alles für unser Geld! Daß sich diese Unbeliebtheit immer mehr geltend macht, hängt mit dem Begriff des Notopfers zusammen. Am 1. April wollen wir endlich die wenig einbringende und besonders lästige Sonderbriefmarke abschaffen. Ich glaube, auf lange Sicht wird es auch dahin kommen, daß die Versorgung Berlins mit Subventionen aus ordentlichen Haushaltsmitteln erfolgen muß.
    Im übrigen bin ich — und da stimme ich einer Reihe von Vorrednern zu — mit dem Kern der Ausführungen, die der Herr Bundesfinanzminister gemacht hat, nicht einverstanden; ich bin davon nicht befriedigt.

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Wir auch nicht!)

    Er hat uns in sehr freundlicher Form seines Wohlwollens versichert. Aber wenn man genau zugehört hat — und einige haben das getan —, dann ist daraus immer erkennbar gewesen, daß es sich für ihn im wesentlichen darum gedreht hat, die Vorhaben, um die es im Moment geht, in den Berliner Etat aufzunehmen und dann im Rahmen des § 16 des Dritten Überleitungsgesetzes die entsprechenden Mittel durch Zuschüsse an Berlin aufzubringen. Er hat also nicht gesagt, daß er bereit sei, auch nur eine Anleihe aufzunehmen. Wir müssen uns allerdings darüber klar sein, daß auch im Bundeshaushalt für Wohnungsbauzwecke im ordentlichen Etat seit einem Jahr keine Mittel vorhanden sind, also auch nicht für das Bundesgebiet; die 500 Millionen dafür erscheinen vielmehr im außerordentlichen Etat. Aber für Berlin will der Bund auch keine Anleihen .aufnehmen, sondern zunächst soll nur der Zinsendienst durch den Bund garantiert sein. Berlin wird also zunächst im Rahmen des eigenen Haushalts für die Zinsen aufzukommen haben — von der Tilgung ganz abgesehen. Und dann erst, wenn das nicht möglich sein sollte, wird im Rahmen des Dritten Überleitungsgesetzes der Bundesfinanzminister einspringen. Er hat also einen sehr freundlichen Eindruck gemacht, aber im Grunde genommen nicht sehr viel, ich möchte beinahe sagen, gar nichts versprochen.

    (Zustimmung des Abg. Schröter [Wilmersdorf].)



    (Dr. Will)

    Wenn wir das erkannt haben, dann bleibt ein weites Feld der Verhandlungen, mit denen wir zu rechnen haben.
    Aber im ganzen sollten wir von Berlin aus — das hat übrigens Herr Kollege Brandt auch schon getan — bei Gelegenheit dieser Berlin-Debatte ein Wort der Dankbarkeit gegenüber dem Bund sagen. Wir haben gehört, es sind immerhin allein aus dem Bundeshaushalt 6 Milliarden geflossen. Es ist ferner, was meiner Meinung nach noch sehr viel mehr bedeutet, von den vorhandenen ERP-Mitteln, die in Deutschland zur Verfügung standen, allein ein Drittel in Berlin eingesetzt worden. Berlin ist doch nicht mit privatem Kapital, auch nicht mit Mitteln des Kapitalmarktes, sondern mit politischem Geld, mit öffentlichen Mitteln aufgebaut worden.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wir haben kürzlich in Berlin gehört, daß im Bundesgebiet im letzten Jahr immerhin schon 50 % der Wohnungsbauten dem frei finanzierten und dem steuerbegünstigten Wohnungsbau zugehören. In Berlin dagegen sind es erst 5 %, also ein Zehntel dessen, was wir im Bundesdurchschnitt haben. Diese Dinge zeigen doch deutlicher als manches andere, wie die Situation in Berlin ist.
    Wir haben deshalb anzuerkennen, daß nicht allein im Bundeshaushalt, sondern auch gerade durch das ERP-Ministerium sehr viel geschehen ist.

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Ja!)

    Dabei möchte ich auf eines hinweisen. Wir sagen immer: „Die Amerikaner haben es getan." Herr Bundesminister Blücher hat mich vorhin erneut darauf aufmerksam gemacht, daß die ERP-Mittel zwar ursprünglich von dorther gekommen sind, daß es sich aber um Mittel handelt, die vom Bund verzinst und zurückgezahlt werden müssen. Wenn auch im Moment noch keine Fristen feststehen — im Grunde haben die Amerikaner nie darauf verzichtet, den Anspruch auf Rückzahlung unter allen Umständen aufrechtzuerhalten. Auch hier handelt es sich also um Leistungen des Bundes, die wir als solche anerkennen sollten.
    Zu den anderen Punkten, die hier vorgetragen worden sind, ist von mir aus, jedenfalls in diesem Moment, nicht allzu viel zu sagen. Ich möchte glauben, daß wir — gerade auch als Ergebnis der Arbeitswoche des Bundestages in Berlin — mit unserer Situation und mit den Fortschritten, die wir gemacht haben, nicht unzufrieden sein können. Ich hoffe und bin der Überzeugung, daß uns sowohl der Bund über den Haushalt als auch das ERP-Ministerium weiter helfen werden und daß wir die Sympathie des Deutschen Bundestages, auf die wir entscheidend angewiesen sind, auch weiter behalten werden, weil es hier tatsächlich nicht nur um Berlin, sondern um das große Ganze geht, dem wir verhaftet sind.

    (Beifall rechts.)